Rezensions-Blog 210: Wüstenfeuer

Posted April 3rd, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer von euch meinem Blog schon längere Zeit folgt, weiß, dass ich durchaus ein Fan von Clive Cusslers Büchern bin und dennoch von Zeit zu Zeit, wenn mir die Entgleisungen zu abartig werden, auch vor barschen Worten nicht zurückschre­cke.

Das vorliegende Buch ist in meinen Augen ein besonders interessantes Exem­plar der langen Buchreihe des amerikanischen Thriller-Autors, der ja inzwischen – auch in diesem Fall – mit seinem Sohn Dirk zusammen schreibt. Wie so oft geht es in diesem Fall gegen finstere Schurken, wieder einmal sind Mysterien der Vergangenheit eingewoben, aber diesmal auf bemerkenswert geschickte Art und Weise, so dass ein vielschichtiger Roman entstanden ist, der seinen Ver­gleich mit den frühen Bestsellern des Autors nicht zu scheuen braucht.

Als ich „Wüstenfeuer“ anno 2012 las, war ich ziemlich verdutzt, unter diesem Titel alles andere als einen Wüstenroman vorzufinden (auf dem Cover ist denn auch Istanbul mit Bootszusatz abgebildet… Wüste stellt man sich irgendwie an­ders vor). Was auch immer die Verlagsverantwortlichen da geritten hat, kann ich nicht sagen. Aber hinter dem abstrusen deutschen Titel und dem bizar­rerweise passenden (!) Titelbild verbirgt sich ein interessanter Roman, der die Lektüre lohnt.

Warum sage ich das? Nun, lest weiter, dann erfahrt ihr mehr:

Wüstenfeuer

(OT: Crescent Dawn)

Von Clive Cussler & Dirk Cussler

Weltbild Quality

544 Seiten, TB

ISBN 978-3-86365-261-6

Aus dem Amerikanischen von Michael Kubiak

Fanatismus kann schlimmer als die Hölle sein, weil er sich nicht auf strikt ratio­nale Basis stützt, sondern oftmals auf diffuse Ängste oder nicht minder diffuse Wunschträume. Wer sich solch einer Lebenseinstellung verschreibt, und dabei ist es völlig gleichgültig, in welchem Kulturkreis wir uns bewegen, wirft nicht selten die Grundsätze der Menschlichkeit über Bord. Unterwegs in schicksalhaf­ter Mission begehen Männer und Frauen die schrecklichsten Verbrechen, gleichwohl fest davon überzeugt, einer gerechten Sache zu dienen. Dieses Buch enthält viele solche Aspekte und regt, wenn man das Thema philosophisch an­geht, sehr zum Nachdenken an. Doch der Reihe nach…

Östliches Mittelmeer nahe Zypern, 327 nach Christus1:

Eine römische Galeere mit Ruderern ist auf dem Weg in Richtung Byzanz, an Bord eine wichtige Fracht für die Kaiserin Helena persönlich. Die dreißig Solda­ten, angeführt vom Centurio Plautius, die für den Schutz der Fracht verantwort­lich zeichnen, entstammen der Elitetruppe der Scholae Palatinae, die sonst di­rekt die Unversehrtheit des Kaisers von Byzanz sicherstellen. Doch wiewohl das Ziel schon relativ nahe ist, gerät die geheime Fracht in Probleme, als zwei Pira­tensegler das Schiff angreifen. Es kommt niemals am Ziel an.

Portsmouth, England, anno 1916:

Während des Ersten Weltkriegs bricht die HMS Hampshire mit Lord Kitchener an Bord, dem einstigen Helden von Khartoum, zu einer Geheimmission nach Petrograd auf, dem späteren Leningrad, ungeachtet der Gefahr deutscher Kriegs-U-Boote und verlegter Minen. In letzter Sekunde wird noch eine schwar­ze Kiste an Bord gebracht, offiziell für einen Gesandten in Petrograd bestimmt, einen gewissen Sir Leigh Hunt.2

72 Stunden später explodiert die HMS Hampshire vor der schottischen Küste und versinkt mit fast der gesamten Besatzung. Später heißt es offiziell, eine von den Deutschen gelegte Mine habe das Schiff versenkt. In Wahrheit – in diesem Roman – ist dafür eine Höllenmaschine verantwortlich, und ihr Ziel war Lord Kitchener persönlich… sowie etwas, das in seinem Besitz sein soll, ein so ge­nanntes „Manifest“.

Gegenwart, Juli 2012:

Eine Reihe von Terroranschlägen erschüttert den Nahen Osten. Aufsehen erre­gend daran sind zwei Dinge – einmal gibt es niemanden, der dafür die Verant­wortung übernimmt, zum zweiten trifft es stets nur heilige Stätten. Bei einer Ex­plosion in einer Moschee im türkischen Bursa wird dabei ein Politiker getötet, der in Bälde gute Chancen bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei hätte. In Ägypten detoniert ein Sprengsatz in einer berühmten Moschee, und dann ist da noch der Diebstahl muslimischer Reliquien im Topkapi-Palast in Istanbul. Dummerweise werden die mörderischen Eindringlinge im Palast mit jemandem konfrontiert, mit dem sie eigentlich nicht rechneten, nämlich mit dem Direktor der National Underwater and Marine Agency (NUMA), Dirk Pitt.

Pitt ist eigentlich nicht auf Trouble aus, den er aber – wie der Leser aus zahlrei­chen Cussler-Romanen weiß – geradezu magisch anzieht. Diesmal ist er eigent­lich vor der türkischen Küste unterwegs, um hier die Quelle einer Meeresver­seuchung zu untersuchen. Dabei wird er zufällig Zeuge, wie ein Fischerboot sein Netz verliert, und da Pitt weiß, dass im östlichen Mittelmeer die häufigste Ursa­che, Netze zu verlieren, antike Schiffswracks sind, tauchen er und sein Kompa­gnon Al Giordino hinab und finden tatsächlich eins… und nicht nur dies, son­dern auch noch zwei kleine, aber sehr schwere Kisten, die sie mit nach oben bringen. Zu ihrer nicht geringen Verblüffung enthält die eine einen Schatz an Gold- und Silbermünzen aus osmanischer Zeit, das andere ist sogar eine echte goldene Krone, stark mit Korallen verkrustet.

Diese beiden Artefakte bringen sie nach Istanbul zu Professor Ruppé, einem Ex­perten für islamische Kunst, der sie zu untersuchen beginnt. Ersten Vermutun­gen nach datieren sowohl die Funde wie auch das Wrack offensichtlich ins 16. Jahrhundert. Aber die Krone scheint eine lateinische Inschrift zu tragen.

Während sie noch über dieses Rätsel grübeln – das auch der Leser zu diesem Zeitpunkt nur zum Stirnrunzeln bringt – , ereignet sich der erwähnte Überfall auf den Topkapi-Palast direkt nebenan, und Pitt und seine Frau, die Kongressab­geordnete Loren Smith, prallen unvermittelt mit den Angreifern zusammen, die offensichtlich ebenfalls von einer Frau (!) angeführt werden… und diese Terroristin kidnappt Loren als Geisel, was dann dazu führt, dass Pitt sie auf abenteuerliche Weise durch das nächtliche Istanbul verfolgt, seine Frau zurückholt und einen der Beutel mit der Diebesware sicherstellt. Dadurch zieht er sich den unerbittlichen Hass der Gegnerin zu, die „Miss Maria“ gerufen wird.3 Pitt ahnt natürlich nicht im Traum, wer das ist oder in was er hier hineingestolpert ist.

Die eigentlich ruhigen Tage in der Türkei gehören von nun an der Vergangenheit an: Gangster verfolgen die beiden am helllichten Tag und müssen mühsam ab­geschüttelt werden, was Lorens Nervenkostüm gar mächtig angreift. Wenig spä­ter erschweren die Behörden die Untersuchungen am osmanischen Wrack, und schließlich bringen unbekannte Gegner auch noch NUMA-Taucher um und be­stehlen die Expedition.

Für Dirk Pitt ist das Maß damit voll, zumal deshalb, weil die NUMA der Plünde­rung nationaler Schätze bezichtigt wird und man Pitts Organisation letztlich die Schuld am Tod der Taucher gibt! Von den Behörden ist also offensichtlich kei­nerlei Hilfe zu erwarten.

Da einer seiner Wissenschaftler entführt wurde, verfolgt er mit dem Experi­mental-U-Boot „Bullet“, das sowohl unter wie über Wasser fahren kann, sowie seinem Freund Al die Verbrecher und stolpert – zu seiner nicht geringen Über­raschung – wieder über die sinistre Maria, diesmal von ihrem Bruder Ozden flankiert. Außerdem finden sie ein Lagerhaus voller Plastiksprengstoff, der we­nigstens reicht, um ein ganzes Stadtviertel einzuebnen.

Erst sehr allmählich kristallisiert sich heraus, dass Ozden Celik, ein reicher Indus­trieller und einer der eingangs genannten Fanatiker – seine Schwester Maria Celik steht ihm da an mörderischer Wildheit nicht nach – daran arbeitet, eine is­lamistische Strömung um den Hetzprediger Battal in der Präsidentschaftswahl an die Macht zu bringen, und zwar als Marionette für seine eigenen Machtallü­ren. Um den Volkszorn anzuheizen, schickt er Maria nach Israel, damit sie mit­ten im Herzen des Judenstaates ein monströses Verbrechen begeht.

Zeitgleich dazu flechten sich zwei weitere Handlungsstränge in die Geschichte ein: Dirk Pitt junior, der eigentlich auch an der Expedition des Vaters mithelfen soll, wird kurzzeitig an ein israelisches Ausgrabungsteam in Cäsarea ausgelie­hen, wo er mit der schönen Sophie Elkin zusammenstößt, der Leiterin der Rob­bery Prevention Unit Israels, die der Ausgrabungsstätte einen Besuch abstattet, weil unkluge Publicity von der Entdeckung eines Grabes dort berichtet hat. Viel wichtiger als das ist aber der Fund von antiken Schriftrollen, die offensichtlich aus dem 4. Jahrhundert stammen.

Während es zwischen Dirk Pitt und Sophie zu funken beginnt, überfällt ein be­stürzend skrupelloses Verbrecherteam von Räubern die Ausgräber und beraubt sie. Es ist allein Pitts beherztem Handeln zu verdanken, dass die Sache nicht er­heblich schlimmer ausgeht.

Als Sophie in der Folge versucht, die Spur der gestohlenen Artefakte wieder auf­zunehmen, stolpert sie über einen Wissenschaftsautor namens Ridley Bannis­ter. Sie ahnt zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht, dass er in reger Verbindung mit der anglikanischen Kirche einerseits und einem prominenten Antiquitäten­sammler namens Oscar Gutzman steht.

Und um die Personalriege noch vollständig zu machen, taucht dann im nächs­ten Handlungsstrang auch noch Dirk Pitt seniors Tochter Summer Pitt auf. Sie ist eigentlich einem Projekt der NUMA vor der schottischen Küste zugeteilt, unter­stützt nun aber kurzfristig den Wunsch einer britischen Historikerin namens Julie Goodyear, zum Wrack der HMS Hampshire hinabzutauchen, das seit fast hundert Jahren auf dem Meeresgrund liegt.

Zu ihrer Bestürzung entdecken sie, dass die tödliche Verwundung, die das Schiff im Ersten Weltkrieg auf den Meeresgrund schickte, nach außen gebogene Kan­ten besitzt: ganz eindeutig wurde das Schiff nicht durch eine Mine versenkt, sondern durch eine Explosion im Innern. Summer kann von der Dimension der Zerstörung eine Munitionsexplosion ausschließen. Und nun beginnt sie Julie weiter zu unterstützen, um ihr – die an einer Kitchener-Biografie arbeitet – zu helfen, Indizien in diesem Fall zu sammeln. Diese Suche führt sie schließlich zu den Angehörigen der Familie Kitchener und zu einem Archiv der anglikanischen Kirche… und alarmiert leider selbige aufs Höchste, die selbst nach fast hundert Jahren Grund hat, derartige Nachforschungen tunlichst bereits im Ansatz zu un­terbinden.

Auf mehreren Ebenen gehen die Ereignisse des Romans weiter: die Suche nach den Hinterlassenschaften von Horatio Kitchener einerseits, die Frage nach den rätselhaften Geheimnissen des osmanischen Schiffswracks andererseits, und schließlich die höllischen Ziele der Geschwister Celik, die mit immer schlimme­ren Terrorakten ihren Traum vom aufsteigenden Halbmondreich am Bosporus verwirklichen wollen. Bald steht das Leben von Millionen Menschen auf dem Spiel, und nur eine kleine Handvoll tollkühner Männer steht zwischen der völli­gen Vernichtung und der Rettung. In vorderster Front: Dirk Pitt.

Und doch ist das noch nicht alles, worum es geht, denn es gibt noch ein Rätsel der fernen Vergangenheit zu lösen, einen Schatz zu finden, der alles in den Schatten stellt, was man sich ausmalen kann…

Wer also immer in diesem Buch nach Wüste sucht, wird völlig enttäuscht. Es gibt keine Wüste in dem Werk, und der Titel ist deshalb auch mit Abstand der fremdartigste und unpassendste, den man sich auf der Verlagsseite ausdenken konnte. Sinnvoller wäre wirklich „Aufsteigender Halbmond“ gewesen (das Ziel der Celiks), aber es sollte offensichtlich alles vermieden werden, was noch in­tensivere religiöse Bezüge erwecken könnte als die Szenerie ohnehin schon zeigt.

In einer Zeit nach „9/11“ und während des aussichtslosen „Krieges gegen den Terror“, der Hunderttausenden von Menschen schon den Tod gebracht hat oder die Entwurzelung und den Verlust aller Lebensgrundlagen, in einer Zeit, in der Syrien im Bürgerkrieg versinkt und islamisch-fundamentalistische Gewalt leider Gottes weit verbreitet ist, von Fatwas gegen islamkritische Schriften oder Kari­katuren ganz zu schweigen, stellte die Publikation dieses Cussler-Romans offen­sichtlich so etwas wie ein „heißes Eisen“ dar.

Nun, der potenzielle Leser kann beruhigt werden: es findet durchaus kein „Is­lam-Bashing“ durch Clive Cussler statt, ganz im Gegenteil. Die Celiks, die defini­tiven Böslinge dieses Werkes, sind keine fundamentalistischen Muslime, son­dern von krankhaftem Ehrgeiz und Machtgier zerfressene Fanatiker, die allein an Macht, Macht und noch einmal Macht interessiert sind und in ihrem Wahn alle religiösen Werte mit Füßen treten. Am deutlichsten merkt man das, wenn man liest, was sie für einen Terroranschlag in Israel vorhaben – ein Vorhaben, das jedem gläubigen Muslim das Herz in der Brust herumdreht, aber wirklich.

Interessant ist an diesem Werk dann auch etwas anderes – nämlich der Versuch einer ökumenischen Verknüpfung der Buchreligionen Islam, Christentum und Judentum, und dies innerhalb einer Thrillerhandlung eines Cussler-Buches. Klingt beinahe unmöglich, ist aber faszinierend in Szene gesetzt und gar nicht mal so schlecht gelungen, wie ich sagen muss. Das hat natürlich mit dem (oben nicht referierten) Schluss zu tun und mit jenem Schatz, der abschließend ge­sucht wird. Da hat es sich Cussler dann doch ein wenig arg zu einfach gemacht, wie gesagt werden muss. Das war dann zum Schluss eine leider eher schwache Leistung.

