Wochen-Blog 337: Legendäre Schauplätze 14: NISCHE

Posted August 17th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich muss unwillkürlich schmunzeln, wenn ich an jenen legendären Schauplatz denke, den ich euch heute vorstellen möchte. Im Gegensatz zu dem der vergan­genen Wegetappe in dieser Blogartikelreihe, den ich vor zehn Wochen vorstell­te, also die Galaxis Milchstraße, findet ihr diesen Schauplatz (wenigstens bis­lang) im realisierten OSM-Multiversum nur ein einziges Mal, und ich kann noch nicht mal sagen, dass ich diesen Schauplatz sonderlich gut ausgeleuchtet und erforscht habe.

Aber er ist einfach nur noch phantastisch, und genau deshalb möchte ich ihn euch heute mal vorstellen. Wie so häufig schwebt auch er nicht wirklich im luftleeren Raum eures Informationshorizonts, sondern hat schon durch mein E-Book-Programm und die OSM-Veröffentlichungen in den vergangenen paar Jah­ren ein paar Anknüpfungspunkte bekommen, damit ihr Querverbindungen her­stellen könnt.

Wie gehe ich das am besten an…? Hm, lasst mich sinnieren, das ist nicht so sim­pel, wie es vielleicht scheinen mag. Na, beginnen wir mit dem Hintergrund, ehe ich euch ein köstliches Zitat präsentiere.

Wir befinden uns in KONFLIKT 19 des Oki Stanwer Mythos, also in der noch nicht publizierten Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM). Das aktuelle Hand­lungsjahr ist 2081 Erdzeitrechnung, aber wir befinden uns nicht auf der Erde, sondern auf einem erdnahen Planeten, den die irdischen Kolonisten „Dawson“ genannt haben. Frühere Siedler nannten ihn „Shoneei“ oder „Swamp“. Einer dieser früheren Siedler hörte auf den Name Ian Perry, und von ihm, seiner Klei­ni-Gattin Sinaa und ihrem gemeinsamen Kind Senyaali habt ihr schon Kenntnis bekommen.1

Allerdings ist all das sehr viel früher geschehen und hat mit dem, was ich jetzt berichte, (noch) keine Berührungspunkte. Ich gehe indes davon aus, dass insbe­sondere Senyaali alsbald in der DM-Serie in Erscheinung treten wird. Das ist ge­genwärtig noch Zukunftsmusik.

Als der KONFLIKT beginnt, taucht wie so üblich in jedem Universum, in dem das der Fall ist, Oki Stanwer höchstpersönlich auf. Diesmal materialisiert er in den 2060er Jahren auf der Erde… und muss unverzüglich die Flucht antreten (die Umstände thematisiere ich hier jetzt nicht weiter, das ginge zu weit). Er erreicht Dawson und zieht sich hier in die Wildnis zurück, um das so genannte LAGER zu errichten.

Doch Dawson ist ein denkbar ungünstiger Stützpunkt – die ganze Welt leidet unter massiver Technikdegeneration, so etwas wie zivilisatorische Zentren gibt es quasi nicht, und so beschließt Oki Stanwer, ein ausgesprochenes Hightech-Produkt zu erschaffen.

Er baut die MISSOURI, das fortschrittlichste Schiff des Planeten.

Einen Schaufelraddampfer.

Moment, mögt ihr jetzt irritiert sagen, ein Schaufelraddampfer? Sind wir im Steampunk oder in der Realsatire gelandet? Nein, weder noch. Steampunk war zu Beginn der Serie (Januar 1991) unbekannt, und mit Satire haben Dawson, das LAGER und das, was Oki Stanwer in der Folge zustößt, wirklich nichts ge­meinsam.

Als anno 2081 die MISSOURI zu ihrer Jungfernfahrt entlang des Blackrivers auf­bricht und sich nach Süden orientiert, wo an der Mündung des Flusses eine Kleini-Metropole namens Koloron (!) liegen soll, geht eigentlich alles schief, was man sich nur vorstellen kann. Denn die MISSOURI kommt dort gar nicht an. Stattdessen gerät sie in einen Flussabschnitt, in dem bizarres „schwarzes Glas“ existiert, und ehe sie begreifen, was los ist, wird das Schiff geradewegs von Dawson weggesaugt in einen unbekannten Abschnitt des Kosmos. Und damit beginnt das Abenteuer.

Sie erreichen die NISCHE.

Und so schaut das im Detail dann aus:

Es ist ein seltsames Bild, das sich bietet.

Der arglose Betrachter zwinkert unwillkürlich, denn seine Erfahrung lehrt ihn, dass dieses Bild nicht der Wahrheit entsprechen kann. Es widerspricht allem, was er kennt.

Er sieht den Weltraum.

Glühende Gasbälle in weiter Ferne, flirrende Punkte.

Samtiges Schwarz in den Zwischenräumen.

Der Weltraum.

Vakuum.

Ort allenfalls für Raumschiffe.

Und dann…

…ein Objekt, das hier nicht hergehört.

Ein 40 Meter langes, metallenes Schiff mit deutlichem Kiel, ein reines Dampfschiff, das mit langsa­mer werdenden Schaufelrädern beiderseits das Vakuum zu pflügen versucht.

Der Blick des Betrachters gleitet ungläubig an der Reling entlang, vom Bug mit der kleinen Metall­kanzel über den Mast auf dem Vorschiff und den Ausguck, auf dem ein schutzloser Mensch ausharrt, der eigentlich gleich sterben muss, weiter über den Schornstein, die Brücke, hinter deren dickem Glas die Menschen erstarrt sind.

Ein Schiff!

Es mutet absurd an, und es WÄRE absurd.

Wenn das die normale Welt wäre, in der es sich befände.

WENN das der Fall wäre.

Es IST nicht der Fall.

Dies hier ist nicht das reguläre Universum.

Hier ist die NISCHE.

*

1) Camboo Naizinn:

Der Neuseeländer war einer der ersten, der von der Phasenzeit wieder losgelassen wurde.2

Er spürte als erstes einen heftigen Schwindelanfall, den er als Profibergsteiger kaum kannte. Un­willkürlich reagierte er in lang antrainierten Reflexen, hakte seine Hände in Schlaufen, schloss die Au­gen und atmete tief und gleichmäßig durch, bis der Schwindel vorbei war. Dann öffnete er sie vorsich­tig wieder.

Und schloss sie sofort mit einem japsenden Aufschrei von neuem.

‚Mein Gott… mein Gott… ich bin wahnsinnig geworden… ich bin wahnsinnig…!’, schoss es ihm durch den Kopf.

Er atmete tief durch.

Stutzte.

Atmete noch einmal tief durch.

Und dann öffnete er die Augen wieder, diesmal richtig.

Sein Blick schweifte vom höchsten Punkt der MISSOURI, Oki Stanwers Expeditionsschiff, ringsum, und wohin er auch blickte, starrte ihm Leere entgegen.

„Das ist doch unmöglich“, flüsterte er. Und konnte sich verstehen.

‚Kein Vakuum! Himmelherrgott noch mal… kein Vakuum! Aber das ist doch völlig… völlig…’ Seine Gedanken zerfaserten in Konsequenzlosigkeit. Sein Verstand war zu klein für das, was er sah.

Ringsherum um die MISSOURI erstreckte sich die samtige Schwärze des Weltalls. Als er sich aber bewegte, merkte er, dass er eine deutliche Eigenschwere besaß. Gravitationslosigkeit gab es hier also auch nicht. Die Objekte „fielen“ demnach durchaus, wenn auch vielleicht langsamer.

Es gab offensichtlich Atmosphäre.

Es war auch nicht nennenswert kalt, im Gegenteil, er vermutete, fünfzehn bis siebzehn Grad Um­gebungstemperatur mochten herrschen.

Wer beheizte einen so gewaltigen Raum? Und WIE?

War das alles nur Täuschung?

Camboo blickte aufs Deck unter sich und erkannte, dass da unten eine Reihe von Besatzungsmit­gliedern gleich ihm wieder zu sich gekommen war. Sie waren noch während der Fahrt auf dem Black­river auf Deck gerufen worden, als die riesige Schattenwand vor ihnen auftauchte.3 Nun taumelten mit Aufschreien des Entsetzens und der Überraschung zur Reling, starrten in die gähnende, grundlose Tiefe hinab…

Sie prallten ebenfalls entsetzt zurück, und nicht wenige hockten sich wimmernd auf Deck oder klammerten sich an Aufbauten fest, weil sie befürchteten, ob begründet oder nicht, gleich davonge­schleudert zu werden oder von sonst welchen Katastrophen betroffen zu werden.

Camboo konnte einfach nicht anders: er musste lachen. Und er konnte einfach nicht mehr damit aufhören…4

Ja, man kann sich das durchaus vorstellen. Die MISSOURI mutiert mit einem Mal zu einem Raumschiff, das sich offensichtlich qua Grundgeschwindigkeit – und alsbald mittels Segeln (!) in der NISCHE fortbewegt.

Die NISCHE hat eine gewisse Ähnlichkeit mit TOTAMS Vorhof, und das hat auch durchaus kosmologisch ähnliche Gründe. Ebenso wie TOTAMS Vorhof eine an­dere physikalische Struktur besitzt als das umgebende Universum, genauso stellt die NISCHE eine Art Kaverne der Raumzeit dar, die von der Rasse der Bau­meister mit Bedacht geschaffen wurde.

In der NISCHE herrscht, OSM-kosmophysikalisch gesprochen, „Teilnormierung“. Die uns vertrauten Naturgesetze sind dort weitgehend ausgehebelt. Der Welt­raum enthält kein Vakuum, sondern durchaus atembares Medium, die Schwer­kraft besitzt ganz bizarre Eigenarten, und als die anfangs völlig konsternierte Be­satzung der MISSOURI den ersten Schrecken über den jähen Transfer überwin­det, macht sich zunehmend Faszination breit.

Die NISCHE ist nicht nur eine Art leerer Raum, sondern es gibt eine gewisse Bin­nengliederung. Sie entdecken mit ihren Teleskopen zahlreiche Landmassen, die gleich Asteroiden durch die Weiten der NISCHE driften. Einige davon werden sogar von riesigen Akkretionsscheiben aus flüssigem Wasser umringt, gleich ei­nem Ringplaneten. Und in dieser Akkretionsscheibe gibt es ebenfalls Leben. Driftkorallen werden ausgemacht, und schließlich sogar Segelschiffe, die auf den Akkretionsscheiben Seefahrt betreiben. Es gibt außerdem Strömungen in­nerhalb der NISCHE, mit denen sich weite Distanzen unglaublich schnell zurück­legen lassen.

Ich denke, es ist noch Raum für ein zweites Zitat zu diesem Zweck, um das et­was anschaulicher zu gestalten:

1) Bordbuch Oki Stanwer:

„Wir sind jetzt den fünften Tag unterwegs in der Strömung. Calvin verflucht jede Stunde mindes­tens fünfmal, dass wir keine besseren Ortungsinstrumente haben, und ich kann ihm da nur beipflich­ten. Für einen Naturwissenschaftler ist die NISCHE ein Ort, um zu verzweifeln, aber auch, um Wunder zu finden, mit denen er niemals gerechnet hätte.

Camboo Naizinn hat inzwischen eines unserer wenigen Weitsicht-Ferngläser bekommen, und er gibt stets nach unten durch, wenn er ein Objekt entdeckt hat, da Aufsehen erregend genug ist. In den ersten zwei Tagen hat er nicht viel zu tun gehabt, aber vorgestern und gestern häuften sich die Sich­tungen schon merklich. Das meiste sind freilich eher kleine Landmassen, die vielleicht eine Fläche von tausend Quadratmetern haben. Zerklüftete Felsen zumeist, kaum mit nennenswerter Vegetation bedeckt.

Wir fragen uns ohnehin, wie das hier mit den Niederschlägen ist. Eigentlich sind sie hier unmög­lich. Genauso undenkbar übrigens wie unser momentanes „Flugverhalten“. Herkömmlicherweise müssten wir fallen, und diese Empfindung haben wir auch. Doch die „Strömung“, inzwischen deutlich zu erkennen, wenn wir intensiv darauf achten, verläuft definitiv waagerecht.

Das Abschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeiten ist ebenfalls unglaublich problema­tisch. Hier macht sich unsere fehlende technische Einrichtung sehr stark bemerkbar.

Aber irgendwo voraus scheint nach Camboos neuesten Meldungen ein Objekt zu sein, das erheb­lich größer ist als alles, was wir bislang gesehen haben. Vielleicht können wir so etwas wie eine Orbi­talbahn einschlagen und eine Expedition dorthin unternehmen…?“

*

2) Haareraufen:

Ich überraschte Calvin Moore in seiner Kanzel auf dem sechsten Deck, dem obersten überhaupt. Er war hier nahe genug an Camboos Aussichtsturm, der aus dem Oberdeck aufragte, und die mit Sperrholz geschützte Kanzel, die sie normalerweise gegen Witterungseinflüsse abschottete, war von ihm deutlich verändert worden.

Kleine Klapptische, über und über mit dem im LAGER geschaffenen, groben Papier und dem aus gegerbten Häuten hergestellten Pergamentrollen bedeckt, umlagerten ihn in seinem Aussichtsposten. Ich sah eine Vielzahl technischer Skizzen und Bahnberechnungen, bei denen auffiel, dass an vielen Stellen Fragezeichen in leuchtendem Rot schimmerten. Die Farbe war auf Dawson aus Purpurfrüchten gewonnen worden. Der herbe Geruch danach hing in der Kanzel, unter anderem.

Calvin hatte sich eingeräuchert mit seinen selbstgerollten Zigarren, deren Vorrat sicherlich auch nicht ewig halten würde.

„Cal!“

„Wer stört mich beim Arbeiten?“, fauchte es aus der dunstigen Rauchwolke zurück.

„Ich habe das Gefühl, du brauchst mal wieder einen klaren Kopf. Solltest du nicht lüften?“

„Spötter!“, hallte es aus der Kanzel.

Dann jedoch erschien Moore, der geniale Erfinder, der auf Dawson schon legendären Ruf genoss und zugleich zweiter Helfer des Lichts war, auf dem Wandelgang, der die beiden zentralen Räume des sechsten Decks umgab. Er war überdacht und wies schräg laufende Regenrinnen auf. Der Blick, den wir von hier aus hatten, übertraf den aller vier Kanzeln rings um das Deck bei weitem.

Glitzernde Punkte flimmerten in der schwarzen, kosmischen Leere, die gespenstischerweise kein Vakuum enthielt.

„Was möchtest du, Oki?“

Ich sah ihn nachdenklich an und erklärte mein Anliegen, dessen Bedeutung ihm sofort klar wurde: „Direkt voraus liegt eine Landmasse, die näher kommt. Oder wir kommen ihr vielmehr näher. Cam­boo meinte, sie wäre SEHR groß, kann sie aber nicht einschätzen. Was meinst du, ist es dir möglich, zu errechnen, wie weit sie etwa weg ist und wie lange wir brauchen, um sie zu erreichen?“

Sein wettergegerbtes Gesicht sah nicht allzu glücklich aus, während ich sprach, und ich sollte auch gleich begreifen, weshalb.

„Weißt du, das ist alles zum Haareraufen, Oki“, murrte er, als er zu reden begann. „Geschwindig­keit ohne vernünftige Messgeräte herauszufinden, wenn wir nicht einmal wissen, wie rasch sich die anderen Himmelskörper bewegen, das ist eine ganz schön knifflige Sache. Wir kommen hier momen­tan meist zu Schätzwerten. Ach, ich gäbe wer weiß was für einen Handcomputer, der würde für Nähe­rungsaufgaben schon reichen.

Ich sag’ dir was… wir haben in den vergangenen Tagen Messungen unserer Eigengeschwindigkeit durchgeführt, indem wir Teile der Schiffsausrüstung ausfierten und treiben ließen und so die Ge­schwindigkeit maßen, mit der sie sich entfernten… also, wenn diese Berechnungen stimmen, dann haben wir durch die beiden Hauptsegel, das Flachsegel vorn und die Breitsegel hinten sowie die bei­den Ausleger eine Geschwindigkeit erreicht, die 10 % der Lichtgeschwindigkeit entspricht… ver­dammt, schau mich nicht so komisch an! Ich glaube das ja selbst nicht! Aber wir können uns hier auf nichts, rein gar nichts verlassen…!“

Ich nickte beunruhigt. Dass die Dinge so schlimm standen, war mir nicht klar gewesen. Und kam gleichwohl auf mein Anliegen zurück. „Schau dir diese Landmasse mal an, ja? Bitte. Und vielleicht kann dein Team ja doch mal was Handfestes machen.“

„Schick uns ein Land jenseits der Strömung, Oki, und wir machen fast alles Unmögliche möglich!“

Ich grinste. „Werd’s versuchen, Cal.“

Er sicherte mir zu, sich darum zu kümmern.

Und ich wandte mich dafür anderen Problemen zu.5

Tatsächlich finden sie eine solche Landmasse. Dummerweise ist das ein „flie­gender Kontinent“ namens Shonta-Land.

Ja, fahrt nur etwas zusammen, liebe Leser des KONFLIKTS 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI). Es sind exakt DIESE Shonta gemeint. Allerdings liegen zwischen KONFLIKT 2 und KONFLIKT 19 natürlich fast 100 Milliarden Handlungs­jahre. Infolgedessen sind die Shonta, die im Herzen dieses treibenden Kontin­ents ihre mythische Stadt Chulimshar errichtet haben sollen, mit den schlichten Zwergenwesen aus dem Stamm um den Abspalter-Shonta Abenteurerherz nicht mehr wirklich zu vergleichen.6

Sie treffen auf die gigantische Vertikalstadt Gondaur, die sich an einer kilome­terhohen Klippe aufwärts bis zur Oberfläche von Shonta-Land erstreckt und von der mausgestaltigen Rasse der Crellys bevölkert wird – zu einem guten Teil übri­gens raffinierte und skrupellose Piraten.

Und sehr bald müssen Oki Stanwer und seine Freunde verstehen, dass die NI­SCHE nicht nur ein exotischer Ort für farbenprächtige Abenteuer ist, sondern auch ein lebensgefährliches Pflaster. Denn in der NISCHE verstecken sich noch ganz andere Wesen, die nur darauf lauern, dass Hauptprotagonisten des KON­FLIKTS sich hierher verirren. Wesen wie die Sternenfee Viviane. Oder wie Oki Stanwer mit seinen Helfern des Lichts an Bord der MISSOURI.

Sie können eigentlich gar nichts richtig machen und gehen folglich in eine fatale Falle…

Tja, Freunde, und an dieser Stelle muss ich mit euch dann die NISCHE wieder verlassen, denn wie ich eingangs andeutete: diese Geschichte ist noch nicht vollständig erzählt, und ich möchte mich hier eher nicht aufs Glatteis der Speku­lationen begeben. Zwar hoffe ich, mich alsbald der spannenden OSM-Ebene 19 wieder widmen zu können, kurzfristig sieht es danach aber noch nicht aus.

Ihr merkt aber schon, dass ich auch vor über 20 Jahren bereits faszinierende Orte des OSM ersann, die mir seit langem vertraut sind, euch aber (noch) weit­gehend unbekannt und unerschlossen. Beizeiten nehme ich euch dahin in Ge­schichtenform mit, darauf habt ihr mein Wort.

