Liebe Freunde des OSM,

vor fünf Wochen kümmerte ich mich um den durchweg stürmischen Monat Sep­tember 2015, und ich wünschte, es wäre inzwischen schon etwas mehr Ruhe in mein Leben eingekehrt. Doch wie ich gestern einer guten Bekannten sagte, ist auch der Monat Oktober schlechthin chaotisch gewesen. Weitere biografische Turbulenzen für die kommenden zwei Monate sind angekündigt.

Es bleibt also bewegt, meine lieben Leser, und ich fürchte, die nächsten Monats­berichte, die sich mit der gegenwärtigen Entwicklung meiner Kreativität be­schäftigen, soweit diese den OSM betreffen, dürften ähnlich ärmlich ausfallen. Schaut euch einfach mal an, wie sich das im Oktober 2015 ausgewirkt hat:

Blogartikel 147: Work in Progress, Part 34

(18Neu 71: Fürst der Weißwelt)

(OSM-Wiki)

(Der Zathuray-Konflikt – OSM-Roman (Abschrift))

(TI 46: Brennpunkt Hushhin)

(TI 47: Brückenschlag in die Katastrophe)

(DER CLOGGATH-KONFLIKT – OSM-BUCH (Abschrift))

(E-Book 30: Das Sternenreich des Windes)

Erläuterung: Dieses E-Book wurde dann erst am 29. Oktober fertig, wiewohl es sehr viel früher geplant war. Das hatte zwei wesentliche Gründe, sozusagen einen inhaltlichen und einen äußeren. Der äußere ist leichter zu erklären: So­wohl in meinem Leben wie auch in meiner wissenschaftlichen Aktivität kam ich nicht zur Ruhe, sondern war ständig neuen Impulsen und Anfechtungen ausge­setzt, die sich höchst nachteilig auf das Schreiben auswirkten. Ihr werdet das noch sehen, dass weiter unten quasi alle innovativen neuen Geschichten fehlen. Private Turbulenzen sind pures Gift fürs Schreiben, leider.

Der zweite Grund war ein inhaltlicher, und der hatte es noch mehr in sich. In dem genannten Band werdet ihr einen faszinierenden Eintaucheffekt in die Ge­sellschaft der arachniden Zhoncor erleben… und dieses Eintauchen war für mich sehr viel anstrengender als bisher geahnt.

Die Zhoncor sind ein eigenartiges Volk mit einer höchst komplexen sozialen Hierarchie und gewissen Strukturen, für die ich beim besten Willen keine Ent­sprechung etwa bei der Menschheit oder bei den Yantihni fand… und ihr könnt euch vorstellen, dass mich das dann gedanklich sehr gefordert hat. Ich denke aber, ich habe mich wacker geschlagen, und ihr werdet eine bemerkenswerte Geschichte zu lesen bekommen, wenn dieses E-Book im Dezember 2015 ans Ta­geslicht tritt.

Ach ja, und da muss ich jetzt ein wenig schmunzeln – mir fiel gerade die tempo­rale Differenz zwischen Schreibdatum dieses Blogartikels (1. November 2015) und seinem Publikationsdatum (31. Januar 2016) auf… bis diese Zeilen also er­scheinen, seid ihr über das, was ich oben andeutete, natürlich längst im Bilde und fiebert vielleicht schon dem Erscheinen des Bandes 24 der Serie „Oki Stan­wer und das Terrorimperium“ (TI) entgegen, wo erstmals ein leibhaftiger Bau­meister auf die Yantihni trifft…

(Das Rätsel von Garos – OSM-Hintergrundtext)

Erläuterung: Dies ist die einzige Ausnahme von dem, was ich oben andeutete, als ich schrieb, es gäbe in diesem Monat keine innovativen neuen Geschichten. Das hier ist so etwas, aber es ist keine Geschichte, sondern ein analytischer Ar­tikel von der Art, wie ich sie in einigen Jahren mal allgemein zugänglich ma­chen möchte, wenn ihr mehr vom OSM kennt und meine in den Artikeln gezoge­nen Verbindungslinien nachvollziehen könnt.

Um ein wenig mehr über diesen rätselhaften Ort namens Garos zu erfahren, verweise ich im Rahmen der Blogartikel aber jetzt schon mal auf den Blogarti­kel 165, der am 1. Mai zeitgleich mit dem Maiblog 2016 erscheinen wird. Dort werde ich in die Details gehen.

Könige stolzen Hauptes – Gedicht (Abschrift)

Erläuterung: Wir hatten so etwas schon verschiedentlich einmal. Es gibt in der Frühzeit Gedichte, die OSM-kontextuellen Bezug aufweisen. Das hier ist eins aus dem Jahr 1986, gewissermaßen eine Art von mentalem Vorbeben für den sich in KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (KGTDUS) zu jener Zeit anbahnenden Zeitsprung Oki Stanwers in die babyloni­sche Zeit. Das passierte dann in der ersten Jahreshälfte 1987.

(E-Book 31: Gelüftete Schleier)

E-Book Annalen 5: Jaleenas zweites Leben

Erläuterung: Dieses E-Book, das ja Anfang Januar 2016 erscheinen soll (bzw. hoffentlich bis zu diesem Zeitpunkt anstandslos erschienen ist), wurde schon am 8. Oktober fertig und dann ins Lektorat übersandt. Ihr kennt das vielleicht – was man fertig hat, soll man schon weiterreichen, dann hat man umso mehr Gedan­kenfreiheit für den Rest. Das bewegte mich auch, da ich dann ja verstärkt an TI 23 „Das Sternenreich des Windes“ arbeiten konnte.

(Glossar des Romans „DER CLOGGATH-KONFLIKT“)

Blogartikel 159: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (X)

14Neu 30: TRAUMKRIEGER

Blogartikel 158: Der OSM im Bild, Teil 12

Blogartikel 165: Logbuch des Autors 17: Willkommen in Garos

Erläuterung: Wie ich oben schon andeutete – hier kommt ihr in dieses unheimli­che Dorf namens Garos. Und ihr habt als Leser meines Blogs mehr Glück als die unseligen Wanderer, die physisch auf Garos stoßen… ihr kommt mit dem Le­ben davon…

(14Neu 32: Die Waffenfestung)

(14Neu 31: Schwarze Raumer greifen an!)

Die Wärter-Reihe – Gedicht (Abschrift)

Erläuterung: Auch dies ist ein Gedicht mit explizitem OSM-Bezug. Es geht darin um die Installation der so genannten Matrixkoordinatoren der Sieben Licht­mächte. Interessant fand ich bei der Abschrift, dass nach diesem Gedicht der erste Matrixkoordinator im – noch nicht geschriebenen – KONFLIKT 3 in Er­scheinung treten soll. Er müsste dann notwendig auch in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) eine Rolle spielen, ist dort aber noch nicht aufgetaucht. Muss mal auf die Suche nach ihm gehen.

Da dieses Gedicht indes von 1986 ist, konnte ich darin das Schicksal des Ma­trixkoordinators DER HÜTER, das sich in KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) im Sommer 1994 entschied, noch nicht beleuchten. Insofern ist das Gedicht heute partiell anachronistisch, deshalb aber nicht minder faszinierend (ja, ja, hier merkt man den Historiker in mir…).

Tja, meine lieben Freunde, und das isses dann auch schon wieder gewesen. Der Monat enthält zwar 30 fertig gestellte Werke, aber viele davon sind Gedichte oder sonstige Non-OSM-Werke gewesen. Ich hoffe, für den Monat November wieder ein bisschen OSM-zentrierter sein zu können, bin mir da aber absolut nicht sicher. Ich halte euch da auf dem Laufenden, das nächste Mal dann im Blogartikel 156.

In der nächsten Woche an dieser Stelle werdet ihr dann etwas über „serielle Crossover a la OSM“ lesen, mit direktem Bezug auf den jüngst veröffentlichten „Annalen“-Band 5 „Jaleenas zweites Leben“. Wer neugierig geworden ist, soll­te hier wieder vorbeischauen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 44: Die Loge der Luchse (2)

Posted Januar 26th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute fahren wir mit den Abenteuern des „Adepten“ Adam Sinclair fort, von de­nen ich vor drei Wochen zu berichten begann. Wer den ersten Band gelesen hat, wird schnell begreifen, warum ich anno 2008 unmittelbar nach der Lektüre des Mittelbandes der Trilogie wieder in die Tastatur greifen musste, um die Re­zension zu verfassen. Man merkt ihr meine Begeisterung noch deutlich an.

Und auf geht’s, Freunde:

Die Loge der Luchse

(OT: The Lodge of the Lynx)

von Katherine Kurtz & Deborah Turner Harris

Heyne 9023, 1999

688 Seiten, TB

ISBN 3-453-14930-0

Aus dem Amerikanischen von Michael Morgental

Eigentlich hätte man sich das als Leser denken können – dass die Geschichte um die Auseinandersetzung der hellen mit der dunklen Seite der Magie mit dem Desaster der negativen Adepten und deren Tod am Loch Ness noch nicht zu Ende war. Wie hätte sie das auch sein können? Greift doch im Epilog des Ro­mans „Der Adept“ eine Person zum Telefon und beschließt, eine Gegenaktion zu initiieren.

Wir erinnern uns, was jüngst geschah, wenige Wochen nur vor Beginn dieses Romans: Sir Adam Sinclair, Spross eines alten schottischen Adelsgeschlechts und einer amerikanischen Mutter, der von ihr einst in die spirituellen Tiefen der Weißen Magie und vorangegangener Leben eingeweiht wurde und sich dem Dienst am LICHT verschrieben hat, arbeitet in geradezu idyllischem, traditiona­listischen Ambiente als Psychiater und gelegentlich für die schottische Polizei als Gutachter. Er ist ein unverheirateter Mann mit weitreichenden Beziehungen in höchste Adelskreise und vielfältige wissenschaftliche Institutionen und Gremien.

Dies ist aber – gleich Batman, wenn man einen Vergleich ziehen möchte – nur sein äußeres Image. Es gibt noch ein Geheimnis, das ihn umwittert. Gemeinsam mit dem Polizisten Noel McLeod und anderen Freunden ist er auf spiritueller Ebene Anführer eines „Jäger“-Trupps, einer sogenannten Jagdloge, die Verbre­chen auf astraler Ebene aufspürt und die Urheber ihrer gerechten Strafe zuführt – wobei man sie nicht als Rächergruppe verstehen sollte. Vielmehr setzen sie ihre Fähigkeiten dazu ein, die Straftäter durchaus der irdischen Gerechtigkeit zuzuführen. Aber manchmal ist die feinstoffliche Welt eben schneller, wie man an Loch Ness im Fall der Feen deutlich zu spüren bekommen hat.

Bei seinen spirituellen Aktivitäten kommt es gelegentlich vor, dass Adam Talen­te entdeckt.

Ein solches Talent ist der Zeichner und Maler Peregrine Lovat, der über die ge­spenstisch scheinende Gabe verfügt, nicht nur die Gegenwart zu sehen und zeichnen zu können, sondern er fühlt und sieht auch die spirituelle Vergangen­heit, frühere Inkarnationen – und er ahnt gelegentlich den Tod voraus. Es ist al­lein Adam Sinclair zu verdanken, bei dem Peregrine Rat und Hilfe sucht, dass er nicht den Verstand verliert.

Schließlich wurden Adam, Peregrine und Noel durch eine Grabschändung in eine magische Intrige hineingezogen. Hinter dem Raub magischer Reliquien und der Auferweckung des toten Zauberers Michael Scot steckte die sogenannte „Loge der Luchse“, ein schwarzer Orden, der vor fünfzehn Jahren einmal mit der Jagdloge, der inzwischen Adam vorsteht, zusammengestoßen ist. Allerdings dachten Adam und seine Freunde immer, die Luchse seien damals ausgelöscht worden.

Dies war ein folgenschwerer Irrtum, wie die dramatischen Ereignisse um die Feenfahne und das Zauberbuch Michael Scots zeigten.1 Und leider ist mit der Vernichtung des Feindtrupps die Gefahr noch lange nicht beseitigt. Ganz im Ge­genteil – jetzt fängt das Drama eigentlich erst richtig an!

Eine blutige Mordserie, der nun schottische Freimaurer zum Opfer fallen, stellt Noel McLeod – Mitglied von Adams Jagdloge und zugleich Freimaurer! – vor enorme Probleme. Die Opfer werden ganz offensichtlich rituell hingeschlachtet, und alles scheint darauf hinzudeuten, dass der Ritualmordcharakter von jeman­dem verübt wird, der selbst Freimaurer ist. Folgerichtig tauchen in der Presse immer öfter diffamierende Bemerkungen über Freimaurerei auf, und selbst die polizeiliche Ermittlungsarbeit ist davon getrübt. Bedeutet das alles nun, der manchmal finster umwitterte Ruf der Freimaurer sei gerechtfertigt, übt die Ge­heimgesellschaft unter dem Deckmantel der Lauterkeit schwarze Magie aus? Oder was genau geschieht hier?

Adam Sinclair, der sich Peregrines seherischen Talents bedient, kommt rasch zu einer anderen Überzeugung – er hält diese Attentate für Anschläge der Loge der Luchse, deren Mitglieder sich aber vollständig zu tarnen verstehen. Der Sinn dieser Aktionen erschließt sich allerdings so schnell nicht.2

Glücklicherweise kennen die Schwarzmagier Adam und seine Freunde nicht bzw. täuschen sich über den Charakter ihrer Begabungen hinweg – denkt der Adelige. Leider irrt er sich gleich in mehrfacher Hinsicht. Während er vermutet, die Gegenseite tappe hinsichtlich der Identität ähnlich im Dunkeln wie er selbst, unterschätzt er seine Feinde schmählich. Erst als auf McLeod ein magisches, perfides Attentat verübt wird, eine Freimaurerloge förmlich explodiert, wobei es Dutzende von Opfern gibt, und Adam Sinclair schließlich selbst beinahe bei einem Unfall ums Leben kommt, beginnt er endlich zu verstehen: seine Feinde sind zum einen viel zahlreicher, als er gefürchtet hat, sie schrecken zweitens nicht vor rein physischer Gewalt, Sabotage und Mord zurück, und drittens ist der Kleinkrieg gegen ihn und seine Freunde einfach nur eine Art von Neben­kriegsschauplatz.

