Blogartikel 366: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 14

Posted März 8th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

da es heute einiges an dramatischen Dingen zu erzählen gibt, für die ich vermutlich etwas Raum brauche, komme ich gleich ohne lange Vorrede heute mal zum Punkt und fahre fort mit der Berichterstattung über KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“, beginnend mit dem Band 66.

Rückblick: Oki Stanwer ist nach wie vor weit entfernt von Hun‘arc, seinem Bestimmungsort, wo er Feldherr der Cranyaa werden soll. Fast 600.000 Jahre in die Vergangenheit des Zeit­universums verschlagen, sucht er einen Rückweg, wird aber mit einer Vielzahl von Fallen konfrontiert und verliert eine Reihe von Wegstreitern. Die Lage dort scheint immer aussichtsloser zu sein.

In der Gegenwart erreichen die Cranyaa mit Unterstützung des amtierenden Matrixkoordinators, des WÄCHTERS, einen kleinen Erfolg – auf dem Planeten Runix wird die neue Inkarnation des Helfers des Lichts Klivies Kleines gerettet, ein kristalliner Huma­noider. Dafür fallen die Soogrerin Loree und Yorrok, der Ritter vom Goldkristall, in TOTAMS Hände.

Auch sonst ist die Bedrohung durch TOTAMS Schergen in Hun‘arc ärger denn je…

Episode 66: Die Hassflotte

(10. August 1985, digitalisiert 2019)

Auf der Industriewelt Iltrian der Cranyaa ist vor Monaten bereits eine mehrere tausend Schiffe umfassende Flotte fremder Besu­cher Hun‘arcs niedergegangen – es handelt sich um die entro­piegeschädigten Yozinther. Wiewohl sie hier eingetroffen sind, um TOTAM zu dienen und das Ewige Reich zu erschaffen, sind die hasserfüllten Yozinther doch unberechenbare Kandidaten geblieben.

Der WÄCHTER rechnet sich aus, sie gegebenenfalls auf die Seite des Lichts ziehen zu können – er weiß noch nicht, dass TOTAM sie summarisch zu Untoten gemacht hat und sie damit de facto für die Seite des Guten verloren sind. Und TOTAM argwöhnt nicht, dass die aktionistischen Yozinther weiterhin die Cranyaa-Welten wie Kareton terrorisieren könnten, was aber geschieht.

Zornerfüllt ersetzt die Macht des Bösen daraufhin einen der bei­den Yozinther-Kommandanten kurzerhand durch einen Dämon von TOTAM und zwingt die gesamte Flotte zum Start und zum Rückzug hinter die Raumkrümmung um den Planeten TOTAM selbst. Die Mission des WÄCHTERS läuft ins Leere.

Er ahnt freilich nicht, dass das nur ein Teil von TOTAMS Gesamt­plan ist. Auf Kareton ist inzwischen ein TOTAM-höriger Vasall in Stellung gegangen, der das Reich der Neuen Cranyaa von innen destabilisieren soll.

Episode 67: Sturm der Untoten

(5. Oktober 1985, digitalisiert 2019)

Klivies Kleines, inzwischen zum Geheimdienstchef der Cranyaa avanciert, spart nicht an Kritik, als der WÄCHTER unverrichteter Dinge von Iltrian zurückkehren muss. Während dies geschieht, trifft überraschend ein Funkspruch ein – abgeschickt hat ihn die Soogrerin Loree von ihrer Heimatwelt Senaax!

Aber Moment, sagen sich die Verantwortlichen auf Kareton, Lo­ree ist doch von TOTAM entführt worden, und nach den Worten des WÄCHTERS und auch denen von Klivies Kleines ist nie je­mand von TOTAM wieder freigekommen. Wie sollte das Loree geschafft haben?

Eine Falle?

Offenkundig, gesteht Kleines ein. Aber vielleicht auch eine Gele­genheit, um mehr über TOTAMS Pläne in Erfahrung zu bringen.

Ein kleines Krisenkommando von Cranyaa, unterstützt von Klei­nes und dem WÄCHTER, begibt sich daraufhin nach Senaax und trifft tatsächlich Loree an – aber wie befürchtet ist es eine Falle, und Loree inzwischen mental zur willigen Parteigängerin der Macht des Bösen umgepolt.

Als der „Sturm der Untoten“ aus dem Asyl der Calnarer beginnt und die Cranyaa um ihr Überleben kämpfen müssen, verspottet Loree die Kämpfer des Lichts noch damit, dass Oki Stanwer im Zeituniversum gefangen sei und mit seiner Ankunft in der Ge­genwart nicht gerechnet werden könne – vielmehr würden dort nach und nach alle seine Getreuen getötet werden, bis er selbst in TOTAMS Hand fiele.

Nur in letzter Sekunde können Kleines und der WÄCHTER der scheinbar vollkommenen Falle entrinnen …

Episode 68: Die Graue Eminenz

(8. Dezember 1985, digitalisiert 2019)

Die Lage ist verfahrener denn je. Die Yozinther lauern in den Tiefen der Galaxis, bereit zum Zuschlagen. Die Schwarzen Schiffe sind dort, irgendwo existiert laut Loree eine Geheimbasis namens Ghoyyol, von der aus TOTAMS Truppen Angriffe gegen die nur noch schwach geschützten Cranyaa-Welten fliegen kön­nen.

Und dann rumort es auch in der Gesellschaft der Neuen Cranyaa. Neben den im Untergrund verschwundenen, aber nicht ungefährlichen Terroristen des Kommandos Erste Stunde (KES) wächst eine neue Organisation heran, die sich „Organisation Graue Eminenz“ nennt und ebenfalls den Sturz der Regierung anstrebt.

Ylor-Ya, der monströse Gründer des KES, beschließt daraufhin, ein Bündnis mit der Grauen Eminenz einzugehen … doch es stellt sich heraus, dass die Eminenz für niemand Geringeres als für TOTAM arbeitet und eine Kooperation rundweg ablehnt.

Daraufhin erklärt das KES der Grauen Eminenz den Krieg.

Episode 69: Mordanschlag auf den WÄCHTER

(9. Januar 1986, digitalisiert 2019)

Die innenpolitische Krise im Reich der Neuen Cranyaa geht weiter. Klivies Kleines ermittelt als Geheimdienstchef Kaiserin Sini-Ags im Falle von Morden und Anschlägen, und es kristalli­siert sich bald heraus, dass es zwei Untergrundorganisationen gibt, die sich befehden – was wegen der Kollateralschäden kei­nerlei Grund zur Entspannung ist.

Bei einem dieser Anschläge taucht unvermittelt auch ein Dä­mon von TOTAM auf Kareton auf. Er wird von der Grauen Emi­nenz auf den WÄCHTER angesetzt, der einem Terroranschlag zum Opfer fallen soll – aber der Anschlag gelingt nur teilweise. Es kommt zwar zu massiven Verlusten an Cranyaaleben und ge­waltigen Sachschäden, aber der WÄCHTER überlebt das Atten­tat.

Klivies Kleines wird aber schwer verletzt und zerbröckelt in den Armen des WÄCHTERS zu Kristallstaub. Der vor Zorn und Schmerz halb verrückte Matrixkoordinator schwört der Grauen Eminenz tödliche Rache …

Episode 70: Verfolgungsjagd zur schwarzen Welt

(16. Januar 1986, digitalisiert 2019)

Nach dem erfolgreichen Mordanschlag auf Klivies Kleines herrscht auf dem Zentralplaneten der Cranyaa, Kareton, höchs­te Alarmstufe. Der WÄCHTER verfolgt nun unnachgiebig die Ver­schwörer sowohl des Kommandos Erste Stunde als auch der Grauen Eminenz. Viele von ihnen werden kurzerhand standrechtlich erschossen. Die Verfolgung nimmt regelrechte Züge einer Hexenjagd an und erinnert massiv an einen von rotglühender Vergeltungssucht eines rachsüchtigen WÄCHTERS geleiteten Feldzug ohne Gnade.

Als der WÄCHTER schließlich durch eine gegnerische Indiskreti­on den Standort der Grauen Eminenz auf Kareton herausfinden kann und dort ihre wahre Identität herausfindet, erleidet er ei­nen ungeheuerlichen Schock.

Sie sind alle massiv getäuscht worden – und die Eminenz tritt nun fast schon triumphal die Flucht nach TOTAM an. Der WÄCH­TER verfolgt sie gnadenlos … und erst im allerletzten Augen­blick realisiert er, dass er in die nächste Falle gegangen ist, aus der ein Entkommen offenbar unmöglich ist!

Soweit für dieses Mal mit den dramatischen Ereignissen der Serienhandlung. In der nächsten Close Up-Folge blende ich voll­ständig zurück ins Zeituniversum, wo es um Oki Stanwers wei­tere Erlebnisse gehen wird, die Gerlakos … und um die rätsel­haften Plegg‘re, die nun leibhaftig die Bühne des Schicksal be­treten.

Bleibt gespannt, Freunde. Bis zum nächsten Mal, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 258: Mission TITANIC

Posted März 4th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer mich lange kennt, und damit meine ich so etwa gut 20 Jahre oder länger, der ist schon geraume Zeit darüber im Bilde, dass mich der Mythos des Ozean­dampfers TITANIC seit langem in seinen Bann gezogen hat. Schon 1984 verfass­te ich mit der Geschichte „Ein Passagier der R.M.S. TITANIC“ (dem Vorläufer zu meiner gleichnamigen, später im E-Book grundlegend überarbeiteten und opti­mierten Novelle) eine Story, in der sich die TITANIC-Lektüre meiner Jugend und die Phantastik mischten. Es dauerte eine Weile weiterer Jahre, bis ich, ausge­hend vermutlich von Walter Lords Schilderung über die Fahrt der TITANIC, auch erkannte, dass das reale Schicksal des Schiffes Reiz genug ausstrahlte.

In meinem Flur hängt eine Risszeichnung der TITANIC an der Wand. Zahllose Bücher zur TITANIC und Bildbände über jene Zeit der maritimen Schifffahrt fin­den sich in meiner Bibliothek. Und so gelangte als jüngstes Werk auch dieses Sachbuch in meinen Besitz – und elektrisierte mich unvermeidlich. Wusste ich doch, dass James Cameron als Verfasser von dem Ozeandampfer vermutlich noch besessener war als ich. Und ich habe seinen Kinofilm aus den 90er Jahren sicherlich zwei Dutzend Male gesehen, ungeachtet seiner Länge, davon mindes­tens ein halbes Dutzend Mal im Kino.1

Und ich wusste bislang nur von der 1995er-Expedition Camerons zur TITANIC, die ja die Grundlage für seinen Film war. Dass er danach noch zwei Expeditio­nen ausrüstete und mit neuartigen Tauchrobotern in das bis dahin unerreichba­re Innere des Wracks vorstieß, ahnte ich nicht und konnte mir das auch nicht vorstellen – ganz zu schweigen von den Wundern, die er darin vorfand und fo­tografisch festhielt.

Wer wissen möchte, wie mein TITANIC-Wissenshorizont dramatisch erweitert wurde und was Cameron erlebte, der lese weiter:

Mission TITANIC

(OT – mutmaßlich, da nicht verzeichnet: Mission TITANIC)

Von James Cameron

Delius Clasing & Co., Bielefeld (2016)

großformatiger Bildband

252 Seiten, geb.

Aus dem Amerikanischen von Melanie Kopp

ISBN 978-3-667-10239-3

Man schreibt den April des Jahres 1912. Der mit weitem Abstand luxuriöseste Liner der White Star Line überquert auf seiner Jungfernfahrt den Atlantik mit Zielhafen New York. Aber wie jeder Kenner weiß, kommt die TITANIC dort nie­mals an. Sie kollidiert im Nordatlantik bei annähernd spiegelglatter See mit ei­nem Eisberg und versinkt für immer auf den Grund des Meeres, mehr als zweit­ausend Seelen kommen dabei ums Leben. Das Wrack gilt jahrzehntelang für im­mer verschollen, bis es schließlich 1985 dem amerikanischen Ozeanologen und Tiefseeforscher Robert D. Ballard gelingt, das Schiff in rund 3.800 Metern Meeres­tiefe ausfindig zu machen und Bilder von der Stätte der ewigen Ruhe empor ans Licht zu bringen.

In den Folgejahren tauchen verschiedene Expeditionen hinunter auf den eisigen Grund des Nordatlantiks und heben diverse Artefakte aus dem weit ausgedehn­ten Trümmerfeld. Aber allgemein wird Ballards Diktum Glauben geschenkt: die TITANIC ist ein weithin unzugängliches Wrack, das Innere, das zweifellos ebenso zerstört sei wie etwa das komplett zerfetzte Heckteil des gesunkenen Luxusli­ners. Mikroorganismen seien massiv dabei, alles Holz des Wracks zu zersetzen, und zweifellos sei es am besten, das Schiff unter Denkmalschutz zu stellen und in Ruhe zu lassen.

Es gibt aber jemanden, der sich damit nicht abfindet. Das ist der amerikanische Regisseur James Cameron. Er unternimmt 1995 einen ersten Tauchgang zur TI­TANIC und macht die Erfahrung, dass die Tauchtechnologie noch deutlich hinter den prinzipiellen Möglichkeiten herhinkt. Außerdem trägt er sich mit dem Ge­danken, einen Kinofilm über das TITANIC-Drama zu erschaffen, das ihn selbst schon seit Jahrzehnten umtreibt. Bereits seit seiner Kindheit war er von der Tiefsee und Tiefseeforschung wie besessen.

Allgemein wird angenommen, dass ein TITANIC-Film nicht funktionieren werde. Zu bekannt ist die Geschichte, sie habe einfach kein Potenzial. Er findet keine Geldgeber und finanziert schließlich kurzerhand den Film auf eigene Faust mit einem Wahnsinnsbudget und einem perfektionistischen Aufwand. Der Rest ist, könnte man sagen, Geschichte: „TITANIC“ wird 1997/98 zur Weltsensation und zu einem der berühmtesten Film der Filmgeschichte, der reihenweise Oscars einheimst. Er ist der Grundstein für die Schauspielerkarrieren von Leonardo Di­Caprio und Kate Winslet.

Ist dies der Schlussstein für Camerons Besessenheit von der TITANIC? Nein. Ge­meinsam mit seinem – inzwischen verstorbenen – Filmkollegen Bill Paxton, der im Kinofilm eine wichtige Rolle spielte, kehrt Cameron im Jahre 2001 zur TITA­NIC zurück. Inzwischen hat sein Team die Tauchrobotertechnik perfektioniert. Und Cameron möchte nicht nur um das Wrack herumtauchen … nein, er will mitten hinein. Er will herausfinden, ob Ballards Diktum stimmt. Und zugleich hofft er auf das Gegenteil, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering ist, wenn man sich die Fakten besieht.

Ist das Innere der TITANIC tatsächlich nur noch ein zertrümmerter Ruinentep­pich, oder hat das Schiff, das fast vier Kilometer tief in den Ozean hinabstürzte und von außen so zerschlagen aussieht wie ein gefallener Krieger nach heftigem Kampf, doch noch Überraschungen aufzubieten?

Mit einem akribischen Plan des Wracks, basierend auf den Planzeichnungen der White Star Line setzt Cameron seine neu entwickelten Tauchroboter „Jake“ und „Elwood“ (benannt nach den Blues Brothers aus dem gleichnamigen Film) für Fahrten ins Innere des Schiffes ein – und findet ein atemberaubendes Märchen­reich voller Überraschungen.

Da sind beispielsweise die rätselhaften und definitiv gefährlichen Rostzapfen, die nun erstmals wissenschaftlich untersucht werden können: faszinierende, weitgehend hohle und sehr zerbrechliche Kolonien metallbasierter Bakterien, die sich im Innern des Wracks in Form von unglaublichen Gallertwolken ausge­breitet haben. Aber im Gegensatz zu Bob Ballards Annahmen haben sie durch­aus keine ganze Arbeit geleistet – es gibt weite Bereiche, ja, ganze Decks, die er­staunlicherweise kaum beschädigt sind.

Cameron findet erhaltene Teakholztäfelungen. Er findet ganze Glasfenster, die den Absturz ohne Sprung überstanden haben. Glasflaschen stehen immer noch in ihren Halterungen. Spiegel sind intakt. Selbst ganze Geschirrstapel sind unzer­brochen. Sogar ganze Räume und Einrichtungsdetails, die niemals fotografiert worden sind, sind so gut erhalten, dass auch TITANIC-Historiker wie Don Lynch und Illustratoren wie Ken Marshall, die an den Expeditionen teilnehmen, regel­mäßig überrascht werden.

