Liebe Freunde des OSM,
Kommunikation ist, das weiß wahrscheinlich jede/r meiner LeserInnen aus eigener jahrelanger Erfahrung, ein schwieriges Business. Wie stellt man eigentlich sicher, dass man als Sender selbst vermeintlich eindeutiger Botschaften auf der Empfängerseite auch richtig wahrgenommen wird? Das ist schätzungsweise ein Feld, auf dem man bis ins hohe Lebensalter nicht auslernt. Und, damit wird es dann vergnüglich bis dramatisch, natürlich entstehen aus Kommunikationspannen bisweilen haarsträubende Abenteuer.
Ein solches schildert der vorliegende Roman, der der Lebenslinie der frischgebackenen Architektin Emma Mayson folgt. Eigentlich will sie sich nur selbständig machen, muss aber natürlich bis dahin auch ihre Rechnungen bezahlen. Und so geht sie ein Arrangement ein, das zu erstaunlichen Missverständnissen, Pannen und (beim Leser) zu zunehmenden Lachattacken Anlass bietet.
Willkommen in einem sehr unterhaltsamen, kurzweiligen Beziehungsroman mit ausdrücklich erotischer Ausrichtung – selbst wenn das, genau genommen, eher eine Panne ist. Wieso und warum? Ach, ich schlage vor, ihr schaut euch das einfach mal selbst an:
Der Preis der Begierde
(OT: The Erotic Secrets of a French Maid)
Von Lisa Cach
rororo 25356
288 Seiten, TB (2010)
ISBN 978-3-499-25356-0
Seattle ist für angehende Architekten ein hartes Pflaster. Das merkt auch die mit der Ausbildung fertige junge Architektin Emma Mayson. Und solange man keinen Namen hat, kommt man auch kaum an mögliche Stellen. Sie ist also zu ihrem nicht geringen Frust dazu genötigt, anderweitig ihr Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen … am besten mit einer Tätigkeit, die intellektuell nicht so fordernd ist und die ihr Zeit lässt, ihre Karrierepläne weiter zu verfolgen.
So fängt sie an zu putzen.
Einer der ihr empfohlenen Haushalte, in denen sie neu anfängt, ist der des reichen Unternehmers Russell Carrick, der in der lokalen IT-Branche zu enormem Vermögen gekommen ist. Schon am ersten Arbeitstag unterlaufen Emma allerdings eine Reihe von Missgeschicken, unter anderem lädiert sie fast den Porsche von Carricks Geschäftsfreund Kevin … was zur kuriosen Folge hat, dass Kevin sie zu daten versucht. Noch interessanter … Russell scheint durchaus etwas dagegen zu haben, dass das geschieht. Aber zugleich beteuert er Kevin gegenüber, an Emma überhaupt kein Interesse zu haben.
Die Dinge entwickeln sich seltsam, und das ist erst der Anfang. Der Leser beginnt hier bereits zu schmunzeln, und das steigert sich noch deutlich weiter. Denn Emma registriert zu ihrer Verwirrung, dass Carricks unglaublich luxuriöser Haushalt eigentlich keine Putzhilfe benötigt (das war auch nicht seine eigene Idee, wie schnell herauskommt). Und dann gehen die Lebensumstände von Emma baden – indem sie nämlich kurzerhand ihre Wohngemeinschaftspartnerin verliert und auch sonst eine Menge schief geht.
Russell trifft seine Putzfrau denn auch wenig später völlig aufgelöst bei sich an, was ihr schrecklich peinlich ist … und dann bietet er ihr doch tatsächlich seine kleine, gegenwärtig leerstehende Wohnung als Interimsbleibe an. Das kommt doch ziemlich überraschend. Und in der Folge hat Emma hat das Gefühl, sie könne doch noch mehr für ihn tun, etwa kochen. Denn wiewohl er eigentlich gar nicht ihr Typ ist, mag sie ihn doch inzwischen recht gern.
