Rezensions-Blog 487: Briefe gegen den Krieg

Posted Dezember 18th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

manchmal entdecke ich in dem großen Fundus meiner Rezensionen Werke wieder, die ich für den Rezensions-Blog aufberei­te, von denen ich kaum fassen kann, wie alt sie eigentlich sind. Dieses hier ist eins davon, und ich bereite schon einmal darauf vor: Als ich die Rezension anno 2007 schrieb, also vor immerhin 17 (!) Jahren, da war ich reichlich ergrimmt von der Lektüre und der realpolitischen Lage.

Heute, erheblich später, sind auf bestürzende Weise zahlreiche von Tiziano Terzanis Voraussagen leider vollkommen präzise eingetroffen:

Der „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan ist nach 20 weitge­hend ergebnislosen, blutigen und desillusionierenden Jahren verloren worden. Die bekämpften Taliban-Milizen beherrschen das Land wieder diktatorisch, für die Zivilbevölkerung hat sich nahezu gar nichts zum Positiven verändert.

In Nahost wird immer noch auf die geistlose „Du greifst mich an? Dann schlage ich zurück“-Rhetorik gesetzt, die schon im Sandkasten der Kinderspielzeit nicht funktioniert hat. Die Regie­rungen rasseln nach wie vor mit den militaristischen Waffen und Parolen, ohne Sinn und Verstand, ohne konstruktive und positi­ve Lösungsansätze.

Die Palästinenser in Israel-Palästina sind immer noch Ausge­grenzte und Marginalisierte, werden von israelischen Politikern um Benjamin Netanjahu nach wie vor summarisch entweder für Terroristen oder Terroristenhelfer eingestuft, und jüdisches Le­ben gilt noch immer mehr als das von Palästinensern (man schaue sich nur einmal an, wer das nicht glauben möchte, wie viele jüdische unschuldige Opfer die Hamas im Oktober 2023 getötet hat – eine absolut verwerfliche Tat! – und wie viel mehr palästinensische Opfer der Gaza-Krieg seither gefordert hat; da fehlt jede gesunde Relation, und an diese Opfer unter den pa­lästinensischen Zivilisten wird viel zu selten gedacht).

Nach wie vor wird die Schimäre verfolgt, man könne Terroristen „ausrotten“ (das wird nie gelingen, und das sagte schon Terzani sehr hellsichtig). Und die damit einhergehenden, entmenschli­chenden Termini wie „Ungeziefer“ und Schlimmeres, die die ver­antwortlichen Politiker gebrauchen, erinnern mich höchst unan­genehm an stumpfsinnige Nazi-Ideologie …

Wenn ihr also glauben mögt, das vorliegende Buch eines leider viel zu früh verstorbenen Journalisten habe euch nichts mehr zu sagen, weil es sich ja auf einen (vermeintlich) beendeten Kon­flikt bezieht, den ein heute nicht mehr im Amt befindlicher ame­rikanischer Präsident angezettelt hat, dann ist das eine bedau­ernswert kurzsichtige Einstellung. Ihr solltet euch mal genauer die langfristigen und moralischen Linien anschauen, die Tiziano Terzani skizziert und eure eigenen Ansichten in aktuellen politi­schen Diskursen gut überdenken.

Ich für meinen Teil denke, dass wir ganz wesentlich aus dem po­larisierten Denken herauskommen müssen. Dass wir Opfer auf allen Seiten als das sehen müssen, was sie sind: Opfer einer sinnlosen, ziellosen Gewalt. Und dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet werden müssen, wer auch immer sie begangen hat.

Ich weiß, dass wir davon leider immer noch beklagenswert weit entfernt sind. Möglicherweise werden wir dieses Ziel nie errei­chen. Aber es lohnt sich immer, dafür zu kämpfen, es zu verfol­gen und gegen Unrecht zu diskutieren.

Einen wichtigen Beitrag dafür leistet dieses inzwischen wohl vergessene Buch. Ich hebe es gern mit voller Absicht ins Ram­penlicht und sage: Lest es! Es ist ein Augenöffner!

Briefe gegen den Krieg

(OT: Lettere contro la guerra)

von Tiziano Terzani

Goldmann 15266, Mai 2003

224 Seiten, TB, 7.90 Euro

Aus dem Italienischen von Elisabeth Liebl

ISBN 3-442-15266-6

Die Idee, man könne das Böse mit einem Krieg beseiti­gen, ist genauso absurd wie der Gedanke des Mannes, der versuchte, seinen Schatten zu begraben.“

Beeindruckend plausible Vorstellung, dachte ich, als ich auf dem Wühltisch am 16. April 2005 dieses Buch fand und mir weiter überlegte: ich kenne den Namen des Autors zwar nicht, aber wenn er – wie der Umschlagtext verriet – „langjähriger Fernost-Korrespondent des SPIEGEL“ war und die Krisengebiete in Af­ghanistan, Pakistan und sonstige muslimische Länder persönlich bereist hat, dann wird er schon wissen, wovon er spricht.

Terzanis Buch stand dann annähernd zwei Jahre ungelesen im Regal. Erst als ich sein letztes dickleibiges Buch „Noch eine Runde auf dem Karussell“ antiquarisch kaufte und den wal­lebärtigen, weise wirkenden Mann sah, der aus seinem hinterin­dischen „Wunsch-Exil“ am Fuße des Himalaja über seine Krebs­erkrankung schrieb, da dachte ich mir: verdammt, vielleicht sollte ich dieses Buch ja doch schnellstmöglich lesen.

Ich kramte „Briefe gegen den Krieg“ aus dem Regal und be­gann zu lesen. Und wurde magnetisiert. Man kann es nicht mehr anders nennen, denn ich kam von dem Buch nicht mehr los. Mein ursprünglicher, disziplinierter Plan, die sieben Briefe darin Tag für Tag zu lesen, verschwand nahezu sofort. Ich las das Buch in vier Tagen aus, und dabei las ich wirklich langsam. Wer das Werk verstehen möchte, muss eine Zeitreise machen, nämlich zurück ins Jahr 2001.

Es gibt Tage im Leben, an denen rein gar nichts passiert; Tage, die vorübergehen ohne eine Erinnerung, ohne die geringste Spur zu hinterlassen, so als habe man sie gar nicht erlebt. Ge­nauer betrachtet verbringen wir die meisten Tage auf diese Weise, und erst wenn uns klar wird, dass die Zahl derer, die noch vor uns liegen, deutlich begrenzt ist, fragen wir uns, wie wir so viele Tage ungenutzt verstreichen lassen konnten, ein­fach so. Aber so sind wir eben: Erst wenn es verschwunden ist, wissen wir das, was vorher war, zu schätzen. Erst wenn etwas unwiderruflich der Vergangenheit angehört, denken wir daran, wie es wäre, wenn es noch da wäre. Aber dann ist es zu spät.1

Der 10. September 2001 war für mich so ein Tag, und sicher nicht nur für mich: ein Tag, an den ich mich absolut nicht erin­nern kann…“

So beginnt der im Herbst 2001 schon im „Ruhestand“ lebende italienische Journalist (Jahrgang 1938), den 11. September 2001 als einen geeigneten, „guten Moment“ zu begreifen, um das moralische Gewissen der Menschheit aufzurütteln. Er ist jahre­lang durch Indien, China, Fernost und auch durch die arabischen Länder gereist, um intensive Kenntnisse der dortigen Seelenver­fassung zu erspüren. Dinge, die in westlichen Medien so gut wie gar nicht wahrgenommen worden waren.

Terzani setzt sich mit seiner alten Zeitung Corriere della Sera in Italien in Verbindung und beschließt, ohne Zwang und ohne Honorar, „Briefe“ an die Öffentlichkeit zu schreiben. Briefe, in denen er darauf hinweist, dass angesichts der Terroranschläge des 11. September 2001 Krieg definitiv die falsche Reaktions­weise wäre, dass ferner ein „Religionskrieg“ vermieden werden müsse und die Terroristen nicht einseitig nur als „Bösewichter“ wahrgenommen werden sollten.

Man hört ihn nicht.

Nein, man hört ihn schon, aber Terzani kommt dennoch zu spät: die öffentliche Meinung, angeführt von den Leuten um George W. Bush jr. und die Meinungsmacher in den Vereinigten Staaten haben ihr Feindbild schon ausgemacht – den islamischen Funda­mentalismus, „die Terroristen“, die in der Folgezeit rasch zum Bösen schlechthin stilisiert werden, an der Spitze die „dunkle Bedrohung“ Osama bin Laden und seine engsten Mitarbeiter.

Als Terzani direkte Antwort bekommt von der großen alten Jour­nalistin Oriana Fallaci, die in New York lebt und seit 10 Jahren nichts mehr geschrieben hat, da ist er schockiert. „Denn Oriana leugnete nicht nur, dass der ‚Feind‘ seine Gründe haben könnte, sie weigerte sich, ihm Menschlichkeit zuzugestehen. Und eben­dies“, resümiert der alte Journalist erschüttert, „ebendies ist die Grundlage, auf der alle Unmenschlichkeiten des Krieges verübt werden.“

Und nicht nur des Krieges, fügt der Historiker hinzu, der sich an die Gräuel der Konzentrationslager erinnert, an die Unmensch­lichkeit der GULAGs der Sowjets: beiden war gemeinsam, dass hier keine Menschen mehr eingesperrt wurden, sondern NUM­MERN. Entmenschlichte, entpersonalisierte Wesen, Ungeziefer gleich, die man ausmerzen, „behandeln“ (= industriell vernich­ten) und ohne Schuldgefühle ausrotten konnte. Die Parallelen zur Behandlung heutiger Terrorverdächtiger sind beklemmend.

Man könnte meinen, Terzani habe schon einen Blick in die Fol­terkeller von Abu Ghraib getan, habe schon erfahren, was den rechtlos Inhaftierten im Stützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba angetan wird. Tiziano Terzani ist nicht nur deshalb ein Prophet, er hat noch viel mehr zu sagen, dessen man sich heute drin­gend erinnern müsste.

Er sagt 2001 voraus, dass die militärische Intervention in Afgha­nistan ein Desaster werden wird, und er erläutert auch ausführ­lich, warum das der Fall ist, ja, sein MUSS. Er erklärt, was für wesentliche Momente vom militanten Islam geschickt ausge­nutzt und missbraucht werden und warum die Muslime der Welt moralisch in der wesentlich besseren Position sind als die westli­chen „Verteidiger“ der christlichen Grundwerte oder der westli­chen Lebensweise.

Terzani argumentiert teilweise moralisch, teilweise historisch, und wenn er sich im zerbombten Kabul Afghanistans aufhält und die verwüsteten Trümmer einstiger Pracht beweint, verbit­tert auf die von Minen Verstümmelten herabblickt und die wü­tende Entschlossenheit in den Mienen und Worten sonst kluger Leute sieht und hört, die kulturellen Verluste angesichts einer erdrückenden Dominanz „amerikanischer Werte“ und Vorbilder beklagen, dann beginnt der Leser beklommen zu verstehen, dass hier einiges völlig anders läuft, als man sich das ursprüng­lich gedacht hat. Und dass viele dieser Botschaften bis heute noch nicht im Westen angekommen sind …

Sehen wir über einige Übersetzungsfehler geflissentlich hinweg. Natürlich gab es im 2. Weltkrieg keine „V2-Bomber“, sondern es waren Lenkwaffen der Nazis (S. 36), und die amerikanische Of­fensive gegen das Taliban-Regime in Afghanistan, „Operation Enduring Freedom“ lässt sich auch nicht als „Dauerhafter Frie­de“ übersetzen („Freedom“ heißt bekanntlich Freiheit, indes ist auch dieser Name angesichts dessen, was in Afghanistan seit Frühjahr 2002 geschieht, ein geradezu zynischer Euphemismus!). Diese kleinen Schnitzer tun dem Buch eben sowenig ei­nen Abbruch wie die schlampige Art und Weise, in der der Ver­lag die Übersetzerin falsch geschrieben hat (auf dem Innenum­schlag mutiert Elisabeth Liebl zu „Elisbath Leibl“, ernsthaft! Äu­ßerst peinlich). Das, was Terzani hier ansonsten leistet, ist in Gold nicht aufzuwiegen.

Tiziano Terzani macht die Grundlagen und Hintergründe des Ter­rorismus vor dem Panorama eines jahrhundertealten westlichen Globalisierungsfeldzugs sichtbar, geführt von einer Allianz aus Ignoranz, Selbststilisierung, Arroganz und Korruption. Beschleu­nigt wurde diese Entwicklung namentlich von den Vereinigten Staaten von Amerika, insbesondere seit dem Untergang des so­wjetischen Weltreichs.

Es ist, wie Terzani schlüssig nachweist, nicht zufällig, dass die weitaus meisten „Schurkenstaaten“ in Gebieten der Welt liegen, in denen sich große Rohstoffreserven, namentlich Erdöl und Erd­gas, konzentrieren; es ist kein Zufall, dass mit zweierlei Maß ge­messen wird, wenn es um die Frage der „Massenvernichtungs­waffen“ geht: die USA, England, Frankreich und eine Reihe an­derer können sie unbehelligt produzieren und anhäufen, aber sowie einige andere Staaten (beispielsweise der Irak, der Iran oder Nordkorea) diese möglicherweise anstreben, werden sie mit Embargos oder Bombenteppichen belegt, von diplomati­schen „Bannflüchen“ einmal ganz abgesehen. Doppelzüngigkeit – andere nennen es Verlogenheit – ist in dieser Manege der Poli­tik an der Tagesordnung, und kein Wunder, dass arabische Poli­tiker und Gläubige davon angewidert sind, wenn sie das ent- decken müssen.

Auf der anderen Seite „konvertieren“ einstige Schurkenstaaten wie Pakistan, wiewohl Urzelle der Taliban-Bewegung, auch heute noch übrigens, rasch zu willfährigen Bündnispartnern. Was schlagend belegt, dass die Bündnispolitik der USA sich nicht an moralischen Erwägungen ausrichtet (ihre Unterstützung der durchaus terroristisch zu nennenden israelischen Regierung, wenn man mal anschaut, wie rücksichtslos diese Staatsführung ihre eigenen Staatsangehörigen – nämlich Palästinenser – oder Nachbarstaaten wie den Libanon mit Krieg und Terror überzie­hen können, sollte man an dieser Stelle auch erwähnen), son­dern an geostrategischen Weltmacht-Ansprüchen.

Viele arabische Ansichten über die Politik der Vereinigten Staa­ten werden auf diese Weise leider ständig bestätigt: die korrup­te Beeinflussung der dortigen Politik durch die Konzernentschei­dungen; der Wunsch, weltweite Kontrolle über die Rohstoffvor­räte der Zukunft zu haben; die Vorstellung, dass das „christliche Mäntelchen“, das sich die Regierungsvertreter umhängen, aus­reicht, um ihren expansionistischen Gelüsten den äußeren, sehr brüchigen Tarnanstrich eines „religiös motivierten Glaubens­kampfes“ zu liefern usw.