Aber bei allen Fortschritten gibt es auch Eintrübungen. Tauchroboter fallen aus. Batterien beginnen zu brennen. Bildübertragungen fallen aus. Piloten der Robo­ter, zu denen Cameron selbst auch gehört, machen Bedienungsfehler, und alles vor den Tauchmaschinen verschwindet in einem einzigen Sturm aufgewirbelten Sediments.

Und dann, als sie bei der zweiten Expedition wieder vom Wrack auftauchen, ist die Welt schlagartig eine andere geworden – man schreibt den 11. September 2001, und in New York sind die Türme des World Trade Centers eingestürzt. Auf einmal scheint die Expedition vollkommen nutzlos zu sein. Eigentlich.

Aber Cameron reißt sich zusammen und bringt die Untersuchung zu einem Ende. Und kehrt 2005 mit optimierter Technik noch ein drittes Mal zur alten Lady auf dem Meeresgrund zurück, um ihr weitere Geheimnisse zu entreißen.

Das vorliegende Buch ist die opulent illustrierte Frucht all dieser Expeditionen, und selbst für mich, der ich seit den späten 80er Jahren, als Bob Ballards Entde­ckung bekannt wurde, die Berichterstattung über das Schiff verfolgt habe, bot es sagenhafte neue Erkenntnisse, die nicht allein auf die fotografischen Details beschränkt waren. Ich lernte beispielsweise auch eine Menge über James Ca­meron und seine Arbeitsweise, seine Detailversessenheit, seine nimmermüde Neugierde und die manchmal fast unerträglichen Frustrationen, wenn etwa das Kabel der Roboter zu kurz war, um noch um die Ecke herumzutauchen und zu sehen, ob beispielsweise die Aufzugstüren nach wie vor existierten.

Ach, wie gut kenne ich doch als Autor und Historiker jenen Moment der inneren Weißglut, wenn die Möglichkeiten der Information enden und man einfach nicht mehr weiterkommt … aber im Gegensatz zu Cameron habe ich dann übli­cherweise nicht die Möglichkeit, einfach bessere Maschinen zu entwickeln, um die ersehnten Kenntnisse doch noch zu erwerben.

Ich lernte bei der faszinierenden und spannenden Lektüre eine Menge über Tiefsee-Expeditionen im Allgemeinen und über Tauchroboter und ihre Belast­barkeit im Besonderen. Und am Ende präsentierte Cameron, in Einklang mit zahlreichen beteiligten Wissenschaftlern, eine ausführliche forensische Analyse, was in den Apriltagen des Jahres 1912 tatsächlich geschah – weit besser, als es Robert Ballard in den 80er Jahren möglich war.

Damit möchte ich Ballards Beitrag absolut nicht schmälern – er befand sich ein­fach in der Lage eines Forschers, der von technischen Möglichkeiten schlicht be­schränkt war. Weder Woods Hole als seine Heimatinstitution noch das französi­sche Institut Ifremer, das seine Expeditionen unterstützte, war in der Lage, so­viel Finanz in die Erforschung zu pumpen, um so vorgehen zu können wie Ca­meron. Speziell nach dem TITANIC-Film hatte der Regisseur diesbezüglich keine Finanzierungssorgen mehr, von so etwas konnte Ballard natürlich nur träumen.

Ballard ging eben von dem aus, was er von außen sehen konnte und von den wenigen, kargen Einblicken in die zugänglichen Teile des Schiffes. Und ja, natür­lich musste er davon ausgehen, dass das Innere des Schiffes weitgehend zer­stört war (was ja, formell betrachtet, wirklich der Fall ist). Wie hätte er ange­sichts der ihm bekannten Fakten und des äußeren Anscheins davon ausgehen sollen, dass es Bereiche des Inneren gab, die – wie etwa das Türkische Bad, in das Camerons Tauchroboter in diesem Buch vorstoßen – nahezu unzerstört auf den Meeresgrund gelangten? Camerons Buch erklärt auch sehr begreiflich, war­um es sich so verhielt und weshalb das Heckteil des Wracks zu dem zerfledder­ten Trümmerhaufen wurde, der es heute ist.

Um ein Fazit zu ziehen: dieser faszinierende Bildband erweitert selbst für Ken­ner der TITANIC-Materie das bislang bekannte Bild über die Katastrophe und die heutige Situation auf dem Meeresgrund vor den Neufundlandbänken funda­mental. Es ist nicht nur optisch faszinierend, sondern durch Einarbeitung von Reproduktionen historischer Dokumente und anspruchsvoller Computergrafi­ken und moderner Filmfotos ein Einblick in das Einst und Heute, wobei man z. T. Bereiche der TITANIC zu sehen bekommt, die noch niemand zuvor sehen konn­te.

Ich konnte mich aus dem Buch jedenfalls nicht wieder lösen, ehe es ganz gele­sen war – ein sagenhaftes, manchmal dramatisches und Frösteln auslösendes Lesevergnügen für alle, die sich für die TITANIC und das Schicksal der auf ihr weilenden und gestorbenen Personen interessieren. Dem Buch sind weitere Le­ser sehr zu wünschen, es lohnt sich!

© 2019 by Uwe Lammers

Genug geschwärmt? Lach. Okay, Freunde, überredet. Dann lasst uns in der kom­menden Woche in die Science Fiction zurückkehren. Das habt ihr euch verdient.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Verteilt über einige Monate übrigens – damals, ehe die Zentralisierung der Braunschweiger Kinolandschaft einsetzte, kam das tatsächlich noch vor, dass Blockbuster von Monat zu Monat von einem Kino zum nächs­ten wanderten und man so über vier Monate hinweg den Film immer wieder im Kino anschauen konnte. Heute ist das völlig ausgeschlossen, da sind die Kinopläne längst viel zu homogenisiert. Eindeutig ein klarer Verlust an kultureller Vielfalt, wenn man mich fragt.

Liebe Freunde des OSM,

es ist schon wieder unglaubliche sieben Wochen her, dass ich zuletzt aus meiner kreativen Biografie berichtet habe … ich fas­se das selbst auch immer nicht. Das Gefühl, dass die Lebenszeit immer rascher verrinnt, je älter man wird, ist mutmaßlich nicht einfach nur ein häufig wiederholtes Gerücht, sondern hat durch­aus Hand und Fuß. Doch das soll uns hier und heute nicht be­kümmern. Der Raum für meinen heutigen Redebeitrag ist be­schränkt, und deshalb starte ich gleich wieder voll durch.

Ich war bis zum Ende des Monats September 2017 gekommen. Hinter mir lag meine universitäre Vollzeitbeschäftigung, eben­falls meine gesundheitliche Schwächelphase im direkten An­schluss an eine Jobmesse, die sich dann auch noch auf den Ar­chivtag im September ausdehnte und mich zu einer vorzeitigen Abreise motivierte.

Der Monat Oktober stand hingegen im Zeichen einer zuneh­menden gesundheitlichen Stabilisierung. Mit 32 fertigen Werken hielt ich den Level des Vormonats, schwankte hier aber immer noch eifrig hin und her zwischen den kommentierten OSM-Epi­soden der KONFLIKTE 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“, 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ und 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“. Mit dreizehn Blogartikeln war ich deutlich überdurchschnittlich hier unterwegs. Dasselbe gilt auch für den Rezensions-Sektor (10 Werke).

Weiter machte ich verschiedentliche Stippvisiten im Archipel, so in den Fragmenten „Verlorene Herzen“, „Mariannes Kursänderung“, „Also doch eine Dunkel-Dirne!“, „Die Gefangene der See“ (ein erster Abschriftentwurf aus meinen Kreativkladden), „Roxanne“ und „Das Mädchen von Anamorid“ (letztere ist die begonnene Überarbeitung einer schon fertigen Geschichte).

Außerdem trieb ich mich ein wenig im Bereich des Erotic Empire herum und feilte etwas an Geschichten wie „Kay auf Tarragon“ und „Die Kolonie Saigon II“. Hinzu kamen Weiterarbeiten an verschiedenen E-Books.

Das einzig Interessante in diesem Monat, das beizeiten die Le­ser meiner Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) si­cherlich faszinieren wird, kam zum Tragen, als ich den Band 37 der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ fertig schreiben konnte, einen der seltenen Neuentwürfe im modernen OSM. In dieser Folge mit dem Titel „Die Kriegerin“ tauchen insgesamt drei yantihnische Protagonisten aus dem KONFLIKT 2 wieder auf. Von zweien, würde ich heute sagen, wisst ihr schon, dass sie in der TI-Serie gestorben sind, Person 3 hingegen ist dort aktuell noch quicklebendig … aber ich sage euch, es ist ein wirklich verrücktes Gefühl, schon ihr NÄCHSTES Leben zu beschreiben, während sie andernorts (10 Milliarden Jahre früher) noch ihr ers­tes lebt … beizeiten erfahrt ihr dazu mehr.

Im Monat November 2017 geriet ich dann nach vollständiger Genesung richtig rein in die Mühle der Jobsuche, die einiges an Energie und Zeit verschlang. Hier kam ich also nur noch auf 24 beendete Werke, von denen allein 10 wieder auf Blogartikel ent­fielen.

Aber es wurde auch das E-Book 37 fertig, „Die Nomaden von Twennar“, der vorletzte Band des RHONSHAAR-Zyklus. Und weil der so verspätet kam, hängte ich noch die Bonus-Story „Das Silber des Bösen“ an.

Mit Überarbeitungen einer Reihe erotisch-phantastischer Stories in diesen Monaten bereitete ich übrigens parallel dazu die Ent­stehung der „Grey Edition 12: Lustvoller Schrecken“ vor, was bis zur Publikation dann noch die Zeit bis Sommer 2018 verschlingen sollte. Man sollte solche Editionsprojekte vom Zeitaufwand wirklich nicht unterschätzen.

Bei den kommentierten Episoden der OSM-Serien stieß ich bei KONFLIKT 18 bis Band 100 vor, ohne ihn schon fertigstellen zu können. Aber allein der Titel „Das Zeitalter der SIEBEN SIEGEL“ wusste mich ungeachtet der verstrichenen Zeit von fast 30 Jahren immer noch zu elektrisieren.

Ebenfalls war dies ein Monat, in dem ich wieder reichlich Bücher las, die ich für rezensionswürdig befand. So kamen auf diesem Sektor auch erneut sieben Einträge hinzu. Fernerhin wurden der Archipel und das Erotic Empire von neuem reichlich bereist, nämlich indem ich an „Die Kolonie Saigon II“, „Wandlungen“, „Brittanys Abenteuer“, „Sarittas Hilflosigkeit“ sowie „Lauren und Alain“ weiterschrieb. Ansonsten ist der Monat ebenfalls unspektakulär zu nennen.

Der Jahresschluss im Monat Dezember sackte noch etwas ab. Ich kam auf 22 abgeschlossene Werke, davon neun Blogartikel und sieben Rezensionen. Verschiedene Geschichten aus dem Archipel, dem OSM und dem Erotic Empire wurden weiterver­folgt, insbesondere die Fragmente „Schnelle Zähmung“, „Das Transformations-Paradies“, „Eine Frage des Glaubens“, „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (CK), „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Sarittas Hilflosigkeit“ sowie der Hintergrundtext „Das Rätsel von Garos“. Letzteres war ein direkter Ausfluss meiner Arbeit am CK-Skript.

Die restlichen Werke sind sämtlich den kommentierten alten OSM-Episoden zuzurechnen. Allzu innovativ kann man mich in diesem Monat also nicht nennen – aber das liegt irgendwie auf der Hand, finde ich.

Weshalb?

Nun, es ist der Weihnachtsmonat. Und das bedeutet, dass ich a) einige Zeit in das Suchen und Verpacken von Weihnachtsge­schenken investiere, b) gibt es diverse Weihnachtsevents, die unvermeidbar zu besuchen sind, und c), das war vielleicht der zeitlich am meisten beanspruchende Posten, gilt es – für mich wenigstens – Weihnachtspost zu verfassen. Nicht mehr Weih­nachtskarten für alle, soweit geht es dann doch nicht, zumal ich ja auch nur wenige selbst erhalte. Aber vielen lieben Zeitgenos­sen schicke ich dann zumindest per Mail Weihnachtsgrüße und signalisiere so, dass sie nicht in Vergessenheit geraten sind.

Der vierte wesentliche Posten, der mich zum Jahresende dann richtig viel Zeit kostete (und auch das scheint von Jahr zu Jahr schlimmer zu werden), aber dennoch für obligatorisch gilt, be­fasst sich mit der liegen gebliebenen Korrespondenz des enden­den Jahres. Ich versuche im Dezember immer, soviel wie mög­lich davon noch abzuarbeiten. Und dies geht natürlich katego­risch von meiner sonstigen Schreibzeit ab.

Ich würde darum schätzen, dass ich im Dezember nicht wirklich weniger geschrieben habe als in den Vormonaten … aber das ist ein intransparenter Prozess, und Briefe und Mails tauchen ein­fach in der hier referierten „Gleichung“ nur amorph und ohne Volumenangaben auf.

Einerlei – ich schaute jedenfalls, wiewohl inzwischen ALG I-Be­zieher geworden, relativ entspannt auf das Jahr 2018 und konn­te noch nicht wissen, was mich da erwartete.

Einen ersten Blick zeige ich euch bei der nächsten Ausgabe die­ser Blogartikelreihe.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 257: Shades of Grey (1) – Geheimes Verlangen

Posted Februar 26th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

für die einen Leser ist allein schon der Titel dieses Buches wahrscheinlich eine Provokation und führt dazu, dass sie überhaupt nicht weiterlesen. Kann man machen, aber dann tappen diese Menschen meiner Auffassung nach in eine dogmatische Voreingenommenheitsfalle, die die Vorstufe zu (bisweilen unge­rechten) Vorurteilen darstellt. Kluge Zeitgenossen, zu denen ich mich zähle, soll­ten ein wenig experimentierfreudiger sein.

So hat etwa eine Brieffreundin von mir den vorliegenden ersten Band gelesen und fand ihn nicht sonderlich gelungen, weswegen sie von der Lektüre der Fol­gebände absah. Das halte ich für eine vernünftige Reaktion. Die Leseinteressen sind eben nicht überall dieselben, und das ist auch gut so. Ich habe mich selbst hingegen von der Trilogie recht lange fern gehalten (das galt übrigens, sollte ich vielleicht dazu sagen, ebenfalls von Harry Potter!). Weiter unten schrieb ich ein wenig dazu, deshalb belasse ich es hier bei der Andeutung.

Ich möchte nur eins klar machen – ein qualifiziertes Urteil über Romane oder Filme, wie vermeintlich anstößig sie auch sein mögen, kann man sich kaum er­lauben, wenn man nur Auszüge oder Ausschnitte der Verfilmungen zu Gemüte führt und dann indigniert die Nase rümpft. Warum halte ich das für unstatthaft? Weil jeder solche Auszug bzw. Ausschnitt schon eine klare Intenti­on verbirgt. Entweder wird so etwas angefertigt, um das Publikum aufzusta­cheln und neugierig zu machen oder, im umgekehrten Fall, um eine bestimmte (oftmals negative) Meinung zu evozieren.

Beides halte ich für problematisch in der Wahrnehmung. In beiden Fällen gehen wesentliche Nuancen verloren. Das ist etwa so, als wenn man denkt, eine E-Mail-Kommunikation wäre dasselbe wert wie ein Aug-in-Auge-Gespräch. Jeder­mann, der etwas von Kommunikation versteht, weiß sofort, dass das Nonsens ist. In ersterem Fall fehlt nahezu jede Möglichkeit, Stimmungen, Betonungen usw. einzubeziehen, was zur Folge hat, dass sich rasch Missverständnisse ein­schleichen (zumal dann, wenn man tendenziöse Mails verfasst, die eine be­stimmte Absicht intendieren).

Folgerichtig kann man sich über E. L. James´ Romane und ihren literarischen Wert natürlich rechtschaffen streiten. Das soll hier nicht das Thema sein. Mir geht es ein wenig darum, ein Phänomen etwas zu durchleuchten, das weltweit Millionen Menschen, mehrheitlich Frauen, gefesselt hat. Die Autorin hat mithin einen Nerv getroffen, und es geht damit recht eigentlich nicht um eine Sadoma­so-Knechtungsgeschichte, in der Frauenrechte mit Füßen getreten werden (wie die Gegner dieser Geschichte, meist ohne genaue Kenntnis des Inhalts, nicht müde werden zu betonen).

