Liebe Freunde des OSM,
heute halte ich mich wirklich mal sehr knapp – weil das, was ich 2004 bei diesem kurzen Büchlein für eine Rezension hielt, formal gesprochen keine wirkliche ist, sondern eher eine Art von sentimental-sehnsuchtsvoller Beschwörungsformel, gerichtet an den Leser dieses Werkes. Oder, besser gesagt, an denjenigen, der gleich mir ein romantisch veranlagter Träumer ist und Khalil Gibran noch nicht kennen sollte.1
Erwartet also hier weniger Inhaltliches als vielmehr schwärmerisch Verklärtes, und wenn ihr mögt, lächelt halt darüber. Ich schrieb diese Zeilen damals direkt nach der Lektüre und war, man spürt es auch nach 17 realen Jahren, völlig hin und weg und besaß keinerlei kritische Distanz mehr.
Auch dies ist, wie die Rezension der vergangenen Woche, eine Form von Abenteuer. Möge sie euch gefallen:
Sprich uns von der Liebe
von Khalil Gibran
Kiefel-Verlag, 2002
68 Seiten, kartoniert
(Kleinformat)
Aus dem Englischen von Sabine Burkard
Bezug damals: www.jokers.de, 1.95 Euro
Aber schon immer war es so, dass Liebe nichts von ihrem Ausmaß weiß, ehe die Stunde der Trennung bevorsteht.
Ich stand da und las die Worte, und sie rührten mich so sehr, dass ich das kleine Buch schließen und es ganz fest zwischen meinen Fingern pressen musste. Oh ja, so dachte ich, oh ja, dies ist die Wahrheit, dies sind die Worte der Weisheit, die direkt aus dem Herzen kommen und direkt ins Herz einschlagen.
Dies sind die Worte, die nicht nur die Liebenden angehen, wiewohl dies Buch besonders für sie geschrieben ist, für diejenigen, die sich sehnsuchtsvoll nacheinander verzehren, für jene, die den flammenden ersten Blick der absoluten Übereinstimmung im Gegenüber wahrnehmen, jenen stillen Glanz, der entsteht, wenn die Herzen selbst zueinander sprechen können. Und auch der Leser spürt nach all den Jahrzehnten, die vergangen sind, seit Dichterhand diese Worte niederschrieb und im Papier verewigte, dass die Regungen der Seele von einer stürmischen Kraft sind, die den Lesenden, Sehenden und Fühlenden gleichsam magnetisiert.
Worte, mag man sagen, seien karg und flüchtig, oberflächlich und beiläufig dahin gesprochen. Manchmal ist es wahrhaftig so, zugestanden. Doch nicht so hier. So dünn dieses Büchlein sein mag, und so verwandt es mit seinem Vorgänger „Sprich uns von der Freundschaft“ ist, so reichhaltig ist auch dieses. Es ist ein Werk, das mit verändertem Herzen wieder und wieder gelesen werden kann, und wenn man ein sensibler Mensch ist, vielleicht eine romantische Ader besitzt, dann vermögen diese Worte, niedergelegt für die Ewigkeit, die Herzen aufzuschließen und das Leben zu verbessern, Trost zu finden und Balsam für die Seele zu sein.
Ich wiederhole mich: Solche Weisheiten sind unbezahlbar.
Doch auch hier meine ich: glücklicherweise sind sie ausgesprochen, niedergeschrieben und erhältlich. Genießt sie. Ihr wisst sonst nicht, was euch entgeht.
© 2004 by Uwe Lammers
Zu süßlich, zu heftig ausgefallen? Well done, Gibran – und meine damalige Schwärmerei für seine Werke – sind nicht jedermanns Sache, das verstehe ich vollkommen. Aber wie verhält es sich mit Philip K. Dick? Schaut es euch in der nächsten Woche einfach mal an.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
1 Langjährigen Leser meines Rezensions-Blogs ist Gibran natürlich kein Unbekannter. Ich erinnere dabei nur an seine Werke „Vor dem Altar der Liebe“ (Rezensions-Blog 38, 2015) und „Sprich uns von der Freundschaft“ (Rezensions-Blog 57, 2016).