Liebe Freunde des OSM,
stellt euch vor, ihr befindet euch mitten in den schottischen Highlands, etwa zwei Stunden Wegzeit von Inverness entfernt, mitten im Nirgendwo. Die nächste menschliche Ansiedlung ist ein kleines Nest namens Nairn, irgendwo im Nichts. Vor euch liegt nichts als ein völlig leeres, ausgedehntes Tal voller blühender Wiesen, moosbewachsenen Felsen und felsigen Hügeln. An dem Hang drei oder vier Kilometer direkt voraus liegt die Ruine eines alten Bergklosters, schon seit Jahrhunderten verlassen.
Was tut ihr? Neugierig, wie ihr wohl seid, stuft ihr dieses Kloster als das mit Abstand interessanteste Objekt weit und breit ein, und der direkte Weg dorthin, der ja auch keinerlei Komplikationen aufweist, führt geradewegs durch das idyllische Tal.
Also macht ihr euch kurzerhand auf den Weg und marschiert über diese Wiesen direkt los.
Ihr werdet dieses Kloster niemals erreichen.
Denn das ist es, was euch schon nach ein paar hundert Metern Wegstrecke widerfährt: von irgendwoher scheint ein eigenartiger, opaleszierender Nebel aufzuziehen, der die ganze Umwelt bizarr verhüllt und verzerrt und euren Richtungssinn narrt.
Das ist aber nicht das Schlimmste: Direkt vor euch taucht nun auf einmal etwas auf, von dem bisher nichts zu entdecken war – und, um vorauszugreifen, nicht einmal moderne Satellitenüberwachung würde davon etwas ausfindig machen – , nämlich ein Dorf, das mitten im Talkessel liegt, als würde es aus einer Art von vorgestrigem Traum aufsteigen.
Verwirrt, wie ihr seid, werdet ihr euch dieses komische Phänomen genauer anschauen wollen. Und wenn ihr das wagt, seid ihr sowieso verloren, und zwar für alle Zeiten.
Die seltsame Ortschaft aus dem Nirgendwo sieht aus, als entstamme sie dem Mittelalter: nahezu keine Gebäude aus Stein weit und breit, alles ist aus Holz, Flechtwerk und Lehmziegeln gebaut, die Walmdächer der Gebäude mit Reisig gedeckt. Der Geruch von Herdfeuern hängt in der Luft. Es gibt nur zwei Dinge, die euch – neben der Tatsache, dass dieser Ort aus dem Nirgendwo kondensiert ist – in Erstaunen versetzen dürften.
Auf der einen Seite des Ortes, seitlich eures direkten Marschweges, liegt ein kleines Flachdachgebäude, das ganz aus Stein geschaffen scheint und in dessen Mauerstrukturen offensichtlich keltische Menhire eingearbeitet wurden.
Auf der gegenüberliegenden Seite erhebt sich auf einer Anhöhe, die ihr auch beim Blick ins Tal schon gesehen habt – dort ist sie aber nur ein grasbewachsener Hügel – ein mächtiger, aus schwarzem Holz gearbeiteter Galgen.
Also, das ist schon eine gruselige Sache.
Stolpert man nachts über dieses Dorf, könnte man denken, es handele sich um eine Art Kulissenlandschaft für einen historischen Film oder so. Aber leider liegen die Dinge nicht so einfach.
Dies ist ein Ort namens Garos, und es ist mit Abstand einer der unheimlichsten und zugleich bedeutsamsten Orte im ganzen Oki Stanwer Mythos (OSM), so obskur das auch klingen mag. Das hat mit kosmologischen Details zu tun, auf die ich heute noch nicht im Detail eingehen kann. Aber vertraut meiner Expertise: ich spreche nichts als die lautere Wahrheit.
Ich kenne Garos inzwischen seit gut 30 Jahren, habe aber erst in jüngster Vergangenheit herausgefunden, was hier wirklich vor sich geht. Drum habe ich auch im Oktober 2015 mit einem OSM-Hintergrundtext begonnen, der den prägnanten Titel „Das Rätsel von Garos“ trägt.
Auslöser dafür waren meine Abschreibarbeiten an dem gigantischen OSM-Manuskript „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (CK). Denn dort werdet ihr voraussichtlich schon im ersten Band der Veröffentlichung, die für das Jahr 2017 geplant ist (also dem Roman „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“) auf Garos treffen, und weil das ein wenig „shocking“ sein wird, dachte ich, ist es geschickt, euch schon mal vorzuwarnen.
