Liebe Freunde des OSM,

ja, im Jahre 2005 war für mich der Harry Potter-Hype noch recht neu, und ich stieß ja auch eher durch einen Zufall auf den Schuber mit den ersten vier Ausgaben. In gewisser Weise besaß ich darum einen Lesevorsprung vor jenen, die sukzessive seit dem Erscheinen des ersten Bandes an das Phänomen herange­führt worden waren. Ich muss sagen – das war äußerst nützlich. Und ihr er­kennt unten in meiner sehr wohlwollenden Rezension, dass ich zu diesem Zeit­punkt dem Phänomen Harry Potter noch sehr aufgeschlossen gegenüberstand… ein paar einschränkende Kommentare gab es indes schon. Der geringe Seiten­umfang ist eine Sache. 352 Seiten, dazu noch sehr großzügig mit Text bedruckt, ist einfach wirklich zu wenig. Da war ich textlich doch schon ganz andere Kaliber gewohnt.

Ein anderer, der sich hier langsam, sehr langsam abzeichnete, war Rowlings Schwierigkeit, tödliche Konflikte in einem Kinder- und Jugendbuch auszutragen. Ihr werdet erleben, dass ich das zunehmend für eine ernste Schwierigkeit hielt. In diesem zweiten Roman, dessen Storyline ebenfalls noch vergleichsweise sim­pel daherkommt, ist das noch nicht so deutlich zu spüren, weswegen ich ihn für Heranwachsende absolut empfehlen kann.

Aber für die unter euch, die noch nicht informiert sind… was genau geschah wohl in Harrys zweitem Schuljahr an der Zaubererschule von Hogwarts? Wer neugierig ist, lese weiter:

Harry Potter und die Kammer des Schreckens

(Harry Potter and the Chamber of Secrets)

von Joanne K. Rowling

Carlsen-Verlag, 1999

352 Seiten, TB

Übersetzt von Klaus Fritz

Harry Potter ist kein gewöhnlicher Junge, soviel war ja schon nach dem ersten Buch klar: als Waisenkind bei seinem Onkel und seiner Tante, Vernon und Petunia Dursley im Ligusterweg 4 aufgewachsen, ist Harry inzwischen knapp zwölf Jahre alt, und es geht ihm dort nach wie vor recht bescheiden. Onkel Ver­non ignoriert ihn tunlichst, seine Tante Petunia triezt ihn weiterhin, und der leibliche Sohn der Dursleys, der feiste Dudley, hat nach wie vor wenig Respekt vor Harry.

Dabei sollte er den haben.

Denn Harry geht inzwischen auf die Zaubererschule Hogwarts, und nichts sehnt er sich mehr herbei als den Beginn der Schulzeit (sehr zum Widerspruch sonsti­ger Schüler). Denn dann ist er zusammen mit seinen besten Freunden, Ron Weasley und Hermine Granger, dem riesenhaften Wildhüter von Hogwarts, Hagrid, und er kann dort das tun, was ihm in der „Muggelwelt“, also in unserer Menschenwelt, strikt untersagt ist: Zaubern. Und natürlich Quidditch spielen, einen abenteuerlichen Wettkampf der vier Schulhäuser gegeneinander, der auf fliegenden Besen gespielt wird.

Nichts davon ist in der Muggelwelt bekannt.

Als Harrys zwölfter Geburtstag schließlich anbricht, den die Dursleys meist schmählich geringschätzen, wendet sich sein Glück. Es scheint so, als habe ihn die ganze Welt vergessen. All die Wochen daheim kam kein Brief, kein Anruf, nichts… All seine Freunde scheinen ihn, ungeachtet ihrer Versprechen am Ende des letzten Schuljahres, völlig vergessen zu haben. Harry ist schon ganz geknickt – bis er auf einmal die Bekanntschaft mit Dobby, einem hinterhältigen Hausel­fen schließt. Denn der hat seine ganze Post abgefangen, und nun bemüht er sich nach allen Kräften, Harry von Hogwarts fernzuhalten, angeblich zu seinem eigenen Besten, denn „schlimme Dinge“ geschähen dort.

Auf spektakuläre Weise gelangt es der junge Zauberer mit Hilfe seiner Freunde dennoch dorthin, und wahrhaftig, …schreckliche Dinge geschehen in Hogwarts. Eine Hauskatze versteinert, bedrohliche Schriften stehen an den Schlossmau­ern, eine wispernde, zischende Stimme, die eigentümlicherweise nur Harry al­leine hören kann, erklärt, die „Kammer des Schreckens“ sei geöffnet worden und der „Erbe von Slytherin“ (eines der vier Häuser von Hogwarts) schicke sich an, die Schule von allem unreinen Blut reinzuwaschen.

Unreines Blut, darunter versteht dieses unheimliche, für alle unfassbare Wesen Menschen oder Mischlinge, die sich anschicken, die Zauberei zu erlernen – wie Harrys beste Freundin Hermine, die ein vollwertiger „Muggel“ ist. Als die ersten Schüler von dem unheimlichen Versteinerungsfluch getroffen werden, schließ­lich sogar ein Geist versteinert und zudem die Schließung der Schule droht, wird Harry und seinen Freunden klar, dass sie etwas tun müssen. Vergessen sind ver­patzte Quidditch-Turniere, vergessen die ständigen Sticheleien des gehässigen Mitschülers Draco Malfoy aus dem Hause Slytherin. Und wen interessiert noch, warum sich die kleine Ginny Weasley und ihr großer Bruder Percy, der Vertrau­ensschüler, so seltsam benehmen? Das scheint unwichtig zu sein, wenn man Hagrid als Verbrecher ins Zauberergefängnis von Askaban abführt und Angst und Schrecken in Hogwarts umgehen.

Wenn sie die Schule und die Zauberwelt retten wollen, müssen Harry und seine engsten Freunde – denn die meisten anderen halten ausgerechnet IHN für den „Erben von Slytherin“! – beherzt handeln und die unentdeckte „Kammer des Schreckens“ finden, bevor der größte Alptraum wahr wird… der Alptraum näm­lich, dass der Mörder von Harry Potters Eltern, der finstere Lord Voldemort, die Macht in Hogwarts von neuem ergreift…

Der zweite Harry-Potter-Roman spinnt geschickt die Handlungslinien des wie ein Prolog scheinenden ersten Buches „Harry Potter und der Stein der Weisen“ fort. Der Titel wurde für die deutsche Übersetzung deutlich ein wenig dramati­siert, denn von „Schrecken“ ist im Original nichts zu finden. Einerlei. Es gibt ein aufregendes, wunderbares Wiedersehen mit den liebgewonnenen Charakteren des ersten Romans, und diesmal sogar ein paar Ausweitungen: so lernt man als Leser staunend das Heim der Familie Weasley kennen (köstlich: der Vater, der im Zaubereiministerium arbeitet und einerseits für das Konfiszieren magisch behandelter „Muggelgüter“ verantwortlich ist, selbst aber in seiner Garage bei­spielsweise „magisch erweiterte“ Automobile der Muggel aufbewahrt, sehr zum Unwillen seiner Frau), die seltsamen Lebensformen im „Verbotenen Wald“ und eine Reihe neuer Zauberer und Fächer, die in Harrys zweitem Schuljahr an­stehen.

Man macht auch schnell die ziemlich unangenehme Begegnung mit dem Schön­ling Gilderoy Lockhart, auf den alle Frauen stehen, inklusive bald darauf auch Hermine Granger – er bleibt sehr lange ein penetranter Gast des Buches, denn er tritt die Stelle des verstorbenen Professor Quirrell an, der die Verteidigungs-künste gegen Schwarze Magie vertrat. Harry muss sich mit aufdringlichen Fans herumschlagen (worin man wohl unschwer auch Rowlings eigene Probleme mit dem Berühmtsein wiedererkennen mag), und eine Reihe weiterer Schichten von Harrys und Hogwarts´ rätselhafter Vergangenheit werden freigelegt. Nicht zuletzt bekommt man einige Einblicke in das Leben des Schulleiters Dumbledore und des Finsterlings Lord Voldemort. Geschickt aufgebaute Verdachtsmomente verschleiern sehr lange, wer hinter allem steckt und wie genau die Intrigen diesmal beschaffen sind.

Der zweite Harry Potter-Roman ist deshalb erkennbar geschickter, durchdachter und raffinierter gestrickt als der erste, und der Leser gewinnt den Eindruck, dass Rowling stufenweise, der Intelligenz ihrer Leser angepasst, schreibt. Auch wer­den nach und nach die Personen und ihre Charaktere entwickelt und reifen. Das ist ein schöner Anblick, der dem Zuschauen einer sich im Zeitraffer öffnenden Blüte ähnelt. Natürlich ist die „Blüte“ in diesem Band noch nicht ganz offen, aber man kann doch schon faszinierende Dinge sehen.

An einer Stelle, ziemlich zum Schluss des Buches, verplappert sich die Autorin dann auch durch den Mund von Hermine Granger beinahe, aber eben nur bei­nahe. Leserinnen werden das wohl sogleich seufzend begreifen, männliche Le­ser vielleicht darüber hinwegschauen oder die Tiefe des Kommentars gering­schätzen. Auch hier hat sich die Blüte noch nicht zur Gänze geöffnet…

Alles in allem bedauert man auch hier, dass das Buch so rasch ausgelesen ist (der Rezensent brauchte wieder einmal nur zweieinhalb Tage. Seufz. Diese Bü­cher sind einfach zu KURZ!).

Auch wenn sonst der Harry Potter-Rummel selbst an mir weitgehend abprallt, muss konstatiert werden, dass der Suchtfaktor des Buches, zumal für Kinder und Jugendliche, nicht unterschätzt werden sollte. Nicht umsonst hat sich das Buch Millionen Male verkauft. Und nicht alles, was sich so oft verkauft, ist per se schlecht. Diesmal ist vielleicht ein bisschen zu viel Sport-Huldigung drin, mit der ich wenig anfangen konnte, aber sonst…

Auf weitere Abenteuer darf man sehr neugierig sein.

© 2005 by Uwe Lammers

Soviel für heute aus dem Reich der Zauberei. In ein paar Wochen werden wir hierhin wieder aufbrechen.

Nächstes Mal gibt es wieder völlige Wechselkost, diesmal ganz und gar diessei­tige und recht abenteuerliche Lesekost, möchte ich sagen… nennen wir es ein didaktisches Leseexperiment, und das ist jetzt nichts, was abschrecken müsste. Wer gern das Lesen auch mit hübschen Bildern verbindet, ist hier durchaus am Platze (wir sind ja nicht bei Alice im Wunderland, die sich fragt, „wozu sind Bü­cher ohne Bilder gut?“ Diese Perspektive ist doch ein wenig eng). Auf der Web­seite gibt es die Bilder zwar nicht zu bestaunen, aber den einen oder anderen mag die Lektüre meiner Rezension zu einer Internet-Suchaktion verleiten.

Mehr in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 251: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (XX)

Posted Dezember 24th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor sieben Wochen waren wir, was die „Annalen“ angeht – und ich subsumiere darunter ja inzwischen auch diverse andere angefangene OSM-Projekte – , im Ende April 2009 angelangt. Im Mai 2009 steckte ich historisch tief in einer Re­cherche zu einem Gebäudekomplex nahe Goslar, dem Haus Hessenkopf, die ich für das Landeskirchliche Archiv realisierte. Parallel dazu war ich natürlich auch weiterhin in meinen kreativen Welten unterwegs.

Mehrheitlich war das allerdings, zugestanden, Kreativzeit, die ich für den Archi­pel aufbrachte. Der Oki Stanwer Mythos wurde im Mai 2009 wirklich sehr stief­mütterlich behandelt. Das lag nicht zuletzt daran, dass ich in mehreren großen Romanprojekten des Archipels „feststeckte“ und mich diesbezüglich verzettelte. So blieb es bei vereinzelten Abschriften alter OSM-Episoden und vagen Weiterschreib-Versuchen bei modernen Episoden.

Dieselbe Intensität galt dann im Juni auch zahllosen Archipel-Glossaren, ich wagte mich aber auch an „Der Zathuray-KONFLIKT“ und an „Die Optimierungs­fabrik“, ansonsten blieb die OSM-Arbeit doch sehr bescheiden.

Sah das im Juli 2009 besser aus? Nun, da ich endlich die Hessenkopf-Publikation fertigstellen konnte, fiel ein wesentlicher Faktor, der Zeit anderweitig band, fort. Dafür stürzte ich mich auf die Neufassung des Archipel-Gesamtglossars (Version 3, schon 319 Seiten lang), auch wurden zwei neue Archipel-Geschich­ten realisiert, nämlich „Meister Vansiintas Magie“ (eine Auskopplung aus dem zweiten Rhonda-Roman) und „Neelis Tränen“ (eine Auskopplung aus dem Ro­man „Eine Adelige auf der Flucht“). OSM? Annalen? Weitgehend Fehlanzeige. Seufz.

Auch der August stand ganz im Banne des Archipels, mehrheitlich bezogen auf Glossare. Erst im September kam ich ein wenig voran. Ein wenig in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“, in bescheidenem Maße in KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, außerdem ein bisschen bei KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“.

Und dann? Entstand mit „In Karcavennyos Reich“ schon wieder eine Archipel-Geschichte. Und damit war dann ab dem 19. September der OSM erneut abge­meldet, und der Archipel Hauptkreativströmung.

Es war echt ein Archipel-Jahr, ihr merkt es.

Der Oktober ging ganz so weiter, einzig eine kurze Stippvisite in KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ zeigte, dass es den Oki Stanwer Mythos auch noch gab.

Es kann nicht überraschen, dass ich, je weiter ich in dem unglaublich langen Ar­chipel-Roman „Rhondas Reifejahre“ vorankam – inzwischen umfasste er be­reits sechs volle Leitz-Ordner, mithin ungelogene 2.440 Seiten – , immer mehr von kurzen, aufblühenden Archipelideen heimgesucht wurde. Im November entstanden in kurzer Folge „Die Glut der Leidenschaft“ und „Ein göttlicher Auf­trag“. Letzteres war gewissermaßen eine Parallelgeschichte zum aktuellen Handlungsstrom des Rhonda-Romans, in dem die legendären Heiligtümer von Cooriday wieder entdeckt worden waren, was jede Menge politische Turbulen­zen zur Folge hatte.

Außerdem keimten weitere Geschichten auf, die ich anfangs noch als „Stories“ klassifizierte – „Antaganashs Abenteuer“ einerseits (inzwischen vollendet), „Die neue Strafe“ andererseits (die heute mehrere hundert Seiten lang ist und zweifelsohne einen Roman darstellt).