Überhaupt fällt ansonsten auf, dass die Actionelemente seltsam harmlos blei­ben, entweder so, als hätte man sie entschärft oder so, als hätte diesmal der Sohnemann Dirk Cussler den Großteil des Romans geschrieben (was vom Alter des Seniors her gut der Fall sein könnte). Die Gegenwart von Loren Smith ver­hindert beispielsweise wirkungsvoll irgendwelche – früher reichlich vorkom­menden – amourösen Abenteuer des alten Pitt (der übrigens so jung dargestellt wird, als ob er geliftet worden ist, das wirkt ein wenig absurd), und der junge Pitt kapriziert sich auf „Miss Sophie“, was aber auch durchaus folgenlos bleibt (die Gründe sollte man nachlesen).

Wirklich beeindruckend ist dann jedoch der detektivische Handlungsstrang um Kitchener, sein Tagebuch und das „Manifest“, das meines Erachtens einen viel zu hochtrabenden Namen besitzt, wie der Leser feststellen wird. Alles in allem und bei aller „Krawumm-Action“, die es natürlich dennoch gibt, macht der Ro­man einen eher vorsichtigen, fast zaghaften Eindruck. Nicht so richtig Fisch und auch nicht ganz Fleisch.

Dennoch: es gibt weitaus schlimmere Entgleisungen in der Reihe der Cussler-Romane. Dieses Werk würde ich zu den durchaus gelungenen zählen. Und wer beispielsweise etwas über die HMS Hampshire nachlesen möchte, der sollte sich nicht erstaunt zeigen, dass das Schiff tatsächlich zur angegebenen Zeit ver­senkt wurde und Horatio Kitchener mit ihm wirklich unterging. Und es würde mich nicht verblüffen, wenn das letzte Tagebuch tatsächlich verschollen wäre. Wer wissen möchte, was darin stand, sei auf diesen Roman verwiesen, da kann man das erfahren (grins).

Also: Klare Leseempfehlung!

© 2012 by Uwe Lammers

Doch, so vielschichtige Romanhandlungsebenen sind bei Clive Cussler in der jüngeren Vergangenheit eher die Ausnahme. Hier wurde recht gründlich gear­beitet, ungeachtet meiner oben gelegentlich angebrachten kritischen Untertö­ne.

In der kommenden Woche schwenken wir um und wechseln die Erdhalbkugel. Es geht nach Australien, Freunde, und es geht in den nächsten erotischen Kurz­zyklus. Wer schon neugierig die Augenbrauen zusammenzieht, sollte in sieben Tagen unbedingt wieder reinschauen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Im Buch selbst steht, und das ist der erste kapitale Schnitzer, „327 v. Christus“, was natürlich Blödsinn ist, wenn man sich ein bisschen in der Geschichte auskennt: es geht um eine Mission nach Byzanz, und diese Stadt, das spätere Istanbul, erhielt den Namen Byzanz erst im 4. Jahrhundert NACH Christus.

2 Das ist natürlich wieder ein Insidergag, den man nur dann versteht, wenn man weiß, dass Hunt ein vor we­nigen Jahren verstorbener Freund Clive Cusslers war, dem Cussler in diversen seiner Romane kurzweilige tra­gende Rollen zuschusterte, zumeist solche, in denen Hunt rasch verstarb. Diesmal bleibt es bei der kurzen Erwähnung, aber vorher wird er noch provisorisch geadelt….

3 Später gelegentlich als „Marie“ falsch geschrieben.

Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos,

gut Ding will Weile haben, sagt der Volksmund, und das trifft auch auf das Werk zu, dessen Erscheinen ich heute ankündigen darf. Wer mit mir seit Jahrzehnten in Briefkontakt steht, hat bereits vor langer Zeit von der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) gehört. Ich trug mich lange mit dem Gedanken, sie zu veröffentlichen, aber erst mit der E-Book-Form gab es das tatsächlich pas­sende Format.

Im Jahre 2017 kündigte ich das baldige Erscheinen dieses E-Books im Conbuch der 2. Perry Rhodan-Tage Osnabrück an… aber aus verschiedenen Gründen hat sich die Fertigstellung dann doch verzögert. Nun hat das Warten ein Ende, und ich denke, das Werk ist das Warten wert gewesen.

Was erwartet euch?

Nun, nichts Geringeres als der Einstieg in ein völlig neues Universum. Fünfzig Milliarden Jahre nach den Geschehnissen der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), in einem sehr viel späteren neuen Universum, beginnt der kosmische KONFLIKT zwischen der Macht TOTAM auf der einen Seite und Oki Stanwers Auftraggebern, den Sieben Lichtmächten und den Baumeistern auf der anderen von neuem.

Diesmal ist das Kampffeld eine legendäre kosmische Region, nämlich die Grüne Galaxis Bytharg, in deren Vorfeld die Kleingalaxis Pholyar existiert. Hier ist das kleine Sternenreich der reptiloiden Tasvaner emporgesprossen, deren Wunschziel dar­in besteht, das nahe Bytharg zu erreichen – ohne zu begreifen, was sie sich da­mit wünschen oder weshalb eigentlich.

Als der Versuchspilot Sketahr zu seinem Jungfernflug startet, ahnt noch nie­mand, dass dies der Beginn eines schrecklichen Abenteuers ist, das sowohl ihn als auch die tasvanische Nation Hals über Kopf in den Alptraum des KONFLIKTS hineinstürzen wird. In eine Welt voller furchtbarer Wesen und hasserfüllter Kämpfe, voll von fanatischem Glaubenseifer, einem Zorn, der die Jahrtausende durchglüht und die Weiten von Bytharg in einer unvorstellbaren Weise vergiftet.

Als kurz nach Sketahrs Start fremde Raumschiffe erscheinen und die „Neuen Herren“ ein rigides Regiment über die Tasvaner verhängen, begehren oppositio­nelle Kräfte umgehend auf, die „Widerstandsgruppe Osvehl“. Und dann ist da der rätselhafte Resacohn, der offensichtlich ganz eigene Pläne verfolgt…

Folgt mir in den voll entwickelten Oki Stanwer Mythos und damit in eine Welt, in der ihr bekannte Völker treffen werdet (Allis, Baumeister, Berinnyer, Dämo­nen von TOTAM, Sternenfeen… um nur ein paar zu nennen) und zahlreiche schreckliche Kreaturen aus TOTAMS Hierarchie, die zwischen KONFLIKT 2 (TI) und diesem KONFLIKT-Universum erstanden sind. Und folgt mir an legendäre Orte, die euch meist bislang nur dem Hörensagen nach bekannt sind: Arc, Bytharg, Koopen, Maran-Ghaal, um nur einige davon zu nennen.

Dies ist der Auftakt zu einem wahrhaftig die Grenzen sprengenden kosmischen Abenteuer – seid ab sofort dabei, auf Amazon-KDP, für nur 3,49 Euro!

Ich wünsche euch ein tolles Lesevergnügen.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

damit ist also das Jahr 2018 auch bereits überwunden und liegt hinter uns. In dem aktuellen Moment, da ich diese Zeilen schreibe, geht sogar schon der 1. Ja­nuar 2019 seinem Ende zu, und ich bin wohlig erschöpft von leckerem Mittag­essen, schmackhaftem Tee und zahlreichen munteren Runden Mah-Jongg mit meinem besten Freund. Das ist so die Art und Weise, wie ich traditionell Neu­jahr seit einigen Jahren begehe.

Ich blicke also spätestens ab morgen mit wieder aufgeladenem „kreativem Dy­namo“ in die Zukunft und freue mich auf ein ganzes Jahr voller inspirativer Her­ausforderungen, Treffen mit interessanten Leuten und auf eine Reihe von faszi­nierenden Projekten, die mir schon so vorschweben (Details dazu habe ich ges­tern schon im Silvesterblog 2018 angerissen).

Ich blicke heute auf das Jahr 2018 zurück und konstatiere durchaus stolz, dass ich insgesamt 311 Werke geschaffen und beendet habe (und noch mehr ange­fangen, aber das thematisiere ich hier jetzt nicht in erster Reihe). Der Monat Dezember kann sich dabei selbst auch sehr gut sehen lassen, kam er doch schließlich auf 33 beendete Werke. Well, viele davon waren Rezensionen, aber halt durchaus nicht alles. Am besten ist es, wir werfen mal gemeinsam einen Blick auf meinen kreativen Output des verstrichenen Monats. Das sah folgen­dermaßen aus:

Blogartikel 312: Work in Progress, Part 72

(OSM-Wiki)

(DER CLOGGATH-KONFLIKT – OSM-BUCH (Abschrift))

14Neu 57: „Sucht Leben!“

Anmerkung: Das ist der nächste Band des „Zeituniversum“-Zyklus, der schon 1985 geschrieben und jetzt digitalisiert und kommentiert wurde. Hier merkte ich schnell, dass ich kosmologisch damals doch ziemlich unbedarft war. So, wie ich damals das „Zeituniversum“ beschrieb, geht das eigentlich gar nicht… da wird von mir noch eine Menge Denkschmalz investiert werden müssen, ehe das tatsächlich Sinn ergibt.

14Neu 59: Auf der Suche nach Klivies Kleines

Anmerkung: Als ich diese Episode zum Digitalisieren jüngst herauskramte, musste ich beim Titel unweigerlich an einen alten Star Trek-Film denken („Auf der Suche nach Mr. Spock“). Ich nehme aber nicht an, dass ich mich da ange­lehnt habe. Soweit ich mich erinnere, hatte ich den Film Anfang 1985 noch gar nicht gesehen, und ob er mir titelmäßig bekannt war, vermag ich aktuell nicht zu sagen. Jedenfalls eine witzige Entdeckung.

14Neu 60: Der neue Kleines

Anmerkung: Aus Alt mach Neu bei Helfern des Lichts im OSM? Na ja, nein, so kann man das hier nicht wirklich sehen. Das ist schon deutlich komplizierter und vor allen Dingen dramatischer. Ich verweise für Details auf meine Blogartikelrei­he „Close Up: Der OSM im Detail“, wo ich schätzungsweise in Folge 12 auf diese Episode zu sprechen komme.

12Neu 49: Operation Antipol

12Neu 50: Aufbruch ins Nirgendwo

Anmerkung: Wer bricht hier von wo nach wo auf? Nun, die Person, die mit einer kleinen Flotte Raumschiffe ins „Nirgendwo“ aufbricht, ist niemand anderes als Oki Stanwer. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, um bessere Rückendeckung in der Galaxis Koopen zu haben (denkt an den Blogartikel 309!), damit die Atta­cken der Dämonenwaffen von TOTAM optimal abgewehrt werden können, dass es das Sinnvollste ist, die Baumeister zu suchen.

Prinzipiell ein guter Plan. Aber wo will er sie und ihre legendäre Heimatgalaxis Arc suchen? Die Baumeister sind schon seit Jahrtausenden spurlos verschwun­den und gelten allgemein als ausgestorben (was natürlich falsch ist). Oki und die Crew seines Flaggschiffs SCHATTENBRECHER fliegen in ein Abenteuer, des­sen Dimensionen sie sich überhaupt nicht vorstellen können.1

(12Neu 52: Flucht nach Yeltavoor)

(Sarittas Hilflosigkeit – Archipel-Story)

Anmerkung: Das war nur eine kurze Stippvisite in eins der zahlreichen begonne­nen Skripte des Archipels. Wie ihr merkt, haben mich dann doch andere Dinge deutlich stärker bewegt, sodass ich hier nicht sehr weit gekommen bin. Viel­leicht gelingt es mir anno 2019, hier deutlich voranzukommen.

14Neu 58: Eine Welt negiert!

Anmerkung: Wie geht das wohl, dass „eine Welt negiert“? Im „Zeituniversum“, und da befinden wir uns mit diesem Band, benötigt man entropische Energien in unglaublicher Menge. Warum das gemacht wird und wer das tut? Das erzäh­le ich euch ebenfalls genauer in den „Close Up“-Artikeln der näheren Zukunft, vertraut mir.

(14Neu 61: Attentat auf Oki Stanwer)

12Neu 51: Sturm über Calnier

Anmerkung: Hier muss ich immer vorsichtig sein, was ich andeute, da diese Serie ja „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ ist, die in diesem Jahr sukzessive in E-Books umgewandelt und regulär veröffentlicht werden soll. Das hier ist schon eine ziemlich fortgeschrittene Episode, die 1990 geschrieben wurde und bei der Abschrift doch ziemlich reduktionistisch herüberkam. Die werde ich qua­si neu schreiben müssen, weil sie a) so unbeholfen ist, b) so vieles darin fehlt und sie c) voller Fehler steckt, Schreibfehler und inhaltliche. Da habe ich mir manches Mal beim Abschreiben die Haare gerauft, ehrlich, Freunde…

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

Blogartikel 309: Legendäre Schauplätze 11: Koopen

(12Neu 53: Inferno in Bytharg)

Anmerkung: Sobald ich diese Episode wieder vor mir auf dem Schreibtisch lie­gen hatte, krampfte sich ein wenig mein Herz zusammen. Denn mir war zwar nicht mehr im Detail bekannt, was ich vor 29 Realjahren geschrieben hatte, doch der Tenor blieb mir immer erinnerlich, und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, dass das Echo dieses „Infernos“ durch die Jahrmilliarden im OSM hallt.

Warum betone ich das so? Vielleicht habt ihr euch mal gefragt, warum die Be­rinnyer auf dem Planeten Swamp/Dawson/Shoneei in KONFLIKT 19, also rund 35 Milliarden Handlungsjahre von der Handlung dieses Bandes entfernt, immer noch Panik empfinden bei der bloßen Erinnerung an den „Letzten Krieg“ – das ist genau DAS Geschehen, was in dieser Episode anfängt. Hier werdet ihr Dinge erleben, die ich aktuell kaum in Worte zu fassen wage…

Ich wusste seit Februar 2007, als ich mit der kommentierten Abschrift dieser Serie begann, dass der Tag kommen würde, wo ich auch in diesen grässlichen Bereich vorstoße. Aber dass es so lange dauern würde, ahnte ich beim besten Willen nicht. Im begonnenen Jahr 2019 werde ich wohl noch eine Menge zu die­sen Ereignissen schreiben. Lasst euch da mal überraschen.

Sodele, und damit war der Monat dann schon wieder Vergangenheit. In der kommenden Woche beame ich euch ins 22. Jahrhundert und mache vielleicht ein wenig Appetit auf das E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“.

Macht es gut und bis bald, Freunde!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Wer übrigens den Schiffsnamen SCHATTENBRECHER irgendwie zu kennen scheint, der hat offensichtlich mei­nen Fortsetzungsroman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA) gelesen. Denn ja, dort trifft der Totenkopf Shylviin auf einen anderen Totenkopf, der einst, als er noch lebte, Teil der Crew der SCHATTENBRECHER war. Das war genau während der oben beginnenden Expedition.

Liebe Freunde des OSM,

ja, und damit erreichen wir also heute das Ende der Fahnenstange bei den pos­sierlichen Holmes-Comicabenteuern von Veys und Barral. Da beißt die Maus keinen Faden ab, das ist unabweislich so, dass auch die nettesten Geschichten mal ein Ende haben müssen. Mit einem sechsten Album hätten uns die beiden aber voraussichtlich keinen Gefallen getan, wenn man entdeckt, wie schwer sie sich schon damit tun, hier die 52 Seiten zu füllen.

Dennoch… das Abenteuer um das sprechende Pferd ist ungemein interessant, und ich habe anno 2011, als ich für die Rezension ein paar historische Zusatzre­cherchen durchführte, einiges aufgestöbert, was ihr vielleicht so noch nicht wusstet. Es hat definitiv seine Vorteile, wenn man als Rezensent a) passionier­ter Leser, b) studierter Historiker, c) ausgewiesener Phantast und d) Holmes-Fan ist.

