Wochen-Blog 253: Legendäre Schauplätze 6: Feuerrad

Posted Januar 7th, 2018 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ja, es ist schon eine ganze Weile her, dass ich euch zum letzten Mal an einen der legendären OSM-Schauplätze herangeführt habe. Damals bereiste ich mit euch diverse Variationen des Planeten Erde. Heute entführe ich euch in die tie­fen Weiten des Kosmos und bringe mal wieder ein paar alte Zitate aus nie publi­zierten OSM-Episoden, um euch den heutigen Schauplatz ein wenig näher zu bringen.

Besuchen wir eine uralte, geschichtsträchtige Sterneninsel in den Tiefen des Kosmos – in gewisser Weise der Grünen Galaxis Bytharg ähnlich. Die Rede ist von der Galaxis Feuerrad.

Die erste Stippvisite dort wurde durch eine verwirrende, rätselhafte Andeutung eines sterbenden Synox möglich, im KONFLIKT 20, das heißt, ich schrieb dar­über in der noch nicht öffentlichen OSM-Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeits­team“ (1984-1998). Die Hintergründe hier offen zu legen, wäre zu kompliziert für den zur Verfügung stehenden Raum, das muss ich irgendwann nachholen. Nur soviel ist von relevanter Bedeutung: Oki Stanwer, Klivies Kleines und eine Gruppe potenziell unsterblicher Technos in den Diensten der Baumeister reiste mit dem Wunsch nach Feuerrad, um die MACHT zu bekämpfen, jene unheimli­che Entität, die den Planeten TOTAM in der Sterneninsel Zooltahn okkupiert hatte, um ein Multigalaxien-Terrorreich zu erschaffen, in das auch die Baumeis­ter-Galaxis Arc eingemeindet worden war.

Folgendes ist der erste Blick nach Feuerrad:

Encassan1 projizierte eine Sternenkarte mit Richtungsvektoren in die Zentrale, und Kleines tat dasselbe mit einem verkleinerten Abbild der Außenwelt.

Die von uns 7,5 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxis Feuerrad, die ihren Na­men von der starken Häufung roter Riesensterne hatte, die fast achtzig Prozent der Galaxis ausmachten, so dass sie blutrot schillerte, funkelte hell und zugleich unheimlich. Sie hatte sechs Spiralarme und ein deutlich ausgeprägtes Zentrum, das durch ausgedehnte Dunkelwolken fast schwarz erschien, so dass sich in Feuerrad ein schwarzes Herz hinter rötlichen Schleiern zu verbergen schien. Sie maß von einer Spitze des Spiralarms zur gegenüberliegenden insgesamt 88.000 Lichtjahre und hatte eine „Dicke“ von immerhin 34.900 Lichtjahren im Zentrum…2

Wenig später tasten sich Oki und seine Gefährten durch ein Reich der Verwüs­tung, durch das geheime Sternenreich des Kristallvolkes der Synox3, oder was davon noch übrig ist, nachdem der wahnsinnige Baumeister HORUS zuge­schlagen hat. Das Ambiente ist insgesamt generell recht alptraumhaft, wie ein kurzer Blick beleuchten mag:

Blutigrotes Leuchten umflorte uns, als wir mit Überlichtgeschwindigkeit von dem Schwarzen Loch wegsteuerten, das uns losließ, weil wir die Baumeisterco­des und Baumeisterrouten kannten, die uns den Weg durch die Schwerkraftfalle bahnten. Alle anderen Intelligenzen wären in diesem Sog zugrunde gegangen.

Die Galaxis Feuerrad war eine alte Sterneninsel, in der es von Dunkelwolken, Schwarzen Löchern, Neutronensternen und Braunen Zwergen nur so wimmelte.