Und der Dezember 2009 blieb ebenfalls völlig im Archipel-Fahrwasser. Die An­nalen waren nach wie vor abgemeldet.

Kommen wir zum Jahr 2010, das im Januar mit gerade mal 8 fertig gestellten Werken abschloss. Nicht eben glorreich? Wahrlich nicht. Wesentlicher Grund war einmal die Entwicklung zahlreicher bzw. Weiterarbeit an vielen anderen Ar­chipel-Fragmenten. Dann kam die Fertigstellung der vierten Fassung des Archi­pel-Gesamtglossars hinzu (nun schon 406 Seiten). In puncto Glossare schwenk­te ich nun – quasi mangels Masse, da ich alle Archipel-Werke schon erfasst hat­te – auf OSM-Glossare um. Ich sagte ja bereits einmal, dass ich das, was ich im Archipel so erfolgreich umsetzte, langfristig auch für mein kreatives Hauptwerk anwenden wollte.

Ansonsten – Annalen-Werke? Fehlanzeige. Der Februar blieb ähnlich Archipel-zentriert. Das hatte den Hauptgrund, dass ich stürmisch auf das Ende von „Rhondas Reifejahre“ hinarbeitete und alles andere nur mit minderer Energie betrieb. Man merkte es: nur 6 fertige Werke für Februar.

Am 6. März beendete ich die Arbeiten am 8. Rhonda-Ordner (nun 3.250 Seiten). Ein bisschen kam ich an „Mein Freund, der Totenkopf“ voran, aber das war auch schon alles, was aus den Annalen erwähnenswert wäre.

Bereits einen Monat später, am 8. April, war der 9. Rhonda-Ordner (nun 3.615 Seiten!) beendet, was beredtes Zeugnis meines stürmischen Schreibtempos in diesem Werk ablegte. Ich hätte vermutlich Tag und Nacht daran schreiben kön­nen, aber das ließ mein Berufsleben definitiv nicht zu. Meine Beschäftigung im Landeskirchlichen Archiv in Wolfenbüttel sollte erst am 30. April enden.

Also blühte im April mit „Der Geheimbericht“ eine weitere Archipel-Geschichte aus dem Rhonda-Umfeld auf, die geradezu unweigerlich die Vorarbeiten an ei­ner weiteren nach sich zog, die direkt darauf aufbaute: „Zwei Welten“ (bis ich sie allerdings vollendete, sollten – heute unfasslich – noch mehr als zwei Jahre vergehen). Und dann, sehr brüsk und überrumpelnd, war am 12. April Schluss mit dem langen Rhonda-II-Roman, auf Seite 3.702.

Ich war total happy. Dass ich in dem Monat nur erbärmliche 7 fertige Werke schaffte – wen kümmerte das? Ich hatte das längste Romanprojekt meines Le­bens beendet! Das war es allein, was zählte.

Im Monat Mai kümmerte ich mich dann um die Aktualisierung des Gesamt­glossars, was in Anbetracht des nun einzuarbeitenden Riesenromans eine Men­ge Zeit in Anspruch nahm. Zu diesem Zeitpunkt war mir schon klar, dass „Antaganashs Abenteuer“ keine Story, sondern ein ausgewachsener Roman sein würde. Er stand nun als nächstes auf der „Abschussliste“ der fertig zu stel­lenden Archipel-Werke.

Dass er in Rekordzeit fertig werden würde, konnte ich nicht ahnen – schon am 10. Juni schrieb ich die letzten Zeilen auf Seite 531 dieses turbulenten, erotischen und vergnüglichen Romans aus der Frühzeit von Asmaar-Len. Da ich zu diesem Zeitpunkt voll im Archipel-Flow war, kann es kaum verblüffen, dass ich auch gleich noch eine neue Archipel-Novelle hinterhersetzte: „Wie die Be­ziehungsgeister ihren Glauben verloren“.

Im Anschluss begann sich meine Archipel-„Manie“, wie ich das ironisch formu­lieren möchte, allmählich abzuschwächen, und das war auch verdammt gut so. Ich wollte schließlich den OSM nicht völlig „verlernen“.

Zwar tauchten auch weiterhin Archipel-Ideen auf, etwa „Begegnung mit dem Schicksal“, „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Raubgut“ oder „Rückzug in das Liebeskloster“, aber so allmählich gewann der Oki Stanwer Mythos wieder an Boden. Ich vermute, es handelte sich dabei um einen völlig natürlichen Um­schwenkprozess – wie wenn man von einer Speise zu viel genascht hat und sie dann in der nächsten Zeit nicht mehr sehen mag… dann wendet man sich ande­ren Dingen zu, in meinem Fall eben meinem kreativen Hauptwerk. Dass das gleichwohl nicht von heute auf morgen ging, versteht sich auch von selbst. Aber mit der vermeintlichen „Story“ „Jaleenas zweites Leben“, die ihr heute als E-Book kennt, kam allmählich eine Trendwende in Gang.

Zwar war ich im Juli 2009 dann im nächsten Archipel-Langprojekt gelandet, nämlich in dem seit dem Jahr 2000 bereits in Arbeit befindlichen Fragmentroman „Eine Adelige auf der Flucht“, bei der ich jetzt immerhin schon Seite 672 erreicht hatte, aber nebenher kümmerte ich mich um das OSM-BUCH „DER CLOGGATH-KONFLIKT“, schrieb die Annalen-Story „Der Matrixschatten“ ab und betrieb stürmisch die kommentierte Abschrift des KONFLIKTS 17 des OSM, also der Serie „Drohung aus dem All“. Auch trieb ich mich im KONFLIKT 2 des OSM herum sowie im KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“, den ich lange ver­nachlässigt hatte. Ich nahm sogar die 2002 begonnenen Arbeiten an der Crossover-Story „Sherlock Holmes und der Tunguska-Fall“ wieder auf… leider bis heute ein Fragment. Sniff.

Richtig mit dem OSM loslegen konnte ich allerdings erst nach dem 16. August 2010. Denn mit diesem Tag beendete ich das dritte lange Archipel-Romanpro­jekt des Jahres 2010 und war echt stolz wie Oskar, das könnt ihr mir glauben. Auch dieser Roman umfasste nun sagenhafte 1.242 Seiten, was ich früher für undenkbar gehalten hätte.

Meine Romane. Wow! Superklasse, kann ich euch sagen!

Nun – August 2010 – forcierte ich die Abschriften von KONFLIKT 17 und arbeite­te an einer Vielzahl von Annalen-Werken weiter. Einen Überblick gefällig? Voilà: „Die Intervention“, „Quisiins letzter Fall“, „Auf Sklavenjagd“, „Mein Freund, der Totenkopf“, „Der Heiler“, „Shonkashs Neugierde“, „Sherlock Holmes und der Tunguska-Fall“, „Alltag in Shush’noyyn“, „Todesmission auf Tsaigur“ sowie „Parasiten aus dem Kosmos“.

Nein, natürlich konnte ich von alledem nichts fertig stellen… aber versteht ihr, darauf kommt es nicht wirklich an. Von zentraler Bedeutung war etwas ande­res: Ich hatte mich in drei sagenhaft langen Archipel-Projekten ausgetobt und zudem eine ganze Handvoll weiterer Archipel-Geschichten abgeschlossen. Und nun wurde es Zeit für eine gründliche Wetteränderung.

Der OSM gab mir das nächste Reiseziel direkt vor: den Abschluss der kommen­tierten Abschrift des KONFLIKTS 17. Und dazu komme ich dann im nächsten Teil dieser Artikelreihe. In der kommenden Woche berichte ich im Rahmen der Rei­he „Work in Progress“ über meine Arbeitsfortschritte im September 2017.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 143: Die Troja-Mission

Posted Dezember 20th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ihr wisst seit Jahren, dass ich Clive Cussler als Autor von Actionromanen nun wirklich sehr schätze und seine Bücher üblicherweise mit Genuss lese. Das tue ich, auch wenn ich der erste bin, der eingesteht, dass sie zumeist nicht realis­tisch, ziemlich theatralisch, manchmal arg gekünstelt zusammengeschustert und bisweilen recht (oft unfreiwillig) komisch sind. Dirk Pitt und Al Giordino sind einfach so eine Art von alten Vertrauten, denen man gern mal wieder bei ihren Abenteuern über die Schulter guckt.

Aber es gibt Grenzen. Auch für mich.

Ich sagte das jüngst schon, als ich mich gezwungen sah, dem Cussler-Roman „Akte Atlantis“ ein ausnehmend schlechtes Zeugnis auszustellen. Der vorliegen­de Band ist bedauerlicherweise ein ähnlicher Tiefpunkt seiner Publizität, ein – in meinen Augen – ziemlich hastig heruntergekurbelter und zusammengeschus­terter „Pflichtroman“. Das spürt man sehr rasch. Interessant ist im Nachhinein eigentlich nur eine Sache: Die These, den Trojanischen Krieg aus dem Mittel­meer zu verlagern. Denn da ist weder Cussler allein auf weiter Flur noch sein diesmaliger Gewährsmann Iman Wilkes – ich weiß inzwischen von dem italieni­schen Historiker Felice Vinci, der mit „Homer an der Ostsee“ die Ilias Homers in den Ostseeraum verlagert. Beizeiten muss ich das Buch mal genauer lesen (konnte es bislang nur als ausgeliehenes Büchereibuch anlesen, ehe ich es wie­der abgeben musste).

Ansonsten aber ist das vorliegende Buch… ach, ich lasse da besser mal die Re­zension von 2011 sprechen:

Die Troja-Mission

(OT: Trojan Odyssey)

von Clive Cussler

Blanvalet Hardcover

516 Seiten, 2004

ISBN 3-7645-0189-8

Übersetzt von Oswald Olms

Mit diesem Buch legt Bestseller-Autor Clive Cussler also sein nächstes Helden­stück um seinen in die Jahre gekommenen marinen James Bond Dirk Pitt vor und lässt es vom Leser prüfen. Und schon der verdächtig schmale Umfang des Buches signalisiert – leider – , dass Cussler allmählich die Ideen ausgehen, inno­vative und interessante Romane zu schreiben. Diese skeptische Anfangs­einschätzung hat sich bei der Lektüre leider bestätigt, auch wenn ich natürlich zugeben muss, dass er sich ein wenig gefangen hat, was solche katastrophalen Querschläger wie eines seiner jüngsten Bücher („Akte Atlantis“1) angeht. Aller­dings erreicht es durchweg nicht die Höhe des Vorgängerromans „Im Zeichen der Wikinger“.2 Dafür fällt der Autor diesmal und vielleicht unwiderruflich unter die Romantiker, was eine ganz eigenartige Folge von Konsequenzen nach sich zieht…

Wie üblich ist dem Roman ein historischer Prolog vorangestellt, diesmal um 1190 v. Christus spielend, bei „einer Bergfeste am Meer“. Eine weite Ebene, eine hohe Festung, abziehende Invasoren zu Schiff, ein seltsames Gebilde, das zurückgelassen wird und das von den beglückten Stadtbewohnern für ein Zei­chen des Sieges benutzt wird.

Der Titel macht es schon klar, wo wir sind: Trojanischer Krieg. Und so kann auch der Ablauf des Prologs nur gering verblüffen – Troja wird durch die List mit dem Trojanischen Pferd erobert (und die Deutung des Trojanischen Pferdes fand ich äußerst stichhaltig, muss ich gestehen), danach bricht der Held Odysseus auf, um nach Ithaka zurückzukehren. Doch schließt sich daran die in Homers „Odys­see“ geschilderte Irrfahrt an, bei der der Held all seine Schiffe und Mannen ver­liert und erst Jahre später zurückkehrt. Vieles im Prolog ist direkt an die Rede des Odysseus am Hofe von König Alkinoos im Lande der Phäaken angelehnt, der ihm schließlich die Rückkehr ermöglicht.

Ein direkter Zusammenhang mit der Romanhandlung wird noch nicht sichtbar, und da der Leser nun natürlich auf das Mittelmeer geeicht ist – Troja steht be­kanntlich in der Türkei, schon vergessen? – , wird er ein wenig verdutzt, als er sich im ersten Teil der Romanhandlung dann am 15. August 2006 bei Key West in Florida wieder findet. Da man aber derlei Sprünge in Cusslers Romanen gewohnt ist, nimmt man es erst mal hin.

Hier ist das Sturmwarnungszentrum der NUMA (National Underwater and Marine Agency) gelegen, und hier wird auch die Gefahr des ersten Romanteils erkennbar. Eine Gefahr, die besonders ein gewaltiges, marines Hotel des geheimnisvollen Unternehmers Specter bedroht, das derzeit vor der Küste der Dominikanischen Republik verankert ist, das „Ocean Wanderer“. Es handelt sich dabei um ein ringförmig gebautes, schwimmendes Luxushotel, das von Schlep­pern um den Globus geschleppt und dann an vorher geschaffenen Ankerplätzen an den exotischsten Orten der Welt auf dem Meeresgrund vertäut werden kann. Deshalb besitzt das Hotel auch keinen eigenen Antrieb. Im Grunde ge­nommen ist das unproblematisch… bis Lizzie kommt.

Lizzie ist ein tropischer Hurrikan, der von der NUMA auf seinem unaufhaltsa­men Marsch über den Atlantik frühzeitig entdeckt wird und erstaunlich zielstre­big seinen Weg in die Karibik antritt, wobei er sich zu einem Sturm der Stärke 5 entwickelt mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Stundenkilometern. Die Prognosen sagen aus, dass er das „Ocean Wanderer“ direkt treffen wird. Dort wird die davon ausgehende Gefahr sträflich unterschätzt, und während der gewissenlose Specter kurz vor Eintreffen des Sturms per Flugzeug flüchtet und die mehr als 2000 Gäste und das Personal im Stich lässt, scheint am dro­henden Tod der Besatzung nichts mehr zu ändern zu sein, als eine der Trossen nach der nächsten reißt.

Aber wir sind hier in einem Roman von Clive Cussler, und das merkt man schnell.

Ebenfalls vor der Küste der Dominikanischen Republik sind zur gleichen Zeit An­gestellte der NUMA auf der Fährte einer rätselhaften Meeresverschmutzung, des „braunen Schlicks“, der die Meeresflora und Meeresfauna der Korallenriffe absterben lässt. Dafür wurde auf einer Korallenbank der Navidad Bank abge­setzt, und die Besatzung besteht aus dem jungen Dirk Pitt und seiner Schwester Summer, die erst jüngst in das Leben ihres völlig überrumpelten Vaters Dirk Pitt senior getreten waren.

