Liebe Freunde des OSM,
vor acht Wochen beschäftigten wir uns zuletzt mit dem Titelbild von Lars Vollbrecht zu Band 24 der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC), d. h. wir befanden uns und befinden uns noch immer im KONFLIKT 14 des Oki Stanwer Mythos, an dem ich von 1983 bis Anfang 1988 geschrieben habe.
Mit Band 25 wechselte ich damals – noch eifriger Heftromanleser und als solcher gewissen zyklischen Strukturen in Heftromanserien nacheifernd – die Handlungsebene und führte zwei neue Völker in zwei neuen Galaxien ein. Die Galaxien waren einmal Wukarin, zum anderen Risalon. Damals war ich noch deutlich schematischer als in späteren Zeiten. Das erkennt man deutlich, wenn man näher herangeht: das einzige intelligente Volk in der Galaxis Risalon heißt „Risaler“, deren Hauptwelt „Risal“ heißt (nee, hat nix mit Rieselfeldern zu tun, die Risaler sind Quallenwesen! Wir kommen dazu gleich noch).
Das einzige Intelligenzvolk in der Galaxis Wukarin heißt „Wukariner“, deren Hauptwelt – höchst sinnig – Wukar heißt, wenn ich mich da recht entsinne. Also, Einfallsreichtum war da eher Fehlanzeige. Eher kursorisch beschrieben wird in Band 25 „Höllenflug nach Wukarin“ nun also der epochale Flug eines ersten bemannten Experimentalraumschiffs von einer Galaxis zur anderen. Die beiden Völker haben schon miteinander Funkkontakt (in der Episode eher wirr und widersprüchlich dargestellt), aber Morn, der risalische Experimentalpilot, ist todesmutig und lässt sich mit dem Experimentalschiff über Zehntausende von Lichtjahren in die Nachbargalaxis Wukarin schießen.
Dabei geht naturgemäß etwas schief.
Er kommt zwar am Ziel an, hat aber buchstäblich eine Begegnung der unheimlichen Art – ein Geistwesen verschmilzt nämlich während des Fluges und verdrängt kurzerhand seine Seele. Was in Wukarin ankommt, ist also nur noch dem Äußeren nach der Experimentalpilot. Mental ist es… OKI STANWER!
Tja, und da ist er dann, der Feldherr der Cranyaa.
Ich zeichnete damals mit feinem dünnen Zeichenstift und grüner Tinte meine Vorstellung des Ganzen, nämlich einen Blick in Morns wassergefülltes Cockpit, im Zentrum seine quallenhafte Person schwebend. Genau dieses Bild lag Lars als Kopie vor, woraufhin er seine Version des Covers entwickelte. Man sieht, oben und unten durch massive schwarze Flächen abgegrenzt, einen linsenförmigen hellen Zentralraum. Im Vordergrund schwebt der quallenartige Risaler, aufsteigende Blasen signalisieren deutlich, dass es sich um einen wassergefüllten Raum handelt. Im Hintergrund deutet eine schwarze Linse mit Planeten darin den Weltraum an.
Schön gelungen, finde ich heute noch.
Oki Stanwers Erscheinen in der Galaxis Wukarin löst Chaos aus. Das hat damit zu tun, dass er zu diesem Zeitpunkt über massive parapsychische Kräfte verfügt, die er aber nicht unter Kontrolle hat. Heimgesucht von Alpträumen entstehen nun Traumgespinste, die „Das Traum-Inferno“ zur Folge haben (so auch der Titel von Band 26 der Serie).
Ich zeichnete auch dazu eine Skizze, die eine Szene der Episode illustriert. Dort ist es nämlich so, dass auf einer idyllischen Pflanzenwelt mit intelligenten Pflanzenwesen (die sonst in der Serie nicht weiter vorkommen) Alptraumwesen aus Oki Stanwers Erinnerungen an frühere Universen materialisieren. In diesem speziellen Fall haben wir auf einmal einen TROOHN vor uns – ihr wisst schon als Leser der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), die ich freilich erst fast 20 Realjahre später zu schreiben begann, dass es sich dabei um die Herren des Terrorimperiums handelt und Oki Stanwers Antagonisten in KONFLIKT 2.
Der Troohn, eine schlanke humanoide Gestalt, ganz in Metall gekleidet und mit einem etwas kantigen Schädel versehen, in dem sechs lodernde dreieckige Augen so angeordnet sind, dass sie eine auf der Spitze stehende Pyramide bilden (!), ist in meinem Bild dabei, ein Pflanzenwesen zu attackieren.
Lars ging in seiner Umsetzung des Bildes etwas anders vor. Er verwandelte meinen Waldhintergrund in eine überwiegend schwarze Fläche, in der man Planeten erkennen kann (was so vom Text nicht gedeckt wird). Von oben schräg links nach oben schräg rechts verläuft ein umgestürzter Baumstamm, nach unten rechts ebenfalls, auf der linken unteren Bildseite durch eine Art von Gebüsch verdeckt. Das Gebüsch geht nach unten in tiefes Schwarz über. Direkt in der unteren Bildmitte reckt sich etwas nach oben, was man mit etwas Phantasie als pflanzliche Tentakel interpretieren kann.
Der Troohn steht bei Lars hinter dem unteren Baumstamm, nach links gewendet, und seine Rechte packt diese nach oben ragenden Stränge, während der Hintergrund weitgehend amorph und angedeutet bleibt.
Auch dieses Bild ist zwar etwas sehr frei interpretiert, aber sonst auch heute noch durchaus beeindruckend.