Denn in den schottischen, verschneiten Bergen wird im Unterschlupf der Luchs-Loge ein uraltes Grauen heraufbeschworen, das vor fünfzig Jahren beinahe schon die Welt vernichtet hätte. Diesmal könnte es gelingen, wenn nicht ein Wunder geschieht…

Wenn man schwer beschäftigt ist und dennoch einen so dicken Roman binnen fünf Tagen liest, so muss er spannend sein. Und fürwahr – das ist er! Mit die­sem Buch haben die beiden Autorinnen einen richtigen okkulten Thriller ge­schrieben, der dennoch der schönen Bestandteile nicht entbehrt: liebevoll ge­zeichnete, vielseitige und humorvolle Persönlichkeiten; kluge Individuen auf beiden Seiten des Schlachtfeldes; beeindruckende Panoramen und detailge­treue Wiedergabe gediegener schottischer Lebenswelt und ein angenehmes Einfühlen in Rituale und Atmosphäre aller Handlungsschauplätze (mit einer Ausnahme, dazu gleich mehr). Man hat nirgendwo das Gefühl, dass die Autorin­nen durch einen Teil der Geschichte hasten, nur um Seiten zu füllen. Ob sie die Traditionen der Tempelritter (der modernen, wohl verstanden!) aufleben las­sen, ob sie die Initiation Peregrine Lovats beschreiben, ob sie die Riten der Frei­maurer skizzieren – all das tun sie mit voller Energie.

Mit angenehmer Intensität erfüllen sie selbst diejenigen Charaktere mit pulsie­rendem Leben, die wenige Seiten später auf schreckliche Weise hingemetzelt werden. Das ist ein Talent, das nicht jeder Schriftsteller besitzt. Wer darüber verfügt, kann unzweifelhaft spannendere Romane schreiben als derjenige, der seine Nebendarsteller recht schnell durch die Art und Weise seiner Beschrei­bung als solche „outet“.

Die sinistre Energie, mit der die Loge der Luchse und ihre Intrigen dargestellt werden, lässt den Leser wie in den besten Thrillern a la Robert Ludlum oder Jon Land (gemeint sind die frühen Romane Lands3) zittern und eine Seite nach der nächsten verschlingen. Ein ausgesprochen positiver Aspekt, wie ich sagen muss. Das zudem nur sehr zögernde Aufhellen der wahren Pläne der Luchse sorgt für ein weiteres Spannungsmoment.

Ein wenig nachteilig, um zu den etwas trübenden Momenten des Buches zu kommen, wirkt sich hierbei allerdings aus, dass Adam Sinclair und seine Freun­de so lange ausdrücklich im Düstern tappen. Die strukturelle Analogie zum ers­ten Band ist wirklich sehr stark. Vorteilhaft ist in diesem Buch jedoch, dass die „Gegnerseite“ deutlich stärker und personalisierter in Erscheinung tritt, diffe­renzierter und vertiefter dargestellt wird und sich so ein wenig aus dem Kli­schee des ersten Teils löst.

Teilweise zumindest. Denn die Wendung, die der Roman im hinteren Drittel nimmt, ist doch wenigstens für mich als Zeithistoriker ziemlich… gewöhnungs­bedürftig. Hier schlägt amerikanische Naivität in voller Stärke durch, fürchte ich, und da wird eine propagandistisch gut verkäufliche Idee wesensfremd in das Buch gedrückt und dann nicht mal konsequent bis zum Schluss durchgehalten.

Man mag ja über die Mission des Führer-Stellvertreters Rudolf Heß während des Zweiten Weltkriegs verschiedenerlei Ansicht sein, aber das, was hier ausge­breitet wird, ist, mit Verlaub, nichts anderes als hirnrissig und geeignet, einen wichtigen Teil des Romans zu entwerten. Nur gut, dass der Rest so packend und liebevoll gemacht ist – da kann man über diese gedankliche Entgleisung den Kopf schütteln und ihn schnell vergessen.

Außerdem darf man sich auf den dritten Band freuen, in dem, wie zu erwarten steht, der Kampf Adam Sinclairs mit der „Loge der Luchse“ vollendet werden wird. Nicht umsonst hat der zweite Band wie schon der erste ein unvollkomme­nes Ende. Es bleibt also spannend…

© by Uwe Lammers, 2008

Wer jetzt übrigens mit diesem Wermutstropfen, den ich zum Schluss andeute­te, nicht viel anfangen kann, der muss sich nicht grämen. Menschen, die über die jüngste Zeitgeschichte nicht allzu viel wissen, werden wahrscheinlich in ih­rem Lesedrang und ihrer Begeisterung kaum beeinträchtigt werden.

Wie die Geschichte mit Adam Sinclair und seinen Freunden dann ausgeht, lest ihr in drei Wochen an dieser Stelle. In der kommenden Woche machen wir eine Zeitreise der ganz besonders gruseligen Art und in eine Science Fiction-Welt, die bislang noch nie adaptiert worden ist… vielleicht deshalb, weil sie den ulti­mativen Schrecken enthält, der auf samtweichen Roboterpfoten herangeschli­chen kommt und uns unwiderstehlich unterwirft.

Wovon ich hier so kryptisch rede? Nun, das erfahrt ihr im Blogbericht der kom­menden Woche. Da geht es um einen Klassiker der Science Fiction-Literatur, der sehr zu Unrecht völlig vergessen ist.

Schaut rein, und ihr erfahrt mehr.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Katherine Kurtz & Deborah Turner Harris: „Der Adept“, 1999.

2 Nun, für den Leser schon, aber die Protagonisten um Adam Sinclair tappen doch bemer­kenswert lange im Dunkeln – länger als der Leser jedenfalls. Das kann manchmal schon et­was ungeduldig machen.

3 Beispielsweise „Omega-Kommando“ oder „Die Macht der Zehn“.

Wochen-Blog 151: Das Geheimprojekt CK 1

Posted Januar 23rd, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute muss ich selbst mal tief durchatmen. Es ist ein bisschen wie ein Traum, was ich aktuell gerade mache, und zwar sowohl für mich als auch für euch. Ich arbeite derzeit an einem Geheimprojekt, und heute lüfte ich ein kleines biss­chen den ersten Schleier, selbst wenn es noch einiges an Zeit brauchen wird, ehe ihr das fertige Produkt zu sehen bekommt.

Dennoch: ihr werdet es sehen, und das liegt nicht mehr sehr weit in der Zu­kunft. Und mancherlei Fragen, die sich vielleicht in den vergangenen drei Jahren in euch aufgestaut haben mögen, werden dann eine erste Antwort erhalten.

Natürlich muss ich da nicht für mich selbst sprechen, denn was ich euch in die­sem Blog insgesamt erzähle, das wisst ihr seit langem, wenn ihr regelmäßige Le­ser dieser Seite seid, das ist für mich seit geraumer Zeit Normalität. Ich bin im­mer wieder in diesen Universen, Welten und Reichen zu Gast, von denen ich nur Andeutungen an eure Gestade schicken kann… einer Flaschenpost nicht un­ähnlich, möchte ich behaupten. Für mich sind diese Reiseziele vertraut wie für euch die Urlaubsziele, an denen ihr euch alljährlich aufhalten mögt, und dies in meinem Fall schon seit Jahrzehnten.

Vor zehn Wochen habe ich euch in der Rubrik „Logbuch des Autors“ auf eine solche mir seit 30 Jahren vertraute Welt mitgenommen – auf die Erde des Jah­res 2113. Die Erde des KONFLIKTS 13, die Welt des CLOGGATH-KONFLIKTS.

Ich erzählte von diesem gigantischen Romanprojekt, an dem ich seit 1988 arbei­te, um es in eine lesbare Gesamtform zu gießen. Und ja, ich bin darin schon auf mehr als 3700 Manuskriptseiten gekommen. Das war der Stand des 1. August 2015, als ich den Blogartikel 141 schrieb. Und wiewohl ich vorsichtige Versuche machte, mich diesem Kosmos wieder zu nähern, an dem ich die letzten Episo­denzeilen im Dezember 1985 verfasste, also vor gut dreißig Jahren, war dies ein Versuchsballon…

Und er riss sich blitzschnell im August los und katapultierte mich jählings mitten ins Geschehen hinein, noch sehr viel flinker, als ich das geahnt hatte. Wie ich schon sagte: die Schreibrolligkeit hatte mich gepackt, und gleich der unaufhalt­samen Wucht eines mit hohem Druck hereinschießenden Wasserstrahls in den Rumpf eines leckgeschlagenen Schiffes trieb mich der Schreibdrang vorwärts.

Inzwischen habe ich, ungelogen, die ersten 265 Manuskriptseiten des CLOGGATH-KONFLIKTS, kurz CK genannt, fertig, und die Arbeiten am ersten Hauptka­pitel des Romans haben begonnen. Aber um dieses Kapitel geht es heute noch nicht.

Es geht um die ersten 265 Seiten.

Als ich damals im Jahre 1988 die Struktur des CK entwarf, war ich mir definitiv nicht im Klaren darüber, wie ich dieses riesige Werk jemals veröffentlichen woll­te, und um aufrichtig zu sein: primär schrieb ich es für mich selbst.

Im Zeitalter des E-Books und der Tatsache, dass ich Monat für Monat Werke von mir publiziere, ist natürlich eine andere Betrachtungsweise vonnöten. Also entschied ich mich kürzlich, als die Schreibarbeit mit solch beispielloser Ge­schwindigkeit voranschritt, einem Steppenbrand nicht unähnlich, dass ich die­ses Werk für das Jahr 2016 zur E-Book-Publikation vorbereiten sollte.

Die alte Gliederungsvorstellung des CLOGGATH-KONFLIKTS ist 1988 noch von eine gewöhnungsbedürftigen Struktur ausgegangen – das Werk hatte fünf Pro­loge, die es auch weiterhin geben wird. Dann folgten acht so genannte „Vorspie­le“, die den zeitlichen Rahmen der Jahre 2113 bis Anfang 2123 abdeckten.

Es schlossen sich dann fünfzig Kapitel an, aufgeteilt auf sechs „Akte des Schre­ckens“. Und die Schreibarbeiten befinden sich ja im gegenwärtigen Stadium tat­sächlich schon am Anfang von Akt 5. Es ist also das hochdramatische Finale durchaus schon in Griffweite.

Erforderlich ist zunächst aber eine grundlegende Abschrift, dann eine Neunum­merierung der Seiten, ehe ich daran gehen werde, diese Geschichte grundle­gend zu überarbeiten – so wie meine OSM-Episoden.

Die obige Gliederung lässt sich heute so natürlich nicht mehr 1:1 halten. Ich sagte schon im Blogartikel 141, dass die Kapitel immer länger geworden sind und machte dies namentlich am Kapitel 36 „Whitmore“ fest, das mehrere hun­dert Seiten schon in der jetzigen Form aufweist. Aktuell schätze ich, dass ein CK-Band nicht viel mehr als 400-500 Manuskriptseiten aufweisen sollte.

Und mit diesen Überlegungen bahnte sich dann das eingangs benannte „Ge­heimprojekt CK“ seine Bahn. Die Veröffentlichung des CLOGGATH-KONFLIKTS in mehreren Etappen. Das ist also tatsächlich jetzt der zweite KONFLIKT, den ihr neben der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) zu sehen bekom­men werdet. Wie viele Bände sich daraus konkret ergeben, kann ich naturge­mäß aktuell noch nicht sagen, aber es sind einige.

Der Band 1 trägt den Planungstitel „Vorbeben“, doch sollte niemand meinen, das sei deshalb eine Art von belanglosem Geplänkel. Was euch in diesem Band erwartet, darf ich an dieser Stelle schon mal andeuten und euch ein wenig den Mund wässrig machen:

Da dieses Universum von der Galaxis Twennar und dem KONFLIKT-Universum 2 nicht weniger als 55 Milliarden Handlungsjahre weit entfernt liegt, haben sich neue Strukturen auf beiden Seiten der KONFLIKT-Mächte herausgebildet, mit denen ihr recht rasch konfrontiert werdet.

Da gibt es den Orden der Ritter vom Goldkristall.

Ihr werdet beizeiten einen der legendären Matrixkoordinatoren kennen lernen.

Ihr könnt euch an ein legendäres Wesen gewöhnen, das euch in diesem Roman sehr früh schon über den Weg laufen wird und dessen Ringen um den Sieg des Guten ihr verfolgen lernen werdet – Oki Stanwer höchstpersönlich.

Es gibt die Gruppe der sehr heterogenen sieben Helfer des Lichts zu beobachten und ihre bisweilen bizarren Eigenheiten zu begreifen und ihre manchmal wirk­lich ungeheuerlichen Schicksale.

Auf der Gegenseite hat sich TOTAMS Hierarchie etabliert. Es gibt die 32 Dämo­nen von TOTAM und die brandgefährlichen 16 Dämonenwaffen von TOTAM (eine schlimmer als die andere, möchte ich meinen, wo ich sie doch inzwischen alle so gut kenne, diese monströsen Scheusale…).

Es gibt TOTAM-Transmitter.

Es gibt Totenköpfe.

Es hat ein genialer Meisterverbrecher seinen Auftritt, der MAESTRO, ein Mann mit tausend Masken, der fieberhaft von Scotland Yard und Interpol gejagt wird.

Und dann lauert im Hintergrund noch eine weitere Gefahr von unkalkulierbarer Stärke, von der noch niemals jemand zuvor gehört hat – CLOGGATH!

