Liebe Freunde des OSM,
es mag gut sein, dass ich euch am 20. April, als der letzte Teil dieser Artikelreihe veröffentlicht worden ist, ein wenig verunsichert und verwirrt zurückgelassen habe, immerhin ging es um einen durchweg exotischen Gegenstand, nicht zentral um den Oki Stanwer Mythos. Es war meiner Ansicht nach erforderlich, im Rahmen meiner kreativen Produktion der zurückliegenden mehr als 30 Schaffensjahre auf einen Zeitpunkt einzugehen, wo sich ein sehr grundlegender Umschwung in meinem Schreibprozess ereignete, möglicherweise ausgelöst durch die zahlreichen Todesfälle in meinem direkten Umfeld.
Ich schwenkte in den Jahren 1997 und 1998 vom OSM hin zu einer warmherzigen Lowtech-Welt, in der Liebe und Erotik Trumpf sind, wo Analphabetismus und Animismus regieren – ich meine damit die Welt des Archipels. In diesem Sinne habe ich im Teil 16 dieser Artikelreihe über den Moment des Umschwungs und meinen ersten Roman berichtet, „Die drei Strandpiratinnen“, der mich mit zahlreichen Fragen konfrontierte, die ich mir früher so eher nicht gestellt hatte.
Ehe ich weiter auf den Archipel eingehe, möchte ich einiges berichten, was sonst so im Jahre 1998 geschah, auf das ich nun eingehen sollte.
Mit insgesamt 103 Werken kann man dieses Jahr zu den durchschnittlichen Kreativjahren meines Lebens rechnen. Einschränkende Faktoren in diesem Jahr waren einerseits natürlich das Studium an der TU Braunschweig und zum anderen meine Studentenjobs, die ich brauchte, um mir den Lebensunterhalt zu verdienen – kein BAföG – , was natürlich von der Zeit zum Schreiben abzurechnen ist.
Ansonsten gelang es mir, wieder einen großen Schritt in der Vervollständigung des OSM voranzukommen: Am 24. Mai 1998 konnte ich KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ mit Band 125 abschließen, eine Serie, an der ich unglaubliche 15 Lebensjahre geschrieben hatte. Sie war nicht nur sehr viel anders ausgefallen, als ich angenommen hatte, sondern auch ganz erheblich länger geworden als vermutet.
Seit jener Zeit glüht übrigens in meinem Hinterkopf der Gedanke, dringend sehr viel mehr über die Baumeister-Ringwelt RANTALON zu schreiben, die hier der zentrale Kampfplatz am Ende dieser Serie ist. Das ist wirklich ein Ort von exquisiter Fremdartigkeit. Bislang ließ es sich aber nicht realisieren, hier weiterzukommen.
Nachdem ich mich im Januar und Februar 1998 fast ausschließlich in der Weiterarbeit des Romans „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ aufgehalten hatte (wobei am 11. Januar bereits Abschnitt 3 dieses Werkes fertiggestellt wurde, der allein schon 799 Manuskriptseiten umfasste), ergänzt von vielen Episoden des KONFLIKTS 16, driftete ich erst Ende Februar wieder in ein anderes Universum hinein, nämlich in KONFLIKT 19. Mit der Episode 10 „Flüchtlinge“ nahm ich hier einen Handlungsfaden um den Helfer des Lichts Klivies Kleines auf, der in dieser Serie („Oki Stanwer – Der Missionar (DM)“) eine wirklich abenteuerliche Slalomfahrt durchmachen sollte. Aktuell ist sie immer noch nicht beendet.
Nebenher arbeitete ich ja stetig am ersten Archipel-Roman weiter, der erst am 28. Juli abgeschlossen wurde. An der DM-Serie kam ich – man merkt, dass ungemeine kreative Potentiale bei der DMadN-Serie nun frei geworden waren – bis Band 20 „Im Land der Shonta“. Und ja, wenn da jetzt wer überrascht aufhorcht und sich sagt: „Moment, diese Shonta, von denen der Uwe da redet… das sind doch wohl nicht etwa DIE Shonta…?!“, dann kann ich nur schmunzeln und sagen: Oh doch, meine Freunde, genau die sind das. Natürlich, eine zeitliche Distanz von 85 Milliarden Handlungsjahren zur TI-Serie haben sie gründlich verändert, aber grundsätzlich sind das genau dieselben Wesen. Es lohnt sich also sehr, sie im Auge zu behalten, sie spielen noch eine gewichtige Rolle im OSM, nicht nur in KONFLIKT 2, sondern auch in KONFLIKT 9 oder eben auch in KONFLIKT 19…
Im März 1998 gelang mir dann außerdem der Sprung in KONFLIKT 24, wo ich mit Band 22 „Die Suche nach Oki Stanwer“ wieder die Fährte der tassinischen Gestaltwandler um Calderer und seine Gefährten aufnehmen konnte. Ich kam auch in dieser Serie beachtlich weit, nämlich bis Band 31 „Geistersturm“.