Jetzt ist der Moment gekommen, in dem wir ans Licht der Öf­fentlichkeit treten und für die Werte einstehen müssen, die wir für richtig halten“, schreibt Tiziano Terzani abschließend. „Eine Kultur gewinnt mehr Stärke durch ihre moralische Entschlossen­heit als durch ihre Waffen.“ Woraufhin ich am Rand erschüttert notierte: „Was der Grund ist, warum der Islam auf lange Sicht stärker ist als Bushs Krieg.“

Jeder Tote, der für diesen Konflikt zu beklagen ist (alleine heute schon wieder 60 offizielle Terrortote in Bagdad! Und das sind nur die Toten, von denen man erfährt, die weitaus meisten davon sind Zivilisten, die niemandem etwas zuleide getan haben!), ist ein Toter zu viel. Die Strategie der permanenten Ver­geltung ist falsch, sie war von Anfang an falsch, und sowohl der Krieg in Afghanistan wie der von Terzani hellsichtig vorausge­sagte weitere Krieg im Irak produziert nur weiteres Unrecht und lässt Blut über Bushs Hände und jener Menschen laufen, die sol­che Entscheidungen zulassen. Ganz zu schweigen davon, dass dieser Krieg sinnlos ist, weil zum Scheitern verurteilt.

Das primitive Beispiel des jüngsten Libanonkrieges durch die is­raelische Armee (ein Krieg, der übrigens von den Israelis verlo­ren wurde, was man ungern zugibt), belegt schlagend die Nutz­losigkeit militärischer Gegenschläge. Man kann nicht alle „Fein­de“ töten, und selbst, wenn man das könnte, wieso wäre man dann als Massenmörder moralisch besser als diejenigen, die man bekämpft?

Der Koran sagt zu Recht: Wer einen Menschen tötet, der soll behandelt werden wie jemand, der die gesamte Menschheit getötet hat. Wer einen Menschen tötet, füge ich hinzu, ganz gleich, ob im Frieden oder im Krieg, ist ein Mörder und soll nach dem Recht und Gesetz so behandelt werden wie ein Mörder, alles andere ist eine fadenscheinige, verlogene Ar­gumentation.

Der Grundsatz der alttestamentarischen Rache gebiert nur mehr Leid und unendlichen Blutdurst, es ist nicht Rache ange­sagt, sondern Vergebung, und dies, auch dies, lehrt uns das vorliegende Buch. Es enthält sehr viele kluge Weisheiten, die mit meinen eigenen Einstellungen in hohem Maße konform ge­hen.

Sehr schade, dachte ich, als ich es viel zu zeitig ausgelesen hat­te, dass die Menschheit auf solche Propheten einfach nicht hört. Und dass die Menschen immerzu in dem verzweifelten und von vornherein vergeblichen Bestreben, Bluttaten zu sühnen – denn wenn man Mörder oder vermeintliche Mörder umbringt, so macht das nun mal die Toten nicht wieder lebendig, sondern man begibt sich durch eigene Morde nur selbst auf die Stufe der Mörder herab – , so viele andere, unschuldige Menschen zu Zehntausenden töten müssen (und so Hunderttausende von weiteren rachsüchtigen Menschen schaffen!).

Tiziano Terzani ist im Juli 2004 im Alter von 63 Jahren gestorben, viel zu früh, wie ich finde. Ich glaube jedoch, er würde froh sein, diese schreckliche Welt nicht mehr sehen zu müssen, in der sei­ne Ratschläge und alle Gebote der Menschlichkeit, Harmonie und des Pazifismus nach wie vor – und immer heftiger – mit Fü­ßen getreten werden. Wir könnten so kluge und tiefsinnige, wahrhaftige Denker wie Terzani heute wahrlich gebrauchen.

Der einzige Trost ist, wie ich finde, dieser: seine Gedanken, nie­dergelegt in Büchern wie diesem, bleiben uns erhalten. Wir kön­nen von ihnen lernen, indem wir sie einfach lesen und verinner­lichen. Und das sollten wir, der Zeitpunkt dazu ist überfällig!

© 2007 by Uwe Lammers

Ich weiß, das alles ist harter Stoff, und bei manchem von euch Lesern wird der Blutdruck vermutlich beängstigend angestiegen sein. Doch lehnt euch zurück, lest die Rezension mit kühlerem Verstand ein zweites Mal und sinniert darüber nach. Ich denke nach wie vor, das lohnt sich ungemein!

In der kommenden Woche reisen wir in die Parallelhistorie von Clive Cussler zurück. Mehr sei hierzu noch nicht verraten.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

 

1 Vgl. Terzani: „Briefe gegen den Krieg“, S. 11. Er adaptiert hier übrigens auf interessan­te Weise einen Gedanken, der fast wortgleich bei dem libanesischen Dichter Khalil Gi­bran besteht und ihn vielleicht beeinflusst haben mag. Vgl. hierzu meine Rezension zu Khalil Gibran: „Sprich uns von der Liebe“, rezensiert in BWA 262, Juli 2005. Auch nachzulesen und vielleicht besser zugänglich hier auf der Webseite als Rezensions-Blog 322 vom 20. Oktober 2021.

Liebe Freunde des OSM,

ich weiß schon, dass ihr diese Zeilen erst kurz vor Weihnachten 2024 lesen werdet. Aber hier und heute, am 28. August 2024, brennen sie so in meinem Verstand, dass sie einfach niederge­schrieben werden müssen. Diesmal kamen diese Gedanken ge­radewegs aus dem Nichts – und das ist ebenso toll wie ein we­nig beängstigend, vor allen Dingen, was die Weiterungen an­geht, die ich noch nicht überblicken kann.

Es gibt zwei Themenkomplexe, um die es hier und heute geht, die mir heute durch den Kopf gingen und auf faszinierende Wei­se ein altes Problem jählings transparent machten bzw. auf der anderen Seite einen abgeschlossenen KONFLIKT mit einem höchst beunruhigenden Update versahen. Gerade im zweiten Teil werdet ihr möglicherweise den Boden unter den Füßen ver­lieren. In jeder Weise ist hier Spoileralarm angesagt für denjeni­gen, der dem Blog seit Jahren folgt bzw. über einiges an Hinter­grundwissen zum Oki Stanwer Mythos verfügt (etwa weil er/sie sich gründlich durch die OSM-Wiki geknabbert hat oder viel­leicht auch im BWA oder an anderen Orten schon die eine oder andere OSM-Geschichte konsumiert hat).

Punkt 1: Tod und Nachleben im OSM

Das habe ich mal so als Überschrift gesetzt, weil es genau dar­um geht. Ihr mögt euch entsinnen, dass der OSM in zweierlei Weise ein dualistisches Reich darstellt. Zum einen gehe ich ja als Vertreter des dualistischen Standpunktes davon aus, dass mit dem physischen Tod NICHT alles vorbei ist, sondern es ein wie auch immer konkret gedachtes Fortbestehen der individuel­len Existenz möglich (wenn auch nicht beweisbar mit unseren Mitteln) ist. Das ist einer der Grundpfeiler des OSM und ein be­ständiger Reibungspunkt mit den machtvollen Baumeistern, die ihrerseits mehrheitlich dem monistischen Standpunkt verhaftet sind und nicht an die Existenz einer Seele glauben. Sie werden in der OSM-Handlung eines Besseren belehrt.

Der zweite Dualismus besteht in der Spaltung der kosmischen Ordnung in die weiße Matrix (aus der die Baumeister die baryo­nischen Universen erschaffen) und TOTAMS schwarzer Matrix, die originär erst in KONFLIKT 23 entdeckt wurde (OSM-chronolo­gisch also nach rund 115 Milliarden Jahren des Krieges gegen TOTAM, für mich war das 1993/94 der Fall, also vor rund 30 Jah­ren).

Ich habe das zweifellos schon mal früher thematisiert, dass es ein wenig schwierig ist, logisch zu begründen, warum es – jen­seits der Totenköpfe, die ja ein Spezialfall sind, der recht gut un­tersucht ist – auf TOTAMS Seite Untotenheere gibt. Besonders augenfällig wird das bei der Wiederbelebung von Toten, also etwa bei Zombies.

Heute früh fiel mir auf, wie das möglich ist, ja, vermutlich sogar logisch sein MUSS. Ich ging früher davon aus, dass diese Wesen komplett physisch durch Wiederauferstehungsmaterie TOTAMS ausgetauscht, optisch-strukturell aber beibehalten werden. Die­se Lösung kam mir immer seltsam uneben und unbeholfen vor. Unelegant geradezu.

Heute begriff ich dann, warum ich mich an dieser „Erklärung“ so rieb. Weil sie tatsächlich unelegant IST. Denkt mal mit: Ba­ryonische Lebensformen wie Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Vitalfunktion an eine hochkomplexe, energetisch mit unseren Mitteln nicht nachweisbare Fadenmatrixbindung ge­koppelt ist, die eine stete Verbindung in die universale primärenergetische Matrix hat. Stirbt ein Lebewesen, wird diese Ver­bindung gekappt, der Fadenmatrixkern erlischt, die Seele entfleucht direkt in die Matrix … bzw., wenn die jeweilige Welt/Galaxis an das Netz von TOTAMS Knochenstraßen angebunden ist, direkt nach TOTAM.

Dann wird so ein Totenkopf beseelt.

So weit, so klar.

Aber was ist mit dem Rest des Körpers? Der ist ja noch da, wenn nun auch inaktiv und rasch zerfallend. Die physiologischen Grundstrukturen der baryonischen Matrixvorlage sind ja mit dem Körper an und für sich noch vorhanden. Was also läge für TOTAM näher, als minimalinvasiv einfach die Koppelung mittels der primärenergetischen Fadenmatrix nun durch einen TASSY­JAAR-Impuls der schwarzen Matrix zu ersetzen? Auf diese Weise erhält TOTAM umfassenden Zugriff auf den gesamten Körper, der nun, da nicht mehr lebendig, weitgehend resistent gegen­über allen Umwelteinflüssen geworden ist.

Kein Hunger mehr, keine Erschöpfung, keine Emotionen … und durch die Tatsache, dass der neue Kämpfer tot ist, auch noch eine grässliche psychologische Waffe. Freilich durchaus nicht unzerstörbar. Wenn man einen Vampir pfählt oder einen Zombie köpft, ist Ende im Gelände.

Aber man sieht hieran, wie viel eleganter und energiesparender dieses Verfahren ist im Vergleich zu dem, was ich anfangs an­nahm.

Manchmal braucht es wirklich Jahre, bis sich derlei Gedanken durch mein Unterbewusstsein hindurcharbeiten, um mich dann jählings anzuspringen und mich zu dem Kommentar zu veran­lassen, das hätte ich doch eigentlich längst erkennen müssen.

Tja, nicht nur ihr steht mitunter gehörig auf dem Schlauch, son­dern ich eben auch.

Punkt 2: Spurwechsel-Interferenzen zwischen KONFLIKT 20 und 22

Ich gebe zu, das ist jetzt eher eine Art von Infoblog für mich selbst, aber dennoch lasse ich euch daran jetzt mal teilhaben. Es wird noch Jahre dauern, ehe ihr in die Bereiche eintauchen könnt, von denen jetzt die Rede ist. Im Blogartikel 581 habe ich vor Monaten schon ein bisschen von dem angedeutet, worauf ich jetzt zu sprechen kommen werde. Das meiste ist aber tat­sächlich völlig neu.

Zur Einstimmung mal ein paar Fakten, damit ihr den Ausgangs­rahmen der Gedankengänge abstecken könnt. Denn ihr kennt bekanntlich weder den KONFLIKT 20 noch den noch in Arbeit be­findlichen KONFLIKT 22.

KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ wurde von mir zwischen 1984 und 1997 geschrieben und endete mit einer veritablen Katastrophe im Band 110 in der Galaxis Dyllawaar, dem so genannten legendären „Friedhof der Baumeister“. Da­mals kämpfte das SYNDIKAT der negativen GRALSJÄGER über ei­nen Zeitabgrund von 10 Milliarden Handlungsjahren darum, ei­nen SIEGEL-Planeten zu zersprengen und so an die Dämonen­zepter TOTAMS zu gelangen. Der Plan schlug desaströs fehl.

Geplant wurde das so genannte „Dyllawaar-Inferno“ über viele Jahrzehnte im GRALSREICH des KONFLIKTS 22 (Serie „Oki Stan­wer – Der Schattenfürst“). Dort hat sich das SYNDIKAT eingenis­tet, das die ganze Galaxiengruppe um die Sterneninsel Daarcor mit Waffen beliefert, Welten zerbombt, Völker ausrottet und Chaos verbreitet. Abgeschottet in ihrer dimensionalen Festung, dem GRALSREICH, führt das SYNDIKAT transuniversal Plünde­rungsaktionen in früheren Universen durch. Ihr erlebt sie zurzeit gerade in der Close Up-Artikelreihe als Drahtzieher in KONFLIKT 16 auf der Baumeister-Ringwelt RANTALON.

Das SYNDIKAT steht allerdings mit dem Rücken zur Wand, denn es hat sich in KONFLIKT 22 eine ebenfalls transtemporal agie­rende Macht etabliert, die ähnlich unangreifbar ist: Das Reich von Veskoy. Die GRALSJÄGER sehen es nach ihren Hochrechnun­gen als erwiesen an, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das GRALSREICH aufgebrochen und überwunden werden kann … es sei denn, es gelingt, sehr machtvolle Waffensysteme vorab in die Hand zu bekommen, die einen gegnerischen Angriff zu sei­nem Selbstmordkommando machen würde.

Diese Waffensysteme sollen die Dämonenzepter von TOTAM sein, die das SYNDIKAT in KONFLIKT 20 zu erbeuten sucht. So­weit war mir die Sache bisher schon klar.

Ich wusste, dass das Vorhaben misslingen würde. Das hatte ich ja 1997 selbst geschrieben, gell?

Heute kam ich aber auf den Gedanken, warum die Führung des SYNDIKATS wohl so kurzsichtig agierte … denn immerhin kamen sie ja auch noch weiter entfernter Zukunft. Und dort hatten sie selbstverständlich Zugriff auf die Verlaufsdaten des KONFLIKTS 20 gehabt. Warum sollten sie so blödsinnig sein, eine Unterneh­mung in Angriff nehmen, wenn sie genau wussten, dass sie fehlschlagen würde?

Dazu konnten sie sich nur entschließen, wurde mir heute jäh­lings klar, wenn sie es eben NICHT wussten!

Das bedeutete: Das Dyllawaar-Abenteuer war unter einer Prä­misse begonnen worden, von dem ich tatsächlich erst die Um­risse zu sehen bekommen hatte, als ich im Herbst 2023 mit den Digitalisierungsarbeiten am KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ weit vorangekommen war.

Dort tauchte der rätselhafte, Furcht einflößende Begriff des „Spurwechsels“ auf, den ich hier gar nicht explizit vertiefen möchte, weil das ein hochkomplexes Unterfangen wäre. Wichtig ist an dieser Stelle nur Folgendes:

Der moderne OSM ist seit 1993/94 ein transuniversaler Zeit­krieg. Den negativen GRALSJÄGERN des SYNDIKATS stehen an­dere Mächte gegenüber, die ebenfalls über die technischen Möglichkeiten der transuniversalen Zeitreise verfügen. Diese Mächte agieren aus einem Zeitfenster jenseits von KONFLIKT 28, also noch einmal rund 60 Milliarden Jahre NACH der Schaf­fung des GRALSREICHS in KONFLIKT 22.