Dies alles ist eingebettet in eine seltsam archaisch wirkende Welt, die in gewis­ser Weise – gemessen an unserem Standard – rückschrittlich aussieht. Aber in­zwischen begreife ich, warum das so ist und weshalb ich da keine fundamentale Modernisierung durchführen darf, wie ich es anfangs annahm, als ich die Ab­schrift begann. Es bedarf gründlicher Erläuterung, und ihr werdet sie erhalten.

Mein Plan ist es also, mit dem CLOGGATH-KONFLIKT im kommenden Jahr einen dritten Pfad der Veröffentlichung zu beschreiten. Auf der einen Seite nach wie vor die TI-Serie, auf der zweiten Schiene die Annalen-Werke und die Kurzge­schichtenbände. Und zwischendrin sollte einmal im Jahr, nach meiner Vorstel­lung, ein Roman aus dem CLOGGATH-KONFLIKT erscheinen. Vielleicht beizeiten mehr davon innerhalb eines Jahres… das hängt dann sehr von der Schreibge­schwindigkeit und meinen Finanzen ab, von den allgemeinen Verkaufszahlen.

Mit diesem Geheimprojekt bekommt ihr dann jedenfalls eine richtige hochdo­sierte Prise OSM-Interna geliefert, die ihr in der TI-Serie allein schon aus struk­turellen Gründen nicht finden könntet. Aber es lassen sich dann faszinierende Verbindungslinien auch zwischen diesen so unterschiedlichen Serien herstellen und dies über den Abgrund von zahllosen Milliarden Jahren.

Das könnt ihr euch nicht vorstellen? Oh doch, vertraut meinen langjährigen Kenntnissen. Ihr werdet da und dort durchaus auf bekannte Namen stoßen. Und natürlich auf jede Menge neue, das ist unleugbar.

Es gibt famose Scheusale zu erleben, verwegene, verzweifelte Kämpfe zu schlagen und Überraschungen zu überstehen, die es wirklich in sich haben. Wenn ich da nur – beispielhaft – an das geheimnisvolle Dorf Garos denke, diese aus der Zeit herausgefallene Enklave, in der Leben und Tod auf eine monströse Weise eine Symbiose eingegangen sind… oder wenn ich an die Schlacht des Stanwer-Teams denke, die Oki Stanwer und seine Gefährten auf der Mittelmeerinsel Persos schlagen…

Ich könnte davon jetzt schon vieles weitere erzählen, aber das scheint mir noch zu zeitig zu sein. Das macht euch den Mund zu wässrig. Das Werk dürfte sowie­so erst im Herbst soweit sein, dass ich es auf euch loslassen kann. Ich werde dann zu gegebener Zeit noch ein paar Informationen nachschieben.

Aber schon jetzt denke ich, dass ihr euch auf dieses Abenteuer freuen könnt.

Der große Handlungsbogen des Oki Stanwer Mythos (OSM) spannt sich damit auf atemberaubende Weise weiter auf, und ihr könnt dabei sein, wie dreißig Jahre alte Träume endlich stoffliche Gestalt annehmen und für jedermann zum Nachlesen erhältlich werden.

Ich hoffe, ihr seid mit an Bord bei diesem Leseabenteuer!

In der kommenden Woche lest ihr an dieser Stelle, was ich im Oktober 2015 so alles hinsichtlich des Oki Stanwer Mythos Aktuelles bearbeiten und fertigstellen konnte. Schaut einfach wieder rein!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 43: Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel

Posted Januar 19th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

zugegeben und vorgewarnt – diesmal gibt es eine wenig schmeichelhafte Re­zension für Leute, die Hardcore-Indy-Fans sind und sich einen Teufel um Stil, Qualität und inhaltliche Kohärenz kümmern. Ich konnte leider dennoch nicht anders, als damals eine Rezension zu diesem Werk zu schreiben, das ich an­schließend aus meinen Bücherregalen entfernt habe.

Gleichwohl sollte ich vorweg sagen, dass ich Indiana Jones wirklich schätze. Aber ich schätze eben auch klare Worte, und wenn ich einen Roman als gründ­lich misslungen einschätze, dann mache ich daraus auch kein Geheimnis. Leute, die die Indiana Jones-Abenteuer weniger als Abenteuerromane bzw. Abenteu­erfilme betrachten, sondern als Fantasy, die könnten tatsächlich an dem folgen­den Werk einen gewissen Reiz finden. Mir ging er dann leider ab.

Aber schaut lieber selbst, warum ich diese Auffassung vertrete. Vorhang auf für den folgenden Roman:

Indiana Jones und die Macht aus dem Dunkel

(OT: Indiana Jones and the Interior World)

Von Rob MacGregor

Goldmann 43162

München 1996

256 Seiten, TB

ISBN 3-442-43162-x

Aus dem Amerikanischen von Bettina Zeller

Um gleich eins vorwegzunehmen: dies ist wenigstens der zweite Teil einer Ge­schichte, und ich hatte das Pech, den ersten Teil nicht zu kennen. Er findet sich in dem Roman „Indiana Jones und das Vermächtnis des Einhorns“.1 Am Anfang fällt das noch nicht auf, aber es wird relativ schnell deutlich, dass man ohne die Kenntnis des Vorgängerromans den Hauptplot dieser Story nur bedingt verstehen kann. Ich versuche dennoch, das Werk zu resümieren:

Im Prolog „Portale zum Paradies“ begegnen wir am 21. September 1928 einer Gruppe seltsamer Gestalten, angeführt von einem gewissen Maleiwa, der dis­kret verfolgt wird von einer Frau namens Salandra. Der kahlköpfige Maleiwa, Anführer eines Volkes, das man Wayua nennt, ist darauf aus, rätselhafte Portale zu durchschreiten, die von einer Welt zu einer anderen führen, Salandra hinge­gen möchte genau dies verhindern. Doch er besitzt einen rätselhaften Stock, der für sie unberührbar ist und offensichtlich die Quelle seiner Macht darstellt. Sie braucht also Hilfe für die Aufgabe, Maleiwas Pläne zu durchkreuzen.

Ein halbes Jahr später blendet die Geschichte um zur Osterinsel (seltsamerwei­se „Osterinseln“ geschrieben). Henry Jones jr., besser bekannt als Indiana Jo­nes, und sein Vorgesetzter Marcus Brody halten sich zu Ausgrabungszwecken auf der Osterinsel auf. Jones möchte die geheimnisvollen Rongo-rongo-Tafeln entziffern, die übrigens heute noch nicht entschlüsselt sind. Während seines Aufenthaltes erwirbt er sich das Vertrauen einer Insulanerin namens Davina, die ihn in die Geheimnisse der Rongo-rongo-Tafeln einweihen möchte.

Aber zuvor muss Jones Marcus Brody zu einer Insel vor Südamerika begleiten, wo ein Freund Brodys, Hans Beitelheimer, nach eigenen Angaben in Schwierig­keiten sein soll. Laut seiner letzten Nachricht sei er „gefangen in einer Legende“, was immer das heißen soll.

Chiloé, so der Name der Insel, erweist sich allerdings als ein seltsames Pflaster. Die Menschen sind schrecklich scheu und verschwiegen, offensichtlich zutiefst animistisch, sie glauben an Geister, insbesondere an die „Caleuche“, ein Geister­schiff, dessen Besatzung imstande ist, sich in Tiere und andere Personen ver­wandeln zu können.

Dummerweise ist an dieser Legende mehr dran, als Brody und Indy wahrhaben wollen. Binnen kurzer Zeit werden sie gezwungenermaßen direkt selbst in „die Legende“ verfrachtet. Brody gelingt zwar die Flucht, aber Indiana Jones tritt an Bord der „Caleuche“ die Reise in eine rätselhafte Region an. An Bord trifft er eine Frau namens Salandra, und der Leser sagt sich: okay, endlich geht die Ge­schichte los. Zu dumm, dass er Unrecht hat. Die Geschichte geht eigentlich gar nicht los.

Während der Archäologe auf diesem Schiff zumeist im Halbdämmer liegt, fährt es dem Vernehmen nach geradewegs ins Innere der Erde, in ein unterirdisches Reich, in dem Salandras Vater Vicard König ist… gewesen ist, denn als sie an­kommen, hat es einen Regierungsumsturz gegeben und Maleiwa die Macht er­griffen. Mit Müh und Not gelingt es den beiden nach einer unbestimmten Zeit der Kerkerhaft, zu entkommen, und von da an wird alles schrecklich surreal.

Salandra behauptet, Indy sei die letzte Person gewesen, die den rätselhaften Stab in den Händen gehalten hat, der Maleiwa seine Kraft über jene Portale verleiht, die die Welten – die Oberwelt und die Unterwelt – miteinander verbin­den. Und laut ihren Worten hat Maleiwa nichts Geringeres vor, als sich mit ei­nem Fanatiker der Außenwelt zu verbünden, um beide Welten zu unterjochen. Ein Mann namens Adolf Hitler. Und nur Indiana Jones könne das Verhängnis aufhalten…

Das könnte spannender Stoff sein, wirklich. Das Problem an diesem Roman be­steht darin, dass er einfach nicht spannend ist. Absolut gar nicht. Das ist das wirklich Traurige daran.

Wir begegnen Personen, die ihre Gestalt wandeln und sich gar – im Falle von Salandra – in Vogelgestalt in die Lüfte erheben können. Wir begegnen Welten­toren und magischen Labyrinthen, es treten Drachen, Sümpfe, Armbrustschüt­zen und Kannibalen sowie rätselhafte Speisen auf, die man zu sich nehmen muss, um nicht „zu vertrocknen und dahinzusiechen“… und Rob MacGregor fährt wirklich jede Menge interessante Zutaten auf, um dieses Werk zu Fantasy reinsten Wassers zu machen.

Ich weiß ja nicht, aber vielleicht bin ich nicht völlig alleine, wenn ich behaupte, dass Indiana Jones eigentlich kein „Fantasyabenteuer“ darstellt. Das ist das ers­te Manko der Geschichte. Sie ist zutiefst unglaubwürdig und eigentlich reinste Fantasy. Viele der Motive darin – etwa diese Speise „nalca“, die man zu sich nehmen soll, wenn man die Welten wechselt – entstammen erkennbar der iri­schen Folklore der „Anderswelt“, sie werden hier nur nach Südamerika und in das Innere der Erde verlagert, kommen aber nirgendwo wirklich klar zum Vor­schein.

Indiana Jones ist ein zugleich in diesem Werk ein zutiefst unwilliger „Held“, der zudem von einem Problem ins nächste stolpert und eigentlich immer nur gesto­ßen und getrieben wird, ohne selbst jemals zum „Macher“ zu werden oder Oberwasser zu bekommen (die letzten fünfzehn Seiten reichen dafür definitiv nicht aus). Ständig denkt er an die Osterinseln oder seinen heimischen Campus, will Salandra munter stetig im Stich lassen, und man spürt daran, wie gezwun­gen der Verfasser an dem Stoff herumschrieb, ohne die rechte Inspiration und Lust. Salandra wirkt ungeachtet ihrer bemerkenswerten Fähigkeiten desorien­tiert, schwach, schlapp, und gegen Ende hat man sogar den klassischen Topos einer Fantasy-Queste: eine Zauberin (Salandra), der weise Mentor (ihr Vater) und der kühne Held (Indy) auf dem Weg, um das Verhängnis aufzuhalten, und nur der „Held“ allein kann das bewirken…

Gähn, dachte ich, das kann doch alles gar nicht wahr sein. Eine eher mäßige Übersetzung, die ähnlich lustlos war und an manchen Stellen auch von eher einfachen Worten („Sulphur“ wird mit „Sulfur“ übersetzt statt mit Schwefel, um nur ein Beispiel zu nennen) sichtlich überfordert wird, tut das Übrige dazu, die Wirkung des Werkes verblassen zu lassen.

Ich schweige davon, dass der Verfasser von den venezolanischen Tafelbergen, den Tepui, wirklich keine rechte Vorstellung hat und sie auf geradezu kindische Weise beschreibt. Da war schon Arthur Conan Doyle in „Die vergessene Welt“ realistischer (und, schlimm genug, am Ende dieses Romans hier erkennt man deutlich, dass MacGregor Doyles Buch gekannt hat! Und er hat sicherlich auch Uwe Georges Tepui-Reportage aus NATIONAL GEOGRAPHIC gekannt, und TROTZDEM so einen Müll zusammengeschrieben… man mag es gar nicht glau­ben!).

Ich brauchte für das Werk acht Tage, verteilt auf fast drei Wochen, und am Schluss musste ich mich dann echt dazu zwingen, es zu beenden. Schlechtes Zeichen, ganz ehrlich. Wenn man dann noch einen unzutreffenden Klappentext dazu nimmt („Die uralten Steinstatuen der Moai beginnen zu flüstern…“ – was sie im ganzen Roman nicht tun) und ein Titelbild, das ein eingefrorenes Schiff zeigt, was im ganzen Roman nicht auftaucht, von einer grotesken Zaubererfigur, die einen ziemlich übel verlängerten linken Arm besitzt (weil Indys Konterfei im Zentrum des Bildes sitzt, ganz klar erkennbar übrigens ungeschickt eingefügt – man achte auf den abgeschnittenen linken Kragen!), dann ist die Zumutung wirklich komplett.

Echt, am Ende stellt sich weniger die Frage, ob Indy wohl auf „harten Drogen“ gewesen ist, sondern, ob der Verfasser ständig zugedröhnt war, um diese Story­line auch noch ertragen zu können. Vielleicht läse sich die Geschichte ja anders, wenn man auf einem Trip wäre… aber das muss ich wirklich nicht haben.