Der Leser mag sich daran kurz erinnern: am Ende des vorigen Romans „Im Zei­chen der Wikinger“ gibt es den völligen Überraschungsmoment, den ich als Le­ser arg kitschig fand – plötzlich tauchen Pitts Zwillingskinder auf, von deren Exis­tenz er nie etwas wusste, weil seine Geliebte Summer Moran von ihm vor über 20 Jahren tot geglaubt wurde.3 Summer Moran überlebte damals, schwer verletzt und schwanger, und sie verschwieg ihren Kindern stets, wer ihr Vater war und eröffnete es ihnen erst kurz vor ihrem Tod. Summer Pitt und Dirk Pitt junior traten daraufhin in die NUMA ein und erleben in diesem vorliegenden Roman ihr erstes Abenteuer.4

Während eines Tauchgangs findet Summer nämlich auf der Navidad Bank ein untergegangenes Gebäude und ein Artefakt aus Bronze, das, zur NUMA-Zentra­le in Washington gesandt, die Experten vor Rätsel stellt: es handelt sich um eine Bronzeamphore keltischen Ursprungs, die seit etwa 2800 Jahren auf dem Meeresgrund liegen muss. Das Kupfer darin stammt aus Hallstatt in Österreich.5

Der Sturm macht weitere Überlegungen hinfällig. Das Mutterschiff „Sea Sprite“ muss das Unterwasserhabitat im Stich lassen und sich stattdessen bald darauf an die Rettung des „Ocean Wanderer“ machen. Der Kapitän P. T. Barnum6 hat keine Ahnung, dass durch die Wucht des Sturms, der mehr als 30 Meter hohe Wogen erzeugt, das Habitat losgerissen und in eine Schlucht gestürzt wird, wo­durch die Pitt-Kinder in Lebensgefahr geraten.

Durch eine abenteuerliche Heldentat gelingt es der Besatzung der „Sea Sprite“, in Zusammenarbeit mit den per Hubschrauber im Auge des Hurrikans auf dem „Ocean Wanderer“ abgesetzten Paars Dirk Pitt senior und Al Giordino (sie tre­ten unvermeidlich immer zusammen auf), die Kollision des Hotels und dessen drohende Versenkung abzuwenden. Und buchstäblich um Haaresbreite können sie auch die Pitt-Kinder vor dem Tod retten.

Das alles füllt die ersten, durchweg spannend geschriebenen 165 Seiten des Bu­ches, und von da an – finde ich – geht es einfach nur noch bergab.

Während die Pitt-Kinder weitere Tauchgänge an der Navidad Bank durchführen, werden Dirk Pitt senior und Al Giordino auf den „braunen Schlick“ angesetzt, der vor der Küste Nicaraguas seinen Ursprung zu haben scheint. Und sehr zu ih­rem Unbehagen müssen sie entdecken, dass sie hier von weiblichen Angestell­ten von Specters Konzern „Odyssey“ überwacht werden. Dabei bleibt es nicht, sondern die Leute haben auch sehr handfeste Methoden, ihre Abneigung kund­zutun: etwa, indem sie Pitts Boot verminen und ihn fast in die Luft sprengen.

Als nächstes stoßen sie auf eine lebende Legende, und da hatte ich grinsend das Gefühl, dass Cussler irgendwie seine Personendatenbank durcheinander ge­raten wäre. Warum? Nun, schaut es euch genau an: Angeblich soll von 1665-1680 ein Bukanier namens Leigh Hunt in der Karibik sein Unwesen getrieben haben, und den Legenden nach, die Cussler hier wiederkäut, soll das Schiff im­mer noch als Geisterschiff mit schwarzen Segeln (!) sein Unwesen treiben. Wer weiterhin bedenkt, dass der Roman 2003 geschrieben wurde, als der erste Teil von „Fluch der Karibik“ in die Kinos kam, der braucht sich vermutlich nicht zu wundern, wo Cussler hier geklaut hat. Ich habe so sehr gekichert… aber das ist nur ein Teil des Vergnügens.

Der zweite, und darauf spielte ich oben an, stellt sich nämlich ein, wenn man sich an den letzten Cussler-Roman erinnert7, in dem im zweiten Prolog anno 1894 ein „Captain Leigh Hunt“ in der Karibik unterwegs war. Normalerweise hat Cussler eher keine Probleme, seinen Protagonisten intelligente Namen zu ge­ben, aber diese Namensidentität und Ortsidentität in zwei aufeinander folgen­den Romanen fand ich dann doch schon bedenklich.8

Noch amüsanter wird es, als Pitt und seine Kameraden es TATSÄCHLICH mit ei­nem Piratensegler zu tun bekommen, der sie dazu auffordert, beizudrehen und sich entern zu lassen… was habe ich gekichert. Was sich daraus dann entwi­ckelt, ist allerdings alles andere als witzig, und es hat mit Maschinengewehren und Raketenwerfern zu tun.

Dennoch schaffen es Pitt und seine Kameraden bis zur nicaraguanischen Küste, wo sie direkt in Landnähe erst entdecken müssen, dass ein Fischerdorf sich of­fensichtlich in einen Containerhafen verwandelt hat, in dem chinesische Frachter vor Anker liegen, und dann treffen sie auf eine Art von Unterwasser-Schlammvulkan. Nach allen Informationen, die im Roman schon ausgebreitet worden sind, ist zu diesem Zeitpunkt für den Leser auf Seite 246 die Intention des Odyssey-Konzerns schon relativ klar. Cussler lässt seinen sonst nicht unintel­ligenten Dirk Pitt noch Hunderte von Seiten in ziemlich naiver Ahnungslosigkeit dahinstolpern. Das ist dann auf Dauer doch sehr ermüdend.

Nachdem sie sich eines Angriffs einer Odyssey-Yacht so erwehrt haben, dass die Yacht versenkt wird, machen sie eine Gefangene, die sich Rita Anderson nennt und ein wildes Piratengarn zum Besten gibt, was ihr natürlich nicht geglaubt wird (es ist so falsch wie ihr Name). Gut so, aber leider nicht gut genug – denn wenig später ist die Gefangene geflohen und hat sogar noch jemanden dabei umgebracht. Spätestens jetzt ist Pitt ihr rachedurstig auf den Fährten und ver­folgt die Odyssey-Spur quer durch Nicaragua weiter.

Er verfolgt außerdem den Gedanken, dass Odyssey-Gründer Specter seinen al­ten Plan, einen Eisenbahntunnel durch den Untergrund von Nicaragua zu boh­ren, nicht aufgegeben hat, obwohl man an der Oberfläche nichts sehen kann. Er hat Recht damit und findet sich bald mit Al Giordino in einem unterirdischen Tunnelsystem erstaunlicher Ausmaße wieder. Eine der Röhren führt direkt am Fuß eines Vulkans entlang.

Derweil werden die Funde der Navidad Bank ausgewertet, und Erstaunliches kommt zutage (freundlich assistiert von dem Sachbuch „Where Troy Once Stood“ von Iman Wilkens, der, wie man in der Danksagung entdecken kann, Cussler die Idee für den ganzen Roman eingegeben hat9): es handelt sich in der Tat um keltische Artefakte, die man dort entdeckt hat, und ein Wandrelief gibt nichts Geringeres wieder als die Sage vom Trojanischen Krieg. Wilkens´ Buch verlegt offensichtlich anhand geografischer Details die trojanische Saga nämlich von Anatolien nach Südengland, und es ginge in der Geschichte auch nicht um die entführte Helena, sondern vielmehr um das Zinnmonopol der antiken Bri­ten, was die auf dem europäischen Festland siedelnden Keltenstämme geeint habe, um sie den vernichtenden Feldzug gegen Südengland unternehmen zu lassen. Und der Kelte (!) Homer habe später diese Geschichte niedergeschrie­ben. Die Odyssee des Odysseus habe nicht im Mittelmeer stattgefunden, son­dern vielmehr in der Karibik und entlang der Atlantikküste.

Diese zumindest abenteuerlich zu nennende Schlussfolgerungen führen dann zu einer Insel namens Branwyn Island in der Karibik, wo die von den Lästrygo­nen versenkten Schiffe des Odysseus mitsamt ihren Schätzen seit Tausenden von Jahren auf dem Meeresgrund liegen müssen. Wer macht sich dorthin auf, eine im Privatbesitz des Odyssey-Konzerns befindliche Insel zu besuchen und di­rekt vor der Küste zu tauchen? Na, nicht unsere kampferprobten Recken Dirk senior und Al Giordino, sondern unsere ahnungslosen Grünschnäbel von Dirk Pitt junior und seiner hübschen Schwester Summer! Was prompt zur Folge hat, dass sie gekidnappt werden und in akute Lebensgefahr geraten.

Derweil wird auch (endlich!!!!) klar, was Specter mit seinen Baumaßnahmen in Mittelamerika geplant hat, nämlich eine großmaßstäbliche Veränderung des Weltklimas, und es bleiben nur noch acht Tage, um das zu verhindern. Und dann fünf, vier, drei…

Man kann den Roman in vier Tagen lesen, wie ich es gemacht habe, und ja, ich bleibe dabei, er ist lesbar und durchaus unterhaltsam. Aber dabei bleibt es dann auch, mehr ist er nicht. Er liest sich an sehr vielen Stellen wirklich so, als habe Cussler wirklich keinen Bock gehabt, realistisch zu schreiben oder sich ein bisschen in den Stoff zu vertiefen.

Woran merkt man das? An vielen Dingen. Nehmen wir beispielsweise das „Ocean Wanderer“. Es werden hier etwa Wasserrutschen im Innern für Notfälle erwähnt. Es gibt einiges an Details, die hier auftauchen, aber sobald der Sturm das Hotel erfasst, werden alle Details plötzlich unwichtig, die zweitausend Pas­sagiere zu einer einzigen amorphen Masse kreischender und panischer Perso­nen zusammengeschoben, und während der Leser die ganze Zeit fest daran glaubt, dass der Sturm irgendwie künstlich erzeugt worden ist oder mit Vorsatz in die Karibik gesteuert wurde, ist nach dem ersten Teil des Romans weder vom Hotel noch von den Konsequenzen der Katastrophe irgendeine Rede. Folge: man vergisst den ganzen ersten Teil rasch wieder, er spielt einfach keine Rolle. Kulisse und lieblos in Szene gestellte Statisten, von einer langfristig durchgehenden Storyline keine Spur. Sehr schade.

Der keltisch vage und ziemlich banal überkrustete Odyssey-Konzern ist an Sche­matismus wirklich kaum zu überbieten, zumal sich Cussler keine Mühe macht, hier irgendwie in die Details zu gehen oder Personen Tiefe zu verleihen. Auch das Geheimnis des rätselhaften Specter war mir schon sehr bald klar, der Epilog bot in der Hinsicht so überhaupt keine Überraschung mehr, da habe ich nur noch gegähnt. Zur Oberflächlichkeit der Betrachtungsweise dieses Konzerns ge­hört es übrigens auch, dass das in Brasilien angesiedelte Unternehmen ebenso wenig genauer betrachtet wird wie die Herkunft von Specter, der „mit südame­rikanischem Akzent“ spricht. Die Verbindung zu den Chinesen bleibt ebenfalls vollkommen diffus.

Da der Gegner – hier Odyssey – fast durch die Bank weiblich ist und Cussler den Gentleman in sich nicht ablegen kann, kommt es bei Kämpfen, von denen es ei­nige gibt, zu geradezu abstrusen, nahezu peinlichen Folgen, bei denen man als Leser ungläubig die Augen verdreht und sich denkt, das kann man jetzt nicht gelesen haben. Ähnlich halbherzig fällt dann auch die Lösung der ganzen Ge­schichte aus und kann so überhaupt nicht zufrieden stellen. Die hochdrama­tische Gefahr für das Weltklima, die immerhin mehrere hundert Seiten des Ro­mans beherrscht und völlig unausweichlich scheint, wird dann, ohne Witz, in ZWEI ABSÄTZEN ausgeschaltet! Da dachte ich echt, ich bin im falschen Film. Das war wirklich lächerlich.

Auch brauche ich nicht zu betonen, dass der amerikanische wie deutsche Titel etwas in die Irre führt. Der amerikanische ganz besonders, denn „Trojan Odys­sey“ kann man mit „trojanische Odyssee“ übersetzen. Nur werden die Trojaner bekanntlich bei Homer und auch hier alle niedergemetzelt. Wer hier auf Odys­see geht, ist Odysseus, und der ist – nach dieser Deutung – eben Kelte. Was sich im Übrigen nicht sonderlich realistisch anhört. Gerade die schriftlose keltische Kultur soll einen Dichter wie Homer hervorgebracht haben? Und dann wird die­se Saga nicht in Zentraleuropa, sondern in Griechenland überliefert? Äh? Und dann all die griechischen Namen… also, das muss natürlich alles Zufall sein…

Manche der Schlussfolgerungen, mit denen die Spezialisten der NUMA und die hinzugezogenen Historiker die These von der Verlagerung der Troja-Sage nach Südengland plausibel zu machen versuchen, überzeugen mich übrigens auch nicht. Etwa die Behauptung, im Mittelmeerraum gäbe es mehrheitlich Nadel­wälder, Homer schriebe aber von Laubbäumen – zu seiner Zeit waren Korkei­chenwälder im Mittelmeerraum weit verbreitet, sie wurden erst später abge­holzt. Das Klima sei feuchter und nebliger gewesen – ja, aber große Laubwälder verändern das lokale Klima entsprechend, außerdem dürfte die Region des Mit­telmeeres vor dreitausend Jahren generell kühler und regenreicher gewesen sein… all solche Details stören in Cusslers „glatter“ Argumentation.

Auch dass wirklich IMMER das passende technische Gerät, helfende Hände, Mi­litär oder passende Gelegenheiten zur Hand sind, die den gealterten Helden die reibungslose Durchführung ihrer bisweilen doch recht abenteuerlichen Taten ermöglichen, ermüdet den Leser – es läuft viel zu glatt, und da, wo Protagonis­ten in ernstliche Gefahr geraten, WEISS man schon, dass die Helden auf jeden Fall kurz vor dem tödlichem Finale gerettet werden. Das tötet die Spannung so wirkungsvoll ab wie antiseptische Lösung bakterielle Verunreinigungen.10

Sogar die Handlungslogik wird manchmal konsequent ausgeschaltet, am nach­drücklichsten in dem Moment, wo Al und Dirk Pitt senior das erste Mal auftau­chen und per Helikopter auf dem „Ocean Wanderer“ landen. Wie hat der Heli­kopter die mehrere tausend Meter hohe Sturmfront durchquert? Überflogen vielleicht? Hallo? „Ach, schaut doch nicht so genau hin, das interessiert doch niemanden!“, mag Cussler bei so nervigen Nachfragen an Stellen, wo die Hand­lungslogik wirklich gar nicht mehr funktioniert, sagen. Da kräuseln sich mir die Nackenhaare, ehrlich. So was sollte ein Autor wirklich nicht machen, er schreibt doch nicht für Vollidioten! Und so etwas passiert nicht nur einmal, sondern häufiger. Wenn auch, zugegeben, nicht so drastisch.

