Liebe Freunde des OSM,
ja, der Titel klingt schon ein wenig legendär, nicht wahr? Und fürwahr, das werdet ihr weiterhin finden, wenn ihr weiterlest. Denn heute gelangen wir an einen wirklich bemerkenswerten Ort im Oki Stanwer Mythos, der euch zwar (leider) wie so viele andere Orte noch nicht zugänglich ist. Aber ich freue mich auf den Tag, da ihr ihn bereisen könnt. Ihr habt dabei einen sehr wesentlichen Vorteil im Vergleich zu den meisten anderen Protagonisten des OSM – ihr müsst dabei nicht unvermittelt sterben.
QUANGOOR-8810 ist in der Handlungsgegenwart des KONFLIKTS 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ (DM) nämlich ein absolut tödlicher Ort, und je länger man sich dort aufhält, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, umzukommen. Doch vielleicht sollte ich der Verwirrung in euren Augen Herr werden und vorher anfangen, einen Anfang des Fadens finden, dem ihr heute schon folgen könnt. Oh doch, das könnt ihr, schaut einfach weiter.
Als die irdische Menschheit im vorangeschrittenen 21. Jahrhundert sich wieder der Weltraumfahrt zuwendet und den Mond zu kolonisieren beginnt, tut sie dies offenkundig aus eigener Intention. Das entspricht nicht völlig der Realität, wird aber erst Jahrzehnte später offenbar. Auch der Vorstoß der russischen und chinesischen Raumfahrer zum glühenden Planeten Venus erfolgt nicht wirklich aus eigenem Antrieb, auch wenn nach außen alles so scheint.
Auf der Venus entdecken die Raumfahrer ein schwarzes Portal außerirdischer Herkunft – das Tor zu einem kosmischen Transmittersystem, das die uralte Rasse der Baumeister hier aus unerfindlichen Gründen zurückgelassen hat. Aber der Weg führt nur zu einer einzigen Welt – Dawson. Eine Welle von menschlichen Auswanderern stellt das rasch fest und beginnt dort ein neues Leben.
Von nun an betreten wir für euch argumentatives Neuland, das ihr noch nicht kennt: Am Standort des Empfangstransmitters entsteht im Laufe der folgenden Jahrzehnte die Stadt First Valley, zu deren Entwicklung ich nichts weiter sagen werde. Dies wird anderen Werken vorbehalten sein. Wichtig ist an dieser Stelle nur eins: Während die menschliche Kolonie wächst und gedeiht, jedenfalls im Rahmen ihrer Möglichkeiten, wird ein vergrabenes zweites Portal dort entdeckt. Und dies führt an einen Ort ohne Wiederkehr.
Die Menschen nennen dieses geheime nächste Ziel nach seinem Entdecker „Bearsons Creek“. Kosmische Wesen kennen es unter seinem ursprünglichen Namen: QUANGOOR-8810.
Binnen von fünf Jahren verschlingt dieses Tor Expeditionskräfte von mehreren hundert Personen, die auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Und dann schickt der Obmann von First Valley, ein Diktator namens Alex Tschernowsky Major Liz Adani und 49 weitere Personen im Mai des Jahres 2081 durch das Portal. Damit beginnt das Abenteuer.
Jenseits des Portals erwartet sie ein tunnelartiges Habitat, in dem ein monströses, gefräßiges und mörderisches Ungeheuer lauert, der so genannte „Netzparasit“. Diejenigen, die ihm entkommen können, durchschreiten eine Art Wabervorhang, der sie mit der nächsten tödlichen Gefahr konfrontiert … aber mit der kann man zumindest reden. Sie bleibt gleichwohl gewöhnungsbedürftig. Ich zeige euch mal einen kurzen Blick darauf, damit ihr wisst, was euch später erwartet:
Oh, noch viel mehr Menschlein…
Diane spürte, wie ihr die Nackenhaare zu Berge standen! Das … das war doch UNMÖGLICH…! Sie hatte dieses Wesen doch umgebracht …!
Umgebracht? Ach, Menschlein, das ist nicht möglich …!