Es ist eine Liebesgeschichte mit ungewöhnlichen Zutaten, niedergeschrieben mit ziemlich kessem Humor und vielleicht schematischem Personal, das gleich­wohl imstande ist, die Sympathie der Leser einzufangen.

Wer bis hierher gelesen hat, der ist vielleicht jenseits der ideologischen Graben­kämpfe, die sowohl um die Bücher wie die Verfilmungen (die sich recht stark voneinander unterscheiden, sollte ich ergänzend anmerken), doch ein wenig neugierig geworden. Falls dem so ist, dann schaut einfach mal, wie mein dama­liges Fazit nach der Lektüre des ersten Bandes ausfiel:

Shades of Grey 1: Geheimes Verlangen

(OT: Fifty Shades of Grey)

Von E. L. James

Goldmann 47895

608 Seiten, TB (2012)

ISBN 978-3-442-47895-8

Aus dem Amerikanischen von Andrea Brandl und Sonja Hauser

Wie nähert man sich einer Legende?

Das ist eine schwierige Frage, zumal dann, wenn die Legende noch sehr frisch ist und sich außerdem derzeit im Stadium der Verfilmung befindet, wie es mit der vorliegenden Trilogie der Fall ist. Versuchen wir es mal mit einem kleinen Umweg.

Man schrieb das Jahr 2011, als eine unbekannte Internet-Autorin namens E. L. James unter dem Pseudonym Snowqueen’s Icedragon eine erotische Fortset­zungsgeschichte unter dem Titel „Master of the Universe“ im Netz veröffentlich­te, ziemlich offensichtlich angelehnt an die „Twilight“-Saga, nur eben ohne Vampire. Im Kern ging es um eine aufregende Liebesgeschichte zwischen einem offensichtlich sadistisch veranlagten, superreichen jungen Geschäftsmann und einer blutjungen, erotisch völlig ahnungslosen Studentin kurz vor ihrem Ab­schluss.

Überraschenderweise fand die Geschichte stürmische Zustimmung und ein breites Lesepublikum – und die Verfasserin fand daraufhin den Mut, aus der Fortsetzungsgeschichte in stark veränderter Form eine autonome Geschichte zu machen, die dann bei dem kleinen australischen Verlag The Writer’s Coffee Shop Publishing unter dem Titel „Shades of Grey“ das Licht der Welt erblickte.

Schnell sprach sich mittels Mundpropaganda dieses Werk herum, und inzwi­schen ist es weltweit bekannt als „das Buch“. Es konnte also nicht wirklich ver­blüffen, dass ein deutscher Verlag sich in Rekordzeit um die Übersetzungsrechte bemühte und Goldmann schließlich nur ein Jahr nach dem Ersterscheinungster­min den ersten Band der jetzt Trilogie-Format erlangenden Geschichte vorlegte. Dass dieses Buch innerhalb eines Jahres mindestens 28 Auflagen bekam und immer noch nachgedruckt wird, zeigt eigentlich deutlicher als alles andere, wie rasend die Nachfrage nach dem Werk war. Mir liegt der erste Band antiquarisch in der 28. Auflage von 2012 vor. Es kann durchaus sein, dass es zwischenzeitlich schon 50 oder mehr Auflagen gibt. Der aktuelle Hype um die Verfilmung mit Jamie Dornan und Dakota Johnson in den Hauptrollen heizt das Verlagsgeschäft natürlich noch mal deutlich stärker an.1

Wer mich andererseits als Rezensent kennt, der weiß auch, dass ich mich übli­cherweise von gehypten Bestsellern mehrheitlich fern halte. Zugleich bin ich natürlich jemand, der schon gern erotische Romane liest, und spätestens nach­dem ich den ersten Teil der Verfilmung gesehen hatte, war mir klar, dass die Bü­cher in nächster Zukunft unverzichtbar zum Leseprogramm gehören würden. Und nachdem ich nun den ersten Band verschlungen habe – man kann das nicht anders nennen, und auf meinen Lippen liegt ein breites Schmunzeln, wäh­rend ich das niederschreibe – , verstehe ich die Aufregung um das Buch nur zu gut. Steigen wir also mal in die Geschichte selbst ein:

Wir befinden uns in Portland, im Frühjahr 2011. Die 21jährige Literaturstuden­tin Anastasia Steele, die mit ihrer Studienkollegin und besten Freundin Katheri­ne Kavanagh zusammen in einem Apartment wohnt, hat Lampenfieber. Das ist sehr berechtigt – eigentlich sollte Kate für die Studentenzeitung ein unglaublich wichtiges Interview führen, mit einem Förderer der Universität. Zu dumm, dass Kate gerade krank geworden ist und Ana angefleht hat, an ihrer Stelle dieses In­terview zu führen.

Vielleicht ist das ein Wink des Schicksals.

Es soll ein Interview mit dem reichen CEO von Grey Enterprises, Mr. Christian Grey, werden. Ana weiß rein gar nichts über den Mann und ist von Natur aus sowieso eher scheu und schüchtern, sie errötet furchtbar leicht, empfindet sich als tollpatschig und „graue Maus“, als unattraktiv und linkisch. Sie hat noch nie einen Freund gehabt, was vielleicht auch an ihrem Patchwork-Elternhaus liegt. Ihr leiblicher Vater ist früh gestorben, ihre Mutter inzwischen mit Ehemann Nr. 4 liiert und nach Georgia verzogen. Ana hält sich an Ray, Ehemann Nr. 3, der ihr Ersatzvater wurde. Und an ihre Freundin Kate natürlich sowie den Fotografen José Rodriguez, den sie aber mehr als eine Art Bruderersatz sieht. Derweil jobbt sie in einem Baumarkt, während sie sich zugleich bei Verlagen bewirbt. Alles an­dere als spektakulär oder supererfolgreich.

Und nun also ein Interview mit einem Millionär und knallharten Geschäfts­mann … kein Wunder, dass sie schier im Boden versinkt und im Büro von Mr. Grey prompt über ihre Beine stolpert.

Dann hilft ihr ein faszinierender Mann auf die Füße, unglaublich jung, mit ma­gnetischen grauen Augen, der sie unwiderstehlich in seinen Bann zieht – Christian Grey höchstpersönlich. Und vom ersten Moment an bringt er Ana voll­ständig durcheinander. Was ihr im Gegenzug absolut nicht klar ist – umgekehrt ist die Wirkung vermutlich noch heftiger. Auf ihre süße, arglose Art stürzt Anastasia Steele den toughen Millionär in Verwirrung.

Ihr ist anfangs überhaupt nicht klar, wie ihr geschieht, als Grey von nun an im­mer stärker ihre Nähe sucht. Ob es um ein zielstrebiges Flirten während eines höchst bereitwillig vereinbarten Fotoshootings für die Studentenzeitung geht, ob es um eine Einladung zum Kaffeetrinken geht …, ob er auf einmal im Baumarkt vor ihr steht und sich von ihr beraten lässt, um Kabelbinder, Klebeband und Seil (!) zu kaufen … sie fühlt sich sehr geschmeichelt und aufgeregt, dass er ausgerechnet einem so unscheinbaren Mädchen wie ihr solche Aufmerksamkeit schenkt. Ihre Freundin Kate ist völlig begeistert, dass Ana offensichtlich erstmals ernstlich verliebt ist, auch wenn ihr selbst Christian Grey als „Kontrollfreak“ ziemlich unheimlich erscheint. Und in der Tat scheint das ja ein hervorstechendes Charaktermerkmal zu sein, Kate sieht ihre Freundin sogar regelrecht von ihm verfolgt.

Sie hat ja noch keine Ahnung.

Ana hat keine Ahnung.

In der Tat kristallisiert sich schnell heraus, dass Christian Grey sehr intensiv Anas Bekanntschaft machen möchte. Er neigt allerdings auch dazu, sie zu schockie­ren und verstörende Dinge zu sagen und zu tun. Es beginnt damit, dass er sie, ehe sie sich näher kennen lernen, eine höchst formelle Verschwiegenheitserklä­rung unterschreiben lässt. Und dann legt er Ana einen mehrseitigen Vertrag mit ungeheuerlichen Paragraphen vor, in dem beispielsweise solche Dinge wie fol­gende stehen: „Die Sub befolgt sämtliche Anweisungen des Dom, ohne zu zö­gern, vorbehaltlos und umgehend. Die Sub stimmt allen sexuellen Aktivitäten, die der Dom als angemessen und angenehm erachtet, ausgenommen die im Ab­schnitt ‚Hard Limits’ aufgeführten (Anhang 2), zu. Sie tut dies bereitwillig und ohne Zögern.“ Oder: „Die Sub akzeptiert Auspeitschen, Schlagen, Versohlen, Rohrstockhiebe, Schläge mit dem Holzpaddel sowie sämtliche anderen Diszipli­nierungsmaßnahmen des Dom ohne Zögern, Nachfrage oder Klage.“

Und mit Sub ist in diesem Fall ausdrücklich Anastasia Steele gemeint!

Christian Grey, begreift Ana Steele beklommen, ist ein Mann mit sehr speziellen Bedürfnissen. Er sagt von sich selbst auch, Liebe und „Blümchensex“ seien nicht so sein Ding. Im Gegenteil: „Ich liebe nicht“, pflegt er zu sagen. „Ich ficke … hart.“ Und das ist es, genau das ist es, was er mit Ana machen möchte. Was er sucht, ist im Kern eine Frau, die als devote Sklavin seinen sexuellen und sonsti­gen Neigungen dient. Das ist schon ein arger Schock.

Sie fühlt sich dennoch unwiderstehlich zu ihm hingezogen, besonders angezo­gen von seinen rätselhaften inneren Untiefen, die sie so gern näher durch­schauen, verstehen möchte.

Und er wird offensichtlich noch viel stärker zu ihr hin getrieben, als er entde­cken muss, dass Ana noch jungfräulich ist. Es macht ihn anfangs wütend, dann sehr entschlossen, und mit ihrem Einverständnis „bereinigt“ er die Situation, wie er das nennt. Der erste Sex, den Anastasia dann hat, mit ihm hat, ist absolut überwältigend und festigt eine sinnliche Besessenheit, die sie beide schnell in atemberaubende Sphären entführt und grundlegend verändert …

Ja, es ist eine „etwas andere Liebesgeschichte“, wie man sagen könnte, und es ist zugleich eine phantastische Leseerfahrung. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wird man als Leser sogleich von der Perspektive gepackt: Ana Steele vermittelt den Roman aus der ersten Person Singular, was faszinierende und zu­meist auch unglaublich witzige Innenblenden in ihr aufgewühltes Seelenleben ermöglicht. Dann führt sie regelmäßig süße Dispute mit ihrer „inneren Göttin“ einerseits, also ihrem animalischen Seelenteil, während sich ebenso häufig me­ckernd das Unterbewusstsein in unpassenden Situationen einschaltet. Ana neigt eben dazu, alles „zu Tode zu analysieren“, wie ihre Mutter sagt, und gleich vielen Frauen interpretiert sie die unmöglichsten Dinge in Handlungen von Männern hinein.

Nun, Christian Grey macht es ihr auch wirklich nicht einfach, seien wir ehrlich.

Er wiederum, der es bislang nur mit unterwürfigen devoten Frauen zu tun hat, erlebt mit Ana Steele eine für ihn unberechenbare Person, die seine Lebensrou­tinen mehr und mehr untergräbt. Er schläft nie neben einer Frau im Bett? Nun, bei Anastasia macht er eine Ausnahme, und zu seiner nicht geringen Verblüf­fung sogar sehr gern. Er diszipliniert seine Gespielinnen, wenn sie renitent sind und nicht tun, was er wünscht? Ja, und das tut er auch mit Ana. Wird sie da­durch weniger schnippisch und aufsässig? Nein. Und wiewohl sie sich vor über­mäßigem Schmerz verständlicherweise fürchtet, provoziert sie doch oft genug tatsächlich unterschiedlichste Bestrafungsarten, von denen manche in Greys „Kammer der Qualen“, wie sie das nennt2, stattfinden.

Es ist wirklich köstlich, die zunehmend feiner geschliffenen Dialoge in schöner Übersetzung anzutun, man kann beim Verfolgen des emsigen Mailwechsels der beiden herzhaft losprusten, das geht schon los, wenn man die Betreffe liest. Ein kleines Beispiel:

Ana: Tätlicher Angriff und Körperverletzung

Christian: Keine falschen Gewissensbisse

Ana: Einvernehmliche Erwachsene!

Christian: Sie haben schließlich nicht die Polizei gerufen

Ana: Stalker

Christian: Stalker? Ich?”

Der Inhalt der Mails selbst ist noch goldiger und einfach unglaublich kurzweilig. Sie kabbeln sich wirklich unablässig, und es macht Spaß, das zu lesen, definitiv. Allein der Mails wegen sollte man den Roman lesen …

Auch in seinen Reaktionen ist Christian Grey äußerst unberechenbar. Er schwankt immer wieder zwischen Verärgerung und Amüsement, erotischer Raf­finesse, der Anastasia so gut wie nie widerstehen kann und ebenso leiden­schaftlichen Anfällen von Bestrafungsphantasien … ein stetes Wechselbad der Gefühle, das fast 600 Seiten anhält und so fesselnd (!) ist, dass es mir schwer fiel, mich daraus zu lösen.

Fürwahr, die beiden Charaktere sind mir ans Herz gewachsen … und selbst wenn man hier von einer sehr starken Idealisierung der Beziehung auszugehen hat und man vermutlich nicht von „hoher Literatur“ sprechen kann, fand ich das sprachliche Niveau doch beispielsweise deutlich über „Harry Potter“ liegend. Wenn Frau James von etwas schreibt, dann sachkundig und gründlich. Das be­zieht sich zwar nur bedingt auf die Folterinstrumente in Mr. Greys geheimem Spielzimmer, die eher eine spielerische Zutat sind und auf die man sich nicht übermäßig kaprizieren sollte (was Kritiker aber augenscheinlich mehrheitlich tun und sich so den Genuss des Werkes grundlegend verderben), mehr dagegen auf Literatur des 19. Jahrhunderts, Technik und soziale Interaktionen. Zwar mag man fundamentale Konflikte vermissen, aber die treten dann in der Verfilmung des zweiten Buches allmählich zutage. Langweilig ist die Geschichte dennoch nicht. Wer zwei mehr und mehr sympathischen Charakteren bei aufregenden, vielseitigen Liebesspielen und zahlreichen vergnüglichen emotionalen Verwirrschleifen Gesellschaft leisten möchte, ist hier absolut am richtigen Platz.

Ich freue mich auf jeden Fall schon auf die anderen beiden Bände und natürlich auf die Verfilmung des dritten Bandes, die 2018 in die Kinos kommt. Für Neu­gierige ist das Buch eine klare Leseempfehlung.

© 2017/18 by Uwe Lammers

Nun, es ist wohl offensichtlich, dass diese Zeilen ein wenig angestaubt sind. Im­merhin sind inzwischen alle drei Teile verfilmt worden und Frau James mit „The Mister“ zu neuen literarischen Ufern aufgebrochen. Irgendwann sage ich sicher­lich auch zu dem Buch noch etwas, aber das liegt in weiter Ferne.

In der nächsten Woche tauchen wir zum Grund des Atlantiks hinab mit einem faszinierenden, Horizont erweiternden Sachbuch, das ich erst kürzlich mit gro­ßem Gewinn gelesen habe. Darauf könnt ihr euch echt als Kontrastprogramm freuen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Ich gestehe dabei, dass mir Dakota ein wenig zu mager erscheint … aber witzigerweise korreliert das ausge­zeichnet mit dem Buch, in dem Anastasia auch notorisch keinen Appetit hat, sondern gern von Luft und Sex allein leben möchte. Und ein hübsches Gesicht hat sie ja unbedingt.

2 Was mir erst mit deutlicher Verspätung auffiel: dies ist wahrscheinlich ein offensichtlicher schnippischer Link zu Joanne K. Rowlings zweitem Harry Potter-Roman und der dortigen „Kammer der Schrecken“ (in der deutschen Übersetzung). Generell wimmelt das Buch von koketten Anspielungen verschiedenster Art, wes­halb sorgfältige Lektüre vielfache Quellen des Amüsements offenlegt.