Ihr werdet es sehen, ihr müsst nur ein Stückchen weiterlesen…

Baker Street 5:

Sherlock Holmes und das sprechende Pferd

(OT: Baker Street – Le Cheval qui murmurait à l’oreille de Sherlock Holmes)

Piredda-Verlag

Von Pierre Veys & Nicolas Barral

Berlin 2010

52 Seiten, geb.

ISBN 978-3-941279-39-1

Sherlock Holmes ist ein Genie, selbst wenn manche Zeitgenossen daran allge­mein Zweifel hegen möchten, und ein Genie hat natürlich gelegentlich die Nar­renfreiheit, über die Stränge zu schlagen, exzentrisch zu sein oder… nun… etwas schwierig im Umgang. Niemand weiß das besser als Dr. John Watson, M. D., sein bester Freund und Chronist. Und es gibt nichts, was Watson mehr fürchtet als Zeiten der allgemeinen Ruhe. Denn ihm ist klar, was das bedeutet: dass der schlimmste Feind eines Sherlock Holmes seinen erbarmungslosen Generalangriff auf die Nerven seines Freundes startet: die Langeweile!!!

So ist es auch in diesem verregneten Herbstes eines – wie üblich – nicht be­nannten Jahres. Tristesse zieht in die Baker Street 221B ein, kaum dass Holmes und Watson ihr neues Maskottchen, den Elefanten Harold1, bei den Freunden vom „Club der tödlichen Sportarten“2 abgegeben haben.

Es regnet.

Mrs. Hudson poliert schon die Geländer im Haus vor Langeweile.

Und bei Holmes liegen die Nerven blank („Ein Fall! Ein Fall! Ein Fall!“, kreischt Holmes, nicht umsonst, und etwas später schwadroniert er: „Sind denn alle Kri­minellen Londons und des ganzen Vereinigten Königreichs auf einen Schlag ehr­lich geworden?“). Selbst seine treue Geige gibt den Geist auf und wird in einem rasenden Anfall von furienhafter Verzweiflung zertrümmert – man fühlt sich wie bei ausrastenden Rockstars, die ihre Hotelzimmer zerlegen…

Was für ein Glück, dass es Inspektor Lestrade gibt, der in seiner typisch trotteli­gen Art und Weise eher beiläufig auf eine Reihe rätselhafter Diebstähle aus Ka­sernen des Landes zu sprechen kommt. Und ehe er begreift, was los ist, findet er sich schanghait von Watson und dem jählings wieder von Elan ergriffenen Holmes, der sich mit der Wildheit eines Bluthundes auf den neuen Fall stürzt.

Der freilich beschert Watson erst Ratlosigkeit und schließlich einen dicken Kopf (das hat mit Afghanistan zu tun, aber das sollte man selbst nachlesen, es wirft nicht eben ein schmeichelhaftes Licht auf ihn, und natürlich auch nicht auf Le­strade). Holmes indes ist in seinem Element: ein Dieb, der hoch wichtige Pläne auf dem Schreibtisch liegen lässt, aber stattdessen (gelegentlich) einen Speise­plan mitgehen lässt? Der in ein schwer bewachtes Armeeobjekt eindringt, ohne Spuren zu hinterlassen?

Fürwahr, das ist die Medizin, die Holmes genesen lässt.

Die Spur führt nach Maidstone zum Zirkus Barum, wo Lestrade, Watson und er einer Zirkusvorführung zuschauen und ein bemerkenswertes Wesen treffen – das „sprechende Pferd“ Bukephalos3, das eigentlich nicht spricht, sondern zählt, dies aber höchst akkurat. Und dieses Pferd ist es dann schließlich auch, das den Täter überführt, auf eine äußerst interessante Art und Weise…

Im Anschluss an diese Geschichte, die den Großteil des Heftes ausmacht, folgen noch ein paar Vignetten, möchte ich sagen, die selten mehr als zwei Heftseiten füllen, was eigentlich bedauerlich ist. So nähern sich die Verfasser gewisserma­ßen dem ersten Heft der Baker Street-Reihe wieder an, das ja recht ähnlich strukturiert war. Man hat als Leser darum am Schluss dieses Bandes das unwei­gerliche Gefühl, dass den Verfassern die Ideen ausgingen und sie den Großteil ihres Pulvers in Band 3 und 4 verschossen haben.

Einerlei – die Geschichte mit dem „sprechenden Pferd“ ist interessant genug4, aus zwei Gründen. Zum einen, weil Holmes´ Erklärung, wie Bukephalos „arbei­tet“, in sich schlüssig und plausibel ist (nein, ich bin nicht so gemein und verra­te, wie das geht – es ist wirklich bemerkenswert und hat nichts mit Zauberei zu tun!). Und zum zweiten, weil sie hier ein reales Vorbild verarbeiten, auf das es sich einzugehen lohnt:

Das Vorbild für Bukephalos in diesem Band trug den Namen „der Kluge Hans“. Hans war ebenfalls ein Pferd, genauer genommen, ein Pferd aus der Rasse der Orlow-Traber, etwa im Jahre 1895 geboren. Es gehörte dem Schulmeister und Mathematiklehrer Wilhelm von Osten und war imstande, die Aufgaben seines Lehrers von Osten mit Hufklopfen oder Nicken bzw. Schütteln des Kopfs korrekt zu beantworten. Mehr noch: das gelang selbst dann noch, nachdem eine 13­köpfige wissenschaftliche Kommission der Preußischen Akademie der Wissen­schaften das Tier im September 1904 testete, wenn Fremde in Abwesenheit von Ostens dem Pferd die Aufgaben stellten. Anfang des 20. Jahrhunderts kam also ernsthaft die Frage danach auf, ob Pferde ähnlich intelligent oder sogar in­telligenter sein könnten als Menschen… und das ist eine durchaus phantasti­sche Frage, die indes der absoluten Realität entstammt und weniger über Pfer­de denn über Menschen aussagt, besonders über die Begrenztheit von Wissen und über Wunschdenken.

Das Geheimnis des „Klugen Hans“ wurde dann von dem Studenten Oskar Pfungst gelöst und hatte enormen Einfluss auf die experimentelle Psychologie. Von Osten wollte davon freilich nichts wissen und hielt an seiner Deutung des intelligenten Pferdes fest. Er starb im Jahre 1909, doch der Nachbesitzer des „Klugen Hans“, der Kaufmann Karl Krall, führte in Elberfeld weiterhin Experi­mente mit ihm durch und trainierte auch noch andere Tiere, die so genannten „rechnenden Pferde von Elberfeld“ (etwa seine Pferde Muhamed und Zarif) auf diesem Gebiet weiter.

Leider, muss man sagen, endete die Geschichte tragisch, und daran sind die Zeitläufte schuld: im Jahre 1916 wurden Hans und die anderen Pferde aus Kralls Gestüt für den Einsatz im Ersten Weltkrieg herangezogen, in dem insbesondere auch Hunderttausende von Pferden umkamen. Die Spur von Hans verliert sich hier… und man muss wohl annehmen, dass Hans mit zu den Tieren gehört, die auf diese schreckliche Weise von der Knochenmühle des Krieges zermahlen wurden, ungeachtet ihrer Talente.

Wer mehr über dieses faszinierende Kapitel der Zeitgeschichte erfahren möch­te, sei auf die WIKIPEDIA-Seite „Kluger Hans“ verwiesen, die diesem Teil meiner Rezension als Grundlage diente. Auch interessant scheinen mir die Literaturver­weise darauf zu sein. Nicht nur Oskar Pfungsts „Das Pferd des Herrn von Osten“, sondern besonders auch der Beitrag „Review of Oskar Pfungst’s Das Pferd des Herrn von Osten“ von John Watson (!)5 im „Journal of Comparative Neurology and Psychology 18“, 1908, S. 329-331. Ganz zu schweigen von dem süß betitel­ten Aufsatz von Heike Baranzke: „Nur kluge Hänschen kommen in den Himmel. Der tierpsychologische Streit um ein rechnendes Pferd zu Beginn des 20. Jahr­hunderts“, in: Friedrich Niewöhner, Jean-Loup Seban (Hg.): Die Seele der Tiere. Wolfenbütteler Forschungen, Bd. 94, Wiesbaden 2001, S. 333-379.

Man merkt hieran deutlich: es ist immer wieder überraschend, was geschieht, wenn jemand intelligente, tiefgründige Comics erschafft, die eine direkte Schnittfläche sowohl mit der Phantastik einerseits – denn Holmes und Watson sind als Phantasieprodukte nun einmal durchaus phantastischer Natur – als auch mit der realen Historie andererseits besitzt. Ich bin von solchen „Crossover“ regelmäßig erfreut.6 In dieser Hinsicht bin ich Holmes vermutlich ein wenig ähnlich – die intellektuelle Herausforderung macht einen wesentlichen Teil des Lesevergnügens für mich aus. Beizeiten wird sich das noch mehr erweisen, denn ich bereite gerade eine Rezension zu dem Buch „Das Geheimnis des Geigers“ vor, das moderne Sherlock Holmes-Geschichten enthält und jüngst ausgelesen wurde.7

Doch zurück zu dem Baker Street-Album: schade, dass das Vergnügen schon vorbei ist. Und auch diesmal gilt, mit kleinen Einschränkungen: klare Leseemp­fehlung!

© 2011 by Uwe Lammers

Natürlich gibt es alsbald auch einen weiteren mehrteiligen Zyklus zu bespre­chen. Jetzt, wo ich (im November 2018) diesen Beitrag schreibe, lese ich mich mit enormer Begeisterung etwa durch die Trilogie „Lost in you“ von Jodi Ellen Malpas, die ich euch zweifellos alsbald auch noch vorstellen werde. 2020 oder so, denke ich, denn die Beiträge bis Ende Juni 2019 sind jetzt bereits durchge­plant, und es gibt so viele interessante Werke, die besprochen werden wollen, ehe ich an die Malpas herangehe (Nachtrag vom 26. März 2019: Dieser Zyklus bekam im aktuellen Jahr sogar noch einen vierten Teil, der inzwischen ebenfalls gelesen und rezensiert wurde… beizeiten stelle ich euch diese vier tollen Bücher zweifellos vor).

In der kommenden Woche kommen wir zu Clive Cussler und seinen NUMA-Abenteuern zurück. Lasst euch überraschen, welchen Band ich mir dann vor­nehme.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu die Alben „Baker Street 3“ und „Baker Street 4“ bzw. die Rezensions-Blogs 201 (30. Januar 2019) und 205 (27. Februar 2019).

2 Vgl. dazu das Album „Baker Street 2“ bzw. den Rezensions-Blog 196 (26. Dezember 2018).

3 So hieß übrigens, und da hätte es der Fußnote im Comicalbum nicht bedurft, soviel althistorische Kenntnis­se besitze ich durchaus, das Pferd Alexanders des Großen in der Antike. Allerdings kann man natürlich nicht bei allen Lesern ein historisches Studium voraussetzen, insofern sollte ich also nicht so garstig denken, son­dern das für freundliche Kulanz seitens des Verlages halten.

4 Und nein, das Titelbild führt mal wieder karikierend zu weit, wenn es das Pferd mit Karodecke, Hut und Pfei­fe analog zu Sherlock Holmes zeigt. So verkleidet ist es in realiter dann doch nicht.

5 Da Holmes´ Kompagnon Dr. John Watson, M. D., eine fiktive Figur ist, können wir ausschließen, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt. Aber ich fand allein schon die namentliche Koinzidenz absolut drollig, wie man sich vorstellen kann.

6 Das konnte man ja auch an dem Fall von J. J. Preyers „Sherlock Holmes und der Fluch der TITANIC“ sehen. Die Rezension ist für den Rezensions-Blog in Vorbereitung.

7 Langjährige Leser meines Rezensions-Blogs kennen diese Rezension inzwischen natürlich. Vgl. dazu den Re­zensions-Blog 29 (14. Oktober 2015).

Wochen-Blog 316: Legendäre Schauplätze 12: Leucienne

Posted März 24th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute könnt ihr mir mal an einen wirklich mysteriösen Ort folgen, Freunde… eine der mit Abstand eigentümlichsten Galaxien, die es im Oki Stanwer Mythos überhaupt gibt. Das hat zum einen mit der Tatsache zu tun, dass es sie in die­sem KONFLIKT gewissermaßen doppelt gibt.

Gewissermaßen? Wie meine ich das? Ist sie nun doppelt oder nicht?

Jein, muss ich sagen. Das ist eine unheimliche Sache, und die jagt sowohl den Bediensteten der Sieben Lichtmächte, den Baumeistern, Angst ein als auch den sonstigen Beauftragten der Ordnungsmächte, also dem amtierenden Matrixko­ordinator, dem HÜTER. Er hat in diesem KONFLIKT, KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL), den Dienst angetreten, nachdem sein Vorgänger, der LEUCHTENDE, in der Galaxis Arc während KONFLIKT 20 ermordet worden war.

Und als der HÜTER im aktuellen KONFLIKT-Feld auftaucht, stellt er schnell fest, dass hier eigentlich überhaupt nichts stimmt.

Seinen Instruktionen zufolge sollte Oki Stanwer in der Galaxis La Sheem jol Kar­rah („Die Ebene des Lichts“) ein Vielvölkerimperium aufbauen, die TAA PHES­KOO. Das ist deshalb erforderlich, weil TOTAM in der Galaxis Bytharg ist. Okay, die ist 80 Millionen Lichtjahre weit entfernt, und man sollte eigentlich anneh­men, das ist eine enorme Distanz… tja, aber das ist leider falsch. TOTAM hat sei­ne Fühler ausgestreckt und ist in La Sheem jol Karrah aktiv.

Zu dumm ist nur: in allen Funksprüchen, die der Matrixkoordinator aus dieser Sterneninsel auffängt, wird sie „Leucienne“ genannt. Es handelt sich aber unbe­streitbar um die Galaxis, die die Baumeister für diesen KONFLIKT klar struktu­riert haben. Aber warum heißt sie auf einmal anders?

Das ist nur ein peripheres Problem, das im Kontext mit dem KONFLIKT auf­taucht. Ehe ich dazu Näheres sage, sollte ich euch mal in einem Auszug Leuci­enne selbst vorstellen, damit ihr euch ein Bild machen könnt:

Handlungsschauplatz dieser 21. Serie des OSM ist die Ringgalaxis Leucienne, die rund 1982 Millionen Lichtjahre von der nächsten Bezugsgalaxis namens Hun’arc entfernt ist. Etwa auf halbem Weg zwischen ihnen liegt ein Ort, an dem einst die Galaxis Arc der Baumeister Bestand hatte, aber das ist ohne Belang.

Leucienne hat eine Länge von 230.000 Lichtjahren und eine Breite von 72.500 Lichtjahren. Die mittlere Höhe beträgt 43.080 Lichtjahre, die Dicke der drei Rin­ge von jeweils innen nach außen abgestuft 6.900, 5.210 und 3.005 Lichtjahre. Zwischen jedem Ring befindet sich ein Halo aus Sonnen und Materieresten. Schematisch sieht das in etwa so aus wie in der nebenstehenden Abbildung: [leider kann die handschriftliche Zeichnung hier nicht reproduziert werden. UL]

Die mit I bezeichnete Zone ist das Zentrum, die II stellt den Inneren Zentrums­ring dar, die III den Äußeren Zentrumsring, in dem sich auch das System Veesh-No befindet, in dem die ersten sechs Bände der Serie spielen. IV ist entspre­chend der Randring der Galaxis Leucienne.

Leucienne ist das Zentrum eines Galaxienclusters, zu dem elf größere Galaxien (knapp so groß wie Leucienne selbst) gehören. Außerdem gehören etwa vierzig Sternenhaufen verschiedenster Größen und Formen zu dem Cluster, der an drei Seiten von völligem Nichts umgeben ist, da er an einem großen kosmischen Leerraum liegt, in dem sich außer ein wenig Dunkelmaterie über mehr als acht­zig Millionen Lichtjahre hinweg nichts befindet.