Eine peinliche Geschichte, muss ich sagen. Ziel vollständig verfehlt, von Verlag, Lektorat und Verfasser. Selten so einen Fehlschlag gelesen. Diesen Roman sollte man besser vergessen…

© by Uwe Lammers, 2013

Ja, ja, mag manch ein Leser nun sagen, der Uwe kennt sich einfach zu gut mit vielen unterschiedlichen Dingen aus, außerdem ist er Fantasy-resistent (was nur bedingt stimmt, wie ich ja schon in den Blogartikeln 17 und 41 bewiesen habe). Und Historiker ist er dazu auch noch… da muss ihm ja die Laune verhageln, wenn so vieles nicht stimmt.

Möglich.

Vielleicht sind auch meine Qualitätsansprüche zu hoch, aber das zu prüfen, das obliegt jedem Leser selbst. In der nächsten Woche bleiben wir bei Fantasy, dies­mal aber von qualitativ höherwertiger Art, indem wir uns wieder Adam Sinclair und seinen Abenteuern zuwenden.

Das solltet ihr wirklich nicht versäumen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Rob MacGregor: Indiana Jones und das Vermächtnis des Einhorns, Goldmann 43052.

Liebe Freunde des OSM,

heute gibt es mal zur Feier des Tages – 150 Wochen Blogartikel sind durchaus eine Art von Jubiläum – etwas ganz Exotisches. Vor geraumer Zeit habe ich mal einen interessanten Essay geschrieben, den ich euch heute mal in gründlich ak­tualisierter Version zukommen lassen möchte. Denn wer weiß, vielleicht hat euch ja auch schon mal der Gedanke umgetrieben, der mich damals zu den Tas­ten eilen ließ: Der Uwe ist also Historiker. Und er ist auch Science Fiction-Fan und Science Fiction-Schriftsteller. Ist das nicht eine kuriose Sache? Widerspricht sich das nicht?

Nö, dachte ich damals, und so denke ich noch heute. Doch einst führte ich ein paar gewichtige Argumente zur Begründung an. Nach inzwischen mehr als 10 Jahren sind allerdings einige Dinge nachzutragen gewesen. Ich habe sie mehr­heitlich in die Fußnoten verlegt und sie dadurch etwas reformiert und ausgewei­tet. Schaut euch diesen Essay einfach mal an, so rasch wird nichts von dieser Art folgen… aber möglicherweise eine ganze Menge Rezensionen von Werken, auf die ich unten rekurriere.

Guten Leseappetit, meine Freunde!

Historie und Phantastik – kein Widerspruch

(Essay)1

Üblicherweise löse ich Verwirrung in meinem Bekanntenkreis aus, wenn ich im Bus nach Wolfenbüttel zu meiner Arbeitsstelle an der Herzog August Bibliothek fahre und meine Mithistoriker entdecken, dass ich, beispielsweise Bücher mit dem Titel „Die unbekannte Macht“2 oder „Der Schwarm“3 oder „Der magi­sche Steinkreis“4 bzw. „Das Wing-4-Syndrom“5 lese.6 Bekanntlich sind das nicht unbedingt „historische“ Werke, manche spielen sogar auf fremden Welten und/oder Jahrhunderte in der Zukunft.

Science Fiction, Fantasy, Phantastik, Dinge also, die es eigentlich nach dem ra­tionalen Geschichtsverständnis einfach nicht gibt, die von vielen „seriösen“ Wis­senschaftlern schlicht als „Märchen“ abgestempelt werden7, denen keine Be­weiskraft innewohnt, all das scheint ein direkter Widerspruch zu meiner Profes­sion als Historiker zu sein und geht gerade noch als „Entspannungslektüre“ durch, wenngleich da schon die Stirne gekraust wird.

Wenn ich dann aber auch noch bereitwillig erzähle, dass ich phantastische Ge­schichten SCHREIBE, ist die Verwirrung meist vollkommen. Der Gesprächs­partner weiß dann gar nicht mehr, woran er mit mir ist. Dabei ist, wie nachzu­weisen sein wird, Geschichte und Phantastik keineswegs ein Widerspruch, schon gar nicht für mich selbst.

Es scheint diesbezüglich sinnvoll zu sein, mit meiner eigenen Biografie zu be­ginnen, um gewissermaßen vom Speziellen zum Allgemeinen hin vorzustoßen. Das erhöht vermutlich die Akzeptanz, denn niemand sollte glauben, die stirnrun­zelnde Reaktion sei auf Seite des Phantasten geringer ausgeprägt als auf der Sei­te der Wissenschaftler.

Meine erste Karriere war die des Phantasten, und ich halte sie nach wie vor für die wichtigere und intensivere von beiden. Die zweite ist, naheliegend, die des Historikers, und beide sind miteinander fusioniert in jenem nicht mehr ganz klar festzumachenden Moment, in dem ich die Geschichte als Handlungsmuster mei­ner Werke entdeckte. Das bedarf einer Erläuterung zum besseren Verständnis.

Schon als kleines Kind war ich sehr entgegengesetzten Impulsen ausgeliefert, und sie führten mich einmal in Richtung der Phantastik, zum zweiten in Rich­tung der Geschichte. Doch während meine phantastischen Neigungen relativ wahllos durch Fernsehfilme, Comics und erste Bücher (nicht den üblichen Kin­derkram, ich stieg gleich mit Mark Brandis, John Christopher, Jules Verne, Heinlein und Lem und ähnlichem Kaliber ein und sattelte etwa 1977/78 auf Heftromane um, namentlich auf REN DHARK, TERRA ASTRA und später die TERRANAUTEN) gefüttert wurden, war der geschichtliche Input sehr konstant.

Er erfolgte durch meine mehrmals im Jahr gemachten Reisen zu meinem Groß­vater in Hildesheim und ins dortige Roemer-Pelizaeus-Museum. Wer das Muse­um aus eigener Anschauung kennt, weiß sicher, dass der Schwerpunkt der Expo­nate auf dem alten Ägypten liegt, und folgerichtig wurde ich schwerer Ägypten-Fan, maßgeblich angestachelt durch das vielfache Lesen des Geschichts-Klassi­kers „Götter, Gräber und Gelehrte“ von C. W. Ceram (alias Kurt Marek).8

Als die Schullehrstoffe vom alten Ägypten abschwenkten, verlor ich das Interes­se an der Geschichte, weil, natürlich, der Input aus Hildesheim, den ich mehr­mals jährlich bekam, immer derselbe war. Ägypten, Ägypten, Pharaonen. Toll.

Es dauerte mehrere Jahre, bis fast zum Ende meiner regulären Schulzeit, bis ich meine Leidenschaft für Geschichte entdecken konnte. Dazwischen hing ich buchstäblich mit dem Kopf zwischen den Sternen und war nicht zugänglich.

Ich möchte behaupten, dass erst in dem Moment, in dem ich biografisch ein we­nig Bodenhaftung bekam, also von Wolfsburg nach Gifhorn umsiedelte, wo mir in der Schule statt der bisherigen aggressiven Ablehnung von Altersgenossen (die meine selbstgewählte Isolation in den Büchern naturgemäß verstärkte) Sym­pathie und Freundschaft entgegenschlug, eine Änderung eintrat. Ich begann die Lehrer und Mitschüler zu schätzen, die erste Verliebtheit verdrehte mir grundle­gend den Kopf, und mein Interesse an anderen Menschen erwachte – und an Personen der Geschichte.

Während ich mich nun in die allgemeine Geschichte intensiver einlas, gewannen auch die Personen in meinen Geschichten ein wenig mehr Kontur, sie hatten plötzlich ein Zuhause, eine Familie, eine Biografie. Das blieb aber alles noch in den Kinderschuhen, da die letzten 2-3 Jahre meiner Schulzeit kaum ausreichten, aufzuholen, was ich zehn Jahre hatte schleifen lassen. Dennoch, der Keim war gelegt.

Später, als ich Zivildienst in Hameln machte, entdeckte ich mein Herz für die in­kaische Kultur, und wer jemals in den Genuss der OSM-Ebene 23 „Oki Stan­wer – Der Dämonenjäger“ kommt, wird das hautnah spüren können. Die Dar­stellung des Tahuantinsuyu des Jahres 1531 als Ausgangsbasis für Oki Stanwers und Sarai Stanwers BASIS DER NEUTRALEN ist so intensiv, dass sie sich bis in die allgemeinen Details der Kleidung, der Religion und des Alltagslebens der Inkas ausdehnt.

Spätestens seit jenem Zeitpunkt, also dem Frühjahr 1990, war mir klar, dass Ge­schichte suchterzeugend war. Zahlreiche geschichtliche Werke standen bis dahin bereits gelesen in meinen Regalen, nun aber explodierte die Zahl schier, und die Intensität der Rückkopplung zu meinen eigenen Geschichten verstärkte sich.

In gewisser Weise könnte man also sagen, dass der Pfad von der Phantastik her direkt zur Geschichte hin ging, ohne indes so zu verlaufen, dass die eine Leiden­schaft die andere ablöste. Das Gegenteil war der Fall, und seither laufe ich sozu­sagen „zweigleisig“. Wer sich das als anstrengend vorstellt, sieht nur eine Seite der Wirklichkeit.

Kommen wir zum Allgemeinen, damit ich den biografischen Exkurs nicht ad in­finitum ausdehne. Die amerikanische Historikerin Barbara Tuchman hat einmal sehr treffend – für die Geschichte – gesagt, es sei sinnvoll, zu schreiben, bevor die Recherchen abgeschlossen sind, anderenfalls bestünde die Gefahr, dass man einfach immer weiter recherchiere und sammle, um des Recherchierens und Sammelns willen.9 Das möchte ich hier nicht machen.10

Was ist die Basis aller Geschichtswissenschaft? Natürlich das allgemeine Studi­um der menschlichen Gesellschaft in all ihren Facetten. Der Ursprung dieser Ge­schichte ist stets das menschliche Individuum, die Biografie. Das stellt für mein Geschichtsverständnis die Grundlage dar, auf die alle Recherchen letzten Endes zurückgehen. Auch wenn man Organisationen, Staaten oder Völker untersucht, gerät man früher oder später, wenn man akribisch genug ist, zurück auf den ge­sellschaftlichen Kern des Individuums.11

Was ist, wenn wir den Blickwinkel wechseln, der Kern des Schriftstellerns, des Schreibens von Geschichten, Romanen und ähnlichem? Im Grunde genommen die Hauptpersonen. Geschichten, die keine ausformulierten Hauptpersonen be­sitzen oder deren Protagonisten amorph bleiben, sind schlechte Geschichten. Die Idee, die in ihnen steckt, mag noch so gut sein, ohne ausgefeilte Personendar­stellungen bleibt die Idee in den Kinderschuhen stecken und kann den Leser nicht erreichen, der bald gähnend das Buch aus der Hand legt.12 Also muss der Schriftsteller – psychologisch gesprochen – ein Gespür für seine Protagonisten entwickeln. Er muss die Menschen kennenlernen, die Motivationen, die sie um­treiben. Er muss selbst zum Psychologen werden.

Doch wenn er dann darangeht, weitläufige Weltsysteme in seinen Werken zu entwickeln, reicht die Psychologie alleine nicht mehr hin, da eine zweite Schwä­che ihn einholt, die Romanen gerne anhaftet: man mag die Personen so gut ken­nen, wie man will, wenn man eine schwache Story erzählt und in Allgemein­plätzen „versackt“, wie ich es mal nennen möchte, dann erzählt man allenfalls eine mittelprächtige Geschichte, die rasch vergessen ist.

Wie erzählt man nun eine GUTE Geschichte? Nun, mein Rezept dafür ist fol­gendes: Eine gute Geschichte besteht aus einem ausgezeichnet durchdachten, raffinierten und nicht durchsichtigen Plot, nicht zwingend eine gängige Plotsto­ry, bei der erst am Ende das Aha-Erlebnis kommt, sondern möglichst eine ganze Reihe davon, verteilt über Handlungs-Zickzackkurven innerhalb der Handlung, die immerzu die Neugierde des Lesers von neuem aufstacheln. Unbedingte Zutat für solche Geschichten sind gut entwickelte Charaktere, die wandlungsfähig und nicht dogmatisch sein sollten. Sie müssen Leben besitzen, ein Eigenleben, das durchaus den Autor selbst überrumpeln und in die Verzweiflung treiben darf.13 Und letzten Endes muss der Background der Story so gut durchdacht sein, dass der Leser an den Background „glaubt“. Das gelingt mir relativ oft, wie mir scheinen will.14

In diesem Sinne, das wird vielleicht nachvollziehbar sein, besitzen die Geschich­te und die Geschichtswissenschaft eine außerordentliche Legitimationsfunktion. Ohne auf plumpe Argumentationsmuster und oft strapazierte Vergleiche zurück­greifen zu müssen – etwa die Feststellung, dass vieles, was Jules Verne als phan­tastische Erfindungen im 19. Jahrhundert kreierte, inzwischen zur Alltagstechnik gehört (wiewohl das stimmt) – , kann man so als neugieriger Leser vielleicht nachvollziehen, warum Phantastik und Geschichtswissenschaft zwar ein mitun­ter schwieriger Spagat sind, wenn man sie beide gleichzeitig betreibt, aber kein fundamentaler Widerspruch.

Die Phantastik ist nur eine Untergruppe der Schriftstellerei im allgemeinen, und die Geschichtswissenschaft nur eine Untergruppe der Forschungen, die sich mit der Natur des Menschen und seiner Gesellschaft befassen (wie auch die Genetik, Soziologie oder Psychologie, um einige davon zu nennen).