Und es wimmelte ebenso von roten Überriesen und gewaltigen leuchtenden Gaswolken, die aufgrund seltener Gas- und Staubkonstellationen die Strahlung der Sonnen im Bereich des roten Lichts auffingen und verbreiteten. Deshalb hat­ten wir das Gefühl, durch einen Rotfilter in diese Galaxis hinauszusehen…4

Außerdem aber birgt Feuerrad in diesem Universum die mysteriösen Dunkel­welten, die untereinander durch Transmitterkanäle vernetzt sind und vom aquatischen Raumfahrervolk der Assaler bewacht werden…

Ah, da klingelt bei euch etwas? Ja, ich kann mir das gut vorstellen. Ihr habt einen Assaler schon mal kennen gelernt, einen Gesellen namens Shush. Aber zugegeben, er hatte da schon deutlich an Form verloren, so als knochiger „Wan­derarbeiter“ auf dem Planeten Hamilton in einem späteren Kosmos.5

Nachdem in Feuerrad das Chaos ausgebrochen war, an dem ganz wesentlich Oki Stanwer selbst, der Dämon Weldron von TOTAM und die verheerenden Dä­monenzepter beteiligt waren, als das universenweite Dämonensterben einsetz­te, da verließ ich Feuerrad wieder und stieß zu alten und neuen Ufern vor – ich kehrte notwendig nach Zooltahn und Arc zurück und stieß in eine Schreckensga­laxis namens Dyllawaar vor, von der ich beizeiten berichten werde.

Aber Feuerrad ließ mich dennoch nicht los.

Ich dachte: Verdammt, was ist das doch für eine faszinierende Sterneninsel. Und sie hat so viele weitere Geheimnisse… es muss doch möglich sein, davon zumindest einen Zipfel zu lüften.

Und das gelang mir auch, nämlich 1999. Längst war die oben erwähnte Serie, der KONFLIKT 20, abgeschlossen, da blühte in mir der Gedanke auf, nicht nur ein rätselhaftes Volk näher zu betrachten, nämlich die Xin, sondern auch eine höchst unkonventionelle Perspektive einzunehmen.

Auch die Xin habt ihr bereits kennen gelernt.6 Aber das waren entartete Xin, die nicht wirklich so waren, wie sie ursprünglich in der Galaxis Feuerrad entstanden waren und gelebt hatten. Es gingen schreckliche Geschichten über die Xin in verschiedensten Universen um, entartete Xin-Kollektive wirkten in KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ (begonnen 1994). Aber wie sah das ur­sprünglich aus?

Auf einmal fand ich mich in einer Kinderkrippe der Xin auf dem Generations­schiff Airexx-330 wieder, im Geist eines ganz besonderen Xin, der schließlich den Namen Shorex’uss erhielt.

Er war ein Feuerspürer.

Ein besonders begabter Xin, der imstande war, etwas zu fühlen, das er „Feuer­schmerzen“ nannte. Er spürte schon zu einem Zeitpunkt, wo er nicht sehen und bewusst denken konnte, Gefahren für das Schiff und sein Zentralkollektiv auf, warnte nonverbal vor verseuchten Systemen und einer mörderischen, systemvernichtenden Gefahr, den Feuerquallen, die ganze Zivilisationen in Schutt und Asche legten.7

Man mag denken, dass auf diese Weise nur eine Art mikrogeschichtliche Per­spektive möglich wurde, aber das ist falsch. Shorex ist ein außerordentlich intel­ligenter, sehr schnell denkender und lernender Xin, der alsbald intensiv Fragen zu stellen beginnt. Wo die meisten seiner Artgenossen sich mit ihren Wissens­grenzen bescheiden, ist seine Wissbegierde uferlos – und dank seiner privile­gierten Stellung erhält er Zugang zu faszinierenden Informationen. Dass das einen schrecklichen Preis hat, erfährt er erst deutlich später.

So erfährt er von dem Ingenieursvolk der Maszinn, einer Spezies in schwer ge­panzerten Raumschiffen, die lebendigen Metallkegeln ähneln. Er hört von den zierlichen grünhäutigen Humanoiden, den Thaas, die begnadete Ökoingenieure sind, die in parapsionisch begabten Weltraumbäumen durch den Kosmos drif­ten und verwüstete Welten neu besiedeln.

Dann gibt es die Nariija, rätselhafte Wesen, deren genaue Gestalt ich noch nicht kenne – sie schaffen gigantische Informationssäulen, zugleich restriktive Wissensportale wie Umschlagplätze von Informationen wie Waren. Er lernt ebenfalls auf indirekte Weise das Händlervolk der oktopoiden Assaler kennen. Und dann sind da die gigantischen, drachengestaltigen Bhaktiden, deren bis zu elf Meter lange Gestalt eine bizarre Mischung aus Schnecke und Drache ist. Sie bewohnen gigantische, transportable Städte, mit denen sie teils oberirdisch, teils unterirdisch unterwegs sind und Planetenkrusten ausbeuten.