Auf den anderen Seiten, als Verlängerung der Diagonalen eines gedachten Raumkubus, befinden sich weitere Cluster mit mehr oder minder stark besetzten Milchstraßengruppen. Der massivste davon ist der so genannte Enaygin-Cluster, dessen nächste Galaxis von Leucienne rund 11,4 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Dieser Cluster hat einen Durchmesser von knapp 150 Millionen Lichtjahren, und seine Form ist stark elliptisch abgeplattet, während der Leucienne-Cluster, dessen Durchmesser rund 45 Millionen Lichtjahre beträgt, eher zerfasert und kaum organisiert wirkt. Das erklärt sich aus dem Alter. Leucienne ist rund 4,9 Milliarden Jahre alt, wohingegen Enaygin und die dazu gehörigen Cluster-Gala­xien ein Alter von nicht ganz 3,1 Milliarden Jahren aufweisen.

In Leucienne hat das dazu geführt, dass sich insbesondere im Randring Zivilisatio­nen entwickeln konnten. Von ihnen ist allerdings als einzige die in den Inneren Zentrumsring emigrierte Zivilisation der Sinarer übrig geblieben (manchmal heißt es auch, sie habe sich dort entwickelt). Alle anderen Kulturen scheinen in einem verheerenden kosmischen Krieg untergegangen zu sein. Die acht anderen Zivilisationen, die auf Raumfahrttechnologie bauten und bereits interstellare Kolonialreiche errichtet haben, kommen aus dem Äußeren Zentrumsring.

Tja, Leucienne ist wirklich exotisch strukturiert, soviel steht also fest. Einmalig im Universum. Es kann also nicht sein, dass der HÜTER sich im Zielanflug geirrt hat. Aber wie er bald erschüttert entdeckt, hat er sich wohl nicht nur in dem Punkt des Namens der Galaxis geirrt, sondern auch in der Zeit.

Denn in Leucienne, in der zahlreiche rivalisierende Sternenzivilisationen ent­standen sind, kursiert eine Legende. Die Legende über den „Fürsten“ und sein Reich, die TAA PHESKOO, die vor vielen Jahrtausenden im Kampf gegen das „Ewige Reich“ untergegangen sei. Es gibt auch zahlreiche Ruinen aus dieser Zeit, die eindeutig belegen, dass das stimmt. Und ja, der alte Name für Leucienne in jenen Tagen war „La Sheem jol Karrah“.

Insoweit stimmt also alles.

Aber das ist alles schon graue Vergangenheit? Der KONFLIKT gegen TOTAM – die Macht, die hinter dem „Ewigen Reich“ steht – ist verloren worden? Aber wenn das so ist… wo ist dann Oki Stanwer, der „Fürst“? Warum hat TOTAM Leucienne nicht besetzt?

Irgendetwas stimmt hier überhaupt nicht.

Und das ist noch sehr zahm ausgedrückt.

In der Handlungsgegenwart arbeitet eine Vielvölker-Organisation, die man am ehesten als eine Form interkosmischer UNESCO charakterisieren könnte, ener­gisch daran, die Relikte der Fürsten-Zeit zu sichern und zu erforschen. Darunter sind erstaunlich viele Stationen und Artefakte der Hochtechnologie, und wer immer sie für sich nutzen kann, erzielt einen politischen und militärischen Vor­teil in Leucienne.

Denn der politische Background der Sterneninsel sieht so aus, dass zwei Macht­blöcke sich hier unversöhnlich gegenüberstehen – zum einen die durchgeistig­ten, humanoiden Sinarer, die aus dem Inneren Zentrumsring Leuciennes stam­men und technisch die Vorherrschaft besitzen. Zum anderen gibt es die bären­gestaltigen Meshorer, ein Volk brachialer, militaristischer Kommissköpfe, könnte man plakativ sagen, die eine staatssozialistische Struktur etabliert haben und die galaktische Hegemonie erringen wollen. In ihrer Doktrin gibt es den Ernst­fall, man nennt das „DIE PROVOKATION“, und wenn dieser Fall eintritt, ist ein galaktischer Krieg im Grunde nicht mehr zu vermeiden. Beide Machtblöcke ste­hen sich misstrauisch und hochgerüstet gegenüber, allein die kleine, eingangs erwähnte „UNESCO“-artige Organisation, die Lyosh-Cevaan, wagt es, zwischen den Fronten zu wandern und im Grenzland dieser Reiche so genannte Fürsten-Stationen zu explorieren.

Damit fängt die Serie eigentlich ursächlich an – auf dem Planeten Höolyt, for­mell im Einflussbereich des meshorischen Imperiums, wird eine Fürsten-Station entdeckt. Als eine Lyosh-Cevaan-Delegation hier landet, gerät sie in einen Hin­terhalt und in Gefangenschaft bei den Planetenbewohnern, den käfergestalti­gen Oheetirs.1

Schnell wird klar, dass das so genannte „Ewige Reich“ auf Höolyt interveniert und darauf abzielt, die Meshorer zu provozieren, so dass sie DIE PROVOKATION für gegeben halten und die Galaxis in einen Krieg stürzen.

Dummerweise ist das alles nur die Oberfläche.

Denn die meisten Beteiligten sehen nur einen kleinen Ausschnitt der wahren Probleme. Der erste, der auf abenteuerliche Weise mit einem weiteren Blick konfrontiert wird, ist der sinarische Verbrecher Shishoy, der in einem von einer kosmischen Trümmerschale fast komplett verschlossenen Sonnensystem etwas findet, das man als „Korrelatorschleuse“ bezeichnet. Das ist eine Art Dimensi­onsportal, das auf die „andere Seite“ führt.

Und diese „andere Seite“ hat es wirklich in sich: dort befindet sich nämlich, Ob­acht!, die Galaxis Leucienne. Aber sie heißt dort „La Sheem jol Karrah“! Und dort befindet sich Oki Stanwer, der mit seinem Sternenreich, der TAA PHESKOO im finalen Abwehrkampf gegen die Schergen des Ewigen Reiches steht!

Nein, das ist keine Zeitreise, die man damit durchmacht, wenn man das Portal durchschreitet. Die Dinge liegen deutlich komplizierter, und es dauert, bis das zutage kommt (wobei wesentliche Handlungsträger wie etwa der HÜTER auch weiterhin im Dunkeln stochern und nichts kapieren):

In den Endtagen der kriegerischen Auseinandersetzung um La Sheem jol Karrah tauchten Wesen eines rätselhaften Volkes auf, das die Baumeister nicht kann­ten! Das ist für sie schon mal sehr alarmierend, weil sie üblicherweise ALLE Völ­ker im Universum kennen.

Nun, die VESKOY kannten sie nicht.

Und schlimmer noch: die Veskoy verfügten über Technologie, die den Baumeis­tern ebenfalls unbekannt und nachgerade unheimlich war. Sie boten der TAA PHESKOO und Oki Stanwer an, die Gefahr durch das „Ewige Reich“ auszuschal­ten… und obwohl die Baumeister mahnten und warnten und dies alles als Falle TOTAMS bezeichneten, nahm Oki Stanwer die Hilfe an.

Und die Veskoy spalteten die Wirklichkeit.

Sie kopierten gewissermaßen einen Raumsektor von Hunderten von Millionen Lichtjahren und alterten alles, was darin ist, um Tausende von Jahren. Die Folge war, dass alle Kämpfer des Bösen, die sich dort aufhielten, quasi sofort zu Staub zerfielen. Nachteil: die Kämpfer des Lichts waren von diesem neuen Schauplatz isoliert, da er buchstäblich „auf der anderen Seite“ des Universums lag. Es gab nur einen Berührungspunkt mit La Sheem jol Karrah – die Korrelatorschleuse im Trümmersystem auf der anderen Seite der Wirklichkeit.

Dort existierten zwar langlebige Fürsten-Stationen und einige im Tiefschlaf be­findliche Diener des Lichts, so genannte „Grauhäutige“, aber ansonsten entwi­ckelten sich dort drüben neue Sternenvölker mehr oder minder ohne Kontakt zur Vergangenheit.

Schlimmer noch: die Baumeister zogen sich aus dem Raumquadranten zurück, weil ihnen die ganze Angelegenheit unheimlich geworden war und sie die Auf­fassung vertraten, dass die Veskoy „natürlich“ von TOTAM gesandt worden sein müssten, um das finale Inferno auszulösen.

Das passte zwar überhaupt nicht zu ihren Handlungen, aber anders konnten sich die Baumeister ihre Existenz und ihre Technologie wirklich nicht erklären.

Dummerweise war die Macht TOTAM auch den Veskoy einen entscheidenden Schritt voraus.

Im kopierten Raumquadranten existierte nun auch die Galaxis Bytharg auf bei­den Seiten der Wirklichkeit. Und dort war, um einen monströsen Rassenkrieg zwischen den Völkern der Sargoy und der Berinnyer einzudämmen2, ein Instru­ment geschaffen worden, das man den „Erinnerungssender“ nannte. Ein fried­liebender Shonta3 hatte diese Installation getätigt, und sie war so robust, dass sie auch die Alterungsprozesse auf der „anderen Seite“ mühelos überstand.

Nun kapert TOTAM diese Installation auf der „anderen Seite“ und verwendet sie dazu, Leucienne mittels Agenten zu unterwandern. Wie das genau geht und was die Ayk damit zu tun haben, das würde jetzt zu weit führen.

Die Situation der Gegenwart ist jedenfalls vertrackt, um es mal sehr vorsichtig auszudrücken: Oki Stanwer steht in La Sheem jol Karrah mit dem Rücken zur Wand und bereitet seine Evakuierung durch die Korrelatorschleuse nach Leuci­enne auf die „andere Seite“ vor. Gleichzeitig arbeiten TOTAMS Agenten ebendort daran, dort einen galaktischen Krieg zu entfesseln – also eigentlich ge­nau das, vor dem Oki Stanwer seine Anbefohlenen in Sicherheit bringen möch­te. Hat TOTAM Erfolg mit dieser Strategie, läuft Oki Stanwer mit den evakuie­renden TAA PHESKOO-Truppen quasi ins offene Messer.

Übel? Oh ja.

Aber es gibt ein paar Lichtblicke, die im ersten Moment obskur klingen mögen. So hat der Sinarer-Verbrecher Shishoy schon eine Menge der hinterlistigen Plä­ne durchschaut. Dummerweise ist er inzwischen in Denkhaft und kann quasi nichts mehr tun.

Und dann gibt es noch einen in die Galaxis Bytharg verschlagenen Alassor Sesh-ghy-Taa, der dorthin von einem fehlgesteuerten Grauhäutigen verschleppt wur­de. Er trifft hier in den Ghettos einer Sumpfwelt namens Zorraskin auf echsen­hafte Gestaltwandler, die sich Darassahuurer nennen – das sind gewissermaßen die Berinnyer-„Kopien“ dieser Seite des Universums. Und sie werden kontrolliert von… Totenköpfen.

Genauer: von Totenköpfen und den Sargoy, die sich hier mit TOTAM verbündet haben. Aber, und das ist jetzt das haarsträubende Problem, den Totenköpfen ist nicht zu trauen – sie sind mehrheitlich autonom und leiden unter dem Heim­weh-Syndrom. Darassahuurer-Totenköpfe etwa haben Mitleid mit ihren unter­jochten Artgenossen und helfen ihnen. Und als Sesh-ghy-Taa dort auftaucht, teilweise symbiontisch mit einem berinnyischen Helfer des Lichts von der ande­ren Seite verbunden (ich nenne nur mal der Vollständigkeit halber seinen Na­men: Vavaquashloon), da ersinnt eine junge Darassahuurerin namens Sinuujal­hed (kurz: Sinuu) einen wahnsinnigen Plan – die Darassahuurer und die Toten­köpfe sollen den Aufstand gegen TOTAM wagen, und zwar mit Oki Stanwers Hil­fe.

Das klingt vollkommen verrückt, nicht wahr? Immerhin sind Totenköpfe und Oki Stanwer Todfeinde. Und dass die Totenköpfe gegen TOTAM rebellieren, ist ein völlig aberwitziger Irrsinn.

Nein, sagt ein abgeklärter Totenkopf da, das ist so nicht richtig. Es gäbe eine Möglichkeit, daraus Realität werden zu lassen – aber dafür müsse er seinen Vor­gesetzten fragen, die oberste Instanz der Totenköpfe… ein Wesen, das man den Totenkopf-Propheten nennt…4

Ihr seht also – es ist nicht zwingend so, dass Leucienne dem sicheren Untergang geweiht ist… aber ich möchte auch nicht bagatellisieren. Es wird in jedem Fall sehr, sehr eng werden. Und dieses ungeheuerliche Bündnis Oki Stanwers mit dem Totenkopf-Propheten ist mit weitem Abstand das Erstaunlichste, was ich je geschrieben habe.

Indes ist das auch kein wirklich leichter Stoff – denn so, wie ich mich erst an die Erkenntnis der „doppelten“ Galaxis Leucienne/La Sheem jol Karrah“ gewöhnen musste, ist es auch mit solchen Dingen wie dem Erinnerngssender, dem Ayk-Netz oder eben den rebellischen Totenköpfen gewesen. Ihr merkt das auch dar­an, dass ich ich an der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ bereits mit großen Abständen seit dem 30. Januar 1988 schreibe.

Es wird höchste Zeit, dass ich damit zu Rande komme? Da habt ihr Recht, Freunde. Aber ihr kennt meine irrlichternde, erratische Kreativität. Es ist nicht so einfach, hier stringent am Thema zu bleiben. Ich will dennoch schauen, dass ich in diesem und im nächsten Jahr noch ein gutes Stück vorankomme. Drückt mir dafür mal die Daumen.

Soviel für heute zum „legendären Schauplatz“ namens Leucienne. Ich hoffe, ich war in meiner Argumentation nicht zu verwirrend – es ist ein verwirrendes Uni­versum, dieser KONFLIKT 21. Aber ihr spürt sicherlich selbst, welches Potenzial die Storyline birgt. Und genauso soll das ja auch sein.

Macht es gut und bis nächste Woche!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Wer hier übrigens grübelnd aufhorcht und sich denkt, das klinge irgendwie sehr vertraut, der erinnert sich womöglich an meine Geschichte „Heimweh“ (2003), die sich im E-Book-Format nachlesen lässt, oder an den Abdruck des Fortsetzungsromans „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ (2010) im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA), der auf Höolyt seinen Anfang nimmt und den Oheetir-Mönch Shylviin als Handlungsperson hat.

2 Ich empfehle euch zum vollen Verständnis dieser Situation die Lektüre der neuen OSM-Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (im E-Book ab 2019), weil ihr dort die Grundlagen dieses Rassenkonflikts mitbekom­men werdet.

3 Tja, die nächste Überraschung, Freunde. Die Shonta kennt ihr ja als technisch versierte schwarze Zwerge aus KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, aber die vorliegende Serie spielt fast 100 Milliarden Jah­re in der Handlungszukunft. Folgerichtig haben sich natürlich auch die Shonta evolutionär weiterentwickelt. Sagte ich schon, dass die Shonta ein sehr wichtiges OSM-Volk sind? Nein? Na schön, dann wisst ihr es jetzt.

4 Tja, und wer bei dieser Erwähnung dann einmal mehr zusammenfährt, der tut gut daran, sich an das E-Book „Mein Freund, der Totenkopf“ und den OSM-Roman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“ zu entsinnen, wo er ebenfalls erwähnt wird. Im KONFLIKT 21, also der Serie, in der Leucienne und Bytharg im Brennpunkt des kosmischen Krieges stehen, taucht er dann tatsächlich in realiter auf. Die entsprechenden Episoden sind al­lerdings zurzeit noch nicht geschrieben.