Und, durch zahllose Dialoge zwischen Al, Dirk Pitt senior und seiner Langzeit-Geliebten, der Abgeordneten Loren Smith vorgewarnt, konnte Cussler natürlich am Ende auch den sentimentalen Schmalz nicht mehr abstellen, der schon „Im Zeichen der Wikinger“ so süßlich verkitschte. Ich sage nicht, was er hier getan hat, aber soviel: das wäre ein guter Schlusspunkt für die gesamte Serie gewe­sen. Leider wissen wir, dass er weitergeschrieben hat. Demnächst werdet ihr er­fahren, was das für Konsequenzen zeitigt. Der nächste Roman „Geheimcode Makaze“, erstmals mit seinem Sohn Dirk (!) geschrieben, steht schon im Regal bereit. Aber was diesen Roman hier angeht, noch ein letztes Wort: das ist ein bisschen romantische Schlummerlektüre für Senioren. Realismus wird klein ge­schrieben, Romantik groß, und so allmählich entwickelt sich Cussler echt zum Friede-Freude-Eierkuchen-Freund.

Lest die alten Romane, Jungs und Mädels, die lohnen sich wirklich, die sind spannend. Der hier eher nicht. Der ist zum Gähnen.

© 2011 by Uwe Lammers

Oje, höre ich euch seufzen? Ein Buch, das man ganz bestimmt nicht lesen sollte? Nun, gar so weit würde ich nicht gehen… aber es hat definitiv keine Prio­rität auf der Leseskala, darin stimme ich euch zu.

Im kommenden Monat könnt ihr euch entspannter zurücklehnen, da geht es zu­rück zur Zaubererschule Hogwarts und zu Harry Potters zweitem Abenteuer.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. Clive Cussler: „Akte Atlantis“. Siehe dazu auch den Rezensions-Blog 123 vom 2. August 2017.

2 Vgl. Clive Cussler: „Im Zeichen der Wikinger“. Siehe dazu auch den Rezensions-Blog 135 vom 25. Oktober 2017.

3 Vgl. dazu Clive Cussler: „Im Todesnebel“. Siehe auch den Rezensions-Blog 66 vom 29. Juni 2016.

4 Bei dem sie freilich, wie ich hier seufzend anmerken muss, eine höchst unrühmliche Figur machen. Ihr wer­det es lesen, wenn ihr den Roman anschaut. Ich sage dazu weiter nichts.

5 Dank der modernen Isotopenbestimmung ist es möglich, solche geografischen Zuordnungen zu machen, das geht auch bei Edelsteinen.

6 Warum ich bei ihm immer an Zirkusse denken musste, kann ich mir echt nicht erklären…

7 Vgl. Clive Cussler: „Im Zeichen der Wikinger“.

8 Nun, hier bin ich heute etwas schlauer und weiß, dass Cussler seinen alten Spezi Leigh Hunt regelmäßig an unterschiedlicher Position in seinen Romanen unterbrachte – das ist eine ähnliche Form von Cameo-Auftritt, wie sie Stan Lee in den Marvel-Verfilmungen etabliert hat. Inzwischen ist Hunt verstorben, und die Cameos haben aufgehört.

9 Analog zu dem Verfahren im Roman „Akte Atlantis“, der daraufhin ja völlig logisch entgleiste. Hier ist die Ge­dankenführung ähnlich verbohrt, aber glücklicherweise nicht ganz so aberwitzig. Aber indem er sich ganz an der Argumentation von Wilkens´ Buch entlang hangelt, schmirgelt Cussler seinen Handlungsstrom bedau­ernswert glatt und macht ihn damit naiv und durchsichtig.

10 Man schaue sich mal, um einen wesentlich lebendigeren Vergleich einer spannenden Handlung zu haben, Arthur C. Clarkes und Mike McQuays Roman „Stärke 10“ an. Er stammt von 1996, und Clarke war damals schon deutlich älter als Cussler! Vgl. im Detail dazu die entsprechende Rezension im Rezensions-Blog 57 vom 27. April 2016.

Wochen-Blog 250: Logbuch des Autors 23 – Finalfieber

Posted Dezember 17th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

diese Art von „Krankheit“, wenn man sie denn so nennen möchte, überfällt mich gelegentlich, aber äußerst selten, meist im Abstand von mehreren Jahren. Es handelt sich dabei nicht um ein Phänomen, das irgendein Arzt bekämpfen könnte, da es rein äußerlich kaum wahrnehmbar ist und schon gar nicht mit er­höhter Körpertemperatur einhergeht. Sagen wir, es ist mehr eine Art „Konventi­on“, wenn ich den obigen Terminus wähle.

Und natürlich geht es um Kreativität, um meine Kreativität kurz vor dem Siede­punkt. Zu dem Zeitpunkt, da dieser Blogartikel erscheint, wird das Fieber längst ausgebrochen sein, davon gehe ich aus, denn dann ist es kurz vor Weihnachten – und schätzungsweise werde ich ab Anfang September Gelegenheit haben, eine der schrecklichsten Visionen des jüngeren Oki Stanwer Mythos (OSM) in die Tat umzusetzen.

Ich habe, um es kurz zu machen, das Ende der INSEL gesehen.

Ja, mir ist klar, das habe ich vor längerer Zeit schon einmal berichtet, und auch damals stimmte es. Doch es gibt einen kategorischen Unterschied zwischen da­mals und jetzt: Damals war die Vision diffus und unklar. Mir war bewusst, dass der KONFLIKT 4 des Oki Stanwer Mythos, „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) eine kurze Serie werden würde. Was ich aber weder 2011 noch 2015 wusste, als ich zuletzt intensiv daran gearbeitet habe, noch bewusst sein konnte, war dies: wie lange ist das grässliche Finale noch hin? Wie viele Bände liegen zwischen dem letzten fertig geschriebenen Band (Episode 35: „Projekt Vergangenheit“) und dem Schlussband?

Nun, das wurde mir heute während des Abendessens unausweichlich klar, und ich saß in der Küche und grübelte über den letzten Episodentiteln der Serie, be­ginnend mit dem Band 1 des Finalzyklus, der wahrscheinlich der nächste sein wird, den ich im September in Angriff nehmen werde. Mit dem Titel „Grünes Todeslicht“ ist relativ klar, wo er spielen wird – unter dem fahlen, höllischen Schein der grünen Sonne Granat, TOTAMS Heimatgestirn. Und dann beginnen die Schrecken erst richtig.

Denn in der INSEL und vor allen Dingen mit ihrem Furcht erregenden Untergang in dem unerbittlichen Vormarsch der ALTEN ARMEE erfüllt sich ein uralter kos­mischer Plan, der mir in seiner Realisierung zweifellos viel Nervenstärke und Kraft abverlangen wird. Ganz zu schweigen von den schlaflosen Nächten, die ich durchzustehen haben werde… ja, aktuell, wo ich noch für die Technische Un­iversität Braunschweig tätig bin, habe ich für derlei Exzesse keine Zeit. Deshalb sage ich ja, geht das erst im September. Aber dann mache ich etwas, was ich seit sehr langer Zeit nicht mehr tun konnte.

Ich vollende eine weitere Ebene des Oki Stanwer Mythos.

Ihr wisst, wenn ihr lange genug meinen Blogartikeln folgt, wie sehr mich so et­was erleichtert, einen solchen finalen Schlussstein in das Gesamtgebäude des OSM einzufügen. Und wie lange es her ist, dass ich dies das letzte Mal tat – das war 1998, als ich KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (DMadN) nach 15 Arbeitsjahren endlich vollenden konnte. Es wird wirklich höchste Zeit für dieses neue „Finalfieber“.

Es gibt natürlich, wie immer, einen Wermutstropfen. Für euch als meine treuen E-Book-Leser sogar zwei. Der erste ist einer, der euch noch lange nicht bitter schmecken wird: normalerweise neige ich dazu, am Ende einer OSM-Serie einen Ausblick auf die kommende zu bringen. Das war in gewisser Weise immer guter Stil, und in den 80er Jahren gehörte das zum Usus. Es ließ sich auch leicht realisieren – denn ich fing bekanntlich mit KONFLIKT 15 an, und während ich ihn vollendete, war KONFLIKT 16 schon in den Startlöchern, außerdem schrieb ich an den KONFLIKTE 13 und 14. Als KONFLIKT 13 vollendet wurde, „Oki Stanwer Horror“ (OSH), konnte ich deshalb mühelos auf KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC) verweisen, woran ich ja längst schrieb, und am Ende von KONFLIKT 14 auf den schon lange vollendeten KONFLIKT 15 hinwei­sen.

Ähnlich war es am Ende der Serien 16, 17 und 18. Wenn ich dereinst an den Schlusspunkt des KONFLIKTS 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM) gelangen sollte, kann ich auf die schon 1997 abgeschlossene Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ (OuC) überleiten.

In der Frühzeit des OSM ist das aber knifflig. Ihr wisst, dass viele frühe Serien nicht mal als Entwurfskeime existieren. So verhält es sich eben auch mit KON­FLIKT 5. Das ist bislang völliges Brachland, ganz und gar unerschlossen. Wo die Serie spielt? Keine Ahnung. Welche Völker von Bedeutung sein werden? Keine Ahnung. Wie die großen Konfliktlinien der Serie ausschauen dürften? Bislang habe ich keinen blassen Schimmer.

Das also ist der erste Wermutstropfen: Wer einen Blick in das 5. Universum er­haschen möchte, den muss ich aktuell enttäuschen.

Das muss nichts bedeuten. Ich habe die Episoden bis Band 43 der Serie – das ist der definitive Schlusspunkt – schließlich erst noch zu schreiben. Es kann mir sehr gut passieren, dass ich im Laufe dieses Schreibprozesses eine gewisse Vorahnung haben werde, wohin mich das Schicksal in KONFLIKT 5 schicken möchte. Dass ich aktuell noch nichts davon weiß, macht mich nicht unruhig.

Es gilt generell, erst einmal den Handlungsbogen um die INSEL abzuschließen. Ich werde den letzten Flug des Raumschiffs RASLOORED verfolgen, die geplag­ten Techno-Träumer Torkeron und Scheverlay beäugen, und sobald ich die Zeit finde, kondensieren die ersten visionären Ausblicke auf den Abgrund der Schöpfung, den finster schwarzen, auf dem Bildschirm und schlagen sich letzt­lich in ausgedruckten Seiten nieder.

Ein paar Bilderströme sehe ich dabei übrigens schon, und sie sind wirklich ab­gründig. Es geht um die ALTE ARMEE, von der ihr ja wisst, dass sie im E-Book „Annalen 1: In der Hölle“ germiniert wurde, um auf die INSEL losgelassen zu werden. Wer diese Geschichte gelesen hat, erinnert sich an so tragische Charaktere wie Hanamanjin, den Feinmechaniker von Tushwannet.

Ihr werdet überrascht sein, dass es mit diesen Leuten tatsächlich ein geisterhaf­tes Wiedersehen geben wird. Auf TOTAM. Da, wo auch die „Geister des Gestern“ ihr Unwesen treiben. Und das alles wird geschehen, derweil die „INSEL in Flammen“ aufgeht und niemand genau weiß, was für Weichen des Schicksals man stellen soll oder auch nur kann…

Was, bitte, ist denn nun der zweite Wermutstropfen, von dem ich oben andeu­tungsweise sprach? Ja, danke für die Erinnerung, das wäre mir doch beinahe durchgeschlüpft: Nun, der zweite Wermutstropfen besteht schlicht darin, dass ihr nicht nur die Vorschau auf KONFLIKT 5 nicht zu sehen bekommt – weil ich eben ahnungslos bin, was mich und euch in diesem Universum erwartet. Es ist halt auch so, dass ich, um euch den (aktuell noch nicht realisierten) Finalzyklus des KONFLIKTS 4 zugänglich zu machen, natürlich zuvor all die vorherigen Episoden der Serie ausarbeiten, Korrekturlesen, konvertieren und mit passenden Titelbildern versehen muss… wie ihr merkt, kann das etwas länger dauern bei fast 40 Episoden. Erinnert euch daran, wie lange es gedauert hat, bis die TI-Serie den Band 28 auch nur erreichte. Da braucht man bei IR eben auch einen etwas längeren Atem – selbst wenn das mit weitem Abstand die kürzeste OSM-Ebene aller Zeiten ist (sehen wir von KONFLIKT 1 ab, aber das ist eine andere Geschichte).

Ich kann also nur hoffen, dass ihr entsprechend geduldig sein könnt, das wird sich für euch wirklich lohnen. Immerhin winkt speziell im Abschlussband einiges an faszinierenden Erkenntnissen über eines der rätselhaften OSM-Völker über­haupt, nämlich die TUURINGER. Und das zu einem Zeitpunkt, wo ihre Entste­hung noch so viele Milliarden Jahre in der Zukunft liegt… der OSM ist eben, was die chronologische Struktur angeht, einigermaßen tricky. Das macht ihn so spannend für mich. Es gibt nichts Öderes als glasklar zu durchschauende Plots. Ist mir neulich so gegangen mit einer Romantrilogie von Vina Jackson, „80 Days“. Ein für meinen Geschmack ziemlich abturnender Stoff. Wenigstens die ersten drei Bände. Es gibt davon ja noch eine weitere Trilogie, die auf mein lese­hungriges Auge wartet… aber vorerst kümmere ich mich um andere Stoffe, pri­mär meine eigenen. Für Lesen ist dann später wieder Zeit.

Damit habe ich euch jetzt den Mund aber genug wässrig gemacht, meine Lieben. Ich entschwinde, aber nicht, ohne euch noch auf den Blog der kommen­den Woche hinzuweisen, wo ich wieder einmal den „Annalen der Ewigkeit“ fol­gen werde. Ich freue mich auf zahlreiche Begleiter auf diesem Weg.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 142: Wenzels Pilz

Posted Dezember 13th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist manchmal schon richtig erstaunlich, was für faszinierende alte Rezensio­nen ich in meinem Bestand finde und wie überraschend „gegenwärtig“ sie dann doch letzten Endes sind. Diese hier hat inzwischen mehr als 15 Jahre auf dem Buckel, man kann aber nicht sagen, dass sie signifikant an Aktualität eingebüßt hätte. Damals hätte ich mir selbst nicht träumen lassen, dass ich mal an einem Projekt mitarbeiten würde, in dem es um die Erforschung historischer Zu­sammenhänge im Dunstkreis so genannter „Biofakte“ geht – also vom Men­schen zielgerichtet veränderter (pflanzlicher) Organismen. Einst wurden sie auf konventionellem Weg händisch sortiert und selektiert, durch Kreuzung und ma­ximal mit Röntgenstrahlen und ähnlichen Methoden „optimiert“, heutzutage technisiert man solche Pflanzen auch eben mit Hilfe gentechnischer Verfahren.