Ein kraftvoller, unaufhaltsamer Tentakel riss sie, um die Hüfte ringelnd, nach oben auf den Absatz über dem Felsentor, das von außen vom herkömmlichen Felsen nicht zu unterscheiden war.
Diane feuerte unablässig auf dieses schwarze Schuppengeringel und hörte ringsum Schreie, Aufschreie der Wut, der Verzweiflung, Schmerzensstöhner … abrupt abbrechende Schreie, die von grausig-dumpfen Geräuschen untermalt wurden …
Das Ungeheuer aber, auf das Diane nun zugezogen wurde, wurde jetzt erst erkennbar. Es war eine schillernde Masse, die wie ein permanent in Bewegung befindlicher Sumpf wogte, blubberte und schäumte.
Wo immer ihre Laserimpulse einschlugen, es war völlig sinnlos.
Und mitten in diesem … diesem Wandelsumpf hockten auf einer Art Buckel fünf Gestalten in Dawsoner Khakikluft und sahen zu ihr hoch, als sie herabgeschwebt kam.
‚Nein! Nein!’, schrien Dianes Gedanken grauenerfüllt. Sie wusste, dass diese fünf Soldaten nicht mehr leben KONNTEN, weil sie ermordet worden waren. Drei von ihnen hatte sie selbst sterben sehen …!
Ja, Diane, das hast du, flüsterte der Mann mit der Kleiderschrankkonstitution mit der fremden Stimme des Tentakelwesens in ihren Verstand. Aber du hast nicht mehr Menschen vor dir, sondern nur noch Wandelwesen. Unseresgleichen lebt in dieser Welt schon seit langer Zeit, und einige von uns leben auch auf Dawson, von wo du kommst. Der Netzparasit hat uns hier hindurchgeschleust, uns alte Schatzsucher auf dem Weg zum Reichtum der Macht. Wir sind hier gestrandet, genauso, wie du hier stranden wirst, du und all die anderen. Deine Gegenwehr ist sinnlos.
Wir tun euch einen Gefallen, indem wir euch töten, fügte das zweite Wesen hohl hinzu. Es schien eine andere Gedankennuance zu haben, deshalb konnte Diane es unterscheiden. Auf diese Weise verringern wir euer Leiden, denn ihr werdet diese Welt nie verlassen können und hier sterben.
„Lasst uns das entscheiden!“, keuchte sie. „LASST ES UNS ENTSCHEIDEN! LASST UNS LEBEN!“
Ihr wollt also leiden? Gut, das könnt ihr haben. Aber ihr solltet dann nicht glauben, dass ihr ein angenehmes Schicksal haben werdet.
Die Wandelwesen handelten …
Mit diesen bizarren Wesen (wenn sie euch bekannt vorkommen, habt ihr Recht) können sie sich also in gewisser Weise einigen und so die wirkliche Welt QUANGOOR-8810 betreten.
Es handelt sich dabei um eine gigantische, phantastische Hohlwelt, bevölkert von bizarren Lebensformen und zugleich un-glaublichen Gefahren. Werfen wir mal einen Blick dorthin:
Diane Michelson hatte keine Möglichkeit, etwas hervorzubringen. Gar keine Möglichkeit Der Anblick verschlug ihr schier den Atem.
Vor sich oder unter sich oder über sich – die Augen irrten momentan noch recht ziellos umher, ohne fähig zu sein, allem die rechte Richtung zu geben – erstreckte sich das, was man Bearsons Creek nennen konnte. Eine irrwitzige Welt der bunten Farben, kaleidoskopischen Lichtbündel, die durch vielfarbige, meist aber hellweiße Nebel fielen, und überall in diesen dünnen Nebelschwaden drifteten Dinge, die schlechterdings der menschlichen Erfahrung widersprachen.
Da trieben ganze Wälder durch die Luft, kilometerweit von jeder nächsten Landmasse entfernt. Da überschlugen sich drachengleiche Gestalten, deren Größe nur vage geschätzt werden konnte. Rochenähnliche Riesen trieben mit grazilem Flossenhub durch den Nebel, andere Landmassen, die vielleicht als Schätzung für die Größe der Wälder und der „Tiere“ (?) dienen konnten, waren selbst nicht unproblematisch, weil sie ihrerseits schwebten und drifteten.