Für heute endet der Ausflug ins Universum. Wir lesen uns an dieser Stelle in ei­ner Woche wieder.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu das E-Book „Ian und der Stein der Götter“ (2014), außerdem die Geschichten „Der Platz der Stei­ne“ und „Das Versteinerungs-Spiel“. Zur Vorgeschichte ist etwas nachzulesen in der ebenfalls im E-Book-For­mat erschienenen Story „Die Intervention“.

2 Vgl. dazu DM-Band 9: „‚Schwarzes Glas!’“, 1998.

3 Vgl. dazu DM-Band 9: „‚Schwarzes Glas!’“, 1998.

4 Das Zitat stammt aus DM-Band 17: „Kreuzfahrt durch die NISCHE“, 1998.

5 Zitat aus DM-Band 18: „Der fliegende Kontinent“, 1998.

6 Vgl. zu dieser Andeutung den KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, seit 2013 in E-Book-Form in Publikation.

Liebe Freunde des OSM,

dass ich ein ausgesprochenes Faible für Parallelweltengeschichten und die Zeit­reisethematik habe, ist für langjährige Leser meines Rezensions-Blogs nun wirk­lich nichts Neues. Schon recht früh habe ich dazu bereits einschlägige Literatur rezensiert.1 Heute habe ich euch ein weiteres Schmankerl aus diesem Bereich herausgesucht, das ich schon vor fast 20 Jahren gelesen und rezensiert habe… und ich finde es immer noch höchst beeindruckend.

Das Schöne an Parallelweltengeschichten ist ja, dass man dazu nicht mal zwin­gend Historiker sein muss, um ihrer Faszination zu erliegen. Weil eben die menschliche Geschichte hier das zentrale Sujet ist und man üblicherweise nicht in unserer Welt leben kann, ohne auf diesem Sektor zumindest ein Mindestmaß an Kenntnissen quasi automatisch aufzusaugen, trifft selbst der Unbedarfte hier auf Geschichten, die ihn packen. Man mag sich nicht für Politik interessieren, Li­teratur oder die Geschichtswissenschaft im Detail… aber die „Was wäre, wenn…?“-Thematik berührt automatisch jeden Lebenskreis.

Es gibt wohl kaum jemanden, der nicht irgendwann den Wunsch verspürt hätte, gewisse Entscheidungen in seinem Leben anders gefällt zu haben. Und genau in diese Kerbe schlägt die Parallelweltenthematik.

Was, wenn der Entscheidungsbaum einen anderen Weg eingeschlagen hätte?

Was, wenn Menschen länger gelebt hätten, als es in den Geschichtsbüchern stand? Was wäre mit der Geschichte passiert, wenn sie früher verstorben wä­ren? Wäre unsere Welt dann eine bessere? Eine schlechtere?

Herzlich willkommen also in einer neuen Folge der Wahrscheinlichkeitsmi­schung, in der die Karten des Schicksals von Wissenschaftlern, Historikern, Phantasten und Literaten, die sonst dem Phantastischen eher abhold sind, neu gemischt werden. Tretet ein und lasst euch verblüffen:

Alexanders langes Leben, Stalins früher Tod

von Erik Simon (Hg.)

Heyne-TB 6311

München 2000, 432 Seiten

ISBN 3-453-14912-2

1931 drehte ein Taxichauffeur in New York auf der Suche nach nächtlichen Fahrgästen seine Runden. Es war eine kalte, dunkle Nacht, und als er nach Nor­den in die Fifth Avenue abbog, gewahrte er eine Gestalt, die zu warten schien, dass er endlich auf der fast leeren Avenue vorbeifuhr. In Eile, endlich einen Kun­den zu finden, ignorierte er seine instinktive Regung, zu bremsen, und gab statt­dessen Gas. Er überfuhr den ziemlich untersetzten Mann, der ihm, den Blick wohl in die falsche Richtung gewandt, vor den Wagen lief.

In ihrem Nachruf am Tag darauf sprach die New York Times von Winston Churchills Beitrag zur britischen Politik im Weltkrieg…“

Moooment, ruft jemand? Winston Churchill war doch während des Zweiten Weltkrieges Premierminister in England, und der fing bekanntermaßen erst 1939 an? Nun ja, das war auch in der Welt der Fall, die Williamson Murray spar­tanisch auf zwei Seiten skizziert. Nur dass die Nazis 1947 den Sieg davongetra­gen haben und sich im späten 20. Jahrhundert hier anschicken, Südamerika zum Hauptaufmarschgebiet gegen die eingekesselten Vereinigten Staaten von Amerika zu machen…

Williamson Murray bringt in seiner lapidaren Story „Eines Taxichauffeurs Werk“ eine erschreckende Version von „Was wäre, wenn“. Aber das ist nur ein Blick von vielen.

Erik Simons Anthologie „Alexanders langes Leben, Stalins früher Tod“ spannt in der Nachfolge der 1931 erschienenen spekulativen Geschichtsverlauf-Antholo­gie „If It Had Happened Otherwise“ von Sir John C. Squire (erstmals deutsch nachgedruckt im Jahr 2000 als „Wenn Napoleon bei Waterloo gewonnen hätte“ (Heyne 6310), einen Geschichtsbogen vom Jahr 323 vor Christus bis 1995 nach Christus und skizziert anhand von ausgewählten Beiträgen verschiedenster Au­toren alternative Weltverläufe, die zum Teil skurrile Formen annehmen. Ausge­hend von so genannten „Wendepunkten“ der Weltgeschichte, die in erster Linie an großen Gestalten und deren Schicksalen, Kriegen und Erfindungen hängen, kommen faszinierende Versionen dessen zustande, was wir sonst landläufig aus den Geschichtsbüchern kennen.

Da der Platz nicht hinreichend ist und man die Faszination solcher Geschichten in einer Rezension ohnehin nur unzureichend wiederzugeben fähig ist, sollen hier nur ein paar kurze Andeutungen der meisten Geschichten gegeben wer­den:

– Der antike Autor Titus Livius überlegt sich in seinen realen historischen Texten kurz, was geschehen wäre, wenn sich Alexander der Große statt gegen Indien eher gegen Rom gewandt hätte. Nun, Livius ist Römer, sein Fazit ist vorausseh­bar.

– Der große britische Historiker Arnold Toynbee ist mit einem faszinierenden Es­say vertreten, der sich mit dem Gedanken befasst, was hätte geschehen kön­nen, wenn Alexander der Große weitergelebt hätte und nunmehr etwas maß­voller geworden wäre. Er überlebt hier die Krankheit, die ihn im Jahre 323 vor Christus in Babylon dahinrafft und stirbt stattdessen erst im Jahr 287 vor Chris­tus. Die Folgen sind atemberaubend, im wahrsten Sinne des Wortes, aber mit­unter so fachspezifisch, dass sich die feinsten Nuancen nur einem Althistoriker erschließen. Ein Zeichen, wie akribisch diese Vision ist. Ohne Frage ist Toynbees Essay es alleine schon wert, dieses Buch zu kaufen. Wer ein bisschen von anti­ker Geschichte versteht, wird 80 Seiten lang maßlos gefesselt sein.

– Felix Cornelius widmet sich in einem fiktiven Manuskript aus dem Jahre 634 dem grandiosen Sieg der Römer über die Germanen im Jahre 9 nach Christus in der Schlacht bei Kalkriese (allgemein die „Schlacht im Teutoburger Wald“ ge­nannt), um hier ein Loblied auf die Germanen zu singen. Wie das begründet wird, mag man selbst nachlesen.

– Wolfgang Jeschke bringt mit „Die Cusanische Acceleratio“ einen durchwachsen wirkenden Auszug aus einem bislang unveröffentlichten Roman. Doch so bril­lant auch die Grundidee ist – eine Zeitreisende wird in Köln im Jahre 1452 als Hexe verbrannt, und ihre Aufzeichnungen fallen dem Kardinal Cusanus in die Hände, um eine beispiellose Beschleunigung der technischen Entwicklung her­beizuführen – , so eher lieblos zusammengestoppelt kam mir die Ausführung vor. Wer außerdem „Der letzte Tag der Schöpfung“ von Jeschke gelesen hat, erkennt eine Menge Sujets wieder. Trotzdem: nicht reizlos.

– Bizarr kommt G. W. Inomerskis „Alte russische Uchronik“ daher, die mehrere fiktive Texte mit fiktiven Verfassern beinhaltet, die jedoch in unserer Welt reale Gegenstücke hatte (z. B. Alfred Rosenberg, der angeblich hier 1952 über die Krönung Gustav Adolfs von Schweden zum russischen Zaren reflektiert, nach­dem dieser bei der Schlacht von Lützen nur verletzt wurde – in unserer Welt starb er hier und veränderte dadurch die Geschichte des Dreißigjährigen Krie­ges). Hier machte sich ansonsten meine Schwäche bei russischer Geschichte ziemlich stark bemerkbar.

– Gundula Sell lässt Georg Büchner ebenfalls seinen Tod überleben. In „Georg Büchner: Die zweite Lebenshälfte“, getarnt als Auszug aus „Meyers Konversati­onslexikon Band 2, 1880“ findet man ganz erstaunliche und jedem Germanisten UNSERER Welt unbekannte Informationen über Büchners Leben bis zum Jahr 1871, inklusive Vermählung und Nachwuchs, Revolutionsallüren, Bekanntschaft mit Karl Marx und ähnlichen abenteuerlichen Auswüchsen.

– Carl Amery ist mit Auszügen aus seinem phantastischen und grotesken Paral­lelweltenroman „An den Feuern der Leyermark“ vertreten, in der eine zusam­men gewürfelte amerikanische Cowboy-Söldnertruppe mit modernen Feuer­waffen den deutsch-österreichischen Krieg zuungunsten Preußens verändert und eine Deutsche Rheinische Republik ausruft, die schließlich Preußen ent­machtet.

Dann kommt ein ganzer Block um das Thema, das Squire aus realgeschichtli­chen Gründen 1931 nicht bearbeiten konnte: Hitler, Stalin und der II. Weltkrieg.

Ob es darum geht, dass in Stuttgart ein Hitler-Häberle-Museum eingerichtet wird, erbaut von Albert Speer („Requiem für einen Stümper“) oder Hermann Göring schließlich in der Jeans-Industrie groß rauskommt („Vor langer Zeit ver­loren“) bzw. der Kriegsverlauf durch Churchills Tod vorzeitig verändert wird (Murray, siehe Anfang der Rezension), es ist reichlich Platz für bizarre Visionen.

Die Geschichte „Wenn Thälmann 1934 nicht Reichspräsident geworden wäre“, sorgte bei dem von mir im Rahmen der Nachbarschaftshilfe betreuten 97jähri­gen Herrn Klose für nicht geringe Verwirrung. „Der war doch Kommunist! Und Reichspräsident ist er nie gewesen!“ sagte er mir, worauf ich ihm zustimmte. Aber Erik Simon geht in dieser Geschichte der Frage nach, was geschehen wäre, wenn es eine Spaltung der NSDAP (eine unter Hitler, die andere unter Gregor Strasser) im Jahre 1931/32 gegeben hätte. Die sich daraus ergebenden Konfusionen sind… mit Verlaub… faszinierend.

Zwei weitere Geschichten beschäftigen sich mit Stalin, Hitler und der Kernphy­sik („Stalins Trumpf“) beziehungsweise mit der Frage, was hätte geschehen kön­nen, wenn das Wetter Hitlers Blitzkrieg in die Quere gekommen wäre („Der Sturm“).

– Und zu guter Letzt muss es natürlich auch noch Geschichten über die jüngste Vergangenheit geben, über die deutsche Wiedervereinigung. Ein bisschen Ost­algie gefällig? Dann sollte man sich „Herrliche Zeiten“ von Karsten Kruschel aus der DDR auf der Zunge zergehen lassen. Die Geschichte um das „Mansfelder Gold“ ist einfach köstlich und eines SF-Fans würdig. Handelt es sich doch schließlich um den „unautorisierten Mitschnitt einer Rede auf dem EUROCON 1996 in Bitterfeld, nach Liechtenstein geschmuggelt“, worin der Redner über den schlechtesten SF-Roman aller Zeiten herzieht, nämlich ein Werk namens „Die Wende“, in dem die DDR der BRD 1990 beigetreten sei und die Ostdeut­sche Goldmark nicht die weltweite Leitwährung geworden ist. Absurde Vorstel­lung natürlich, nicht wahr…?

– für „Die BayernKrise“ aus der Vereinigte BergRepublik, geschrieben von Iris Monke, braucht man fast schon einen Dolmetscher. Aber kurios ist sie allemal.

Ergebnis dieser Zusammenstellung ist ein bemerkenswerter, den Geist heraus­fordernder Ideenbogen, der uns zeigen sollte, dass das, was man gerne und vorschnell als trockene Geschichte abtut, in Wahrheit ein Feld von interessan­ten Möglichkeiten ist, die es nur zu entdecken gilt. Wer dazu neigt, solche Ge­schichten gering zu schätzen, offenbart vielleicht nur stupides Desinteresse. Wer aber im Gegenteil von diesen Werken fasziniert wird, schärft hierdurch sein Auge auch für die Tatsache, dass sein eigenes Leben, das Leben von jedem von uns jeden Moment eine einzige Kette von Wendepunkten darstellt. Meistens nur für uns und einige wenige. Aber manchmal eben auch für viele, für Natio­nen oder die ganze Welt.

Stellen wir uns vor, Kennedy hätte 1961 in der Kuba-Krise die Nerven verloren. Oder Chruschtschow. Was wäre gewesen, hätte Saddam Hussein tatsächlich über einsatzfähige Nuklearwaffen verfügt (wie der Roman „Die Faust Gottes“ von Frederick Forsyth übrigens spannenderweise unterstellt)? Nehmen wir an, Luther wäre an einer Kinderkrankheit gestorben. Oder wenn Mohammed nicht nach Medina geflohen wäre… die Welt sähe gewiss vollkommen anders aus. All dies und noch viel mehr sind Geschichten, die noch zu schreiben sind.

Parallelweltgeschichten wie diese hier sind Geschichten, die vielleicht wirklich nur von historisch gut gebildeten Menschen hinreichend gewürdigt werden können. Gut. Aber auf der anderen Seite sind solche Geschichten auch der schlagende Beweis dafür, dass sich Geschichte, also das Interesse für die Ver­gangenheit, und Science Fiction, demzufolge für die Zukunft, gut vereinbaren lassen.

Wer Geschichte mag oder das, was daraus hätte entstehen können, der sollte sich mit wachem Verstand und leuchtenden Augen auf diese alternativen Wel­ten einlassen. Sie sind selbst für Nicht-Phantasten äußerst anregend.

© 2000 by Uwe Lammers

Ihr merkt schon… wiewohl diese inzwischen vergriffene Kurzgeschichtensamm­lung schon ziemlich angestaubt wirken mag, wenn man sich allein auf das Er­scheinungsjahr kapriziert, ist das doch sehr weit von der Wahrheit und dem es­sentiellen inneren Wert des Buches entfernt. Faktum ist, dass diese Geschich­ten sich auch schätzungsweise in zwanzig Jahren noch faszinierend lesen lassen – und es gibt, wie oben angedeutet, eine geradezu unüberschaubar große Zahl an möglichen weiteren Ideenkeimen für kontrafaktische Geschichten.

Nächstes Mal reisen wir ins alte Ägypten… oder jedenfalls gewissermaßen. Ich kichere jetzt schon bei dem Gedanken an das vorzustellende Buch. Nächste Wo­che versteht ihr mich besser.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. etwa Rezensions-Blog 2: „Die Gehäuse der Zeit“, 8. April 2015, oder auch Rezensions-Blog 10: „Fleisch und Blut“, 3. Juni 2015.

Liebe Freunde des OSM,

es ist immer ein tolles Gefühl, wenn ich einen so genannten „Jubiläumsband“ des OSM fertigstelle, also in der Regel einen 100er-Band. Das passiert heutzuta­ge aufgrund der Tatsache, dass ich vielfältig beruflich und auch kreativ ander­weitig beansprucht bin, eher selten. Man kann das anhand meiner geführten Statistiken recht gut nachvollziehen, und die Tatsache, dass ich gestern Band 1900 des Oki Stanwer Mythos schrieb, bringt mich aktuell auf den Gedanken, dass ich dazu etwas mehr schreiben wollte. Das hier ist also, genau genommen, eine Art Schuss aus der Hüfte. Ich notiere diese Zeilen am 17. April 2019 und weiß natürlich, dass sie erst am 11. August vor euren Augen erscheinen wer­den… der Himmel mag wissen, wo ich dann im OSM stehen werde.

Schaut euch mal einen kleinen historischen Abriss an, ehe ich dann übergehe zu dem Ausblick, der in der Überschrift angekündigt wird.

Zu Beginn (1981/82) schrieb ich den OSM mit Hand, und es ging nur sehr zöger­lich vonstatten, weil sich der ganze kreative Kosmos erst noch konkretisieren musste. Infolgedessen dauerte es bis 1983, bis der erste Jubiläumsband ent­stand:

Band 100: Auf der Pflanzenwelt (OSM-KONFLIKT 15) (1983)

Band 200: Kugelriesen über Terra (OSM-KONFLIKT 17) (1984)

Band 300: „Sucht Leben!“ (OSM-KONFLIKT 14) (1985)

Band 400: Die tückische Welt (OSM-KONFLIKT 17) (1986)

Band 500: Ylor-Yas letzte Stunde (OSM-KONFLIKT 14) (1987)

Band 600: Endstation TOTAM (OSM-KONFLIKT 18) (1989)

Band 700: Die Auflösungsfront (OSM-KONFLIKT 23) (1990)1

Band 800: Altain, der Wanderer (OSM-KONFLIKT 20) (1991)2

Band 900: Vorstoß nach Dawson (OSM-KONFLIKT 19) (1992)3

Band 1000: Countdown der Zerstörung (OSM-KONFLIKT 20) (1994)4

Band 1100: Brücke ins Trümmerland (OSM-KONFLIKT 22) (1997)5

Band 1200: Der Herrscher von Arc (Überarbeitung) (ENS, d. h. OSM-KONFLIKT 20-Parallelwelt) (2000)6

Band 1300: Am Rand der Bebenzone (OSM-KONFLIKT 2) (2004)7

Band 1400: Die Katastrophe (OSM-KONFLIKT 17) (2005)8

Band 1500: HANKSTEYN (OSM-KONFLIKT 24) (2008)

Band 1600: Vektoren der Vernichtung (OSM-KONFLIKT 9) (2012)

Band 1700: Projekt 700.000 (OSM-KONFLIKT 4) (2014)

Band 1800: Sklaven des SYNDIKATS (OSM-KONFLIKT 22) (2017)

Band 1900: Schmelztiegel Shallakhon (OSM-KONFLIKT 7) (2019)

Ihr merkt, das ist, was die Universen angeht – damit sind die OSM-KONFLIKTE traditionell gemeint – ein ziemlicher Gemischtwarenladen. Das ist durchaus Ab­sicht und legt Zeugnis darüber ab, an welchen Serien ich zu welcher Zeit beson­ders intensiv gearbeitet habe oder bei welchen Serien ich es nützlich fand, mal ein besonderes Statement zu setzen.

Ein ebensolches Statement habe ich also gestern gesetzt, und es war echt eine Wonne, das schrieb ich vorhin auch schon einer darüber vermutlich ziemlich perplexen Brieffreundin.