Das Trickreiche an den Biofakten, zu denen alle unsere Nutzpflanzen seit Jahr­hunderten bzw. vermutlich seit Jahrtausenden zählen, ist die Täuschung des Au­ges – man sieht diesen Pflanzen eben nicht an, dass sie technisiert worden sind, sondern es wird gern schlicht zwischen „Wildpflanze“ und „Nutzpflanze“ unter­schieden… wenngleich solche vermeintliche Trennschärfe trügerisch bleiben muss.

Wir haben uns hier allerdings nicht mit dem Reich der Fungi befasst, um das es im vorliegenden Roman geht. In Form einer recht scharfen Satire auf den Wissenschaftsbetrieb hat der Autor des vorzustellenden Buches sich um eine meist recht stiefmütterlich behandelte Lebensform gekümmert, eben um Pilze. Folgt mir in den bizarren Alptraum eines mit Recht preisgekrönten Buches:

Wenzels Pilz

von Bernhard Kegel

Heyne 10775

368 Seiten, TB

1999; 14.90 DM

Wir leben in einer Zeit des genetic engineering, in dem alles, was alt und „nor­mal“ scheint, auf den Prüfstand gehört und Wissenschaftler an „Optimierungs­prozessen“ arbeiten, um noch mehr als nur sechs Milliarden Menschen ernäh­ren zu können. Aber nicht nur für die Welternährung beginnen Gentechniker damit, Pflanzen und Tiere zu verändern. Ausgestorbene Lebensformen sollen ins Leben zurückgerufen werden, andere, die noch gar nicht existent sind, über kurz oder lang künstlich geschaffen werden. Die Visionäre träumen von künst­lich gezüchteten Organen, die Transplantationsengpässe verschwinden lassen werden, von maßgeschneiderten Gesundheitsplänen, die hohes Alter, Vitalität und Gesundheit ermöglichen…

Manches davon ist schon in Ansätzen vorhanden, anderes eher ein genetischer Alptraum für denjenigen, der auch nur ein bisschen eingeweiht ist. Denn: zwar hat das Human Genome Project Jahre vor der eigentlichen Zielmarke das menschliche Genom „entschlüsselt“, wie es heißt, aber in Wahrheit ist nur die ABFOLGE der Basensequenzen bekannt und ausgedruckt, und auch nur diejeni­gen eines „einzelnen“ Menschen, wobei die Daten von mehreren Personen gewonnen und gewissermaßen „zusammengeschnitten“ wurden (was den we­nigsten bekannt sein dürfte).

Entschlüsseln“ heißt jedoch etwas mehr: nämlich herausgefunden zu haben, wie die Basenpaare xy und xx auf Gen tz beispielsweise bei Mensch Q die Krankheit Z bewirken.

Davon ist man aber noch Jahre oder sogar Jahrzehnte entfernt. Schließlich ist jeder Mensch, ungeachtet der weitgehend identischen genetischen Ausstattung ein Individuum, das natürlich ganz eigen auf Medikamente, Stimuli usw. re­agiert. Zum zweiten durchschauen die Mediziner und Molekulargenetiker kaum, WAS eigentlich die komplexe Maschine Mensch zum Ticken und Funktio­nieren bringt, geschweige denn, dass sie die Nebenwirkungen berechnen kön­nen, die ihre wunderbaren, „maßgeschneiderten“ Medikamente hervorbringen sollen. Und dass Medikamente TRADITIONELL Nebenwirkungen haben, die sich wie ein Who’s Who der Plagen der Menschheit liest, kann man in jedem Bei­packzettel lesen.

Wie schlimm aber muss es dann erst sein, wenn Gentechnik nicht nur auf ein einzelnes Individuum wirken soll, sondern auf ein ganzes Ökosystem losge­lassen wird, von dessen Einzelkomponenten man zwar einiges weiß, dessen Ge­samtinteraktion aber weitgehend unbekannt ist? Weil bisher eben alles funktio­niert hat, „natürlich“ sozusagen. Solange alles funktioniert, kommt niemand auf den Gedanken, etwas zu „ändern“…

Nun, wer den Menschen kennt, ahnt, was geschieht, und selbstverständlich kommt es so und noch viel schlimmer.

In dem Roman „Wenzels Pilz“ geht es exakt um dieses Thema.

Deutschland in der nahen Zukunft: Gentechnik ist allgemein im Einsatz, wird an allen Hecken und Ecken benutzt und von zahllosen Firmen und Pharmakonzer­nen gezielt zur „Verbesserung“ jener Macken benutzt, mit denen Mutter Natur offenbar die Menschheit ärgern wollte. Die Menschen können die Natur aus­tricksen, seit sie die Gentechnik besitzen und „beherrschen“, und natürlich tun sie alles, was wissenschaftlich möglich und machbar ist.

In England beispielsweise sollen Saurier nachgezüchtet werden (sogenannte Neosaurier), um den Treibhauseffekt einzudämmen, sind sogenannte Assimila­toren gebaut worden, in denen gentechnisch veränderte Algen große Mengen an Kohlendioxid binden. Scheinbar funktioniert das…

Es hat natürlich in der Frühzeit der gentechnischen Revolution die eine oder an­dere „Panne“ gegeben (z. B. die Freisetzung sogenannter „Schokokäfer“), aber inzwischen, so wird eindringlich behauptet, sei alles unter Kontrolle, Störfälle gäbe es keine mehr, und selbst wenn, würden sie rasch wieder gezähmt und die eventuellen – minimalen – Gefahren für Mensch und Umwelt problemlos ge­bannt werden.

Diese schöne Illusion wird fast nur von einer Reihe fanatischer und verbissener Öko-Kämpfer bezweifelt. Einige sind als eine Art grüne Terrorgruppe (LAS) in den Untergrund gegangen und verüben Attentate, Bombenanschläge und ver­teilen einschüchternde Pamphlete. Andere gruppieren sich um die Zeitschrift Gute Nachrichten, in denen eine ökologische und gentechnische Katastrophe die nächste jagt und die Auflagenzahlen in die Höhe schraubt.

Martin Herzberg, einer der Reporter dieses Blattes, ist es auch, der auf einen solchen Skandal stößt: bei einem Norwegenurlaub mit seiner Freundin finden sie ein Waldstück, das seltsam krank aussieht. Als sie näher hinschauen und über einen zerfallenden Zaun klettern, ergreift sie aber das Grausen: der Wald ist von riesenhaften Fliegenpilzen befallen, die einem monströsen Alptraum entsprungen zu sein scheinen. Außerdem suchen riesige Schwärme winziger Fliegen die verwesenden Baumruinen und die infernalisch stinkenden Pilze heim. Herzberg, der eine Bombenstory wittert, informiert seinen Herausgeber. Er ist felsenfest überzeugt: dies ist entartete Gentechnik, der Gen-SuperGAU des Jahrhunderts ist passiert!

Inzwischen hat auch die norwegische Regierung von dieser Sache gehört, und es stellt sich schnell heraus, dass der „bäumemordende Pilz“ von der deutschen Firma GENTEL entwickelt wurde, genauer gesagt von einem bescheidenen, schüchternen Gentechniker namens Kurt Wenzel, der seinen Pilz, Amanita wen­zeli, längst vergessen hat und sich nun mit Inbrunst seit Jahren dem neuesten Traum hingibt: der Nordischen Stadtpalme.

Wenzel wird jäh aus seinen optimistischen Träumen gerissen und von seinem Vorgesetzten drastisch aufgefordert, „die Sache in Ordnung“ zu bringen (wie auch immer). Er reist also Hals über Kopf mit einer Molekularbiologin, Dr. Char­lotte Uhlich, nach Norwegen und erleidet, als er das Katastrophengebiet er­reicht, einen regelrechten Zusammenbruch.

Nicht nur er, sondern auch niemand sonst kann sich erklären, warum der ohne Wenzels Wissen freigesetzte Pilz plötzlich so entartet und zentnerschwere Monsterpilze hervorbringt. Aber sie haben auch keine Zeit, lange zu grübeln – denken die Verantwortlichen – , schließlich ist GENTEL die Hauptinitiatorin der Assimilatoren, und milliardenschwere Verträge winken. Wenn jetzt nur das lei­seste Zweifeln an der Perfektion der GENTEL aufkommt, ist die Hölle los…

Also findet man eine rasche Lösung mit Hilfe eines Fliegenfachmannes, des ver­sponnenen Museumsangestellten Dr. Plodsz. Eine Lösung, von der die Beteilig­ten hoffen, dass sie Erfolg haben möge. So sieht es auch aus. Oberflächlich. Buchstäblich unter der Oberfläche jedoch verzweigen sich die Gespinste der Pilzwurzeln weiter und warten nur auf die ideale Gelegenheit oder die richtige Stelle, um wieder mit ihrem Zerstörungswerk fortzufahren. Mit jener Tätigkeit, von der NIEMAND weiß, wie sie überhaupt zustande gekommen ist.

Natürlich hat die überhastete, dem Zeitdruck gehorchende Aktion, mit der die GENTEL-Leute das Kapitel für abgeschlossen halten, keineswegs die Wirkung, dass nun alles zu Ende ist. Ganz im Gegenteil. Jetzt geht es erst richtig los…

Wenzels Pilz ist der Romanerstling von Bernhard Kegel und hat den Erwin-Stritt­matter-Preis des Landes Neubrandenburg bekommen, nicht ganz zu Unrecht, wie ich sagen muss. Das Buch, 1997 erstmalig erschienen, kam gerade zu dem Zeitpunkt auf den Markt, als die Gentechnik-Debatte heftig entbrannt war und die Öffentlichkeit im richtigen Maße dafür sensibilisiert war. Es handelte sich so­zusagen um das richtige Buch zum richtigen Zeitpunkt. Für die Neuauflage wur­de es etwas überarbeitet und mit einem durchaus provokativen Nachwort ver­sehen.

Das Thema ist nach wie vor aktuell, die Gentechnikdebatte ist lediglich etwas abgeebbt, aber die „Gefahr“, vor der Kegel mit seinem Roman warnen möchte, ist nicht verschwunden. Er sagt zu Recht, dass die sogenannte Technikfolgenab­schätzung zwar bei technischen Projekten großgeschrieben, bei der „Gentech­nik“ jedoch eher kleingeredet wird, insbesondere von den verantwortlichen Fir­men und Lobbyisten, aber gerne auch vom Großhandel, der sich von einer „de­sensibilisierten Öffentlichkeit“ nicht ganz zu Unrecht finanzielle Zuwächse er­hofft.

Wenngleich Kegels Roman satirisch überzeichnet, die Personen nicht selten zu Klischees degenerieren und manche Wendung insbesondere zum Ende hin sehr, sehr voraussagbar ist, ist es ihm doch gelungen, ein sehr unterhaltsames und streckenweise anregendes Buch zu verfassen. Der Außenstehende bekommt ein etwas scharf karikiertes Bild des Wissenschaftsbetriebes und seines Innenle­bens vorgestellt, das wie üblich zutiefst menschlich ist und auf Karrierewün­schen, Egoismen und Rivalitäten beruht, wobei Ausnahmen hier die Regel be­stätigen. Als promovierter Biologe weiß der inzwischen als Schriftsteller leben­de Bernhard Kegel aus eigener Anschauung, wovon er hier redet. Und er lässt an seinen Kollegen nicht allzu viel gute Haare…

Ähnlich unterhaltsam war er schon mit seinem Nachfolgeroman „Das Ölschie­ferskelett“, worin ich freilich zu bekritteln hatte, dass er sich mit Zeitparadoxa nicht so ganz auskennt und der Dramaturgie wegen die Logik ausschaltete.

Diesmal möchte ich betonen, dass die Skizzierung der Personen JENSEITS der Klischees doch feiner hätte ausfallen können. Kurt Wenzel als introvertierte, lei­dende, hilflose Person in den Vordergrund zu zerren, mag ja wirkungsvoll sein, positive emotionale Konnotationen jedoch scheinen mir etwas zu blass. Und manchmal, ja, manchmal bleibt einem Leser das Lachen im Halse stecken, be­sonders, als es dann zur „Endlösung“ des Problems Amanita wenzeli schreitet…

Ansonsten: empfehlenswert.

© 2001 by Uwe Lammers

Die lange Vorrede signalisiert schon, dass man für das Buch im optimalen Fall ein ordentlich geschärftes Problembewusstsein braucht. Unfälle oder sogar GAUs, Größte Anzunehmende Unfälle (wie im Nuklearbereich bei Tschernobyl oder Fukushima zu beobachten), sind etwas, womit man bei modernen techni­schen Verfahren immer rechnen muss. Und das hat in diesem Kontext ein äu­ßerst lesenswertes Buch geschaffen, das vermutlich inzwischen weitgehend ver­gessen ist. Es lohnt dringend die Neuentdeckung!

In der kommenden Woche kümmern wir uns einmal mehr um die Familie von Dirk Pitt und widmen uns einem uralten Mysterium der Menschheitsgeschichte: wo, zum Teufel, hat bloß Troja gelegen. Tatsächlich in Kleinasien auf dem Hügel von Hissarlik? Oder gibt es da noch andere ernsthafte Aspiranten?

Nächste Woche erfahrt ihr mehr.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 249: Der OSM in Gedichtform (5) – Große Träume

Posted Dezember 10th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

besonders in der Frühzeit meines Schreibens – und darunter rechne ich die Jah­re zwischen etwa 1975, wo ich meine ersten zaghaften (und leider nicht erhal­tenen) Schreibgehversuche machte, und etwa 1990 – hatten meine Gedichte bisweilen eine kryptische, seltsam selbstreflexive Ausdrucksform. Das heute vorgestellte würde man wohl kaum unter „OSM in Gedichtform“ reihen, weil im Grunde alles fehlt, was dafür relevant ist.

Es werden keine fremdartigen Namen erwähnt, keine historischen Zusammen­hänge, stattdessen hat es mehr eine Art psychoanalytischen Touch, der sehr stark um mein damaliges Ego kreist. Heutzutage ist das nicht mehr so mein Ding, aber damals befand ich mich eben, als mentaler Spätentwickler, in einer schwierigen emotionalen Situation. Was ich unten über die gescheiterten Liebesbeziehungen andeute, hat mich damals schwer mitgenommen.