Liebe Freunde des OSM,

es ist etwas dran an der Behauptung, dass es keine größere und wirksamere Inspiration gibt als den Erfolg. Ich habe das im Monat November am eigenen Leib deutlich erlebt und weiß deshalb, wovon ich rede. Schon ein Blick auf die Tatsache, dass ich es im diesem Monat auf nicht weniger als 43 vollendete kreative Werke brachte, zeigt recht klar, wie schön meine Produktivität im Vergleich zum Vormonat angezogen hat.

Womit hing das zusammen? Sicherlich nicht mit einer neuen Erwerbstätigkeit, da ich nach wie vor auf der Suche bin. Sondern wesentlich mit einer Entwicklung, die einen lange gehegten Traum in die Tat umsetzte: Seit ich meine E-Books veröffentliche, also seit 2013, träume ich davon, sie auch mal gedruckt in den Händen halten zu können. Frühere Versuche bei Create Space von Amazon (heute KDP-Print) schlugen allerdings wegen meiner mangelhaften IT-Kenntnisse regelmäßig fehl, weswegen ich dann frustriert das Handtuch warf.

Jetzt im Monat November ergab sich durch den schönen Kontakt mit einem Salzgitteraner Startup-Gründer die Möglichkeit, ein erstes E-Book als Print zu realisieren. Ich wählte dafür einmal aus Gründen des Umfangs und zum anderen des Themas mein 2013er-Katzenmärchen „Die Katze, die die Sonne stahl“. Es ist jetzt bei Amazon als Print erhältlich, ihr müsst nur folgendem Link folgen, um nähere Einzelheiten zu erhaschen:

https://www.amazon.de/dp/1707801274?ref_=pe_3052080_397514860

Ich denke, diese kleine Schrift taugt ganz gut als Geschenk für Romantiker. Schaut es euch einfach mal an.

Wie sah der Monat November sonst so aus? Nun, in puncto E-Books herrschte Ebbe (abgesehen von der Tatsache, dass ich „auf den letzten Drücker“ noch das E-Book TI 25 „Audienz bei Quin“ für XinXii.com aufbereiten konnte). Womit das zu tun hat, erläutere ich weiter unten an gegebener Stelle. Das ist es jedenfalls, was im Rahmen des OSM und des Archipels hier zu vermelden ist und woran ich weiterschrieb oder was ich vollendete:

Blogartikel 360: Work in Progress, Part 83

(FvL 44: Die Tiefenseele)

(FvL 43: Rätsel von EWIGKEIT EINS)

14Neu 77: Das verdammte Heer

Blogartikel 362: Zu Gast auf Baustellen

Anmerkung: Diese Baustellen hatten es dann wirklich in sich. Ich erzählte ja in diesem inzwischen veröffentlichten Blogartikel einiges darüber und werde mich hier nicht wiederholen. Nur soviel: An der Baustelle namens „Glossar des KONFLIKTS 17“ arbeite ich derzeit immer noch. Zwei der drei Ordner der Serie „Drohung aus dem All“ alias „17Neu“ sind schon glossiert, aber es fehlen nach wie vor 18 Episoden, die durchzuarbeiten sind.

(OSM-Wiki)

(14Neu 79: Pesthauch über Kareton)

(14Neu 80: STÜTZPUNKT VIER)

(12Neu 77: Im Herz von Koopen)

(12Neu 78: Soffrols Imperium)

(Verlorene Herzen – Archipel-Roman)

Anmerkung: Das war eine ganz spontane, sehr kurze Stippvisite. Eigentlich wollte ich nur wissen, wie weit ich in der Geschichte gekommen war und ob es wohl vonnöten sei, einen Neuausdruck in Erwägung zu ziehen. Sieht glücklicherweise nicht danach aus. Man muss auch mal Glück haben …

(OSM-Personenregister)

Anmerkung: Tja, und das war dann eine der oben erwähnten Baustellen. Ein haarsträubendes Ding, das inzwischen noch um einen Punkt haarsträubender wurde, den ich heute entdeckte. Ich habe die Kommentierung der Episode 14Neu 78 vollendet, das ist der neue Band OSM 1935, und darin stolperte ich über eine Cranyaa-Admiralin, die ich nicht im Glossar des KONFLIKTS 14 habe. Und zwar weder im handschriftlichen, das ich damals ab 1983 parallel zur Episodenserie schrieb, noch im digitalen, wo eigentlich inzwischen alle Eigennamen von Bd. 1 bis Bd. 77 erfasst sind.

Wie ist das möglich?, fragte ich einigermaßen genervt und schaute mir an, wann ich die Episode damals geschrieben hatte … ah, im Januar 1987. Und dann überlegte ich und schaute am Regal nach, denn ich erinnerte mich vage, dass ich etwa zur gleichen Zeit damit begonnen hatte, den KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ in Romanform zu überarbeiten. Ich kam genau einen Roman weit, der unter dem Titel „Das Reich im Zentrum der Galaxis“ Anfang 1987 (!) fertig gestellt wurde. Er ist leider noch nicht digitalisiert, deshalb kann ich meine Vermutung nicht schnell verifizieren. Aber ich vermute sehr, dass die von mir heute vermisste Person dort in die Handlung eingepflegt worden ist. Beizeiten werde ich das feststellen, aber frühestens im Sommer oder Herbst 2020, früher werde ich kaum Gelegenheit haben, diesen Roman zu digitalisieren.

Ihr seht daran aber deutlich: Der schon geschriebene OSM hat immer wieder Überraschungen für mich parat.

(Glossar der Serie „Drohung aus dem All“)

Anmerkung: Das war dann die nächste, nachgerade süchtig machende Baustelle, auf die ich mich stürzte. Wie ich oben sagte, habe ich inzwischen zwei der drei Episodenordner der Serie durchgearbeitet und befinde mich am Anfang des dritten und letzten Ordners (in Episode 54 von insgesamt 71). Und entgegen meiner eigenen Vermutung ist das durchaus keine so stupide Aufgabe, wie ich das annahm. Das hat mit zwei Dingen zu tun.

Zum einen ist es durchweg lästig, dort entdecken zu müssen, wie viele Fehler ich doch in dieser Episodenabschrift belassen oder wieder eingearbeitet habe, ohne das aktiv zu wollen. Das macht dann mehrere Arbeitsdurchgänge erforderlich.

Zum zweiten, und das habe ich nicht erwartet, brachte diese Arbeit mein kreatives Unterbewusstsein zum Kochen. Wieso dies?, mögt ihr euch fragen. Die Geschichte ist doch schon seit 1986 auserzählt und seit 2011 auch als Digitalisat abgeschlossen. Was gibt es denn da noch Großartiges zu entdecken? Oh, sage ich euch, jede Menge!

In KONFLIKT 17 „Drohung aus dem All“ wird ja von der Konfrontation erzählt, als das terranische Sternenreich auf die robotische Imperiumsstruktur der All-Hüter stößt. Dabei war mir schon 1983/84, als das anfing, durchaus klar, dass diese All-Hüter Matrixfehler sind. Und wie das so bei Matrixfehlern im OSM meist so ist, sind sie gestört, und zwar grundlegend. Die Konfrontation artet also schnell in ein vollständiges Chaos aus.

Während ich an der Serie damals schrieb, entwickelte sich die Generalstruktur des Oki Stanwer Mythos (OSM), und ich begriff, dass alles, was ich hier über die All-Hüter schrieb, gewissermaßen eine Perversion dessen war, was sie recht eigentlich bei ihrer Etablierung im KONFLIKT 10 (der bis heute ungeschrieben ist) sein sollten. So stellte ich fasziniert während des Glossierens Strukturen fest, die heute bizarren anderen Zielen dienten als einst, und ich begann mir zunehmend Gedanken zu machen, wozu diese Mechanismen wohl einst, in KONFLIKT 10, gedient haben mochten.

Auf diesem Umweg komme ich also nach und nach an den derzeit noch vollkommen nebelhaften KONFLIKT 10 heran. Es ist abzusehen, dass ich bald, wenn ich den KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ abgeschlossen haben werde (und die Abschriften der KONFLIKTE 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ und 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“) wohl die mentalen Kapazitäten haben werde, mich mit neu erwachender Kreativität um den noch mysteriösen KONFLIKT 10 zu kümmern.

Und verdammt, Freunde, ich bin schon wahnsinnig neugierig darauf, das könnt ihr mir glauben! Und DAS ist dann der zentrale Grund, warum dieses langwierige, zähle Glossieren von KONFLIKT 17 eben nicht nur öde und dröge ist, sondern vielmehr das Präludium zu einem neuen Abenteuer.

Ich werde weiter davon berichten, vertraut mir.

Blogartikel 359: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (XXXIII)

Blogartikel 367: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (XXXIV)

Der OSM im November 2019(Der Feuerhort – OSM-Roman)

Blogartikel 358: „Was ist eigentlich der OSM?“, Teil 67

Blogartikel 363: Abenteuer mit Glossaren

Anmerkung: Das war dann das Abenteuer der vergangenen Woche, wo ich euch ein wenig über die eben erwähnten Glossararbeiten erzählen konnte. Ich hoffe, ihr habt das als kurzweiligen und launigen Beitrag genossen.

(Das Geheimnis von Church Island – OSM-Novelle)

(14Neu 81: Expedition der Plegg’re)

Blogartikel 372: „Das Universum ist doch keine Chipstüte!“

Anmerkung: Das ist wirklich ein bizarrer Titel für einen Blogartikel? Eindeutig ja, und warum ich dabei immer noch kichere, das muss sich für euch nicht wirklich erschließen. Aber ich versichere euch – in acht Wochen seid ihr schlauer und könnt dann mitkichern. Ich möchte fast behaupten: dass ihr das tun werdet, ist ein sicheres Ereignis mit der Wahrscheinlichkeit 1. Aber gar so gewiss ist es nicht. Lasst euch davon einfach mal überraschen.

Blogartikel 376: Der Name ist Programm – Ein Kosmos namens Horrorwelt, Teil 1

Anmerkung: Mir fiel schon vor ein paar Wochen auf, verstärkt Ende November, dass ich immer wieder mal am Rande die Bezeichnung „Horrorwelt“ fallen lasse, aber nie sonderlich ins Detail gehe. Das hat natürlich seine Gründe. Der Horrorwelt-Kosmos hat weder mit dem Archipel noch mit dem OSM zu tun, er ist heutzutage weitgehend erloschen, ich habe seit Jahren keine Episoden dort mehr verfasst. Aber das Digitalisat dieser Serie (begonnen im Herbst 1983) ist dringend vonnöten. Also fasste ich mir seit Januar 2019 ein Herz und begann mit der Abschrift dieser fast vergessenen Serie.

Inzwischen bin ich mit Band 87 fertig geworden und habe einen erheblichen Teil der Serie wieder freigelegt und ins Gedächtnis zurückgerufen. Witzigerweise gibt es jede Menge Übernahmen aus dem frühen OSM darin, was ich so nicht erwartet hatte. Und ich dachte mir: Es ist doch höchst unbefriedigend für euch Leser, wenn ich immer nur „Horrorwelt“ raune, euch aber keine Gelegenheit gebe, die Serie genauer kennen zu lernen. Das muss ich ändern.

Der Blogartikel 376 ist der Versuch dieser Änderung. Darin arbeite ich die ersten 50 Episoden der Serie auf. Voraussichtlich wird es vier Teile geben, von denen die ersten beiden relativ rasch aufeinander folgen werden, die beiden Schlussteile deutlich später.

Warum gehe ich so vor? Nun, die Episoden bis Band 100 der Serie kann ich ziemlich sicher bis Frühjahr 2020 realisieren. Danach nimmt aber die Seitenzahl deutlich zu (aktuell jeweils 6 Seiten, dann werden es meiner Erinnerung nach 10 oder sogar 12, was dann auch das Schreibtempo an der Serie deutlich verlangsamt hat). Die Digitalisate dieser Episoden werden also langwieriger werden. Die Serie ist insgesamt bis Band 174 gekommen, so dass es mir zweckmäßig erscheint, 4 Blogartikel zu bringen. Betrachtet darum diese Ausführungen als Mini-Serie wie einst die über den „OSM im Bild“.

(Roxanne – Archipel-Story)

Anmerkung: Und auch das war dann nur noch so eine kleine Stippvisite, die mehr der Lektüre als dem Weiterschreiben diente. Es ist aktuell echt keine Archipel-Zeit.

12Neu 76: Spione für TOTAM

Wie, mögt ihr fragen, und das war schon alles? Aber das sind doch beim Nachzählen nur … sieben Werke? Und die meisten davon sind Blogartikel? Well, ja, das stimmt natürlich. Aber ich resümiere hier ja folgende Rubriken nicht: Rezensionen, Rezensions-Blogartikel und Horrorwelt-Episoden. Und darauf entfiel dann der Rest meiner Aktivitäten. Insgesamt kam ich auf 520 kreative Seiten in diesem Monat immerhin, ein vergleichsweise moderates Ergebnis. Hierin sind natürlich Mails, Listenseiten, gelegentliche Briefe usw. eingerechnet. Numerisch sieht das also nach viel aus, aber quantitativ hält es sich sehr im Rahmen.

Alles in allem bin ich dennoch zufrieden mit der Ausbeute des Monats November. Wie es im Dezember ausschaut, davon erzähle ich euch beim nächsten Mal.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 256: Das Blut der Schande

Posted Februar 19th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist nichts Ungewöhnliches daran, wenn sich amerikanische Schriftsteller an Sherlock Holmes versuchen, das hat durchaus Tradition, und zwar seit vielen Jahrzehnten. Mal gelingt es besser, mal eher mäßig. Aber üblicherweise haben wir es meist mit recht geschickten Geschichten zu tun, die nur in der Struktur den einen oder anderen Makel aufweisen.

Ganz in die nämliche Richtung geht das vorliegende Buch, das vom amerikani­schen Autor Caleb Carr verfasst wurde, der sich von Vorgängerromanen her schon gut in der Zeitepoche auskannte. Dass dann die Story etwas zu sehr inter­pretierend auf Arthur Conan Doyles spätere Obsession des Spiritistischen ab­hebt und grundsätzlich etwas zu viele ausschmückende Details enthält (schwei­gen wir von der Schwatzhaftigkeit der eigentlich doch mehr sehr wortkargen Protagonisten), ist vielleicht dem generellen Thema geschuldet, aber ein wenig zu selbstverliebt kommt das alles dann doch herüber.

Dennoch – wer sich gern mal im Edinburgh des späten 19. Jahrhunderts und auf Holyrood Palace ebendort herumtreiben und auf Mörderjagd (nicht Geister­jagd!) gehen will, der sollte an diesem Werk gewiss nicht vorbeigehen. Er würde ein durchaus interessantes Stück Epigonenliteratur verpassen.

Worum geht es im Detail? Nun, hierum:

Das Blut der Schande

(OT: The Italian Secretary)

von Caleb Carr

Heyne Hardcover

München 2006

356 Seiten, geb.

Aus dem Amerikanischen von Robert Brack

ISBN 3-453-40457-2

Caleb Carr ist uns Europäern eigentlich bekannt geworden durch seine histori­schen Kriminalromane „Die Einkreisung“ und „Engel der Finsternis“, doch hier hat er ein interessantes Stück Literatur vorgelegt, das zwar in einem ähnlichen Zeitfenster spielt, doch sich zugleich in eine ganz andere Ecke des Literaturgen­res einschreibt.

Reden wir über Mr. Sherlock Holmes und seinen Adlatus und treuen Freund, Dr. John Watson, denn mit diesen beiden Herren bekommt es der Leser in diesem Buch zu tun. Das Nachwort von Jon Lellenberg macht deutlich, dass die vorlie­gende Geschichte eigentlich als Bestandteil einer Anthologie von Holmes-Epigo­nen-Geschichten gedacht war, die unter dem Titel „Ghosts of Baker Street“ 2006 erscheinen sollte. Dummerweise wucherte Caleb Carrs Geschichte auf er­staunliche Weise, nachdem er die Gelegenheit gefunden hatte, Holyrood Palace in Edinburgh zu besuchen (die Begeisterung Carrs über diese Location spürt man in der zweiten Hälfte des Romans überall, das macht alles ein wenig „läng­lich“).

Holyrood Palace ist ein berühmter Ort der britischen Monarchie… wenn auch eines Zweiges der Monarchie, über den man heutzutage außerhalb Schottlands nicht mehr gern redet. Er ist verbunden mit der Dynastie der Stuarts, also den Jakobiten des 16.-18. Jahrhunderts. Und speziell in diesem Roman geht es um einen Mord desselben Jahrhunderts. Der „italienische Sekretär“ David Rizzio, Tanz- und Musiklehrer am Hofe Maria Stuarts im Jahre 1566, wurde hier im Westturm auf brutale Weise vom Leben zum Tode befördert. Und es geht das Gerücht um, er spuke noch immer in diesen Mauern …

Gewiss, haltloser Aberglauben.