Schmelztiegel Shallakhon“ spielt in der Hohlwelt Hyoronghilaar des KONFLIKTS 7, also der von mir seit langem eher stiefmütterlich behandelten Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“. Das liegt nicht daran, dass sie uninteressant wäre… sie ist chaotisch. Der Effekt ist hier ein ähnlicher, wie ich ihn anno 1998 im Archipel erlebte, als ich die ersten Berührungen mit der pulsierenden, vor Leben nur so überquellenden Metropole Asmaar-Len hatte: ich schreckte erst mal zurück und dachte: Nein, darüber kann ich jetzt nichts schreiben, das ist zu viel, das überfordert mich.

Das war mit der großen, alten Stadt Shallakhon und Hyoronghilaar im Allgemei­nen ganz genauso. Aber dann lernte ich diese drolligen Federjäger aus dem Volk der Crelis näher kennen und dachte mir schon anno 2011/12: Da muss ich weiterschreiben, das sind so witzige Kerle, das macht einfach gute Laune. Au­ßerdem hatte ich dummerweise Prolog und Epilog der Episode schon skizziert, und in beiden kommt der Tiyaala-Meisterdieb Zrreik vor (stellt ihn euch als eine Art großes, intelligentes Flughörnchen vor mit einer großen Klappe und einer Menge Pech, dann seid ihr auf der richtigen Fährte).

Und dazwischen? Gähnende Leere.

Es war wirklich nicht einfach, die erste Helferin des Lichts, Theamin, dazu zu be­wegen, die entscheidenden Schritte zu unternehmen, sich von den Mineur-Adepten und ihrem Meister, den 107 Jahre alten Salviden Meister Ghoresslau, zu lösen. Anfangs glaubte ich noch, sie würde mit den Sakralisten-Mönchen nach Shallakhon begleitet werden, deren Bekanntschaft sie in Band 3 der Serie gemacht hatte… aber je länger ich darüber nachgrübelte, desto mehr begriff ich, dass sich ihre Pfade im nächsten Dorf trennen würden.

Wie also, dachte ich weiter, sollte Theamin nach Shallakhon gelangen? Allein würde sie kaum eine Chance haben, sondern in dem Sumpf pochender Alltags­kultur kurzerhand unter die Räder kommen. Also brauchte sie Begleitung… und da blieben neben ihrem Erwecker, dem jugendlichen Shoreikhen Serzechal (der so grün hinter den Ohren war, dass er selbst dringend einen Pfadfinder brauch­te), eben nur noch diese quirligen Federjäger aus dem Volk der Crelis.

Tja, und dann wurde ab Anfang April 2019 alles irgendwie total logisch und fol­gerichtig, und ich schrieb mir einen Wolf, weil die Bilder nur so durcheinander wimmelten.

Gott, und was für witzige Bilder!

Allein schon die Fragen, die Theamin stellte, waren putzig: Wozu braucht man eine Stadtmauer? Wieso muss man Geld entrichten, wenn man ein Stadttor durchqueren will? Wie kann es sein, dass man sich MONATE vorher anmelden muss, wenn man zu den Dom-Portaren des Domes von Shallakh-Yau vorgelas­sen werden will?

Zumutungen, wohin sie nur blicken konnte. Und unbändige Mengen an Passa­gen, bei denen ich beim Schreiben einfach kichern musste. Ehrlich, Freunde, ein Bild erzeugte munter das nächste… und es hörte echt nicht auf. Am Ende war die „Episode“ dann 56 Seiten stark.

Demnächst wird mich eine Braunschweiger Fotografin fragen, woher ich meine Inspiration nehme… ich fürchte, sie wird ziemlich überrascht sein, dass ich von der Inspiration oft genug einfach überrannt werde. Gestern war wieder mal das beste Beispiel.

Dennoch atmete ich wirklich auf, als ich am Ende des Tages, der einfach so da­hinflog, während ich schrieb, pausierte, zurückging und nachfeilte, pausierte und weiterschrieb, schließlich der fertige Ausdruck vorlag.

Ich habe an „Schmelztiegel Shallakhon“ nun wirklich fast 11 Jahre mit großen Pausen dazwischen geschrieben, und es wurde echt verdammt Zeit, ihn fertig­zustellen. Und das, obwohl es solch famosen Spaß machte, ihn zu schreiben.

Folgerichtig sitze ich nun am Gestade des nächsten Hunderter-Zyklus des OSM, der Horizont ist wieder offen, wie ich zu sagen pflege, wann immer ich eine wichtige Schwelle überschreite (üblicherweise meine ich damit Silvester eines Jahres, da ab dann die Kreativstatistik des neuen Jahres von Anfang an zu zäh­len beginnt). Es ist also nun die Frage, was ich mir für die kommende Hunder­ter-Staffel bis OSM 2000 (ich mag an diese Zahl noch gar nicht denken!) vorge­stellt habe. Da gibt es so einiges.

Zum ersten geht es natürlich daran, weitere E-Books zu realisieren. In der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) habe ich gerade mit Band 31 begon­nen, „Zeitenwandel“, das ist der Auftaktband eines neuen Vierteilers, der die Yantihni wieder in direkte Tuchfühlung mit dem Terrorimperium bringen wird. Diese vier Bände sollen in der Hunderter-Staffel unbedingt geschrieben werden.

Zum zweiten werden die Digitalisierungsarbeiten an den KONFLIKTEN 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC, in digitaler Form: 14Neu) und 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC, in digitaler Form: 12Neu) voranschrei­ten. Allerdings sind beide Serien noch recht weit vom Serienende entfernt. Bei FdC fehlen noch rund 40 Episoden, bei BdC habe ich mit Band 58 noch nicht mal die Halbzeit erreicht… es ist also fraglich, ob ich eine der beiden Serien bis OSM 2000 abschließen kann.

Das ist nicht ganz so zweifelhaft bei KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR). Hier bin ich nur noch rund 11 Episoden vom Serienschluss ent­fernt, und es scheint aktuell zumindest möglich, dass ich diese Serie vollenden kann, bis OSM 2000 angefangen wird.

Dann gibt es eine Reihe von OSM-Geschichten „Aus den Annalen der Ewigkeit“, die ich gern noch erfassen will, das hoffe ich in den nächsten zwei Jahren auch auf die Reihe zu bekommen. Hinzu kommt die Weiterarbeit an anderen begon­nenen KONFLIKTEN, wo es auch Episoden gibt, die seit langem weiter geschrie­ben werden wollen.

Von welchen KONFLIKTEN spreche ich hier? Beispielsweise von KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“ (DKdO). Hier möchte ich die Fährte um den Un­tergang des Kaiserreichs von Trandin verfolgen, das ist eine relativ überschauba­re Sache.

Da wäre z. B. außerdem der chaotische KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missio­nar“ (DM), wo ich die Handlungspfade um den fliegenden Kontinent Shonta-Land und die MISSOURI verfolgen sollte, außerdem die Pfade um die Berinnyer, die das Solsystem zu besetzen suchen und in einer furchtbaren, unerwarteten Diktatur landen und selbst zu Gejagten werden…

Beispielsweise hätten wir da noch KONFLIKT 21 „Oki Stanwer – Fürst von Leuci­enne“ (FvL), ursprünglich 1988 begonnen, also gewissermaßen ein Veteran des Oki Stanwer Mythos. Da spitzen sich die Ereignisse rund um die Galaxis Leucienne und den Aufstand der Totenköpfe zu…9

Auch in KONFLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ (DSf) gibt es Handlungs­felder, auf denen ich dringend aktiv werden möchte. Das dortige GRALSREICH der negativen GRALSJÄGER, das über die Grenzen der Universen hinweg in Ver­gangenheit und Zukunft agiert und selbst einen gnadenlosen temporalen Krieg führt, ist ein spannender Handlungsort. Dort habe ich mit OSM-Band 1800 vor Jahren schon den Handlungsbogen um das Saumreich der Talather eröffnet… da ist noch viel zu erzählen.

Dasselbe gilt für KONFLIKT 24, wo ich immer noch seit vielen Jahren im mons­trösen Finalband des HANKSTEYN-Handlungszyklus stecke (der Band hat jetzt schon mehr als 100 Seiten und ist noch lange nicht fertig!). Und das „Netzuni­versum“, über das ich in diesem KONFLIKT schreibe, hat einfach unendlich viele Facetten und ist wahnsinnig weitläufig.

Wie jetzt, das Universum sei sowieso sehr weitläufig? Damit habt ihr natürlich völlig recht, Freunde. Aber im Netzuniversum ist das etwas anders. Während unsereins sich schon plagt, von einem solaren Planeten zum nächsten zu gelan­gen, stehen im Netzuniversum buchstäblich Galaxien überall im Universum als zugängliche Orte zur Verfügung… mit dem Problem, dass man nie genau weiß, wo man landet, geschweige denn, wie man wieder zurückkommt… und was da für Wesen und Völker, alte und neue ihr Unwesen treiben – das ist der reinste Dschungel, und es ist kein Wunder, dass ich da seit 1994 am Schreiben bin, ohne bis jetzt Licht am Ende des Tunnels erblickt zu haben.

Ich gehe jedenfalls davon aus, dass ich zumindest den HANKSTEYN-Band, viel­leicht auch den Schlussakkord des Mörder-Subzyklus, bis OSM 2000 geschrie­ben haben könnte. I hope so.

Weniger optimistisch bin ich, was die entlegenste Baustelle des OSM angeht: KONFLIKT 28 „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ (DSj). Da möchte ich zwar noch den Brückenband 49 alsbald verfassen, der bislang auch nur als Rudiment exis­tiert (während Band 50 seit langem fertig ist), aber ob ich sonst sehr weit kom­me bis OSM 2000, das ziehe ich durchaus in Zweifel. Das ist ein wirklich hoch­komplexer Stoff, der so tief in die Hintergründe des gesamten OSM eingreift, dass ich es selbst an dieser Stelle kaum wage, dazu allzu viel zu sagen. Auch deshalb, weil ich selbst noch nicht genug weiß.

Und wie sieht es mit neuen Projekten aus? Ich weiß, gerade im OSM habe ich hinreichend oben dargestellt, dass es genügend Baustellen gibt. Gleichwohl gibt es Projekte, mit denen ich noch liebäugele. Zwei liegen mir dabei besonders am Herzen, und ich hoffe, ich finde alsbald Gelegenheit, daran zu beginnen.

Eines davon ist den BWA-Lesern der Vergangenheit aus Urzeiten vertraut: ich habe Ende der 90er Jahre den Roman „Odyssee in Arc“ als 1:1-Kopieabdruck ins Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA) gebracht. Heute würde ich so etwas nicht mehr wagen, schon gar nicht bei einem Werk von 1987. Es ist bis heute nicht digitalisiert, das steht aber auf der Agenda. Denn ich liebäugele schon seit mehreren Jahren damit, den Roman nach seiner Digitalisierung wirk­lich grundlegend umzuschreiben. Das liegt deshalb besonders nahe, weil mein E-Book-Programm sich in den vergangenen sechs Jahren so schön entwickelt hat.

Der Gedanke ist sprunghaft? Dann folgt mir in den konsequenten Gedanken­gang: „Odyssee in Arc“ ist die Geschichte des terranischen Piloten Edward Nor­den, der im Jahre 2124 ein Flugzeug von England nach Hamburg überführen soll und dabei während der Präfinalphase von KONFLIKT 13 mit einer so genannten Irrealstrahlerzone kollidiert und stirbt.

Dummerweise ist er nicht tot… oder sagen wir… nicht dauerhaft tot. Stattdes­sen findet er sich mit seinem Flugzeug im Weltraum wieder und denkt, er sei einfach nur in den Orbit der Erde hinaus versetzt worden. Er will zurückkehren, aber die Erde ist verschwunden. Was sich stattdessen vor ihm abzeichnet, ist eine gigantische Sternenspirale, durchzogen von glitzernden Adern: die Bau­meister-Galaxis Arc, in der er nun strandet.

Er hat keine Ahnung, dass er ein Matrixfehler ist und es ihn im Grunde genom­men seit 35 Milliarden Jahren nicht mehr gibt. Norden fühlt sich quicklebendig und ist das auch… und in Gefahr, denn in Arc herrscht der Dämon Holkaxoon von TOTAM, und seine schwarz uniformierten Schergen aus dem Volk der Draan entstammen einer Splittergruppe der Allis…

So, und jetzt folgt mir weiter: Die Allis habt ihr in der E-Book-Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ seit 2013 schon hinreichend kennen gelernt, ich kann sie selbst also in dem obigen Roman heute sehr viel besser darstellen und dabei auf euer Leserwissen rekurrieren.

Und der KONFLIKT 13, aus dem Edward Norden herauskatapultiert wird, ist die Serie „Oki Stanwer Horror“ (OSH), die ich in Form der E-Books „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ seit Dezember 2018 sukzessive veröffentlichen werde. Auch hier habt ihr also eine Möglichkeit, Basiswissen zu erlesen und dann den Roman „Odyssee in Arc“ mit völlig neuen Augen zu lesen… ganz zu schweigen davon, dass ihr natürlich die Baumeister-Galaxis Arc so kennen lernt, die beizeiten auch eine zentrale Rolle in KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) spielen wird, deren E-Book-Serie ich seit Anfang 2019 ebenfalls nach und nach publiziere.

Ihr seht schon, hier greifen meine Veröffentlichungen und Planungen für die Zu­kunft wie schöne Zahnräder einer perfekt funktionierenden Maschine solide in­einander. Ich habe ja schon 2013 geschrieben, dass die Zeit des spontanen, pl­anlosen Publizierens des OSM der Vergangenheit angehört. Hier zeigt sich das einmal mehr.

Das ist der eine Projektplan für die nähere Zukunft. Wie sieht der zweite aus?

Nun, es gibt eine Handlungslücke von rund fünf Milliarden Handlungsjahren zwischen KONFLIKT 2 (s. o.) und KONFLIKT 4, dem INSEL-Imperium Oki Stan­wers, das inzwischen relativ kurz vor dem Abschluss steht. Die Rede ist von KONFLIKT 3, der noch keinen Titel hat.

Innerhalb von KONFLIKT 4, aber auch in KONFLIKT 9 habe ich schon diverse kur­ze Reminiszenzen auf dieses Universum gebracht. Ich weiß, wo die Handlung spielt. Ich kenne wesentliche Protagonisten, und vor allen Dingen ist mir be­wusst, wie schrecklich schnell dieser KONFLIKT entgleiste und warum. Was ich noch nicht getan habe, ist dies: ihn zu schreiben.

Es juckt mich definitiv in den Fingern. Und so halte ich es nicht für völlig ausge­schlossen, dass ich bis OSM 2000 hier einen Auftaktband schreiben werde. Un­klar ist indes noch, ob das vor Abschluss von KONFLIKT 4 passieren wird und ob es sich dann tatsächlich um eine Episodenserie handelt oder, wegen der Kürze des KONFLIKTS 3, eher um eine Art von Romanmehrteiler (wie die Edward-Nor­den-Saga, ENS) bzw. sogar nur um einen Einzelroman wie im Falle von KONFLIKT 1.10

Ihr seht hieran, es ist vieles, was mir derzeit durch den Kopf geht. Was genau ich davon wann realisieren werde, das werdet ihr erleben.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Ursprünglich nicht als Jubiläumsband vorgesehen. Zählfehler!

2 Dito.

3 Dito.

4 Dito.

5 Dito.

6 Dito.

7 Dito.

8 Dito.

9 Ihr habt darin schon gewisse Einblicke erhalten, wenn ihr die Story „Heimweh“ kennt bzw. den episodisch veröffentlichten Roman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“, der im Fanzine BWA publiziert wurde.

10 Vgl. dazu beizeiten den Roman „Der Zathuray-Konflikt“, 1991. Inzwischen ganz digitalisiert.

Rezensions-Blog 228: Teufelstor

Posted August 7th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ja, die Romane von Clive Cussler & Konsorten bilden schon den Inhalt ganzer Regalfächer, dessen bin ich mir durchaus bewusst, und es scheint keinerlei Mangel daran zu herrschen, immer weitere solche Abenteuerromane in die Bestsellercharts zu hieven. Das wird auch höchstwahrscheinlich so weitergehen, selbst wenn der hoch betagte Cussler nicht mehr da ist – wir kennen analoge Phänomene von Tom Clancy und Robert Ludlum zur Genüge.

Besonders interessant wird es meines Erachtens dann, wenn bestehende ältere Protagonisten von einem neuen Coautor betreut werden sollen. Bei den Fargos ist das eher schlecht als recht gelungen, wie mir zurzeit scheint, aber im Fall von Kurt Austin und seinem Sidekick Joe Zavala klappt das deutlich besser. Mit dem vorliegenden Roman übernimmt Graham Brown den Staffelstab von Paul Kem­precos, und ich bin der Ansicht, er macht seine Sache recht ordentlich… auch wenn zu konstatieren ist, dass er doch die Libido der Protagonisten durchweg völlig unterkühlt und damit wohl Cusslers und seine eigene Libido munter auf viel jüngere Haupthandlungsträger projiziert. Vielleicht braucht Cussler mal echt JUNGE Coautoren, damit da wieder etwas mehr Lebendigkeit eintritt.

Ansonsten haben wir es bei Brown mit einem versierten Actionautor zu tun, der den Vergleich mit Kemprecos nicht zu scheuen braucht. Mir hat sein Erstling je­denfalls gut gefallen, nicht zuletzt, weil er auch explizite Science Fiction-Ele­mente mit einbindet (nicht nur in diesem Roman, wie noch zu zeigen sein wird).

Neugierig geworden? Dann mal Vorhang auf für:

Teufelstor

(OT: Devil’s Gate)

Von Clive Cussler & Graham Brown

Blanvalet 38048

April 2013, 9.99 Euro

576 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-38048-0

Alles beginnt auf den Azoren im Jahre 1951 – und wie gewohnt bei Cussler in ziemlich dramatischer Manier. Pilot Hudson Wallace wartet auf einen Passagier und sein Gepäck – einen Exilrussen, verfolgt vom sowjetischen Geheimdienst. In allerletzter Minute kann Wallace sein Flugzeug starten, doch ist es beschädigt und kommt nicht sehr weit. Die See nahe den Azoren verschlingt die Lockheed Constellation, und niemand erfährt, was in den geheimnisvollen Koffern an Bord gewesen ist.

Sechzig Jahre später verschwindet in der Schweiz unter ähnlich dramatischen Umständen der Techniker Alexander Cochrane, der am Large Hadron Collider (LHC) des Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire (CERN) gearbeitet hat. Seine Spur verliert sich vollständig, allerdings wird er seither wegen Mordes in­ternational gesucht.

Ein weiteres Jahr später durchpflügt der japanische Frachter Kinjara Maru den Atlantik vor der westafrikanischen Küste in Richtung Gibraltar. Doch das Schiff unter Kapitän Heinrich Nordegrun soll sein Ziel nie erreichen. Auf unbegreifliche Weise schlägt ein verheerendes Unheil zu. Die Elektronik des Schiffes fällt aus, die Besatzung, sofern sie nicht auf der Stelle tot ist, erleidet grässliche organi­sche Schäden, ist desorientiert und geschwächt. Stundenlang treibt das führer­lose Schiff im Meer.