In dem Punkt, wo der gemeinsame Kern ist, eben beim Menschen, beim menschlichen Individuum, da treffen sich diese beiden Gebiete und besitzen eine Schnittmenge. Wer sich für die menschliche Geschichte interessiert und über ge­nügend Phantasie verfügt, wie ich es tue, kann auch mit Leichtigkeit extrapolie­ren, und schon breitet sich ein Fächer virtueller Welten aus, in denen die menschliche Geschichte von dem bisweilen grundlegend abweicht, was man landläufig kennt. Es mag sich dabei um „seriöse“ kontrafaktische Geschichte handeln15 oder eben um frei flottierende phantastische Geschichten mit histori­schem Background.16

Die Phantastik hat aber mit der menschlichen Geschichte nicht nur diesen Schnittpunkt. Wenn man konsequent die Verzweigungspfade weitergeht, die für viele Historiker vermutlich zu spekulativ (für mich aber zu reizvoll sind, als dass ich sie ignorieren könnte), der gelangt nicht nur in die gängige kontrafaktische Geschichte, die die Grundlage bildet für Alternativwelt- und Parallelweltge­schichten, sondern der gerät schließlich in ganz fremde Räume.

In diesen fremden Räumen verlassen wir die Menschheit und stoßen zu Völkern unter fremden Sternen vor, die nie zuvor ein Menschenauge erblickt hat. Und jählings segelt jener Forscher der Geschichte und Phantastik zugleich mit bizar­ren Wesenheiten über tropische Ozeane fremder Welten, besucht Inseln und Kontinente, die bisweilen von einer unglaublichen Schönheit sind, dass der Atem stockt.

Wer kennt schon solche Welten wie den schwebenden Kontinent Shonta-Land in der NISCHE?17 Wer kennt das versunkene Reich der legendären Veskoy, das binnen eines Tages über die Jahrmillionen und über Millionen von Lichtjahren zerstreut wurde?18 Wer kann sagen, welche tragische Geschichte hinter den düs­teren metallenen Wüstenstädten der Rontat steckt?19 Wer kennt schon den Ur­sprung und die Zeitläufte des untergegangenen Volkes der Us’sheleyaa (also der „Wasserkinder“)?20

Nun, diese Geheimnisse und diese GESCHICHTEN der nie gekannten Völker liegen vor dem Historiker und Phantasten auf einmal da, und er kann langsam, auf historische Weise, und schnell, mit der glühenden Verve des Phantasten, gleichermaßen darin eindringen und dies seinen neugierigen Lesern ausbreiten.

Der unbestreitbare Vorteil und Nachteil zugleich darin ist leider ebenfalls evi­dent: ist schon die menschliche Geschichte, wenn man sie auf mikrogeschichtli­che Weise betreibt, also in die kleinsten Einheiten der Geschichte vordringt, in die Biografien, nahezu unendlich groß ist, so gilt das in noch verstärktem Maße für diese parallelen Geschichtsverläufe anderer Völker.

Die Aufgabe, die sich einem Forscher in jenen wirren, gigantischen Räumen stellt, ist also unvergleichlich und im Grunde genommen endlos. Das mag im übrigen – ich stellte gerade meine eigene Forschungssituation in der Geschichte und in der Phantastik sowie in dem Schnittpunkt der „Phantastischen Geschich­te“ dar – erklären, warum die gerne geäußerte Vermutung meiner Freunde und Leser nicht zutrifft. Sie denken oftmals, Geschichtenschreiben, das sei so ähn­lich wie ein Glas mit Bier leeren. Wenn man viel daraus trinkt (lies: schreibt), sei der Tank irgendwann leer. Das ist ein klassisches Fehlurteil.

Indem ich immerzu neue Felder, immer neue Personen, Welten, Völker entdecke und ständig an Perfektion in der Beschreibung gewinne, kann man weder be­haupten, es werde hier in irgendeiner Weise langweilig, noch kann man sagen, die Themen würden sich erschöpfen. Das Gegenteil ist der Fall: die Themen ge­nerieren sich aus dem, was man findet, immerzu neu. Je mehr ich schreibe, desto mehr entdecke ich und desto mehr kann ich zusätzlich schreiben. Ein bisschen lässt sich das vergleichen mit der biografiegeschichtlichen Archivrecherche – man stößt unablässig auf Abzweigungen und Hinweise, denen man weiter nachgehen kann und, wenn einen die Leidenschaft gepackt hat, auch will.21

Eine Aufgabe ohne Ende, eine Aufgabe, die sowohl im Bereich der Geschichte – die mir zur Fundierung der Phantastik unabdingbar scheint – als auch im Be­reich der Phantastik allgemein eine ständige Herausforderung bleiben wird und Entdeckungen ohne Zahl ermöglicht.

Vielleicht bin ich in meiner Argumentation ein wenig wirr geworden im reißen­den Strom der Gedanken. Doch hoffe ich, dargestellt zu haben, dass wenigstens in meinem speziellen Fall die parallele Beschäftigung mit Geschichte UND Phantastik keinen Widerspruch darstellt, ja, eigentlich NIE darstellt, vorausge­setzt, man verfügt über die entsprechende Kreativität, Feinfühligkeit und das Gespür für die gute Verknüpfung zwischen der phantastischen Sphäre und den Grundlagen der realen Geschichte. Meine weiterführenden Wege in die Ge­schichten und Geschichtsschreibungen anderer, nichtmenschlicher Völker muss man nicht zwingend nachvollziehen, da das, zugegeben, eine ziemliche Heraus­forderung ist.

Aber vielleicht kann dieser kleine Essay ein wenig Verständnis für meine Situa­tion wecken und auch ein bisschen Neugierde wecken. Das würde mich freuen.

Uwe Lammers

Braunschweig, den 23.-28. Juli 2005

Puh, was für ein gehaltvoller Wortschwall, gell? Aber ich glaube, wenn euch jetzt der Kopf raucht, so habe ich doch ein wenig das Phänomen U. L. transparenter gemacht als bisher. Das ist jedenfalls meine Hoffnung und meine Intention gewesen.

Bis nächste Woche! Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe

 

1Die Erstpublikation dieses Essays erfolgte in meinem Egozine HISTORIKERZEIT #1 als Beitrag zu Futurian Amateur News (FAN) 74 im November 2005. Dass ihn mehr als 30 Menschen gesehen haben, halte ich für unwahrscheinlich.

2 Band 1 des „Armageddon-Zyklus“ von Peter F. Hamilton. Rezension in BWA 258 (März 2005). Vgl. dazu heute auch mein Rezensions-Blog 18 vom 29. Juli 2015.

3 Roman von Frank Schätzing. Rezension kommt höchstwahrscheinlich noch auf dem Rezensions-Blog.

4 Das sogenannte „Highland-Kompendium“ zum phantastischen Historienzyklus der Autorin Diana Gabaldon. Rezension in BWA 219 (Dezember 2001). BWA ist, wie inzwischen den Lesern meines Blogs bekannt sein dürfte, die Abkürzung für das Fanzine „Baden-Württemberg Aktuell“ des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW). Auch meine Gabaldon-Rezensionen sind natürlich für den Rezensions-Blog vorge­merkt, beginnend mit „Feuer und Stein“ im Rezensions-Blog 50 (9. März 2016).

5 Auch dieser Roman wird für den Rezensions-Blog aufbereitet. Vgl. dazu den Rezensions-Blog 51 (16. März 2016).

6Da dieser Essay anno 2005 geschrieben wurde, sind die Bemerkungen im Haupttext bezüglich meiner Ar­beitssituation natürlich überholt. Um nicht zu große Veränderungen herbeizuführen, blieben sie bei der Neu­publikation bestehen.

7 So erfuhr ich es beispielsweise kürzlich auch von meiner Wolfenbüttler Chefin, der ich daraufhin konsequent nichts über meine phantastischen Leidenschaften erzählte. Ich zweifele insgeheim daran, dass sie ihre Mei­nung noch ändern würde… sie ist immerhin 85 Jahre alt. Update: Inzwischen ist meine einstmalige Chefin, Frau Professor Eva Engel-Holland schon eine geraume Weile verstorben und unter der Erde.

8 Ob ich ihn allerdings „nur“ zehnmal las oder zwanzig Mal, vielleicht öfter, kann ich heute nicht mehr sagen.

9 Vgl. Barbara Tuchman: „In Geschichte denken. Essays“, Fischer Geschichte 4304, Frankfurt am Main 1984.

10Beizeiten wird auch in meinen weiteren Blogartikeln zum Oki Stanwer Mythos klar herausgearbeitet werden, z. T. ist es das schon, dass ich auch im OSM meist losschreibe, ehe ich die Recherche zum Ende durchführen konnte… manchmal kann ich die Rechercheabschlüsse sogar erst viele Jahre später nachliefern, weil ich Din­ge beschrieben und dargestellt habe, deren Erklärung mir zum Zeitpunkt der Niederschrift notwendig unklar sein musste. Nur dass ich sie SO schreiben musste, wie ich sie zu schreiben hatte, das ist mir zum Schreib­zeitpunkt präsent und begreiflich, nicht jedoch das Warum. Exemplarisch seien hier die Themenkomplexe der Matrixfehler und der Universengenese erwähnt.

11Dies war dann auch der Fokus meiner Magisterarbeit „Dunkle Vergangenheit“ (2002), die Anfang 2015 unter dem Titel „Sieben Leben…“ in der Digitalen Bibliothek Braunschweig allgemein digital veröffentlicht wor­den und nun jedermann zugänglich ist. Ihre Lektüre sei für alle Interessierten herzlich empfohlen.

12Das geschieht übrigens ebenfalls, wenn man als Autor nur eine Art von schematischem Gefühl für seine Prot­agonisten entwickelt. Ich hatte vielfach bei der Lektüre von Werken von Stephen Baxter das dumpfe Gefühl, er könne allein sich selbst beschreiben und in die Protagonisten projizieren. Das schadete dann sowohl der Glaubwürdigkeit der Personen als auch dem Leserinteresse. Manchmal musste ich mich da wirklich durch­beißen. Das exakte Gegenteil stellt hingegen der sehr lebhafte und abwechslungsreich schreibende und Perso­nen charakterisierende Peter F. Hamilton dar, den ich in den vergangenen zehn Jahren als Autor sehr schätzen gelernt habe.

13 In der Beziehung bin ich wahrscheinlich ein schlechter Autor – denn in vielen Fällen ist es eher so, dass die Figuren mich führen, als dass ich sie leite. Da bekenne ich mich zu einer gewissen Disziplinlosigkeit. Aber ich bin in der Hinsicht ein nachsichtiger „Vater“ meiner Protagonisten. Ich kann ihnen nicht böse sein. Man schaue sich nur einfach mal in dieser Hinsicht so etwas wie die Shonta-Geschichten in meinen E-Books der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ an, oder, jüngstes Beispiel, das phantastische Abenteuer des Mädchens Senyaali in der OSM-Story „Der Platz der Steine“ (2015) – diese kürzlich im Fanzine BWA pu­blizierte Story erscheint als Bestandteil meiner vierten E-Book-Storysammlung „Als Tiyaani noch ein Kind war…“ Anfang Mai 2016.

14 Neulich etwa fragte mich Clemens Nissen nach der Lektüre der Geschichte „Hinterlassenschaften“: „Was heißt eigentlich ‚Mundshak‘ (okay, das war ‘ne Müllhalde, aber was BEDEUTET es)?“. Dazu kann ich nur sagen: Der Begriff „Mundshak“ fiel mir einfach so ein, und ich schrieb ihn hin. Es mag sein, dass „Mundshak“ in irgendeiner Sprache der Erde existiert, vielleicht wirklich im Chinesischen. Aber ich kann Clemens´ Frage nicht beantworten. „Mundshak“ ist Teil des „Backgrounds“ der Geschichte, und es war so glaubwürdig verwendet, dass Clemens der festen Überzeugung war, es würde sich um ein real existierendes Wort handeln, das eine bestimmte Bedeutung hat. Das nenne ich: den Leser überzeugen. Update: Die Leser der Gegenwart können sich ein genaueres Bild machen, wenn sie sich mein erstes E-Book besorgen, das aus genau dieser Geschichte besteht. Vgl. dazu: Uwe Lammers, „Hinterlassenschaften“ (2013), immer noch er­hältlich auf Amazon-KDP.

15 Etwa nachlesbar in Kai Brodersen (Hg.): „Virtuelle Antike. Wendepunkte der Alten Geschichte“, Primus-Verlag, Darmstadt 2000, oder auch in Alexander Demandt: „Ungeschehene Geschichte. Ein Traktat über die Frage: Was wäre geschehen, wenn…?“, Kleine Vandenhoeck-Reihe 1501, Göttingen 1984. Update: Virtuelle Antike ist zwischenzeitlich in meinem Rezensions-Blog 31 rezensiert worden (28. Oktober 2015). Demandts Werk wird beizeiten folgen.

16 Wie etwa meine Geschichte „Sic transit gloria mundi“ (1994), in der es um eine Manipulation des Ersten Kreuzzuges geht, der auf spektakuläre Weise fehlschlägt. Update: Die gründlich überarbeitete gleichnamige Story ist zwischenzeitlich erschienen, ebenfalls im Fanzine BWA, nämlich in den Ausgaben 300-302, Sep­tember – November 2008. Es ist plausibel, dass sie in absehbarer Zeit Teil meiner E-Book-Storysammlungen werden könnte.

17 Das ist Teil der 19. OSM-Ebene „Oki Stanwer – Der Missionar“, an der ich seit 1991 schreibe.

18 Dazu muss man beizeiten die 22. OSM-Ebene „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ konsultieren, an der ich seit 1989 arbeite.

19 Das ist beizeiten nachzulesen in der 17. OSM-Ebene „Drohung aus dem All“, 1983-1986, Glossarverzeich­nung seit 2005 in Arbeit.