Shorex und mit ihm der Leser merkt schnell, dass all diese Völker auf komplexe Weise miteinander interagieren. Einige davon haben sich unter dem Label „Fhonn-6“ zusammengeschlossen. Die Assaler bilden indes eine in viele Volks­zweige zerfaserte, bisweilen erbittert verfeindete Gemeinschaft, ebenfalls von Händlern, Farmern, Raumfahrern, Raumpiraten, Schmugglern und schlimme­rem. Ein großer Teil der Assaler glaubt außerdem an bizarre Sternenmythen wie von den Schöpfungsgöttern Gerkan und Mitkor, die angeblich Sternenleichen dazu gebracht haben, in einer Art umgekehrter Evolution wieder zu brennen und Leben zu spenden.

Irgendwo in den Tiefen der Galaxis existieren auch die Völker der Alten Wissen­schaftler und der Mönche von Feuerrad. Und dann sind da noch die aggressiven Insektenkrieger aus dem Volk der Tay’cuur, die vor Zehntausenden von Jahren Feuerrad überfielen und eine Schreckensherrschaft errichteten, ehe sie auf grässliche (und heute unbekannte) Weise endete. Die wenigen verstreuten Tay’cuur durchreisen verbittert die Galaxis und streben nach alter Größe.8

Dass in Feuerrad noch ganz andere Dinge von Bedeutung sind, erfährt der Feu­erspürer Shorex dann in dem vierten und fünften Feuerspürer-Roman, die noch unveröffentlicht sind. Hier gerät er in die Sklaverei der Tay’cuur und wird genö­tigt, einen Weg ins legendäre Cuur’yool zu finden, das „Feuerherz“ der Galaxis, wo einst die Zentralwelten der Tay’cuur-Invasoren existierten.9

Dies alles geschieht in einem Paralleluniversum, das ein Schatten des KON­FLIKTS 24 ist, den ich in der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ beschrei­be. Auch hier verschlägt es Raumfahrer in die Galaxis Feuerrad, und allein daran erkennt ihr schon, dass dies ein legendärer Ort ist, der mich nach wie vor im­mer noch umtreibt.

Es gibt so viele Rätsel in dieser Galaxis, und viele hängen mit den SIEBEN SIE­GELN VON TOTAM zusammen. Da waren die geheimnisumwitterten Dunkelwel­ten in KONFLIKT 20, die ich oben kursorisch erwähnte. Hier in KONFLIKT 24 en­det ein Pfad der so genannten „Transversalisten“ in dieser Sterneninsel. Der ge­staltwandelnde Tassiner Calderer – seines Zeichens ein noch nicht aktivierter Helfer des Lichts – und seine drei Gefährtinnen geraten in den Bann eines rätselhaften Wesens namens BESLOK, das ihnen aufträgt, in Feuerrad so ge­nannte SPLITTER einzusammeln und zusammenzufügen. Sie scheinen – das ist noch nicht restlos geklärt – Teile eines zerborstenen SIEGELS zu sein.

Wer sich nun vorstellt, dass es vielleicht einfach sein sollte, solche SPLITTER einzusammeln, der sollte sich mal beizeiten die Shorex-Romane anschauen. In einem davon wird eine Informationssäule der Nariija kurzerhand von einem SPLITTER zerstört… immerhin eine kilometerhohe Raumstationssäule. Andere SPLITTER, die ganz offensichtlich höchst mobil sind, sind imstande, ganze Plane­ten zu sterilisieren.

Nein, Feuerrad ist in jedem Universum, in dem Kurs auf diese Sterneninsel ge­nommen wird, ein Hort des Chaos, des Schreckens und der Leiden. Technikde­generation, Bruderkriege, Sklaverei, Unterjochung und schlichter, Panik erzeu­gender und alles auslöschender kosmischer Schrecken regiert hier.