Aber als Sherlock Holmes in der Baker Street 221B ein chiffriertes Telegramm erhält, das höchste Dringlichkeit signalisiert und ihn und seinen Gefährten Wat­son flugs nach Edinburgh dirigiert, da scheint an dieser jahrhundertealten Schauergeschichte durchaus etwas dran zu sein. Während die Königin Victoria sich auf Schloss Balmoral aufhält, sind in den Mauern des Holyrood Palace über den Dächern von Edinburgh zwei honorige Männer auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen.

Monströse Weise, das träfe es besser, wie die beiden Freunde bald erkennen müssen. Behindert von schottischen Nationalisten und Bomben mit brennen­den Zündlunten erkennen sie rasch den Ernst der Lage und müssen gewärtigen, dass womöglich das Leben der Königin selbst in Gefahr ist. Im Palast visitieren sie den Körper des letzten Opfers, das am Fuß der Mauern gefunden wurde – und dem armen Kerl wurde buchstäblich jeder Knochen im Leib gebrochen, was nicht einmal der Sturz vom Dach des Gebäudes bewirkt hätte.

Dann hören Holmes und Watson von dem rätselhaften, niemals verschwinden­den Blutfleck in den Gemächern der glücklosen Maria Stuart, vernehmen ges­pensterhafte Schritte und italienische Musik … und fast beginnt der gute Doktor Watson tatsächlich an den Geist des glücklosen italienischen Sekretärs zu glau­ben. Indes, da ist noch der skeptische Sherlock Holmes, der einwendet, warum wohl ein Geist des 16. Jahrhunderts eine solche Vorliebe für Giuseppe Verdi he­gen sollte.

Doch es vergeht einiges an Zeit, eine ganze Reihe von Menschen kommt auf grässliche Weise zu Tode, ehe klar wird, worum es hier wirklich geht und wie skrupellos der Verstand ist, der hinter all dem steckt …

Das Blut der Schande“ ist ein für meinen Geschmack sehr gemächlicher Ro­man, der vom Duktus am ehesten mit „Der Hund der Baskervilles“ zu verglei­chen ist, wobei die erste Hälfte allerdings äußerst betulich beginnt. Wer rasche Action erwartet, ist hier fehl am Platze, ganz eindeutig. Auch macht Caleb Carr wenigstens zu Beginn unseren guten Holmes außerordentlich schwatzhaft, was seiner Natur im Grunde nicht entspricht. Sein hier ebenfalls auftauchender Bru­der Mycroft steht ihm nicht nach (und das passt zu ihm dann erst recht nicht). Die Handlung entwickelt sich eher träge und zögerlich, und hat man das Buch einmal ganz gelesen, fragt man sich ein wenig bedauernd, ob Carr nicht viel­leicht fünfzig Seiten hätte einsparen können. So ungern ich das zu einem Hol­mes-Roman auch sage: hier hätte es gestimmt, dass weniger mehr gewesen wäre.

Irritierend bleibt außerdem zum Schluss das leicht penetrante Insistieren auf ei­nem metaphysischen Seitenpfad. Sicherlich kann man das als eine Art später Verbeugung vor Arthur Conan Doyle verstehen, der bekanntlich selbst in Spiri­tistenkreisen verkehrte und an Geister, Feen und dergleichen glaubte. Und in ei­ner gewissen Weise macht es Sinn, wenn Carr diese Neigung nun dem alter Ego Doyles, Dr. John Watson, andichtet. Dennoch fand ich es ein wenig … nun … unpassend.

Gründlich irritiert wird der Leser durch den deutschen Titel, der nun wirklich auf Abwege führt (der englische ist nicht sehr viel besser, meiner Ansicht nach). Vielleicht wäre „Mord im Holyrood Palace“ prägnanter und dem Inhalt ange­messener gewesen – doch das wissen allein das Lektorat und der Verlag.

Sei’s drum … man kann dieses Buch, wenn man wenig Zeit hat, in sieben Tagen durchschmökern, und ich gestehe, es gibt wirklich langatmigere Werke. Einen Hochspannungspreis würde ich dem vorliegenden Buch gleichwohl nicht zuer­kennen. Als Epigonenroman, noch dazu von einem Amerikaner geschrieben, kann ich meine Anerkennung nicht verwehren.

Eine nette Geschichte – nicht nur für die Hardcore-Holmes-Fans geeignet. Eine Straffung hätte ihr indes nicht geschadet.

© 2016 by Uwe Lammers

Ja, in der Tat ist manchmal weniger mehr … ich bekenne mich dazu, hier auch manchmal nicht das rechte Maß zu finden. Das ist so das Problem mit Autoren, die sich in ihre eigenen Texte verlieben – das kann man Caleb Carr also nicht vorwerfen, ich schon gar nicht. Aber doch, etwas kürzer hätte es schon sein können, um konzentrierter zu wirken. Gleichwohl ein lesenswerter Roman.

In der nächsten Woche irren wir wieder in die Gegenwart ab und widmen uns dem ersten Teil einer verblüffenden Liebesgeschichte, die bis heute die Gemü­ter erhitzt und die Meinungen polarisiert. Ich selbst stehe auf der Seite der Be­fürworter, das sollte ich vorwegnehmen.

Zieht am besten euer eigenes Fazit in sieben Tagen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 363: Abenteuer mit Glossaren

Posted Februar 15th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute kommt mal wieder ein Beitrag aus der Rubrik Spontanes, und ebenso spontan war auch der Anlass, der mich dazu brachte, ihn zu konzipieren. Ich komme dazu gleich näher, aber zunächst möchte ich ein paar grundsätzliche Dinge sagen, um gewissermaßen vom Allgemeinen zum Speziellen vorzustoßen.

Glossare sind für euch Leser, die ihr meine E-Books seit inzwischen gut 6 Jahren kennt, nichts Neues mehr. In jedem Werk meines Oki Stanwer Mythos (OSM), das ich als E-Book veröffentlicht habe (inzwischen rund 40 Bände) findet sich ein solches Glossar, ebenso fertige ich solche zu meinen OSM-Stories und Archi­pelwerken an. Das ist einfach eine zwingende Notwendigkeit.

Warum?

Nun, das hat mit der Komplexität und der Aufrechterhaltung der Kontinuität zu tun. Wenn man einen Einzelroman schreibt und innerhalb dieses Werkes einen abgeschlossenen Handlungsrahmen zeichnet, um anschließend in einem zwei­ten Werk nicht mehr in dieselbe Welt zurückzukehren, dann erübrigt es sich, glossarisch tätig zu sein (wiewohl jeder Autor gut daran tut, sich für die Prot­agonisten und Handlungslinien des Romans natürlich intern Strukturseiten an­zulegen, um sich nicht in inhaltliche Widersprüche zu verwickeln).

Begibt man sich aber in einen komplexeren Kosmos, der mehrere Geschichten, vielleicht sogar Hunderte oder Tausende von Einzelwerken umspannt, dann ist es vollkommen unumgänglich, dazu detaillierte Ordnungsstrukturen anzuferti­gen, um den Überblick über einen immer größer werdenden Personenbestand, Welten, Völker, bestimmte Spezialbegriffe, Zeitmaßangaben, Maßsysteme usw. zu behalten.

Diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu für mich. Wie ihr wisst, schreibe ich schon seit mehr als 40 Jahren. Aber anfangs war diese Einsicht durchaus schwierig und für mich nur bedingt nachvollziehbar. Mutmaßlich hielt ich da­mals mein Gedächtnis für so gut, dass ich auf derlei Gedächtnisstützen verzich­ten könnte. Eine fahrlässige Einstellung.

Sie führte dazu, dass frühe OSM-Serien wie „Oki Stanwer“ (KONFLIKT 15), „Oki Stanwer Horror“ (KONFLIKT 13) und „Drohung aus dem All“ (KONFLIKT 17) sol­che Strukturen nicht aufwiesen. Auch die Fantasy-Serie „Horrorwelt“, ebenfalls Ende 1983 begonnen, weist so etwas bis heute nicht auf. Ähnliches gilt für die Serien „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ (KONFLIKT 20, 1984 begonnen) und, leider, auch für „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (KONFLIKT 23, begon­nen 1988). Gerade im Fall der letzteren Serie hätte ich es wirklich besser wissen können!

Witzig ist, dass diese „Ignoranz“ gegenüber Ordnungsstrukturen im glossari­schen Sinne durchaus nicht für alle Serien galt. Für die 1983 begonnene OSM-Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (KONFLIKT 14, begonnen 1983!) habe ich von Anbeginn ein „Lexikon“ geführt, das galt auch für viele spätere Serien. Es sei an dieser Stelle allerdings ergänzt, gerade bezogen auf dieses Lexi­kon, dass dieses Werk enorme Lücken aufweist, wie ich heute im Zuge der Digi­talisierung der Serie feststelle. So fehlen beispielsweise nahezu alle Nebenprot­agonisten, so dass von einer Vollständigkeit der Erfassung der Personenriege weiß Gott nicht die Rede sein kann. Ferner bin ich bei vielen Lexikoneinträgen so abgeschweift, dass sie am Kern des Begriffes, den sie eigentlich erklären sol­len, kurzerhand vorbeizielen. Damit ist ein solcher Lexikoneintrag natürlich Ma­kulatur.

Man spürt: ich betrachtete damals Lexikoneinträge mehrheitlich als eine Art von anstrengender Zusatzaufgabe, und wo immer ich darauf verzichten konnte (oder dies meinte), tat ich es. Mit der Folgekonsequenz für heutige Tage, dass ich da massiv nacharbeiten muss. Und ihr glaubt gar nicht, wie viel Zeit diese Art von akribischer Arbeit verschlingt! Ich hätte das selbst früher nicht für mög­lich gehalten.

Die eigentliche Zeit der Serienglossare begann allerdings bei mir erst, als ich Mitte bis Ende der 90er Jahre ins Computerzeitalter durchstartete. Nun begann ich, gründlicher zu arbeiten und nach Möglichkeit für alle damals noch aktiven Serien Serienglossare anzulegen.

Das ging folgendermaßen vonstatten: Zunächst bemühte ich mich, die einzel­nen Serien mit Lexika auszustatten. Dafür führte ich Begriffslisten der jeweiligen Serien, in denen ich auch verzeichnen konnte, in welchem Band die Begriffe erstmals erschienen und in welchen sie dann im Rahmen der Lexika erklärt wor­den waren. Als ich digital imstande war, die Lexikonseiten in einem alphabeti­schen Glossar zusammenzuführen, tat ich das. Und ich entwickelte zudem eine übergeordnete Struktur, zunächst für den OSM – das „OSM-Hauptglossar“. Spä­ter folgte dann für den Archipel das „Archipel-Gesamtglossar“, das inzwischen mehr als 600 Seiten umfasst.

Im OSM-Hauptglossar, das sollte ich an dieser Stelle auch erwähnen, sind bis­lang noch keinerlei Serienglossare erfasst worden. Das hat den zentralen Grund, dass es noch kein fertiges Serienglossar gibt. Und wenn ihr euch vergegenwär­tigt, dass ein solches Serienglossar in der Regel mehr als 100 Textseiten mit Hunderten von Einträgen beinhaltet, könnt ihr euch vielleicht eine Vorstellung davon machen, wie zeitraubend es sein wird (ein Work in Progress, ganz recht), diese Daten ins Hauptglossar zu übertragen.

Die aktuelle Krönung dieses Systematisierungs- und Durchdringungsprozesses stellt, wie ihr euch vorstellen könnt, die OSM-Wiki auf meiner Homepage www.oki-stanwer.de dar. Daran arbeite ich so gut mir möglich ist, mit jedem neuen Blogartikel sukzessive weiter und werde beizeiten auch die E-Book-Ein­zelglossare dort einpflegen.

Soviel also zu den allgemeinen Prinzipien. Kommen wir nun zum Spezialfall, der mich gegenwärtig Zeit, Energie und Nerven kostet.

Kürzlich sagte ich schon mal, dass manche Serienglossare schon vor Jahren ir­gendwo im Entwicklungsstadium abgestorben sind. Das hat viele verschiedene Gründe, zentral ist in meinen Augen Ablenkung durch Brotarbeit und das Ver­fassen von E-Books sowie anderweitige Aktivitäten im Fandom.

Vor ein paar Wochen nahm ich mir vor, mich um den 1986 abgeschlossenen KONFLIKT 17 zu kümmern, um die Serie „Drohung aus dem All“. Ich habe sie vom 16. Mai 2005 bis zum 3. April 2011 digitalisiert. Am Ende hatte ich ein Ge­samtskript mit 1080 Seiten Umfang vorliegen, das durch 6698 Fußnoten kom­mentiert war.

Es ist offenkundig, dass das nicht eine Aufgabe ist, die sich im Handumdrehen erledigen lässt, wenn ich daran denke, das alles inhaltlich zu durchdringen und dabei die Lexikonstufe zu überspringen, um gleich zum Glossar selbst überzuge­hen. Es ist umso komplizierter, als diese Serie ja überhaupt kein Lexikon besitzt – das ist also durchaus anders als etwa im Fall des KONFLIKTS 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“, wo ich von Band 1 an ein Lexikon führte. Da treten zwar die oben erwähnten „Macken“ ebenfalls zutage, aber es gibt wenigstens so etwas wie ein Basisgerüst, an dem ich mich entlanghangeln kann. Hier in KONFLIKT 17 existiert dergleichen nicht.

Na toll, dachte ich. Dann mal auf ins Abenteuer … das dachte ich mir anno 2010, als ich den ersten Anfang eines Glossars machte, also noch deutlich vor meinem E-Book-Zeitalter, das ja erst 2013 begann. Woran ihr erkennen könnt, dass mir diese „Baustelle“ schon ziemlich lange schwer auf der Seele lag.

Ich arbeitete erst mal daran, eher flüchtig, bis 2012 und kam bis zur Erfassung von Band 18 (von insgesamt 71 Episoden). Und es dauerte bis 2019, bis ich die­se Anfangsfassung des Glossars wieder entdeckte und dann mit neuer Energie daran zu arbeiten begann.

Sagen wir es so … auf der einen Seite scheint es von Vorteil zu sein, dass ich a) die Serie schon so lange abgeschlossen habe, und dass ich b) etwas Distanz auch zum frühen Glossarversuch habe. Aber die Nachteile überwiegen meiner Ansicht nach deutlich.

Inzwischen habe ich Band 28 der Serie glossarisch erreicht und raufe mir echt immer stärker die Haare. Das hat teilweise mit meinen wirklich bärbeißigen, un­gnädigen Fußnoten zu tun, die mich immer wieder in heilloses Gekicher ausbre­chen lassen. Es hat damit zu tun, dass ich unmöglich viele semantische, na­mentliche oder strukturelle Anleihen an meine damalige Lektüre entdecke, ins­besondere an Heftromane, die ich z. T. ungeniert und nur sehr mäßig verhüllt strukturell abkupferte.

Es hat aber sehr viel mehr mit den inhaltlichen Defiziten zu tun, die darin zuta­ge treten. Da werden Personen nahezu überhaupt nicht charakterisiert, oftmals tauchen Kommandanten von Raumschiffen – Haupthandlungsträger! – über Dutzende von Episoden nur mit Nachnamen auf. Ich frage mich beim Komman­danten Jackson beispielsweise immer noch, wie er vollständig mit Namen heißt. Er taucht in Band 8 erstmals auf, aber glaubt nicht, dass ich seinen Vornamen bis Band 28 auch nur einmal genannt hätte! Keine Ahnung, ob er überhaupt ei­nen besitzt (Na ja, klar hat er einen … aber ich weiß nicht, ob ich ihm den jemals zugestanden habe)!

Dann gibt es völlig kontraintuitive, einfach nur dämliche Handlungsweisen, die wirklich keinen Sinn ergeben und nur Chaos und Katastrophen im Gefolge ha­ben. Da ich aber behaupte, dass die Leute, die diese Handlungen initiieren oder selbst ausführen, Colonels, Kommodores, Verteidigungsminister oder hoch qua­lifizierte Wissenschaftler sein sollen, zerstöre ich damit munter jede Glaubwür­digkeit der Personen, und vielfach ist mir das damals gar nicht aufgefallen.