Es ist von gewissem Vorteil, dass das NUMA-Schiff Argo zu diesem Zeitpunkt in der Nähe ist. Kurt Austin und sein Freund Joe Zavala wollen auf den Azoren an einem internationalen U-Boot-Rennen teilnehmen, das ähnlich dem X-Price-Rennen um wieder verwendbare Raumfahrzeuge angelegt ist. Austin sichtet eher zufällig das in Brand geratene Frachtschiff und kann gerade noch rechtzei­tig kommen, um Zeuge eines Piratenüberfalls zu werden. Dem Hauptverant­wortlichen für die Tat gelingt aber die Flucht, die Kinjara Maru geht unter und sinkt in die Tiefsee ab.

Da das alles etwas rätselhaft ist und hinter der Versenkung und vorherigen Ka­perung mehr zu stecken scheint, setzt NUMA-Direktor Dirk Pitt ein zweites Team in Marsch, in dem die Wissenschaftler Paul und Gamay Trout federfüh­rend sind, die das Wrack des versunkenen Frachters untersuchen sollen. Dass sie dabei in der Tiefsee abrupt in Lebensgefahr geraten, ist anfangs noch nicht klar, doch exakt so kommt es.

In Lebensgefahr geraten auch Austin und Zavala bei den Azoren – denn wäh­rend des U-Boot-Wettrennens stoßen sie auf eine monströse magnetische Ano­malie, einen scheinbar völlig aus Magneteisen bestehenden untermeerischen Turm, um den herum sich ein Fahrzeugfriedhof von Flugzeugen und Schiffen ausbreitet. Darunter, interessanterweise, eine amerikanische Lockheed Constel­lation, die erstaunlich gut erhalten zu sein scheint, die angezogen wurde, ob­gleich sie mehrheitlich aus Aluminium besteht…

Die unheimliche Anomalie lockt begreiflicherweise internationale Wissen­schaftler auf die Azoren, die den vermeintlichen sensationellen neuen Supralei­ter genauer unter die Lupe nehmen wollen. Unter ihnen befindet sich auch die russische Physikerin Katarina Luskaja, die allerdings einen Zusatzauftrag hat.

Und sie alle geraten jählings ins Visier eines Killertrupps, der verhindern soll, dass die Anomalie, „Teufelstor“ genannt, genauer in Augenschein genommen wird. Warum das jedoch passiert, das hat mit einem größenwahnsinnigen west­afrikanischen Despoten zu tun, der mit Hilfe einer bis zum Schluss unterschätz­ten Superwaffe weltweiten Terror verbreiten möchte – und es sieht ganz so aus, als würde exakt das gelingen. Der Countdown läuft, und es ist nur noch eine Frage von Minuten, bis eine der Kapitalen der Welt ins vollständige Chaos ge­stürzt wird. Allein ein einzelner Mann scheint das noch verhindern zu können…

Natürlich kennt man Clive Cussler-Romane, die stets zuverlässig demselben Strickmuster folgen – man nehme ein Geheimnis der Vergangenheit, vermische es mit einer zumeist weltweiten Bedrohung durch größenwahnsinnige Kriminel­le, würze es mit Abenteuersituationen an exotischen Locations, aufregend schö­nen Frauen und etwas Luxus und trockenem Humor… und schon hat man den nächsten Bestseller für die New York Times-Bestsellerlisten. Cussler lebt gut davon, schon seit Jahrzehnten.

Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Coautorenschaft wechselt und alt­bekannte Helden auf einmal von einem neuen Verfasser geschildert werden sollen. So geschah das hier – nachdem Paul Kemprecos acht Kurt Austin-Roma­ne geschrieben hatte, endete aus Gründen, die mir unbekannt sind, die Zusam­menarbeit. Die beiden neuen NUMA-Agenten verfügten aber höchstwahr­scheinlich bereits über eine solche „Fanbase“, dass es erforderlich wurde, einen neuen Coautor für weitere Abenteuer zu akquirieren. Mit dem leidenschaftli­chen Piloten Graham Brown, der zudem wissenschaftliche Aspekte in seinen Romanen profund und packend einzuarbeiten versteht, wurde ein solider Nach­folger gefunden. Sowohl die Flugzeugszenen wie auch die Handlung rings um Supraleiter und Teilchenbeschleuniger machen einen höchst kompetenten Ein­druck.

Man kann wirklich sagen, dass der Roman definitiv nicht langweilig wird. Kri­tisch zu bemerken ist freilich, dass der Hintergrund des schwelenden Streits zwischen Kurt Austin und dem Söldner Andras, der lange Zeit nur vage zu erah­nen ist, erst recht spät aufgeklärt wird. Das hätte man sicherlich schon etwas zeitiger tun können. Woran man dann auch sehr deutlich sieht, dass es ein mo­derner amerikanischer Roman ist, das ist die völlige Unterbelichtung von Erotik. Die einzige relevante Beziehung, die im Roman eine Rolle spielt, ist die zwi­schen Kurt Austin einerseits und Katerina Luskaja andererseits… besonders pi­kant natürlich, weil zwischen „Klassenfeinden“, selbst jenseits des Kalten Krie­ges. Da hätte man sich als Leser durchaus mehr erwartet. Vielleicht gelingt es Brown ja in seinen Folgeromanen, das weibliche Element und die Erotik ein we­nig stärker zu akzentuieren. Hier wirkt es an vielen Stellen so, als sei er gewis­sermaßen verlagsseitig daran gehindert worden, mehr in die Tiefe zu gehen (ah, eine pikante Formulierung, das ist mir bewusst). Frühere Cussler-Romane wa­ren da durchaus nicht so keusch wie dieser hier.

Ansonsten aber ist wohl der einzige ernsthafte Kritikpunkt, dass der Titel des Romans im Original wie in der Übersetzung etwas unglücklich gewählt ist. Denn gerade das „Teufelstor“ spielt für den Gesamtkontext des Romans eine durch­aus sehr unterdurchschnittliche Rolle und ist lange nicht so zentral wie sugge­riert.

Nach diesem Erstling von Graham Brown kann man jedenfalls sehr gespannt auf die weiteren Werke dieser Reihe aus seiner Feder sein. Es gibt wenigstens noch drei weitere, von denen ich Kenntnis habe – beizeiten werden sie rezensiert werden. Dieser hier ist absolut empfehlenswert für kurzweilige, spannende Un­terhaltung. Ich habe ihn in nur fünf Tagen verschlungen, und das spricht für sich.

© 2016 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche reisen wir dann wieder ein paar Realjahrzehnte zu­rück und schauen uns eine Storysammlung aus dem Bereich der Science Fiction an, die uns in fremde Welten führt, die uns doch so vertraut sein sollten. Aber sie sind es definitiv nicht. Warum? Das erfahrt ihr in der kommenden Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Wochen-Blog 335: Close Up: Der OSM im Detail, Teil 8

Posted August 4th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

die Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC) ist etwas unüberschaubar geworden, findet ihr vielleicht? Zu viele verschiedene Handlungsstränge, fremd­artige Protagonisten mit noch komischeren Namen… doch vertraut mir, das ist alles noch relativ harmlos im Vergleich etwa zu Serien wie dem KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ (DMadN), zu der ich im Rahmen der Close Ups in ein paar Jahren auch noch kommen werde. Das Gute am OSM ist indes, dass ihr bis dahin noch jede Menge mehr Informationsinput von meiner Homepage in euch aufsaugen könnt und dann deutlich besser gewappnet seid.

Diesmal wird es um die Episoden 36 bis 40 der Serie gehen, in denen wichtige Weichen für die nähere und mittlere Zukunft gestellt werden. Also gleich wie­der frisch ans Werk.

Rückblick: Oki Stanwer ist der Feldherr der Cranyaa, jedenfalls nominell. Aber er ist viel zu spät und fern der Cranyaa-Galaxis Hun’arc erschienen und befindet sich inzwischen in ebenso existenziellen Problemen wie die Insektoiden selbst, deren Reich sich von dem verheerenden Tsoffag-Sturm immer noch nicht erholt hat.

Während Oki Stanwer in der Schockzone auf dem rätselhaften Planeten ANTI-TOTAM festsitzt und von den schattenhaften Dimensionwanderern aus dem Volk der Gerlakos belagert wird, erleidet derweil in Hun’arcs Zentrum Klivies Kleines einen gesundheitlichen Rückfall auf dem Planeten Runix, der Zentralwelt der Calnarer, und beginnt monströs zu wuchern.

Und auch die Helfer des Lichts Ureg-Ni und UCHULON, die inzwischen auf den sechsten Helfer des Lichts gestoßen sind, stecken in Schwierigkeiten. Denn Glu­sem, der nämliche Helfer, ist eine Dämonenwaffe und so mutiert, dass er als Plasmaozean einen ganzen Planeten bedeckt… und zudem fest entschlossen ist, zu TOTAM zu konvertieren.

Das sieht alles nicht eben witzig aus. Aber bevor hierzu Weiteres gesagt werden kann, erfolgt eine kurze Rückblende – bekanntlich sind Kama-Ke, Lasa-On und Goonex von der Lichtfestung OREOC geschrumpft worden, um im Innern des Kristallkörpers die Ursache von Klivies Kleines´ Krankheit herauszufinden. Statt­dessen riss der Funkkontakt ab, und sie sind verschollen im Mikrokosmos…

Episode 36: Gefangen im Mikrokosmos

(28. Mai 1984, digitalisiert 2016)

Blende ins Innere von Klivies Kleines´ Körper und zeitliche Rückblende vor dem Transit OREOCS in das System Le-Konji. Die beiden Cranyaa Lasa-On und Kama-Ke sowie der „schanghaite“ Soogrer Goonex haben sich bereit erklärt, in einem Beiboot der Lichtfestung geschrumpft zu werden, um Klivies Kleines von innen zu heilen. Während im Draußen ein weiterer Rückfall des Helfers des Lichts dazu führt, dass sein Körper erst die Waffenzentrale Runix sprengt und dann monströs den ganzen Planeten zu überwuchern beginnt, stoßen die ge­schrumpften Freunde im Mikrokosmos auf eine ganze Flotte von Rautenschif­fen, die sie unverhohlen feindselig attackieren.

Schlimmer noch: da das Beiboot OREOCS kristalliner Natur ist, befällt der schwarze Kristallkrebs, der Kleines plagt, auch das Beiboot. Sie sind gezwungen, den Havaristen zu verlassen, werden aber unmittelbar darauf voneinander ge­trennt und geraten in die bizarre Gefangenschaft. Die beiden Cranyaa werden von unheimlichen Steinwesen umkrustet und wehrlos gemacht, Goonex, der später aussteigt, stößt auf die Besatzung der Rautenschiffe.

Die werden von einem rätselhaften Wesen kommandiert, das sich Timor-Dol nennt und gelenkt von scheinbar brennenden Energiewesen, den NEGATIVEN. Und, noch verrückter, als Goonex und Timor-Dol einander gegenüberstehen, er­kennt er Goonex als einen Soogrer…!

Episode 37: Zentrum des Bösen

(21. Juni 1984, digitalisiert 2016)

Fortsetzung der Mikrokosmos-Handlungsebene, nahtloser Übergang. Die Über­raschungen reißen nicht ab. Während Timor-Dol seinen Gast als Soogrer er­kennt, stößt Goonex aus, er erkenne in seinem Gegenüber niemand Geringeren als „Timor-Dol“. Aber damit hören die Rätsel nicht auf. Goonex behauptet nun nämlich, jeder Soogrer kenne Timor-Dol, der einst seinem Volk die genetischen Wissenschaften nahe gebracht habe. Was Timor-Dol nicht glauben kann. Und er kann auch nicht glauben, dass Goonex der Goonex ist, den er kennt – denn der sei seit rund 600.000 Jahren tot. Bizarrerweise behauptet er zugleich aber auch, er sei kein Zeitreisender.

Rätsel über Rätsel.

Draußen gelingt es derweil Kama-Ke, sich von der Umklammerung seines „Steins“ zu lösen, aber das ist nur kurzfristig hilfreich. Seine Gefährtin Lasa-On ist nämlich unterwegs zum „Zentrum des Bösen“, wo sich der Dämon Zsolseg von TOTAM eingenistet hat, offenbar schon seit Jahrtausenden. Er ist letzten Endes die Quelle von Kleines´ Krankheit. Und er sucht einen neuen Gastkörper, den er in Lasa-On gefunden zu haben glaubt..

Episode 38: Das Gigant-Syndrom

(23. Juni 1984, digitalisiert 2016)

Weiterhin Fortsetzung der Mikrokosmos-Ebene mit gleitendem Übergang zu der Handlung im makrokosmischen Le-Konji-System. Auf Runix eskaliert das Chaos. Gruhl und der unter TOTAMS Bann stehende Calnarer Zephir-Gort kämp­fen gegeneinander, doch Kleines´ Wachstum bricht den Bann. Im letzten Mo­ment gelingt beiden die Flucht auf die Lichtfestung OREOC.

Im Mikrokosmos sucht Kama-Ke seine Cranyaa-Gefährtin aus der Gewalt der bi­zarren Steins zu befreien und zerstört zahlreiche von ihnen. Aber zu seinem Ent­setzen muss er erkennen, dass Lasa-On bereits der Gastkörper für den Dämon Zsolseg ist und damit ihr Leben ausgelöscht wurde. Im letzten Moment erreicht der Intimfeind der Steins, Timor-Dol, zusammen mit Goonex, das „Zentrum des Bösen“ und kann den Dämon vernichten – womit er allerdings zugleich Lasa-On tötet und Kama-Ke so schwer verletzt, dass eine Heilung ausgeschlossen ist. Wenig später stirbt der letzte Cranyaa aus Kleines´ Gefolge an den Verletzun­gen.

Draußen erliegen die beiden von TOTAM ausgesandten Dämonen Derdusuum und Tekalotiir der von Kleines´ monströs metamorphierendem Körper emittier­ten Strahlung. Und aus Kleines´ Gigantkörper tauchen nun die Schiffe der NEGATIVEN samt Timor-Dols Flaggschiff auf, die jetzt den Mikrokosmos endlich verlassen können.

Das calnarerische Hauptsystem aber bricht immer stärker und schneller in sich zusammen. Flüchtlingsschiffe verlassen es in Strömen – und der Planet Runix taumelt aus seiner Umlaufbahn. Er wird in einigen Monaten in die Sonne stür­zen. Spätestens damit, da sind sich alle auf der Lichtfestung OREOC Versammel­ten sicher, wird Kleines endgültig gestorben sein.

OREOC scheint daran nur bedingt Anstoß zu nehmen und visiert das nächste Reiseziel an: den Planeten Crymon, das Zentrum von Rookax´ einstigen psycho­tischen Waffentechnikern. Auch die von ihnen ausgehende Gefahr muss einge­dämmt werden.

Episode 39: Transmittermond der Plegg’re

(24. Juni 1984, digitalisiert 2017)

Handlungsblende zur Biowelt Glusem im galaktischen Leerraum: UCHULON hat von Glusem den Handlungskörper eines Ghouls erhalten. Sein Gefährte Ureg-Ni ist indes noch auf dem Grund des Plasmaozeans eingesperrt, zu dem er nun ge­bracht wird.

Glusem, immer noch von dem Gedanken gelenkt, TOTAM zu dienen, was er seltsamerweise sehr gut in Einklang mit seiner Freundschaft zu Oki Stanwer bringen kann, hat die Gedächtnisinhalte beider Helfer-Kollegen durchleuchtet und dabei entdeckt, dass UCHULON die konzentrierte Mentalessenz eines Vol­kes darstellt, das einst Plegg’re hieß. Sie waren es, die das Ruinensystem bevöl­kerten, ehe es vor Urzeiten verwüstet wurde (vgl. Bd. 27). Zugleich wird Glusem auf den Ausspruch des intriganten Soffrol aufmerksam – dass man dem Mond der Ruinenwelt Aufmerksamkeit schenken müsse.

In einer beispiellosen parapsychischen Anstrengung versetzt Glusem seine phy­sische Substanz zusammen mit den Helfern des Lichts und dem GOLEM-Schat­ten auf den Mond… oder besser: in den Mond, denn es zeigt sich, dass dieser Mond in Wahrheit ein raffiniertes und unbeschädigtes Raumschiff ist. Es ent­stammt unzweifelhaft der Technologie der versunkenen Plegg’re… und auf ein­mal aktiviert es sich!

Episode 40: „Oki Stanwer antwortet nicht!“

(16. August 1984, digitalisiert 2017)

Direkte Fortsetzung von Band 39. Handlungsort: der Transmittermond der Plegg’re.

Unmittelbar nach ihrer Rematerialisation stellen die Helfer des Lichts fest, dass das System von fremden Schiffen angeflogen wird. Es handelt sich um Dreiecks­kreuzer TOTAMS, die die Helfer ausschalten sollen. Aber die alte Entropiewaf­fenabwehr der Plegg’re ist immer noch aktiv und löscht mühelos die Angreifer aus.

Im Anschluss an die überstandene Gefahr versucht Ureg-Ni Näheres über die Plegg’re und den Mond zu erfahren… aber ihm wird die Auskunft erteilt, die Be­kanntgabe dieser Daten würde die Existenz des Mondes gefährden. Er ist offen­kundig Frucht eines Zeitexperiments. Und Glusem ist einer dieser Zeitreisen­den, der davon freilich noch keine Ahnung hat.

Der Transmittermond selbst unterstellt sich bereitwillig Glusems Kommando und aktiviert seine Triebwerkssysteme, um nun zielstrebig die Schockzone anzu­steuern, wo Oki Stanwer vermutet wird. Doch alle Funksprüche werden mit Schweigen beantwortet.

Als sie in die Schockzone einfliegen, orten sie den Planeten ANTI-TOTAM, und UCHULON, der nun einen Körper aus Glusems Materie besitzt, beschließt, diese Welt aufzusuchen. Da er auch an Glusems Parafähigkeiten partizipieren kann, gelingt ihm die Teleportation dorthin… aber hier wird er mit den gnadenlosen Gerlakos konfrontiert, die seinen Körper kurzerhand zerfetzen.

Zu seiner Verwirrung ist er daraufhin aber nicht tot. Und er ist auch nicht zurück im Transmittermond, sondern er hat auf einmal einen humanoiden Körper und sieht sich mit einem charismatischen Mann konfrontiert, den er sofort erkennt: Oki Stanwer.

Der Feldherr der Cranyaa hat seine Helferseele an sich gezogen und mit Hilfe des Primärenergiewandlers einen neuen Körper für ihn geschaffen. Während der Transmittermond nun in einen Orbit um ANTI-TOTAM geht, ist UCHULON so Besatzungsmitglied der STELE DER EWIGKEIT geworden.

Aber sie sind alle immer noch Gefangene der Schockzone und der Gerlakos und damit erst recht zur Hilflosigkeit verurteilt…

Ihr seht, wie versprochen, dass die Pfade sich allmählich verengen und ineinan­derfließen. Indes kann durchaus sein, was Oki Stanwer am Ende dieser Episode frustriert ausruft: „Alle Helfer des Lichts werden mich suchen und hier in die Falle laufen. Wir sind gottverdammte Narren! Nun wird TOTAM triumphieren…!“

Aber ist das tatsächlich so? Oder wie geht es weiter? Das erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe der „Close Up“-Reihe.