Erst im Laufe des Juli vermochte ich dann freilich zwei längere Projekte abzuschließen – einmal den genannten Archipel-Roman „Die drei Strandpiratinnen“, außerdem aber kurz vorher auch mit „Schatten der Vergangenheit“ den 11. Roman der Überarbeitung des KONFLIKTS 15 „Oki Stanwer“. Danach begann ich zwar direkt mit dem zwölften Teil, „Rückkehr nach Garos“, doch der ist bis heute nicht fertig gestellt worden.
Woran das lag? Das kann ich ganz genau sagen: Bereits am 2. August hatte mich, nur wenige Tage nach Ende des ersten Archipel-Romans, der zweite eingefangen. Vermeintlich sah „Evi und Petra“ sehr viel schlichter aus. Das kann man glauben, wenn man die kurze Inhaltsangabe anschaut:
Der Roman behandelt die romantische Geschichte zweier junger Mädchen, die aus purer Not heraus von ihrem Vater, einem armen Bauern, in die Sklaverei verkauft werden. Sie gelangen auf die Insel Fandan, wo ein verwitweter Fischer eigentlich nur mit schmalem Budget eine neue Ehefrau erwerben möchte… und auf einmal beide Geschwister erhält. Da er selbst nicht beide Mädchen behalten kann, beschließt er, mit einem davon zu seinem im Binnenland wohnenden, ledigen Bruder Angelo auf dessen Plantage zu wandern, um eine der Schwestern bei ihm unterzubringen, was dann auch gelingt.
Eine einfache Geschichte? So hört sie sich an. In Wahrheit ist „Evi und Petra“ ein wildes emotionales Kaleidoskop, das in erstaunlicher Geschwindigkeit ebenfalls auf mehr als 300 Seiten anwuchs. Erschwert wurde die Arbeit durch einen Schreibmaschinenschaden im August.
Hausarbeiten für mein Studium wirbelten mich kreativ auch durcheinander, es entstanden zahlreiche Gedichte in dieser Zeit, und dann schlitterte ich im September auch noch in die Schreckensgalaxis Daarcor hinein, um hier mit den Bänden 31-33 das schlimmste Verbrechen überhaupt zu beschreiben: den Mord an Oki Stanwer, begangen von negativen GRALSJÄGERN… und dennoch, auch wenn der tränenüberströmte Klivies Kleines an Okis erkaltendem Leichnam annahm, damit wäre alles vorbei, wurde er auf schaurige Weise belehrt, dass er sich täuschte. Es gab einen Weg, das finale Verhängnis aufzuhalten, und er ging diesen Weg. Davon, dass ich verstand, was in diesem KONFLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ (DSf) vor sich ging, konnte freilich immer noch keine Rede sein.
Die Sachlage war auch nach knapp 9 Schreibjahren so konfus, dass ich regelmäßig davor zurückschreckte, hier schnell viele weitere Episoden zu verfassen (wie ich heute weiß, war dieser Instinkt äußerst klug). Ich verließ diese Serie dann für das Jahr 1998 mit Band 35 „Tor zur Unterwelt“ Ende Dezember. Da war der zweite Archipel-Roman schon mehr als 150 Seiten lang geworden.
Und es war noch etwas hinzugekommen, womit ich wirklich gar nicht gerechnet hatte – meine Brieffreunde hatten mich erfolgreich dazu überredet, im Science Fiction Club Baden-Württemberg (SFCBW) Chefredakteur der Clubzeitschrift Baden-Württemberg Aktuell (BWA) zu werden. Die Dezember-Ausgabe 1998, Nr. 183, sollte mein Erstling werden und dazu beitragen helfen, die akute Clubkrise zu bewältigen.
Natürlich, ich ahnte schon, dass das auch wieder ein limitierender Zeitfaktor für das Jahr 1999 werden würde, aber ich war auch sehr neugierig auf diese neue Tätigkeit und nahm, wenn auch ein wenig bang, die Herausforderung an. Wohin mich das führen würde, ließ sich allerdings noch nicht absehen.
Ebenfalls stand Ende 1998 eigentlich die Wahl meines Magisterarbeitsthemas an. Schließlich wollte ich allmählich mit dem Studium fertig werden, das sich durch mehrere Praktika schon ziemlich lange hingezogen hatte. Inzwischen befand ich mich im 9. Semester und damit am äußeren Rand der Regelstudienzeit. Ein „ewiger Student“ sein wollte ich natürlich auch nicht…
Ihr merkt deutlich, hier standen nun allmählich ein paar energische Zukunftsentscheidungen an, und dabei standen mir ein paar Sachverhalte gründlich im Weg: einmal meine monatliche Arbeit für den SFCBW, denn das BWA erschien und erscheint monatlich, zum anderen aber der Archipel… letzteres konnte ich mir noch nicht wirklich vorstellen. Nun, ich sollte das 1999 noch erleben.
Doch davon berichte ich im nächsten Abschnitt dieser Artikelreihe mehr, die am 15. Juni zu finden sein wird. Am kommenden Sonntag erfahrt ihr erst einmal, was ich so im Februar 2014 alles im Rahmen des OSM fertigstellen konnte. Für den Augenblick mag das genügen.
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.