Um sich gegen diese Gefahren zu wappnen und gewissermaßen einen Angriff zu einem unkalkulierbaren Risiko zu machen, setz­te das SYNDIKAT zum Sturm auf die Galaxis Dyllawaar im KON­FLIKT 20 an.

Aber schon in KONFLIKT 16 ist erkennbar, dass zukünftige Mäch­te sehr daran arbeiten, gewissermaßen die Stellschrauben ver­gangener KONFLIKTE zu manipulieren. Das Ziel, das mir in KON­FLIKT 16 überdeutlich klar wurde: zu verhindern, dass der KON­FLIKT vorzeitig entgleist und verloren geht. Es werden also his­torische Zeitlinien durch Manipulationen aus der Zukunft um Elemente bereichert, die die Auseinandersetzung im KONFLIKT 16 verlängern, unter anderem damit auch Oki Stanwers Leben.

Bis heute früh war es nur eine Vermutung, dass diese Art der Manipulation, des „Spurwechsels“, sich vielleicht nur in KON­FLIKT 16 abgespielt haben würde.

Inzwischen ist offenkundig geworden, dass es auch in KONFLIKT 20 einen solchen „Spurwechsel“-Eingriff gegeben hat, ja, gege­ben haben MUSS. Und zwar zu einem Zeitpunkt, der NACH der Schaffung des SYNDIKATS lag.

Das SYNDIKAT, und damit spoilere ich jetzt tatsächlich, ging bei dem Dyllawaar-Angriff von einer Zeitlinie aus, in der die zentrale antagonistische Macht ebendort, der so genannte „SIEGELLEN­KER“, instabil war. Das hatte mit Ereignissen in der Galaxis Feu­errad in KONFLIKT 20 zu tun, die ich jetzt nur einmal streife.

Als das Dyllawaar-Bombardement endete, hätte der so genann­te „SIEGELLENKER“ destabilisiert sein müssen. Was es dem SYNDIKAT ermöglicht hätte, die in seinem Besitz befindlichen Dämonenzepter einzusammeln und in KONFLIKT 22 zu entfüh­ren. Wäre diese Aktion gelungen, hätte das SYNDIKAT auf un­glaubliche Weise aufgerüstet und wäre quasi unangreifbar ge­worden.

Dummerweise WAR der „SIEGELLENKER“ in KONFLIKT 20 aber nicht instabil, er verfügte über einen so massiven Fokus, dass er nahezu unzerstörbar war. Das Dyllawaar-Bombardement inter­essierte ihn überhaupt nicht und schwächte ihn nicht im Ge­ringsten.

Damit entstand eine ganz anders gelagerte Gefahr. Der Angriff des SYNDIKATS war damit zwar abgeschlagen, aber es bestand nun die reale Gefahr, dass KONFLIKT 20 niemals enden würde! Mit unausweichlichen Folgen für die Zukunft.

Um dies final zu vereiteln, griff die transtemporale Gegenseite ein und führte eine verheerende Manipulation herbei, die zum Ende des KONFLIKTS 20 führte.

Als ich das heute früh alles noch einmal durchdachte, wurde mir ganz klar, dass im Vorfeld dieser Geschehnisse einwandfrei ein noch nicht ganz klarer „Spurwechsel“ erfolgt sein musste, der genau diese Kausalkette zur Folge hatte.

Und damit lag auf der Hand, dass nicht nur KONFLIKT 16 sich komplett in einem Universum abspielt, das im so genannten „Zeitstrom 2“ ab DMadN-Band 40 allerspätestens auf massiven „Spurwechsel“-Manipulationen aufbaut, sondern eben auch KONFLIKT 20!

Das nach 27 Realjahren zu erkennen, ist schon ein ziemlicher Schocker für mich, muss ich gestehen.

Und was dann diese „Spurwechsel“-Manipulationen für tempo­rale Schockwellen erzeugten, die schließlich dazu führten, dass KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ sich zu der Hölle entwickelte, zu der sich diese Serie entwickelt hat … Gott, das ist womöglich noch verheerender.

Es wird jedenfalls immer deutlicher: Vieles von dem, was ich bislang gewissermaßen als „in Stein gemeißelt“ ansah, worüber ich in den vergangenen 40 Jahren geschrieben habe, erweist sich zunehmend als Ausfluss sehr massiver transuniversaler Zeitmanipulationen und „Spurwechsel“-Verlagerungen.

Der Himmel mag wissen, was ich da noch alles entdecken wer­de. Für heute mag das mit den erschreckenden Erkenntnissen hinreichen.

Bis bald, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 486: Die Verführte (2)

Posted Dezember 11th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

vor vier Wochen folgten wir Sara Bilotti in den ersten von drei Romanbänden um die Lehrerin Eleonora Contardi, die sich im Spannungsfeld zwischen drei charismatischen Männern und de­ren Umgebung gefangen sieht. Jetzt, im mittleren Band dieses Zyklus, kommen neue Facetten der Geschichte ans Tageslicht. Beziehungen verschieben sich. Neue Allianzen entstehen … und ich habe den Roman mit zunehmend mehr gespannter Aufmerk­samkeit gelesen.

Schaut mir einfach mal lesend über die Schulter, was ich dazu im Jahre 2017 geschrieben habe:

Die Verführte

(OT: La colpa)

Von Sara Bilotti

Blanvalet 0581

320 Seiten, TB (2015)

ISBN 978-3-7645-0581-3

Aus dem Italienischen von Bettina Müller Renzoni

Die Verhältnisse sind kompliziert, auf die die junge Lehrerin Eleonora Contardi stößt, als sie in Oberitalien zu ihrer eigentlich ungeliebten Stiefschwester Corinne flüchtet, um ein wenig Ord­nung in ihr Leben zu bringen. Denn stattdessen gerät sie auf eine „Bühne“ und in ein komplexes Personenkarussell, das seit Jahrzehnten in einer fragilen Balance existiert. Sie ist der Faktor, der dieses Gleichgewicht dann kippt. Ohne es anfangs zu ver­stehen, löst ihre Gegenwart Chaos im Leben von Corinne und den Personen rings um sie aus.

Das zentrale Problem besteht in dem dynamischen Miteinander der drei Brüder Alessandro, Emanuele und Maurizio Vannini. Ei­ner der drei Brüder ist vor langer Zeit von Unbekannten entführt und gefangen gehalten worden, was ihn tief traumatisierte. Lan­ge Zeit – während des ersten Bandes „Die Begehrte“ – glaubt Eleonora tatsächlich, wie es allgemein kommuniziert wird, dass es den ungebärdigen, vitalen Emanuele getroffen hat und dies der Grund für seinen unangepassten Lebenswandel sei.

In Wahrheit jedoch ist der engelsgleiche, wunderschöne und verständnisvolle Alessandro es gewesen, der das Entführungs­opfer war. Jener Mann, der auf dem Gut Bruges als Hausherr lebt und schließlich zu Beginn dieses zweiten Romans Corinne heiratet. Er lebt in einer Scheinwelt der Lüge, und die gesamte Umwelt bestärkt ihn darin – das ist ein psychologisches Kon­strukt, da er, der die Erinnerung an die damaligen Erlebnisse gründlich verdrängt hat, langsam an die Realität herangeführt werden soll. Bis Eleonora auftaucht, klappt das auch mehr oder minder gut. Corinne, die seine Lebensgefährtin geworden ist, stabilisiert Alessandros Zustand erkennbar.

Zu dumm, dass Eleonora den wunderschönen Alessandro eben­falls begehrt. Dieses Gefühl scheint auch auf – auf eine seltsam distanzierte Weise – auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Um jedoch Corinnes ebenfalls labile emotionale Verfassung nicht zu verlet­zen und dieses junge Glück zu gefährden, hat sich Eleonora stattdessen schon frühzeitig Emanueles wildem Begehren geöff­net und wird nun regelmäßig von ihm verführt und stürmisch, ja geradezu animalisch geliebt. Eigentlich scheint alles also ganz einfach zu sein: Corinne bekommt Alessandro, Eleonora kann mit Emanuele zusammen sein …

Aber Beziehungen sind nie einfach, und die auf und um dieses Gut herum schon gar nicht. Denn da gibt es beispielsweise noch Denise, Maurizios Lebensgefährtin, die schwanger ist – von Emanuele. Und es gibt June, Emanueles Freundin, ehe Eleonora in ihrem Leben auftauchte – und auch sie ist schwanger von Emanuele. Sie verschwinden nicht einfach wie ein Traum aus ihrem gemeinsamen Leben, nur weil Emanuele sich offenkundig für Eleonora entschieden hat.

Zwar versichert Emanuele Eleonora, er begehre seit geraumer Zeit nur noch sie, und er lässt auch leidenschaftliche Taten fol­gen und beginnt für sie zu planen … doch Eleonora schwärmt auch weiterhin unausweichlich aus der Ferne für Alessandro, und wann immer sie sich begegnen (viel zu häufig) sprühen die Funken.

Zudem erweist sie sich weiterhin als Katalysator für Alessandros Erinnerungsprozess. Stückchenweise kehrt die Erinnerung an seine Entführungszeit zurück. Er beginnt zu begreifen, dass „die anderen“ ihm irgendetwas verheimlichen … und zu ihrer eige­nen Bestürzung macht er Eleonora zu seiner Verbündeten, um die Wahrheit herausfinden zu wollen. Was sie ganz unweigerlich wieder in die größere Nähe zu Alessandro bringt und ihre innere Zerrissenheit befördert.

Und dann kommt eine weitere Frau ins Spiel, annähernd zeit­gleich mit der Entdeckung, dass das rätselhafte Mädchen in Alessandros Erinnerungen, das ihn während seiner Gefangen­schaft damals versorgte, keineswegs nur ein Phantom seiner Phantasie ist, sondern Realität. Eine höchst greifbare Realität, die sich unmittelbar in ihr Lebensumfeld einmischt.

Ganz verheerend wird es dann, als Eleonora entdecken muss, dass Emanuele selbst auch Geheimnisse hat und gefährliche Nachforschungen anstellt …

Man sollte meinen, dass eine Beziehungsgeschichte, in der eine Frau zwischen zwei Männern steht und sich nicht recht zwischen dem schönen, edlen Mann und dem stürmischen, etwas ruppi­gen Kerl entscheiden kann, nach ein paar hundert Seiten lang­weilig wird, mithin nach einem Teil der Trilogie. Sara Bilotti be­weist, dass das nicht zwingend der Fall sein muss, sondern man der Geschichte durch interessante Wendungen und sich scheib­chenweise aufhellende Geheimnisse durchaus noch enorme Würze verleihen kann.

Eleonora ist gleichwohl in diesem Band eine Frau, die Bedauern und Mitgefühl weckt – denn noch immer ist sie im Kräftefeld der Gebrüder Vannini gefangen und kann sich nicht recht entschei­den. Liebt sie Emanuele? Offensichtlich ja, denn sie kann nicht ohne ihn sein und ergibt sich seinem stürmischen Drängen wie­der und immer wieder. Liebt Emanuele sie? Das ist schon schwerer zu sagen – immerhin ist er ein ziemlicher Schwerenö­ter und hat, wie es eine Ex-Freundin im ersten Band gehässig anmerkte, nahezu jede Frau in weitem Umkreis flach gelegt, die nicht bei 3 auf den Bäumen war. Zudem macht er ein Geheim­nis daraus, mit wem er tatsächlich zusammen war und wie weit er jeweils gegangen ist … es gibt da diverse peinigende Offen­barungen von dritter Seite in diesem Band. Brennende Eifer­sucht ist daher ein konstantes Problem.

Und wie ist das mit Alessandro? Er, der nach eigenen Worten Corinne eigentlich gar nicht liebt, hat sie gleichwohl geheiratet – weil diese sonst womöglich ihren Selbstmordversuch aus dem ersten Band erfolgreicher wiederholt hätte. Er fühlt sich zugleich immer noch und vielleicht stärker als bisher zu Eleonora hinge­zogen, und es deutet sich gegen Ende des Buches deutlich an, dass er nun, wo seine Erinnerungen immer stärker zurückkeh­ren, sein Leben grundsätzlich neu organisieren will.

Es bleibt die Frage, die im dritten Band zu klären ist, wessen Le­ben stattdessen in Scherben gelegt wird, und man kann schon gewisse Vermutungen hegen. Ich für meinen Teil hege Gedan­ken hinsichtlich des dritten Vannini-Bruders Maurizio, der bis­lang nur am Rande erwähnt wird. Und vermutlich spielen auch die rätselhafte Sophie und die Hintermänner der Entführung von einst noch eine wichtige Rolle.

Man sieht – die Geschichte bleibt auch nach zwei Trilogie-Bän­den definitiv raffiniert und packend, was nicht zuletzt mit der Tatsache zu tun hat, dass die bislang eher passive Eleonora durch ihre eigenen Nachforschungen, die sie anstellt, nun in eine etwas aktivere Rolle hineinschlüpft.

Bin sehr gespannt auf den Abschlussband. Weiterhin eine klare Leseempfehlung.

© 2017 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche krame ich mal wieder ein sehr viel äl­teres Buch heraus, dessen literarische Einordnung mir einiger­maßen schwer fällt, immer noch. Aber es thematisiert, obwohl es so alt ist, leider ein Thema, das nach wie vor brennend aktu­ell ist, vermutlich noch aktueller als damals, als es ursprünglich erschienen ist.

Welches Thema ist das? Krieg, leider. So wie dieses Buch über Gaza, das ich kürzlich erwarb (es ist 2009 erschienen, aber trau­rigerweise hat sich die Weltsituation in dieser Region an der Küste Israels nicht signifikant verbessert), das ungeachtet sei­nes Alters eine traurige Aktualität besitzt.

So ähnlich verhält es sich auch mit dem Buch der kommenden Woche. Lasst euch da mal überraschen, was das im Detail be­deutet.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 592: Zufallsfunde

Posted Dezember 7th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich denke, ihr kennt das Gefühl, das ich gestern Abend emp­fand, auch sehr gut, wenn auch vielleicht aus anderen Zusam­menhängen. Jeder verlegt mal Dinge im Haushalt. Schlüssel, Geldbeutel, Brille, irgendwelche anderen Gegenstände, und da wir so ein flüchtiges Gedächtnis haben, sind manche dieser Din­ge dann ziemlich lange verschollen, obwohl wir genau WISSEN, dass wir sie in unseren eigenen vier Wänden abgelegt haben.

Es ist halt nur auch so, dass wir vieles davon eher intuitiv tun. Und damit gewissermaßen in einer erinnerungsbedingten Aus­nahmesituation. In Gedanken sind wir dann schon weiter. Die Konsequenz ist, gerade wenn man Gegenstände an unüblichen Orten abgelegt hat, dass man sie so schnell nicht wieder finden kann.

Mir ging das auch so. Und gestern Abend machte ich dann ei­nen wunderbaren Zufallsfund und entdeckte ein paar Dokumen­te wieder, die ich wirklich sehr lange vermisst hatte.

