Rezensions-Blog 244: Diamantendiebe

Posted November 27th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

dass man in erotischen Romanen mit handfesten humanitären Problemen und der Weltpolitik konfrontiert wird, geschieht eher selten. Sehr viel häufiger sind die Fälle, in denen man sich in einen personellen Mikrokosmos verirrt. Da hat man es dann zu tun mit zerrütteten Elter-Kind-Beziehungen, Missbrauch in der Kindheit, anstrengenden Dreiecksgeschichten und dergleichen.

Das ist der Normalfall.

Das hier weicht davon gründlich ab. Natürlich gibt es auch für die beiden Hauptfiguren traumatische Erlebnisse in der biografischen Vergangenheit, aber darüber hinaus spielen doch noch ganz andere Aspekte mit in die Geschichte hinein, die man als Leser, der hier nur blanke Unterhaltung erwartet, vielleicht nicht erwartet.

Ich könnte mir vorstellen, dass die internationale Abstammung der Autorin dazu wesentlich beigetragen hat. Sicherlich ebenfalls nicht ohne Wirkung ist der Wohnsitz in Kanada – üblicherweise neigen nordamerikanische Autoren und Autorinnen doch zu etwas mehr Gewalttätigkeit in den Lösungsansätzen ihrer Romane. Doreen Foongs Lösungsvorschläge sind dagegen etwas … nennen wir sie wenigstens unkonventionell. Und manchmal schlicht sexy und voller Humor.

Wie das konkret aussieht? Schaut einfach weiter und macht euch selbst ein Bild davon:

Diamantendiebe

(OT: The Diamant Thief)

Von Doreen Foong

Plaisir d’Amour

168 Seiten, TB (2005)

ISBN 3-938281-09-X

Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch auf demselben Gebiet tätig und Erzrivalen: Tess Weathers und Max Edgewater. Beide führen ein aufre­gendes Doppelleben und werden international von FBI, CIA, Scotland Yard und Interpol gesucht.

Sie sind Diamantendiebe.

Tess, eine geschmeidige, sportliche Frau, Waise, Salonlöwin und Jet-Setterin, verfolgt mit ihren raffinierten Diebstählen, bei denen sie die Angehörigen der High Society geschickt und kess um die edlen Steine bestiehlt, ein humanitäres Ziel: sie leistet damit medizinische Hilfe für Flüchtlinge in Ruanda und im Sudan.

Max ist hingegen der Sohn eines ehemaligen Cops, kommt aus einfachen Ver­hältnissen und hat sich inzwischen zum erfolgreichen Kaffee-Tycoon hochgear­beitet und führt ein ausgesprochenes Playboy-Leben auf der Sonnenseite des Daseins. Jedenfalls, wenn er nicht privatim unterwegs ist, um des Nervenkitzels wegen Diamanten zu rauben. Finanziell hätte er es nicht nötig, aber es macht eben einfach Spaß. Zum Teufel damit, dass es hochriskant ist …

In Moskau stehen sich die beiden auf einmal maskiert Auge in Auge gegenüber. Tess hat die von beiden ins Auge gefassten Juwelen, Max und seine Reaktionen retten ihnen beiden das Leben, auch wenn das ein Bad in den Abwässern der russischen Metropole einschließt. Dass Tess wenig später von Max aufgespürt und auf höchst lustvolle Weise dazu überredet werden soll, die Diamanten her­auszurücken, ist dann weniger witzig.

Die Auseinandersetzung endet mit einem Patt und heißem Sex.

Von da an geht Tess dem Ladykiller Max nicht mehr aus dem Kopf.

Von da an geht Max der toughen Tess nicht mehr aus dem Kopf.

Damit fangen die Probleme ernsthaft an.

Natürlich stoßen sie nicht nur bei dieser einen Gelegenheit aufeinander, son­dern es kommt noch zu weiteren „professionellen“ Reibereien. Und in beider Lebensplan ist eigentlich gar kein Platz für die große Liebe und ständige Nähe. Zu dumm, dass es da noch so etwas wie das Herz zu berücksichtigen gibt. Und außerdem ist da noch ein geprellter Verbrecherboss, der die beiden tot und zer­stückelt sehen möchte … ehe sich die Diamantendiebe versehen, haben sie noch ganz andere Probleme als nur Herzensturbulenzen – tödliche Probleme …

Doreen Foong stammt aus Singapur und lebt mit ihrem Ehemann in Toronto, Ka­nada. Sie hat seit dem Jahr 2000 diverse Kurzgeschichten veröffentlicht und ist als Herausgeberin in Erscheinung getreten, dies hier ist ihr erster Roman – und ein wirklich furioser, wie ich mit schmunzelndem Lächeln wissend eingestehen muss. Er liest sich mühelos in zwei Tagen – das war meine Lesezeit, aber ich wurde auch anderweitig terminlich in Atem gehalten, Schnellleser, die ungedul­diger als ich sind, schaffen das Buch sicherlich mühelos an einem Nachmittag. Es empfiehlt sich allerdings, die Lektüre ein wenig auf mehrere Tage zu vertei­len, um die Lachmuskeln zu schonen.

Das klingt irritierend? Ist es nicht. Der Roman ist wirklich erstaunlich amüsant, und es gibt eine Menge zu kichern dabei, besonders dann, wenn Tess ihre schon ziemlich sarkastischen Gedanken zum eher gedankenlosen bis primitiven Jet-Set zum Besten gibt. Auch die Dialoge zwischen den Dieben sind reichlich kess formuliert und gut übersetzt. Man kann sich an sehr vielen Stellen schön plastisch ins Setting hineindenken und schmunzelnd dabei stehen, während sich die Protagonisten munter verbal beharken.

Natürlich ist relativ schnell klar, wohin die Handlung steuert, aber das ist unwe­sentlich. Es sind die interessanten, nachdenklichen Untertöne in der Geschich­te, die sie sehr lesenswert machen. Da wird nicht eben wenig Weltpolitik kriti­siert – etwa die inaktive Großmachtpolitik des Westens gegenüber Konflikten im Herzen Afrikas. Die blasierte Abgehobenheit des westlichen Jet-Sets gegen­über weltlichen Konfliktsituationen. Es wird die Frage thematisiert, ob man mo­ralisch handelt, wenn man die Reichen in Robin Hood-Manier bestiehlt, um da­mit den Armen, um die sich niemand kümmert, zu helfen. Nicht umsonst stellt Max mit einer gewissen Fassungslosigkeit fest, wie handfest und intensiv Tess´ humanitäres Engagement ist und wie aufopferungsbereit sie sich für die afrika­nischen Flüchtlinge einsetzt.

Eine humorvolle, sinnlich explizite, aber doch auch bei aller Leichtigkeit auf der anderen Seite auch wieder zum Nachdenken anregende Geschichte, die man in einem „schlichten“ erotischen Roman eher nicht erwartet hätte. Ein Werk, das man sich mal genauer anschauen sollte, das lohnt es wirklich.

Klare Leseempfehlung!

© 2017 by Uwe Lammers

Tja, und wohin jetten wir das nächste Mal, so ganz ohne TARDIS und Schiff mit Hyperspace-Antrieb? Beides wird auf süße Weise von meinem Rezensions-Blog erfüllt, was ja ein durchweg phantastischer Denkansatz ist.

Nun, es geht mal wieder um Zeitreisen und die nächste Volte in Sachen „Time Wars“. Mehr in einer Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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