20 Dazu müsste man in den nonphantastischen ARCHIPEL eindringen, aber der steht den Lesern nicht offen. Ein kleiner Eindruck des Archipel kann durch die wenigen bislang von dort publizierten Geschichten gewon­nen werden: „Shareena und das Mädchen mit dem Zauberhaar“, in: Christel Scheja (Hg.): Legendensänger 106: „Freiflug“ (Juli 2002); „Kussjagd“, in: SFCBW (Hg.): Baden-Württemberg Aktuell (BWA) 243 (De­zember 2003); „Zu Besuch in einem kleinen Dorf“, in: Christel Scheja (Hg.): Legendensänger-Sonderheft 32: „Liebestanz“ (August 2004). Update: Inzwischen ist vom Archipel durchaus auch in meinen E-Books etwas nachzulesen gewesen, nämlich einmal die Shareena-Geschichte in leichter Überarbeitung, Seite an Seite mit der Geschichte „Ein Traum namens Frafra“, beide in der dritten E-Book-Storysammlung „Reinkarnation und andere phantastische Geschichten“, bei Amazon-KDP erschienen Anfang August 2015.

21Wie ich einer befreundeten Philosophieprofessorin, der ich im Zuge einer Bucherstellung ein wenig freund­lich mit meinen Kenntnissen assistieren durfte, schon sagte: Wenn man erst mal mit dem „Virus“ der Bio­grafiegeschichte „infiziert“ ist, wird man diese „Krankheit“ nicht mehr los. Man beginnt Archive zu lieben, alte, staubige Akten, man entwickelt ein detektivisches Gespür dafür, ob die Leute, die diese Aktenstücke schrieben, die Wahrheit sagten oder nur Teile der Wahrheit oder zweckdienliche Notlügen… und man ent­deckt wirklich unendlich viele Abzweigungen und Hintertüren, die ins unerschlossene historische Niemands­land führen. Ich versichere euch: das ist ein süchtig machendes Vergnügen, wenn man das mal entdeckt hat!

Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos,

üblicherweise sieht es so aus, als seien die Universen des Oki Stanwer Mythos voneinander durch eine weite zeitliche Schranke getrennt. Wenn ich dann also beispielsweise sage, KONFLIKT 2 werde in der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) abgehandelt, und der erste Band der Reihe „Aus den An­nalen der Ewigkeit“, „In der Hölle“ (2013) spiele in KONFLIKT 4 und mithin rund 10 Milliarden Handlungsjahre in der Zukunft, dann denkt ihr sicherlich auch, das ist ein ehernes Diktum. Verbindungspfade unmöglich.

Nun, das ändert sich in diesem Monat gründlich.

In dem heute erscheinenden ersten Teil des fünften Annalen-Bandes, „Jaleenas zweites Leben“ schicke ich euch in den KONFLIKT 4, der später in der OSM-Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) genauer ausgearbeitet werden wird. Mit­ten in einem verheerenden Unwetter erscheint hier eine junge Frau aus dem Nichts, verstört, desorientiert, verletzt.

Ihr Name, das wird ihr bald wieder bewusst, ist Jaleena.

Das Volk jedoch, dem sie entstammt, ist das Volk der Yantihni, das euch als Le­ser der TI-Serie schon sehr vertraut ist. Und sie ist ein Strandgut der Zeit, auf eine rätselhafte Weise, an einen Ort gespült, der für sie voller Rätsel und Ge­heimnisse ist.

Und sie fragt sich inständig: wie war das möglich?

Und: Was ist der Grund dafür?

Ihr könnt ab sofort teilhaben an dieser Sinnsuche im neuen OSM-Roman „Ja­leenas zweites Leben“, der aus Umfanggründen in zwei Teile gespalten wurde. Teil 2 erscheint am 15. Februar 2016. Teil 1 ist auf Amazon-KDP zum Preis von 2,99 Euro im EPUB-Format erhältlich.

Ich wünsche euch eine angenehme Lektüre und freue mich jederzeit über Kom­mentare und Bewertungen des Werkes auf Amazon-KDP.

Ansonsten sehen wir uns in zwei Tagen wieder an dieser Stelle, wo ich in mei­nem Wochen-Blog den 150. Beitrag veröffentlichen werde. Ich denke, das soll­tet ihr besser nicht versäumen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 42: Der große Eisenbahnraub

Posted Januar 13th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer bei dem Titel jetzt an Ronald Biggs und Konsorten denkt und im zwanzigs­ten Jahrhundert landet, mag zwar über die jüngere Vergangenheit gut orientiert sein, aber er irrt sich gewaltig im Stoff des vorliegenden, ausgezeichneten Ro­mans. Dafür muss man noch ein gutes Jahrhundert weiter zurückreisen, in die viktorianische Epoche und die Zeit des Krimkrieges.

Da ich heute aber noch finde, dass mir die Rezension so gelungen und launig ist, verbieten sich eigentlich ausführliche Einleitungen. Ich lasse euch einfach gleich mal so auf dieses sehr vergnügliche, raffinierte Buch los und hoffe, dass diejeni­gen, die es kennen, die Rezension gelungen finden… und diejenigen, die nach der Lektüre der Rezension neugierig geworden sein sollten, worauf ich immer spekulieren möchte, sich umgehend auf die Suche nach dem Werk begeben.

Schauen wir es und mal näher an:

Der große Eisenbahnraub

(OT: The Great Train Robbery)

von Michael Crichton

Knaur 60291, April 1994 (eigentlich: 1976)

352 Seiten, TB

Aus dem Englischen von Hans-Joachim Maass

ISBN 3-426-60291-1

Die Weltgeschichte wimmelt von unwahrscheinlichen Begebenheiten, und eine der vielleicht unwahrscheinlichsten führte im Jahre 1855 zu etwas, was man aus der Nachbetrachtung heraus als das perfekte Verbrechen bezeichnen könnte, jedenfalls als eine Wunschphantasie für einen jeden Verbrecher – und damit ist es kaum weniger unwahrscheinlich als die Ursache selbst. Dennoch sind beide Ereignisse vollständig real.

Als im Jahre 1847 in der Geburtskirche in Bethlehem ein silberner Stern durch osmanische Offizielle entfernt wurde, konnten die Verantwortlichen sich in ih­rer kühnsten Phantasie nicht vorstellen, dass dieses an und für sich banale Er­eignis letzten Endes zum Tode von wenigstens 165.000 Menschen führen sollte, darunter rund 37.500 Russen und 22.000 Engländer.

Der kleine Anlass führte nämlich letzten Endes zu einem militärischen Waffen­gang, der auf den ersten Blick mit dem Heiligen Land und der Geburtskirche in Bethlehem so gar nichts zu tun hatte – zum Krimkrieg, der am Schwarzen Meer zwischen 1853 und 1856 tobte. Dort standen die Engländer, die Franzosen, das Königreich Sardinien und das Osmanische Reich als Alliierte dem Russischen Reich gegenüber.

Man sieht keinen Zusammenhang? Nun, ich sagte schon, dies ist eine sehr un­wahrscheinliche, aber wahre Geschichte. Die Hintergründe sehen wie folgt aus:

Das Russische Reich versuchte schon seit langem, sich Teile des Osmanischen Reiches einzuverleiben (dies galt als „kranker Mann am Bosporus“, weil seine Macht seit langem dahinschwand) und war dafür stets auf der Suche nach ge­eigneten Anlässen. Die Entfernung des Sterns aus der Geburtskirche Jesu in Bethlehem stellte einen solchen Anlass dar – der Zar sah die Christen in der Re­gion Palästina gefährdet und bestand darauf, die alleinige Schirmherrschaft über sie auszuüben. Dadurch kollidierte er mit dem osmanischen Sultan und seinen Rechten in der Region und ebenfalls mit den Vorstellungen des christli­chen, französischen Kaisers. Um nun die russischen Pläne wirksam zu durch­kreuzen, kam es letztlich zu einem 1853 eskalierenden militärischen Konflikt, in deren Strudel auch der frühere französische Erbfeind England einbezogen wur­de.

Es mag für diese kurze Skizze der Hintergründe genügen, dass die Briten schließlich mit mehr als 26.000 Soldaten auf dem Kriegsschauplatz zugegen wa­ren, der sich letztlich auf die Krimhalbinsel am Schwarzen Meer konzentrierte. Und wie das natürlich mit Soldaten ist, so mussten sie ihren Sold erhalten. Er wurde in Goldbarren gezahlt, und jede Lieferung umfasste einen Wert von 12.000 Pfund Sterling (heute mehrere Millionen Euro). Dieser Sold wurde in England mit einem speziell gesicherten Eisenbahntransport via Frankreich und von dort weiter an die Krim transportiert. Und damit sind wir bei dem zweiten unwahrscheinlichen Faktum – bei dem großen Eisenbahnraub.

Der Kopf des Unternehmens hieß, wenigstens heißt es allgemein so, Edward Pierce. Nach den Beschreibungen von Zeitgenossen war er ein eleganter, distin­guierter Mann Anfang der Dreißig mit rotem Vollbart, kleidete sich erlesen und wirkte darum äußerst seriös. In Wahrheit war er Einbrecher und hieß womög­lich ganz anders. Seine Biografie liegt im Dunkeln. Was man jedenfalls weiß, ist, dass er seit 1854 den Plan verfolgte, das Unmögliche zu wagen – nämlich den London-Paris-Express zu überfallen und das Krimgold zu erbeuten. Etwas, was mit Fug und Recht für ausgeschlossen gehalten wurde und was Pierce noch da­durch zu erschweren gedachte durch den Umstand, dass es niemand mitbe­kommen sollte!

Das Gold wurde in zwei tonnenschweren Safes der renommierten Safebau-Fir­ma Chubb via Eisenbahn transportiert. Jeder Safe verfügte über zwei unter­schiedliche Schlösser, und wer sich mit Safes der damaligen Zeit auskennt, der weiß, dass es nicht viele Möglichkeiten gab, an die Inhalte zu kommen. Kombi­nationsschlosser waren noch unbekannt, so dass man im Grunde genommen nur drei Möglichkeiten besaß, an den Inhalt zu kommen: entweder, man raubte die Safes zur Gänze (was sich hier natürlich aus verschiedenen Gründen verbot), man verlegte sich auf langwierige und umständliche Aufbohraktionen (dafür war weder Zeit, noch ließ Pierces Plan, dass der Raub unbemerkt bleiben sollte, ein solches Vorgehen zu)… und drittens konnte man sich die Schlüssel besorgen oder wenigstens Duplikate davon herstellen. Dazu musste man sie freilich erst mal in die Finger bekommen.

Pierce wählte den letzteren Weg als einzig gangbaren… jedenfalls auf den ers­ten Blick schien er der einzig gangbare zu sein. Wenn man genau hinschaute, ließ sich mit Fug und Recht auch daran zweifeln. Denn diese vier Schlüssel wa­ren auf drei verschiedene (geheime) Orte verteilt und wurden überall stark be­wacht. Die Wachmänner galten als unbestechlich, und aus begreiflichen Grün­den konnten die Verantwortlichen gut schlafen – es war unmöglich, dieses Gold zu bekommen, völlig ausgeschlossen.

Nun, Pierce war indes ein raffinierter Kopf, sehr geduldig und einfallsreich. Und mit Hilfe von „Baldowerern“, „Schlangenjungen“, Taschendieben, Dirnen, einem Mann aus dem „Auferstehungsgewerbe“, einem Leoparden, viel Bleischrot, Lug und Trug, dreistem Auftreten, einer Leiche und einer gewissen Lebensmüdigkeit gelang schließlich doch das Manöver, das im Jahre 1855 bald als „großer Eisen­bahnraub“ in die Geschichte eingehen sollte. Denn das Erlangen der Schlüssel war ja nur die halbe Miete – nun galt es, das Gold aus einem fahrenden Zug zu stehlen, und zwar so, dass es keiner merkte…

Wie das alles genau umgesetzt wurde, rekonstruiert der im Jahre 2009 verstor­bene Bestsellerautor Michael Crichton in diesem Werk, einem seiner packen­den frühen Romane. Die genaue literarische Einordnung des Buches ist ein we­nig schwierig. Einerseits ist es natürlich ein Roman und damit – was beispiels­weise die Dialoge angeht – mehrheitlich fiktiv. Andererseits gibt es weite Passa­gen erklärenden und erläuternden Inhalts, die Crichton unzweifelhaft aus Sach­büchern über das viktorianische Zeitalter übernommen hat und die dem Roman ein schillerndes Lokalkolorit verleihen.

Man lernt viel über Scotland Yard, über Safebau in England, über die Etiketten der guten Gesellschaft, über die Rolle der Frau im viktorianischen Zeitalter, über die bizarren Vorstellungen, die sich die Leute von Eisenbahnen machten, eine ganze Menge über die Untiefen des organisierten Verbrechens und seine vielfäl­tigen Erscheinungsformen, illegale Tierkämpfe, viktorianische Sittenvorstellun­gen und dergleichen… es ist also zu sagen, dass dieser Roman entgegen der Vorstellung, die manche Leute von historischen Romanen haben, alles andere als „Geschwafel in interessanter Kulisse“ ist. Das Buch ist darum eine zutiefst anregende Lektüre, die gleichzeitig das Wissen über jene Zeit wieder auffrischt und neugierig auf die historischen Hintergründe macht.

Gleichzeitig ist es ein ausgezeichnetes Lesevergnügen, das an vielen Stellen die Gewähr für lautes Auflachen bietet und hervorragend unterhält. In der Tat ist es so flott geschrieben und übersetzt, dass man sich nur schwer von den Zeilen losreißen kann. Und als Leser fiebert man in gewisser Weise mit dem „finsteren Genie“ des Edward Pierce mit, der über ein Jahr harte Arbeit in das Unterneh­men Eisenbahnraub steckt, und irgendwie wünscht man ihm den Erfolg, den er schließlich auch hat.

Wie das genau vonstatten geht, soll hier nicht verraten werden. Und natürlich ist das auch noch nicht das Ende der Fahnenstange, denn selbstverständlich wird der Raub dennoch entdeckt und die Strafverfolgung setzt ein. Was immer noch nicht das Ende der Geschichte ist…

Alles in allem war der von Michael Crichton spannend aufgearbeitete Stoff für Hollywood so interessant, dass es den Roman schließlich verfilmte. Die Hauptrolle des Bösewichts Edward Pierce – den übrigens selbst Queen Victoria gern kennen gelernt hätte! – wurde, äußerst passend, mit dem einstigen James Bond-Mimen Sean Connery besetzt, womit die Verfilmung zu einem Erfolg wur­de.