Die Vorgeschichte beginnt, kein Witz, vor zwanzig realen Jahren. Damals sortierte ich alte OSM-Episoden aus jenem Bereich, in dem ich Vorfassungen von Geschichten zu sammeln vorhatte. Das bezieht sich beispielsweise auf zahlreiche handschriftliche Dokumente, die KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH) betra­fen. Zur Erinnerung: Im Jahre 2002 hatte ich damit begonnen, endlich die frühen OSM-Serien zu digitalisieren, beginnend mit KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“. Ich legte die beiden OSM-Info-Ord­ner an und einen Altmaterialordner. Doch es sollte noch Jahre dauern, ehe ich mich um KONFLIKT 13 kümmerte. Das begann erst im Jahre 2020.

Im Zuge dieser Sortierungsarbeiten fielen mir drei Episoden auf, die ich gar nicht recht einordnen konnte. Die Rede ist von der einzigen Episode der OSM-Serie „Oki Stanwer und das Todesim­perium“. Diese Episode namens „Die Festung des Bösen“ trägt die OSM-Kennziffer 271. Sie ist etwa 1984 entstanden und bekam nie eine Fortsetzung. Sie ist, genau genommen, der ers­te Versuch, das Troohn-Imperium darzustellen.

Ihr wisst, wenn ihr länger meinem Blog folgt oder meine E-Books gelesen habt, dass das ab 2003 in der sehr viel engagier­ten Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ umgesetzt worden ist (die Serie ist noch in Arbeit und weiter in Veröffentli­chung). Nach einer handschriftlichen Notiz auf dem Skript der Episode habe ich die obige Episode am 29. Januar 2004 wieder gefunden.

Ihr merkt daran, dass sie schon einmal lange verschollen war. Nun, leider legte ich sie dann in einem Ordner ab, in dem ich sie wahrhaftig so gar nicht vermutet hätte … in dem Ordner, in dem ich das handschriftliche Skript des ältesten OSM-Werkes „Der stählerne Tod“ (1979) verwahre. Und diese Skriptabschrift möchte ich ja alsbald vollständig abschließen, weil ich im Blogartikel 610 dieses Werk im Zuge meiner neuen Artikelreihe vorstellen will.

Zu meinem nicht geringen Entzücken förderte das Aufschlagen dieses Ordners noch zwei weitere verschollene Episoden zuta­ge! Ich war gestern ganz von der Rolle, ehrlich.

Bei diesen Bänden handelte es sich um OSM-Band 294: „Okis Bestimmung“ und 309: „Der Dunkelsee“. Wenn ihr diese Titel nicht kennt, kann das niemanden überraschen. Sie sind mir selbst inzwischen sehr fremd geworden. Der erste Band wurde am 17. Februar 1985 fertig gestellt, der andere Anfang Mai 1985. Es handelt sich um den ersten Versuch der Serie „Oki Stanwer, der Dä­monenjäger“, die ich parallel zu den KONFLIKTEN 13 und 18 „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (KGTDUS) zu entwickeln versuchte.

Die drei Serien bauen strukturell aufeinander auf und liegen je­weils 5 Milliarden Handlungsjahre auseinander. Bei allen handelt es sich um planetare KONFLIKTE, die auf der Erde spielen. Aber ich war bei OSH damals erst bis Band 40 gekommen, also noch 37 Episoden vom Serienschluss entfernt. Folgerichtig dümpelte auch KGTDUS als thematische Folgeserie (schon 1984 in Angriff genommen, also viel zu früh) gerade mal bei Band 10 herum.

Und dann startete ich schon in eine Nachfolgeserie? Ziemlich töricht, denkt ihr? Völlig richtig. Und dementsprechend ging die­se Serie – der gedankliche Vorgänger von KONFLIKT 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) – , auch nach 2 Episoden glanzlos unter. Erst am 1. August 1988 nahm ich dann tatsäch­lich Anlauf, KONFLIKT 23 niederzuschreiben, gut drei Jahre spä­ter.

Das war auch gut so, und da ich zurzeit gerade die DDj-Serie mit zunehmender Freude digitalisiere, kann ich euch versichern, dass sie sehr viel bodenständiger ist als dieses obige Experi­ment.

Dennoch … allein schon der Vollständigkeit halber werde ich die drei nun wieder entdeckten Episoden alsbald digitalisieren und umgehend glossieren, damit das alles so seine Richtigkeit hat.

Ich bin wirklich mal gespannt, ob in diesen insgesamt sehr kurz­en Episoden (die längste hat 7 anderthalbzeilige Skriptseiten) noch Ansätze stecken, die ich im modernen OSM irgendwie ver­wenden kann. Das möchte ich nicht von vornherein ausschlie­ßen.

So schön können Zufallsfunde sein, Freunde! Ich bin wirklich happy, dass das endlich gelungen ist, diese verschollenen Texte wieder zu finden. Dieses Mal sollte ich aber zusehen, sie so zu verstauen, dass sie nicht für die nächsten zwanzig Jahre unter die Räder kommen … denn so lange waren sie in meinen vier Wänden verschollen und wurden vergeblich gesucht …

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 485: The Creator (Filmrezension)

Posted Dezember 4th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Filmrezensionen in meinem Blog sind selten. Das hat nichts da­mit zu tun, dass ich keine Filme anschaue, das tue ich häufig und gern. Es ist nur so, dass mir Buchrezensionen üblicherweise leichter fallen. Man ist dort auf seine eigene Imaginationskraft angewiesen, um die Geschichten zu beleben, während man bei Filmen zu einem weitgehend passiven Rezipieren genötigt wird. Das führt dann dazu, dass ich Filme eher selten rezensiere.

Manchmal gibt es dann Ausnahmen. Dies hier ist eine davon, eine weitere wird in naher Zukunft auch ihren Weg hierher fin­den.

Dieser Film der jüngsten Vergangenheit ist, bei all seinen Schwächen, doch ein interessanter Versuch, sich sowohl dem Thema Künstliche Intelligenz und ihrer Interaktion mit einer zu­künftigen Menschheit zu nähern, außerdem dabei aber die Asi­mov’schen Robotergesetze nicht völlig aus dem Blick zu verlie­ren. Schade ist die starke Schwarzweiß-Polarisierung der Ge­schichte und die Verengung auf die Familie des Haupthand­lungsträgers … aber das war ein Kritikpunkt, der mich am Film etwas störte. Das muss nicht allgemein bei euch so sein.

Obwohl also mein Fazit durchaus durchwachsen ist, halte ich The Creator für einen beeindruckenden Film, der eine differen­zierte Besprechung verdient hat:

 

The Creator

(OT: The Creator)

Ein Film von Gareth Edwards

Erscheinungsjahr: 2023

Länge: 133 Minuten

Hauptpersonen: John David Washington, Madeleine Yuna Voyles, Gemma Chan, Ken Watanabe, Allison Janney u. a.

Produziert von Regency Enterprises, Entertainment One und New Regency

Musik: Hans Zimmer

Alle Welt redet über Künstliche Intelligenz (KI). Im Zeitalter gra­fischer KI und ChatGPT 4 ist das irgendwie vollkommen selbst­verständlich. Natürlich geht diese Entwicklung, zumal in einer Zeit moderner Tricktechnik, auch am Science Fiction-Film nicht vorüber. Im Gegenteil. Der SF-Film war recht eigentlich der Vor­reiter dieser Entwicklung, um schon frühzeitig die KI-Phantasien von SF-Autoren umzusetzen. Filme wie „Blade Runner“ oder „Terminator“ aus den 80er Jahren zeigen überdeutlich, dass es allenfalls eine Frage der Zeit sein konnte, bis es im Rahmen der allgemeinen digitalen technologischen Entwicklung ein Film zen­tral das KI-Thema behandeln würde. Edwards´ Film tut das auf eine interessante Weise, wie ich finde.

Wir befinden uns etwa in der Mitte des 21. Jahrhunderts. Die ak­tuelle technologische Entwicklung ist stürmisch vorangeschrit­ten. Die Robotisierung des Alltags hat überall Einzug gehalten, Roboter und KI sind quasi allgegenwärtig. Dieser Trend scheint sich konsequent fortzusetzen … bis zu dem Moment, in dem in Los Angeles eine Nuklearwaffe gezündet wird und mehr als hun­derttausend Menschen sofort tötet, darunter auch Joshua Tay­lors Eltern und Geschwister. Er selbst wird schwer verletzt, ver­liert einen Arm und einen Teil eines Beines. Daraufhin selbst zum Halb-Cyborg geworden, hat sich auch seine Einstellung ge­genüber den Künstlichen Intelligenzen verständlicherweise zum Negativen hin verändert

Dieser Terrorakt, der nämlich nach allgemeiner Lesart auf die KI zurückgeht, führt dazu, dass die Welt sich in zwei Lager schei­det. Während die westlichen Staaten, allen voran die Vereinig­ten Staaten, Roboter und KI verbieten und vernichten, wo im­mer sie ihrer ansichtig werden, weil sie darin eine Gefährdung der Menschheit sehen, setzt „New Asia“ auch weiterhin fest auf die KI-Unterstützung und entwickelt sich demzufolge zu einem Rückzugsgebiet der KI-Technologie. Dort sind alsbald robotische Polizisten und Mensch-Maschine-Hybriden, so genannte Simu­lants, nicht mehr wegzudenken.

Die USA entwickeln daraufhin eine monströse orbitale Verteidi­gungsbasis namens NOMAD (North American Orbital Mobile Ae­rospace Defense), mit der sie insbesondere in den asiatischen Ländern massive Vernichtungsschläge gegen KI-Zentren ausfüh­ren, die von Bodenkommandos ausfindig gemacht wurden. In ei­ner gewissen Weise reden wir hier von einer Art futurisiertem Vietnam-Krieg. Ähnlich endlos zieht sich die Auseinanderset­zung hin, die Kosten steigen ins Unermessliche, Bürgerrechtsbe­wegungen agitieren gegen die NOMAD-Mordpolitik (das be­kommt man allerdings nur flüchtig am Rande mit).

Es ist jedenfalls offensichtlich, dass das Militär schnelle Erfolge braucht.

Dies ist der Moment, wo Sergeant Joshua Taylor (John David Wa­shington) eingesetzt wird. Er wird als vermeintlicher Dissident nach New Asia eingeschleust. Sein Auftrag: Er soll eine junge Frau namens Maya Fey umgarnen (Gemma Chan). Sie gilt als Tochter des geheimnisvollen „Nirmata“ (Schöpfer), der hinter der KI-Entwicklung steht. Aber er verliebt sich in sie und heira­tet sie, bald ist ein Kind auf dem Weg … da wird sein Underco­ver-Einsatz brüsk durch ein amerikanisches Spezialkommando abgebrochen, Maya, inzwischen Maya Fey-Taylor, kommt dabei augenscheinlich ums Leben. Er selbst wird zurückgeholt und ist schwer traumatisiert.

Als das Militär 5 Jahre später – derweil der aussichtslose Krieg immer weiter fortgesetzt wird – wieder an ihn herantritt, weil Nirmata offenbar eine neue finale Waffe entwickelt hat, die man Alpha-O nennt (sinnig: Alpha-Omega, durchaus passend für eine ultimate Waffe), lässt sich Taylor nur zum Mitmachen bewegen, weil er hofft, dass es doch noch eine Chance gibt, seine geliebte Frau lebend wieder zu finden.

Doch die Waffe Alpha-O erweist sich als ein kleines Kind – und als Simulant (erkennbar an den gruseligen Kopftunneln). Und vor die Wahl gestellt, dieses Wesen zu töten, das ihn vielleicht zu Nirmata und seiner Maya bringen kann, entscheidet sich Tay­lor dafür, das Kind zu beschützen. Dies macht ihn in den Augen der Vorgesetzten zu einem Deserteur, der gnadenlos zu jagen ist. Und auch die robotischen und Simulant-Streitkräfte New Asi­as verfolgen ihn rigoros …

Die digitalen Bildeffekte von Industrial Light & Magic (ILM) und generell die faszinierende Zukunftslandschaft eines künftigen Asien machen den Film zu einem beeindruckenden visuellen Er­lebnis, das den Zuschauer rasch gefangen nimmt. Die intensive Symbiose der digitalen Technik, die im asiatischen Raum (ge­filmt wurde in Thailand) den Alltag dominiert, stellt eine durch­aus plausible Weiterentwicklung der heutigen Trends dar. Das betrifft sowohl das Alltagsleben als auch die Überwachungs­technologie.

Die Storyline kann mit dieser Vorlage leider nur bedingt Schritt halten. Letztlich wird sie auf eine Familienstory reduziert und et­was sehr einseitig auf polarisierende Weise von dem zumeist eher hilflos reagierenden Taylor dominiert. Auf der Gegenseite steht die verbissene Soldatin Colonel Howell (Allison Janney), die ihre Kinder durch KI-Aktionen verloren hat und völlig verbit­tert ist. Sie ist demgemäß skrupellos, agiert als verlängerter Arm des sturen amerikanischen Militärs und ist in ihrem blind­wütigen Hass zu keiner Veränderung ihres Verhaltens fähig – sie findet auch ein dementsprechendes Ende. Mir drängte sich da das biblische Wort auf „Wer durch das Schwert herrscht, wird durch das Schwert umkommen“. Oder auch: Gewalt zahlt sich langfristig nicht aus.

Dieser eindimensionale Dualismus, den man recht penetrant die ganze Zeit über spürt, zerstört meines Erachtens schöne Ansät­ze, die sich im Film durchaus finden. So kristallisiert sich auf glaubwürdige Weise heraus, dass die Künstlichen Intelligenzen im Wesentlichen nichts gegen ihre Schöpfer zu tun bereit sind (was nicht ausschließt, dass sie sich mit brutalen Mitteln weh­ren, wenn sie von der Zerstörung bedroht sind). Die morallose Gewalt geht hier ausschließlich vom überwiegend pathologi­schen Menschen aus, der dabei einseitig beim amerikanischen Militär lokalisiert wird.

Dagegen gibt es essenzielle Ansätze, dass in New Asia die Ma­schinen als Ersatzmenschen Teile der Familien werden. Sie wer­den zunehmend sogar in die spirituelle Sphäre mit eingezogen: So werden etwa klagende Menschen, die um „tote“ Maschinen trauern, gezeigt, eine Maschinenverbrennung, analog zur Ver­brennung von Menschen, wie sie in Indien immer noch prakti­ziert werden, und es gibt sogar Tempel mit Roboterschreinen. Auch die rücksichtslose Kurzzeitspeicherung menschlicher Erin­nerungen und das Hochladen derselben in ausgeschaltete Si­mulants – was Colonel Howell durchführt – und was literarische und filmische Vorbilder bei Peter F. Hamilton und der „Doctor Who“-Serie hat, würden mehr Aufmerksamkeit benötigen.

