Liebe Freunde des OSM,
Amerika ist, heute vielleicht noch mehr als zu der Zeit, als das heute besprochene Buch zum gleichnamigen Film mit Arnold Schwarzenegger in der Hauptrolle erschien, ein Land, in dem viel und gern persifliert wird. Heldenfilme werden en masse gemacht, Superheldenfilme ohnehin, und die dazu gehörigen parodistisch-satirischen Nachfolger kommen quasi gleich mitgeliefert.
Zu einer Zeit, als die schießwütigen Actionfilme a la „Stirb langsam“ in Mode kamen (munter fortgeführt mit Filmreihen wie „The Transporter“ oder „Fast & Furious“, „John Wick“ … die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen), kam auch dieser eher seicht zu nennende und natürlich eine kindgerechte Moral transportierende ironische Film in die Kinos, den ich mir damals mit etwas Verspätung antat … und dann entdeckte ich das Buch zum Film (heute leider nicht mehr greifbar, darum sind die bibliografischen Angaben unvollständig).
Manchmal – wie im Fall des Buches zum Film „Men in Black“ etwa – wurde ich von solchen Werken ziemlich enttäuscht. Vor drei Wochen konntet ihr nachlesen, dass das kein Naturgesetz ist. „Mr. & Mrs. Smith“ vermochte mich sehr zufriedenzustellen. Auf einem bescheideneren Level ist das auch mit dem vorliegenden Roman passiert, wo sich Filmwelt und reale Welt auf vergnügliche Weise mischen.
Was das dann zur Folge hat? Nun, schaut es euch selbst an:
Last Action Hero
(OT: Last Action Hero)
von Robert Tine
Übersetzung von Marcel Bieger
Bastei 13535
192 Seiten, 1993
Was kann man sich als vernachlässigter kleiner Junge im tristen, verbrechergesättigten New York schon großartig an Zukunftsperspektiven erschließen, zudem noch, wenn die Mutter eine Doppeljob hat und sich kaum um ihn kümmern kann? Wenn der Vater nicht mehr da ist und irreale Träume den Kopf des Kindes füllen?
In dieser Rolle ist Danny Madigan, ein kleiner, elfjähriger Junge, begeisterter Fan eines Filmhelden namens Jack Slater (Arnold Schwarzenegger). Als der neue Kinofilm, Slater IV, anläuft, hat Danny die Chance, den Film nächtens in einer Vorpremiere alleine anzuschauen. Durch den alten Vorführer Nick gelangt er in den Besitz einer magischen Eintrittskarte, und damit beginnt für ihn das Abenteuer.
Denn auf einmal findet er sich nach einer Explosion keineswegs mehr im Theater wieder, sondern auf dem Rücksitz eines Bonneville-Coupe, das von niemand Geringerem als Jack Slater gesteuert wird. Natürlich während einer halsbrecherischen Verbrecherjagd – denn Slater ist Sergeant des Los Angeles Police Departments und verantwortlich für die ganz harten Fälle, die ihm regelmäßig in jedem Film die Entlassung aus dem Dienst eintragen. Ebenso ist er am Ende des Films wieder in Dienst und Ehren und sämtliche Schurken genauso selbstverständlich zur Strecke gebracht (oder – wie in den meisten Fällen – tot).
Da Danny den Anfang des Films (Slater IV!), in dessen Handlung er sich unvermittelt real versetzt sieht, schon gesehen hat, weiß er natürlich einiges mehr über die Bösewichter, die Slater diesmal das Leben schwer machen wollen. Genauer gesagt handelt es sich dabei um einen Mafiosi namens Tonio Vivaldi und seinen eiskalten Killer mit dem Glasauge, einen Mann, der Benedict genannt wird und dessen Spezialitäten in Glasaugen bestehen, manchmal in solchen, die kleine, hochexplosive Bomben enthalten.
Natürlich glaubt Slater Danny nicht, dass sie alle nur „im Film“ seien, sondern er wird eher für etwas krank im Kopf gehalten. Seine Kenntnisse machen den Sergeanten allerdings recht nachdenklich, und so ist es unvermeidlich, dass sie vorzeitig an Benedict geraten, was einiger komischer Züge nicht entbehrt – z. B. jene Szene, in der Benedict einer Horde Rottweiler befiehlt, eine lebende Pyramide zu bilden, und sie das auch tatsächlich machen. Aber natürlich befindet man sich in einem Film, und da ist alles schrill, überzogen und extrem unrealistisch. Und hier können natürlich nur die Bösen sterben, die Guten überstehen selbst haarsträubendste Abenteuer nahezu unverletzt.
So wird allerdings nun auch Benedict auf Danny aufmerksam und kann diesem bei einem Überfall die magische Eintrittskarte entwenden, dessen Geheimnis er bedauerlicherweise herausfindet. Zum Glück können Danny und Jack Slater dem Verbrecher in die „reale Welt“ folgen, allerdings ist diese nun ganz und gar nicht mehr das, was Slater kennt: Hier funktionieren seine Filmgesetze nicht mehr, hier kann er Schmerzen erleiden und er kann sogar, wenn es ganz hart auf hart kommt, sterben.
Und dennoch müssen sie die Verfolgung von Benedict auf sich nehmen, weil er einen entsetzlichen, Erfolg versprechenden Plan mit der magischen Karte verfolgt, den er schon umzusetzen begonnen hat …
Genau wie der Film selbst, zu dem dieses Buch geschrieben wurde, ist der Roman ein Feuerwerk von Absurditäten, die ihren großen Reiz aus dem Wortwitz (des Übersetzers) ziehen und aus der grotesken, beabsichtigten Übersteigerung der Handlung des Films. Was hier übertrieben und schrecklich karikierend wirkt, ist absolut beabsichtigt, und man muss schon sagen, dass das Abstruse der filmischen „Super“-Handlungen hier sehr schön offengelegt wird.
Wer also den Film kennt und sich, weil er beispielsweise die Dialoge von Slaters Vorgesetztem nicht verstanden hat, den Roman antun möchte, kommt voll auf seine Kosten. Das Buch ist rasant geschrieben, man könnte eigentlich sagen: oberflächlich. Doch auch das passt ausgezeichnet zum Film selbst, der schließlich ebenfalls genau das ist: eine oberflächliche und durchsichtige Satire und Persiflage, z. B. auf die „Stirb-langsam“-Filme des Bruce Willis. Grell und schlechterdings unrealistisch. Aber wer richtig gut ablachen möchte, sollte ihn nicht verpassen, wenn er antiquarisch über den Weg hüpft …
© 1997 by Uwe Lammers
In der kommenden Woche werden wir dann mal wieder politisch und lassen einen bärbeißigen (heute auch schon verstorbenen) Kritiker der Politik der USA zu Wort kommen. Lasst euch überraschen, wen ich da meine.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.