Gleichwohl… in KONFLIKT 24, der schon geraume Zeit pausiert10, bin ich nach wie vor in der Galaxis Feuerrad aktiv – und es ist sehr stark anzunehmen, dass hier noch eine ganze Reihe weiterer Romane, Novellen und Episoden spielen werden, auch jenseits des Shorex-Handlungsstranges.

Feuerrad ist einfach unbeschreiblich faszinierend und übt auf mich eine ähnlich starke Anziehungskraft aus wie etwa Bytharg. Über beide Galaxien gibt es noch sehr viel zu berichten. Was, beispielsweise, sind die Pläne der Mönche von Feu­errad? Was verbirgt sich hinter dem Steinkult der Coyne-Assaler? Ist tatsächlich etwas an dem Mythos von Gerkan und Mitkor (die im übrigen OSM als Dämo­nen von TOTAM bekannt sind, was vermutlich außer mir kaum jemand weiß)? Woher kommen die Feuerquallen? Kann es gelingen, die SPLITTER zu kontrollie­ren? Und was ist das tatsächliche Geheimnis der Dunkelwelten, die auch in KONFLIKT 24 existieren? Ganz zu schweigen von all den Rätseln der Vergangen­heit – wie war das tatsächlich mit der finalen Schlacht gegen die Tay’cuur? Was war die Rolle der Xin? Was die Rolle der Weißen Xin?

Und so weiter und so fort… es gibt wirklich noch viel, sehr viel über Feuerrad zu sagen und womöglich noch mehr dort zu erforschen. Stoff für ganze Romanzy­klen, steht zu fürchten. Doch für den Moment sind wir ans Ende unserer heuti­gen Reise gelangt. Ich danke euch für die Geduld und hoffe, der Einblick in einen noch unbekannten Teil des vielfältigen OSM-Kosmos war für euch erhel­lend.

In der nächsten Woche werden wir wieder bodenständiger mit dem phantas­tischen 50. Teil der Artikelreihe „Was ist eigentlich der OSM?“ Nicht versäumen, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Encassan ist einer der erwähnten Technos.

2 Zitat aus Bd. 73: „Mission in Feuerrad“, Januar 1995 (OSM 1008).

3 Die Synox sind ein Volk, das erstmalig in KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (1983-1988) in Erscheinung tritt; strukturchronologisch früher gelagert ist die Existenz der Synox-Spezies in KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (1987-1993), wo sie freilich erst beschrieben wurden, als der KON­FLIKT 14 schon abgeschlossen war. So kann’s im OSM kommen…

Zitat aus Bd. 74: „Die Schattenkrieger“, Januar 1995 (OSM 1009).

5 Vgl. dazu das E-Book „Aus den Annalen der Ewigkeit 6: Mein Freund, der Totenkopf“, Teil 1 und 2 (2017).

6 Vgl. dazu auch das E-Book „Aus den Annalen der Ewigkeit 6: Mein Freund, der Totenkopf“, Teil 1 und 2 (2017).

7 Vgl. dazu beizeiten den Roman „Der Feuerspürer“, 1999. Veröffentlicht in BWA 250 (Juli 2004), der für die Annalen in der Warteschleife ist. Er ist auch – wie die beiden Folgeromane, von denen gleich die Rede sein wird – auf der Webseite des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg zu finden, die gegenwärtig aber noch mit Zugangsproblemen kämpft und rekonfiguriert wird.

Mehr zu den Völkern von Feuerrad und auch zu den Tay’cuur erfährt man in dem zweiten Feuerspürer-Roman „Der Feuersucher“, 2001. Veröffentlicht wurde er in BWA 270 (März 2006) bis BWA 275 (August 2006). Vgl. außerdem dazu den dritten Feuerspürer-Roman „Der Feuersklave“, 2002, veröffentlicht in BWA 306 (März 2009) bis BWA 310 (Juli 2009).

9 Vgl. dazu beizeiten die Romane „Die Feuerjäger“, 2002, und „Feuerherz“, 2003 (unveröffentlicht). Der Zyklus selbst geht noch weiter, ist bislang aber noch in Arbeit.

10 Der bislang letzte Band dieser Serie, den ich fertigstellen konnte, war Bd. 56: „Der Flammentempel“ (Januar 2015, OSM 1737).

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