Hinzu kam die Tatsache, dass ich gerade mit meinem Zivildienst begonnen hat­te, der mich auch sonst aus dem Gleichgewicht brachte. Und dann war da eben der Gedanke der bezwingenden Realität meiner OSM-Bilderflows, die mich in unglaublicher Weise mitrissen und mir tatsächlich die Vorstellung einflüsterten, ich sei gewissermaßen das Medium für Gedanken aus dem Jenseits oder ande­ren Universen.

Das alles liest sich dann im damaligen Duktus folgendermaßen:

Große Träume

Gedicht von Uwe Lammers

Einst stieg ich aus dem Boot ans Ufer,

eins von jener sandigen Art,

die keinen Grund haben,

kein Gehen ermöglichen.

Ich fiel und lernte laufen,

baute Burgen aus Sand,

klein und unscheinbar,

doch langsam wurde ich größer und sie auch.

Da wanderte ich hinein in ein fremdes Land,

ich entdeckte Städte und neue Gesichter,

schöne und hässliche, freundliche und böse,

ich fand das, was man Leben nennt.

Und das Leben war hart und grausam,

es geißelte mich und meinen Geist,

denn man hatte erkannt, dass ich anders war,

dass ich nicht in diese Welt passte.

So passte ich mich denn an – äußerlich,

denn im Innern blieb ich derselbe,

ein ungekrönter König mit großen Träumen,

Fürst im Reich der tausend Wahrscheinlichkeiten.

Als ich weiterzog in einen anderen Bereich,

da fand ich, was ich suchte –

zumindest glaubte ich es –

mein kreatives Paradies.

Zu Beginn stimmte das auch,

nur merkte ich leider bald genug,

dass auch das Paradies seine Tücken hat,

meine Ansprüche waren gestiegen.

So lernte ich Leute kennen und Landschaften,

Freunde in nah und fern und fremden Landen,

ich lernte es, meinen Geist zu entfernen

in fremde Regionen des Raumes.

Und in mir reifte ein Entschluss,

in mir, dem Befehlsempfänger,

der Gedanken aus dem Jenseits erhielt

oder aus anderen Universen.

Ich lernte die Liebe kennen

und wurde von ihr verraten, doppelt und dreifach,

aber nun sagte ich mir ernsthaft,

dass ich vernünftig werden sollte.

Die großen Träume waren zu groß,

der Fall zu tief,

der Schmerz scharf und stechend,

aber es gab kein Ende.

So träume ich weiter, unfähig zu verhindern,

weiterhin große Träume. Und weiterhin

falle ich auch, immerwährend.

Ewig vielleicht…

ENDE

© 1989 by Uwe Lammers

Gifhorn, den 10. Januar 1989

In diesen zwölf Strophen, die für sich genommen eigentlich banal klingen, ist doch einiges interessant „verschlüsselt“. Dass ich gewissermaßen bescheiden anfing, ist durch die Blume ein Verweis auf die „Gedankenspiele“ mit meinem Bruder in der Mitte der 70er Jahre (Strophe 2). Die Strophe 4 ist eine Assoziati­on auf meine Sozialisierungsprobleme im Wolfsburg der frühen 80er Jahre, wo ich mit dem Schreiben des Oki Stanwer Mythos begann und darob von meinen damaligen Mitschülern eher verspottet und gehänselt wurde. Was zu verstärk­ter Abkapselung führte.

Strophe 5 thematisiert meine Innenwendung, die dazu führte, dass ich nach au­ßen still und ruhig und unscheinbar wurde, wohingegen auf dem Papier die Weltentwürfe, in erster Linie der OSM, immer größer wucherten und stetig komplexer wurden. In der 6. Strophe wird es nicht mit Namen genannt, aber dieses kreative Paradies ist definitiv zu jener Zeit der Oki Stanwer Mythos, der immer vielfältiger und farbenprächtiger heranwuchs.

Die „Tücken“ in Strophe 7 deuten dann schon auf die Zeit in und nach der Gif­horner Realschule, als ich zwischen 1984 und 1987 zu realisieren begann, dass es nicht so einfach sein würde, meine OSM-Geschichten für eine professionelle Veröffentlichung aufzubereiten. Das spürte ich damals deutlich bei meinen holprigen Gehversuchen im Heftromanschreiben. Klappte gar nicht.

Bald danach probierte ich dann, ob ich in Form des Romans „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ den KONFLIKT 13 des OSM, „Oki Stanwer Horror“ (1982-1985) als Roman adaptieren könnte. Heute weiß ich, dass meine damals noch sehr inten­siv und energisch betriebene Arbeit daran qualitativ doch eher bescheidenes Format erreichte. Die Ernüchterung, die ich also in Strophe 7 andeute, hatten absolut Hand und Fuß, nur war mir natürlich 1989 bei Niederschrift dieses Ge­dichts überhaupt nicht klar, wie wenig ich von meinen eigentlichen Schreibpro­blemen bis dahin gesehen hatte.

Der Schluss des Gedichts zeigt dann relativ ernüchtert, wie ich zwar realisierte, dass die Qualität des von mir Geschriebenen noch lange nicht auch nur in die Nähe des Professionellen gelangen würde… aber zugleich signalisiert sie meine ungebrochene Zuversicht, dem einmal eingeschlagenen Weg weiterhin zu fol­gen.

Stur? Ja, natürlich. Aber es heißt nicht, dass ich nicht lernfähig war oder bin. Bin ich durchaus. Ich bin halt nur recht langsam in meinen Fortschritten. Doch wie im obigen Gedicht ausgedrückt – grundsätzlich lebt in mir immer noch die Überzeugung, dass die „großen Träume“ es wert sind, nicht nur niedergeschrie­ben und ausgefeilt zu werden, sondern dass sie es auch verdienen, einer brei­ten Öffentlichkeit vorgestellt zu werden.

Nichts Geringeres tue ich mit meinen E-Books und meinen Blogartikeln.

In der kommenden Woche spreche ich im Rahmen der Rubrik „Logbuch des Au­tors“ über ein brandaktuelles kreatives Thema, das mich derzeit umtreibt. Es hat mit einer wunderbaren Entwicklung im Bereich des KONFLIKTS 4 „Oki Stan­wer – Der Insel-Regent“ (IR) zu tun. Näheres dazu in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

PS: Sorry übrigens, dass oben die Stropheneinteilung nicht funktioniert … habe es versucht, alle 4 Zeilen wie üblich eine Leerzeile einzufügen, aber sie werden einfach nicht abgebildet.

Rezensions-Blog 141: Harem der Lust

Posted Dezember 6th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute machen wir mal wieder einen kleinen Ausflug in ein vermutlich gewöh­nungsbedürftiges Segment der Literatur. Wir kommen zu dem, was man flapsig und chauvinistisch-herablassend „Weiberkram“ nennen könnte… aber völlig zu Unrecht, meiner Ansicht nach. Denn die emotionale Sphäre von Frauen ist mei­ner Überzeugung nach ein höchst komplexes Spielfeld schwieriger Elemente, die sich zumeist in einer sehr fragilen, vielleicht instabilen Lagerung befinden und durch leichteste Veränderungen in unberechenbarer Weise mal zum Guten, mal zum Schlechten ausschlagen können.

Ich finde das äußerst interessant – und ganz besonders aufregend ist es dann, wenn sich Autorinnen auf sehr handfeste Weise in diese Sphäre schreibend hin­einbewegen, indem sie nämlich die Gefühle und die Erotik ins Zentrum des Ge­schehens stellen. Oftmals ist dann relativ klar zu sehen, ob da ein Mann unter weiblichem Pseudonym seine lüsternen Phantasien ausgetobt hat oder ob es sich tatsächlich um eine Frau handelt, die ihren sinnlichen Emotionen freien Lauf lässt.

Noch interessanter wird die Sache dann, wenn es sich nicht um einen der klassi­schen Gegenwartsromane handelt, sondern ein historisch-exotisches Setting gewählt wird. Zum einen lässt dies die heißblütige Phantasie der Autorin beson­ders in Wallung geraten, zum anderen bietet die farbenprächtige Kulisse ver­gangener Zeiten mit mondäner Pracht besonders ausgiebige Möglichkeiten des Experimentierens.

Ein solches Setting ist notwendig der orientalische Harem, ein Ort, der jahr­hundertelang (und zum Teil noch heute) von schwülen Visionen umlodert wur­de. Jasmin Eden hat sich auf interessante Weise mit diesem Thema auseinan­dergesetzt und ein auch strukturell recht verblüffendes Werk geschaffen, das mich auf vielfältige Weise sehr ansprach. Lasst es mich euch vorstellen und lest weiter:

Harem der Lust

von Jasmin Eden

Bastei 17252

Köln 2015, 208 Seiten, TB

ISBN 978-3-404-17252-8

Tausendundeine Verführung verspricht der Klappentext, und mit der matt­goldenen Schrift, dem geheimnisvoll-dunklen Hintergrund und den erhabenen Ornamentmustern auf dem Cover macht das Buch in der Tat Lust darauf, es in die Hand zu nehmen, sich den taktilen Reizen hinzugeben und anschließend in dem Werk zu versinken. Wer dies raffiniert ausgetüftelte Abenteuer aber auf sich wirken lässt, wird eine Überraschung erleben, wie sie mir widerfuhr.

Bei Kurzgeschichtenbänden neige ich dazu, mich gewissermaßen qualitativ von hinten anzupirschen, d. h. die kürzeren Stories zuerst zu schmökern. Das hat da­mit zu tun, dass mir bewusst ist, wie schwer es ist, auf wenigen Seiten eine komplexe Storyline zu entwerfen. Ich begann also folgerichtig mit der letzten Story „Poojas Geschichte“, die nur sechs Seiten umfasste… und verstand rein gar nichts. Das war interessant und verwirrte mich. Was fange ich an mit einer jungen Frau und einem männlichen Begleiter, die durch eine Wüste laufen und ein kurzweiliges (und offensichtlich nicht erstes) Liebesabenteuer mitmachen? Was war mit all den Personen und Anspielungen, die in dieser Story durch­schimmerten?

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Ich fing also von vorne an zu lesen, und schon nach wenigen Seiten verstand ich, was hier vom Klappentext geflissentlich verschwiegen wird – es handelt sich um eine durchaus inzwischen ungebräuchliche Form von Erzählung, nämlich um einen Episodenroman.

Man kennt so etwas etwa aus dem „Don Quixote“ von Cervantes, wo innerhalb des Romans zahlreiche Untergeschichten eingeschoben und eingewoben wer­den, oder eben auch – hier passt der Vergleich noch besser – in den Märchen aus „Tausendundeiner Nacht“. Aber wer darauf nicht vorbereitet ist und vor­geht, wie ich es getan habe, erleidet kläglich und ratlos Schiffbruch in einem durchaus sehr interessanten Roman.

Es wird nicht genau gesagt, wann die Geschichte spielt, und es dauert, bis sich die Rahmenparameter herauskristallisieren (dies geschieht etwa erst ab Seite 165). Dass wir uns in Indien befinden und durchaus nicht in der Gegenwart, das wird bereits auf Seite 1 des Werkes deutlich, als die junge und erotisch völlig unbedarfte Pooja, die Nichte des Maharadschas Kunai als künftige Gattin des Maharadschas Yash in dessen Palast eintrifft. Zu ihrer nicht geringen Bestür­zung muss sie entdecken, dass ihre Gemächer geradewegs an den Harem des Hausherrn grenzen und dieser bevölkert ist von einer ganzen Schar faszinieren­der Mädchen und Frauen, die allesamt schon jenes Vergnügen hatten, das nun – angeblich – Pooja allein zusteht: mit Yash ins Bett zu gehen.

Es ist wohl unvermeidlich, dass Pooja sie als Rivalinnen ansieht und sich ihnen gegenüber wegen der geringeren sexuellen Kenntnisse als minderwertig be­trachtet. Das steigert sich noch, als sie entdecken muss, dass sich ihr Gatte, mit dem sie auf Distanz vermählt wurde, ihr gegenüber verleugnen lässt, sich aber zudem munter mit einem der Haremmädchen vergnügt, was Pooja leider mit­bekommt.

Sie ist einigermaßen schockiert… aber die anderen Bewohnerinnen des Harems sind zumeist äußerst verständnisvoll und laden sie zu ihren täglichen Geschich­tenrunden ein, in denen sie reihum aufreizende erotische Geschichten zum Besten geben… teilweise solche, die sie gehört haben, teilweise sind sie erfun­den, zum guten Teil aber auch biografischer Natur. Auf diese Weise erfährt der Leser nach und nach den biografischen Background der Protagonistinnen und ihre Verbindung zu Yash und wie sie in den Palast kamen. Das gilt auch für die beiden Haremswächter, insbesondere für Tam, den „Falkenkrieger“, den ein be­sonderes Verhältnis mit dem Haremmädchen Naruda verbindet.

Und dummerweise fühlt Pooja auch gewisse Gefühle erwachen, die ihn betref­fen…

Der Roman – um einen solchen, eben unterteilt in Geschichtenepisoden, ganz in der oben erwähnten Tradition, handelt es sich also grundsätzlich – weist noch eine Besonderheit auf, die den unvorbereiteten Leser vielleicht verwirren mag, die ich aber als durchaus angenehm empfand: nach dem Erzählen einer Geschichte folgt ein Überleitungsteil, der manchmal beinahe so umfangreich ist wie die Story selbst, die aber weitere Elemente der Handlung vertieft, Dialoge und Konflikte einschließt und meist auf die nächste Geschichte hinleitet.

Was ebenfalls interessant an dem vorliegenden Werk ist, das ist die Tatsache, dass im Gegensatz zu zahlreichen anderen erotischen Romanen, die mir be­kannt sind, hier nicht eine Art von „Herunterbeten des Kamasutra“ betrieben wird, wenigstens nicht auf die offensichtliche Art und Weise. Viele Geschichten sind vielmehr sinnlich-subtil. Zu nennen wäre hier etwa die Geschichte um den Mehndi-Maler oder die um die Statue. Auch die Seidenhändler-Geschichte ver­meidet unziemlich Direktes und passt schön zu der schüchternen Pooja und der Intention der Erzählerinnen, ihr langsam Facetten der weiblichen Sexualität zu vermitteln.

Dann wieder gibt es natürlich auch heftige Stories und die eine, ich würde sa­gen, „unvermeidliche“ homoerotische Geschichte. Dass männliche Homosexua­lität Autorinnen besonders fasziniert, ist nichts Neues, das ist bereits von Mari­on Zimmer-Bradley und ihren Darkover-Romanen bekannt. Hier kommt es indes unaufdringlich daher und hat nicht die Penetranz, die solche Stories manchmal annehmen. Generell ist in dem Buch ein angenehmer Weichzeichner aktiv. Man kann nicht den Finger darauf legen, aber in irgendeiner Weise durchzieht er das gesamte Werk und erhöht die lesetechnische Geschmeidigkeit. Es lässt sich schwer anders formulieren.