Bis nächste Woche, meine Freunde,

mit Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 227: The Wonderful Wizard of Oz

Posted Juli 31st, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute reiche ich euch mal wieder ein kleines Schmankerl, das ich kürzlich für eine Neuveröffentlichung in den ANDROMEDA-NACHRICHTEN bearbeitet habe.1 Hier bekommt ihr die – freilich um die damaligen Illustrationen bereinigte – Ur­sprungsfassung zu sehen. Das scheint mir einfach gescheiter zu sein, so könnt ihr besser nachvollziehen, wie die Veröffentlichung dieses Artikels in BWA 275 im Jahre 2006 wirkte. Mit dieser Ausgabe begann meine seither andauernde, langjährige Chefredakteurszeit im Science Fiction-Club Baden-Württemberg. Und ich dachte mir einfach, als der SFCD Interesse an meiner philosophischen Hausarbeit zu Alternativwelten zeigte2, dass auch dieser Beitrag vielleicht für ein breiteres Publikum geeignet war.

War er definitiv.

Ihr werdet sehen, dass ich den Artikel literaturhistorisch aufgezogen habe und so meine Profession des Historikers, insbesondere des Biografiehistorikers, mit der des Rezensenten und Autors verschmolzen habe. Und ich hoffe, ihr genießt die Zeitreise ins Ende des 19. Jahrhunderts und alles, was ihr hier über Lyman Frank Baum und seine Welt erfahren könnt.

Vorhang auf:

The Wonderful Wizard of Oz“

oder

Ein Mythos wird geboren

Artikel von Uwe Lammers

Einleitung:

Wie entsteht ein Mythos?

Diese schlichte Frage soll einleiten in das Phänomen eines der wohl bekanntes­ten und doch zugleich in den Kreisen der Phantasten oft gering geschätzten Bu­ches, das heutzutage weltberühmt ist und Generationen von Phantasten inzwi­schen wesentlich geprägt hat.

Die Rede ist von L. Frank Baums Klassiker „The Wonderful Wizard of Oz“ (dt.: „Der Zauberer von Oz“), der das 20. Jahrhundert einleitete und zahlreiche in­teressante Dinge vorwegnahm, die kommen würden. Zugleich ist er auch als eine von tiefer, ernster Moral getragene Geschichte zu lesen, wenn man sie recht zu lesen versteht. Zahllose Anspielungen darin rekurrieren auf den Le­benslauf des Schöpfers L. Frank Baum und auf allgemeine kulturgeschichtliche Details des Lebens in Amerika gegen Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahr­hunderts. Vieles davon ist heutzutage schlichtweg unbekannt, aber es lohnt meines Erachtens eine Wiederentdeckung. Man sollte sich als neugieriger Leser also gewiss nicht von dürftigen Kommentaren wie diesem hier leiten lassen: „Obwohl man L. Frank Baums Klassiker The Wonderful World of Oz (sic!) kaum als Klassiker der SF bezeichnen kann, scheint er doch wie ein heller, neuer Tag auf das strahlende neue Jahrhundert.“3

In sechs Schritten soll, basierend auf dem Buch „Alles über den Zauberer von Oz“4, der Versuch unternommen werden, das Werk dem geneigten phantasti­schen Leser näherzubringen. Zunächst gilt es, ein wenig über die Welt des Jah­res 1900 zu erzählen, um einige zeitnahe Anspielungen zu verstehen, die im Werk vorhanden sind (insbesondere bezogen auf das Porzellanland). Dann wird auf Baums Biografie eingegangen, bevor sich der Fokus dem Buch selbst zuwen­det und die Entstehungsgeschichte beleuchtet, den Inhalt des Romans skizziert und den Aufschwung des Werkes und seines Autors nach 1900 nachzeichnet.

Wie das mit Büchern häufig so ist, geraten sie, wenn noch nicht zu Lebzeiten, so doch gerne nach dem Tode ihres Verfassers ins Schussfeld von Kritikern, und das geschah in den USA insbesondere durch Bibliothekare in der Zeit der soge­nannten „McCarthy-Ära“ in den frühen 50er Jahren. Warum das Buch (bzw. ge­nauer gesagt: die Bücher, denn „Der Zauberer von Oz“ steht durchaus nicht al­leine!) diesen Sturm überstanden hat und wie er überhaupt aussah, leitet dann direkt über in die Gegenwart.

Schritt 1: Die Welt um 1900

Die Welt des Jahres 1900 unterschied sich in signifikanter Weise von unserer heutigen Zeit. Vieles, was uns heute selbstverständlich ist, wäre, und das ist durchaus sinnig, den damaligen Zeitgenossen buchstäblich als „Zauberei“ vor­gekommen. Im Jahre 1900, als die Weltbevölkerung höchstwahrscheinlich gera­de die Schwelle von einer Milliarde Individuen überschritten hatte, bestanden die schnellsten Beförderungsmittel in den Eisenbahnen und den Dampfschiffen. Unterseeboote galten als untaugliche, plumpe Gebilde, die man zwar schon kannte, aber nicht sonderlich schätzte. In realiter gerade mal im Konföderati­onskrieg eingesetzt, faszinierten sie allenfalls in ihrer optimierter Version die Le­serschaft eines Jules Verne im fernen Europa. Daran, dass diese Erfindung ir­gendwann einmal perfektioniert werden könnte und es dafür einen GRUND ge­ben würde, mochte man kaum denken.

Am 2. Juli 1900 brach relativ unspektakulär mit einem 9-Kilometer-Flug das Zeitalter des Zeppelins an und der Mensch schickte sich an, die Lüfte zu er­obern.5 Die Gebrüder Wright sollten noch mehr als drei Jahre benötigen, bis sie mit Motorkraft über dem Strand von Kitty Hawk aufstiegen.6 Überhaupt war die Motorisierung noch nicht weit vorangekommen. Die Automobile wurden so­wohl auf dem Kontinent als auch in Amerika in äußerst geringen Stückzahlen gefertigt, da Henry Fords Erfindung des Fließbandes noch in weiter Ferne lag.

Und ansonsten? Was geschah in Amerika und in der Welt im Jahre 1900 noch? Paris feierte seine grandiose Weltausstellung, zeitgleich fanden in Athen die ers­ten modernen Olympischen Spiele statt.7 Amerika registrierte, wie die Briten in die 11. Woche des Burenkrieges „schlitterten“8 und beteiligte sich auch nicht an der blutigen Niederschlagung des sogenannten „Boxeraufstandes“ in Peking.9 Der Grund lag in der Befürchtung des Präsidenten McKinley, es könne innenpolitisch gesehen negative Auswirkungen auf seine Wiederwahl in diesem Jahr haben. Diese Zurückhaltung half ihm allerdings wenig – er starb an den Folgen eines anarchistischen Attentats am 6. September 1901.10

Dass Baum von dem Boxeraufstand und überhaupt von China wusste – mögli­cherweise natürlich auch über die in Amerika inzwischen etablierten „China­towns“, die ihm regional näher waren – , das belegen die Geschehnisse von Do­rothy und ihren Gefährten im Porzellanland übrigens nachdrücklich, wie auch Michael Patrick Hearn mit seinen Anmerkungen schlüssig nachweist.11

Die amerikanische Regierung arrivierte ihre geografischen Besitzungen mit dem Erwerb der beiden letzten spanischen Inseln im Pazifik, Cagayan und Sibutu, die für 100000 Dollar an die Vereinigten Staaten abgetreten wurden.12 Fernerhin geriet New Jersey durch ein verheerendes Feuer in die Schlagzeilen, bei dem drei Schiffe am Hoboken-Dock vernichtet wurden. Dabei starben zweihundert überwiegend deutsche Seeleute.13 Und dann gab es noch das häufig zu vermel­dende, diesmal aber katastrophale Ausmaße erreichende Phänomen von Hurri­kans: „Im September verwüstete ein Hurrikan die Küste von Texas und erzeugte eine Flutwelle, die den Hafen von Galveston traf; über viertausend Menschen fielen ihm zum Opfer.“14 Wer eine literarische Bearbeitung dieser Naturkatastro­phe nachlesen möchte, sei ausdrücklich verwiesen auf die Geschichte „Der gro­ße Knall“ von Joe R. Lansdale.15

Der Durchschnittsamerikaner jedoch kommunizierte mit der Außenwelt, zumal in ländlichen Regionen, überwiegend über die Tageszeitungen und kam kaum über die Grenzen seines Landes hinaus. Das ging auch dem zu diesem Zeitpunkt nicht eben vom Glück begünstigten Amerikaner L. Frank Baum so. Und so muss es auch niemanden wundern, wenn er ein „typisch amerikanisches Leben“ führ­te.16

Schritt 2: Das Leben des L. Frank Baum, 1. Teil

Lyman Frank Baum wurde am 15. Mai 1856 in Chittenango im Staate New York geboren. Das Talent zur Vielseitigkeit erbte Baum vermutlich von seinem Vater Benjamin Ward Baum, der nach dem Aufbau einer Fassfabrik ein Vermögen in der noch jungen Ölindustrie von Pennsylvania machte und schließlich nach Sy­racuse bei New York zog, um dort den Landsitz Rose Lawn zu erbauen, wo sein Sohn mit seinen Geschwistern behütet und in wohlhabender Atmosphäre auf­wuchs.17 Es ist unbezweifelbar, dass diese Jugend seine Neigung zur Träumerei und zur sprudelnden Phantasie beflügelte und begünstigte. Und er bekam viel Zeit dafür: „Er galt als sensibles und phantasievolles, etwas kränkelndes Kind. Seine Eltern, die vier ihrer neun Kinder verloren hatten, liebten ihn abgöttisch und schlugen ihm keinen Wunsch ab“, wie der Biograph Hearn schreibt.18

Baum neigte, durchaus tagträumerisch veranlagt, anfangs dem Journalismus zu und publizierte eine Reihe von Zeitschriften in seiner Jugend (bis 1873), etwa die Literaturzeitschrift The Rose Lawn Journal, dann The Engineer und schließ­lich The Stamp Collector (für sein Hobby des Briefmarkensammelns).19 Als es dann daran ging, sich den Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitete er zunächst höchst erfolgreich in der Geflügelzucht, insbesondere bei den Hamburgern… nein, um Missverständnissen vorzubeugen, er war nicht Lieferant für McDonalds-Vorläufer, sondern „Hamburger“ sind eine Geflügelrasse. Über sie schrieb er auch ein Buch.20

Das hätte es nun sein können, das Tor ins Berufsleben und zwar für den Rest seines Lebens… aber die Sprunghaftigkeit, die Baum zu eigen war und ihn ge­wissermaßen in den Untergang führen sollte, brachte ihn von der äußerst lukra­tiven Geflügelzucht ab. Bereits 1881 wandte er sich einer neuen Leidenschaft zu, dem Theater.21 Doch während er sich selbst für schauspielerisch sehr befä­higt hielt und seinen Vater dazu bringen konnte, im Staate New York ein eigenes Theater zu erbauen, wo Baum auch selbstgeschriebene Stücke auf die Bühne bringen konnte, wurde er vom Unglück verfolgt: am 29. Dezember 1881 eröff­net, fiel Baum’s Opera House schon am 8. März 1882 einem Brand zum Opfer.22 Es wurde nicht wieder aufgebaut.

Nur wenige Monate später heiratete Baum die zwanzigjährige Maud Gage, die Tochter einer der Begründerinnen der Suffragetten-Bewegung, Matilda Joslyn Gage, die gegen diese Verbindung war.23 Sie sah sich aber außerstande, die von beiden Seiten gewollte Heirat aufzuhalten.

Baum und seine energische Frau zogen als Schauspielerehepaar durchs Land, doch als sich das erste Kind ankündigte, kehrten sie nach Syracuse zurück, wo Baum nun in das Ölgeschäft seines Vaters einstieg. Wenig später begeisterte er sich für die immer perfekter werdende Fotografie. Sie wurde später zu einem Hobby, das er für den Rest seines Lebens beibehalten sollte, doch anfangs be­mühte er sich, daraus – wie eigentlich aus allem, was er hobbymäßig begann – einen Beruf zu machen. Zusammen mit einem Gemischtwarenladen, Baum’s Bazaar, den er 1888 eröffnete, sollte die Amateurfotografie ein berufliches Standbein werden.

Doch er blieb weiter vom Pech verfolgt: ausgerechnet Aberdeen/Dakota, der Standort von Baum’s Bazaar24, litt unter Dürre und Wirtschaftsflaute, die lang anhaltend war. Baum musste sein Geschäft am Neujahrstag 1890 schließen. Zeitgleich war jedoch bereits in dem Aberdeen Saturday Pioneer, einer der örtli­chen Zeitungen, als Autor und Verleger publizistisch aktiv25, und zweifellos wur­de so eine seiner Kindheitsneigungen wieder aktiviert, die Leidenschaft für das Schreiben, die er nie ganz aufgegeben hatte. Heute würde man konstatieren müssen, dass dies, das Schreiben, seine wahre Leidenschaft und Berufung war.

Die Beschäftigung mit den wirtschaftlich und besonders landwirtschaftlich kata­strophalen Umständen in Dakota sollten später prägenden Charakter für das Anfangskapitel seines Buches „The Wonderful Wizard of Oz“ haben. Er übertrug sie schlicht von Dakota auf Kansas.26

Das Desaster von Baum’s Bazaar wurde gefolgt von rascher Desillusionierung beim Aberdeener Saturday Pioneer, dessen Herausgeberschaft Baum im April 1891 abgab. Stattdessen zog Baum, der inzwischen mit seiner Frau vier Söhne besaß, nach Chicago, wo er wieder als Journalist anfing, aber in der Redaktion der Evening Post bereits nach einem Monat wieder kündigte. Stattdessen schlug er sich nun als Vertreter für Porzellan durch.27

Obgleich man das als nun als definitiven Tiefpunkt seines Lebens ansehen könn­te, gab es doch einen faszinierenden Nebeneffekt, der ihn schließlich zur Be­rühmtheit emporführte: aufgrund der Tatsache, dass Baum so selten zuhause war, war er froh um jeden Tag, den er mit seinen Kindern zubringen konnte. Und um den jüngeren von ihnen die Welt zu erklären, erfand er Geschichten um ein Kinder-Schlaraffenland namens „Phunniland“. Eines Abends hörte seine Schwiegermutter Matilda Gage das mit an und drängte ihn nun dazu, diese Geschichten doch niederzuschreiben.

Glücklicherweise kam Baum diesem Ratschlag nach und verfasste die Geschich­ten für zwei Storysammlungen: „Tales from Mother Goose“ und „Adventures in Phun[n]iland“. Ersteres erschien 1897 unter dem Titel „Mother Goose in Prose“ und wurde zum ersten Kinderbuch Baums, dem rasch noch zahlreiche folgen sollten.28 Der Versuch war zwar nicht übermäßig erfolgreich, doch er bereitete den Weg. Zunächst freilich ging Baums berufliche Odyssee weiter: so gründete er 1897 mit The Shop Window in Chicago eine Zeitschrift für Schaufensterdeko­rateure, worin er auch seinem Hobby als Fotograf frönen konnte. Auf diese Wei­se geriet er mit seinem Kompagnon und Verleger Williams in den Chicagoer Presseklub. Und hier lernte er den trunksüchtigen Bohemien und Zeichner Wil­liam Wallace Denslow kennen.29 Man kann ohne Übertreibung sagen, dass die­se Begegnung sein Leben von Grund auf veränderte und die Weichen für die Zukunft stellte.

Zunächst arbeiteten Baum und Denslow in dem Folgeprojekt von „Mother Goo­se“ zusammen, nämlich in „Father Goose. His Book“, das ganz überraschend zum erfolgreichsten Kinderbuch des Jahres 1900 wurde. Die erste Auflage von 5700 Exemplaren war schlagartig ausverkauft, prominente Autoren wie Mark Twain (!) lobten das Buch.30

Nach vielen Jahren der Entbehrung und des Herumwanderns konnte sich die Familie Baum nun endlich so etwas wie Luxus leisten. Baum kaufte ein Sommer­haus am Michigansee, das er „Sign of the Goose“ nannte und, Multitalent, das er war, auch selbst ausstattete.

L. Frank Baum war an seinem Ziel angekommen: er war Schriftsteller. Und er hatte noch weit ehrgeizigere Pläne als bislang umgesetzt.

Schritt 3: Oz entsteht

Was dann geschah, beschreibt L. Frank Baum selbst später so: „Ich saß auf der Kommode in der Eingangshalle und erzählte den Kindern gerade eine Geschich­te, da kam es plötzlich und nahm von mir Besitz. Ich schickte die Kinder fort, nahm ein Blatt Papier, das auf der Kommode herumlag, und begann zu schrei­ben. Es schrieb sich wie von selbst. Als ich kein normales Papier mehr finden konnte, nahm ich, was herumlag, sogar einen Stapel alter Briefumschläge…“31

Im Grunde genommen kann es also niemanden wundern, wenn der Akt des Schreibens bei Schriftstellern gelegentlich auch von ihnen selbst als ein Akt göttlicher Intervention wahrgenommen wird. Schriftsteller aller Zeiten – den Verfasser ausdrücklich eingeschlossen – kennen dieses Phänomen zur Genüge, ohne es indes erklären zu können.

Faktum ist, dass Baum, als er mit 40000 Wörtern das Manuskript zu „The Eme­rald City“ (so der ursprüngliche Titel, andere Entwürfe sprechen von „The Great City of Oz“ oder „The Fairyland of Oz“) schließlich einreichte, vom Erfolg dieser Geschichte keineswegs überzeugt war. Das liegt natürlich daran, dass das Ma­nuskript bereits am 8. Oktober 1899 fertig war, lange vor seinem Erfolg von „Father Goose“. Selbst Anfang 1900, als sich letztgenanntes Buch bereits gut verkaufte, zeigt er sich noch skeptisch. Nun – aus der Biografie her ist das ver­ständlich. Hatte nicht so vieles schon gut begonnen und schlimm geendet, was er angefangen hatte?

Aber in gewisser Weise täuschte er sich: schon nach der Ankündigung des Bu­ches in The Bookseller schrieb diese Zeitschrift, dass alleine bis jetzt (Juni 1900) „bereits über 5000 Exemplare bestellt“ wurden.32 Das ist erst der Anfang. Zwar differieren die Angaben über die Höhe der Auflagen, aber realistische Schätzun­gen gehen von 35000 Exemplaren fürs Jahr 1900 aus, womit es schnell eines der am weitesten verbreiteten Kinderbücher in den USA in jenen Tagen wurde.

In den Literaturkritiken wurde es oft in einem Atemzug mit Lewis Carrolls „Alice in Wonderland“ genannt, aber viele Kritiker stellten den „Zauberer von Oz“ ganz klar über die üblichen Kinderbücher. Symptomatisch dafür mag die Bespre­chung von The Bookseller and Latest Literature zitiert werden: „Die Kleinen werden ganz wild danach sein, und die Älteren werden es ihnen mit Freude vor­lesen, da es ein angenehmes Zwischenspiel in der ernsthafteren Literatur dar­stellen wird.“33 Andere Zeitschriften nannten es „für anspruchsvolle Leser ein­fach unwiderstehlich“34, und The Minneapolis Journal urteilte am 18. November 1900, vielleicht ein wenig voreilig, es sei schlicht „die beste Kindergeschichte des Jahrhunderts“.

Der Mythos Oz war geboren.