Sowohl der Film als auch, insbesondere, das Buch, lohnen also die Aufmerk­samkeit des historisch Interessierten. Und wer danach noch mehr über den Krimkrieg (der seinen Namen, streng genommen, zu Unrecht trug) erfahren möchte, sei auf die WIKIPEDIA-Seite „Krimkrieg“ verwiesen, wo auch ausführli­che Literaturangaben zu entdecken sind.1

© by Uwe Lammers, 2009

Fürwahr, eine schöne Entdeckung habe ich da damals gemacht, und das Buch ist noch immer ein leckeres Schmankerl in meiner Büchersammlung… ich sollte es beizeiten mal wieder lesen.

In der kommenden Woche nehme ich euch an der Seite von Dr. Henry Jones jr. mal wieder auf die Abenteuerjagd mit. Wer neugierig ist, schaue in einer Wo­che wieder herein.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 In der Version vom 6.4.2009 fehlt freilich eine Referenz auf dieses Buch.

Liebe Freunde des OSM,

als ich euch vor zwölf Wochen an dieser Stelle – im Rahmen dieser Subrubrik meines Blogs – zurückließ, überlegte ich am Schluss, ob ich an dieser Stelle heu­te auf den neuen Band der E-Book-Reihe „Aus den Annalen der Ewigkeit“ einge­hen sollte, der bei optimaler Entwicklung der Publikationsfolge Anfang Januar 2016 veröffentlicht worden sein sollte, also „Jaleenas zweites Leben“, oder ob ich mit der chronologischen Erörterung der „alten“ Annalen weitergehen woll­te, mich also wieder zusammen mit euch in mein Kreativjahr 1994 zurückver­setzen sollte. Ich war mir noch nicht so recht schlüssig.

Nun, die Lage hat sich inzwischen geklärt. Auf „Jaleena“ und das, was ich als „serielle Crossover a la OSM“ bezeichnet habe, kommen wir in vier Wochen an dieser Stelle zu sprechen. Heute mache ich also hier also weiter dort, wo ich den gedanklichen Faden im Wochen-Blog 137 liegen ließ, weil der mir zur Ver­fügung stehende Raum erschöpft war.

Wer das jetzt Kokettiererei nennt, den möchte ich lächelnd korrigieren. Selbst­verständlich hätten die Kritiker Recht, die sagten, Blogbeiträge könnten so lang werden, wie sie wollten. Das stimmt. Und ich fände es durchaus schmeichel­haft, zu lesen, dass jemand gern längere Beiträge von mir lesen möchte… aber ich will diesem Wunsch nicht nachkommen, zumal ich annehme, dass er nur von einer Minderheit goutiert werden würde.

Ich bin nun einmal dem Eigenverständnis nach nicht primär Blogger, sondern Autor, und längere Texte gehören in meine zu publizierenden Geschichtenwer­ke, nicht hier in den Blog. Beiträge, die länger als 6 Textseiten sind, werden auch weiterhin die strikte Ausnahme darstellen.

Doch damit genug der weitschweifigen Vorrede.

Ich endete in Blog 137 mit der Geschichte „Der Herr der Schwarzen Berge“, die ich im Dezember 1993 beendete. Danach dauerte es eine Weile, bis ich wieder einmal ein fertiges Werk der Annalen vorlegen konnte. Das hatte damit zu tun, dass ich mich einerseits intensiv in den KONFLIKT 23 des Oki Stanwer Mythos, „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ vergraben hatte, zum anderen mit meiner strikten Konzentration auf die Edward-Norden-Saga.

Bekanntlich hatte ich mit diesem Romanzyklus ja 1987 angefangen, mit „Odys­see in Arc“, aber als ich feststellte, dass dieser Stoff sich innerhalb einer Trilogie nicht abhandeln ließ, beschloss ich, eine zweite Trilogie anzuschließen… und sie dümpelte lange vor sich hin. Das änderte sich dann im Frühjahr 1994. Am 16. April konnte ich den fünften Arc-Roman „Die Stimme von Arc“ abschließen, in der mehrere fulminante Handlungsströme allmählich ihrem Ziel zustrebten:

Edward Norden war nach Jahren der Gefängnishaft freigekommen und hatte sich im Auftrag der legendären Propheten von Zhanyor auf die Suche nach den Baumeistern gemacht. Derweil schloss sich Nordens Tochter Ylana mit ihrem Geliebten den ghanerischen Kristallrebellen an und suchte einerseits ihren ver­schollenen Vater, anderseits suchte sie sich auch am Dämonen-Regenten Arcs, dem Dämon Holkaxoon zu rächen… und geriet ihrerseits in Gefangenschaft.

Und dann drangen auch noch Crelly-Rebellen von außerhalb Arcs in die Lebens­kanäle ein, berichteten von Aufruhr in den MACHT-Galaxien und brodelndem Aufstand… und während erbarmungsloser Jagd durch die Lebenskanäle stießen sie mit einer rätselhaften Entität zusammen, der „Stimme von Arc“. Eine We­senheit, die vielleicht imstande war, den Weg in den Zentrumsballon Arcs zu öffnen, zur Lenkwelt Dhonnkoor – dem Schlüssel über die Macht in der Bau­meistergalaxis. Denn Dhonnkoor war inzwischen selbst Holkaxoon versperrt…

Während sich im Juni die Arbeiten an KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämo­nenjäger“ dem Abschluss näherten, brodelte – wohl unvermeidlich – der KON­FLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ empor, nämlich am am 5. Juni 1994. Am 1. Juli 1994 war dann KONFLIKT 23 beendet, und neue kreative Ener­gien wurden frei für das nächste Annalen-Werk. Das war dann der sechste und letzte ENS-Roman „Inferno in Arc“, mit insgesamt 239 Seiten für damalige Ver­hältnisse eine enorme Schreibleistung, die auch tatsächlich erst am 1. Novem­ber 1994 vollendet war.

In diesem Roman wurden die Handlungsfäden zusammengeführt. Und es ging um die Baumeister, um ZYNEEGHARE, um Sternenfeen, um GRALSJÄGER, um Matrixfehler, Oki Stanwer, das Ende des Universums und vieles andere… es wäre ein schöner Band 1000 des OSM geworden… leider hatte ich mich ver­zählt, und es handelt sich in Wahrheit um Band 1001 des OSM.

Tja, Pech gehabt. Ist aber ein phantastischer Roman geworden – der bislang nur im Maschinenskript existiert, wie fast der gesamte Rest des Romanzyklus.

Dann sollte es lange dauern, ehe ich wieder ein Werk schrieb, das formell den „Annalen der Ewigkeit“ zuzurechnen war. Genau genommen bis zum 17. Juli 1995. An diesem Tag wurde der 10. Roman der Überarbeitung des KONFLIKTS 15 „Oki Stanwer“ fertig. Wie erinnerlich sein dürfte, hatte ich ja diese Überar­beitung im Jahre 1986 begonnen und arbeitete nun also schon beinahe 10 Jah­re daran, ohne auch nur näherungsweise an einen Schluss gelang zu sein. Der Schreibelan ließ allmählich spürbar nach. Der Grund lag auf der Hand, denke ich. Es war derselbe, der die Arbeiten auch beim Projekt „DER CLOGGATH-KON­FLIKT“ (in Arbeit seit 1988) mehr und mehr stocken ließ.

Mir war inzwischen bewusst geworden, dass ich stilistisch für längere Projekte immer noch nicht genügend Struktursicherheit und Formulierungsklarheit be­saß und folgerichtig die fertigen Romanversionen recht schnell veralteten. Au­ßerdem zeichnete sich sehr deutlich ab, dass ich auf Computer umsteigen soll­te, um Texte auch zu speichern und zügig replizieren oder ändern zu können. Mit den alten Methoden war das unmöglich.

So konnte es nicht verblüffen, dass Oki Stanwer 10: „Wettlauf mit der Vernich­tung“ erst so spät realisiert wurde. Hier wird zentral Oki Stanwers Versuch be­schrieben, die Urheimat der Menschen, den vergessenen Planeten Terra, durch eine Krisenintervention bei den PSI-Intelligenzen des Spiralarms III der Galaxis Milchstraße zu retten, die durch einen auf Kurs gebrachten planetaren Irrläufer vernichtet werden soll.

Ob das gelingt? Nun, das werdet ihr beizeiten nachlesen können – entweder, wenn ich dazu komme, im Rahmen meiner Blogartikel etwas genauer auf diese Romane einzugehen oder aber eben erst, wenn dieser Roman dann im E-Book-Format vorliegt. Aber letzteres dauert noch reichlich lange. Das hat zentral da­mit zu tun, dass KONFLIKT 15 verdammt viel Vorwissen verlangt, über das ihr noch nicht verfügt… und zum zweiten muss ich da unendlich viel korrigieren, ergänzen und optimieren. Das Projekt ist einfach noch nicht auf meiner Agenda.

Wieder trat eine unglaublich lange Pause bei den alten realisierten Annalen-Projekten ein. Am 28. August 1996 beendete ich die Arbeit an der Story „Trüm­merfeld der Götter“. Die ist aus mehreren Gründen interessant. Beschrieben wird durch den Bordchronisten das ambitionierte und auf drei Jahre angelegte Zielflugmanöver des Casaier-Raumschiffs „Götterstürmer“. Die froschgestaltige Spezies, die seit einigen Jahrhunderten die Raumfahrt betreibt, empfängt aus Richtung eines Sterns, den man „Chollinors Glosendes Auge“ nennt, seit langem Funksignale, die nicht entschlüsselbar, aber eindeutig künstlichen Ursprungs sind.

Daraufhin wird ein großes Raumschiff im Rahmen des Geheimprojekts „Götter­schleier“ geschaffen und auf den Weg geschickt. Doch nach drei Jahren Flugzeit treffen sie am Ziel auf das „Trümmerfeld“ und eine gigantische Hohlwelt, in der sie zwangsgesteuert gelandet werden.

Während ich diese interessante Geschichte schrieb, kristallisierte sich heraus, wo sie angesiedelt ist. Die Casaier hatte ich vorher noch nie gesehen – nun, die Welt, auf der sie landeten, aber durchaus schon. Es handelte sich um eine so genannte „Fangkugel“, die das Volk der Baumeister im Auftrag der Sieben Licht­mächte in der „spezialstrukturierten“ Galaxis Milchstraße geschaffen hatte.

Wem dieser Begriff nun vertraut vorkommt, der schaue sich beizeiten mal die OSM-Story „Die Intervention“ in meiner dritten E-Book-Storysammlung „Rein­karnation und andere phantastische Geschichten“ an, die im August 2015 er­schienen ist.

Das bedeutet? Nun, dass die obige OSM-Story im KONFLIKT 19 spielt, in dem Kosmos, in dem auch die Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ spielt. Und die Welt, auf der die Casaier landen, wird von den Baumeistern QUANGOOR-8810 genannt (mit Verlaub, eine richtige Höllenwelt). Die irdischen Siedler auf dem Planeten Dawson kennen diese Welt unter der Bezeichnung „Bearsons Creek“, aber niemand, der das Baumeisterportal von First Valley auf Dawson dorthin durchschritten hat, ist jemals zurückgekehrt… aus grässlichen Gründen. Die meisten sind sofort umgekommen.

Und QUANGOOR-8810 ist zugleich dann auch noch ein zentraler Handlungs­schauplatz der erwähnten Serie, wo Klivies Kleines, ein Amok laufender Troohn, ein Entropie-Ingenieur, ein Ritter vom Goldkristall auf Abwegen, Berinnyer, eine Sternenfee und viele andere Dinge zusammenkommen – und ja, dann geht es auch wieder um die Casaier.

Ich denke darum, dass ich diese vergleichsweise kurze Geschichte – 15 Manu­skriptseiten lang – in absehbarer Zeit wohl abschreiben und für eine weitere Storysammlung ausarbeiten werde.

Damit sind wir also jetzt mit der Verfolgung der Annalen-Projekte bis zum Jah­resende 1996 gediehen. In der nächsten Ausgabe dieser Artikelreihe schauen wir uns das Jahr 1997 an.

Lasst euch mal überraschen, was ihr in der kommenden Woche an dieser Stelle vorfinden werdet. Es ist immerhin die Nr. 150 meines Blogs, nicht wahr…?

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde meiner E-Books,

die Raumfahrer der yantihnischen GHANTUURON-Mission staunten nicht schlecht, im allerletzten Moment von unbekannten Aliens aus dem Sonnensys­tem gerettet zu werden, dem sie die Bezeichnung „Sianlees Rast“ gegeben hat­ten. Als sie gewärtigen mussten, dass sie einen monströsen Vernichtungscount­down reaktiviert hatten, war es zu spät, daran noch irgendetwas zu ändern.

Nun, und dann kamen die Allis, die „rätselhaften Retter“ (vgl. TI-Bd. 7), die die Raumfahrer mitsamt der flugunfähig geschossenen GHANTUURON evakuier­ten. Sie bezeichneten sich als Freunde, aber die Freundschaft nimmt seltsame Formen an.

Das nächste Reiseziel von Nayeen, Alyechin und den anderen neugierigen For­schern ist eine rätselhafte Dschungelwelt unter roter Riesensonne. Mehr zu die­sen Geschehnissen könnt ihr ab heute auch auf www.beam-ebooks.de nachlesen. „Gefangen auf der Dschungelwelt“ ist der erste Band einer neuen Trilogie der Serie, in der es sich um die noch recht unbekannten Allis und ihren Dienstherrn dreht, einen so genannten Baumeister

Ab sofort ist dieses E-Book „Gefangen auf der Dschungelwelt“ als dreizehnter Band der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) zum Preis von 1,49 Euro erhältlich.