Felsbrücken dehnten sich über Dutzende oder sogar Hunderte von Kilometern, nadelspitze Zinnen ragten von der Bodenfläche der Welt in den Himmel.
Nur … das war das nächste Problem: die Berge kamen von links und von rechts und von oben und von unten.
Das Blickfeld war deutlich gekrümmt.
Nach INNEN gekrümmt!
„Oh Gott!“, flüsterte sie, als die Erkenntnis in Diane hochschoss, WAS Bearsons Creek war. „Oh MEIN GOTT!“
Bearsons Creek war eine Hohlwelt …
So also sieht das Reiseziel der Dawsoner aus. Sie bekommen aber erst etwas später mit, wie groß diese Welt tatsächlich ist, als sie Kontakt mit hier lebenden Wesen bekommen, so genannten „Wandelwesen“. Ihr kennt sie schon als Berinnyer. Ganz so wie auf Dawson sind sie hier allerdings ebenfalls Gefangene. Der einzige Weg hinaus führt über einen Ort, den sie das „Raumzeit-Schloss“ nennen. QUANGOOR-8810 ist eine künstlich geschaffene Welt, und wer sie erschaffen hat, wird recht bald deutlich, als die Dawsoner Hunderte von weiteren Kristallportalen finden, wie sie auf der Venus und auf Dawson existieren.
Die Baumeister haben QUANGOOR-8810 erschaffen, und wie die Ziffer besagt, gibt es Tausende dieser Habitate in der Galaxis Milchstraße. Doch QUANGOOR-8810 ist ein besonderer Ort, als er ein Gefängnis für ein potenziell gefährliches Wesen darstellt: XATHIIL, einen häretischen Entropie-Ingenieur.
Aber die Berinnyer erklären, wenn sie diese Welt verlassen wollten, müssten sie unbedingt zum Raumzeit-Schloss, XATHIILS Residenz. Und vorher könnten sie eine Kolonie früherer menschlicher Dawsoner besuchen, die sich hier niedergelassen hätten. Denn XATHIIL, so wird Major Adani versichert, redet mit niemandem.
Da der Platz hier begrenzt ist und ich der Serienhandlung – die natürlich viel weiter ist – nicht über Gebühr vorgreifen möchte, sei noch ein weiterer Blick in die Innenwelt von QUANGOOR-8810 gestattet, die euch das geheimnisvolle Raumzeit-Schloss zeigt:
Es war ein gigantischer Komplex.
Als das Raumzeit-Schloss in Sicht kam, wusste Liz Adani gar nicht, wohin sie zuerst sehen sollte. Das Raumzeit-Schloss war eine überwältigende Bastion aus gleißenden, unbekannten halbtransparenten Verbundstoffen und Licht, eine gigantische, vielfach verknotete Schleifenstruktur, als ob der Stoff beim Bau flüssig gewesen und in seine Form gleichsam GEGOSSEN worden sei.
„Vermutlich handelt es sich um stabilisierte Energie“, erläuterte der Berinnyer.
Die Struktur des Schlosses machte den Eindruck von ineinander verschlungenen Röhren, von denen jede bestimmt fünfzig Meter durchmaß. Wie eine Krone aus Röhren umgab die Struktur einen versenkten kubischen Zentralkörper, der lackschwarz schillerte. Überall ringsum flirrten eine Vielzahl von filigranen Zinnen und Stabkonstruktionen, die alles zu überkrusten schienen.
Und zwischen dem Raumzeit-Schloss und den Dawsonern war alles milchig verschwommen.
„Der Ablenkungsschirm“, erklärte der zweite Berinnyer. „Haltet euch fest, der Ruck wird gleich recht heftig.“
Und er behielt Recht.
Der Ruck riss die Sporenkapsel beiseite, verformte sie regelrecht, und die Passagiere konnten merken, wie sich die Kapsel regelrecht dagegen sträubte, aus der Flugbahn gebracht zu werden. Es half aber natürlich alles nichts.