Es gibt beispielsweise eine Passage, wo sich Terraner und die non-humanoiden Hekaroner zusammentun, um in der Raumstation QUANTAGORN einen militäri­schen Feldzug durchzuführen, der a) durch unbekanntes Terrain führen soll, b) gegen einen Gegner, den man nicht kennt und c) auf Gebiet, das von einer ebenfalls völlig unvertrauten Vielvölkerallianz kontrolliert wird. Der Heereszug umfasst am Ende mehr als hunderttausend (!) Personen!

Da dachte ich mir beim Glossieren: also, das glaubt mir doch kein Schwein! Man stelle sich das bitte mal auf der Erde vor. Ein 100.000-Mann-Heer marschiert munter durch einen Vielvölkerstaat hindurch. Das soll so völlig ohne Reibereien und Ängste der dort Lebenden abgehen? Das kann man aber völlig vergessen.

Im KONFLIKT 17 habe ich derlei Probleme nicht mal gesehen. Stattdessen sind die Machthaber einfach nur völlig begeistert, diese Riesenarmee durchmar­schieren zu lassen. Auch über weitergehende Schwierigkeiten etwa der Versor­gung dieses Riesentrosses machte ich mir so gar keine Gedanken.

Gott, das muss ich alles umschreiben, das ist doch der reine Wahnsinn!“, dach­te ich seufzend, als ich das glossierte. Und ich überlegte schaudernd, dass ich 1983, als die Serie echt noch in den Kinderschuhen steckte und gerade mal begonnen hatte, wirklich und wahrhaftig Anstalten traf, die Serienepisoden im „Terranauten-Club Universum“ (DTCU) zu veröffentlichen, in dem ich damals Mitglied war. Das hat nur deshalb nicht geklappt, weil der Club einging.

Und dann dachte ich noch weiter: 1988/89 hatte ich ja intensiv Kontakt mit Gui­do Latz … und was versuchte ich? „Drohung aus dem All“ dort zu publizieren, in seinem „Phönix Fantastik Verlag“ (PFV). Das war natürlich schön für mein Fan-Ego damals. Aber glücklicherweise kam die Serie dort über ein oder zwei Ausga­ben nicht hinaus … und glaubt mal bitte nicht, ich hätte die Episoden bis dahin überarbeitet! Definitiv nicht! Das waren immer noch die ungeschliffenen Ur­sprungsepisoden! Heute bin ich daher wirklich heilfroh, dass diese Publikation nicht weiterging, die mich zum Gespött der Leute gemacht hätte (und Guido ohne Frage auch).

Es gab noch weitere „Abenteuer“, die ich im Zuge der fortdauernden zunächst handschriftlichen Glossierung machte, die meisten davon waren leider eher un­sympathischer Natur.

Beispiele gefällig? Also schön.

Ihr kennt das aus meinen E-Books, namentlich aus der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), dass ich dort gern auf ältere Episoden verweise und dann beispielsweise in der Fußnote schreibe: „Vgl. Bd. 1: Das Erbe der Forsche­rin, 2013“. So sollte es aussehen.

In „Drohung aus dem All“ – und wir reden hier, wohlverstanden, von der digita­lisierten Fassung! – heißt es stattdessen einfach nur lapidar: „Vgl. Bd. 39: STER­NENWISCHER“. Dass diese Episode von 1984 stammt, was da als Angabe zwin­gend hingehört, unterschlug ich einfach.

Nein! Nein! So geht das nicht“, knurrte ich und machte eine entsprechende handschriftliche Korrektur. Was natürlich einen Neuausdruck dieser Seite erfor­derlich macht.

Auch „schön“ ist folgende Entdeckung: „Die 14. OSM-Ebene ‚Feldherr der Cranyaa‘ (FdC) wurde erst am 30. Januar 1988 abgeschlossen…“ Inhaltlich richtig. Aber die Serie heißt nun mal vollständig „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“!

Also auch zu korrigieren.

Es ist echt zum Verrücktwerden, wie viele Fehler ich in den letzten Wochen in diesem Seriendigitalisat (!!) schon entdeckt habe, wie viel Nacharbeit da noch irgendwann zu leisten sein wird. Der einzige „Vorteil“, wenn man das so nennen möchte, besteht dann darin, dass ich, da diese Seiten alle einseitig bedruckt sind, diese Fehlerseiten sämtlich in mein Briefpapier einsortieren kann. Wer von mir jemals schon in den letzten 10-20 Jahren Briefe bekommen hat, wird wissen, dass ich gern auf diese Weise Seiten „recycle“ und so meinen Brief­freunden verblüffende Inputs zukommen lasse.

Aber habe ich jetzt nur negative Abenteuer mit den Glossaren, namentlich ak­tuell mit Glossar 17, erlebt? Nein, erfreulicherweise nicht. Es gibt da auch span­nende Entdeckungen zu machen. Zwei seien hier kurz skizziert, dann möchte ich für heute auch schon wieder schließen, weil es doch schon recht viele Wor­te zu dem Thema sind, die ich geschrieben habe …

Während der Handlungsspur um terranische Raumfahrer, die mit fremden Ali­enzivilisationen zusammenstoßen, ergab sich natürlich wie immer das Problem der Sprachkompatibilität. Ihr mögt euch in dem Zusammenhang an den schwie­rigen Kontakt entsinnen, den die yantihnische Linguistin Vaniyaa im „Sternen­hammer“ der Tassaier mit dem Zwergenvolk der Shonta herstellte.

1983/84 war mir das so klar noch nicht. Ich etablierte hier das Volk der filigra­nen Uuraner, die Allroundtranslatoren aus Kristall schufen und so relativ schnell den Kommunikationskontakt mit den Terranern aufnehmen konnten. In einer Fußnote von 2008 machte ich mir dazu weiterführende Gedanken, die ich vor dem Glossieren völlig vergessen hatte. Dort sinnierte ich über die faszinierende Überlegung, ob wohl die Kristalltranslatoren der Uuraner direkt auf die Faden­matrix der Baumeister zugreifen könnten – dies könne eine optimale Erklärung dafür sein, warum sie so schnell und so mühelos fremde Sprachen adaptieren würden.

Ein toller Gedanke, den ich zweifellos noch weiter verfolgen muss. Er demons­triert darüber hinaus, dass die Fußnotenkommentierung auch echte inhaltliche Mehrwerte aufweist und nicht nur in bärbeißigen Fehlerkorrekturen versandet.

Eine zweite faszinierende Entdeckung, die ich machte, war diese: Die halbrobo­tischen All-Hüter des KONFLIKTS 17, die eine alptraumhafte, monströse Macht­maschinerie in diesem Universum darstellen und unglaublich viel Leid anrich­ten, erweisen sich, je mehr man von ihrem Handeln mitbekommt, als zutiefst gestört. Ohne Frage haben sie gewisse Prinzipien, aber die sind nur eine bizarre, finstere Kopie dessen, was sie einst mal gewesen sein könnten.

Ich machte mir dabei folgende Gedanken: die All-Hüter des KONFLIKTS 17 sind Matrixfehler. Wesen, die es eigentlich gar nicht mehr geben sollte, schon gar nicht in solch einer Machtposition wie in der Galaxis Milchstraße dieser Serie. Im KONFLIKT 10 schufen die Baumeister das Volk der All-Hüter als Ordnungswe­sen, die Oki Stanwer und einer Entität namens Z-NULL direkt unterstellt waren. Was genau in KONFLIKT 10 geschehen ist, kann ich bis heute nicht sagen, aber schon 2009 war mir, der Kommentierung der digitalisierten „Drohung aus dem All“-Episoden nach zu urteilen, völlig klar, dass die All-Hüter dieses KONFLIKTS ganz und gar entartet sind. Auf eine gewisse Weise machen so ihre chaotischen Handlungsmuster Sinn. Aber es erwachte in mir während der Glossierung immer mehr der Wunsch, einen Blick in KONFLIKT 10 zu werfen, in das korrekt funktionierende Reich der All-Hüter, um danach die Perversionen der späteren Abbildungen (eben in KONFLIKT 17, aber auch in KONFLIKT 15) genauer beleuchten zu können.

Es sieht durchaus danach aus, als wenn ich nach Abschluss des begonnenen KONFLIKTS 3 in ein paar Jahren tatsächlich mit den Arbeiten am KONFLIKT 10 des OSM beginnen könnte.

So betrachtet hat diese Glossararbeit zwar unglaublich viel Aufwand im Gefol­ge, und ich werde die Episoden dieses KONFLIKTS allesamt grundlegend umbau­en müssen, um sie wenigstens halbwegs plausibel zu gestalten und für euch le­senswert zu machen. Aber es ist keine vergebene Liebesmüh, sondern diese Ar­beit und die schon vor Jahren geleistete Kommentierung in den Fußnoten tut genau das, was ich damals erhofft habe: sie liefert mir kreative Gedankenanstö­ße für die Überarbeitung, sobald ich sie vorzunehmen beginne.

Das kann natürlich alles noch dauern. Wichtig ist erst einmal, ein gescheites vollständiges Glossar zu haben, alle Begriffe zu erklären, diese auszudrucken und dann das Serienglossar ins Hauptglossar zu überführen. Das wird, alle an­deren Tätigkeiten einbezogen, noch Jahre dauern.

Ihr werdet zweifellos von diesen Tätigkeiten beizeiten noch mehr hören.

Für heute soll diese kleine Abenteuerreise durch die Glossararbeit des OSM ge­nügen. Wir lesen hoffentlich nächste Woche wieder voneinander!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 255: Das Vermächtnis der Maya

Posted Februar 12th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor sechs Wochen begann das Jahr 2020 für euch Blogartikel-Leser mit dem letzten Fargo-Abenteuer, mit „Das fünfte Grab des Königs“. Nun folgt also der nächste Roman von Thomas Perry als Coautor der Fargo-Abenteuer … und lei­der muss ich sagen, dass der Roman zwar eine wirklich schöne und beeindru­ckende Idee hat, dass die Umsetzung aber doch wirklich sehr arg zu wünschen übrig ließ.

Quintessenz? Ich konnte Clive Cusslers Enttäuschung über diesen Coautor, der danach prompt in die Wüste geschickt wurde, recht gut verstehen. Es mag ein wenig bitter klingen, wenn ich an dieser Stelle einleitend schon einen vielleicht unfairen Vergleich ziehe, aber er drängt sich mir aktuell (Schreibdatum ist der 8. August 2019) schlichtweg auf: Ich habe mir jüngst mal den Spaß erlaubt, die ersten sieben Filme der „Fast & Furious“-Reihe anzuschauen, nachdem ich sie jahrelang konsequent ignorierte. Letzteres lag nahe, da ich weder mit Autos noch mit Motorrennen irgendetwas anfangen kann … und jeder, der die Filme kennt, wird sagen: Hey, Uwe, dann bist du da aber im völlig falschen Metier ge­landet, denn genau darum geht es da.

Nun, nicht nur. Während ich die ersten paar Filme zwar ganz unterhaltsam, aber doch ein wenig zu stark testosterongesteuert und vor allen Dingen spritlastig fand, wurden sie ab dem vierten und fünften wirklich interessant. Der Teil, in dem Agent Hobbs (Dwayne Johnson) das erste Mal in den Einsatz geht, der ent­wickelte sich dann zu einem wirklich sehr ambitionierten Katz- und Maus-Spiel, garniert mit Tricks und Übertricks, Hinterhalten und pfiffigen Lösungen auf allen Seiten.

So etwas, und damit kehre ich zur heutigen Rezension zurück, so etwas wäre dem vorliegenden Roman sehr zu gönnen gewesen. Stattdessen erleben wir ein wenig anregendes und noch weniger realistisches Amateurkino mit zahnlosen Gegnern und eher snobistischen Fargos, was weder dem spannenden Thema angemessen war noch den Leser richtig zu packen vermochte.

Gut, vielleicht war ich in diesem Fall – wiewohl ich Cussler & Co. wirklich mag – schlicht der falsche Leser. Aber ich fürchte, ich stehe da nicht allein auf weiter Flur.

Dennoch, der Idee wegen, nicht der Umsetzung wegen, halte ich die Geschichte zumindest für interessant und deshalb vorstellenswert. Denn man stelle sich vor, was wohl geschehen würde, wenn man tatsächlich die verschollenen Maya-Kodizes fände …

Wer ungeachtet meiner wenig schmeichelhaften Worte neugierig geworden sein sollte, der lese bitte weiter:

Das Vermächtnis der Maya

(OT: The Mayan Secrets)

Von Clive Cussler & Thomas Perry

Blanvalet 38387

2015, 9.95 Euro

480 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-38387-0

Man schreibt den 23. Januar 1537 in dem Ort Rabinal in Guatemala, als das Schicksal mit eherner Faust zuschlägt und die Vergangenheit in Asche verwan­delt: der später berühmte Dominikanerpater Bartolomé de las Casas, der zum Ordensmann geworden ist, weil er mit den Gräueln seiner Landsleute, die sie an den zentralamerikanischen Indios vollbrachten, nicht mehr reinen Gewissens leben konnte, ist zum Anwalt der Indianer geworden und versucht, von ihrer Kultur zu retten, was ihm möglich ist. Darunter befindet sich ein unglaubliches Kunstwerk, ein prächtiger Kodex der Maya, der ihm zum Studium überlassen wurde. Als die Vandalen in Gestalt seiner eigenen Landsmänner in Rabinal ein­fallen und damit beginnen, die Kultur der Maya auszulöschen, veranlasst er, dass der Kodex in Sicherheit gebracht wird.

Hunderte von Jahren später treffen wir als Leser vor der mittelamerikanischen Küste alte Bekannte in der Gegenwart – Sam und Remi Fargo, die schon aus den Romanen von Grant Blackwood und einem von Thomas Perry vertrauten Aben­teurer und idealistischen Schatzsucher mit ihrer starken humanistischen Ader. Sie befinden sich hier gerade am rechten Platz bei einem kleinen Forschungs­auftrag, als ein schweres Erdbeben das Festland erschüttert und nahezu alle Orte von der Außenwelt abgeschnitten werden. Sie entschließen sich kurzer­hand dazu, helfend einzugreifen und transportieren wochenlang Rettungsgüter in die Krisenregion. Schließlich wagen sie es auch, ins Hinterland vorzudringen, wo zum Teil in mehreren tausend Metern Höhe entlegene Dörfer existieren, die die Naturkatastrophe ebenfalls schwer getroffen hat.

Während dieser Bergwanderung entdeckt das Ehepaar einen uralten Tempel aus der Maya-Zeit, der über geraume Zeit von einem Lavastrom zugedeckt war. Im Innern befindet sich eine ausgedörrte Leiche aus sehr viel späterer Zeit – und ein Krug. Da weitere Verheerungen drohen und der Vulkan, an dessen Hang sie sich befinden, durch neue Eruptionen erschüttert wird, bringen die Fargos den Leichnam und das Gefäß in Sicherheit. Zugleich wollen sie vermei­den, dass der Fund des Tempels an die breite Öffentlichkeit dringt – sie fürchten sehr zu Recht, dass er Schatzsucher und Plünderer anlocken könnte.

Doch ihr Plan geht nicht auf – in Windeseile wird der Fund bekannt.

Das ist schon fatal genug. Aber auf einmal sind die Eheleute Ziel von Diebstahl­versuchen. Das motiviert sie dazu, den noch ungeöffneten Krug außer Landes zu bringen und in ihrem renovierten Haus in La Jolla in Gegenwart eines Spezia­listen für mayanische Kultur, David Caine, öffnen zu lassen.1 Erwartungsgemäß für den Leser befindet sich in dem Krug jener mayanische Kodex, den einst Bar­tolomé de las Casas in den Händen gehabt hat. Das allein ist, weil es nur vier weitere existierende Kodizes aus der mayanischen Epoche gibt, schon spektaku­lär genug … aber es gibt auch Kartenmaterial darin, und auf diesen Karten sind unzählige versunkene Städte der Maya verzeichnet.

Ja, und dann geht alles so schief, wie es nur kann: zunächst bekommen die Far­gos mit, dass irgendeiner der eingeschalteten Wissenschaftler geschwatzt ha­ben muss. Als nächstes steht eine adrette, blonde junge Dame vor ihrer Tür, gleich mit mehreren Anwälten, die ihnen doch glatt fünf Millionen Dollar für den Kodex bietet.

Doch die millionenschwere Sarah Allersby blitzt bei den Fargos ab – und sie ist eine stolze, verwöhnte Person, die sich nicht so einfach abweisen lässt und sehr nachtragend ist. Ein Einbruchsversuch ist das nächste, was passiert. Es ist offen­sichtlich, wer dahintersteckt.