In dem permanenten Konfliktgeballer der Handlung sowie der ständig verfolgten Familienzusammenführungs-Geschichte um Taylor gehen solche interessanten Ansätze dann bedauerlicher­weise weitgehend unter und sind nur für sehr aufmerksame Zu­schauer zu erkennen. Von dieser Seite her enttäuscht der Film dann leider, von dem ich mir gerade in dieser Hinsicht etwas mehr erwartet hatte. Dennoch stufe ich ihn als unbedingt se­henswert ein, gern auch mehrmals aufzusuchen, um die ge­nannten Feinheiten jenseits der Oberflächenhandlung besser würdigen zu können.

© 2023 by Uwe Lammers

Soweit für heute. Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 591: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 59

Posted Dezember 1st, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

die Geschichte des KONFLIKTS 16 nähert sich allmählich dem Siedepunkt. Man könnte Band 100 dafür halten, zu dem ich am Ende dieses Beitrags komme, aber das ist trügerisch, denn das glaubte ich im Herbst des Jahres 1997 ebenfalls, als er in Pla­nung war … die Handlungsführung wollte es anders, und so be­gann nicht eben dort schon der Finalzyklus, sondern etwas an­deres.

Ich komme nachher dazu angegebener Stelle. Zunächst ein kurzes Resümee der letzte Geschehnisse:

Was zuletzt geschah: Oki Stanwer und seine engsten Getreuen sind nach wie vor in der Vergangenheit verschollen. Maria San­driacochi als präkognostische Helferin des Lichts weiß zwar zu sagen, dass sie noch leben, aber ob und wann sie wieder die Gegenwart erreichen, ist völlig unklar.

Nachdem im Anschluss an die Zerstörung des Königreichs der Dämonen die Fahndung nach den flüchtigen Kontingenten des Erzfeindes, der Dämonenwaffe GOLEM, vergebens blieb, führt ein monströser Zufall die Galaxisrebellen wieder auf die richtige Spur – die neue Generation der Vooler in GOLEMS Streitkräften erweist sich als psychisch labil und probt den Aufstand. Dies führt zu einem grässlichen Massenmord und zur inneren Insta­bilität von GOLEMS Vielvölkerimperium.

Der LEUCHTENDE entdeckt zudem, dass die Zeitgezeiten vor RANTALON von einer weiteren Seite manipuliert werden, und die Crew eines Galaktikerschiffes kommt ums Leben. Dies führt dazu, dass dem Matrixkoordinator und Ekkon erlaubt wird, die­ser Gefahr nachzugehen …

Episode 96: Geheimprojekt Zeitgezeiten

(1997, digitalisiert 2024)

Frühjahr 3938: Der LEUCHTENDE hat nachgewiesen, dass die Zeitgezeiten vor RANTALON manipuliert werden und zu einer noch tödlicheren Gefahr werden als bisher schon. Schlimmer noch: Sie deuten darauf hin, dass da jemand mit überlegener Zeittechnologie womöglich dabei ist, vor den Galaxisrebellen RANTALON zu erreichen, jene Welt, die das Kampfziel von Oki Stanwers Sohn Marconius und den überlebenden Menschen ist.

Also wird die STARDRAGON unter Kommandantin Lorraine Co­lonna bereitgestellt, damit die beiden Bediensteten des Lichts der Gefahr nachgehen können.

Die Urheber dieser Gefahr sind die Matrixaten und Lokes der Neuen LIGA Soffrols, der in den zurückliegenden Jahrzehnten eine gigantische Streitmacht im Geheimen geschaffen hat. Da­bei behilflich war ihm der havarierte ZYNEEGHAR 226, den Soffrol nun, nachdem er seine Schuldigkeit getan hat, kurzer­hand vernichten lässt.

Und ja, das Ziel der LIGA besteht darin, die Zeitgezeiten zu überwinden, um die Geheimnisse RANTALONS auszuspähen. Diese Welt haben sie schon vor vielen Jahren ausfindig ge­macht, unmittelbar vor den Galaxisrebellen … aber wegen der Zeitgezeiten konnten sie sie ebenfalls nicht erreichen.

Seither arbeiten sie am „Geheimprojekt Zeitgezeiten“, doch ist das nur ein Eisen im Feuer der LIGA. Außerdem haben sie zwi­schenzeitlich auch einige Synox, die Waffenmeister GOLEMS, in ihre Gewalt bekommen. Und die Synox verbindet mit der LIGA ein besonderes Band, das sich Soffrol nun zunutze machen will.

In KONFLIKT 12 (vgl. dazu beizeiten die E-Books der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“) waren die Synox die Waffen­meister der alten LIGA im Herzen der Galaxis Koopen. Die Synox in KONFLIKT 16, dem aktuellen Krieg Licht gegen Schatten, sind demzufolge Matrixfehler, ganz wie Soffrols eigene LIGA-Solda­ten auch. Der Rächer von Breeth-Fgahn ahnt, dass GOLEMS Synox über informelle Matrixfehler Kenntnis von der „mythologi­schen“ Vergangenheit ihres Volkes besitzen … von der Vergan­genheit, wo sie Teil der LIGA waren. Nun versucht er, die gefan­genen Synox umzudrehen. Und er klont aus ihrem Gewebe neue Synox, die als Doppelagenten in GOLEMS Reich zurückkehren sollen, um weiter das Reich der Dämonenwaffen zu destabilisie­ren.

Währenddessen kommt das „Geheimprojekt Zeitgezeiten“ nicht recht vom Fleck, was die Lokes auch kleinlaut eingestehen müs­sen. Aber sie haben etwas anderes entwickelt, was sie als „Tem­poral-Pressor“ bezeichnen. Und dessen Aktivierung hat der LEUCHTENDE nun ausgemacht und stößt auf Feindgebiet vor …

Episode 97: Feinde aus der Zukunft

(1997, digitalisiert 2024)

Blende in ein nebelhaftes Morgen:

In einem verwüsteten Baumeister-EXIL wird ein ZYNEEGHAR der Baumeister geplündert von bizarren Wesen, die an lebende Me­tallskulpturen erinnern. Oki Stanwer würde solche Wesen wieder erkennen – es sind Thaat-GRALSJÄGER aus der fernen Zukunft, die planmäßige Plünderung in der Vergangenheit betreiben. Doch diese Thaats sind nicht an der Evakuierung von GRALEN in die Zukunft interessiert, wie es die Thaats im GRALSREICH wa­ren (vgl. dazu die Bde. 64-66).

Diese Thaats sind negative GRALSJÄGER, Freischaffende, könnte man sagen. Sie arbeiten für das SYNDIKAT unter seinem Vorsit­zenden Inciil. Und sie freuen sich darauf, das „Ziel Eins“ anzu­steuern: Die Galaxis Milchstraße und die Baumeisterwelt RAN­TALON!

Derweil träumt Maria Sandriacochi furchtbare Träume auf MO­NOLITH – zunächst von bizarren winzigen Metallwesen, die vor RANTALON aus dem Nichts erscheinen und hier furchtbares, mörderisches Chaos verursachen. Und dann sieht sie hinein in ein Pfeilschiff der Baumeister … und hinter dem metallenen Würfel des Schiffslenkers sieht sie die grauenhaft vermoderten, zombiehaften Gestalten von Menschen, die sie noch lebend um sich hat.

Der Schock versiegelt ihre Stimme, aber sie hat das grässliche Gefühl furchtbaren Unheils, das sich rasend schnell nähert.

Während das geschieht, trifft die STARDRAGON-Crew mit dem LEUCHTENDEN und Ekkon auf LIGA-Streitkräfte und bemüht sich, ihnen zu entkommen. Der Matrixkoordinator begreift ange­sichts dieser Schiffe rasch, wer hinter den Manipulationen der Zeitgezeiten steckt – aber es hat den Anschein, dass er diese Erkenntnisse nicht mehr weitergeben kann …

Parallel dazu sammelt das SYNDIKAT in der nahen Zukunft eine in die Zehntausende zählende Streitmacht hasserfüllter Solda­ten verschiedenster Völker, in deren Herzen der Zorn brennt. Das SYNDIKAT hat ihnen versprochen, sie zum Ziel zu führen, ihre Rache ausleben zu dürfen – an einem Ort, den man RANTA­LON nennt …

Wie ihr seht, bahnen sich hier grässliche Dinge an. Und das ist wirklich erst der Anfang eines schrecklichen Dramas, das mit dem Folgeband richtig beginnt.

Episode 98: Der Baumeister

(1997, digitalisiert 2024)

Blende ins Jahr 3880: Aus dem Nichts erscheint ein kleines, un­scheinbares Pfeilschiff mit kugelförmigem Zentralkörper im zen­trumsnahen Raum der Galaxis Milchstraße, direkt über einer großen golden schimmernden Welt, die wie eine bizarre Stachel­kugel aussieht – die Lenkwelt THRAVOOR, in dessen Innerem Oki Stanwer, seine Gefährten, die LIBERATOR und ein Baumeis­ter-Schiff nebst Insassen aus der tiefen Vergangenheit in die Ge­genwart gereist sind.

Der Insasse des angekommenen Schiffes ist der intrigante Ver­räter-Baumeister, der nur kontrolliert, ob seine manipulierten Stasisfelder noch intakt sind. Sind sie. Niemand hat die Lenk­welt bislang gefunden, und die Eingeschlossenen sind ohnehin wehrlos.

Alles läuft bestens für ihn, den Verräter.

Im Laufe der nächsten Jahrzehnte, die er im Schnelldurchlauf durchreist, bekommt er GOLEMS Invasion mit und schließlich auch, wie die THIRAAN-Weltenkette zerstört wird … unter tat­kräftiger Mithilfe des Matrixfehlers Z-NULL, der dabei selbst ver­nichtet wird (vgl. dazu Bd. 83). Dann manipuliert er die Zeitge­neratoren, die er den Galaxisrebellen aushändigen soll.

In der Realgegenwart sucht Maria Sandriacochi, durch ihre prä­kognostischen Träume zunehmend verstört, die Nähe zum Kom­mandogehirn des Baumeister-Wächtersterns MONOLITH. Sie ist davon überzeugt, dass alsbald ein Baumeister auftauchen wird. Das Kommandogehirn nimmt das ebenfalls an … aber als Maria sagt, dieser Baumeister habe offensichtlich Schlimmes im Sinn und sei nicht das positive Wesen, für das man ihn halten würde, mauert der Rechner. Doch sie kann ihn schließlich zu einem vor­sichtig-reservierten Verhalten animieren.

Am 26. März 3938 wird die STARDRAGON von der Neuen LIGA aufgebracht, und der LEUCHTENDE und all seine Gefährten wandern in Gefangenschaft. Der Matrixkoordinator wird dabei mit der Bemerkung konfrontiert, dass die Bediensteten der LIGA sich augenscheinlich noch im 12. Universum wähnen … Soffrol täuscht sie also, denn KONFLIKT 12 ist seit 20 Milliarden Jahren beendet, das diesbezügliche Universum untergegangen. Viel­leicht ist das eine hilfreiche Information … aber zunächst wan­dern sie ausweglos in Soffrols Hochsicherheitsgefängnis und verschwinden aus der Handlung.

Am 1. April versucht Maria, Marconius Stanwer dazu zu bewe­gen, vorsichtig zu sein bei einem eventuellen Baumeisterkon­takt … aber ehe sie sich aussprechen kann, erfüllt sich ihr jüngster Traum, und der Verräter-Baumeister nimmt Kontakt mit MONOLITH auf, richtet Grüße von Oki Stanwer aus und ver­spricht Hilfe bei dem Zeitgezeiten-Problem.

Die Rebellen sind völlig aus dem Häuschen und jubeln.

Nun scheint einfach alles nur noch gut werden zu können! Allein Maria Sandriacochi ist kreidebleich und weiß, dass ihnen von dem Neuankömmling tödliche Gefahr droht … aber niemand hört auf sie.

Episode 99: Die Sommeroffensive

(1997, digitalisiert 2024)

Fortsetzung des Handlungsstroms aus Band 98:

Das Auftauchen eines gottgleichen Baumeisters erfüllt die Gala­xisrebellen aus nahe liegenden Gründen mit euphorischer Be­geisterung! Nun, so denken sie alle, kann einfach nichts mehr schief gehen.

Wir haben Gott auf unserer Seite!“, so lautet ihre über­schwängliche Überzeugung. Als Maria nervös zur Vorsicht mahnt, heißt es, sie sei eindeutig nervlich überspannt und bräuchte dringend Ruhe (was so falsch nicht ist). Sie ist völlig deprimiert und sucht wieder Zuflucht beim Kommandogehirn von MONOLITH, das alsbald signalisiert, dass der angekommene Baumeister nicht zu denen gehörte, die den Wächterstern ge­baut haben. Es gibt beim Informationstransfer zwischen MONO­LITH und den SENSOREN des Baumeisters minimale Transfer­verzögerungen.

Sie ahnen beide nicht, was der entartete Baumeister daraus für Rückschlüsse zieht – ihm und seinen SENSOREN sind diese Din­ge ebenfalls aufgefallen, und der SENSORKERN des Baumeister­schiffes erklärt, dies ließe darauf schließen, dass MONOLITH nicht von ursprünglichen Baumeistern, sondern sozusagen Bau­meistern zweiter Generation errichtet worden sei – von Lokes-Baumeistern, der Baustruktur nach zu urteilen.

Der Verräter-Baumeister schäumt vor Hass, lässt sich aber ge­genüber den Galaxisrebellen nichts anmerken.

Maria Sandriacochi versinkt wieder in einem Wahrtraum … und sieht sich in der Zentrale der LIBERATOR, die völlig in veilchen­blaues Leuchten gehüllt ist … ein Stasisfeld, das die Zeit nur sehr zögerlich verstreichen lässt. Und sie spürt, dass das Schiff in der Gegenwart sein muss, aber eben immer noch im Zeitver­zögerungsfeld.

Und sie kann es nicht mehr verlassen! Die Stasis greift auf ihren Körper über und schaltet sie als handelnde Person aus.

Als Marconius ihren gespenstisch veränderten Zustand ent­deckt, tut er das Falscheste, was er tun kann – er fragt den Bau­meister um Rat … der schnell erkennt, dass Maria mit der Zeit­verzögerungsstasis auf THRAVOOR gekoppelt ist. Das ist ein Faktor, mit dem er nicht gerechnet hat und der ihm gar nicht ins Konzept passt. Aber er kann sich argumentativ aus der Affäre ziehen und die weitere Mobilisierung der Galaxisrebellen voran­treiben.

Hier wird eine Flotte von tausend robotischen ERKUNDERN mit starken Waffensystemen vorangetrieben (die so genannte „Win­kelflotte“), außerdem die Erstellung einer autonomen Lenkba­sis, die nahe RANTALON stationiert werden soll. Aber Anfang Mai 3938, während von der STARDRAGON nach wie vor auch nach Wochen jede Spur fehlt und Marias Stasis anhält, beginnen sich die Flotten vor RANTALON zu sammeln.

GOLEMS Truppen.

LIGA-Truppen.

TOTAM-Kontingente.

Und, fast verschämt im Hintergrund, die Galaxisrebellen mit ihren kleinen Kontingenten. Die Sommeroffensive beginnt, und sie scheint in ein unausweichliches Massaker münden zu müs­sen …

Episode 100: Festung RANTALON

(1997, digitalisiert 2024)

Irgendwann, irgendwo:

Die hasserfüllten Soldatenkontingente der SYNDIKATS-GRALSJÄ­GER werden darauf gedrillt, gnadenlos Siedlungen niederzu­brennen und alle Lebenden zu töten. Dummerweise sind sie aber nach wie vor nur auf einem Trainingsfeld mit Androiden, nicht auf RANTALON. Und die Truppen sind inzwischen auf 80.000 Soldaten angewachsen.