Traktorstrahlen hatten die Spore erfasst und schoben sie Kilometer über Kilometer hinweg, über die terrassenförmig angelegte Landschaft einer ausgedehnten Landmasse, die sich ringsum erstreckte. Spitzkegelige Berge ragten hier aus dem Wald, manchmal sahen sie auch eigentümlich geometrisch geformte Hügel, die künstlich schienen.
Zwischen den Bäumen und Buschheiden glitzerten Ströme von Wasser, hier und da waren kaskadengleiche Wasserfälle zu erkennen.
‚Das sieht ja richtig paradiesisch aus’, dachte Liz angenehm überrascht. ‚Und hier sind also …’
„Haltet euch fest!“, schrie einer der Berinnyer auf. „Wir werden gelandet!“
Und dann stürzte die Sporenkapsel ab!
Äh, Sporenkapsel? Ja, ja, ich weiß, Freunde, ihr habt Fragen … aber ich deute nur mal an, dass die Distanzen in QUANGOOR-8810 gigantisch sind. Die Welt hat einen Innendurchmesser von rund 355.000 Kilometern, da kommt man per pedes nicht allzu weit, schon gar nicht, wenn viele Lebensformen der Hohlwelt die Terraner als leckeren Appetithappen verstehen, und glaubt mir, genau das ist der Fall. Und wenn nicht dies, dann wollen sie die Ankömmlinge „barmherzig“ umbringen, um ihnen Schlimmeres zu ersparen.
Aber die Ankunft Liz Adanis beim Raumzeit-Schloss – sie schafft es tatsächlich, mit XATHIIL zu reden und wünscht sich sehr bald, sie hätte dies nicht – ist durchaus nicht das Ende der Probleme, sondern erst der mörderische Anfang.
Denn XATHIIL hat monströse Pläne, und alsbald tauchen in der Hohlwelt weitere Gäste auf, die hier gar nicht erwartet wurden. Ich deute nur mal an: Klivies Kleines, legendärer Freund Oki Stanwers und Helfer des Lichts, den Berinnyern aus KONFLIKT 12 als „Volksbefreier“ bekannt; Satarry, ein Ritter vom Goldkristall und Bediensteter der Sieben Lichtmächte, der in einer klaren Mordmission nach QUANGOOR-8810 gelangt; Zroncrart, ein hochgerüsteter Troohn-Matrixfehler mit einer äußerst verschrobenen Agenda, der auch bedenkenlos über Leichen geht … und dann ist da ein kybernetisches Ungeheuer, das sich KONSTRUKT nennt und das schon den Untergang von QUANGOOR-8810 geplant hat. Und den Tod von Kleines und Satarry und allen Lebensformen innerhalb der Hohlwelt …
QUANGOOR-8810 mag nur innerhalb von KONFLIKT 19 Bedeutung besitzen, ja, aber die hier spielenden Episoden des Oki Stanwer Mythos glühen geradezu vor Hochdramatik und Tragik. Ich befand mich zuletzt im Jahre 2008 hier, aber die Handlungsschiene des KONFLIKTS, die hiermit begonnen wurde, ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Beizeiten werde ich dorthin natürlich zurückkehren.
Was genau die kosmologische Rolle von QUANGOOR-8810 und seiner Schwesterwelten sein mag? Nun, ich glaube, darüber sollte ich an dieser Stelle noch nicht allzu viele Worte verlieren. Nur soviel: Die Baumeister haben die Galaxis Milchstraße des KONFLIKTS 19 „spezialstrukturiert“. Und sowohl die Einrichtung von NISCHEN wie auch der so genannten „Fangkugeln“ – das ist der korrekte Terminus für Welten wie QUANGOOR-8810 – dient einem Stabilisierungszweck dieses KONFLIKTS. Das verhindert freilich nicht, dass solche Strukturen nicht ein gewisses Eigenleben entwickeln und gewissermaßen „aus dem Ruder laufen“. Ich komme beizeiten darauf zurück.
Für heute verlassen wir QUANGOOR-8810, und ich danke euch für die Aufmerksamkeit.
Bis nächste Woche, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.