Einen Kritikpunkt kann man aber leider nicht verschweigen. Es gibt einen Hand­lungsbruch gegen Ende, und es hat den Anschein, als habe der Verlag hier eine Story gezielt entfernt oder gekürzt, die für das Verständnis des Gesamtwerkes notwendig gewesen wäre, möglicherweise geschah das, um eine vorkalkulierte Seitenzahl zu erreichen. So aber hängt das Ende bedauernswert in der Luft, was das Gesamtwerk dann doch in seiner Wirksamkeit schmälert.

Ansonsten ist hier eine klare Leseempfehlung auszusprechen. Und ich bin schon neugierig auf ein weiteres Werk der Autorin, das unter dem Titel „Persische Nächte“ möglicherweise ein ähnliches Vergnügen erwarten lässt.

© 2016 by Uwe Lammers

Tja, wie ihr sicherlich gemerkt habt, ist das eine ungewöhnliche Geschichte, die aber aus verschiedensten Gründen eine Lektüre lohnt. Und vielleicht wünscht ihr euch daraufhin auch weitere Bücher der Autorin (übrigens: ihren „Zweitling“ habe ich inzwischen, er ist aber noch nicht gelesen).

In der kommenden Woche springen wir wieder in die Gegenwart oder die nahe Zukunft, das ist nicht so ganz klar zu sagen. Und dann geht es um wissenschaft­liche Visionen, die auf atemberaubende Weise aus dem Ruder laufen. Ich sage nur soviel: Wer Pilze mag und sich im Reich der Fungi einigermaßen auskennt, kommt hier voll auf seine Kosten.

Neugierig? Dann schaut nächste Woche wieder hier herein und lest weiter.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos (OSM),

leider musste ich euch wieder eine geraume Zeit auf die Fortsetzung der Ge­schichte warten lassen, was den Besatzungsmitgliedern der yantihnischen RHONSHAAR-Expedition im Xoor’con-System widerfährt. Aber das Warten hat jetzt ein Ende:

Das Chaos bricht über das Xoor’con-System herein, als die „Planetenplünderer“ ihre monströsen Abbaumaschinen zum Einsatz bringen. Die „Zeitbombe“, die aus dem Planeten Gwai’insh gemacht worden ist, erreicht den Kulminations­punkt, und mittendrin sind die gelandeten Raumfahrer. Von ihnen konnte allein bislang die Archäologin Visinor durch die Cestai-Späherin Yiita gerettet werden.

Aber wird sie tatsächlich die einzige Gerettete bleiben? Oder greifen die Cestai, die „Nomaden von Twennar“ ins Geschehen im Tassaier-System entscheidend ein?

Dies und noch einiges mehr erfahrt ihr im neuen E-Book „Die Nomaden von Twennar“, Band 29 der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“. Es ist ab sofort im EPUB-Format auf Amazon-KDP zum üblichen Preis von 1,49 Euro er­hältlich. Der einmalige Gratisdownload ist am 18. und 19. Dezember 2017 mög­lich. Als Bonusgeschichte ist die Horror-Story „Das Silber des Bösen“ in diesem E-Book enthalten.

Ich wünsche euch angenehmes Lesevergnügen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wir reisen wieder zurück ins Jahr 2012. Ich hatte jüngst im letzten Teil dieser Ar­tikelserie den Monat August 2012 behandelt. Im September 2012 näherte sich das Ende meiner Beschäftigung für die Braunschweigische Landschaft, das Stad­tarchiv Braunschweig und das Niedersächsische Staatsarchiv Wolfenbüttel. Das bedeutete zugleich: verstärkte Tätigkeit als bisher, um die Arbeiten abzurunden und Abschlussberichte zu schreiben. Folglich blieb weniger Zeit, kreativ tätig zu sein, und das sieht man dann auch deutlich daran, dass ich nur noch 13 Werke in diesem Monat abschließen konnte.

Zunächst versuchte ich, den uralten handschriftlichen Roman „Der stählerne Tod“ weiter abzuschreiben, kam darin aber nicht sehr weit. Die Arbeiten am letzten Band des Magellan-Zyklus – DKdO 16: „Transfer in die Heimat“ – lenk­ten mich da zu sehr ab, außerdem die forcierte Weiterarbeit der Abschriften am KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“. Ich schrieb einige Episoden des KONFLIKTS 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ ab, formatierte Episoden des KONFLIKTS 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ neu und machte sodann damit in gleicher Weise bei KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ weiter.

Kurze Stippvisiten erfolgten bei der Archipel-Story „Die Sklavin Crista“ und KONFLIKT 7 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“ sowie in der Abschrift der Episo­den von KONFLIKT 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“. Außer­dem wuselte ich in Fragmenten wie „Ein zukunftsweisendes Verbrechen“ und „Himmelfahrtskommando“ herum, arbeitete an einem Romanfragment des Erotic Empire mit dem Titel „Lauren und Alain“… aber allzu kreativ war ich in diesem chaotischen Monat nicht. Ihr erkennt deutlich an der Vielfalt der bear­beiteten Themen und Themenfelder, dass eine rechte Fokussierung auf einen Schwerpunkt nicht möglich war.

Im Oktober 2012 sah das dann schon ein wenig besser aus. Das Amtsträger-Pro­jekt lag hinter mir, und selbst wenn ich nun wieder in der Mühle der Arbeits­agentur steckte – genauer: in der Gnade des Jobcenters, da ich aufgrund des Werkvertragshonorars nahtlos in den Geltungsbereich des Arbeitslosengeldes II, landläufig auch Hartz IV genannt, gefallen war – , empfand ich das für den Moment als erleichternd.

Das klingt verrückt, arbeitsscheu möglicherweise, aber es ist nichts davon. Ich sehnte mich, ungeachtet der zunehmend prekären finanziellen Lage, in der ich mich alsbald befinden sollte, nach mehr Kreativzeit, und die hatte ich nun gewonnen. Gewiss, ich sollte die ökonomische Situation, in der ich mich befand, bald verfluchen. Aber es lag jenseits meines Vorstellungsvermögens, was da vor mir lag… ich werde davon berichten.

Im Oktober 2012 kümmerte ich mich zunächst weiter um Neuformatierungen des KONFLIKTS 4 und um Abschriften der Episoden aus KONFLIKT 12. Glossarar­beiten flankierten diese Tätigkeit intensiv. Zwischendurch arbeitete ich an Archi­pel-Geschichten weiter, etwa an „Die Zwillinge“, „Vivica auf Abwegen“, „Die Suyenka“ und „Täuschung“ oder auch „Julianna“.

Und schließlich nahm ich mir konzentriert Neuformatierungen der Episoden des KONFLIKTS 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ vor. Mithin kam ich auf 23 be­endete Werke in diesem Monat. Wirklich aufdrehen konnte ich dann aber erst im November… ich vermute heute, dass ich einfach nach der intensiven Projekt­arbeit etwas „Auszeit“ brauchte, um mich wieder zu sammeln und kreative Energie gezielt zu fokussieren. Das kam dem Monat November zugute, wo ich dann auf insgesamt 39 fertig gestellte Werke zurückblicken konnte.

Ja, das ist für heutige Verhältnisse ziemlich unglaublich, nicht wahr? Heutzutage würde ich für das Pensum ein Vierteljahr brauchen, was ich damals in einem Monat konzentriert abarbeitete. Es gab aber auch einen guten Grund dafür: ich bereitete mich auf die Publikationsoffensive meines Lebens vor – auf die Reali­sierung meines E-Book-Programms.

Angefangen hatte das ja bekanntlich schon im April 2012, als ich auf dem Con­vention „Raum & Zeit Continuum II“ in Braunschweig in enge Tuchfühlung so­wohl mit dem Förderverein Phantastika Raum & Zeit e.V. gekommen war, dem ich bald danach beitrat, als auch mit der E-Book-Lektorin Corinna Rindlisbacher und ihrem E-Book-Lektorat Ebokks (heute in Hildesheim angesiedelt). Da ich hier nichts überstürzen wollte, brauchte die Vorbereitung natürlich jede Menge Zeit… und das lief ja alles neben dem Amtsträger-Projekt nebenher und köchelte auf kleiner Flamme.

Ich kopierte also jede Menge Episoden und schickte sie langjährigen Brieffreun­dinnen mit der Bitte zu, zu entscheiden, mit welcher OSM-Serie ich denn wohl beginnen solle… nun, die Entscheidung fiel relativ eindeutig auf KONFLIKT 2, die TI-Serie, die ihr ja inzwischen auch als E-Books kennengelernt habt. Im Herbst 2012 begannen außerdem die Arbeiten an meiner Homepage hier, und ich be­gann an einem Artikel mit dem Titel „Der Weg zum E-Book“ zu feilen, der dann im März 2013 im BWA 353 erscheinen sollte, direkt nach Start des E-Book-Pro­gramms.

Davor wollte ich natürlich noch eine Menge anderer Dinge erledigen, und das tat ich dann auch konzentriert: ich formatierte die letzten TI-Episoden fertig, kümmerte mich um die letzten Teilabschriften und Formatierungen des KON­FLIKTS 24 und tat dasselbe in KONFLIKT 4 und 22 „Oki Stanwer – Der Schatten­fürst“.

Dazwischen arbeitete ich schon an den ersten beiden E-Book-Texten, also an „Hinterlassenschaften“ und „Das Erbe der Forscherin“. Wenn ich Abwechslung brauchte, wurde an OSM- und Archipel-Fragmenten weitergefeilt. Eine kleine Auswahl der betroffenen Werke gefällig? Bitte schön: „Eine scharf geschliffene Waffe“ (OSM), „Einer Herrinnen Wandlung“ (Archipel), „Die goldene Verlo­ckung“ (dito) und „Roxanne“ (dito).

Und dann war da diese unglaubliche Geschichte „Die Kolonie Saigon II“ aus dem Bereich des Erotic Empire über die Besiedelung einer Kolonialwelt, die auf grässliche Weise in einen erotischen Alptraum mutierte. Zu dieser Zeit hatte ich noch keine Ahnung, wie schlimm das werden sollte… es mag euch für den Mo­ment genügen, dass dieses Romanfragment inzwischen schon mehr als 500 Textseiten hat und alles andere als fertig ist, obgleich ich den gesamten Hand­lungsbogen von Landung bis zur katastrophalen Entgleisung der Geschichte seit langem skizziert habe. Man sollte nicht glauben, was so ein Werk für Zeit und Energie verschlingt, es ist echt erstaunlich.

Im Dezember 2012 mäßigte sich meine kreative Energie wieder etwas und kon­zentrierte sich auf weniger Werke – was der Tatsache zentral geschuldet war, dass die meisten Episoden-Neuformatierungen inzwischen abgeschlossen wa­ren. In KONFLIKT 22 gab es da allerdings immer noch Nachholbedarf, und dar­um kümmerte ich mich jetzt, während in schneller Folge die ersten beiden E-Book-Rohlinge fertig wurden. Zugleich entwarf ich die E-Books 3, 4 und 5, also „Das ausgeplünderte System“, „Vhentars Schicksal“ und „Im Zug“.

Mit „Die Paradies-Falle“ entstand ein weiteres Fragment zum Erotic Empire, mit „Brigitta“, „Rhondas Aufstieg“ sowie „Nadines Verwandlung“ bewegte ich mich im Fragmentbereich des Archipels, mit „Spurensuche in Babylon“, „Ani und das Wolkenmädchen“ und „Auf Sklavenjagd“ erweiterte ich OSM-Frag­mente.

Am Monats- bzw. Jahresende blickte ich auf 21 abgeschlossene Werke zurück bzw. auf 285 Werke insgesamt. 2012 war tatsächlich ein Jahr, in dem ich sehr in­tensiv tätig war, selbst wenn weite Teile meiner Arbeitszeit allein solchen Aktio­nen wie Neuformatierungen oder Abschriften älterer Geschichten zugute ge­kommen waren. Im Falle des KONFLIKTS 2 kamen diese Neuformatierungen aber der zukünftigen Publikation meiner E-Books zugute.

Mit einiger Nervosität, aber auch leuchtenden Augen schaute ich also auf den Start des neuen Jahres 2013, das mir neue Horizonte verhieß. Well, ich war noch ohne Beschäftigung, ich hatte vergleichsweise wenig Geld, hatte aber einen Kreis toller Helfer gewonnen, die mir technisch dabei helfen wollten, den Traum meines Lebens zu verwirklichen: die Veröffentlichung meiner Geschich­ten, an denen ich über 35 Lebensjahre gearbeitet hatte, allen voran der Oki Stanwer Mythos (OSM).

Für die in Arbeit befindliche Homepage www.oki-stanwer.de plante ich, ein we­nig bang, eine Reihe von Blogartikeln und war mir durchaus nicht sicher, wie die wohl ankommen würden. Oder ob ich es, wie ersehnt, jede Woche schaffen würde, einen solchen Artikel zu schreiben und hochzuladen. Versteht ihr… das war alles noch Neuland für mich, und ich bin nun mal ein Gewohnheitstier, um es ironisch zu formulieren. Mit Neuem tue ich mich schwer.

Dennoch war ich zuversichtlich, diese Herausforderung meistern zu können, und zwar aus folgendem Grund: Ich bin Historiker und als solcher seit – zu die­sem Zeitpunkt – zehn Jahren bereits gewohnt, auf immer neuen Baustellen mit stetig neuen Herausforderungen zu arbeiten. Ich hatte es geschafft, mich um die akkreditierten Journalisten des Versailler Vertrages zu kümmern (2003), mich mit dem 17. Juni 1953 in den Braunschweiger Zeitungen befasst. Es war mir gelungen, biografiegeschichtliche Aufsätze zur Universitätsgeschichte bis ins Heimatbuch des Landkreises Wolfenbüttel zu bringen. Ich hatte mich durch Akten der Braunschweigischen Kirchengeschichte ebenso gegraben wie durch den Aktenbestand der Ostfalia und der IG Metall-Ortsgruppe Salzgitter, zuletzt auch durch Jahrhunderte vom Amtsträgergeschichte des ganzen Landes Braunschweig…

Wahrhaftig, ich war Herausforderungen gewohnt.

Nur eins hieran war neu und wirklich beunruhigend: Nun ging es um mein Herz­blut, das Projekt, in dem meine kreative Seele steckte, und ich arbeitete dieses Werk nicht auf für ein Fanzine oder eine Artikelpublikation, sondern für die gesamte Weltöffentlichkeit!