Schritt 4: Was im Buch passiert

Weithin bekannt dürften Anspielungen aus dem Buch sein. Eine, die der deut­sche Zuschauer des Films „Matrix“ freilich nicht mitbekam, weil sie in der Syn­chronisation verlorenging, wird in dem Aufsatz „Der Bau eines besseren Simula­krums: Literarische Einflüsse auf Matrix35 wiedergegeben und dankenswerter­weise vom Übersetzer des Artikels kommentiert. Die Stelle lautet: „Wenn Cy­pher zu Neo sagt: ‚Das bedeutet: Schnall dich an, Dorothy, denn jetzt heißt’s Ab­schied nehmen von Kansas‘, legen wir automatisch diese berühmte Schablone [des Buches „Der Zauberer von Oz“] über den Film.“ Der Übersetzer Peter Ro­bert bemerkt dazu: „In der deutschen Synchronfassung – ‚Das bedeutet, dass du dich lieber anschnallen solltest; hier wird’s nämlich gleich sehr ungemütlich werden‘ – wurde diese Anspielung weggelassen.“

Der detaillierte Inhalt des Buches ist den meisten Lesern vermutlich weitgehend unbekannt.

The Wonderful Wizard of Oz“ beginnt etwa im Jahre 1900 im grauen und tris­ten Bundesstaat Kansas im amerikanischen Mittelwesten. Die kleine Dorothy, deren Alter nirgends genannt wird, die aber etwa zwischen 6 und 10 Jahre alt sein muss, ist ein Waisenkind, das bei seiner Tante Em und dem Onkel Henry lebt, die beide ein wenig vermögendes Farmerpaar in der Prärie von Kansas sind.36 Dorothys bester und einziger Freund ist der kleine, treue Hund Toto, den Denslow als eine Art von Promenadenmischung zeichnete.37 Welcher Rasse Toto genau entstammt, wird nie geklärt, und die Zeichner stellen ihn später stets unterschiedlich dar (vom Cairn Terrier bis zum Boston Bulldog).38

Eines Tages nun geschieht es, dass ein Wirbelsturm – in Kansas ein recht häufi­ges Phänomen – das Haus der Farmer packt und in die Luft reißt. Während Tan­te und Onkel sich in den Keller in Sicherheit bringen können, wird Dorothy mit­samt Hund und Haus durch die Lüfte entführt und findet sich nach einer wun­dersamen Reise in einer farbenprächtigen, schönen Gegend wieder, die rasch als Land Oz entpuppt.

Sie ist im Land der Munchkins gelandet und hat bei ihrer Landung zufällig die böse Osthexe erschlagen und die Bevölkerung so befreit. Auf diese Weise gerät Dorothy an die silbernen Wunderschuhe der Hexe, die noch eine wichtige Rolle spielen sollen.

Doch obwohl das Land so wunderschön ist, ersehnt sich Dorothy – ganz Kind! – nichts mehr, als zu ihrer Tante und ihrem Onkel zurückzukehren, die sich inzwi­schen zweifellos schreckliche Sorgen um sie machen müssen. Doch wie zurück­kommen, wenn niemand in Oz jemals auch nur von Kansas gehört hat?

Da wisse wohl nur einer Abhilfe: der große Zauberer Oz, der in der Smaragden­stadt (im Original The Emerald City) regiere. Dorothy, erklärt ihr die gute Nord­hexe, solle sich einfach nur an die Straße aus gelben Ziegelsteinen halten, sie führe direkt ins Zentrum des Landes und zur Smaragdenstadt. Und so macht sich das kleine Mädchen mit seinem Hund auf den langen Weg zur Smaragden­stadt, um den Zauberer von Oz zu bitten, den Heimweg nach Kansas zu ermögli­chen.

Auf dem Weg zur Stadt trifft Dorothy eine belebte Vogelscheuche und einen ro­botergleichen Holzfäller, den „Wooden Tinman“ (als „Blechholzfäller“ übersetzt) sowie den feigen Löwen, die zu ihren Begleitern werden und zahlreiche Aben­teuer zu überstehen helfen. Um nur ein paar zu nennen: das tödliche Mohnfeld, die Königin der Feldmäuse, die böse Westhexe und ihre furchtbaren Gesandten, die geflügelten Affen sowie die Kampfbäume.

In der Smaragdenstadt stellt sich allerdings heraus, dass Oz seltsam unwillig ist, dem kleinen Mädchen zu helfen. Er verlangt stattdessen, sie solle die böse Westhexe töten – etwas, wozu sich Dorothy außerstande sieht. Dass es den­noch gelingt, ist wieder eher einem Zufall zuzuschreiben. Bei der Rückkehr zur Smaragdenstadt entlarven sie dann auch noch den „schrecklichen Zauberer Oz“ als einen Schwindler und müssen die Hilfe für das Mädchen anderweitig su­chen. Erst die gute Hexe Glinda ermöglicht Dorothy schließlich die Rückkehr in ihre Heimat.

Schritt 5: Ein Buch wird berühmt…

(oder: Das Leben des L. Frank Baum, 2. Teil)

Mit dem überwältigenden Erfolg des Buches über den Zauberer von Oz (der, wenn man ehrlich ist, eigentlich eine Nebenrolle spielt, es geht in dem Buch im Grunde genommen zentral um Dorothy) gerät L. Frank Baum ganz überra­schend in eine andere Zwickmühle, die man als die dunkle Kehrseite des Ruh­mes ansehen muss: er ist plötzlich im Zugzwang. Die Leser sehnen sich danach, mehr über jene Plätze und Regionen zu erfahren, die es im magischen Land Oz noch geben mag und die auch auf Karten eingezeichnet zu finden waren, über die Baum aber noch nichts schrieb.

Und schlimmer noch: im März 1902 musste das Verlagshaus Hill Konkurs anmel­den, so dass an eine Fortsetzung der Arbeit vorerst nicht zu denken war. Der Verlag Ogilvie Company, der die Konkursmasse Hills übernahm, kündigte zwar an, er werde Baums Buch weiterhin herausgeben, erhielt dazu aber vom Autor keine Genehmigung. Baum selbst gedachte nämlich inzwischen, sprunghaftes Multitalent, das er war – der Bühne hatte er nie ernstlich abgeschworen, unge­achtet seiner dort eher geringen Erfolge – , The Wizard Of Oz als musikalische Revue auf die Bühne zu bringen. Zudem zerstritten sich zu allem Überfluss etwa zur gleichen Zeit auch noch Baum und Denslow, der Illustrator. Ideale Voraus­setzungen, einen Mythos direkt nach der Geburt sterben zu lassen, nicht wahr? Doch es kam anders.

Die Revue, die heute in Europa fast unbekannt ist, war es schließlich, die Baums eigentlichen Ruhm begründete und ihn bekannt machte. Aus dieser Quelle speiste sich sein zeitweiliger Reichtum. Er hielt allerdings nie lange an, weil der Autor wirklich mit Geld nicht umgehen konnte und immer wieder Finanz in un­ausgegorene Projekte steckte.

Eines davon war, auch hier zeigte er sich seiner Zeit bedauerlicherweise weit voraus, eine Verfilmung des Wizard Of Oz. Die erstaunlichen Fortschritte der Ki­nematografie brachten den fotovernarrten L. Frank Baum, bestärkt durch die Wucht der Revue, wo er seine eigenen Figuren lebendig auf der Bühne agieren sehen konnte, dazu, Unsummen in eine Verfilmung zu investieren. All das resul­tierte schließlich 1910 in einer Stummfilmversion des Buches, wobei sich aller­dings – wie bereits in der Revue – die Handlung immer mehr vom Original ent­fernte. Kaum nötig zu erwähnen, dass auch das Schwierigkeiten mit sich brach­te, von denen hier nicht berichtet werden soll.

Inzwischen war Baum hoch verschuldet und schrieb, auch um die Schulden ab­zutragen, weitere Oz-Bücher. Obwohl er schon 1910 befand, er habe nach sechs Oz-Büchern genug über diese Welt geschrieben (eine Meinung, die die Leser verständlicherweise nie teilten). Bis zu seinem Tode zwangen ihn die Schulden, sein „jährliches Oz-Buch“ zu verfassen, wobei freilich die Qualität durch den Druck immer weiter litt. Man kann ähnliche Effekte bei verschiedenen anderen Schriftstellern beobachten, die derartige Fallen ersinnen und sich darin fan­gen.39 Es ist ein durchaus gängiges Phänomen.

Der Ruhm des L. Frank Baum war also eine Falle, in der er sich wie die Fliege im Honig fing und die ihn letzten Endes in den Ruin zwang. Am Morgen des 6. Mai 1919 starb L. Frank Baum schließlich, schon seit mehreren Jahren geplagt von Angina Pectoris und heftigen Schmerzattacken, die ihn dem Morphium verfal­len ließen. Er war 63 Jahre alt geworden.40 Von solchen Triumphen wie der Ver­filmung von Oz als Tonfilm mit Judy Garland in der Rolle der kleinen Dorothy – was sie weltberühmt machte – , konnte Baum nicht einmal mehr träumen.

Doch wenn er geglaubt hätte, seine Schöpfung könne nun endlich unbestritten Bestand haben, so sollte er sich gründlich irren. Der wahre Kampf stand dem Lande Oz erst noch bevor.

Schritt 6: …und gerät in die ideologische Schusslinie

Die Kinder ließen die Oz-Bücher nicht sterben“, schreibt Michael Patrick Hearn in „Alles über den Zauberer von Oz“41, im Gegenteil verkauften sich die Bücher nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und nach dem Tode des Autors eher bes­ser als je zuvor. Mehr noch: mit der Autorin Ruth Plumly Thompson, der Her­ausgeberin der sonntäglichen Kinderseite des Philadelphia Public Ledger, wurde jemand gefunden, der insgesamt neunzehn weitere Fortsetzungen von Baums Oz-Zyklus schuf (in Deutschland allesamt unbekannt geblieben, Oz ist im We­sentlichen ein amerikanischer Mythos, selbst heute noch).42

Der Krieg der Bibliothekare und Verleger gegen Oz begann hingegen schon zu Baums Lebzeiten, es ist freilich unklar, ob er sich dessen bewusst war: indem sich Baum dafür entschied, das ursprüngliche Buch in einem kleinen Verlag er­scheinen zu lassen, riskierte er nicht nur, sich zu ruinieren oder zu blamieren. Es gab schlimmere Folgen, die man nur erkennen kann, wenn man sich im ameri­kanischen Buchhandel ein wenig auskennt:

So wurde etwa im Literaturmagazin St. Nicholas nichts besprochen, was der ei­gene Verlag – Bobbs-Merrill – nicht auch herausgab. Damit waren seine bei Hill erschienenen Titel automatisch ausgeschlossen.43 Mit der Quintessenz, dass The Wizard Of Oz dort nie gewürdigt wurde. Nachteil: was nicht hinreichend rezensiert wurde, wurde entsprechend auch nicht hinreichend im Verkauf gefördert. Zwar war Baum zu Lebzeiten von größeren Verlagen nach seinen ersten Erfolgen umworben worden, doch der Autor war den kleineren Verlagshäusern im Wesentlichen treu geblieben, was ihm die großen Verleger lange nachtrugen.

Diese Ignoranz seitens der Verlage stellte jedoch nicht das eigentliche Problem dar. Viel schlimmer waren die Meinung der Bibliothekare und, in gewisser Wei­se im Verein mit ihnen, die Patrioten. Wie das?

Zahlreiche Bibliotheksleiter und Bibliothekare verbannten die Oz-Bücher bald nach Baums Lebzeiten aus ihren Regalen oder sogar in abgeschlossene Magazi­ne. Die Begründungen, die dafür gegeben wurden, waren unterschiedlichster Natur. Die wohl meisten hielten die Bücher einfach für „billigen Schund“, der Leiter der Detroit Public Library, Ray Ulveling, gab sogar offen an, die Bücher be­säßen „keinen Wert“ und in einem Brief sagte er im Oktober 1957 zur Rechtfer­tigung seiner Position sogar offen: „Vor über dreißig Jahren wurde die Entschei­dung gefällt, dass die Bibliothek jetzt, da es so viele bessere Kinderbücher gibt… die alten Exemplare [des „Wizard Of Oz“] einfach nicht ersetzen würde. Drei Ex­emplare sind jederzeit für die jungen Leser verfügbar. Das ist keine Verbannung, das ist Auswahl.“44

Wer den Lesehunger junger Menschen kennt, weiß, dass diese Begrenzung der Buchmenge nahezu gleichbedeutend mit Verbot ist. Man sehe sich nur an, wie das mit den Harry Potter-Büchern in öffentlichen Büchereien gehandhabt wird. Der Gedanke, eine Bücherei könne auf den Gedanken kommen, „nur“ 3 Potter-Exemplare bereitzustellen und nicht bei Verschleiß zu ersetzen, kann heute nur Kopfschütteln auslösen. Im Falle des „Wizard Of Oz“ wurde aber ganz genau so verfahren. Naheliegend, dass dieser Schuss letztlich nach hinten losging – wie im Falle der Prohibition ließ sich dieses indirekte Verbot letztlich nicht aufrecht­erhalten.

Noch übler war freilich der Vorwurf der patriotisch gesinnten Buchleser in den USA, die Oz-Bücher stellten die verkappte Glorifizierung eines „sozialistischen Staates“ dar.45 Zwar gibt es, wie richtig analysiert wurde, in Oz kein Geld46, auch ist die Farbe des Munchkin-Landes nun einmal erwiesenermaßen rot. Aber die Interpretation ging entschieden zu weit – „The Wizard Of Oz“ wurde im Jahre 1900 gedruckt, zu einem Zeitpunkt, wo an einen marxistischen, geschweige denn sozialistischen Staat noch nicht mal zu denken war. Zudem handelt es sich um ein in vielen Belangen allegorisch gehaltenes Kinderbuch, und die Vorstel­lung der sozialistischen Indoktrination des Nachwuchses der Nation mutet nun wirklich abenteuerlich an, zumal um die Jahrhundertwende.

Das hielt übereifrige Patrioten in den 50er Jahren nicht ab, die Oz-Bücher kon­sequent auf den Index zu setzen. Im Staate Florida begann das im Februar 1959, und das Verbot hielt sich bis 1966. Man sollte allerdings hinzufügen, dass wäh­rend der McCarthy-Ära sogar „die Legende von Robin Hood als marxistisches Traktat betrachtet wurde“, wie Hearn zu berichten weiß.47 Es ist aber ziemlich sicher, dass die ohnehin despektierliche Sicht vieler Bibliothekare auf Baums Werk solche politisch-irrationalen Tendenzen förderten.

Schließlich mussten Schriftsteller und Fans zur Verteidigung von L. Frank Baums Welt antreten. Den Anfang machte schon 1929 Dr. Edward Wagenknecht mit seinem Sachbuch „Utopia Americana“, und endgültig den Durchbruch der Oz-Werke als Kultbücher schaffte schließlich die Ausstellung des Kurators Roland Baughman an der Columbia University. Kritische Ausgaben der Oz-Reihe er­schienen, und heutzutage werden die Bücher nahezu unablässig immerzu neu aufgelegt.48

Betrachtet man also L. Frank Baums Leben und seine Werke, so kommt man nicht umhin, ihn wie die Inkarnation des – freilich nicht völlig geglückten – ame­rikanischen Traumes zu begreifen. Jemand, der aus durchaus nicht unproblema­tischen Verhältnissen kam, getragen von träumerischen Hoffnungen und Schwärmereien, um schließlich einen Mythos zu schaffen, der sich in einer Weise verselbständigte, dass er bis heute im Wesentlichen unvergessen ist. Es gibt sowohl in Europa als auch in Amerika zahlreiche ähnliche Phänomene, die den Vergleich lohnten. Für die Phantastik Amerikas soll hier einzig auf das wechselvolle, ähnlich krisenhafte Leben des Rhode Islanders Howard Phillips Lovecraft und seines Cthulhu-Mythos hingewiesen sein.

Und vielleicht weist irgendwann einmal jemand nach, dass auch Lovecraft als Kind nicht nur düstere Geschichten eines Edgar Allan Poe gelesen hat, sondern vielleicht einst auch nach jenem verführerisch grünen Buch griff, auf dem in grünen Lettern „The Wonderful Wizard Of Oz“ geschrieben stand…

ENDE

© 2005/2006 by Uwe Lammers

Puh, ich glaube, das war mit weitem Abstand der längste Blogbeitrag, den ich je geschrieben habe… und ja, ich überlegte, ob ich ihn teile. Aber ich entschied mich dann dagegen. Es ist doch ein wenig lästig, wenn man bis zum Ende des Argumentationsganges eine oder zwei Wochen warten muss.

Versprochen, nächste Woche bin ich sehr viel kürzer! Vertraut mir!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. dazu ANDROMEDA-NACHRICHTEN 264, Januar 2019.

2 Ebd.

3 Vgl. John Clute: „Science Fiction. Die illustrierte Enzyklopädie“, Heyne-Hardcover, München 1996, S. 42. Der Schreibfehler des Titels ist vermutlich ein redaktionelles Versehen, er bleibt indes peinlich genug.

4 Vgl. Michael Patrick Hearn: „Alles über den Zauberer von Oz“, Europa-Verlag, Hamburg 2003 (künftig mit Hearn: „Oz“, a. a. O. abgekürzt).

5 Vgl. Martin Gilbert: „Geschichte des 20. Jahrhunderts, 1. Band: 1900-1918“, München 1997, S. 53 (künftig: Gilbert: „Geschichte“, a. a. O. abgekürzt).

6 Vgl. Fred E. C. Culick & Spencer Dunmore: „Den Himmel stürmen“, Collection Rolf Heyne, München 2001.

7 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 50.

8 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 17.

9 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 31f.

10 Vgl. DIE ZEIT: „Welt- und Kulturgeschichte Bd. 18“, Hamburg 2006, S. 455.

11 Vgl. Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 295-310.

12 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 41.

13 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 48f.

14 Vgl. Gilbert: „Geschichte“, a. a. O., S. 48.

15 Vgl. Joe R. Lansdale: „Der große Knall“, in: Douglas E. Winter (Hg.): „Offenbarungen“, Bastei 14193, Bergisch-Gladbach 1999, S. 37-116.

16 Eine ähnliche Biografie wie die von L. Frank Baum ist auch aus dem Fall des zufällig zum SF-Schriftsteller avancierten Amerikaners Ward Moore bekannt. Vgl. Ward Moore: „Es grünt so grün“, Moewig 3516, Mün­chen 1981, Nachwort, S. 382-384.

17 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XV.

18 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVI.

19 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVII.

20 Vgl. L. Frank Baum: „The Book of the Hamburgs. A Brief Treatise Upon The Mating, Rearing and Manage­ment of the different Varieties of Hamburgs“, Hartfort, Conn. 1896. Es kann natürlich dennoch sein, dass die­se Vögel in irgendeiner Weise etwas mit der Entwicklung des späteren Fastfood-Artikels zu tun haben, doch das entzieht sich meiner Kenntnis.

21 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XVIII.

22 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XIX.

23 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXf.

24 Dorthin waren sie gezogen, weil Mauds Verwandte sich in Dakota angesiedelt hatten. Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXI.

25 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIII.

26 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 11-22.

27 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIV. Vielleicht ist das „Porzellanland“ in Oz auch ein satirischer Abglanz jener Zeit.

28 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXVIIf. Es scheint übrigens nicht ausgeschlossen, dass ein Mann namens Walt Disney deshalb eine Ente als Vorbild für seine Comicstrips nahm, weil er in der Kindheit mit „Father Goose“ Bekanntschaft geschlossen hatte. Insofern wäre also L. Frank Baum einer der Gründerväter für Donald Duck & Co.

29 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXIXf.