Ich wünsche euch angenehmes Lesevergnügen und freue mich, von euch zu hö­ren!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 41: Der Adept (1)

Posted Januar 6th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute schweifen wir wieder mal ab in die Fantasy-Gefilde, und mit Katherine Kurtz haben wir hier auch eine der profunden Kennerinnen und Autorinnen des Genres vor uns, die sich einmal von ihrem Camber-Zyklus absentierte, um eine Trilogie mit einer Kollegin zusammen zu schreiben, deren erster Band hier vor­liegt.

Natürlich ist diese Trilogie inzwischen vergriffen und wird wohl so schnell nicht wieder aufgelegt werden – aber dies ist eigentlich nur ein weiteres Argument, sich um Online-Antiquariate zu kümmern und derartige Schätze, wenn einem durch die folgende Rezension der Mund ein wenig wässrig geworden sein sollte, zielstrebig zu heben und ins eigene Bücherregal zu stellen. Es lohnt sich, gar kein Zweifel. Und wer Schottland liebt bzw. eine generelle Affinität zur briti­schen Lebensart hat, ist hier bestens aufgehoben.

Ohne lange Vorrede also in medias res. Hierum geht es heute:

Der Adept

(OT: The Adept)

von Katherine Kurtz & Deborah Turner Harris

Heyne 9022, 1999

416 Seiten, TB

ISBN 3-453-14929-7

Aus dem Amerikanischen von Michael Morgental

Schon auf den ersten Blick ist Sir Adam Sinclair von Strathmourne House eine beeindruckende Gestalt: ein Hüne von unbändiger Kraft, dabei ein vollendeter Gentleman alter Schule, der sich auf die Etikette einer langen aristokratischen Ahnenreihe ebenso versteht wie auf Manieren gegenüber Ladies, charmant im wahrsten Sinne des Wortes ist und von sehr einnehmendem Wesen. Darüber hinaus jedoch ist er Psychiater mit hoher Reputation, der Gott und die Welt kennt – und zudem besitzt er als vielseitig begabter Mann ein Geheimnis. Sir Adam Sinclair ist ein Adept.

Als Eingeweihter in die magischen Künste gehört er, könnte man meinen, zu ei­ner aussterbenden Gattung im ausgehenden 20. Jahrhundert, aber es gibt gute Gründe, genau das Gegenteil anzunehmen (sehr faszinierende Gründe). Durch offensichtliche Zufälle kommt es zwischen Sinclair und dem jungen, talentierten Maler Peregrine Lovat zu einer schicksalhaften Begegnung. Der Maler ist un­zweifelhaft begabt – aber in ihm steckt eine Fähigkeit, die ihn in den Wahnsinn zu treiben imstande ist und ausbricht, als eine seiner porträtierten Personen stirbt. Verzweifelt sucht er Rat bei Sinclair.

Der adelige Adept, der massive und gut ausgebildete spirituelle Fähigkeiten be­sitzt, begreift recht schnell, was für ein Talent es ist, das Lovat als Fluch ansieht – es ist die Begabung, nicht nur die Dinge so zu sehen und zu zeichnen, wie sie sind, sondern auch die flüchtigen Schatten des Gestern einzufangen, beispiels­weise bei Ruinen zu „sehen“, wie sie früher aussahen, bis in kleinste Details hin­ein. Und bei Personen „sieht“ er frühere Inkarnationen. Oder er skizziert Szene­rien, die erst wenige Stunden zurückliegen.1

Diese Fähigkeit entpuppt sich als zwingend erforderlich, als Sinclair und sein gu­ter Freund, der Polizist Noel McLeod in einer rätselhaften Angelegenheit ermit­teln müssen, bei dem es um eine Grabschändung geht. Die Spur dieses Verbre­chens und seiner spiritistischen Konsequenzen führt auf abenteuerliche Weise in die Themsemetropole nach London und schließlich in den hohen Norden Schottlands. Die magisch begabten Verbrecher sind Sinclair und seinen Freun­den stets einen Schritt voraus, und sie erweisen sich als absolut skrupellos. Bis sie verstehen, dass es um Elfengold und einen verborgenen Schatz magischen Wissens geht, ist es beinahe zu spät…

Vor Jahren schon schwärmte mir eine gute Freundin mit einer ausgeprägten Ader für Fantasy von diesem Roman (und seinen beiden Folgebänden) vor. Doch obgleich ich den Zyklus seit Ende 2002 vollständig in meinen Regalen ste­hen hatte, zögerte ich lange, ihn zu lesen. Ich begann dann… tja, gestern mor­gen damit. Am Abend war ich durch den Roman halb durch, und auf der Heim­fahrt von der Arbeit las ich ihn heute aus. Selbst wenn man nicht viel auf Klap­pentexte gibt, sollte man in diesem Fall eine Ausnahme machen. Anne McCaf­frey wird folgendes Zitat in den Mund gelegt: „Atemberaubend! Ein Zyklus, den man nicht mehr aus der Hand legt.“

Well, dem wäre wenig hinzuzufügen.

Wer ein Freund von ausgesprochenen Actionromanen ist, das sei jedoch er­gänzt, ist hier fehl am Platze. Statt mit wüster, wilder Action und Kämpfen und Verfolgungsjagden ohne Ende sieht man sich hier mit etwas völlig anderem konfrontiert, woran es in meinen Augen unserer Zeit gebricht: mit beeindru­ckender Detailfreude, Ausführlichkeit und gründlicher, solider Fundierung von Handlung.

Die Personen, die die beiden berühmten Autorinnen in ihrem ersten Gemein­schaftswerk schaffen – Katherine Kurtz ist bekannt von ihrem vielbändigen Camber-Romanen – , bersten geradezu vor Vitalität, Vielseitigkeit und überaus plausibler Darstellung. Sir Adam macht eine ausgezeichnete Figur als Mentor des unsicheren, verstörten Peregrine, und wenn man sich Adams Biografie ver­gegenwärtigt, ist das überaus glaubwürdig, was er tut. Er kommt als rechtschaf­fener, zutiefst moralischer Charakter zum Vorschein, Anhänger einer hohen Mo­ral, doch auch durchaus radikalen Entschlüssen nicht abgeneigt.

Peregrine wird dagegen glaubhaft skizziert als ein Mensch, dessen spirituelle Fähigkeiten sich gerade entfalten, oftmals mit Hemmnissen und Schwierigkei­ten. Und Noel McLeod als dritter in der Riege der positiven Hauptfiguren, be­sitzt wieder eigenständige, sympathische Züge, nicht zuletzt eine unverwüstli­che, mürrische Art von Humor, die es dem Leser leicht macht, ihn ins Herz zu schließen. Doch die präzise, vielseitige Darstellung von Charakteren bezieht auch ausdrücklich die Nebenpersonen mit ein.

Und ganz einerlei, ob die Autorinnen das Interieur von Herrenhäusern schil­dern, die Atmosphäre eines Krankenhauses, die vielseitigen Schrecknisse eines entfesselten Sturms oder die seltsamen Eigenheiten einer spirituellen Geistrei­se, immerzu wirken sie auf bestechende Weise plausibel.

Am meisten begeistert hat mich allerdings der Besuch Peregrine Lovats im Briti­schen Museum – weil ich hier die unnachahmliche Möglichkeit besaß, hier zu vergleichen. Die Autorinnen fragten explizit Wissenschaftler, beispielsweise nach schottischer Kartografie des 13. und 14. Jahrhunderts, und nicht nur glühen die hier beschriebenen Nebenfiguren voll menschlicher Wärme und Glaubwürdigkeit, sondern auch die Atmosphäre des Britischen Museums. Das geht bis hin zu den Signaturen der originalen Exponate und den wissenschaftlichen Gepflogenheiten der Ausleihe. Wer die Recherchespuren Peregrines nachvollziehen möchte, könnte dies höchstwahrscheinlich bis hin zu den Handschriften, die er sich dort ausleiht…2

Als ich dies las und mir dann dachte, wie ein Christoph Marzi seine „Bibliothe­kare“ in London agieren lässt, mit wie viel Oberflächlichkeit, wie viel massivem Einsatz von Klischee und verkleisternder Wortmalerei, anstatt sich an präzise Fakten zu halten (was allemal besser ist, wenn man in authentischen Orten un­terwegs ist)3, da wurde mir wieder einmal bewusst, wo meine persönlichen Vorlieben liegen – dort, wo die Präzision und Sorgfalt waltet.

Gewiss, mag man einwenden, ich sei Historiker, man mag ebenfalls einwenden, mein Qualitätsstandard sei eben zu hoch, die Latte zu hoch angelegt… aber dies weise ich kopfschüttelnd zurück. Nicht beim Kritiker liegt die Latte zu hoch an, sondern bei den Autoren, auf die der Kritiker dann verweisend blicken muss, wurde das Level viel zu niedrig angesetzt. So niedrig, als wenn man hier für un­bedarfte und naive Kinder schriebe.

Und dieses Buch beweist überdies schlagend, dass die starke Anlehnung an his­torische Faktizität nicht notwendigerweise ein langweiliges Buch produziert. Ganz im Gegenteil, würde ich sogar behaupten: Der Kontrast zwischen der Wirklichkeit und den imaginativen Versatzstücken macht die Geschichte weitaus packender und fordert vom Autor viel mehr Präzision und Detailwissen. Heraus kommt, wenn es gut gelingen soll, ein Werk, das sowohl dem Autor mehr Spaß bereitet als auch den Lesern (zumal jenen, die Schottland lieben und dort schon in Urlaub gewesen sind!).

Der Adepten-Zyklus von Kurtz und Harris ist jedenfalls im Vergleich dazu ein Ju­wel, das viel zu lange in meinen Regalen schlummerte. Meine gute Freundin hatte vollkommen Recht, es ist des Lesens und des Entdeckens wert (auch wenn ich vermute, dass es nicht mehr als drei Romane gegeben hat. Man korrigiere mich bitte, wenn ich mich täusche. Ich würde das Lesevergnügen gern über drei Bände hinaus ausdehnen!).

Das Titelbild muss man natürlich ignorieren, das hat mit dem Inhalt nichts zu tun. Da wäre dann schon eher das Monster von Loch Ness sinnvoller gewesen. Oder ein Michael Scot, der Schankgäste in Angst und Schrecken versetzt. Und man kann sehr neugierig sein, wie sich der Kampf weiter entwickelt. Denn gleich Harry Potter 14 ist dieses Buch, ungeachtet seines Umfanges, eigentlich als Prolog zu weiteren Abenteuern zu verstehen. Dem trägt – leider – auch die Darstellung der Gegner Rechnung, die doch etwas nebulös bleiben.

Hm, sonstige kritische Einschränkungen? Nun ja, eine möchte ich zu bedenken geben. Die muss aber nicht von der Lektüre abhalten: Während ich bei dem HarryPotter-Zyklus schon früh das beunruhigende Gefühl hatte, die Autorin würde hier das britische, elitäre Internats-Schulwesen glorifizieren (was sich nicht bestreiten ließe), so ist das bei Kurtz und Harris in ähnlicher Weise mit der quasi-feudalen Umgebung Adam Sinclairs der Fall. Der Grat zwischen erlesenem Stil und ein wenig hochnäsigem Adelsstil ist schwierig und nicht immer hun­dertprozentig gelungen. Manch einer würde Sinclair vermutlich als verwöhnten Snob interpretieren. Wahrscheinlich musste deshalb sein Adlatus Peregrine Lo­vat aus einer ganz anderen gesellschaftlichen Schicht stammen. Aber man sollte sich dieses Problems bewusst sein.

Die Lesefreude trübt das indes nicht. Schade, dass der Roman so kurz ist. Nun, der zweite, „Die Loge der Luchse“, ist fast 700 Seiten stark. Wenn das nicht ver­heißungsvoll klingt…

© by Uwe Lammers, 2008

Selbst wenn man berücksichtigt, dass ich mit einem zeitlichen Abstand von acht Lesejahren und Rezensionsjahren zu den Romanen ein etwas distanziertes Ver­hältnis habe, empfinde ich sie grundsätzlich doch immer noch als gut. Der drit­te, zu dem ich in ein paar Wochen etwas sagen werde, ist zwar einigermaßen schwach ausgefallen, doch die ersten beiden sind sehr beeindruckende Zeugnis­se, die mich viele Lesestunden solide unterhalten haben. Wenn sie euch also über den Weg laufen und euch die Rezension gefallen hat – schlagt umgehend zu!

In der kommenden Woche reisen wir an dieser Stelle zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts, um einen historischen Krimi der ganz besonderen Art zu betrach­ten. Was das genau heißt? Nun, das solltet ihr wirklich nicht versäumen, wenn ihr jemanden wie Sean Connery mögt…

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 In einer gewissen Weise ist sein Talent damit dem verwandt, das ein kleines Mädchen na­mens Emily Laing in den Romanen von Christoph Marzi anwendet. Aber diese beiden Au­torinnen können es besser kommunizieren und glaubwürdiger darstellen. Vgl. hierzu Chri­stoph Marzis Buch „Lycidas“.

2 Es sei im übrigen auf einen mehrseitigen, interessanten Anhang hingewiesen, in dem Be­griffe und historische Lokalitäten und Bräuche erläutert werden. Exzellent!

3 Vgl. besonders Christoph Marzi: „Lilith“ und „Lumen“. Vielleicht ist es auch kein Zufall, wenn in Buchhandlungen (wie vorgestern erlebt) ausschließlich mit dem – wesentlich bes­seren – ersten Band der Trilogie von Marzi, „Lycidas“, geworben wird. Auch Buchhändler scheinen die Defizite der beiden Nachfolgebände klar zu kennen.

4 Vgl. Joanne K. Rowling: „Harry Potter und der Stein der Weisen“.