Liebe Freunde des OSM,
die Welt ist tückisch und trügerisch, und alles, was man erfährt, kann reine Ideologie sein, der Wahrheit entsprechen oder so abstrus entstellt daherkommen, dass man das Gefühl hat, man werde verrückt. Dieses Gefühl stellt sich bei dem armen Kerl ein, dessen Lebensweg ich ein Stück weit in den vergangenen Tagen begleitete, als ich Band 1650 des OSM schrieb, der den interessanten Titel „Träume von TOTAM“ trägt. Und aus gegebenem Anlass plaudere ich einmal heute – kursorisch, denn die Materie ist außerordentlich komplex – aus dem Nähkästchen des aktuellen kreativen Schaffensprozesses. Das wird meiner Ansicht nach immer wieder mal vorkommen im Laufe der nächsten Jahre, und dafür bot es sich einfach an, eine Rubrik „Logbuch des Autors“ einzurichten.
In dieser Rubrik erhaltet ihr ebenso wie in meinen „Work in Progress“-Einträgen oder den Blogs zum Thema „Was ist eigentlich der OSM?“ die Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszuspähen und zu sehen, was derzeit im OSM so los ist.
Diese Geschichte hier fängt am 30. Januar 1988 an, denn wir befinden uns mit dem obigen Band in KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“. Schauplatz der Handlung ist vordergründig die Ringgalaxis Leucienne irgendwo in den Tiefen des Kosmos, und hier tobt ein kalter Krieg zwischen dem Bündnissystem der meshorischen Betonköpfe einerseits und der durchgeistigten, emotional ziemlich unterkühlten Sinarer andererseits. Zwischen den Fronten steht eine multinationale Organisation, der UN vergleichbar, die LYOSH-CEVAAN. Friedfertig und forschend sind die L-C-Angehörigen dabei, insbesondere die Fährte der so genannten „Fürsten-Legende“ zu verfolgen. Das Fürstenreich ist schon seit langer Zeit untergegangen, so heißt es, es sind aber Ruinenstätten und so genannte „Fürsten-Stationen“ zurückgeblieben.
In Band 1 der Serie, „Tempel der Götter“, landete der L-C-Angehörige Braschon, ein halbaquatischer Thevoner, mit seinem Trupp auf der Dschungelwelt Höolyt und stolperte hier prompt in eine Falle. Er kann zwar schließlich wieder von Höolyt entkommen, aber er hört seither eine eigenartige Stimme… sie hört sich fast wie die seine an, aber sie gibt ihm auf seiner Heimatwelt Garcial präzise Anweisungen, wohin er sich zu wenden hat. Aus Neugierde folgt Braschon dieser Stimme und stößt bei einem Tauchgang bei den Westraner-Inseln unerwartet auf fremde Wesen, die ihn kurzerhand gefangen nehmen und an einen Ort entführen, den er bald darauf als den Trümmermond seiner Heimatwelt Garcial erkennt. Doch dieser Mond namens Choonsh ist kein Mond, er ist vielmehr ein getarntes Generationsraumschiff.
Im Innern verbirgt sich ein Volk, das AYK genannt wird. Und die Stimme in Braschons Kopf ist ebenfalls weit mehr als nur eine Stimme: es handelt sich dabei vielmehr um die Seele eines Helfers des Lichts, und er berichtet etwas Unglaubliches – er wurde von Oki Stanwer höchstpersönlich gesandt, dem Fürsten der TAA PHESKOO, und zwar von der anderen Seite… die TAA PHESKOO, die Allianz des Lichts, steht mit dem Rücken zur Wand, und der Feind, der Oki Stanwers Imperium niederwalzt, ist niemand Geringeres als TOTAM, die Macht des Bösen.
TOTAM, erfährt der schockstarre Braschon, befindet sich gewissermaßen mit Oki Stanwer zusammen in einem parallelen Universum, der „anderen Seite“ eben, und dort gibt es ebenfalls eine Galaxis Leucienne, die dort freilich La Sheem jol Karrah, „die Ebene des Lichts“, heißt. Und TOTAMS Heere bestehen aus Milliarden von gestaltwandelnden Berinnyern unter Ayk-Kontrolle, die zudem dabei sind, in diese Seite des Universums überzuwechseln und auch Leucienne zu verwüsten. Braschon befindet sich nun am einzigen Ort, an dem er das womöglich vereiteln kann, denn Choonsh, die Reproduktionsbasis der Ayk, ist das Nervenzentrum von TOTAMS Agentennetz in Leucienne.