Rezensions-Blog 208: Im Land der Messer

Posted März 20th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich denke, es ist kein Geheimnis, dass ich Robert Howard schätze, so distanziert ich heutzutage auch der Fantasy-Literatur in toto gegenüberstehe. Das heute vorzustellende Buch ist in mehrerlei Hinsicht eine positive Abwechslung, selbst für Leser, die gleich mir Fantasy eher fern stehen. Zum einen handelt es sich nicht wirklich um Fantasy, selbst wenn es – aufgrund des Autors – unter diesem Label vermarktet wurde. Wenn wir uns darauf einigen, dass wir es hier mehr mit einer blutrünstigeren Version eines frühen Indiana Jones zu tun haben, kommt man dem Inhalt der Geschichten in diesem Band näher.

Zum zweiten, daraus resultierend, befinden wir uns hier eben gerade nicht in der argumentativen Falle, in der viele heutige Fantasy-Autoren stecken, die munter den Fabelwesenkanon und die Struktur ihres Tolkien munter kopieren und in verschiedensten Abwandlungen mit neuen Reichen, Welten und Völkern auf Aberhunderten oder Abertausenden von Seiten auswalzen. Im Vergleich dazu hat Howard nämlich eine dramatische und außerordentlich kurz angebun­dene Prosa geschrieben. Manche der heutigen Nachahmer schaffen auf fünf­hundert Seiten nicht das an Atmosphäre und Dramatik auszudrücken, was Ho­ward auf 30 Seiten gelingt.

So kurz also das heutige Werk auch sein mag, und so tippfehlergesättigt und zu­dem nur noch antiquarisch zu erhalten – es ist die Suche zweifellos wert. Nach dem Rezensions-Blog 170 („Der Dolch mit den drei Klingen“) vom 27. Juni 2018 liegt nun der zweite Band mit Erzählungen um diesen Helden Howards vor. Stürzt euch also mal mit mir in das Abenteuer um El Borak, der die Wildnis des Afgha­nistan und des Osmanischen Reiches kurz vor und nach Ende des Ersten Welt­kriegs durchstreifte:

Im Land der Messer

(OT: Son of the White Wolf)

von Robert E. Howard

Terra Fantasy 77

Rastatt 1980

162 Seiten

Aus dem Amerikanischen von Dagmar Hartmann

Robert Erwin Howard, der alte Brieffreund Howard Phillips Lovecrafts und Schöpfer beispielsweise von „Conan“, der im Jahre 1936 – eigentlich auf der Höhe seines Erfolges – aus familiären Gründen Selbstmord beging, ist im Fanta­sy-Genre der Gegenwart aus durchaus verständlichen Gründen eine Ikone, und mit seinem Tod nahm die Popularität eher noch zu. Heutzutage nehmen viele Leser allerdings zu Unrecht an, dass Howard seinen Erfolg in erster Linie „Co­nan“ zu verdanken hatte, der freilich seine bekannteste Figur geblieben ist, nicht nur aufgrund der Adaption in Comicversion oder im Film.

Hugh Walker, selbst deutscher Fantasy-Autor und Redakteur der im Pabel-Ver­lag erscheinenden Terra Fantasy-Taschenbuchreihe, ist es zu verdanken, dass ein erheblicher Teil von Howards sonstigen Werken dem Leser in Übersetzun­gen während der späten 70er und frühen 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zu­gänglich gemacht wurde. So konnten wir neugierigen Jungleser damals die Be­kanntschaft mit Howardschen Helden wie Bran Mak Morn, der Schwarzen Agnes, Solomon Kane und dergleichen machen. Und wir stellten verblüfft fest, dass Howard sich in historischen Romanen herumtrieb, dass er klassische Aben­teuergeschichten schrieb, die man heutzutage in die Nähe von „Indiana Jones“ rücken würde und Piratengeschichten verfasste. Da es die Terra Fantasy-Reihe nicht mehr gibt, kann man nur mutmaßen, wie groß Howards Oeuvre in Wahr­heit gewesen ist. Meines Wissens gibt es keine deutsche Howard-Gesamtausga­be. Das wäre zweifellos eine spannende Sache.

Einer seiner Helden, von denen ich auch noch nichts wusste, ist Francis Xavier Gordon, auch „El Borak“ genannt – ein junger Amerikaner, der Anfang des 20. Jahrhunderts die Weiten des wilden Afghanistan und des kaum minder exoti­schen Arabien durchstreift. Solche Staaten wie den Irak oder Saudi-Arabien gibt es noch nicht (sie sind Folgeprodukte des Ersten Weltkriegs), zu El Boraks Zeiten dehnt sich hier – historisch korrekt – das osmanische Weltreich aus, das am Ende des Ersten Weltkriegs zerbricht und sich in Territorialstaaten auflöst. Es ist unschwer zu erkennen, dass Howard mit El Borak eine Person geschaffen hat, die wie üblich ein alter Ego seiner selbst war. Er schrieb die Abenteuer nieder, die er – und viele seiner oft jugendlichen Leser – zu gern selbst erlebt hätten.

Dieser Band enthält drei unterschiedlich lange Geschichten über El Borak und transportiert die ihm eigene Moralität. Walker skizziert im Vorwort kurz den „Helden“, auf dass wir ihn uns bildlich vorstellen können: „Hier also ist Francis Xavier Gordon, genannt El Borak, stark, furchtlos, so sonnengebräunt, dass er in seiner afghanischen Kleidung im Lande längst nicht mehr als Fremder gilt. Er hat glattes, schwarzes Haar, wie das eines Indianers, und seine Augen sind so schwarz wie das Haar. Sein Name klingt aus allen Geschichten, die man sich in den Karawansereien und Basaren von Teheran bis Bombay erzählt…“

In „Das Blut der Götter“ verschmelzen zwei Handlungsstränge, die am Ende auf schreckliche Weise kulminieren: Eine Gruppe gewissenloser Banditen unter ihrem Anführer Hawkston ist auf der Suche nach einem Mann namens Al Wazir und seinem Schatz. Angeblich ist er spurlos verschwunden, aber auf irgendeine Weise hat Hawkston erfahren, dass der einstige Russe, den die Araber Al Wazir nennen, sich als Einsiedler in entlegene Berge zurückgezogen hat, wo er medi­tative Erleuchtung sucht. „Das Blut der Götter“, eine Handvoll sagenhafter Rubi­ne, hat er dabei offenbar mit sich genommen.

Zu dumm: ausgerechnet der Abenteurer El Borak hat Al Wazir einst dabei ge­holfen, in die Berge zu gelangen, und als dieser nun erfährt, dass Hawkston zu dem Russen auf dem Weg ist, beschließt er, den Einsiedler zu warnen. Um den Weg abzukürzen, durcheilt er jedoch die Wüste, obgleich er weiß, dass er dabei Stammesgebiet von Shalan ibn Mansour zu durchqueren hat. Und mit Mansour verbindet ihn eine Blutfehde. Wenn Mansour oder jemand seines Clans Gordon entdeckt, ist er des Todes.

Nun, Howard wäre nicht Howard, wenn es nicht genau so dramatisch käme, wie der Leser das befürchtet…

Im Land der Messer“, mit Abstand die längste Erzählung des Buches, beginnt etwas unerwartet im fernen Amerika – Stuart Brent, ein Spieler und Abenteu­rer, erhält von dem in seinen Armen sterbenden alten Freund Stockton den Auf­trag, sich nach Kabul zu begeben, um dort Kontakt mit einem Mann namens Francis Xavier Gordon zu suchen, den man El Borak nennt. Er solle ihm ausrich­ten, dass die Schwarzen Tiger einen neuen Prinzen hätten, den man Abd el Kha­fid nenne. Sein wahrer Name sei jedoch Wladimir Jakowitsch. Er solle sich an ei­nem Ort namens Rub al Harami aufhalten, der Stadt der Diebe…

Brent nimmt diesen Auftrag an – aber schon die nächste Blende zeigt ihn dann in Afghanistan, als abgerissenen, gefesselten Gefangenen wilder Einheimischer, die ihn in die hohen Berge Afghanistans verschleppen, und zwar an einen Ort namens Rub al Harami, wo er als Sklave verkauft werden soll. Schlimmer noch: Brent entdeckt, dass er seit seinem Aufbruch in San Francisco verfolgt worden ist, von jenen Agenten der Schwarzen Tiger, die auch Stockton getötet haben… womöglich also droht ihm ein schlimmeres Schicksal als der Tod, wenn er in die Hände jener Leute fällt, vor denen er El Borak warnen sollte.

Und tatsächlich steht er bald darauf jenem Mann gegenüber, Jakowitsch, der ei­nen wahnwitzigen Plan verfolgt, den offensichtlich nur eine einzige Person ver­hindern kann, eben jener rätselhafte El Borak, der aber nicht gefunden werden kann…

Die Titelgeschichte „Der Sohn des weißen Wolfs“ ist die kürzeste und letzte Sto­ry des Bandes. Sie spielt in den Endtagen des Ersten Weltkriegs in Arabien. In ihr wird der legendäre Lawrence von Arabien erwähnt, der wesentlichen Anteil daran hatte, dass das heutige Saudi-Arabien vom türkischen Kernland abfiel. In Lawrences Diensten ist auch Francis Xavier Gordon unterwegs… doch die Ge­schichte fängt auf der Gegenseite an.

Die deutsche Geheimagentin Olga von Bruckmann ist unterwegs in Arabien und muss Geheimdokumente von Bagdad nach Damaskus bringen. Dabei macht sie mit einem Begleiter Halt in einem Bergdorf namens El Awad… und wird jählings überrascht von einem Angriff türkischer Soldaten, angeführt vom Leutnant Osman. Osman hat seinen Kommandanten erschossen und ist mit seiner Trup­pe auf dem Weg in die Unabhängigkeit, um unter dem Banner des weißen Wolfs ein neues Reich aufzubauen. Er hat dem Islam abgeschworen und über­fällt El Awad, um Frauen für sein neues Reich zu entführen, unter ihnen dann auch die deutsche Agentin.

Sein Problem: einer der männlichen Dörfler entkommt dem Gemetzel schwer verwundet. Und dieser Mann namens Yusef stößt in der Wildnis auf seinen Freund El Borak und erzählt ihm von den Vorkommnissen. El Borak verspricht dem Sterbenden, dass die Mörder sterben würden, er schwöre es.

Doch Francis Xavier Gordon ist allein. Die Soldaten, die unter seinem Komman­do stehen, sind nicht einmal in der Nähe. So entschließt er sich, zunächst als Einzelkämpfer die Spur der Feinde zu verfolgen, wobei er – kurios genug – die deutsche Geheimagentin retten kann, ehe sie geschändet wird. Danach ist er mit ihr zusammen aber wieder auf der Flucht, verfolgt von Osmans Fanatikern… und er gerät bald darauf vom Regen in die Traufe…

Robert Howards große Stärke ist unbestreitbar seine zeitlos kraftvolle Prosa, die durch und durch abenteuerlich, wild und ungestüm daherkommt. Das zeichnet diese Geschichten aus, die sich wie von selbst lesen. Ganz gleich, ob sie dreißig oder sechzig Seiten lang sind, man wird vom enormen Schwung der Erzählung einfach mitgerissen wie vom Wasser eines Wildbaches. Dass er dabei vielfach auf archaische Strukturen zurückgreift, auf geradezu archetypische Argumenta­tionsmuster, dass Ehre viel und Leben wenig gilt, dass Frauen im Grunde ge­nommen – hier wenigstens – kaum ein individuelles Eigenleben führen dürfen an der Seite der kernigen, gnadenlosen Kriegernaturen, die er schildert, das muss man einfach als Leser in Kauf nehmen und es Howards eigenem Ethos und seiner Zeit zurechnen (wenn man sich die in derselben Zeit entstandenen Doc Savage-Romane anschaut, hat man hier recht ähnliche Muster, auch wenn die­se Romane lange nicht so blutrünstig sind wie die Werke Howards).

Natürlich gibt es auch ein paar editorische Schnitzer, die dem überkritischen Le­ser die Lektüre etwas vergällen könnten. Das Titelbild von Boris Vallejo bei­spielsweise, das ist natürlich ohne Bezug zum Inhalt, das kann man sich schon denken. Ärgerlicher ist dann, dass Hugh Walker in der Einleitung behauptet, die Geschichten seien „in chronologischer Folge“ abgedruckt. Das stimmt nicht, wie man schnell entdecken kann. Auf Seite 54, d. h. in der ersten Geschichte, ist schon unübersehbar zu erkennen, dass sie nach 1924 spielen muss, wohinge­gen die Titelstory, die ja am Ende der Anthologie steht, anno 1917 handelt.

Auch misslich ist der Fehlerdschungel, den sich das damalige Pabel-Lektorat bei diesem Band leistete. „Bombey“ statt „Bombay“, „daß“ und „das“, „torbulent“ statt „turbulent“, „führ“ statt „für“, „im“ statt „ihm“ usw… das erschwert das Le­sen dann doch manchmal recht stark. Aber solche Fehlerwildnis ist in damali­gen Taschenbüchern gang und gäbe. Dies allein sollte den heutigen Leser, der das Buch zweifellos nur noch antiquarisch findet, nicht davon abhalten, es zu suchen, wenn er wirklich mal auf kraftvolle, wilde Fantasy-Prosa steht.

Ich würde sagen: durchaus ein Buch, das man nicht vergessen sollte und immer mal wieder eine Entdeckung wert.

© 2013 by Uwe Lammers

Ihr merkt schon, ich war vor sechs Jahren wirklich ziemlich beeindruckt von der Storysammlung. Nach wie vor halte ich sie für äußerst lesenswert und würde sie vielen moderneren Werken strikt vorziehen.

In der kommenden Woche betrachte ich den letzten Teil der fünfteiligen Comicreihe „Baker Street“ von Veys und Barral, der wieder mal das Zwerchfell er­schüttert. Lasst euch da mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 315: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 4

Posted März 16th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

da bin ich also wieder und bereit, euch in die nächste Etappe des KONFLIKTS 14 zu begleiten. Ich war bei Band 15 der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ angelangt, heute stelle ich euch so knapp als möglich die Handlung der Episoden 16-20 vor.

Ohne lange Vorrede gleich munter voran:

Rückblick: In der Galaxis Hun’arc irgendwo in den Tiefen des 14. Universums des OSM ist das Reich der insektoiden Cranyaa entstanden. Seit 700 Jahren wird es von dem Orakel auf der Wüstenwelt Yurok spirituell geleitet und darauf vorbe­reitet, unter dem Feldherrn Oki Stanwer die Angriffe TOTAMS abzuwehren. Doch TOTAM hat die Galaxis bereits unterwandert und greift nun nach dem Reich der Cranyaa.

Im Zentrum von Hun’arc ist das Vielvölkerreich der Dämonenwaffe Rookax ent­standen, das die Völker der Mogolker, der Soogrer, Calnarer, Synox und Tsoffags umfasst. Im 700. Jahr ihres imperialen Bestehens greifen die Tsoffags massiv das Cranyaa-Reich an und zwingen es zu Boden. Alles scheint bereits verloren zu sein, da auch das Orakel einem Angriff zum Opfer fällt… doch da erscheint mit der Lichtfestung OREOC der zweite Helfer des Lichts, das Kristallwesen Klivies Kleines, das zielstrebig damit beginnt, Rookax´ Reich als Quell des Bösen zu be­kämpfen.

Während an der Position der Cranyaa-Brutwelt Sayliih sich ein Dimensionstun­nel öffnet, das Schicksal der Tsoffags erfüllt und der Planet TOTAM erscheint, greift Kleines Rookax´ Machtbasen im Herzen von Hun’arc an. Auf dem Planeten der ausgelöschten Mogolker-Spezies zerstört er die Rookax-Stelen, und kurz dar­auf fällt auch Rookax´ Ursprungswelt, die „Düsterwelt“, einem Angriffsschlag OREOCS zum Opfer.