Der intrigante Verräter-Baumeister hat inzwischen RANTALON aus der Ferne observiert und ein meisterhaftes Hologramm der Ringwelt geschaffen, das er in der Kommandozentrale von MO­NOLITH den Galaxisrebellen umfassend erläutert. Dabei hält er sich völlig an die Wahrheit, rätselhafterweise.

Das Wesen TOTAM wird aus der Ferne Zeuge der Ankunft des Baumeisters und beschließt zusammen mit dem BUCH, dass es keine gute Idee wäre, jetzt die Galaktiker-Verbündeten zu kon­taktieren. Die einzige Möglichkeit, um zu handeln, ist Verstär­kung der Wachpräsenz vor RANTALON.

Am 10. Mai 3938 tauchen vor RANTALON, unbemerkt von den Wächterschiffen, winzige metallische Partikel aus dem Nichts auf – Kybernoiden, sporengleiche, schwarmartig organisierte Künstliche Intelligenzen, die ebenfalls wie die GRALSJÄGER aus der fernen Zukunft eines späteren Universums aufgetaucht sind, um hier zu manipulieren. Sie bilden einen geheimen Pol nahe den Zeitgezeitenfeldern vor RANTALON.

Soffrols Intrigantenschachzug, Synox von GOLEMS Streitkräften auf seine Seite zu ziehen, um sie zu Doppelagenten oder gleich zu Überläufern zu machen, funktioniert ebenfalls immer besser.

Während die Gefangenen der STARDRAGON-Crew noch darauf hoffen, dass irgendwer sie aus der Hand der LIGA befreit, unter­suchen die Lokes das Galaktiker-Schiff und stoßen dabei auf Hightech von MONOLITH … und auf klare Indizien, die auf wei­terentwickelte Lokes-Technik hindeuten. Das führt zu verschärf­ten Verhören, denen die meisten STARDRAGON-Besatzungsmit­glieder zum Opfer fallen. Dann verhört Soffrol den LEUCHTEN­DEN …

Auf der Genbasis 18, GOLEMS neuem Hauptquartier, nachdem das Königreich der Dämonen und damit seine Hauptwelt Malse­nador gefallen ist, tobt das Chaos. Vooler-Rebellen sabotieren und attackieren die Installationen der Dämonenwaffen-Allianz und säen Chaos. Linienuntreue Synox hegen verstärkt Zweifel an GOLEMS Mantra, die LIGA sei allein eine mythische Vergan­genheit und habe keinerlei Relevanz für die Gegenwart.

Ehe die Dämonenwaffen also ihre Streitkräfte konsolidieren kön­nen, müssen sie erst mal mit den Rebellen in den eigenen Rei­hen klarkommen.

Soffrol versucht weiterhin, Temporaltechnologie so zu perfektio­nieren, um einen Vorstoß nach RANTALON zu unternehmen. Was niemand seiner Untergebenen ahnt: Im letzten Verhör des LEUCHTENDEN hat er eine Information über RANTALON erhal­ten, die ihn elektrisiert – auf RANTALON existiert ein so genann­ter Ladungspol der Lichtmächte, an einem Ort namens TAARNA. Dort kann man Direktkontakt mit den Sieben Lichtmächten auf­nehmen. Und von dort kann man auch Lichtmacht-Truppen an­fordern, CROMO-Streitkräfte etwa. Das ist die große Hoffnung des LEUCHTENDEN, der nach dem Verhör ziemlich am Ende sei­ner Kräfte ist.

Soffrol aber will TAARNA als Fluchtmöglichkeit aus dem KON­FLIKT 16 nutzen. Und zwar er allein. Deshalb treibt er massiv die Arbeiten an der Zeittechnologie voran … und schmiedet einen weiteren Plan, um die Dinge auf der Gegenseite zu verlangsa­men.

Im Orbitalring II, einer weiteren Basis GOLEMS, versucht ein Synox namens Bheec, einen Zeitkapsel-Prototyp zu stehlen und wird von einem Alli in einem Energiegitter gefangen. Als dieser ihn exekutieren möchte, taucht ein zweiter Synox auf, der an­geblich nach eigener Auskunft „von der LIGA aus der nächsten Woche“ kommt und Bheecs Ermordung verhindern musste, weil GOLEM sonst die LIGA besiegt hätte. So bringt Bheec den Proto­typ zu Soffrol, und die Aufzeichnungen dieses Gesprächs befeu­ern GOLEMS pathologische Angst vor Zeitmanipulationen. Dabei handelt es sich hierbei in Wahrheit um ein raffiniertes Täu­schungsmanövers Soffrols, das GOLEMS Kräfte weiter verzetteln soll.

12. Mai 3938: Vollalarm für die Lenkbasis der Galaktiker – vor RANTALON marschieren massive Flottenkontingente auf. Ein Durchbruch zur Ringwelt scheint illusorischer denn je zu sein, Baumeisterhilfe hin oder her … und dann beginnen die Einhei­ten GOLEMS, Soffrols und TOTAMS damit, einander zu bekämp­fen …

Kurz zuvor hat die Subpersönlichkeit des Wächtersterns MONO­LITH insgeheim Marias Sorgen Abbitte geleistet – denn die Handlungsweisen des Baumeisters zeigen immer deutlicher, dass ihm nicht wirklich am Wohlergehen der Galaktiker gelegen ist, und vieles darauf hindeutet, dass er verzögert, verwirrt und verschleppt. MONOLITH entwickelt daraufhin einen Notfallplan und entdeckt bei weiteren Nachforschungen die Quelle der Tem­poralenergien, die Marias Stasis auslösen – in einem fernen Sek­tor der Galaxis, in dem sich die Lenkwelt THRAVOOR befindet … und zudem, dass diese Koordinaten schon seit über 800 Millio­nen Jahren in seinen Speichern existiert haben. Der Wächterstern beschließt, insgeheim eine unbemannte Kundschaftermission dorthin auszusenden.

18. Mai 3938: Die LIGA kontaktiert über MONOLITH die Lenkba­sis der Galaktiker, wo sich auch Marconius Stanwer und der Baumeister gerade aufhalten. Der Diplomatische Lord Suu, ein Lokes, überbringt den Galaktikern ein „großzügiges Angebot“ Soffrols. Sie sollen ihm das Erstlanderecht auf RANTALON über­lassen, dafür würden sie die „etwas lädierten“ Bediensteten des Lichts, Ekkon und den LEUCHTENDEN, zurückbekommen.

Doch zur Fassungslosigkeit aller ist es dann der Baumeister, der dem Lokes die Antwort gibt: „Ich spreche für die Galaxisrebel­len: das Angebot ist für uns gegenstandslos. Fahrt zur Hölle!“

Tja, und damit ist die Hölle nun wirklich am Kochen.

Mit diesem Band endet diese Trilogie, doch der so genannte „Verräter-Zyklus“ geht noch deutlich weiter. Und ich versichere euch, Freunde – jetzt werden die Dinge WIRKLICH richtig schlimm.

Mehr dazu im kommenden Teil dieser Artikelreihe.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

Rezensions-Blog 484: Die Gnadenlosen

Posted November 27th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist schon verblüffend, diese Rezension aus dem Jahre 2020 im Jahr 2024 wieder aufzunehmen und in den Rezensions-Blog zu projizieren. Ich schwöre, damit war keinerlei politische Mes­sage intendiert. Wie ich jüngst schrieb, pausiere ich zurzeit mit dem Lesen und Rezensieren bei James Rollins und wende mich der immer noch ansehnlichen Menge an noch nicht gelesenen und rezensierten Romanen von Clive Cussler und seinen Epigo­nen zu. Und dabei war nun die Reihe an diesem Werk.

Verblüffung ist dennoch vermutlich unvermeidbar, weil in Deutschland in diesem Jahr auch mächtig gestreikt wurde. Das ist schon eine witzige Koinzidenz … doch ansonsten haben die Streiks in den USA im Jahre 1902, in dem dieser Roman spielt, mit den doch eher zahmen Auseinandersetzungen in Deutsch­land der Gegenwart nicht viel gemeinsam.

Wir erleben es hier nicht, dass Minen explodieren, Schiffe ver­senkt werden und Mordanschläge vorkommen … solche Ereig­nisse verleihen aber dem vorliegenden Roman eine mächtige Dramatik.

Ich finde, da lohnt sich ein genauerer Blick:

Die Gnadenlosen

(OT: The Striker)

Von Clive Cussler & Justin Scott

Blanvalet 0144

480 Seiten, TB, Oktober 2015

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-442-0144-1

Man schreibt das Jahr 1902, als in den Vereinigten Staaten die sozialen Ungleichheiten zwischen vermögender und arbeitender Klasse massiv aufbrechen und sich sozialistisch orientierte Streikbewegungen daran machen, die Arbeiterschaft zu organi­sieren. Ihr Ziel: mehr Arbeiterrechte, kürzere Arbeitszeiten, bes­sere Bezahlung. Wer das heutzutage für selbstverständlich hält, hat wirklich keine Vorstellung der Situation in den Vereinigten Staaten zu jener Zeit.

Der Industrielle Black Jack Gleason engagiert die noch junge De­tektei von Joseph Van Dorn, weil er überzeugt davon ist, dass seine Kohlegruben von sozialistischen Provokateuren und Sabo­teuren bedroht wird. Während Van Dorn sich darum bemüht, ein nationweites Netz seiner Agentur zu etablieren, wird der Junger­mittler Isaac Bell nach West Virginia geschickt, um in der Glea­son Mine 1 nach dem Rechten zu sehen. Hier wird er Zeuge ei­nes schrecklichen Grubenunfalls – jedenfalls sieht es ganz da­nach aus. Er kann mit Mühe eine Totalkatastrophe verhindern, aber es gibt eine Reihe von Toten.

Verantwortlich für den Zwischenfall wird der Gewerkschaftler Jim Higgins gemacht, aber Bell zweifelt diese Urheberschaft mit Recht an. Als er versucht, den inzwischen Verhafteten zu befra­gen, wird er von einem Unbekannten aus der aufgebrachten Menschenmenge beinahe erschossen … und das Ende vom Lied ist Bells Beteiligung an einer Häftlingsbefreiung, bei der das Ge­fängnis abbrennt und er sich schließlich mit der bildschönen und sozialistisch engagierten Schwester Jims, Mary Higgins, via Zug auf der Flucht befindet. Und er hat einen ernsten Verdacht: die Gewerkschaftsbewegung soll von höherer Stelle durch einen Provokateur ausgenutzt werden, um einen sozialen Konflikt in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand eskalieren zu lassen und die Macht der besitzenden Schicht zu festigen.

Er macht sich auf den Weg, Van Dorn zu überzeugen, und mit einem kleinen Team altgedienter Ermittler folgt er mühsam den geschickt vertuschten Fährten des Provokateurs, der tatsächlich existiert. Während er allerdings weithin im Dunkeln tappt und zunehmend entdecken muss, dass sein bernsteinäugiger, lange namenloser Feind höchst raffiniert und absolut gnadenlos ist – und immer einen Schritt voraus – , verbündet sich dieser mit ei­nem Wall Street-Magnaten, Judge James Congdon, um diesem zu mehr Macht zu verhelfen.

Erschwert wird die Angelegenheit durch mehrere Faktoren wei­ter. Zum einen ist der Junggeselle Bell alsbald ordentlich in die intelligente Mary verschossen, die andererseits bald entdeckt, dass er ein Detektiv ist und von ihr mithin als Agent der Eigen­tümerklasse abgelehnt wird. Zum anderen verfolgt Jim Higgins ehrenwerte soziale Ziele, ist aber strategisch auf geradezu be­klagenswerte Weise naiv. In der Streikbewegung geben mehr­heitlich die Radikalen den Ton an – exakt das, was sich der intri­gante Saboteur wünscht, der Gewalt auf beiden Seiten der Fron­ten anzetteln will. Dafür geht er buchstäblich über Leichen, sprengt Schiffe in die Luft, zerstört Gewerkschaftshäuser und hetzt inkognito Arbeiter wie Ordnungskräfte gegeneinander auf. Schließlich werden sogar Van Dorn-Agenten ermordet, und Isaac Bell gerät in eine immer prekärere Lage, als sich die Situation zuspitzt. Dass Mary den Radikalen zuneigt, macht die Angele­genheit noch heikler.

Joseph Van Dorn mahnt, Bell solle möglichst nicht Partei ergrei­fen – aber das erweist sich als unmöglich. Und als sie herausfin­den, wer der Provokateur ist, reagiert der Agenturgründer kurz­schlüssig … denn er selbst ist es gewesen, der dieses Monster geschaffen hat, das er nun in den Abgrund zurückstoßen will, aus dem es gekommen ist …

Als ich mit der Lektüre des Romans begann, nahm ich auch an, er müsse mit „Der Streiker“ übersetzt werden, da es sehr um die Person des Gewerkschaftlers Jim Higgins ging (der Klappen­text erzählt allerdings Blödsinn, denn er kommt bei dem Minen­unglück nicht ums Leben!). In Wahrheit kristallisiert sich bald heraus, dass es „Die Streiker“ übersetzt werden müsste, weil es schließlich um Abertausende von Personen geht. Und interes­santerweise ist die Lage im Herbst des Jahres 1902 auf bizarre Weise ein Spiegelbild der aktuellen Situation im heutigen Ameri­ka – das ein tief gespaltenes Land ist. Dort verlaufen die Fronten allerdings nicht rein politisch zwischen republikanisch und de­mokratisch, sondern zwischen Besitzenden und Arbeitenden, und die Auseinandersetzungen sind von einer atemraubenden Brutalität. Es wird schnell verständlich, warum Bell sich die Sa­che der Streikenden zu Eigen macht und massiv in die Gescheh­nisse eingreift, auch wenn er das gar nicht soll.

Herausgekommen ist eine Geschichte, die weitaus dramatischer als der Vorgängerroman „Meeresdonner“ ist, und selbst wenn ich personell manchmal den Faden verlor, weil Scott doch viele Protagonisten der vorherigen Romane wieder auftauchen lässt, an die ich mich z.T. nur noch vage erinnerte, muss ich doch at­testieren, dass dieser Isaac Bell-Roman das Niveau der vergan­genen Werke mühelos halten konnte und, was den sozialen Im­petus angeht, sogar noch ein gutes Stück zu steigern wusste.

Wer sich gern in das Jahr 1902 und die frühe Zeit der Van-Dorn-Detektei einfühlen möchte und in die damals noch junge und re­bellische Gewerkschaftsbewegung, der ist hier wirklich richtig am Platz.

Guter Geschichtenstoff, der mir sehr gefallen hat. Eine klare Le­seempfehlung.

© 2020 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche mache ich mal eine seltene Ausnah­me von der Regel. Da kümmere ich mich diesmal nicht um ein Buch, sondern um einen recht aktuellen Kinofilm, der mich nachhaltig beeindruckte.