30 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXXIII.

31 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XXXVIf.

32 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XLI.

33 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. XLIV.

34 Ebd.

35 Vgl. Paul di Filippo: „Der Bau eines besseren Simulakrums: Literarische Einflüsse auf Matrix“, in: Karen Haber (Hg.), Das Geheimnis der Matrix, Heyne 6447, S. 60-80, hier S. 68.

36 Die Parallelen zu den Angehörigen der Familie Gage in Dakota sind hier sehr deutlich.

37 Wenn ich mich recht entsinne, wird der Name „Toto“ später in einer Comicserie als Indianername recycelt. Aber ich kann mich da auch täuschen. Ob es irgendwelche Zusammenhänge zwischen „The Wizard Of Oz“ und der späteren Popgruppe „Toto“ gibt, ist mir unbekannt, aber durchaus denkbar.

38 Vgl. Hearn: „Oz“, a. a. O., S. 21.

39 Als Beispiele seien hier nur die Thriller-Autoren Colin Forbes – mit seinen Romanen um den Geheimdienst­chef Tweed – und Jon Land – mit dem Helden Blaine McCracken genannt. In beiden Fällen sind die Autoren wie Figuren nach neunzehn bzw. 8 Romanen vollkommen ausgebrannt. Bei den klassischen Detektivge­schichten landet man in diesem Fall automatisch bei Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes, den er ja extra in den Reichenbach-Fällen sterben ließ, um die Figur „los“ zu sein und sich anderen Charakteren wie etwa Professor Challenger zu widmen, was jedoch kläglich fehlschlug. Das Leserinteresse zwang ihn zu Holmes zu­rück.

40 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXV.

41 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXV.

42 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXVI.

43 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. LXXXVIII.

44 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVIIf.

45 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVII.

46 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCV.

47 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. XCVII.

48 Vgl. Hearn, „Oz“, a. a. O., S. C.

Liebe Freunde des OSM,

es ist echt toll, wenn das Glück hold ist – und das würde ich zurzeit absolut von mir und meinem Umfeld behaupten wollen. Dafür gab es in den letzten Tagen gleich mehrerlei Anlässe. Zunächst schien das Gegenteil der Fall zu sein: am 28. April verlor ich meine Geldbörse im Zug und hatte daraufhin einige Schwierig­keiten, wieder heimzukehren.

Am Tag darauf meldete sich überraschend mein universitärer Arbeitskollege: ob ich meinen Geldbeutel vermissen würde. Es habe eine Frau von der Uni angeru­fen, die ihn gefunden habe… ich dachte, ich träume. Tat ich nicht. Binnen weni­ger Stunden war mein Geldbeutel wieder vollständig heimgekehrt, und ich hat­te der Finderin dankbar meine Print-Storysammlung „Lustvoller Schrecken“ ge­schenkt, in jedem Fall ein persönlicheres Präsent als ein schnöder finanzieller Finderlohn.

Am 30. April spielte die Technik hervorragend mit bei meinem zweiten Archiv­besuch im Hauptstaatsarchiv Hannover. Und am Abend desselben Tages lernte ich auf dem Event „Digitaler Dienstag“ der KreativRegion e.V. einen Software­entwickler und Jungunternehmer aus dem Raum Salzgitter kennen, und wäh­rend des Gesprächs entdeckten wir unglaublich viele gemeinsame Interessen, insbesondere in Hinblick auf phantastische Filme… was dazu führte, dass wir uns bis Mitternacht verquatschten.

Klasse.

Und als ich dann heute früh „kreativen Kassensturz“ für den Monat April mach­te, entdeckte ich fasziniert, dass nicht weniger als 50 eigenständige kreative Werke in diesem Monat abgeschlossen werden konnten. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

Heißt das jetzt, ich habe 50 neue OSM-Werke geschrieben? Oje, nein, da erwar­tet ihr jetzt zuviel von mir, Freunde! Ganz so hypertroph war der Monat dann doch nicht. Aber es ist eine Menge an schönen Dingen entstanden, die in den Bereich des OSM hineinrechnen. Vieles entfiel – wie üblich – auf die Blogartikel (17 Werke). Eine Menge investierte ich auch in die Digitalisierung der alten Fantasy-Serie „Horrorwelt“ (18 Werke) sowie in Rezensionen. Und folgendes blieb dann an interessanten Projekten übrig:

Blogartikel 330: Work in Progress, Part 76

(OSM-Wiki)

(E-Book BdC 2: Gestrandet in Bytharg)

12Neu 58: Blick auf das Paradies

12Neu 59: Der Plan des Wahnsinnigen

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

14Neu 65: DAS TOR NACH KAWEKOR

(14Neu 67: Sturm der Untoten)

(14Neu 68: Die Graue Eminenz)

(14Neu 69: Mordanschlag auf den WÄCHTER)

(14Neu 70: Verfolgungsjagd zur schwarzen Welt)

(Die Kondenswesen – OSM-Story)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

Blogartikel 331: Close-Up – Der OSM im Detail (7)

Blogartikel 335: Close-Up – Der OSM im Detail (8)

12Neu 60: Die Weltenkette

HdH 4: Schmelztiegel Shallakhon

Anmerkung: Das ist OSM-Band 1900, und nach diesem Band hatte ich den Kopf wieder frei für eine Vielzahl alter und neuer Projekte, die ich nun mit zunehmen­der Energie verfolgen konnte und kann. Ich denke, da erwartet euch in der nä­heren Zukunft noch so manche kleine Überraschung, die ich in meinen Work in Progress-Blogartikeln über den Rest des Jahres 2019 verstreuen werde…

12Neu 57: Meilenstein im All

(Roxanne – Archipel-Story)

Anmerkung: Das war wirklich nur eine sehr kleine und kurze Stippvisite, die nur 4 weitere Textseiten erbrachte. Aktuell, stellte ich danach fest, bin ich definitiv nicht in Archipel-Schreibstimmung.

(12Neu 61: Stern der vielen Gesichter)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

Anmerkung: Die Ausarbeitung von OSM 1900, die ja zugleich Band 4 dieser lan­ge ruhenden Serie war, zeigte mir, dass sowohl das Lexikon dieser Serie wie auch das Glossar auf dem Stand des Jahres 2012 versteinert waren. Das konnte so natürlich nun nicht mehr bleiben und erforderte deutliche Veränderungen. Und davon löste Band 4 HdH wirklich jede Menge aus.

Blogartikel 336: Logbuch des Autors 29 – Jenseits von OSM 1900

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“)

Anmerkung: Wie eben schon gesagt war auch diese Reaktivierung und Aktuali­sierung durch HdH 4 ausgelöst worden und lange überfällig.

14Neu 66: Die Hassflotte

(Bewusstwerdung – OSM-Story)

Anmerkung: Irgendwie lag es auf der Hand, dass wenn ich an der HdH-Serie ge­danklich arbeitete und sogar schon neue Titel für die Titelvorschau generierte, es fast unvermeidlich war, eine neue Szenenblende einzuarbeiten. So entstand der erste Abschnitt von HdH 8, einer ganz neuen Episode, die den Handlungs­strom von HdH 4 unmittelbar fortsetzt.

Was ich eher nicht so ahnte, war eben die jähe Entstehung von neuen Titeln. Denn wie die Arbeit an der Serie hatte auch die Planung derselben nach 2012 stagniert. Bislang kannte ich nur die Titel bis Band 9… nun entstanden an einem Nachmittag die Titel bis inklusive Band 15! Ihr seht hier also einen unglaubli­chen inneren Druck, der sich in einer Fortschreibung der Storyline des KON­FLIKTS 7 äußerte. Tolle Sache!

Ach ja, und diese Story… die spielt ebenfalls in Hyoronghilaar, weswegen es ir­gendwie sehr nahe lag, daran weiter zu feilen. Hier ist das so ähnlich wie bei der Hushhin-Story in KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI)… auch diese Geschichte liegt, durchaus analog zu „Heiligtum der Shonta“ in der TI-Serie quasi „neben“ der Haupthandlung und fließt dann nach Fertigstellung in den Zyklus der Episoden 5-7 der HdH-Serie. Weswegen ich diese Story favorisiert fertigstellen muss, ehe ich an der Serie selbst weiter feile.

(HdH 8: Fremde im Hellen Dom)

Blogartikel 327: Legendäre Schauplätze 13 – Milchstraße

Blogartikel 328: „Was ist eigentlich der OSM?“, Teil 62

(12Neu 62: Der Schattenstrudel)

Anmerkung: Was ein „Schattenstrudel“ sein mag? Oh nein, Freunde, das möch­te ich an dieser Stelle noch nicht vorwegnehmen, auch nicht natürlich, wer die Protagonisten dieser Episode sein werden. Ich verrate nur soviel: es sind Tasva­ner. Aber welche und unter welchen höchst abenteuerlichen Umständen sie an diesen Punkt der Serienhandlung gelangen, das würdet ihr mir kaum glauben, selbst wenn ich es euch hier schon verriete. Doch glaubt mir: es ist sehr lesens­wert.

OSM-Time # 1 – Fanzine

Anmerkung: Ich bin nach wie vor Teil der APA FAN und steuere so – in den letz­ten Jahren, zugegeben, etwas erratisch und stockend – Beiträge zu den viertel­jährlich erscheinenden FAN-Ausgaben bei, die im Grunde genommen Sammel­becken von Individual-Egozines darstellen. Das letzte Mal schrieb ich hier etwas zu meinem E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“. Diesmal dachte ich darüber nach, etwas zum E-Book „BdC 1: Im Feuerglanz der Grünen Gala­xis“ zu verfassen, aber dafür hat’s nimmer gereicht.

Ich begnügte mich also damit, ein kleines neues Mikro-Zine aus dem Boden zu stampfen und lieber etwas zu OSM 1900 „Schmelztiegel Shallakhon“ zu ma­chen. Das habe ich noch gerade eben bis zum Einsendeschluss hinbekommen. Puh, Glück gehabt…

(TI 48: Das graue Ei)

(TI 55: Die Anthrazitlegion)

(TI 57: Depot der Baumeister)

(TI 58: Das ZYNEEGHAR-EXIL)

Anmerkung: Hieran sieht man übrigens deutlich, dass ich zunehmend Zeit in länger suspendierte Projekte investiere, nachdem ich OSM 1900 (s. o.) abge­schlossen habe. Es ist sehr zu erwarten, dass ich in diesem Jahr noch die eine oder andere aktuelle TI-Episode neben den TI-E-Books, die ich geplant habe (vgl. dazu meinen Maiblog 2019 vom 1. Mai), schreiben kann. Drückt mir mal die Daumen, dass sich mein Aufmerksamkeitsfokus nicht wieder verschiebt.

Blogartikel 337: Legendäre Schauplätze 14 – NISCHE

(12Neu 63: TOTAMS EXIL)

(Aktion TOTAMS Ende – OSM-Roman (Überarbeitung))

Anmerkung: Das war eine durchaus witzige Sache. Eigentlich wollte ich nur hier noch mal eine Szene nachlesen… und blieb prompt mehr als eine Stunde an die­sem schon mehr als 160 Seiten langen Text hängen, ehe ich mich losreißen konnte. Da ich ein paar offenkundige Schreibfehler korrigierte, gilt auch dieses Werk als leicht nachbearbeitet, weswegen es oben auftaucht.

Ansonsten entfallen alle weiteren Positionen der 50 fertigen kreativen Werke auf andere Felder und Welten als den OSM und den Archipel. Ich bin aber zu­versichtlich, dass sich das bald besser fokussieren lässt. Ob mir das gelingt, er­fahrt ihr aller Voraussicht nach in meinem nächsten Artikel dieser Reihe, der dann dem Monat Mai 2019 gewidmet sein wird.

In der nächsten Woche kehren wir ins Universum 14 des OSM zurück und in die Welt der Cranyaa. Bleibt gespannt, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 226: Kein Fall für Mr. Holmes

Posted Juli 24th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie jüngst berichtet – heute haben wir den eher ungewöhnlichen Fall eines Sherlock Holmes-Romans ohne Sherlock Holmes vor uns. Ich war selbst etwas verdutzt, als ich auf dieses unscheinbar aussehende Buch stieß. Und dann faszi­niert, denn wir erfahren hier einiges mehr zu einer Randperson des Holmes-Kosmos, nämlich zu seiner Vermieterin, der guten Mrs. Hudson.

Außerdem, und das ist dann für eingefleischte Holmsianer, die mit dem Überna­türlichen vielleicht so ihre Schwierigkeiten haben, finden wir hier eine recht massive Intervention des Spiritismus-Elements. Das hat durchaus seine Gründe. Nicht nur in der Streaming-Serie „Houdini & Doyle“ wird dieser Punkt strapa­ziert. Auch wer sich ein wenig näher mit Arthur Conan Doyles Vita beschäftigt hat, wird wissen, dass der Schöpfer des Sherlock Holmes – im Gegensatz zu sei­nem beinhart rationalistisch operierenden Detektiv – dem Übernatürlichen in späteren Lebensjahren zunehmend zugeneigt war. Er glaubte an Seancen, an El­fen und dergleichen, und insofern ist Hosiers Roman auf dieser Ebene auch eine dezente, aber sehr passende Anspielung auf eben jene Tatsache.

Wer immer glaubt, ein Holmes-Roman ohne den Detektiv sei langweilig, der lasse sich auf faszinierende Weise vom Gegenteil überzeugen. Ich denke, der vorliegende Roman lohnt unbedingt eine Neuentdeckung.

Vorhang auf also für:

Kein Fall für Mr. Holmes

(OT: Elementary, Mrs. Hudson)

Von Sydney Hosier

Econ 25182

192 Seiten, TB (1997)

Aus dem Amerikanischen von Antje Knoop

ISBN 3-612-25182-1

Als das Telegramm in der Baker Street 221B eintrifft, kommt es zur Unzeit: Sher­lock Holmes und Dr. Watson befinden sich für wenigstens 14 Tage in Schottland und sind unerreichbar. Die einzige Person, die anwesend ist und den Haushalt aufrecht erhält, ist die Haushälterin, Mrs. Emma Hudson. Wir kennen sie als eher im Hintergrund befindliche Hauswirtin, und Watson war so ungerecht, äu­ßerst wenig über ihre Person und ihre Vita zu verkünden.

Nun, das ändert sich jetzt dramatisch.

Denn das Telegramm stammt von einer Frau namens Violet Warner, und die ist für Emma Hudson wirklich keine Unbekannte – zu Zeiten, als ihr Ehemann noch am Leben war, unternahmen die beiden mit Violet Warner und ihrem Gatten zahlreiche Unternehmungen und standen sich sehr nahe. Inzwischen haben sich die beiden Frauen längst aus dem Blick verloren – bis dieses vermaledeite Telegramm eintrifft.

Violet Warner benötigt dringend die Dienste des Sherlock Holmes auf dem Gut Haddley Hall nahe dem Dörfchen Twillings bei London. Mrs. Hudson, die über dieses Ansinnen mindestens ebenso erstaunt ist wie über das überraschende Wiederauftauchen ihrer alten Freundin, entschließt sich kurzerhand dazu, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen – und fährt nach Haddley Hall, das wirklich am Ende der Welt liegt, wie man schnell entdeckt.

Das Problem, mit dem sich Violet plagt, ist schnell offenkundig: die Hausherrin, Mrs. St. Clair, ist verstorben und Violet ist fest davon überzeugt, dass sie ermor­det worden ist! Der Hausarzt Dr. Morley insistiert allerdings, sie sei an einem Herzanfall gestorben. Violet Warner meint jedoch, Chloroform im Todeszimmer gerochen zu haben. Zu dumm, dass das sonst niemand mitbekommen hat, der zugegen war.

Als Violet dann schließlich auch noch ihrer alten Freundin beichtet, dass sie zum Todeszeitpunkt in Form einer astralen Projektion im Schlafzimmer der alten Dame gewesen ist und sah, wie jemand Schattenhaftes mit der Lady kämpfte, wird die Geschichte wirklich kurios. Wenigstens auf den ersten Blick.

Kurz darauf wird jedoch im Park des Herrenhauses eine junge, unbekannte Frau erschlagen aufgefunden. Und nun ist Emma Hudson fest davon überzeugt, dass hier ein Mörder sein Unwesen treibt – er muss nur noch ausfindig gemacht und überführt werden. Während sie sich mit dem unfähigen Polizisten Thackeray herumärgert, kristallisiert sich immer klarer heraus, dass Violet Warner tatsäch­lich übersinnliche Begabungen besitzt. Und sie setzt sie schließlich dazu ein, das Geflecht von Geheimnissen und Lügen aufzuhellen, das Haddley Hall dichter umstrickt, als sich das irgendwer in seinen kühnsten Träumen vorstellen konnte.

Das erzeugt natürlich das nächste Problem: denn welcher Polizist wird schon Er­kenntnissen Glauben schenken, die auf Spiritismus basieren? Da kann man ja auch gleich Hellseher einschalten. Emma Hudson ist also klar, dass sie handfes­te Fakten braucht. Und das bringt sie in Lebensgefahr…

Mit dem vorliegenden kleinen Büchlein liegt eine kurzweilige Geschichte vor, die neckischerweise mal ein Holmes-Roman ohne Sherlock Holmes ist. Etwas, was man sonst für kaum möglich hält (allerdings kann man auch meinen, eine Doctor Who-Episode ohne Doctor Who sei undenkbar, was ebenfalls nicht stimmt. Das geht durchaus, und es ist auch schon vorgekommen). Die Autorin versteht es ausgezeichnet, die sonst nur eher schattenhaft gezeichnete Mrs. Hudson wesentlich deutlicher und lebendiger zu charakterisieren, als es Sir Ar­thur Conan Doyle jemals in den Sinn kam. Er hatte Mrs. Hudson erkennbar als Schablonenfigur angelegt und es Hosier damit natürlich leicht gemacht, eine ei­gene Version der Vita ihrer „Heldin aus der zweiten Reihe“, wie man sagen könnte, zu kreieren. Die Umsetzung kann als gelungen gelten.

Ein wenig schwieriger ist es dann allerdings, die Astralreisen Violet Warners mit den notwendigen harten Fakten eines Kriminalromans in Deckung zu bringen. So pfiffig und witzig dieses Element auch sein mag, es fungiert mancherorts doch als eine Art von „deus ex machina“, mit dessen Hilfe unerklärliche Dinge erklärt werden sollen. Während es also jede Menge Verdächtige gibt (und nein, es ist nicht der Butler, der ist vielmehr ein Verbündeter Emma Hudsons) und die potenziellen Tatmotive sich nur recht langsam entwickeln, gewinnt das spiritisti­sche Element mehr und mehr an Bedeutung.

Leser, die sich also bei Holmes-Fällen mit Übernatürlichem nicht auseinander­setzen wollen, sind hier eindeutig fehl am Platze und werden das Buch sicher­lich mit säuerlicher Miene lesen. Personen hingegen, deren Geist deutlich flexi­bler genannt werden darf, kommen hier durchaus auf ihre Kosten. Alles in allem ist die Geschichte recht konventionell gestrickt, aber durch das übernatürliche Element auf neckische Weise unberechenbar. Und es gibt sogar gegen Ende eine Stelle, bei der ich beim Lesen laut herausplatzen musste vor Lachen. Warum? Es hat damit zu tun, dass Sherlock Holmes mit Jack the Ripper verwechselt wird! Glaubt ihr nicht? Das ist aber die reine Wahrheit. Ihr solltet die Stelle auf alle Fälle lesen, die ist echt göttlich… und wenn ihr deutlich mehr als bisher über Mrs. Hudson in Erfahrung bringen wollt, dann seid ihr hier goldrichtig.