Garos ist ein Dorf, ja, und es scheint dem Mittelalter zu entstammen. Das ist freilich nicht ganz präzise. Es ist auch nicht so, dass man hier mit der seltsamen, unsichtbar machenden Nebelschranke eine Zeitbarriere durchschritten hätte. Weit gefehlt. Das wäre die einfache Interpretation. Die Realität sieht noch etwas komplexer aus.
Wer nach Garos hineinkommt, wird mit Menschen konfrontiert, die durchaus etwas rückständig und altmodisch sind. Elektrizität ist in Garos unbekannt. Moderne Kommunikation existiert nicht. Kenntnis der Außenwelt ist nur rudimentär vorhanden, und jede neue Information von Besuchern von außerhalb wird gering geschätzt.
Garos als Ort der konservativen Wertbewahrung zu beschreiben, würde einen Teil der Wahrheit treffen. Die Menschen hier leben im Gestern… und die Toten von Garos leben auch im Gestern. Und wer diese Toten auf dem Friedhof sucht, der sucht an der falschen Stelle. Garos hat keinen Friedhof. Garos besitzt auch keine Kirche.
Stattdessen gibt es hier einen Henker der Toten, einen bärenstarken Hünen, der mit einer silbernen Axt Menschen den Kopf abschlägt. Insbesondere all jenen, die Garos wieder verlassen wollen.
Denn Garos, das sollte man begreifen, ist ein geheimer Ort. Mächte decken ihren Mantel des Schutzes über diese Ortschaft, die man nicht wirklich verstehen kann, und ihre Intentionen sind noch weitaus seltsamer, als man sich in den bizarrsten Denkkapriolen vorzustellen vermag.
Wer nach Garos kommt, tritt die letzte Reise seines Lebens an, ganz gleich, ob er das nun intendiert hat oder nicht. Wer das Dorf einmal erblickt hat, ist verloren.
Wir befinden uns während unseres Besuches dieses idyllischen, unscheinbaren Highlandtales in Schottland im so genannten KONFLIKT 13 des Oki Stanwer Mythos. Ich erforschte Garos und sein direktes Umland (denke keiner, das Bergkloster sei uninteressant! Ihr werdet das Gegenteil erleben!), während ich von 1982-1985 an der Serie „Oki Stanwer Horror“ (OSH) schrieb. Und als ich dann 1988 daran ging, diese Serie in das oben erwähnte Buch „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ einzuarbeiten, da war es absolut essentiell, auch eine Reise nach Garos zu machen, das für die Serie so wichtig wurde.
Im Mai des Jahres 2114 verschwand in dieser Gegend nämlich ein Yard-Angestellter namens Roger Steen. Und er tauchte bald darauf in Inverness wieder auf – als Untoter.
Und die Folge dieser Ereignisse bestand dann darin, dass zwei gute Freunde die Ursachenforschung übernahmen und herauszufinden trachteten, was da eigentlich genau geschehen sein mochte.
Die beiden Freunde waren Oki Stanwer und Klivies Kleines, der erste Helfer des Lichts.
Ihre Fährte führte sie geradewegs in ein idyllisches, scheinbar mittelalterliches Dorf.
Nach Garos.
Und mitten ins Verderben.
Denn erinnert euch, was ich oben sagte: Wer nach Garos kommt, tritt die letzte Reise seines Lebens an.
Und um ein Haar wäre das auch Oki Stanwers eigene letzte Erfahrung gewesen: die wuchtige Berührung der feinen, höllisch scharfen Henkersklinge, die ihm den Kopf vom Rumpf trennt.
Was das dann vereitelt? Tja, das solltet ihr dann vielleicht tatsächlich im oben erwähnten ersten Roman des CLOGGATH-KONFLIKTS nachlesen, sobald er erscheint. Und machen wir uns nichts vor – das Garos-Abenteuer ist Gänsehaut pur. Ihr werdet es sehen, Freunde!
In der kommenden Woche machen wir, ungewöhnlich zeitig, wie ich zugebe, wieder einen Ausflug in die Welt der OSM-Kosmologie. Als kleinen Appetithappen erwähne ich schon mal das Titelzitat: „Die Baumeister sind an allem schuld!“
Wer mehr wissen möchte, schaue nächste Woche wieder rein.
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.