Im Band 27 „Die Ruinenwelt“ wechselte ich von neuem die Handlungsebene. Diesmal führte ich den Handlungsstrang des Cranyaa und Helfers des Lichts Ureg-Ni fort. Er war bekanntlich in Band 21 vom Planeten TOTAM entkommen und dabei – unter Hilfe des unheimlichen Soffrol – auf einer Welt angelangt, auf der er den nächsten Helfer des Lichts treffen sollte, ein Wesen namens UCHULON.
Gleichzeitig aber, sollte ich erinnern, wurde der Dämon Awurkk losgejagt, um eben diesen Helfer des Lichts UCHULON zu eliminieren. Also: nicht witzig. Genau.
Da in FdC-Episoden mit gerade mal knapp 15 handschriftlichen Skriptseiten nicht eben viel Raum für differenzierte Handlungsentfaltung war, kam ich auch sofort zur Sache: Ureg-Ni stolpert sofort nach Erscheinen über UCHULON, und kaum haben sie ein paar Worte miteinander gewechselt, taucht auch schon der verfolgende Dämon von TOTAM auf und erzeugt das beste Chaos, was man sich vorstellen kann.
UCHULON erweist sich zu Ureg-Nis nicht eben geringer Verblüffung als ein rechteckiger, etwas mitgenommener Roboter mit kuppelförmigem Aufsatz. Die Maschine, in die UCHULONS Helferseele integriert wurde, entstammt der untergegangenen Kultur der Plegg’re, eines Volkes, das hier erstmals erwähnt wird und in den späteren Episoden der Serie noch wichtige Bedeutung erlangen soll.
Die Plegg’re haben eine hoch entwickelte Psionik besessen, die es ermöglichte, dass Wesensinhalte von Individuen in Computern gespeichert werden konnten. So ist UCHULON zum Gefangenen seines Robotkörpers geworden.
Als nun der Dämon von TOTAM nach anfänglichen Schwierigkeiten die Fährte von UCHULON aufnehmen kann, kommt es in einer der Ruinenstädte auf der Oberfläche des Planeten zur Konfrontation mit dem Roboter.
Folgerichtig sieht auch Lars´ Umsetzung so aus:
Der Hintergrund des Bildes ist einheitlich weiß, mit angedeuteter Ruinenstadtkulisse. Links im Vordergrund erkennt man den kastenförmigen Roboter UCHULON. Rechts davon ist der Dämon zu sehen, der hier seine „Kapuzinermönch“-Gestalt angekommen hat und einen Arm ausstreckt, der im Leib des Roboters versinkt. Man erinnere sich: Dämonen von TOTAM in dieser Gestalt haben eigentlich physisch keine Materialität, darum ist diese Verschmelzung möglich.
Dummerweise hat der Dämon keine Ahnung von den Parawissenschaften der alten Plegg’re – so fängt UCHULONS Gastkörper auch den mentalen Gehalt des Dämons ein. Und, das ist dann das Perfide daran, was im Bild natürlich nicht mehr dargestellt wird, er nutzt eine weitere Hinterlassenschaft der Plegg’re, so genannte „Psi-Schlünde“, um den Robotkörper fernzulenken und hineinzustürzen.
Das hat die Zerstörung des Roboters zur Folge und die starke Schwächung des Dämons, der daraufhin nach TOTAM zurück flüchtet. UCHULONS Mentalinhalt selbst findet sich jedoch plangemäß im Körper von Ureg-Ni wieder, so dass die beiden Helfer nun eine mentale Symbiose eingehen.
Lars erschuf von diesem Bild noch eine Alternativversion, die mir übrigens besser gefällt. Diese Version ist noch etwas freier als die erste. Sie hat sogar Schriftzüge dazu:
Oben links steht „Uwe Lammers´ Oki Stanwer“, wobei die ersten beiden Worte schwarz schraffiert sind, die anderen, darunter angebracht und z. T. mit den obigen Schriftzügen verschmolzen, sind komplett weiß gelassen. Darunter steht dann, schön verschnörkelt wie weiland etwa bei den MYTHOR-Heftromanen, „Die Ruinenwelt“. Rechts daneben erkennt man eine schemenhaft-humanoide Gestalt, die wahrscheinlich den Dämon darstellen soll, ihm aber leider nicht gerecht wird.
Die untere Bildhälfte enthält links den Roboter UCHULON, diesmal nicht so schön mit Schattenschraffur gehalten wie in der Version 1, aber optisch sonst identisch inklusive Kuppel und diversen Antennenkonstruktionen. Völlig neu entwickelt ist die Ruinenstadtkulisse auf der rechten Seite des Bildes.
Also, ich muss schon sagen, das war eine reife Leistung für Lars, unbestreitbar. Da liegt enorm viel Elan und Experimentierfreude in dieser Staffel der Titelbilder, und selbst aus einer Distanz von inzwischen 28 Jahren ist das immer noch bemerkenswert, zu sehen, wie meine Bildvorlagen seinen umtriebigen Verstand und seine flinke Zeichenfeder begeisterten.
Die nächste Staffel an Titelbildern wird erst in ein paar Wochen besprochen werden können. Am kommenden Sonntag beamen wir uns zurück ins Jahr 1994 und in die Artikelreihe „Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu“. Da spreche ich dann über jene Annalen-Werke, die ich gegen Mitte der 90er Jahre verfasste.
Wir sehen uns dann in der nächsten Woche hoffentlich an dieser Stelle wieder, meine Freunde!
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.