Ja, das wäre mit dem Kochen wäre eine interessante Idee, davon hat er selbst wenig Ahnung, zeigt sich der reiche Russell aufgeschlossen … und dann geht das Chaos richtig los. Denn in derselben Unterhaltung phantasiert Emma, immer gelockerter werdend, sie könne sich auch vorstellen, irgendwann mal als „Mätresse“ eines reichen Mannes tätig zu werden und sich ein paar Male in der Woche für sexuelle Dienste entlohnen zu lassen.
Russell, der noch ganz auf dem „Koch doch für mich“-Trip ist, stimmt diesem Arrangement zu … und Emma interpretiert das – völlig überrumpelt – als Zustimmung zum „Mätressen“-Vorschlag, was sie ganz fassungslos macht. Aber nicht bereit, das Missverständnis aufzudröseln, stellt sie sich der neuen Herausforderung. Und auch Russell, im Umgang mit Frauen eher gehemmt, hat zwar ein schlechtes Gewissen und begreift schnell, wie falsch sie ihn verstanden hat … aber wiewohl er sich vornimmt, das Arrangement schnellstens zu beenden, tut er’s nicht.
Und dann geht die emotionale Achterbahnfahrt so richtig los …
Es gibt Geschichten, die direkt nach Kauf so sehr reizen, dass man die Finger nicht davon lassen kann – das hier ist eine davon. Es ist zwar ein erotischer Roman, der allerdings wohltuend Abstand von Fesselspielen und BDSM nimmt und stattdessen sehr viel mehr auf die komplizierte Psychodynamik der weiblichen Psyche Wert legt. Zugleich ist unübersehbar, dass die Autorin intensive Freundin von Komödien ist, denn diese Geschichte hat so viele komödiantische Einlagen und ist bisweilen so haarsträubend grotesk, dass es einen zwerchfellerschütternden Spaß macht, sie im Nu wegzulesen (gerade mal zwei Lesetage legen beredtes Zeugnis davon ab, wie unterhaltsam das präsentiert wird).
Ein wenig anstrengend fand ich allerdings – wenn auch zweifellos realistischer als die überschäumende, ekstatische Bereitschaft, die aus den Zeilen romantischer BDSM-Romane entgegenströmt, die nun wirklich realitätsfremd ist – die gehemmte Emma, die, bei allem Respekt, doch etwas entspannter hätte sein können. Gewiss, die Situation war eigenwillig, und hier zu erleben, dass es schließlich Russ war, der deutlich konzentrierter bei der Sache war, hat überrascht. Auf der anderen Seite muss man zugeben, dass Lisa Cach Recht hat: viele Frauen kommen eben beim Beischlaf nicht zum Orgasmus, da spricht sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung, und auch dass viele Männer egoistische Wesen sind, die auf ihren eigenen Höhepunkt fixiert sind, ist zweifellos plausibel.
Zum Ende hin wurde die Geschichte ein wenig zäher, hatte ich das Gefühl, vielleicht deshalb, weil dann der eher spielerische Anfang etwas auf der Strecke blieb. Es blieb allerdings witzig genug, das lag nicht zuletzt an den Freundinnen Beth und Daphne, die Emma gründlich zusetzten. Gleichwohl versprach der englische Originaltitel irgendwie mehr, als er letztlich hielt.
Als kurzweiliges, durchaus witziges Leseabenteuer zwischendurch ist der Roman aber absolut zu empfehlen.
© 2017 by Uwe Lammers
Wirklich eine goldige Geschichte, die ich gern gelesen habe. Wie gesagt, nicht mit allzu viel Tiefgang, aber es muss ja nicht immer inhaltsschwer sein. In der nächsten Woche berichte ich von einem Roman, der mich echt kalt erwischte und den ich sofort zu lesen beginnen musste. Immerhin hatte ich ein paar Jahrzehnte auf genau diese Geschichte gewartet (auch wenn ich nie geglaubt hätte, dass sie je geschrieben würde).
Klingt kurios? Ist kurios – und superspannend. Nächste Woche seid ihr schlauer.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.