Fatal daran ist, dass Kleines dabei auf der detonierenden Dunkelwelt zurück­bleibt und nun als tot gilt. Es ist nur ein geringer Trost, dass den anderen Besat­zungsmitgliedern die Flucht von der sterbenden Welt gelingt und sie den Soog­rer Goonex mit sich nehmen können. Rookax entfesselt nun seinen paramenta­len Furor und hetzt die Soogrer gegen OREOC und seine Besatzung…

Episode 16: Stoßtrupp nach Suriloom

(8. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Klivies Kleines gilt als tot. Die mental gestörte Lichtfestung OREOC realisiert das offenkundig nicht, sondern beschließt, die Mission fortzuführen. Die Mission, die darin besteht, nacheinander die restlichen drei Hilfsvölker der Dämonen­waffe Rookax von deren Einfluss zu befreien. Dass die tropfenförmigen Genfor­scher aus dem Volk der Soogrer das scheinbar gar nicht wollen, tangiert OREOC nicht.

Die Lichtfestung versteckt sich im Heimatsystem der Soogrer und schickt die drei Cranyaa Lasa-On, Kama-Ke und Olom-Ra sowie Goonex auf Spähmission zum Dschungelplaneten Suriloom, der im Soogrer-Zentralsystem liegt.

OREOC ist derweil der festen Überzeugung, dass Kleines noch am Leben sein muss… aber seine mentalen Impulse kommen zeitgleich aus drei verschiedenen Sonnensystemen – jenen Systemen, in denen die Rookax-Dienervölker der Soogrer, der Calnarer und der Synox leben. OREOC kann sich das nicht erklären.

Während sie noch darüber nachgrübelt, wie das möglich ist, plant Rookax OREOCS Vernichtung – die Dämonenwaffe rüstet eine Flotte mit 8069 Kampf­schiffen aus, deren primäres Angriffsziel nach OREOCS Vernichtung die Zentral­welt der geschwächten Cranyaa sein soll: Wislyon.

Auf Suriloom stoßen die vier Gefährten auf ein heikles Problem. Hier haben die Soogrer eine neue Armee für Rookax generiert. Nach dem inzwischen ausge­löschten Tsoffags und den eher missratenen Nuusen ist nun das Klonvolk der raubtierhaften Moogs entstanden. Und sie sind mental instabil…

Episode 17: Die genetische Armee

(9. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Schauplatz Suriloom: Die vier Freunde von Klivies Kleines, drei Cranyaa und der aus Rookax´ paramentalem Bann befreite Soogrer Goonex sind hier unterwegs, um Schwachstellen der Dämonenwaffe auszukundschaften und vielleicht weite­re Soogrer auf ihre Seite zu ziehen.

Sie geraten mitten in einen ausbrechenden Aufstand – die genetische Armee der raubtierhaften Moogs entläuft der Kontrolle ihrer Erschaffer und beginnt damit, sie umzubringen.

Einer von ihnen jedoch hört auf einmal eine innere Stimme, die ihn zu zielge­richtetem Handeln anleitet. Der Hordenführer namens Gruhl macht auf diese Weise einen rasanten Intelligenzsprung durch. Er wird während des Ausbruchs Zeuge, wie seine Artgenossen ein seltsames Wesen töten. Die innere Stimme kennt solche Wesen eigentümlicherweise – es handele sich um einen Cranyaa, der sicherlich nicht allein sei. Er solle umgehend die anderen suchen.

Die Lichtfestung OREOC, die derweil auf der ersten Welt des Systems, dem Glut­planeten Onotaak, Zuflucht gesucht hat, fängt zwei Funksprüche auf. Einer ist stark verstümmelt, stammt aber offenbar von Klivies Kleines! Er redet von dä­monischer Gefahr und dem dritten Helfer des Lichts, doch es ist kein klarer Sinn darin zu erfassen.

Schlimmer ist der zweite Funkspruch, den Rookax selbst absetzt. Er verkündet OREOCS Geheimversteck und verrät den Stoßtrupp nach Suriloom. Die Jagd geht von neuem los…

Episode 18: Kleines´ schwarzes Gefängnis

(14. Januar 1984, digitalisiert 2014)

In die Enge getrieben beschließt die Lichtfestung OREOC, die letzte Option wahrzunehmen: aus ihren Vorratsräumen holt sie die Lichtroboter, kristallin-energetische Vernichtungseinheiten, die mit verheerender Primärenergie ge­füllt sind und die man in ihrem Vernichtungsdrang nicht aufhalten kann. OREOC schickt die Lichtroboter gegen die Standorte der Rookax-Stelen los.

Annähernd gleichzeitig eskalieren auch sonst die Ereignisse. Die Soogrer entde­cken OREOC auf Onotaak und beginnen mit konzentriertem Beschuss. Und auf dem Dschungelplaneten Suriloom stoßen Lasa-On, Kama-Ke und Goonex auf die blutrünstige genetische Armee. Doch ehe sie von ihnen auf bestialische Weise umgebracht werden können, hält der Hordenführer Gruhl seine Artge­nossen in Schach… und dann spricht er fast völlig normal und gibt sich als Gruhl, dritter Helfer des Lichts, zu erkennen. Gerade noch rechtzeitig hat die Essenz des Helfers, vorher als mentale Stimme in Gruhls Verstand spürbar, die Kontrolle übernommen. Für den Cranyaa Olom-Ra kommt allerdings jede Hilfe zu spät.

Gruhl spürt außerdem über die Helfer-Kopplung, dass OREOC Recht hatte – Kleines lebt tatsächlich noch, offenkundig auf Senaax, der Hauptwelt der Soog­rer. Sie brechen hastig dorthin auf.

Dummerweise ist das nicht die ganze Wahrheit – kurz vor dem Untergang der Düsterwelt ist Klivies Kleines qua seiner Kristallessenz mit einer Rookax-Stele auf der sterbenden Welt eine Symbiose eingegangen und hat sie wie ein Trans­mitterportal benutzt… was nicht völlig funktioniert hat. Seither ist seine Essenz auf Tausende von Standorten in Rookax´ Reich verstreut. Mühsam zieht er seine Bestandteile auf Senaax zusammen und bricht aus dem schwarzen Gefängnis der dortigen Kristallstele aus. Es eilt – denn die Lichtroboter sind bereits unter­wegs, um die Stele zu vernichten… und im Zweifelsfall auch ihn selbst, wenn er im Weg sein sollte…

Episode 19: Todesmission TOTAM

(28. Januar 1984, digitalisiert 2014)

Handlungsblende: Während Kleines und seine Freunde Abenteuer im Reich der Dämonenwaffe Rookax erleben, ist anstelle der Brutwelt Sayliih ein fremder, schwarzer Planet erschienen – TOTAM. Das Reich der Cranyaa ist weitgehend in Chaos und Passivität versunken, aber es gibt noch einzelne Kommandanten, die aktionsfähig sind.

Zu diesen Personen gehört die Cranyaa-Kommandantin Mani-Ul mit ihrem Kreuzer HUHLEG, der nun leichtsinnigerweise direkt diese fremde schwarze Welt ansteuert und auf ihr landet. Offensichtlich gibt es hier keine Städte oder sonstigen Strukturen, die auf Leben schließen lassen, auch keinerlei Meere oder Vegetation. Ansonsten sind die Daten auf verstörende Weise völlig wider­sprüchlich.

Und dann, kaum sind sie gelandet, bricht der Terror aus – die Dämonen Ormun und Drenosa, die nach TOTAM zurückgekehrt sind, überfallen den Kreuzer und säen Tod und Chaos in die Reihen der Besatzung…

Schließlich erteilt das Wesen TOTAM dem Dämon Ormun noch einen Spezial­auftrag: er soll sich ins Zentrum von Hun’arc begeben und dort eine Wesenheit auslöschen. Er versteht diesen Auftrag nicht, macht sich aber auf den Weg… denn eigentlich ist doch die Dämonenwaffe ROOKAX ein Diener TOTAMS. Oder etwa nicht?

Episode 20: Der dritte Dämon

(12. Februar 1984, digitalisiert 2014)

Schauplatz TOTAM: Der Cranyaa-Kreuzer HUHLEG ist dem Untergang geweiht. Die gesamte Besatzung ist unter dem Terror der Dämonen umgekommen und zu Untoten gemacht worden… nein, nicht die gesamte. Ein Cranyaa, der Or­tungsoffizier Ureg-Ni, wurde vom Dämon Drenosa versucht, ist dann aber auf rätselhafte Weise spurlos verschwunden, als wäre er teleportiert. Aber Parafä­higkeiten sind bei Cranyaa generell unbekannt.

Ureg-Ni findet sich verwirrt mitten im Innern der Hohlwelt TOTAM wieder, wo massenhaft Raumschiffe gefertigt werden. Eine geheimnisvolle mentale Stimme verwirrt ihn und stürzt ihn in Angst und Schrecken. Er versteht die Welt nicht mehr, nur soviel ist ihm klar: er ist auf einer Welt voller Feinde gefangen und unweigerlich dem Tode geweiht, wenn nicht so etwas wie ein Wunder gesche­hen sollte.

Das Wesen TOTAM weckt derweil den dritten Dämon Awurkk und instruiert ihn und Drenosa, dass sie weitere Pläne in die Tat umsetzen sollen: zunächst sollen die Knochenstraßen errichtet werden, um magisch-psionische Verbindungspfa­de in weitere Galaxien zu bahnen und den KONFLIKT auszudehnen. Und dann vergibt die Macht des Bösen Spezialaufträge: Drenosa soll die gut 600.000 Lichtjahre entfernte Galaxis Wukarin aufsuchen. Awurkk soll sich um einen wei­teren Helfer des Lichts kümmern, den TOTAM Hunderttausende von Lichtjahren entfernt ausgemacht hat, ein Wesen namens UCHULON, das umgehend zu ster­ben hat.

TOTAMS Pläne schreiten unerbittlich voran, und das Licht scheint beständig an Boden zu verlieren…

Wo ist nur Oki Stanwer? Wird er erst auf der kosmischen Bühne erscheinen, wenn alles zu spät ist…?

Soweit die Handlung der Episoden 16-20 der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, mit denen ich nun schon in der Schreibzeit des Februars 1984 gelan­det bin. Wie ihr gesehen habt, diversifizieren sich die Handlungsorte zuneh­mend, und die Dramatik steigert sich allmählich. Mit der Galaxis Wukarin, neu­en Helfern des Lichts und gefährlichen Langzeitplänen der dämonischen Prot­agonisten verschärft sich die Lage zunehmend.

Ihr werdet sehen, das wird in Bälde noch deutlich unangenehmer. Aber es ist Licht in Sicht. Mehr dazu in der nächsten Folge der „Close Ups“.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 207: Das Aktmodell

Posted März 13th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

sind Zeitreisen sexy? Wir Phantasten können diese Frage eigentlich nur beja­hen. Aber was geschieht, wenn sich Mainstream-Autoren an Zeitreisen wagen und sie dann munter auch noch mit Magie würzen? Dann kommt so etwas da­bei heraus wie „Feuer und Stein“ von Diana Gabaldon oder „Die Prophetin von Luxor“ von Suzanne Frank. Im günstigen Fall.

Oder es wird etwas durchwachsen und leider nur bedingt an den historischen Background angepasst, dann finden wir uns wieder bei Jina Bacarr und ihrem Roman „Das Aktmodell“, der mir in die Finger fiel, als ich damit begann, die Ro­mane der MIRA-Buchreihe im Bereich der erotischen Literatur zu vervollständi­gen. Da gibt es durchaus recht anständige Bücher, von denen ich beizeiten noch einige vorstellen werde. Dieser hier war – für einen Historiker wie mich, wohl­verstanden – ein wenig… halbgar. Ihr werdet das in der Rezension entdecken.

Aber, hey, es ist Unterhaltung, nicht wahr? Große literarische Ansprüche sollte man daran nicht knüpfen, und ja, unterhaltsam ist die Geschichte schon, wie die in eine vorzeitigen Midlife-Crisis stürzende Amerikanerin Autumn Maguire in Paris sowohl dem Schicksal wie auch der Liebe ihres Lebens über den Weg läuft, und das nur, weil sie sich ins falsche Haus verirrt, eine seltsame Geschich­te hört und dann mit einem ägyptischen Gott zusammenrasselt.

Das klingt nach wirrem Stoff? Es ist nicht ganz so wirr, wenn man meiner Rezen­sion von 2017 folgt. Neugierig geworden? Dann schmökert jetzt einfach weiter:

Das Aktmodell

(OT: Naughty Paris)

Von Jina Bacarr

Mira 35012

432 Seiten, TB (2008)

ISBN 978-3-89941-398-4

Aus dem Amerikanischen von Christine Janson

Eigentlich geht alles schief… und fast könnte man sagen, daran sei Donald Trump schuld, der tatsächlich in diesem Roman recht weit zu Beginn namentlich genannt wird. Aber so schlimm ist es dann doch nicht… wenngleich Autumn Maguire schon der festen Überzeugung ist, dass geradewegs alles Unglück der Welt seine Kübel über ihren Kopf ausgeleert hat. Sie hat bald Grund zu der An­nahme, dass alles noch sehr viel schlimmer kommt, und das hat nicht nur mit dieser mörderisch eifersüchtigen Hure zu tun.

Aber vielleicht sollte ich vorne beginnen.

Autumn Maguire, ihres Zeichens eine Amerikanerin mit teilweise irischen Wur­zeln, die ihr feuerrotes Haar, helle Haut und Sommersprossen vererbt haben, ist eigentlich frohgemut auf dem Weg nach Paris, um hier ihre Verlobung und bal­dige Heirat mit ihrem Lebensgefährten David zu feiern… zu dumm, dass der sie, während die Tickets für Paris schon gekauft sind, kurzerhand sitzen lässt, um mit einer Blondine durchzubrennen.

Dumm gelaufen, nicht?

Nun, Autumn, 35 Jahre alt, unter einer Cellulitis leidend und sich notorisch zu rundlich fühlend, nimmt kurzerhand ihre Mutter mit nach Paris… und rutscht ins nächste Chaos, nämlich während sie allein durch die Stadt streunt. Von ei­nem jähen Regenguss bis auf die Knochen durchnässt, flüchtet sie sich in ein Gebäude und findet sich in einem Zeichneratelier wieder. Der betagte Künstler scheint von ihr überaus angetan zu sein und wünscht, dass sie ihm Modell steht, nach Möglichkeit völlig nackt.

Das schmeichelt Autumn natürlich, und nach kurzem Zögern willigt sie ein. Was hat sie schon zu verlieren, nicht wahr? Sie sehnt sich wirklich sehr danach, als erotische Frau wahrgenommen zu werden – wenn’s das Selbstwertgefühl schon nicht zulässt, dann ist der getrübte Blick des alternden Malers immerhin ein netter Ersatz. So denkt sie sich das. Doch bevor das Aktstehen beginnt, wird sie auf ein phantastisches lebensechtes Porträt eines Mannes aufmerksam und be­fragt den Künstler danach. Dies sei, sagt er, ein Selbstporträt des Malers Paul Borquet. Er sei ein begnadeter Maler zu Zeiten der Impressionisten gewesen, der 1889 unter rätselhaften Umständen ums Leben gekommen ist, angeblich im Feuer umgekommen, während er versuchte, die Liebe seines Lebens zu retten.

Ach ja, das ist doch mal wieder typisch: da sieht man schon ein gestandenes Mannsbild, in das man sich als Frau so richtig vergucken kann, und dann ist er schon seit über hundert Jahren tot, und auch noch unter tragischen Umständen umgekommen. Autumn hat es sich fast gedacht. Warum sollte ihr auch irgend­wie nur mal das Glück winken, nicht wahr? Und dabei hätte sie diesen stattli­chen Kerl wirklich gern kennen gelernt…

Und dann wird es richtig unheimlich – als Autumn nämlich, ein wenig frivol er­regt, die hier im Atelier stehende Statue des alten ägyptischen Fruchtbarkeits­gottes Min berührt, hat sie das Gefühl, von einem Blitzschlag getroffen zu wer­den und verliert das Bewusstsein. Sie erlangt es recht schnell wieder… immer noch im Atelier, aber dummerweise haben sich ein paar Dinge grundlegend ver­ändert.