Zu dumm ist nur, dass das jähe Kappen der Verbindung zwischen beiden „Seiten“ des Kosmos dazu führt, dass die Helferseele in Braschon abstirbt. Sie transferiert aber zuvor noch hastig weite Teile ihrer Biografie in Braschons Verstand… und dann findet sich der völlig verstörte Thevoner auf einmal noch einem Phänomen ausgesetzt, das er nicht im Mindesten versteht.
Er träumt von TOTAM.
Genauer: während er noch die Lebenserinnerungsfragmente seines Seelenbruders durchlebt, wird er schlagartig herausgerissen und findet sich im Skelettkörper eines Totenkopfs auf TOTAM wieder… verwickelt in bizarre Kämpfe. Kämpfe von Totenköpfen gegen Totenköpfe. Totenköpfe führen beleidigende, emotionale Dispute. Andere bezeichnen die Dämonen von TOTAM allen Ernstes als Feinde…
Bizarre Dinge gehen dort vor auf TOTAM, soviel steht fest. Völlig verstörende Dinge. Als Braschon endlich zu begreifen beginnt, was hier vor sich zu gehen scheint, deutet sich offenbar eine Möglichkeit an, dem furchtbaren, unerbittlichen Ansturm des Feindes auf eine Weise Paroli zu bieten, die niemand jemals für möglich gehalten hat…
Fürwahr, dachte ich – das ist ein schöner „kleiner“ Jubiläumsband des OSM. 55 Seiten stark und prallvoll mit packenden Details einer fremdartigen, gespenstischen Welt, die noch lange nicht vollständig erzählt ist. Aber während ich gestern die letzten Zeilen daran schrieb, konnte ich das interessante Gefühl nicht abschütteln, dass diese Serie, die nun Band 39 erreicht hat (die Bände 40 und 41 wurden schon im letzten Jahr geschrieben), nach einer Bearbeitungszeit von nicht weniger als 25 Realjahren allmählich an den Siedepunkt gelangt, an dem die Ereignisse sich zu überschlagen beginnen.
Das geschieht in allen Serien des OSM früher oder später. Aber während ich in den 90er Jahren noch recht viele Serien abschließen konnte und an manchen tatsächlich nur 3-6 Jahre arbeitete, hat sich ja heutzutage das Arbeitstempo am OSM sehr verlangsamt. Ich arbeite an zahlreichen Serien parallel, habe den Archipel als temporäre Abwechslung entdeckt… und so ist tatsächlich seit KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (1983-1998) keine Serie mehr abgeschlossen worden.
Wenn ihr ebenfalls denkt: da wird es aber mal wieder höchste Zeit, so habt ihr durchaus Recht. Ich halte es für realistisch, dass FvL der nächste Kandidat dafür sein könnte, ein weiterer Kandidat ist prinzipiell KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“, begonnen 2004, wiewohl es über das INSEL-Imperium der Baumeister sehr viel zu erzählen gäbe. Auch KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, begonnen 2003, der seit 2013 als E-Book erscheint, zählt zu diesen Aspiranten. Doch hier verzögert sich die Fertigstellung naturgemäß, weil ich mehr mit der Überarbeitung der frühen Episoden ins E-Book-Format beschäftigt bin.
Alles in allem ist die Arbeit am OSM also immer noch im Gange, und sie macht gute Fortschritte, wie ich finde. Sobald ich mal wieder einen Logbucheintrag aus aktuellem Anlass bringen muss, werdet ihr ihn hier finden. Aber ganz so wie die Kosmologie-Lektionen kommen sie natürlich in relativ großen Abständen. Lasst euch einfach überraschen, wann der nächste Eintrag kommt…
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
PS: Wer mich mal ein wenig genauer kennen lernen möchte, hat ab übermorgen die Gelegenheit dazu – am 3. September geht auf der Homepage von www.ebokks.de das „kurze“ Interview online, das Corinna Rindlisbacher mit mir geführt hat. Die Langversion davon, denn ich gestehe, ich machte anfangs erheblich ausführlichere Kommentare, findet ihr dann in Bälde hier auf der Homepage vor. Aber die „Kurzversion“ ist optisch viel schöner gelungen, es lohnt sich also, beide Fassungen zu lesen.