Die Fargos ziehen Erkundigungen über Sarah Allersby ein und bekommen ein immer mulmigeres Gefühl – die schwerreiche Sarah hat riesige Landflächen in Guatemala aufgekauft und steckt, soweit die Gerüchte besagen, tief im Ge­schäft mit illegalen Antiquitäten … es ist nicht auszudenken, was für eine Gold­grube der Kodex in ihren Händen sein wird.

Und dummerweise gerät er wirklich bald in Sarahs Hände – und die Fargos, die versuchen, den angerichteten Schaden möglichst zu begrenzen, finden sich we­nig später im mittelamerikanischen Dschungel im Kugelhagel. Sagen wir es vor­sichtig: das Klima wird ungesund, und sehr lange hat Sarah Allersby die Nase definitiv vorn.

Doch dann spielen die Fargos mit unlauteren Tricks …

Der fünfte Fargo-Roman hat ein phantastisches, aufregendes Thema. Wer je­mals einen der legendären Maya-Kodizes gesehen hat, kann eigentlich gar nicht anders, als sich vorzustellen, wie wohl einstmals der Glanz all dieser Werke ge­wesen sein mag, als sie noch existierten. Bevor die fanatischen, zumeist anal­phabetischen Conquistadores und ihre nicht minder verbohrten christlichen Beichtväter anhand der ihnen fremden Symbole entschieden, dies sei alles Teu­felswerk, und die Werke von Jahrhunderten der Gelehrsamkeit dem vernichten­den Feuer übergaben.

Ein Verbrechen an der menschlichen Kultur, ohne Frage. Und es steht in einer Reihe, meiner Ansicht nach, mit dem Brand der Bibliothek von Alexandria, der Bücherverbrennung der Nationalsozialisten und ähnlichen Gewalttaten gegen­über der Kultur. Die Vorstellung, einen solchen gut erhaltenen Kodex zu finden und darin womöglich noch deutlich mehr als eben nur die Handelsrouten zu den geheimen Jadevorkommen der Maya (die auch Teil dieses Kodex sind) ent­hält, ist bestechend.

Zu dumm, dass die Geschichte nicht einmal entfernt hält, was sie verspricht. Es gibt jede Menge spannender Zutaten, das sei zugegeben, aber was Thomas Per­ry daraus zusammenkocht, hat leider wirklich außerordentliche Längen. Zu­nächst einmal dauert es sechzig Seiten, bis die Handlung überhaupt in Fahrt kommt (von einem kleinen Intermezzo unterbrochen, das der Autor aber nicht weiter nutzt). Dann, als die offensichtliche Antagonistenperson auftaucht, Sarah Allersby, da stellt sie sich so dämlich an, dass man denkt: Okay, sie hat die Far­gos unterschätzt … aber ein Gegner bei Cussler ist ja in der Regel lernfähig, wenn er schon am Anfang nicht gefährlich ist.

Tja, schön wäre es. Die gute Sarah, die sich offensichtlich primär über Wohl­stand, Markennamen und Hohlköpfigkeit auszeichnet, verhält sich wirklich nicht sonderlich intelligent. Man fragt sich als Leser nach ein paar hundert Seiten wirklich, wie diese Frau es schaffen konnte, a) mit all ihren unsauberen Ge­schäften durchzukommen und b) ihr Geld zusammen zu halten … die Wahl der Verbündeten ist unglücklich, die Verbündeten selbst sind auch keine Geistes­leuchten, selbst wenn sie vorgeblich welche sein sollten (immerhin Elitekiller … die sich aber wie Pat und Patachon benehmen) … und selbst, als schließlich noch ein „böser Drogenbaron“ in Erscheinung auftritt, der etwa so gefährlich ist wie ein in die Jahre gekommener, fetter Terrier, der am liebsten vor dem Kamin vor sich hindöst, kommt so überhaupt keine Spannung auf.

Seufz, dachte ich an sehr vielen Stellen des Romans. Was hätte man daraus ma­chen können? Etwas ECHTE Bedrohung, wirklich gefährliche Hinterhalte, Feinde beispielsweise auch, die etwa in der Lage wären, Handysignale abzufangen oder Peilsender zu applizieren oder Sprengfallen oder irgendwas in der Art … sucht man völlig vergebens.

Versteht mich nicht falsch, ich mag die Fargos und will sie nicht um die Ecke bringen. Aber sie sind primär Abenteurer, keine Trendsetter, denen die nächste Schuhgeneration von Manolo Blahnik wichtig wäre oder die Wahl erlesenen Weins zum Abendessen. Doch bei diesem Roman hatte ich das dumpfe Gefühl, als sei der gute Coautor dafür bezahlt worden, möglichst viele Markennamen in den Text einzuweben. Nicht so richtig geschickt. Einige wenige Krachwumm-Szenen können diesen Gesamteindruck nicht signifikant aufhellen. Ich würde darum leider sagen – ja, man kann den Roman in vier Tagen durchknabbern, wie ich das getan habe. Aber schöne Unterhaltung ist etwas anderes. Und viel­leicht ist es ja auf diese Tatsache zurückzuführen, dass Thomas Perry nach die­sem Roman aus der Coproduktion ausgeschlossen wurde und Cussler sich einen neuen Coautor für die Fargo-Romane suchte. Hoffen wir, dass er mit Russell Blake einen besseren Griff getan hat.

Ich meine … schlechter als Sarah Allersby (bei der ich, sorry, Mädel, dann leider immer irgendwie Paris Hilton vor Augen hatte) kann es wohl kaum werden. Der Vollständigkeit halber ist dieser Roman also lesbar, aber eine Leseempfehlung kann ich bedauerlicherweise nur sehr bedingt aussprechen.

© 2016 by Uwe Lammers

Tja, mal wieder leider eine Anti-Rezi zu einem Cussler-Buch, sorry, folks. Aber ihr wisst ja, ich schreibe hier keinen Schönwetter-Blog. Wenn es was zu kritisie­ren gibt, dann nehme ich da kein Blatt vor den Mund.

Ist das beim Roman der kommenden Woche auch der Fall? Definitiv nicht. Und das hat damit zu tun, dass wir es wieder mal mit dem berühmten Detektiv aus der Baker Street zu tun bekommen.

Schön neugierig bleiben, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Warum das Haus grundrenoviert werden musste, sollte man im Vorgängerroman, „Das fünfte Grab des Kö­nigs“, nachlesen. Um ein Haar wäre der Wohnsitz der Fargos dem Erdboden gleichgemacht worden, und dass das monatelange Grundrenovierungen nach sich zog, ist äußerst plausibel.

Blogartikel 362: Zu Gast auf Baustellen

Posted Februar 9th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor zwei Wochen berichtete ich davon, was ich im Oktober des Jahres 2019 alles so bearbeitet, weiter bearbeitet und abge­schlossen habe, mit primärem Fokus auf den OSM (da ich an Ar­chipel-Werken in diesem Monat nicht schrieb, konnte ich diesen Fokus vernachlässigen). Bis etwa zum 10. Oktober sah der Mo­nat sehr danach aus, als würde er wie all die vergangenen aus­schauen. Aber dann kam der 14. Oktober, drei Tage vor meinem Geburtstag, und ich beging eine Art von strategischem Fehler, an den sich quasi eine Weltreise anschloss. Und davon will ich heute Näheres erzählen.

Ich fange mal so an: wie ihr wisst, versuche ich seit sehr vielen Jahren, möglichst übersichtlich mit all den vielfältigen Werken des Oki Stanwer Mythos (OSM) zu verfahren, die noch in Arbeit sind. Dabei sind die abgeschlossenen Werke üblicherweise von den nicht beendeten strikt getrennt. Wer mich mal besucht hat, weiß das zumindest in Umrissen – die fertigen OSM-Serien be­finden sich in meinem Arbeitszimmer an der Ostwand, d. h. wenn man hereinkommt, direkt links an der Wand. Die begonne­nen OSM-Serien habe ich dagegen griffbereit direkt hinter mei­nem Schreibtisch positioniert, der mit der Schmalseite zum Westfenster angeordnet ist.

Anfangs habe ich mir gedacht, es wäre doch ganz intelligent, auch die angefangenen Episodenskripte, von denen es viele gibt, dort in die Serienordner zu verfrachten, aber davon kam ich alsbald ab. Das war vor sehr vielen Jahren die Geburtsstun­de der OSM-Fragmentordner. Inzwischen gibt es vier davon, und mangels Platz in meinem Arbeitszimmer habe ich sie in mein Bi­bliothekszimmer verlagert.

Kürzlich, Anfang Oktober, überkam mich eine gewisse Skepsis, ob diese Ausdrucke in den Ordnern noch alle so aktuell wären, wie ich es mir vorstellte. Ich war lange nicht an diesen Ordnern gewesen und wusste, es gibt da eine Menge „Baustellen“, also Werke, an denen ich lange nicht weitergeschrieben hatte. Und speziell solche, die nur im Schreibmaschinenskript vorlagen und folgerichtig noch kein Digitalisat-Gegenstück besaßen.

Primär ging es mir also um Aktualisierung. Und der Prüfstein, nein, die Prüfsteine waren zwei Werke. Zum einen wollte ich wissen, ob ich das in diesem Jahr begonnene Skript zu „Ster­neninsel der Wunder“ (OSM-KONFLIKT 3, ich erzählte davon) überhaupt schon ausgedruckt hatte.

Fehlanzeige.

Das fand ich ärgerlich und dachte, das müsste ich umgehend ändern.

Das zweite Fragment war Band 54 der 24. OSM-Ebene „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ (NK) mit dem Eigentitel „Tödli­che Entscheidung“. Als ich nach dem Skript fahndete, fand ich gerade mal ein fast schon lächerlich veraltetes Ausdrucks­kript von 11 Seiten Länge … dabei hatte dieses Fragment (!) in­zwischen 85 Seiten. Alle nicht ausgedruckt. Ein Alptraum!

Und da ich schon dabei war, überkam mich, wie eingangs er­wähnt, ein gewisser „Rappel“, den ich „strategischen Fehler“ genannt habe. Es ist nur bedingt ein Fehler gewesen, denn das Resultat bestand nun wirklich aus gründlicher Aktualisierung. Aber ich konnte mir tatsächlich den Umfang der Arbeiten über­haupt nicht vorstellen.

Nachdem ich mich um die ersten beiden Werke gekümmert hat­te, sah ich meine Fragmentskripte insbesondere des Fragment­ordners III durch (es gibt insgesamt 4 Ordner, und es ist abseh­bar, dass das bald nicht mehr hinreichen wird). Und ich legte mir eine Liste an.

Eine Liste dergestalt, dass ich mir sagte: wovon habe ich schon Ausdrucke (angefangene Episoden inbegriffen), und wovon habe ich noch keine? Was macht Sinn, was macht keinen Sinn? So begann ich dann das, was ich aktuell als „Baustellenbege­hung“ bezeichnen möchte.

Mein erster Stopp war das Universum der INSEL, also KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR). Vor Monaten schon sag­te ich, dass ich hier relativ weit vorangekommen bin und in ab­sehbarer Zeit diese Serie wohl abschließen werde. Wie ich mir das eigentlich hätte denken können, war das mal wieder vorei­lig, und meine erratische Kreativität lenkte mich alsbald auf an­dere Pfade. Das hinderte mich aber nicht daran, schon vor Mo­naten die Episoden von Band 26 bis 43 der Serie durchzukonzi­pieren und Rohformen für diese Bände anzulegen.

IR wird aller Voraussicht nach mit Band 43 enden. Und im Schlussband einer jeden OSM-Serie, das ist gute Tradition seit Jahrzehnten, erfolgt eine Aufstellung aller Episoden der Serie. Das konnte ich für IR jetzt natürlich auch schon machen, da ich ja alle Folgen kannte, selbst wenn sie noch nicht fertig geschrie­ben waren.

Also machte ich mich über IR 43: „Die Klippe des Schick­sals“ her und machte gleich einen entsprechenden Ausdruck. Und da auch das Fragment „Rilaans Geschichte“ hier ange­siedelt war, machte ich damit umgehend weiter. Auch hier fehl­ten wesentliche Skriptseiten im bisher im Ordner untergebrach­ten Ausdruck.

Dann wechselte ich das Universum und sprang zur nächsten Baustelle, 45 Milliarden Jahre später angesiedelt. Das war „Das Geheimnis von Church Island“. Diese OSM-Novelle hatte sich auch deutlich vergrößert im Vergleich zum provisorischen Ausdruck. Es juckte mich definitiv in den Fingern, hier gleich weiterzuschreiben, aber das ließ ich dann besser sein.

Ich sprang stattdessen wieder zurück in der Zeit und besuchte dreißig Milliarden Jahre vorher die Hohlwelt Hyoronghilaar, wo ich mit „Bewusstwerdung“ eine ziemlich seltsam konfigurier­te Geschichte über die Entstehung der ersten Dämonen von TO­TAM begonnen hatte. Aber der Anfang funktionierte irgendwie nicht, weshalb das bis heute eine Baustelle geblieben ist. Hier hielt ich mich länger auf und arbeitete recht intensiv an einem neuen Anfang der Geschichte.

Ende der Sightseeing-Tour? Weit gefehlt. Die Reihenfolge der Geschichtenfragmente im Ordner diktierte mir, dass ich nun noch weiter zurück zu reisen hatte, nämlich in KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), in dem ihr euch als mei­ne E-Book-Leser seit 2013 bewegt. Hier kümmerte ich mich um Band 55: „Die Anthrazitlegion“, blieb dann dort und schlüpf­te auf die Kommandobrücke eines Alli-Schlachtschiffes, um ei­nen weiteren Blick in einen exotischen Schauplatz dieses Uni­versums zu werfen. Das tat ich, indem ich an TI 58: „Das ZY­NEEGHAR-EXIL“ weiterarbeitete. Und dann sprang ich ein klei­nes Stück, im gleichen Universum, zurück vom regionalen Fokus und schrieb etwas weiter an TI 47: „Brückenschlag in die Ka­tastrophe“.

Erst danach war es mir möglich, diesen Kosmos zu verlassen und die Reise in die Zukunft anzutreten. Zündung der Zeittrieb­werke und Reise über 35 Milliarden Jahre in die Zukunft, um die nächste Baustelle zu besuchen in KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis“ (DKdO), wo ich im Band 19 steckengeblie­ben war. Eigentitel: „Lügengespinste“. Daran machte ich recht wenig, aber ein neuer Ausdruck war auch hier vonnöten.

Im Anschluss: Weiterreise zum nächsten Haltepunkt – Galaxis Bytharg im KONFLIKT 21, also in der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL). Hier galt es, einen Neuausdruck des Frag­ments von Band 44 „Die Tiefenseele“ vorzunehmen.

Ja, dachte ich, an der Serie, an der ich inzwischen seit fast 32 Jahren schreibe, muss ich auch dringend mal weiterschreiben …

Aber heute war dafür keine Zeit.

Ich blätterte weiter im Fragmentordner und stieß auf das nächs­te Problemkind. Oje, dachte ich, schon wieder KONFLIKT 2! Also zurück über 95 Milliarden Handlungsjahre rückwärts in der Zeit … Mann, wenn ich dafür Kilometergeld bekommen hätte oder Jahrmilliarden-Zählcredits, dann wäre ich längst Milliardär, schätze ich. So begnügte ich mich damit, das nur als launigen Seitengedanken zuzulassen und kümmerte mich stattdessen um TI 57: „Depot der Baumeister“. Das ging recht flink, da war nicht sehr viel zu ergänzen. Aber auch hier ließ sich ein Neuausdruck nicht umgehen. Der alte stammte noch von 2012 …

Ende der Reise? Definitiv nicht! Ich war noch nicht mal auf der Halbzeit angelangt! Stattdessen stand nun eine Reise in den KONFLIKT 19 an, die Serie „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM). Auch hier, wieder 85 Milliarden Jahre in der Zukunft, hakte die Weiterarbeit am Band 64 mit dem Eigentitel „Der Raumzeit­gletscher“. Auch daran hatte ich zwischenzeitlich weitergefeilt und Details eingefügt, die ich bislang nicht im Ausdruck doku­mentierte. Also: auch hier ein Neuausdruck.