Zum einen sieht sie sich überraschend dem quicklebendigen Künstler Paul Bor­quet gegenüber, und zwar ist sie dabei völlig splitternackt. Zweitens ist er von ihrer Schönheit so hingerissen, dass er sich Hals über Kopf in sie verliebt. Und zum dritten muss Autumn entdecken, dass sich ihr Körper irgendwie auf magi­sche Weise verjüngt hat. Jetzt sieht sie aus, als sei sie gerade einmal neunzehn Lenze alt, mit prächtig schwellenden erotischen Körperformen… und sie re­agiert ihrerseits extrem heftig positiv auf den Pariser Künstler.

Allerdings hat sie noch nicht realisiert, dass sie in Wahrheit eine Zeitreise ins Jahr 1889 durchgemacht hat. Und ihr ist ebenfalls nicht bewusst, dass sie sich zu einem Zeitpunkt in Pauls Leben eingemischt hat, wo er etwas mit einem an­deren Mädchen laufen hat, nämlich der durchtriebenen Hure Lillie – die von nun an in Autumn eine heiße Konkurrentin um Pauls Herz sieht (mit Recht)… und sie ist sehr geübt im Umgang mit dem Messer und hat überhaupt keine Skrupel, die arglose und bald ziemlich panische Autumn mit mörderischem Hass zu verfolgen.

Das führt zu einer Vielzahl sehr waghalsiger Situationen, in denen Straßenpoli­zisten, Sittendezernate, ein Frauengefängnis, eine sinistre Bordellherrin und nicht zuletzt ein moralisch verdorbener englischer Lord mit Neigung zu Schwar­zen Messen bedeutsame Rollen zu spielen beginnen.

Schnell muss Autumn Maguire entdecken, dass sie zwar auf magische Weise verjüngt wurde und den phantastischsten Liebhaber aller Zeiten gefunden hat, der gleichfalls völlig in sie verschossen ist… dass es aber das Schicksal selbst darauf angelegt zu haben scheint, ihr gemeinsames Glück dauerhaft und rach­süchtig zu hintertreiben.

Und, schlimmer noch, ihr wird rasch klar, dass der Fruchtbarkeitsgott Min ihr zwar sexuelles Vergnügen gönnt, dass Liebe aber nicht auf dem Plan stehen darf. Anderenfalls drohen die Rückverwandlung in ihren alten Körper und der Rücksturz in ihre eigene Zeit, ohne Hoffnung, Paul jemals wieder finden zu kön­nen.

Was sie indes nicht ahnt, ist, dass auch Paul einen Pakt mit dem Fruchtbarkeits­gott eingegangen ist und ein ganz eigenes Geheimnis hat, das ihr gemeinsames Glück weiter gefährdet…

Nach dem – mir noch nicht vorliegenden1 – Buch „Die blonde Geisha“ ist dies der zweite erotische Roman, den Jina Bacarr verfasst hat. Er nimmt fast unwei­gerlich eine Menge Elemente ihres eigenen Lebens auf, so spürt man deutliche Einflüsse ihres Studiums der Kunstgeschichte wie des Französischen hierin. Es ist auch anzunehmen, dass sie mit Autumn Maguire ein wenig ein Wunsch-Alter Ego beschrieben hat. Ebenso unübersehbar sind die deutlichen gedanklichen Anleihen an Diana Gabaldon.

Eine Zeitreise zu schildern, ist offenbar ein beliebter Topos, allerdings gelingt das Bacarr nicht halb so plausibel wie Gabaldon. Auch wirkt die ständige Ac­tion-Unterbrechung, die doch sehr an die Doc Savage-Romane erinnert, auf mehrere hundert Seiten ausgedehnt, letztlich etwas störend. Man hätte als Le­ser den beiden Liebenden schon ein paar mehr gemeinsame Momente gegönnt (man vergleiche beispielsweise die Vielfalt an erotischen Szenen bei Sandra Henkes Roman „Flammenzungen“, der sehr viel kürzer ist, mit denen im vorlie­genden Buch… da sieht man deutlich, dass die deutschen Autorinnen entschie­den weniger verklemmt sind als die amerikanischen, also wirklich. Fiel mir so deutlich bislang noch nicht auf.

So unterhaltsam und bisweilen auch wirklich witzig dieser Roman also auch ist, so wurde ich doch bei fortschreitender Lektüre das dumme Gefühl nicht los, dass hier ständig gewissermaßen mit angezogener Handbremse gefahren wur­de. Dass Autumn wiederholt denselben Fehler begeht und wirklich so gar nicht gescheit nachdenkt, und dass sie lange Zeit hinweg überhaupt nicht weiß, was sie eigentlich will, das macht die Angelegenheit recht anstrengend und verkompliziert den Handlungsverlauf. Wäre den Personen etwas mehr Autonomie gestattet worden, statt sie mehrheitlich recht schematisch zu gestalten, hätte der Roman äußerst interessant sein können.

So bleiben Lord Bingham und Madame Chapet seltsam konturenlos jenseits ih­rer bloßen Rollen, auch Lillie ist eigentlich NUR eifersüchtig und mörderisch. Und das, was sich bei einer Sandra Henke auf hundertfünfzig Seiten lebendig und durchaus glaubwürdig entfaltet, nämlich eine nachvollziehbare Beziehung zwischen den Personen, das gelingt in diesem Buch nicht mal auf dreihundert. Das Buch ist also zwar durchaus unterhaltsam und in vier Tagen mühelos zu le­sen (vielleicht auch geschwinder), aber irgendwie erinnert es mich vom Gefühl her an Fastfood. Man hat viel Zeit darin investiert, die ganze Geschichte inha­liert, und am Ende ist man immer noch hungrig.

Auch ist ihre Schilderung des Paris des Jahres 1889 außerordentlich flüchtig – man bedenke bitte, dass dies das Jahr der Pariser Weltausstellung mit 28 Millio­nen Besuchern war. Davon merkt man im ganzen Roman nicht mit einer Silbe etwas. Auch wäre auf den brandneu und eigens für die Weltausstellung ge­schaffenen Eiffelturm hinzuweisen gewesen (der die Weltausstellung ja nur überlebte, weil er anschließend als Funkmast gebraucht wurde, anderenfalls wäre er 1890 wieder abgerissen worden… wie weiland der Kristallpalast in Lon­don oder die Pavillons der Weltausstellung von Chicago 1934, um nur mal zwei Beispiele zu nennen). Autumn kommt zwar recht weit in der Stadt herum, aber dass man als Leser wirklich einen gescheiten Eindruck davon bekommt, kann ich nicht bestätigen. Hier wird also nicht nur mit angezogener Handbremse ge­fahren, sondern auch noch mit Tunnelblick und Scheuklappen… wäre dieser Blick dann wenigstens primär auf das sinnliche Glück der beiden Hauptperso­nen fixiert gewesen, hätte man das noch genießen können, aber das passiert ja auch nicht.

Vielleicht bin ich einfach ein zu anspruchsvoller Leser, aber meiner Überzeu­gung nach hätte die Autorin sicherlich etwas mehr Energie in die Personencha­rakterisierung und die sinnliche Ausstrahlung der Protagonisten investieren können. Es bleibt also nur zu sagen, dass das vorliegende Buch für gründliche Leser vielleicht eine Enttäuschung sein könnte. Da sollte man sich dann viel­leicht doch besser an Diana Gabaldon oder andere Autorinnen halten, die eroti­sche Romane in historischem Setting verfassen. Das hier wäre nicht meine erste Wahl, wiewohl das Werk ganz passabel ist.

© 2017 by Uwe Lammers

Autsch, könnt ihr natürlich nun sagen, hat der Uwe nicht mal erzählt, er rezen­siert aus Prinzip nur Romane, die er selbst gern gelesen hat? Jein, das wäre so nicht ganz präzise. Ich rezensiere durchaus auch manchmal Romane, die deutli­che Schwächen aufweisen und publiziere diese Besprechungen. Nur die von Werken, die ich für ganz und gar unangenehm halte, werden ihren Weg nicht hierher in den Blog finden. Ihr braucht also nicht zu erwarten, dass ich euch mit den Rezensionen zu Vina Jackson nerve… die veröffentliche ich anderswo.

In der kommenden Woche geht es dann in eine völlig andere Richtung, ein paar Jahrzehnte Richtung Zukunft, ein paar hundert Kilometer weiter ostwärts. Auf nach Afghanistan und zu jemandem, der wirklich packend zu schreiben ver­mochte (und sich leider dummerweise frühzeitig selbst aus dieser Welt schoss, sniff). Wer das war und was für ein Werk ich besprechen möchte? Dazu erfahrt ihr Näheres nächste Woche an diesem Ort.

Ich freue mich auf euren Besuch!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Ergänzung vom Oktober 2018: Diese Info ist inzwischen veraltet, der Roman aber noch nicht gelesen.

Liebe Freunde des OSM,

als ich vor acht Wochen das letzte Mal von meiner kreativen Biografie berichte­te, verließ ich euch mit Ablauf des Monats August 2015. Meine Mutter war we­nige Monate zuvor verstorben, das Jobcenter saß mir im Nacken, eine reguläre berufliche Tätigkeit nach wie vor nicht in Sicht. Die Komplikationen im Nach­gang mit dem familiären Todesfall dauerten an und führten während der Räu­mung unseres elterlichen Haushaltes unter anderem dazu, dass ich einen er­heblichen Teil meiner Romansammlung an ein norddeutsches Antiquariat ver­schenken musste.

Warum? Weil ich daheim in Braunschweig für die Romanberge, die sich auf dem elterlichen Dachboden in Gifhorn befanden, nun wirklich keinen Raum mehr besaß. Und die Alternative, die mir meine Geschwister suggerierten, war noch weniger angenehmer. Sie lautete: Altpapiercontainer! Ernsthaft.

Ich dachte allerdings völlig betäubt: Ehe ich mehr als 3000 Heftromane und mehrere hundert Bücher, die ich über Jahrzehnte mühsam gesammelt habe, wie alte Zeitungen entsorge, dann gebe ich sie lieber dorthin, wo man ihren Wert erkennt.

Ihr könnt euch vorstellen, dass ich in dieser Stimmung mehr denn je zuvor Ab­lenkung brauchte. Und wie üblich fand ich sie im Schreiben, das mich gründlich auf andere Gedanken brachte.

Im September 2015 entstanden 29 abgeschlossene Werke, mehrheitlich Blogar­tikel, außerdem ein Lesungsskript, da ich am 2. Oktober eine Lesung im Braun­schweiger Lokal „Lord Helmchen“ vorbereitete. Das E-Book „Welt der Wunder“ entstand, weiter zahlreiche kommentierte OSM-Episodenabschriften der KON­FLIKTE 14 („Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“) und 12 („Oki Stanwer – Be­zwinger des Chaos“). Ich arbeitete an der Abschrift längerer nicht-digitaler Wer­ke wie etwa dem Roman „Justine und Maximilian“, und einige Archipel-Werke konnten in diesem Monat ebenfalls wachsen. Darunter befanden sich Geschich­ten wie „Die Suyenka“ und „ Brigitta“.

Auch begann ich mit den Vorbereitungen für eine ganze Kaskade weiterer E-Books… damit sollte ich vermutlich heutzutage mal wieder anfangen, um für 2019 meine E-Book-Produktion in Schwung zu bringen.

Gegen Ende des Monats kam dann ein exotisches Schriftstück hinzu – ich schrieb einen kleinen Reisebericht über die Reise zum Bundesarchiv Berlin in Berlin-Lichterfelde. Das war quasi schon Teil meiner Beschäftigung, die im Okto­ber dann formell mit unterzeichnetem Vertrag beginnen und mein Leben für die nächsten gut zwei Jahre bestimmen sollte.

Was das war? Das Biofakte-Projekt.

Ich deute es nur mal kurz an dieser Stelle an, weil es wesentlichen Einfluss auf meinen Schreib-Output in den nächsten zwei Jahren haben sollte: Biofakt ist eine Wortschöpfung von Frau Professor Dr. Nicole Karafyllis, sowohl einer ge­lernten Biologin wie Philosophin, die mit Schwerpunkt auf Technikphilosophie lehrt und forscht.

Ein Biofakt kennt jeder von uns, auch wenn der Begriff nicht unbedingt geläufig ist. Biofakte sind üblicherweise Pflanzen, die durch menschliches Zutun wesent­lich technisiert und geformt worden sind. Und da müsst ihr euch jetzt keine Cy­borgs vorstellen, sondern braucht schlicht nur ans Frühstücksbrot zu denken.

Wie das?

Na ja, kurz gesagt sind Biofakte all jene pflanzlichen Organismen, die Menschen im Laufe einer vieltausendjährigen Domestizierungsgeschichte zu Hochleis­tungssorten veredelt haben. Getreide steht da ebenso wie Kartoffeln ganz vor­ne in der Kette. Das sind alles nicht mehr die Pflanzen, die man in der freien Wildbahn vorfände. Moderne Hochleistungssorten, etwa Weizen, sind zwin­gend auf menschliche Nachbearbeitung angewiesen, um ihre Körner von den Halmen zu lösen und sich wieder aussäen zu können. Auf sich gestellt würden sie unweigerlich degenerieren und sich zurückentwickeln oder ganz eingehen.

Das Biofakte-Projekt beschäftigte sich nun mit dieser Art von Pflanzen, und wir in Braunschweig kümmerten uns dabei besonders um Samenbanken für Pflan­zensamen… ein ungewöhnlicher Fokus, der gründliche Einarbeitung verlangte und mich doch ziemlich forderte. Aber es wurde äußerst spannend. Anfangs wurde ich hier nur als wissenschaftliche Hilfskraft mit wenigen Stunden einge­plant. Dass daraus Anfang 2016 eine Vollzeitstelle werden würde, konnte nie­mand von uns ahnen.

Infolgedessen kann es nicht verblüffen, dass ich im Oktober 2015 wiederum auf 30 fertige Werke kam. Neben zahlreichen Blogartikeln konnte ich hier auch zwei E-Book-Skripte fertigstellen – einmal „Das Sternenreich des Windes“, zum an­deren den fünften Band der Annalen, „Jaleenas zweites Leben“.

Ansonsten schrieb ich mehr oder minder intensiv weiter an KONFLIKT 2 („Oki Stanwer und das Terrorimperium“) und an „Der Zathuray-Konflikt“, an dem Hin­tergrundtext „Das Rätsel von Garos“.1

Ebenfalls in diesen Monat fiel, wegen meiner starken Publikations-Offensive bei meinem dritten E-Book-Distributor XinXii.com, ein Interview, das die Verant­wortlichen dort mit mir führten.

Auch schrieb ich in Maßen weiter am Erotic Empire-Roman „Die Kolonie Saigon II“ und kümmerte mich um eine Reihe von Gedichtabschriften, die lange fällig waren.

Der November 2015 endete mit 23 fertigen kreativen Werke. Unter denen, die ich nicht fertigstellen konnte, befand sich inzwischen auch wieder „DER CLOG­GATH-KONFLIKT“… ihr wisst schon, das „Flaggschiff“. Die Fertigstellung der Digi­talisierung sollte ja bis Anfang 2019 noch dauern. Wenn ich gelegentlich die Floskel einstreue, dass manche Projekte bei mir länger dauern, ist das, wie ihr allein hieran erkennen könnt, nicht nur Kokettieren, sondern absolute Realität.