Mehr dazu in der kommenden Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

es gibt wirklich überraschende Monate, in denen die Kreativität sprudelt … so etwas habe ich im gerade verflossenen Monat März 2024 erlebt. Mit 26 fertig gestellten Werken kam ich tat­sächlich fast auf ein Werk pro Tag. Sicherlich, manchmal waren es „nur“ Blogartikel oder Rezensionen, aber wie ich jüngst Freunden erzählte – ich pflege wirklich das alte Rezept von Ray Bradbury zu beherzigen, demzufolge man als Autor jeden Tag schreiben sollte. Und im Grunde genommen gelingt mir das nun schon sehr lange.

Befeuernd gerade im Bereich des OSM kam natürlich hinzu, dass ich mich geradezu schwindelerregend schnell OSM-Band 2300 nähere. In diesem Moment habe ich zuletzt OSM-Band 2295 abgeschlossen, und das heißt, dass ich prinzipiell am kom­menden Wochenende schon soweit sein könnte … ja, könnte. Aber so ein Hunderterband erlegt mir natürlich auch eine gewis­se Bürde auf.

Zu einem Hunderterband des Oki Stanwer Mythos taugt nicht jede Art von Geschichte. Es sollte schon ein Werk sein, das a) kein Digitalisat ist und b) keine Annalen-Geschichte und c) kein Roman. Das schränkt dann die mögliche Auswahl schon ziem­lich ein. Außerdem will ich versuchen, nicht gewissermaßen eine Art von Ballung von Jubiläumsbänden in einer Serie zu kon­zentrieren, sondern sie schon ordentlich auf verschiedene OSM-Serien zu verteilen.

Herausforderung? Absolut. Aber darum wird es in ein paar Wo­chen gehen, wenn ich einen Blogartikel explizit zum Band 2300 schreibe. Momentan bin ich noch reichlich unentschlossen, aus welcher der zahlreichen begonnenen OSM-Serien dieser Band stammen wird. Wenden wir uns darum lieber den Fakten zu, die schon sicher feststehen, also den Werken des Monats März 2024:

Blogartikel 586: Work in Progress, Part 135

(June – Erotic Empire-Story)

(Verspielt – Erotic Empire-Story)

(Ein denkwürdiger Urlaub – Erotic Empire-Story)

Anmerkung: Diese Ballung von Erotic Empire-Geschichten be­deutet weniger, dass ich darin viel vorankam. Es hatte mehr da­mit zu tun, dass ich aktuellere Ausdrucke von diesen Werken erstellen wollte. Das klappte bis zum 12. März, dann streikte mein Drucker … ich arbeite daran, den Fehler zu finden und zu beheben.

16Neu 102: TAASIK-889

16Neu 104: Auslöschungsgefahr

Blogartikel 571: Blitzideen

(Jessica II – Erotic Empire-Story)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

16Neu 103: Kampf um die Lenkwelt

(OSM-Wiki)

16Neu 105: Anschlagziel: VERRICOR

16Neu 97: Feinde aus der Zukunft

16Neu 98: Der Baumeister

16Neu 99: Die Sommeroffensive

Anmerkung: Ich denke, die alleinige Häufung dieser Episoden aus KONFLIKT 16 macht ziemlich klar, was mich in diesem Mo­nat geradezu magnetisch anzog … kein Wunder. Sowohl Band 100 ist ein Fixpunkt der Serie, und mit Band 107 beginnt der Fi­nalzyklus, den ich schon 1998 quasi nonstop herunterschrieb, in einem ziemlich singulären Schreibrausch. Ich freue mich echt sehr, ihn jetzt gründlich kommentiert zu sichern und auszudrucken. Ihr werdet im Rahmen der Close Up-Artikel in Bälde mehr zu den hochdramatischen Inhalten dieser Episoden lesen können.

(Das Akademie-Problem – OSM-Hintergrundtext)

Anmerkung: Das war eigentlich nur eine Stippvisite in einem Hintergrundtext, der schon seit vielen Jahren vor sich hindüm­pelt und sich auf KONFLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schatten­fürst“ bezieht, allerdings deutlich jenseits von Band 50 der Serie. Hieran komme ich vermutlich wirklich erst voran, wenn ich mich gründlich in die Serie einlese und dann fortfahre, das Drama in der Galaxis Daarcor explizit niederzuschreiben. Das kann noch dauern …

16Neu 106: Verrätertod

20Neu 20: Kampf um Grat-ban

16Neu 100: Festung RANTALON

16Neu 101: THRAVOOR

(20Neu 21: Im Dienst des Lichts)

(Im Bann der schönen Fremden – OSM-Story)

Anmerkung: Ja, was war DAS denn? Eine OSM-Story aus dem KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“? Ja, ganz genau. Auch sie ist schon vor langer Zeit begonnen worden, und ich komme hier nach wie vor nur bis zum Strand … davon möchte ich noch gar nicht mehr verraten. Es ist nur soviel si­cher: eine allzu jugendfreie Geschichte ist das nicht. Es geht um Sternenfeen, viel Nacktheit und hemmungslosen Sex. Was er­wartet ihr von Sternenfeen-Geschichten denn auch anderes?

NK 62: Fürsorgliche Entführung

Anmerkung: Das Überwinden dieser Schreibschranke in der vor­liegenden Episode geschah wirklich ziemlich blitzartig. Sobald die inneren Bilder erst mal flossen und die anfängliche Szene modifiziert war, wusste ich ganz genau, wohin ich wollte. Aller­dings war ich wirklich nicht darauf gefasst, dass die drei Ge­staltwandler in Not von einem Wesen gerettet werden würden, das einer uniformierten Rübe gleicht … das wird noch ziemlich witzig werden, glaube ich. Und vermutlich tödlich.

(NK 63: In der Zwielichtzone)

(16Neu 107: Versprengte der Zeiten)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“)

Blogartikel 585: Close Up – Der OSM im Detail (58)

Blogartikel 591: Close Up – Der OSM im Detail (59)

(16Neu 108: Temporale Fußstapfen)

Blogartikel 587: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LXII)

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam)

(20Neu 24: Die Falle in den Lebenskanälen)

Anmerkung: Wie ihr deutlich erkennen könnt, schon vom rein quantitativen Umfang der Digitalisate, behandelte ich KONFLIKT 20 eher etwas stiefmütterlich. Das wird sich m. E. erst ändern, wenn ich mit der Serie 16Neu am Ende bin. Das ist nicht mehr weit weg.

(16Neu 109: Die Tunnelgänger)

(20Neu 22: Entropie-Alarm)

(20Neu 23: Die Labyrinthe von Arc)

(NK 64: Reise nach Westai)

Anmerkung: Dieser Episodentitel ist schon ziemlich alt, er stammt möglicherweise sogar aus dem Jahr 2018 oder ist noch früher geprägt worden. Mein Problem bei dieser Geschichte war formaler Natur: Jeder 4. Band einer OSM-Serie bekommt übli­cherweise eine Vorschauseite. Aber die Vorschautitel der Serie NK reichten nur bis Band 66, nicht – wie erforderlich – bis Band 69. Diesem Missstand half ich tatsächlich jetzt am 31. März 2024 ab. Und ja, ich kann mir schon vorstellen, dass Band 2300 von hier kommt … mal schauen.

(Im Parallelraum – OSM-Story)

Anmerkung: Dass ich mich zu guter Letzt an dieser Geschichte versuchte, kann im Grunde nicht verblüffen. Warum? Weil in ihr das Schicksal einer Schiffsbesatzung geschildert wird, die an der „Sommeroffensive“ im KONFLIKT 16 teilnimmt, aber nie dort ankommt, wo sie hin soll. Stattdessen landen sie an einem unheimlichen Ort, an dem die Welt buchstäblich so anders aus­sieht, dass sie das gar nicht glauben können.

Zu dumm, dass der Fluss der inneren Bilder hier nicht anhielt und ich nur ein paar Stichworte zum weiteren Handlungsverlauf erhaschen konnte … aber kommt Zeit, kommt auch wieder ein kreativer Impuls.

Damit bin ich für heute wieder am Schluss. Ihr seht, es tut sich einiges bei mir daheim. Mehr dazu über die Ereignisse, die mich im Monat April „heimsuchen“, verrate ich euch am nächsten Monatsersten … na, fast, denn dieser Eintrag soll dann nicht mit dem Maiblog kollidieren und kommt deshalb einen Tag früher.

Soviel für heute, Freunde.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 483: Wenn Napoleon bei Waterloo gewonnen hätte

Posted November 20th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer mich kennt bzw. schon länger meinem Blog folgt, der wird längst verstanden haben, dass ich als studierter Neuzeithistori­ker ein Fan von Alternativweltgeschichten bin. Ich bin da ganz auf der Seite des Historikers Alexander Demandt, der mal sinn­gemäß urteilte, historische Spekulationen des „Was wäre wenn“ seien keine müßige Zeitverschwendung, sondern würden viel­mehr das eigentliche Potenzial von Geschichte sichtbar ma­chen, insbesondere an den charakteristischen Wendepunkten der Historie.

Wir brauchen gar nicht im Abstrakten zu verharren. Schauen wir uns die jüngere Geschichte an, so stoßen wir an vielen Stellen auf Entscheidungen, die reale Geschichte wurden, die selbst ge­standene Zeitgenossen konsternierten und völlig undenkbar schienen. Ob es sich dabei um dem Mauerfall 1989 handelt, um das Ende der Sowjetunion 1991, um den Aufstieg von Bündnis 90/Die Grünen zur arrivierten Regierungspartei, um die Wahl ei­nes offensichtlich egomanischen Demagogen zum US-Präsiden­ten (oder dem eines Schwarzen zum Präsidenten) … viele hät­ten solche Ereignisse eigentlich für undenkbar erklärt. Und den­noch ist das unsere heutige Geschichte.

Zu jedem einzelnen dieser Ereignisse und unzähligen anderen aus dem Ablauf der Geschichte kann man sich alternative Deu­tungen denken. Vielfach hingen die Entscheidungen von schein­bar irrealen „Hinge-Faktoren“ ab: vom Wetter, von widrigen Ver­kehrsverhältnissen, von unvermittelten Krankheiten, kinderlo­sen Heiraten, militärischen Desastern, verdorbenen Speisen und vielem mehr.

Die Vielgestaltigkeit alternativer Entwicklungen der Geschichte macht eigentlich deutlich, wie vieles, was wir heutzutage für selbstverständliche Fakten der Geschichte halten, auch ganz anders hätte geschehen können. Und damit sind wir in der Are­na der alternativen Geschichte, auf die ich euch heute mit Ver­gnügen loslasse. Auch wenn diese Storysammlung inzwischen nur noch antiquarisch zu haben ist, lohnt sie jede Stunde der Lektüre, ihr werdet es rasch merken:

Wenn Napoleon bei Waterloo gewonnen hätte

(OT: If It Had Happened Otherwise)

Parallelweltgeschichten

Herausgegeben von J. C. Squire

Heyne 6310

400 Seiten, TB

August 1999

ISBN 3-453-14911-4

Wenn es anders gekommen wäre“ (If It Had Happened Otherwi­se) lautete der Originaltitel dieser Storysammlung, die für sich genommen schon eine Antiquität ist. Der Band ist ursprünglich nämlich im Jahre 1931 (!) erschienen und würdigte die damals im Schwange befindliche „Manie“ von Scheideweg-Geschichten, die der britische Historiker Sir George Trevelyan mit seinem Es­say „Wenn Napoleon die Schlacht von Waterloo gewonnen hät­te“ gewissermaßen begründet hatte. Diese im Juli 1907 (sic!) von der Westminster Gazette prämierte Geschichte findet sich in diesem Buch wieder. Sie war auch in der Originalsammlung vertreten.

Vierzehn parallele Wirklichkeiten präsentieren sich hier dem ge­neigten Leser, und es handelt sich sämtlich um faszinierende bis abstruse Darstellungen, die in einem wesentlichen Punkt von unserer bekannten Geschichte abzweigen, zum Teil mit ver­störenden Folgen.

Einige dieser Geschichten könnten – wie mir – bereits aus dem HEYNE SF-MAGAZIN bekannt sein, in denen Wolfgang Jeschke in früheren Jahren ein paar abdrucken ließ (so die Geschichte von H. A. L. Fisher und von Winston Churchill). Die anderen jedoch sind zum Teil atemberaubend:

In Wenn die Mauren in Spanien gesiegt hätten lässt die Zeitwei­che im Jahr 1492 bei Granada die Richtung wechseln. Die spani­sche Reconquista ist im entscheidenden Moment erfolglos. Die Mauren triumphieren und treiben die spanischen Herrscher in die Flucht. Ferdinand von Spanien stirbt ein Jahr darauf, Isabella begibt sich ins Kloster und warnt bis zu ihrem Tod im Jahre 1512 vor einem erneuten Angriff auf die maurische Macht. In späte­ren Jahrhunderten führt das unter anderem dazu, dass ein be­kannter Mann namens Benjamin Disraeli Großwesir im König­reich Granada wird. Und das ist nur ein Teil dieser Vision, die bis April 1919 führt …

G. K. Chesterton, eigentlich für Krimis bekannt, beschreibt in seiner Vision Wenn Don Juan d’Austria Maria Stuart geheiratet hätte eine Veränderung der britischen Politik, die die starke Po­sition Elizabeths I. von England unmöglich gemacht hat und da­mit auch die Katastrophe der Spanischen Armada von 1588 nie geschehen ließ …

Wenn Ludwig XVI. eine Spur von Festigkeit gezeigt hätte, dann wäre wohl laut dem französischen Schriftsteller André Maurois die Französische Revolution nicht ausgebrochen. Bekannterma­ßen entließ er auf Drängen der Adeligen den Minister Turgot, als dessen Reformen ihre Pfründe antasteten. Doch wäre das NICHT geschehen, nun, dann hätte er gewiss seinen Kopf nicht verlo­ren …

Die Perspektive eines gerade verstorbenen Historikers, der von einem Erzengel in das „Archiv der nichtverwirklichten Möglich­keiten“ geführt wird, ist natürlich eine schriftstellerische Figur, die besonders für mich als angehenden Historiker UND Schrift­steller von beträchtlicher Faszination ist.