Angenehmes Lesevergnügen!

© 2017 by Uwe Lammers

Im nächsten Beitrag machen wir eine weitere Zeitreise, die aber dieses Mal nicht gar so weit zurückgeht wie beim obigen Buch. Wir bleiben gewissermaßen in relativer zeitlicher Nähe zum Umbruch des 19. zum 20. Jahrhundert. Ich nahm mir vor über dreizehn Jahren eine Lektüre zum Anlass, einen modernen Mythos zu durchleuchten, weshalb der nächste Beitrag weniger eine Rezension als ein literaturwissenschaftlich-historisch-biografischer Beitrag ist.

Zu welchem Buch und welchem Autor? Das sei heute noch nicht verraten.

Schaut einfach wieder rein, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

als ich vor fünf Wochen an dieser Stelle von meinen kreativen Aktivitäten im Frühjahr 2016 berichtete, deutete ich an, dass die Talsohle meiner Arbeitsleis­tung noch nicht wirklich erreicht war. Dahin kommen wir jetzt.

Ich befand mich seit Jahren endlich wieder einmal voll im Arbeitsleben, auf ei­ner 40-Stunden-Stelle, hatte mit einem unglaublich spannenden Thema zu tun, das die Schnittfläche zwischen Philosophie, historischer Wissenschaft und Bio­technologie im weitesten Sinne bearbeitete, und im Grunde genommen hätte ich glücklich sein müssen, nicht wahr? Ja, das Projekt war befristet, das stellte natürlichen einen Wermutstropfen dar, aber daran hatte ich mich in den zu­rückliegenden rund 15 Jahren eigentlich schon gewöhnt.

Aber wir reden hier halt von mir, und ich bin nicht ein 08/15-Arbeitnehmer, sondern ein Mensch, der Schriftstellerei seit Jahrzehnten als Berufung versteht und dafür selbstverständlich auch entsprechenden Freiraum braucht, um aus­geglichen zu bleiben. Dieser Freiraum blieb mir nun nicht, und das hatte fatale Rückwirkungen auch auf meine wissenschaftliche Leistung im Projekt. Die dort in der Folge auftretende allgemeine Unzufriedenheit wirkte dann wiederum zu­rück auf meine mentale Ausgeglichenheit im Alltag, und die Konsequenz ließ meine Kreativität stocken.

Ja, ich glaube, so kann ich das aus der Distanz von rund drei Jahren am ehesten charakterisieren. Im Juli 2016, über den ich hier zunächst reden will, zeigte es sich, dass der quantitative Zuwachs zuerst stagnierte. Ich konnte gerade einmal 15 Werke fertigstellen. Davon waren nicht weniger als sechs Blogartikel, die aus dieser Betrachtung hier herausfallen. Interessanterweise entstanden aber auch zwei Non-OSM-Geschichten, die ich kurz erwähnen möchte.

Bis dieser Beitrag erscheint, dürfte die erste davon, „Wahltag 2040“, einer brei­teren Öffentlichkeit durch die Publikation auf der Webseite des Vereins Krea­tivRegion e.V. in Braunschweig bekannt geworden sein. Eigentlich eine dystopi­sche Vignette, die ich am 2. Juli 2016 in einem Rutsch niederschrieb und die sich zweifellos aus den Wahlerfolgen populistischer Parteien der Gegenwart speiste. Die zweite Story, „Everstons Traum“, wurde durch eine Bildanregung aus einem Fotobildband ausgelöst. Bei ihr handelt es sich eigentlich um einen erotisch-phantastischen Alptraum.1

Ansonsten entstanden eigentlich überwiegend Rezensionen und Abschriften… aber ich versuchte mich auf allen möglichen Gebieten bei den Fragmenten, ohne irgendwie dort auf einen grünen Zweig zu kommen. Schwerpunktmäßig kümmerte ich mich um Archipel-Fragmente. Um welche? Um folgende Werke: „Das Geheimnis des Vungash“, „Blindlings“, „Gashhoys Geschichte“, „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Raubgut“ und „Auf und nieder“. Allzu weit kam ich bei keiner davon. Ihr merkt, der Fokus war verloren, ich konnte mich echt nicht konzentrieren.

Was half es mir da schon, den 100. Rezensions-Blog zu schreiben und mit dem normalen Wochen-Blog mit Folge 203 die Reihe der „Legendären Schauplätze“ zu beginnen? Das stellte mich definitiv nicht zufrieden.

Wo waren die Arbeiten an E-Books geblieben? Wo die Arbeiten an OSM-Projek­ten? Quasi verdunstet. Nein, das konnte mir natürlich nicht gefallen.

Well, ich hoffte, im August würde es besser werden.

Wurde es das?

Nun, sagen wir es vorsichtig: rein numerisch klappte es durchaus. Ich rappelte mich auf 22 fertige Werke wieder auf. Aber wie verteilten sie sich? Da werden die Gesichter dann schon länger: 12 Werke waren fertig gestellte Blogartikel. Endlich gelang es mir, mit „Späherin der Cestai“ ein E-Book-Skript zu vollenden, außerdem schrieb ich „Der Handspiegel“ ab, eine erotische Novelle von 1991, bei der ich damals noch nicht sagen konnte, wann und wo sie wohl Verwendung finden würde. Dass sie anno 2018 in Überarbeitung ihren Platz in der Publikati­on „Grey Edition 12: Lustvoller Schrecken“ des TCE finden würde, war damals eher noch kein Plan.

Neben der intensiven Arbeit für das universitäre Projekt, in dem ich beschäftigt war, lenkten mich natürlich zusätzlich immer noch die Nachwehen des Todes meiner Mutter im Mai 2015 und die Erbschaftskomplikationen ab, die erst jetzt allmählich abebbten. Man sollte es nicht für möglich halten, wie lange man mit solchen Dingen zu kämpfen hat, Freunde. Nehmt so etwas nicht auf die leichte Schulter, das kann unglaublich viel Zeit und Energie verschlingen.

Auch in diesem Monat übertraf die Zahl der „eingeklammerten“ Einträge – also jener Projekte, an denen ich arbeitete, ohne sie in diesem Monat zum Ab­schluss bringen zu können – die der „freien“ Zeilen bei weitem. Ich zähle allein in diesem Monat 27 derartige Zeilen. Und auch jetzt schwankte ich heftig zwi­schen dem Archipel und dem OSM hin und her. Ob es sich um zahlreiche provi­sorische Episodenhülsen handelte, die ich für die kommentierte Abschrift des KONFLIKTS 18 des OSM („Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“) an­legte, ob es sich um Fragmente des Erotic Empire handelte oder Archipel-Ge­schichten… ich kam irgendwie nirgendwo auf einen grünen Zweig.

Im Archipel kümmerte ich mich etwa um „Mariannes Kursänderung“, „Julian­na“, „Zwei Mädchen auf der Insel“ und „Falsche Voraussetzungen“. Im OSM ver­suchte ich mich an „Rescaz“, „Mein Freund, der Totenkopf“ (hier immerhin in der E-Book-Version) und „Beas Freund“. Aber wie schon erwähnt: sonderlich weit kam ich damit nicht.

Im September stürzte ich wieder ab. 18 beendete Werke. Davon wieder einmal 8 (!) Blogartikel. Herausragendes Highlight war in diesem Monat etwas, was mit dem OSM nur sehr bedingt zu tun hatte, was mich aber stärker in der kulturel­len Szene Braunschweigs verankerte: Meine Freunde von der KreativRegion e.V. fragten mich kurzfristig an, ob ich Lust hätte, auf ihrer Veranstaltung „Markt­platz 3.0“ eine Lesung zu absolvieren.

Das kam wie eine kalte Dusche über mich, zugegeben, weil ich normalerweise nicht der Mensch bin, der extrem kurzfristig situativ reagiert… aber ich fühlte mich geschmeichelt, entwickelte in Eile ein Leseskript und saß dann echt auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz in Braunschweig auf einer Bühne und las aus mei­ner OSM-Story „Heimweh“… allerdings in sehr arg verkürzter Fassung.

Nun, das Wetter war kühl und feucht, die Zuschauermengen hielten sich in Grenzen, und der Ablenkung gab es gar viel… ich konstatierte denn auch in mei­nem danach geschriebenen reflexiven Beitrag „Ein kreatives Attentat“, dass die Rahmenbedingungen durchaus hätten besser sein können. Aber es war eine in­teressante Erfahrung… und zu dem Zeitpunkt war mir ja schon klar, dass im Ok­tober eine weitere Lesung, diesmal „indoor“, im Kulturpunkt West in Braun­schweig anstehen würde.

Aber ihr versteht sicherlich, dass mich diese außergewöhnlichen Events gründ­lich vom Schreiben an den wesentlichen Werken abhielten. Es entstanden in diesem September 2016 also alle möglichen merkwürdigen Dinge: Gedichte. Rezensionen. Leseskripte. Lesungsberichte. Aber sonst? Ich konnte mich echt nicht konzentrieren, sondern oszillierte auch weiterhin zwischen den Werkpo­len der zahllosen Fragmente hin und her.

Im OSM war da neben den kommentierten Abschriften aus KONFLIKT 18 und KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ sowie KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ solche Werke wie „Kämpfer gegen den Tod“ und „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (reine Abschriften indes nur). Kleine Stippvisiten im Archipel lasse ich hier mal unter den Tisch fallen, sie zählen nicht wirklich.

Nein, ich konnte mit diesem Quartal echt nicht glücklich sein. Ich hatte das quä­lende Gefühl, einfach auf der Stelle zu treten und nirgendwo richtig vom Fleck zu kommen. Als wenn ich in Treibsand feststeckte oder in einem Sumpfloch, um mich wie weiland Indiana Jones an einer Liane festzuhalten und nicht mehr vor noch zurück zu gelangen.

Witzig nenne ich was anderes.

Wurde das gegen Jahresende besser? Davon erzähle ich euch dann lieber beim nächsten Mal, Freunde. In der kommenden Woche schreibe ich dann lieber über meine kreativen Erträge aus dem April 2019.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Die Story wird erstmals abgedruckt werden in der zweiten Print-Storysammlung erotisch-phantastischer No­vellen, die als Band 13 in der Reihe „Grey Edition“ im Terranischen Club Eden (TCE) im Herbst 2019 erschei­nen soll. Ein Bandtitel steht derzeit noch nicht fest.

Rezensions-Blog 225: Die Entdeckerzeitung

Posted Juli 17th, 2019 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

manchmal, wenn ich ziemlich alte Rezensionen für meinen Rezensions-Blog auf­bereite, stoße ich auf Werke, die ich nicht eben wohlwollend kommentierte. Mitunter stelle ich das etwas zu spät fest – das hier ist so ein Fall.

Das vorliegende Buch habe ich anno 2003 gelesen, also vor mehr als fünfzehn Jahren. Interessanterweise – und möglicherweise, weil es der Vollständigkeit diente, da es eine ganze Reihe ähnlicher Kinderbücher aus diesem Verlag gab – rezensierte ich es, obwohl aus dem Tonfall der Rezension relativ deutlich klar wird, dass ich damit während der Lektüre einige Schwierigkeiten bekam.

Nun, ich wiederhole mich mal in zweifacher Hinsicht: zum einen bin ich Histori­ker. Man sollte also davon ausgehen, dass ich gerade bei Werken, die histori­sche Kontexte durchdringen wollen, besonders genau hinschaue und mein Ei­genwissen dann zur Anwendung bringe. Im vorliegenden Fall gereichte es dem Buch nicht zum Vorteil, um es vorsichtig zu sagen.

Zweitens aber, und das relativiert meine Worte von eben etwas, habe ich auch verschiedentlich betont, dass ich hier keinen Schönwetter-Blog betreibe. Was ihr hier also ausdrücklich NICHT finden werdet, und nicht einmal bei Autoren wie etwa Clive Cussler, den ich wirklich mag, das sind schönfärberische Rezensionen, die kurzerhand immerzu die Kritikpunkte unter den Teppich kehren. Vielleicht bin ich da ein wenig voreingenommen, aber ich hoffe doch sehr, dass mancher von euch meinen Rezensions-Blog aus genau diesem Grund liest: weil ich eben nicht der Lobhudelei diene oder den Verlagen, Autoren oder Überset­zern nach dem Maul rede. Dann könnte ich auch Marketingleiter eines Verlags sein, der seine Kritikfähigkeit bisweilen an der Garderobe abgibt, wenn es den Vorgesetzten in den Kram passt, selbst schlechte Werke mit warmen Worten wohlfeil zu verteidigen.

Nein, das ist meine Sache nicht. Ich versuche, einigermaßen ehrlich und aufrich­tig zu sein, und deshalb ist zu konstatieren, dass das heute vorgestellte Buch zwar ein Kinderbuch ist, das Geschichte allgemeinverständlich vermitteln soll. Es enthält meiner Ansicht nach aber solche didaktischen Geschichtsklitterungen, dass es den eigentlichen Zweck nicht erfüllt.

Warum nicht? Nun, ich schlage vor, um das herauszufinden, solltet ihr weiterle­sen:

Die Entdeckerzeitung

(The History News: Explorers)

von Michael Johnstone

Kinderbuchverlag (kbv) Luzern

36 Seiten, gebunden

Übersetzt von Christa Holtei

Ohne Zweifel, das Zeitalter der Entdecker ist länger, als man allgemein an­nimmt. Für den Macher dieser „Zeitung“ beginnt dieses Zeitalter im Polynesien vor rund 3500 Jahren. Jeder, der sich ein wenig mit dieser Materie auskennt, wird dieser Einschätzung zustimmen können. In der Tat sind die polynesischen Seefahrer die Prototypen der Abenteurer, die dargestellt werden.

Der Bogen der Handlungszeit spannt sich vom Polynesien des zweiten vorchrist­lichen Jahrtausends bis zur Gegenwart. Wir treffen die Phönizier, die chinesi­schen Forscher, natürlich die reiselustigen Wikinger und den erstaunlichen, fuß­festen Ibn Battuta. Kolumbus darf nicht fehlen, eben sowenig Magellan und die spanischen Konquistadoren. Sucht jemand Captain Cook? Ist drin. Afrikafor­scher? Polarforscher? Ebenfalls vorhanden. Selbst Tiefseetaucher sind zu fin­den.

Alles in Ordnung? Leider nein.

Wer sich an „Die aztekische Zeitung“1 und „Die Wikinger-Zeitung“2 entsinnt, die auch rezensiert wurden, muss von diesem Band zwangsläufig enttäuscht sein. Man merkt es bereits beim ersten Artikel, also zurück zu den polynesi­schen Wagemutigen und gelauscht, wie der betreffende Text beginnt:

Als ich gebeten wurde, diesen Artikel zu schreiben, habe ich mir vorgestellt, was es bedeutet haben muss, ohne Kompass oder Seekarte auf das riesige offe­ne Meer hinauszusegeln und nicht zu wissen, wo das nächste Land lag…“

Netter Versuch, aber im ganzen Text über die Polynesier schwingt die auswärti­ge Position mit, ein eher hilfloses Staunen, das mit keiner Silbe in der damaligen Zeit wurzelt. Der große Reiz, den diese „Zeitungen“ bislang ausmachten, speiste sich ja gerade daraus, dass die Autoren sich richtig in die Zeit und das damalige Alltagsleben hineinversetzten. Das passiert in diesem Buch nur sehr selten.

Doch, es kommt vor. Beispielsweise bei den Phöniziern und den Chinesen. Da­nach kehrt der Stil zurück zur „Reportage“ . Dann, bei Ibn Battuta, wechselt es wieder in die Interview-Weise zurück. Bei Kolumbus erzählt ein Mitreisender, und Kolumbus selbst meldet sich mit einem „Leserbrief“ vom 23. März 1506 zu Wort, in dem er betont: „…An einem Punkt muss ich jedoch etwas richtig stel­len. Trotz allem, was die Leute sagen, glaube ich fest, dass ich keine ‚Neue Welt‘ entdeckt habe. Ich behaupte immer noch, dass ich nur eine Insel an der Küste Japans erreicht habe. Ich hoffe, Sie berichtigen diesen Fehler, bevor ihn jeder für richtig hält…“

Köstlich.

Ab Seite 20 wird das Buch indes zu einem Werk mit moralischem Zeigefinger, es wird wirklich fast nur noch „berichtet“, es kommen keine „Zeugen“ mehr zu Wort, was die Lektüre dröge macht und den Eindruck erweckt, hier sei hastig und schlampig gearbeitet worden. Ärgerlicher ist aber noch, dass allein der „entdeckerische“ Aspekt einseitig in den Vordergrund gestellt wird.

Wäre dieser Effekt durch eine Quasi-Historisierung (Reporter, die beispielsweise bei karthagischen Expeditionen vor Christi Geburt dabei sind) hervorgerufen, so könnte man dagegen wenig einwenden. Da diese Einseitigkeit sich aber ver­stärkt in der zweiten Hälfte des Buches niederschlägt – wo die Quasi-Historisie­rung nicht mehr greift – und einen sehr naiven Eindruck erweckt, ist er kritik­würdig.

Nehmen wir, nur als ein Beispiel von mehreren, den Afrikareisenden Henry Morton Stanley, der hier als heldenhafter Kämpfer auf der Suche nach dem ver­schollenen Dr. David Livingstone dargestellt wird („…wir verließen Sansibar am 21. März 1871 und kämpften uns sieben Monate lang durch ein Land voller kriegerischer Stämme und hatten mit vielen Krankheiten zu kämpfen…“).

Der Berichterstatter vergisst geflissentlich zu erwähnen, dass Stanley ein ausge­prägter Rassist war und die „kriegerischen Stämme“ deswegen kriegerisch wur­den, weil Stanley während seiner Suche in Afrika ziemlich wahllos Dutzende (manche behaupten, es seien Hunderte gewesen) von Afrikanern umbrachte, die ihm auf seinem Weg begegneten. Dass deren Angehörige daraufhin ihm nicht gerade Sympathie entgegenbrachten, ist wohl verständlich.

In diesem Bericht kommen diese aufgebrachten Angehörigen aber einfach nur als „kriegerische Stämme“ rüber, also als blindwütig-aggressive Leute, die dem „armen, guten Stanley“ an den Kragen wollen. Dass es sich, streng genommen, umgekehrt verhielt, wird unter den Teppich gekehrt.

Solche Details machen das Werk leider ziemlich ungenießbar. Mehr oder weni­ger der ganze Esprit, der die ersten beiden „Zeitungen“ adelte, fehlt hier, und da das Konzept des historisierenden Erzählens nicht konsequent durchgehalten wird, macht es einen zusammengestoppelten Eindruck.

Leider also nicht empfehlenswert.

© 2003 by Uwe Lammers

Das war etwas ernüchternd? Da kann ich nicht anders, als euch beizupflichten. Ich war von der Lektüre auch eher enttäuscht. Das gilt allerdings nicht für das Werk, das ich euch in der kommenden Woche vorstellen möchte. Ein Sherlock Holmes-Roman ohne Sherlock Holmes.

Gibt es so etwas? Oh ja. Und das ist durchaus nicht uninteressant. Ihr werdet es sehen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 62 vom 1. Juni 2016.

2 In Vorbereitung für den Rezensions-Blog.