Ebenfalls weiterarbeiten konnte ich an KONFLIKT 18 („Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“), deren Digitalisat inzwischen Band 71 erreicht hatte. Ich kümmerte mich um „Besuch in der Heimat“, „Ein Alptraum namens Kolo­ron“ und „BdC 1: Im Feuerglanz der Grünen Galaxis“. Letzteres war zwar schon als E-Book-Projekt annonciert, aber noch völlig utopisch in seinen Dimensionen veranschlagt (15 Episoden in diesem ersten Band… absurd. Heute sind wir, wie inzwischen hoffentlich bekannt sein wird, bei 3 Episoden pro Band angekom­men. Das ist schon mehr als genug Lesestoff auf einmal).

Mit „Gelüftete Schleier“ wurde ein weiteres E-Book-Skript fertig. Ebenfalls in diesen Monat fiel die Teilung von „Annalen 5“ und die Lösung des Titelbild-Pro­blems. Es passte mir nicht, dass es zwei Bände werden sollten, aber mir wurde das mit dem Argument der Herstellungskosten plausibel gemacht. Also kein Fall von „Geldschneiderei“ meinerseits, großes Ehrenwort!

Ebenfalls im November kam der Archipel annähernd gleichberechtigt zu Wort. Jedenfalls könnte man das glauben, wenn man sich meine handschriftlichen Einträge dieses Monats anschaut. Ich schrieb an einer ganzen Reihe Geschich­ten weiter: „Die Rollenspielerin“, „Sarittas Hilflosigkeit“, „Die Proviantinsel“, „Chantals Abstieg“ und „Falsche Voraussetzungen“.

Doch der erste Blick trügt. Korrekt müsste ich sagen: diese Werke formatierte ich neu und druckte die z. T. jahrealten Fragmente neu aus, wobei ich sie stilis­tisch nachfeilte und die eine oder andere Szene ausbaute. Wirklich sehr viel Neues gab es hieran nicht ernsthaft zu entdecken.

Bis Ende November 2015 war ich insgesamt auf 290 fertige Werke für dieses Jahr gekommen, und ich fand das durchaus sehr zufriedenstellend. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht wirklich, wie sich die nahe Zukunft entwickeln würde – das sollte nicht nur mich überrumpeln, sondern auch ein paar andere Menschen in meinem direkten Umfeld.

Dazu sage ich mehr beim nächsten Teil dieser Rubrik.

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Wer inzwischen das E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ (veröffentlicht im Dezember 2018) ge­lesen haben sollte, wird bei dieser Erwähnung vermutlich einigermaßen elektrisiert sein. Und ja, es handelt sich exakt um dieses schottische Dorf Garos, das Dorf der Toten, das ich hier analytisch etwas genauer zu verstehen suchte… aber der Text wurde damals nicht fertig, sondern nur weiter geschrieben.

Rezensions-Blog 206: Sabotage

Posted März 6th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

als Clive Cussler für eine Weile genug hatte von den Helden der NUMA, da kochte er sich aus seinem historischen Interesse für Oldtimer und seinem Faible für Agentenabenteuer einen neuen Cocktail zusammen und sprang munter für einen Oneshot in den Anfang des 20. Jahrhunderts. In eine Zeit, in der die Tech­nik noch relativ archaisch war, aber mittels erstaunlicher technischer Neuerun­gen doch schon an der Schwelle zur Moderne stand. Politisch war es eine Zeit der Radikalisierung, der immer noch krassen Schichtengegensätze. Eine Zeit der Attentäter, der Privatdetektive und der korrupten Polizei.

Als neuen Typus des Helden erschuf er Isaac Bell, einen vermögenden Bankiers­spross, der sich entgegen den gesellschaftlichen Erwartungen hemdsärmelig und kampfstark sowie extrem technophil der Van Dorn-Detektei anschloss und hier Ermittler wurde. So entstand der Roman „Höllenjagd“.1

Ganz offensichtlich wurde dieser Roman solch ein Überraschungserfolg – man kennt das aus dem modernen Kino etwa von den Marvel-Filmen „Ant-Man“ oder „Guardians of the Galaxy“, sodass Cussler sich dafür entschied, diese Per­son nicht einfach wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen. Stattdessen gewann er mit Justin Scott einen versierten Coautor, der Bell in einem weiteren Abenteuer auf die moderne Kriminalität des frühen 20. Jahrhunderts in Nordamerika losließ.

Diesmal geht es um die nordamerikanischen Eisenbahnen und ein Phantom, das Chaos und Verderben sät und sich chamäleongleich jeder Verfolgung ent­zieht. Vorhang auf für den heutigen Roman:

Sabotage

(OT: The Wrecker)

Von Clive Cussler & Justin Scott

Blanvalet 37684

608 Seiten, TB, 2012

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-37684-1

Man schreibt den Herbst des Jahres 1907 in den Cascade Ranges, Oregon, als das Herzstück des großen Eisenbahnimperiums der Southern Pacific Railroad Company des herrischen Osgood Hennessy fertig gestellt werden soll: der Cas­cade Cutoff, ein Tunnel mit anschließender Brückenkonstruktion. Beides zusam­men soll den Bahnverkehr von einer Seite des nordamerikanischen Kontinents zur anderen auf spektakuläre Weise verkürzen und Hennessy zum unangefoch­tenen Herrscher über die Bahnlinien Nordamerikas machen.

Es gibt dabei nur ein Problem: er hat einen Gegner, den er nicht einkalkuliert hat. Das ist nicht das wilde, stürmische und oftmals schwer berechenbare Wet­ter, es sind auch nicht Rivalen anderer Eisenbahnlinien oder knauserige Banki­ers der Wall Street.

Nein, dieser Feind kommt gewissermaßen aus dem Nichts, und er scheint mit allen Wassern gewaschen zu sein – er wird „der Zerstörer“ genannt und ist schlichtweg ein Phantom.

Sein erster Anschlag wirft die Tunnelarbeiten um Wochen zurück. Daraufhin te­legrafiert Hennessy Joe Van Dorn, dem Leiter des Van Dorn-Detektivbüros. Van Dorn soll weitere Sabotageakte unterbinden helfen, und er bringt sogleich sei­nen besten Mann mit – Isaac Bell.

Bell hat neben seiner Loyalität für die Van Dorn Agentur noch einen anderen Grund, warum er diesen Auftrag gern annehmen will. Bei der Explosion, die den Tunnel zum Einsturz brachte, ist ein einstiger Van Dorn-Agent namens Aloysius „Wish“ Clarke umgekommen, den er sehr schätzte. Bald stellt sich heraus, dass er, obgleich er mit einer gezogenen Schusswaffe armiert war, von vorn ersto­chen worden ist. Mithin ist das kaltblütiger Mord gewesen. Und Bell gibt diese Todesart Rätsel auf. Er weiß, dass Wish extrem schnell mit der Waffe war. Aber nicht schnell genug für ein Messer? Äußerst eigentümlich – und gefährlich.

Zudem bekommt Bell Schwierigkeiten mit der schönen, jungen Tochter Lillian des Eisenbahnmagnaten, die es sich in den Kopf setzt, ihn unbedingt verführen zu wollen. Die Vorstellung, dass er schon verlobt ist, scheint die attraktive Lillian eher noch zu befeuern. Dabei kann Isaac Bell das nun gar nicht gebrauchen. Er bemüht sich darum, Lillians Hoffnungen nicht zu bestärken und sich lieber um die eigentliche Hauptaufgabe zu konzentrieren.

Wer mag der „Zerstörer“ sein? Tatsächlich ein politischer Radikaler, wie es bei­spielsweise Osgood Hennessy gern zu glauben bereit ist? Es gibt keinen Mangel an radikalen Sozialisten zu dieser Zeit in Nordamerika, und gerade die reichen Eisenbahntycoone und ihre ausbeuterischen Methoden sind geeigneter Nähr­boden für unzufriedene Elemente. Dass auch immer wieder tote Anarchisten mit Bekennerschreiben bei Unglücksstellen gefunden werden, scheint die Theo­rie zu erhärten.

Isaac Bell ist das alles zu glatt. Aber er kann den Finger noch nicht auf die Punk­te legen, die ihm zu elegant und unwahrscheinlich zugleich erscheinen. Er lässt die Sicherheitsvorkehrungen am Cutoff verstärken und kehrt dann zu seiner Verlobten Marion Morgan nach San Francisco zurück.

Hier wird er von einer Schlagzeile wie ein Hieb getroffen: der Zerstörer hat rund 500 Meilen vom Cutoff entfernt ganz offensichtlich einen Personenzug entglei­sen lassen, wenigstens zwanzig Menschen sind dabei umgekommen. So macht sich Bell kurzerhand wieder auf den Weg und verfolgt die neue Fährte. Auch hier wird ein toter Radikaler mit einem Bekennerschreiben gefunden, aber dies­mal sieht es noch unrealistischer aus als beim Cutoff. Denn das Instrument, das den Zug entgleisen ließ, ist ein raffiniert in den Schienenstrang integrierter hal­ber Schiffsanker gewesen, der noch erhalten ist.

Isaac Bell beginnt zu verstehen, dass sein Feind höchst raffiniert ist, verschla­gen, grausam und äußerst schwer berechenbar. Außerdem ist er unglaublich flexibel, ein Mann ohne Gesicht, aber offenkundig ausgestattet mit einer gro­ßen Zahl willfähriger Helfer. Und er besitzt auch keinerlei Skrupel, die Helfers­helfer eigenhändig anschließend umzubringen, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben.

Das pathologische Hauptanliegen des Zerstörers scheint es zu sein, die Southern Pacific Railroad Company zu ruinieren. Wenn er den Cutoff final sabo­tieren oder Hennessy sonst wie einen verheerenden Schlag zufügen kann, der das Vertrauen der Banken in seine Unternehmungen nachhaltig erschüttert, ist Hennessy offensichtlich am Ende.

Nur… ist dies alles tatsächlich das Ziel des Zerstörers? Oder verfolgt er jenseits seiner zahlreichen brutalen Attentate noch ein übergeordnetes Ziel, das noch nicht einmal in Sichtweite ist?

Sehr schnell wird in dem monatelangen Rennen gegen die fortwährenden Sabo­tageakte ein immer deutlicheres Muster erkennbar, und schließlich gelingt es Bell, einen verheerenden Anschlag des Zerstörers zu vereiteln und ihn nach und nach in die Direktkonfrontation zu treiben.

Dennoch dauert es nervenaufreibend lange, bis endlich der Feind ein Gesicht bekommt, das man auch zweifelsfrei zuordnen kann. Und der Schrecken be­kommt eine Kontur, die selbst Isaac Bell für unmöglich gehalten hat und die ihm letztlich alles abverlangen wird, um der eigenen Vernichtung zu entgehen und vor allen Dingen das Schicksal Amerikas zu retten…

Eigentlich war wohl der erste Isaac Bell-Roman „Höllenjagd“ als Einzelband an­gelegt. Dafür sprach sowohl, dass Clive Cussler ihn vermutlich alleine geschrie­ben hat (es wird jedenfalls kein Coautor genannt), zweitens aber die Erzähl­struktur. Denn entgegen den sonstigen Cussler-Romanen, die stets einen „histo­rischen“ Vorlauf besitzen oder sogar deren mehrere, verhielt es sich bei „Höl­lenjagd“ so, dass quasi der „Nachspann“ den Beginn der Geschichte bildete, und zwar Jahrzehnte nach dem eigentlichen Handlungsstrang. Damit stand na­türlich von Anfang an fest, dass Bell den Roman würde überleben müssen. Und da „Sabotage“ dem Prolog von „Höllenjagd“ klar vorgelagert ist, ist ebenfalls deutlich, dass der Hauptheld alle Konfrontationen der Geschichte überleben muss. Wir befinden uns hier ja nicht in meinem Oki Stanwer Mythos.

Dramaturgisch ist diese Erzählform, die uns in diesem Roman wieder begegnet, also ein Handicap (der Prolog von „Sabotage“ spielt im Winter 1934 in Gar­misch-Partenkirchen, aber es wird an dieser Stelle nicht verraten, warum oder weshalb, das sollte man selbst nachlesen). Dieses Handicap wird aber durch das Einführen weiterer Personen abgemildert.

So bekommt der Leser beispielsweise eine ganze Reihe äußerst sympathischer Van Dorn-Agenten zu Gesicht, von denen einige auf üble Weise ums Leben kommen (auch hier sei nicht verraten, wer, wann oder unter welchen Umstän­den). Außerdem haben wir Osgood Hennessys bildhübsche Tochter Lillian, die von dem Senator Charles Kincaid erfolglos umschwärmt wird, den dubiosen Klatschreporter Preston Whiteway und zahlreiche weitere Personen, die einen zunehmenden personellen Nebel um die ohnehin vernebelte Gestalt des Zer­störers ziehen.

Je weiter der Roman sich entwickelt, desto mehr hat der Leser das Gefühl, ei­nem komplexen Schachspiel zu folgen, dessen Züge tödlich sind und das zuneh­mend auf Eisenbahnschienen ausgetragen wird, wobei der Gegner nicht be­kannt ist. Selbst als später ein Fahndungsbild möglich wird, wird das kriminelle Genie nicht gefasst. Immer wieder machen Bell und seine Mitarbeiter vielmehr die beunruhigende Entdeckung, dass ihnen der Zerstörer weit voraus ist. Und dass er offensichtlich das Medium, das er zu zerstören trachtet, die Eisenbahn, als Vehikel der eigenen fluiden Bewegung verwendet.

Der Leser bekommt zwar erheblich früher als der Detektiv mit, wer der Sabo­teur ist und vor allen Dingen, wer seine Helfershelfer sind… aber Isaac Bell tappt noch eine ganze Weile im Dunkeln, was ihn fast das Leben kostet. Und das ist dann wirklich ziemlich nervenzermürbend für den Leser, zumal dann, wenn Bell direkt im Gespräch mit dem Feind steht, ohne ihn zu erkennen…

Alles in allem ein äußerst packender Roman, der die Welt der Eisenbahnen von 1907 auf beeindruckende Weise belebt. Justin Scott hat hier ein wirklich gelun­genes Debüt hingelegt, das mit breitem historischem Fachwissen des Jahre 1907 punkten kann und den großen Reiz des Romans ausmacht. Er ist dennoch definitiv nicht nur etwas für Eisenbahnfans oder Nostalgiker, sondern für Leute, die spannende Unterhaltung mögen (auch wenn natürlich Eisenbahnnostalgie diese Lektüre noch deutlich verstärken wird, davon bin ich überzeugt). Ich bin schon sehr gespannt auf die wenigstens drei weiteren Romane dieser Reihe, die z. T. noch nicht mal übersetzt sind.2

© 2013 by Uwe Lammers

Ich muss gestehen, das ist eine wirklich äußerst rasante Geschichte, aus der man eigentlich nicht mehr auftauchen kann, wenn man erst mal drinsteckt. So­wohl die Frühzeit des 20. Jahrhunderts, die mir als Historiker durchaus vertraut ist, als auch die packende Verfolgungsjagd, die sich Bell mit seinen Gefährten und der kriminellen Gegenseite liefert, wusste sehr zu gefallen. Da ich inzwi­schen schon mehr dieser Romansubreihe gelesen habe, ist sie wirklich zu emp­fehlen. Eine schöne Abwechslung von den maritimen Abenteuern Dirk Pitts und Kurt Austins, die doch bisweilen ein wenig bemüht wirken. Hier ist davon bis­lang noch nichts zu spüren, und ich hoffe, das bleibt noch eine ganze Weile lang so.

Im nächsten Artikel des Rezensions-Blogs bleiben wir, könnte man fast sagen, beinahe in derselben Zeit. Genauer gesagt geht es noch etwas zurück auf der Zeitskala ins Jahr 1889, aber diesmal mittels einer magischen Zeitreise. Viel­leicht solltet ihr das nicht versäumen, Freunde.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 186 vom 17. Oktober 2018.

2 Nachtrag vom Oktober 2018: Diese Info ist natürlich heutzutage längst überholt. Es gibt wenigstens ein Dut­zend Bell-Romane, da sie sich offenkundig als höchst verkaufskräftig erwiesen haben.