Ihr versteht, dass ich hier weder einen Schnellschuss oder Rohrkrepierer schaffen wollte noch so kryptisch zu artikulieren wünschte, dass man sich an­schließend ein OSM-Lexikon wünschte, um zu verstehen, was ich da eigentlich schwatzte.

Nein, ich musste das E-Book-Programm gründlich durchdacht auf den Weg bringen, aber doch in einem Publikationstakt, der geschwind genug war, damit das Leserinteresse nicht erlahmte. Und die Blogartikel sollten hinzukommen, um Hintergrundinformationen zu mir, meinem Schreibprozess und allen kom­plexen Basisstrukturen des Oki Stanwer Mythos bereitzustellen. Der Gedanke, eine OSM-Wiki auf derselben Homepage zu etablieren, war damit quasi schon angelegt.

Kreativ war ich also, was das Jahr 2013 anging, durchaus nervös, aber optimis­tisch. Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Mehr zu diesem Thema erzähle ich euch im Teil 50 dieser Artikelreihe.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 140: Harry Potter und der Stein der Weisen (1)

Posted November 29th, 2017 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es gibt Bücher und Rezensionen, deren Neulektüre mir immer wieder ein Schmunzeln aufs Gesicht zaubert. Die unten wiedergegebene Rezension, die auch schon ein Dutzend Jahre (!) auf dem Buckel hat, gehört dazu. Ich mag kaum glauben, wie lange das schon her ist, dass ich Harrys Abenteuern gefolgt bin… was natürlich zweifellos daran liegt, dass ich die Verfilmungen z. T. deut­lich später ansah. Das verzerrt dann die Zeitwahrnehmung. Einen analogen Ef­fekt nehme ich derzeit gerade wahr im Fall Diana Gabaldon und der Verfilmung ihrer Romane in Form der „Outlander“-Serie.

Zu Harry Potter und seiner Welt gibt es inzwischen zweifelsohne ganze Regale voll Literatur, und nach wie vor ist der Hype um den Zauberlehrling, seine Freunde und die Zaubererschule von Hogwarts, um das bizarre Spiel Quidditch, das man mit fliegenden Bällen und auf Hexenbesen reitend spielt, nicht abge­ebbt… das liegt natürlich auch daran, dass Rowling, die meines Wissens inzwi­schen wenigstens eine Milliarde Dollar schwer ist, mit neuen Abenteuern in die­se Welt zurückgekehrt ist.

Soweit ich es gehört habe, soll „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ der Auftakt eines Film-Fünfteilers sein, der uns dann zweifellos bis ins Jahr 2024 in Atem halten wird, wenn nicht noch länger. Wer aber wissen möchte – und dies aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen oder absurden Vorurteilen heraus bislang nicht geschafft hat – , wie das alles anfing, nämlich mit einer Ge­schichte, die die Autorin in spe abends ihren Kindern am Bett erzählte, der soll­te dieses Buch zur Hand nehmen und einfach mal anfangen zu lesen.

Es war einmal, könnte man sagen, ein kleiner Waisenjunge, der auf der Stirn eine blitzförmige Narbe besaß… und alles andere ist Geschichte. Sie beginnt ge­nau hier:

Harry Potter und der Stein der Weisen

(OT: Harry Potter and the Philosopher’s Stone)

von Joanne K. Rowling

Carlsen-Verlag, 1998

336 Seiten, TB

Übersetzt von Klaus Fritz

Ach, wenn doch die Muggel nur wüssten…

Aber die Muggel wissen natürlich nicht, und die Zauberer, insbesondere jene von der Zauberschule Hogwarts, kümmern sich gut darum, dass es so bleibt: dass also die Muggel nicht davon erfahren, dass es sie und Dinge gibt, die sie um die Seelenruhe bringen könnten. Geister etwa. Zauberei. Hexen. Alles, was in drittklassigen Boulevardblättern breitgetreten, worüber gekichert wird, wor­über man sich lustig macht.

Und dann gibt es jene Muggel… ach ja, Muggel ist der Ausdruck der magisch Begabten für die Menschen, das sollte vielleicht noch erwähnt werden, um das immerwährende Stirnrunzeln des Lesers zu glätten…, jene Muggel also, die zwar davon WISSEN, aber nichts wissen WOLLEN. Weil solche Zauberer zu ihrer eigenen Familie gehören.

Solch eine Familie wohnt unter dem Schild „Dursley“ im Ligusterweg 4. Mr. und Mrs. Dursley mit ihrem kleinen Sohn Dudley sind ausgesprochen spießige Zeit­genossen, die von abnormen Leuten wie beispielsweise Zauberern und Hexen gar nichts wissen wollen – unter anderem, weil Lily, die Schwester von Mrs. Dursley, eine Hexe ist. Oder war, muss man sagen – denn eines Morgens entde­cken die Dursleys auf ihrer Türschwelle einen Korb mit einem kleinen Jungen, der sich als Lilys Kind entpuppt, der Neffe Harry Potter. Auf eine Weise, von der Harry erst viele Jahre später die wahre Version erfahren wird, Vollwaise gewor­den, ist er nun der Willkür der Dursleys ausgesetzt, die ihn in einem Schrank un­ter der Treppe hausen und jede nur denkbare Abneigung spüren lassen. Am liebsten wäre es den Dursleys, wenn es Harry überhaupt nicht gäbe, aber leider ist er nun einmal da. Also muss man sich auch um ihn kümmern.

In Harrys Gegenwart geschehen mitunter… nun, seltsame Dinge. Und der krö­nende Höhepunkt ist erreicht, als er am 11. Geburtstag bei seinem ersten Aus­flug in den Zoo die Glaswand eines Geheges, in dem eine Boa constrictor gefan­gengehalten wird, spurlos verschwinden lässt (ohne zu wissen, wie). Unmittel­bar darauf werden die Dursleys von identischen Briefen überflutet, die alle an Harry gerichtet sind. Trotz vehementer, fast hysterischer Versuche, der Briefflut auszuweichen, erreicht Harry die Nachricht schließlich doch: die Einladung, zu Beginn des neuen Schuljahres die Zaubererschule Hogwarts zu besuchen.

Denn Harry ist ein Zauberer, und an der Seite des hünenhaften Wildhüters Hagrid beginnt für ihn ein neuer, abenteuerlicher und lebensgefährlicher Ab­schnitt seines Lebens.

Binnen kürzester Zeit entdeckt er gewissermaßen den „doppelten Boden“ der Wirklichkeit. Die Winkelgasse beispielsweise, oder die Koboldbank Gringotts, wo für ihn ein großes elterliches Vermögen aufbewahrt wird… und etwas, das Hagrid aus einer sicheren Geheimkammer mit nach Hogwarts bringt.

Harry sitzt bald darauf im Hogwarts-Express, der von Gleis neundreiviertel im Bahnhof King’s Cross abgeht. Und hier macht er schicksalhafte Begegnungen: er trifft auf den tolpatschigen Neville Longbottom, den rotschopfigen, todunglück­lichen Ronald Weasley, der bald zu seinem besten Freund wird, und er macht die Bekanntschaft mit einer unangenehmen Streberin namens Hermine Gran­ger, die vielleicht deshalb so unleidlich ist, weil sie… nun… ein Muggel ist, der zufälligerweise zaubern kann. Alle anderen sind mehr oder weniger ausschließ­lich Zaubererkinder, wenn auch nicht in der wenig beneidenswerten Lage, unter ignoranten Muggeln aufwachsen zu müssen – wie es Harrys Schicksal ist.

Und Harry muss noch etwas anderes entdecken: er ist nämlich eine Berühmt­heit, und dank einer blitzförmigen Narbe an seiner Stirn ist er sofort als derjeni­ge zu erkennen, der er ist, Harry Potter. Denn James und Lily Potters Schicksal rund zehn Jahre zuvor hat Hogwarts und die Zauberwelt insgesamt vor einer unheimlichen Gefahr bewahrt. Damals beherrschte der finstere und rücksichts­lose Lord Voldemort Hogwarts, Angst und Schrecken regierten, und wer Volde­mort in die Quere kam, starb eines grausamen Todes.

Die letzte Schreckenstat Voldemorts war der Angriff auf Harrys Eltern – und auf ihn selbst. Doch während seine Eltern starben, blieb Harry weitgehend un­verletzt… und Voldemort verschwand spurlos.

Manche glauben, er sei tot, doch die Handlung des Romans wird bezeugen, dass er alles andere als das ist. Er ist noch immer „irgendwo da draußen“ und wartet auf eine Gelegenheit, zurückzukehren. Er hat noch immer Anhänger, und als Hagrid das kostbar behütete Geheimnis aus der Tresorkammer von Grin­gotts mit zur Zaubererschule Hogwarts bringt, kommt die Zeit, da sich Volde­mort anschickt, zurückzukehren und sein Ziel endgültig zu erreichen: die Macht zu erlangen und Harry Potter zu vernichten…

Man mag über Harry Potter und den damit verbundenen wahnsinnigen Medien- und Merchandising-Rummel denken, was man möchte, in jedem Fall lohnt es sich einmal, einen Blick hineinzuwerfen. Und wenn man dann, wie in meinem Fall, das Buch innerhalb von nicht einmal drei Tagen ausgelesen hat, ausgiebig kichern konnte und die Figuren ins Herz geschlossen hat, dann ist ei­gentlich nur noch zu konstatieren: Rowling hat solide Arbeit geleistet und ein Buch verfasst, das man gerne liest, und dabei ist es relativ unabhängig, welches Alter man besitzt.

Gewiss gibt es ignorante Muggel wie meinen Arbeitskollegen Marcus, der die Nase über meine Lektüre rümpfte und auf die Frage hin, ob er das Buch denn kenne, ignorant antwortete: „Aus dem Alter bin ich ja wohl raus“ beziehungs­weise „Man kann nicht alles lesen“, aber das ist dann eine reichlich phantasielo­se und vorurteilsgetrübte Aussage. Nun, soll ihm der Spaß entgehen, den man mit diesem Roman hat. Wenn man selbst klüger ist…

Das Werk hat, bei allen Vorteilen hinsichtlich der Lesbarkeit und ausgesproche­nen Kurzweiligkeit, natürlich einige Nachteile. Der erste ist die sehr akzentuierte Darstellung der Charaktere, die anfangs sehr den Eindruck macht, als sollten Kli­schees bestätigt werden. Im Verlauf des Buches merkt man dann indes, dass durchaus nicht alles so ist, wie es scheint, und selbst für aufmerksame Leser ge­lingt es Rowling (fast), ganz zum Schluss eine überraschende Wendung einzu­bauen. Fast, sage ich, weil ich die Wendung eine Seite vorher ahnte. Natürlich ist diese klare Charaktereinstufung für Kinder gedacht, damit sie sich die Perso­nen besser merken können. Für ältere Leser wirkt das gelegentlich ein wenig aufdringlich.

Der zweite Nachteil ist verbunden mit der Kürze des Stoffes. Man lernt die Leu­te kennen, ja, aber leider ist das Lesevergnügen sehr schnell vorbei, so dass das Gefühl zurückbleibt, es handele sich um eine Form von Einleitung. Das ist zwei­fellos der Fall. Schon in diesem Roman sieht man deutlich den Entwicklungscha­rakter der Handlung, und man darf sehr gespannt sein, wie die „nächste Runde“ der Geschichte sein wird, an der ich schon lese (Vergnügen ist pro­grammiert!). In dieser Hinsicht muss ich meiner Brieffreundin Angelika Walter Recht geben, wenn sie Rowling fast in eine Reihe mit den Werken von Diana Ga­baldon rückt. Wobei auch ich Gabaldon von der Tiefe und der Lebensechtheit der Charaktere deutlich den Vorzug geben würde. Aber Gabaldon schreibt ja auch keine Kinderbücher.

Und Rowling hatte Harry für Höheres vorgesehen, was dann auch gleich einer self-fulfilling prophecy tatsächlich eintrat. Nachzulesen auf Seite 19 des Buches, noch vor Harrys Auftauchen: „…es würde mich nicht wundern, wenn der heuti­ge Tag in Zukunft Harry-Potter-Tag heißt – ganze Bücher wird man über Harry schreiben – jedes Kind auf der Welt wird seinen Namen kennen!“ Nun, was bleibt dem hinzuzufügen? So ist es gekommen.

Vielleicht ist nur das eine noch zu ergänzen zu dem Kritikpunkt, es sei ein Kin­derbuch – in demselben „Kinderbuch“ findet sich weit hinten folgendes weitere Zitat, was man jedem Menschen, ungeachtet des Alters, ins Stammbuch schrei­ben könnte: „Schließlich ist der Tod für den gut vorbereiteten Geist nur das nächste große Abenteuer.“

Immer noch der Meinung, dies sei nur ein Buch für Kinder?

Bleibt dabei. Und lasst die Leute, die klüger sind als ihr, Harry Potter lesen. Es lohnt sich.

© 2005 by Uwe Lammers

Wie schon erwähnt – verlasst euch nicht darauf, dass vermeintlich gut in­formierte Zeitgenossen der Auffassung sind, etwas sei nichts für sie. Es ist so einfach, in den Sumpf der dumpfen Vorurteile abzutauchen und sich auf diese Weise um ein möglicherweise sehr interessantes Leseabenteuer zu bringen, um nicht zu sagen, um ein Lesevergnügen, dass man das solchen Mitmenschen nicht überlassen sollte. Bildet euch besser selbst eine Meinung.

Jüngst habe ich derlei Vorurteilsbildung angesichts von E. R. James´ „Shades of Grey“ erlebt… und nein, ich gebe hier nicht wieder, was für abstruse Bemerkun­gen da kursierten. Aber ich gebe zu Protokoll, dass diese Vorurteile dann auf Ausschnitten aus dem ersten Film fußten, eine Kenntnis der Romane selbst exis­tierte nicht. Und bitte, wenn das dann keine verzerrte Wahrnehmung ist – jeder von uns weiß, dass eine Romanverfilmung üblicherweise sehr autonom von der Buchfassung steht, und das gilt nicht erst seit dem „Hobbit“, nicht wahr? – , dann habe ich noch keine zu Gesicht bekommen. Auch im Fall Harry Potter gibt es ohne Frage solche Klischeebildung.

Wie gesagt: bildet euch selbst eine Meinung.

In der kommenden Woche kommen wir zu einem ganz anderen Thema. Es geht ab in den Orient, den heißblütigen, zu einem ungewöhnlich gestalteten Ro­manabenteuer, wie selbst ich es selten gesehen habe.

Neugierig geworden? Dann schaut nächste Woche wieder rein!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.