Und dann jettete ich über weitere 25 Milliarden Jahre vorwärts in KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“ (NK). Hier war ich, leider, mitten in einer Trilogie vor Jahren abgestorben, während ich mich an NK-Band 57 Sardoons Plan“ versuchte. Ich schätze, ich bin abgelenkt worden vom Auftauchen des Ata­vismus-Schattens Sardoons in HANKSTEYN im oben erwähnten NK-Fragment von Band 54. Dennoch sind die beiden Kerle nicht identisch. Das ist noch schlimmer als das, was ihr beizeiten im KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ (BdC) im E-Book bezüglich der Dämonenwaffe Rescaz entdecken werdet. Und nein, ich gehe hier natürlich nicht in die Details, das wäre höchst unfair. „Spoiler“, würde Doctor Who wohl sagen …

Anschließend riss es mich mit dem Hintergrundtext „Das Rät­sel von Garos“ direkt zurück in KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH), den ich zwar im Dezember 1985 als Episodense­rie abschloss, der aber immer noch präsent ist in Form seiner Überarbeitung in dem Werk „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (CK). Garos ist nicht nur gut gewesen für das Abschlusskapitel meines E-Books „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ (2018), sondern hat auch sonst noch einiges an Geheimnissen zu bieten, über die ich mich hier aber auch nicht weiter auslas­sen werde, weil es dafür definitiv zu früh ist.

Was ist denn als nächstes in diesem unglaublichen Ordner …?“, fragte ich mich und spähte an der nächsten Klarsichtfolie vor­bei, die die einzelnen Fragmente voneinander trennen.

Und schlagartig schleuderte mich das nächste Fragment wieder weit in die Zukunft. Diesmal hieß der Zielpunkt: KONFLIKT 22, also die Serie „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“ (DSf), wo ich ein wenig von Band 63 skizziert hatte, also vom Band „Strand­gut aus der Zukunft“. Bislang aber noch nicht sehr viel. Das würde auch wenig Sinn machen, wenn man bedenkt, dass ich da noch im Band 50 hänge, und zwar schon seit Jahren.

Schnell weiterblättern, dachte ich, nachdem ich auch diesen Ausdruck aktualisiert hatte. Was kommt als nächstes? Oje, noch eine Reise in ein bereits vollendetes Universum: Dieses Mal lag die Baustelle in KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC), die ihr in meinen Close Up-Blogartikeln detaillierter kennen lernt. Hier hatte ich einen unvollständigen Ausdruck der Story „Die Kondenswesen“ zu aktualisieren.

Ja, und dann landete ich bereits im Jahr 2017, in dem ich schon ein paar anfängliche Stippvisiten gemacht hatte, als ich mich um „Rilaans Geschichte“ und IR 43 kümmerte. Denn ich hat­te natürlich noch mehr Fragmente damals konfiguriert, die alle­samt etwas angestaubt waren. Also grub ich mich relativ ge­schwind, weil alle recht schmal bislang sind, in die Bände IR 31: „Die Sturmfestung“, IR 32: „YALVASHINGAR“, IR 36: „Die Sklavenwelt“, IR 38: „Entscheidung in YALVASHINGAR“, IR 40: „INSEL in Flammen“, IR 41: „Geister des Gestern“, IR 42: „Überlebenskampf auf TOTAM“, IR 26: „Odyssee in Uuridan“ und schlussendlich auch noch in IR 27: „Kettenre­aktion“.

Volle Dröhnung des KONFLIKTS 4, kann ich euch sagen!

Jetzt reicht es damit aber mal“, dachte ich einigermaßen er­mattet. Es wurde schon allmählich dunkel draußen, weil die Zeit vollkommen vergessen worden war. Ich war jetzt schon stun­denlang am Nachlesen, Kontrollieren der Baustellen einzelner Universen, hatte mich diverse Male an den Fragmenten festge­lesen und wollte eigentlich nur noch so allmählich zum Schluss kommen. Glücklicherweise war der Ordner nicht mehr so sehr dick.

Die nächste Stippvisite, wieder zurückkehrend in KONFLIKT 2, konfrontierte mich dann allerdings mit einem Fragment, das to­tal veraltet war. Bekanntlich habe ich jüngst Band 48 „Das graue Ei“ vollendet und folgerichtig auch schon recht umfang­reich an TI 49: „Neugierde und Mitleid“ weitergeschrieben. Das musste sich nun natürlich im Ausdruck ebenfalls wieder fin­den lassen.

Dann entdeckte ich, weiterblätternd, dass ich die nächsten bei­den Baustellen überhaupt noch nicht dokumentiert hatte. Will heißen: Für das Fragment „Beweis aus Glas“ aus KONFLIKT 13 fehlte ebenso ein Ausdruck wie für ein kleines und unscheinba­res Fragment namens „Begehbar“, das im 22. OSM-Kosmos spielt.

Dasselbe galt, wie ich daraufhin etwas genervt entdeckte, auch für das aktuelle Fragment von HdH 8: „Fremde im Hellen Dom“ aus KONFLIKT 7 „Oki Stanwer – Held der Hohlwelt“. Das ist eine direkte Fortsetzung von Band 4 „Schmelztiegel Shal­lakhon“ (OSM-Band 1900!). Hierfür galt also dasselbe, was für TI 48/49 gegolten hatte.

Ich blieb mit dem nächsten Fragment im gleichen Universum und verschob nur innerhalb der Hohlwelt Hyoronghilaar ein we­nig den regionalen Fokus, als ich das Fragment von HdH 5: „Am Großen Strom“ etwas aktualisierte. Auch eine Geschichte, die ich dringend weiterschreiben sollte …

Den Abschluss des Tages, und ich war wirklich von diesem wahnwitzigen Reiseparcours, der mich über Dutzende von Milli­arden Handlungsjahren gescheucht hatte, von unzähligen Wel­ten, Universen, Galaxien und Völkern wie Reichen mal ganz zu schweigen, doch ziemlich ermattet, den Abschluss bildete dann die Aktualisierung einer Episode aus KONFLIKT 2, nämlich TI 54: „Die Jenseitsarche“.

Damit hatte ich dann Ordner III (!) aktualisiert und einen Teil der Fragmente, die nun deutlich mehr Volumen besaßen, in den Ordner IV übertragen, die Inhaltsverzeichnisse der Ordner aktualisiert und noch etwas entdeckt, was ich nach wie vor alarmierend finde.

Ich meine, ihr habt ja gesehen, wie unglaublich viele Baustellen es allein an diesem Tag zu bereisen galt. Aber es gibt VIER Ord­ner der OSM-Fragmente. Wenn man mal davon absieht, dass ich viele davon aus der Frühzeit ab ca. 1987 noch digitalisieren muss, so ist nicht zu leugnen, dass es auch in den Ordnern II und IV noch zahlreiche Werke/Baustellen gibt, die ebenso ein drucktechnisches Update vertragen können wie die obigen Wer­ke.

Ihr seht also – Langeweile kommt hier wirklich nicht auf. Und da­mit habe ich euch mal einen kleinen Eindruck in das gegeben, was ich so tue, wenn ich gerade nicht an aktuellen OSM-Episo­den oder E-Books arbeite. Sage niemand, ich sei faul – nichts könnte falscher sein.

Damit möchte ich für heute die transuniversale Baustellentour beenden und mich für euer Interesse und eure Ausdauer bedan­ken. Es war mir ein Vergnügen, euren Horizont ein wenig zu wei­ten für die Baustellen des OSM. Beizeiten gibt es gewiss eine Fortsetzung davon, aber ich kann noch nicht sagen, wann das sein wird.

Bis bald, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 254: Die Zenda-Vendetta (4)

Posted Februar 5th, 2020 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Zeitreisen sind trickreich, das ist für Freunde des phantastischen Themenkreises nun wirklich nichts Neues. Wenn man sich erst mal grundsätzlich mit der Idee angefreundet hat, dass Zeitreisen nicht per se unmöglich sind, eröffnet sich ein Feld der faszinierendsten und vertracktesten Paradoxien und Logikfallen. Das macht sowohl das Schreiben von Zeitreisegeschichten als auch das gründliche Lesen zu einer echten Herausforderung. Natürlich kann man sie flüchtig wegle­sen und ihren komplexen Inhaltsstrukturen damit Ignoranz entgegenbringen. Doch ist das nicht die Art und Weise, in der ich verfahre. Ich grabe mich da schon ganz gerne tief hinein, und selten gelang das besser und auf unterhalts­amere Weise als bei den wenigen ins Deutsche übersetzten Romanen von Si­mon Hawkes „Time-Wars“-Serie.

Warum sage ich „wenige ins Deutsche übersetzte Romane“? Weil ich kürzlich mit Recht darauf hingewiesen wurde, dass es davon noch deutlich mehr gibt. Warum der Bastei-Verlag diese Reihe dennoch abgebrochen hat, ist einigerma­ßen rätselhaft … aber an Basteis Lektorat bzw. Verlagspolitik gab es immer schon viel Schleierhaftes. Wer alte Bastei-Taschenbücher kennt, erinnert sich lebhaft und manchmal vermutlich unter Seelenqualen an die Fehlerwüsten und grotesken Übersetzungsfehler, die uns damals zugemutet wurden. Und in punc­to Verlagspolitik hat sich Bastei meiner Ansicht nach nicht mit Ruhm bekleckert, als er das E-Book-Label „Beam-E-Books“ aufkaufte, an die Wand fuhr und dann wieder abstieß. Ebenso halte ich es für eine Fehlentscheidung, die Heftroman­serie „Shadows of Love“ zunächst im Print einzustellen, um sie danach ins E-Book-Label umzuwidmen … und dann wenige Monate darauf auch dort einzu­stellen.

Wirklich, da werden auf Verlagsebene manchmal Entscheidungen getroffen, die muss man vermutlich als Leser nicht begreifen. Die Einstellung der „Time-Wars“-Übersetzungen rechnet meiner Ansicht nach in dieselbe Sparte. Viel­leicht, so ein kleiner gemeiner Seitenhieb, waren die Bücher einfach ZU GUT und ZU INTELLIGENT geschrieben, als dass Verlagsmanagement und Leserschaft sie verstanden? Denn gut sind sie wirklich meiner Ansicht nach.

Das gilt auch für das vierte Abenteuer von Lucas Priest, das ihn diesmal ins spä­te 19. Jahrhundert und in eine Mördergrube voller Intriganten befördert, näm­lich nach Ruritanien.

Nie gehört (schlagt ggf. mal bei Wikipedia nach, um ein wenig Hintergrundwissen zu bekommen)? Also schön, dann will ich euch mal ein wenig informieren. Bitte ein­fach weiterlesen:

Die Zenda-Vendetta

(OT: The Zenda Vendetta)

von Simon Hawke

TIMEWARS Band 4

Bastei 23181

256 Seiten, TB, September 1996

Übersetzt von Rainer Gladys

ISBN: 3-404-23181-3

 

Ruritanien, wer kennt schon Ruritanien? Ein kleines, vergessenes Provinzkönig­reich auf dem Balkan, das kurz vor dem Ersten Weltkrieg eine beiläufige Rolle der Weltgeschichte spielen wird (wenigstens in der Fiktion). Diese Geschichte handelt zuvor und stellt die weitere Existenz der Welt in Frage.

Ruritanien im Jahr 1891. Die Krönung des Regenten Rudolf Elphberg als Rudolf der Fünfte von Ruritanien steht unmittelbar bevor, ebenso seine Verheiratung mit der Gräfin Flavia, die seit Kindheitstagen als Ehefrau vorgesehen ist. Es gibt jedoch eine Verschwörung, die darauf abzielt, Rudolf zu beseitigen und den Thron zu usurpieren. Diese Verschwörung geht von seinem Bruder Michael aus, den man den „schwarzen Michael“ nennt und der insbesondere in der Armee eine wichtige Rolle spielt.

Rudolf wird von Michael entführt und auf Burg Zenda gefangen gehalten. Doch einem entfernten Verwandten aus England, Rudolf Rassendyll mit Namen, ge­lingt es mit Offiziershilfe, die Verschwörung zu zerschlagen und den König zu befreien (vgl. hierzu am besten die Filmversion: „Im Schatten der Krone“, 1952). Er hält diese Geschehnisse in seinem Tagebuch fest, und im Jahre 1894 wird von einem Schriftsteller auf Basis dieser Aufzeichnungen der obskure Roman „Der Gefangene von Zenda“ verfasst.

Im 27. Jahrhundert ist über Zenda und Ruritanien sonst nicht allzu viel mehr be­kannt. Aber es kommt dem Zeitkorps zu Ohren, dass die terroristischen Zeit­wächter vorhaben, genau diese Geschehnisse für ihre höllischen Pläne auszu­nutzen. Sie wollen eine Spaltung des Zeitstroms um jeden Preis herbeiführen und dadurch die Zukunft, die Gegenwart des 27. Jahrhunderts, auslöschen.

Als das Regulatorenteam um Major Lucas Priest, Finn Delaney und Andre Cross im Jahre 1891 ankommt, ist die Katastrophe schon auf den Weg gebracht. Ru­dolf Rassendyll wurde in einem Zug auf dem Weg nach Ruritanien umgebracht und Finn, der sowohl Rassendyll als auch König Rudolf dummerweise wie aus dem Gesicht geschnitten ist, soll Rassendylls Stelle einnehmen. Das Team soll zugleich verhindern, dass die Zeitwächter den König entführen und gegebenen­falls in der Burg Zenda umbringen.

Was sie nicht wissen, ist, dass neben der rassigen Doppelagentin Falke, die bür­gerlich Sophia Falcon heißt, der illegitime Sohn ihres eigenen Vorgesetzten Mo­ses Forrester der zweite überlebende Kopf der Zeitwächter ist. Und dieser Mann, gezeugt in der tiefen Vergangenheit, später inkognito im 27. Jahrhundert ausgebildet und nun Teil der Terroristen, möchte seine ganz private Rechnung mit seinem Vater aufmachen …

Es ist eine ganz üble Geschichte, die hier aufgebaut wird, und sie ist übel in vie­lerlei logischen Bezügen. Das heißt NICHT, dass sie unlogisch ist, ganz im Gegen­teil. Sie ist deshalb so übel, weil sie logisch wird. Der Leser kommt sich vor wie bei einer verzwickten Schachpartie und muss ständig rochieren und täuschen, permanent die Augen offen halten und den regen Verstand eingeschaltet las­sen, weil die geschickt und raffiniert gespannten Fäden sehr schnell entgleiten können.

Wir haben es mit Betrügern aller möglichen Sorten zu tun. Mit Zeitreisenden wie immer in Hawkes Romanen, mit teuflisch geschickten Psychopathen, heim­tückischen Fallen, derben Überraschungen und, das macht den Roman so wun­derbar, mit psychologisch ausgefeilten Dialogen. Wer denkt, er stößt hier auf 08/15-Romanfiguren, wird sehr überrascht werden. Wer Situationskomik liebt, hervorragend dargestellte emotionale Effekte und beeindruckend in Szene ge­setzte Konfrontationen mag, kommt hier unstrittig voll auf seine Kosten. So­wohl die innere Zerrissenheit von Moses Forrester als auch die tödlich-brillante Psychosepersönlichkeit von Falke kommt ausgezeichnet herüber. Deutliche Sei­tenhiebe auf den adeligen Moralkodex, auf die Sinnlosigkeit der Existenz des britischen Herrscherhauses im 20. Jahrhundert und ansatzweise eine Diskussion um die Frage der Legitimation von Terrorismus als Waffe der Schwachen gegen­über den Starken bringen eminent moralische Aspekte in diesen Roman ein, die ihm ausgesprochen gut tun.

Zwar verfügt das Buch über eine ähnliche Grundstruktur wie der vorangegange­ne Roman „Das Pimpernell-Komplott“, doch ist dies wahrlich eine Oberflächlich­keit. Aus einer ähnlichen Anfangssituation entwickelt Hawke eine Reihe ganz ei­genständiger Charaktere und schafft es bis zum Schluss, eine sich ständig stei­gernde, dramatische Spannung aufzubauen. Wenn man auf Seite 238 die Sätze liest „Er versuchte, nicht an die Mission zu denken. Anscheinend war sie fehlge­schlagen“, dann ist die Spannung noch immer nicht auf dem Siedepunkt.

Ergo: ausgezeichnete, hochintelligente Unterhaltung, von der man noch einiges lernen kann. Sehr empfehlenswert.

© 2003/2018 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche könnt ihr euren armen, überhitzten Kopf wieder ein bisschen runterkühlen, Freunde. Ihr wisst, Clive Cussler und seine Coautoren stehen eher für lockere Abenteuerunterhaltung, und das bespreche ich dann nächste Woche, wo wir uns auf den Weg nach Südamerika machen.

Bleibt neugierig! Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.