Hilaire Belloc nimmt einen noch banaleren Anlass zum Aus­gangspunkt SEINER Version, um die Französische Revolution scheitern zu lassen. Bei ihm ist in der Geschichte Wenn Drouets Karren stecken geblieben wäre die Handlung schon weiter: die königliche Familie ist auf der Flucht, und der Soldat Drouet, der die Kutsche kommen hört, versucht verzweifelt, die Straße mit­tels eines Karrens zu blockieren, der allerdings im Finstern an­gekettet ist. Drouet ist erfolglos, und das hat schwere Folgen …

Wenn Napoleon nach Amerika entkommen wäre, vom britischen Historiker Herbert Albert Laurens Fisher (+1940) verfasst, liest sich ungemein faszinierend. Aus der Sicht eines jungen ameri­kanischen Lehrers, der Napoleons Ankunft im August 1815 in Boston miterlebt, breitet sich das Panorama der Aktivitäten des rührigen Korsen aus, der zunächst versucht, die Amerikaner zum Aufstand gegen die Franzosen und Briten aufzustacheln. Als dies misslingt, wendet er sich nach Südamerika und sucht sich einen charismatischen Verbündeten. Er findet ihn schließ­lich in niemand Geringerem als Simon Bolivar …

Bizarr schildert Harold Nicolson den Verlauf der weiteren Karrie­re des Schriftstellers Lord Byron in der Geschichte Wenn Byron König von Griechenland geworden wäre. In der Fassung eines Schriftstellers, der Byrons alias König Georg von Griechenlands heldenhafte Vergangenheit klarstellen will, erfährt man eine Menge Indiskretionen hierüber. Und wie Byron eigentlich gegen seinen Willen zur griechischen Galionsfigur wurde …

Wenn Lee die Schlacht von Gettysburg nicht gewonnen hätte, wäre laut Winston Churchill über kurz oder lang die E.S.A (Eng­lisch sprechende Assoziation) entstanden, die die Gegensätze zwischen Nord- und Südstaaten endgültig überwunden hätte – allerdings erst nach jahrzehntelangem, erbittertem Wettrüsten zweier amerikanischer Staaten in ein und derselben Bündnis­struktur – und die schließlich erfolgreich als weltweit größte Mili­tärmacht 1914 in Europa interveniert hätte. Eine faszinierende Vision, die umso beklemmender über 70 Jahre nach Abfassung wirkt in Anbetracht all dessen, was WIRKLICH geschah …

Wenn Booth Präsident Lincoln verfehlt hätte, hätte man, wie Milton Waldman ausführt, vermutlich herausgefunden, dass er viel autokratischer regierte als zu erwarten war. In dieser Welt, die er als Kritiker einer lincoln-apologetischen Buchpublikation beschreibt, schneidet der Präsident nicht sonderlich gut ab. Und was sein Ende angeht, nun … das ist doch etwas überraschend.

Sehr bemerkenswert möchte ich die Geschichte Wenn Kaiser Friedrich III. nicht Krebs gehabt hätte von Emil Ludwig hervorhe­ben. Nach seiner Vorstellung wäre dann das so genannte „Drei­kaiserjahr“ 1888 anders verlaufen. In diesem Jahr starb Kaiser Wilhelm I. im Alter von 91 Jahren. Kronprinz Friedrich aber plag­te zu dieser Zeit eine schmerzhafte Erkrankung des Kehlkopfes, und die Ärzte diagnostizierten Krebs, der unbedingt operiert werden müsse. Beides führte schließlich zu Friedrichs Tod nach nur 99 Tagen Regentschaft, so dass ihm der junge Prinz Wilhelm II. auf den Thron folgte – und schließlich den Ersten Weltkrieg maßgeblich mit auslöste. Doch wenn Rudolf Virchow SICHER ge­wesen wäre, dass es sich NICHT um Krebs handelte, wenn Fried­rich überlebt und auch keineswegs Bismarcks Entlassung ange­strebt hätte, dann wäre es denkbar gewesen, dass sich die Ge­schichte in die Richtung entwickelte, wie Ludwig sie laufen lässt – die Konsequenzen sind schier atemberaubend …!

Die Geschichte des Herausgebers J. C. Squire schließlich bringt den Leser auf die Fährte einer unglaublichen Enthüllungsstory. Was wäre wohl passiert, wenn 1930 entdeckt worden wäre, dass Shakespeares Werke in Wirklichkeit von Bacon stammen. Was sich aus den anfänglichen „Wühlarbeiten“ (im wörtlichen Sinn!) des Professor Skinner J. Gubbitt von der Jones University in Rhode Island auf dem alten Grundstück von Lord Verulam ali­as Francis Bacon ergibt, dürfte insbesondere für Shakespeare-Fans eine veritable Schockstory sein. Wenn man auf einmal beim Schlachter „ein Stück Shakespeare“ bestellt (weil man Schinken haben möchte) und was um alles in der Welt mit dem „Verräter“ Shakespeare passiert, der sich Bacons Werke „unter den Nagel“ gerissen hat, das reizt wirklich die Lachmuskeln und stellt gute Unterhaltung dar. Aber dann ist natürlich noch immer eine Frage offen: Wer um alles in der Welt hat denn nun, wenn BACON Shakespeares Werke schrieb, BACONS Werke verfasst …?

Bei der nächsten Geschichte, die in jeder Hinsicht gewöhnungs­bedürftig ist, wäre es sehr sinnvoll gewesen, wie bei den ande­ren einen kurzen Abriss der wirklich historischen Ereignisse vor­anzustellen. Wenn der Generalstreik erfolgreich gewesen wäre ist nämlich nichts anderes als der Auszug einer imaginären Zei­tung vom 31. (sic!) Juni 1930, in der von verstörenden und völ­lig verwirrenden Dingen die Rede ist: von einer Klage der Berg­bauunternehmer, die gerne dichtmachen würden, aber nicht können; von einem Milchsee im Hyde-Park; von Phantomstreiks; von der BBC, die versucht, Karl Marx „Kapital“ als Zwangsvorle­sung an die Zuhörer zu bringen – und vieles mehr. Das meiste bleibt selbst für Historiker wie mich unverständlich. Wenn man sich nicht sehr gut mit der britischen Geschichte der Weltwirt­schaftskrisenzeit auskennt, ist man hier wohl hoffnungslos ver­loren.

Wenn: Eine Jakobitische Phantasie nimmt wieder ein sehr reales Ereignis aufs Korn, das für mich als Leser sehr gut nachvollzieh­bar war. Der Grund lag in der Lektüre des Romanzyklus von Dia­na Gabaldon, der ja vor dem Hintergrund des Jakobitenaufstan­des von 1745 spielt.1 Diese Geschichte von Charles Petrie, am 30. Januar 1926 in The Weekly Westminster abgedruckt, geht davon aus, dass Charles Stuart siegreich blieb und England ge­wissermaßen katholisiert wurde. Bedauerlicherweise ist sie sehr kurz. Seufz …

Sir George Trevelyan nimmt in seiner titelgebenden Geschichte Wenn Napoleon die Schlacht von Waterloo gewonnen hätte an, dass mit dem 26. Juni 1815, als Napoleon die Konvention von Brüssel unterzeichnen ließ, seine kriegerische Phase endete und ein „Napoleon des Friedens“ das Ruder des französischen Staa­tes ergriff. Die Vision ist bestechend und beeindruckend. Was Trevelyans neuer Napoleon bis zu seinem Tod im Jahre 1836 noch alles bewegt, ist außerordentlich lesenswert und die Prä­mie, die er verdiente, auf jeden Fall wert …

A. P. Taylors Werk Wenn Erzherzog Ferdinand seine Frau nicht geliebt hätte weicht von den anderen Skizzen, Geschichten, Zei­tungsartikeln usw. insofern ab, als er die realen Hintergründe er­zählt, die zur Entstehung des Ersten Weltkriegs geführt haben. Nur zum Schluss ändert sich das. Aber hier ist das Abstraktions­vermögen des Lesers in hohem Maße gefordert …

Insgesamt betrachtet ist dieses Werk lange überfällig gewesen. Ein Buch, das erst nach fast 70 Jahren vollständig ins Deutsche übersetzt wird, ist eher ein Trauerspiel als irgendetwas anderes. Dennoch: gut ist es, dass man das überhaupt gemacht hat. Le­senswert sind fast alle der Geschichten. Und wenn man sich für Geschichte ebenso interessiert wie für Phantastik, dann kommt man hierbei ganz gewiss auf seine Kosten. Geschmückt von ei­nem beunruhigenden Cover von Thomas Thiemeyer – das einen alternden Kaiser Napoleon vor einer ruinenbedeckten Welt mit Atompilz im Hintergrund zeigt, was leider in keiner Weise der Ti­telgeschichte entspricht – ist das Buch eine Zierde für jedes Re­gal eines jeden Phantasten, der Alternativweltgeschichten zu schätzen weiß …

© 2001 / 2009 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche machen wir einen Besuch im Amerika des frühen 20. Jahrhunderts und verfolgen den Pfad eines De­tektivs, der einer Verschwörung auf die Spur kommt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. Diana Gabaldon: „Feuer und Stein“, „Die geliehene Zeit“, „Ferne Ufer“, „Der Ruf der Trommel“, „Der magische Steinkreis“, „Das flammende Kreuz“ und (bisher) „Ein Hauch von Schnee und Asche“ (Stand: Februar 2009).

Blogartikel 589: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 12

Posted November 17th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist immer wieder eine phantastische Erfahrung festzustellen, dass die Welt durchaus nicht nur aus düsteren und pessimisti­schen Erfahrungen besteht, sondern es auch unerwartete, inter­essante Lichtblicke gibt, die Mut machen, auch ambitionierte Projekte mit neuer Energie anzugehen. Zu solchen Projekten rechne ich das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, über das ich bei aktuellen Events gern Rede und Antwort stehe.

Dazu gab es jüngst in Braunschweig zwei schöne Möglichkeiten. In der vergangenen Woche Ende Oktober war ich Teil des Braun­schweiger Gründungstages im Trafo Hub, und wenn es dort dann auch wesentlich – aus gegebenem Anlass – um die Vertre­tung des Vereins KreativRegion e.V. ging, so gab es doch auch Gelegenheit, mit Besucherinnen und Besuchern ins Gespräch zu kommen. Und damit konnte ich dann zumindest kursorisch das titelgebende Projekt wieder in den Blick rücken.

Noch schöner gelang das am gestrigen Abend (29. Oktober), als im frisch installierten Nachhaltigkeitszentrum Braunschweig die neue 16. Ortswechsel-Veranstaltung des Hauses der Wissen­schaft stattfand. Unter dem Thema „Zukunft“ wurden innovati­ve, positive Ideen für die Zukunftsgestaltung mit Bezug auf die Arbeitswelt, die Stadtentwicklung und die Zukunftsforschung skizziert. Im Gefolge dieser Impulsvorträge konnte ich auch mit der Gastgeberin und einigen Gästen über die Frage der Nachläs­se verstorbener AutorInnen sprechen und den Plan, diese für die Zukunft zu retten und der Öffentlichkeit vorzuhalten.

Das entscheidende Stichwort war, meiner Ansicht nach völlig passend, „Kulturgutschutz“. Gerade in Zeiten, in denen wir al­lenthalben auf diesem Sektor Probleme erkennen können (etwa durch Verlagssterben, Zensurbestrebungen, Zusammenstrei­chung von kulturellen Radio- und Fernsehprogrammen oder ge­nerelle Kürzungen im Kultursektor), scheint es mir eminent wichtig, dass gerade an diesem Punkt besser nicht gespart wird.

Die Kurzsichtigkeit vieler politischer Akteure, die kurzfristige Rendite mit langfristiger Amortisation verwechseln, führt zu ei­ner Fehlsteuerung der finanziellen Förderströme, die ständige Nachfrage, „was bringt das kurzfristig an monetärem Gegen­wert“ ist zwar begreiflich … in vielen kulturellen Belangen greift sie aber zu kurz.

Das sind so ein paar Gedanken, die ich diesbezüglich in die Run­de werfen möchte. Wie man allerdings auch daran sehen kann, dass überhaupt ein Nachhaltigkeitszentrum Braunschweig ins Leben gerufen werden konnte (wenngleich die Fördergelder zu­nächst nur für ein Jahr Betrieb reichen, was ich zu kritisieren gestern Abend leider nicht umhin kam zu sagen), macht doch Mut, dass vielleicht mittelfristig ein Projekt wie das meinige, das sich um die Nachlässe von Autoren kümmern soll, nicht effekt­los verpufft und als schöner Traum austrocknet und verfliegt.

Ich war euch außerdem noch eine Seite Notizen schuldig geblie­ben, die ich im Februar in einer sehr inspirativen Diskussion festhielt. Die Anfänge hiervon findet ihr in den Blogartikeln 574 (4. August 2024) und 583 (6. Oktober 2024). Hier folgt also der Schluss dieser Notizen:

Stiftungssatzung

Mittelverwendung/Begünstigung muss klar definiert sein

Verein ist gemeinnützig, ohne Gewinnerzielungsabsicht

Stiftung ist mit Gewinnabsicht

To do-Liste erstellen

Reihenfolge der Punkte festlegen

Meilensteine

andere kulturelle Formate suchen – Präsenz dort planen

Werbematerialien

Businessplan?

Stiftung bestellt Geschäftsführer des Vereins

Stiftung hat Kontrolle über Verein

Beide müssen Vorstand zustimmen, um den besten Kandidaten zu finden

in erster MV [Mitgliederversammlung] verbindliche Satzung festlegen!

Hochschule als Mitglieder? Bspsw. Hochschulbund BS

CFI bei CoApp

Anfang März neues Gespräch – nach Buchmesse

(hat sich so leider aus verschiedenen Gründen nicht ergeben)

regelmäßige Kontakttreffen

Werbungsmöglichkeit für die Stiftungen im Stiftungsrat

Vereinsmitglieder sind langfristig Mit-Stifter!“

Damit enden diese vielfältigen Gedankenanstöße, die in Summe zeigen, dass der Projektgedanke gerade strukturell wohl deut­lich komplexer ist, als ich mir das bislang ausmalte.

Allein die hier ventilierte Idee, parallel einen Verein UND einen Stiftungsrat zu erschaffen, die beide interagieren und unter­schiedliche monetäre Zielsetzungen verfolgen, ist neu für mich und durchaus ungewohnt. Sie würde aber ohne Zweifel helfen, das notwendige Startkapital zu finden, das für die Umsetzung erforderlich ist.

Jüngst – auf dem Gründungstag, den ich einleitend erwähnte – erfuhr ich übrigens auch, dass sich viele Gründer völlig überzo­gene Vorstellungen davon machen, wie viel Startkapital vonnö­ten sei, um die Idee zu realisieren. Allerdings ist einschränkend hierzu zu berücksichtigen: Es ging dabei um produzierende Un­ternehmen, die ja einen physischen Gegenwert erschaffen, was die Amortisation von investierten Geldern deutlich leichter macht, als das in einem Autoren-Nachlassarchiv der Fall wäre. Denn machen wir uns hier nichts vor: Zunächst ist das Archiv ganz klar ein Zuschussgeschäft. Kulturguterhalt, das sollte allen, die sich mit dem Thema ein wenig auseinandergesetzt haben, klar sein, zielt auf langfristige Rendite, nicht auf schnellen, kurz­fristigen Gewinn.

Dabei klar im Weg steht natürlich so etwas wie der Zeitgeist, auch das ist vermutlich recht verständlich: politische Entschei­dungen, bei denen Kultur, allgemeine Information, zeithistori­sche Überlieferung für spätere Generationen gering geschätzt und dementsprechend wenig finanziell unterstützt werden, er­schweren es, solche Projekte zu realisieren. Auch eine Gesell­schaft, die in immer kürzeren Produktzyklen denkt, deren Auf­merksamkeitsschwelle sinkt und deren historisches Bewusstsein bedauernswert durch Kurzsichtigkeit und historische Vergesslichkeit gekennzeichnet ist, macht die Situation nicht leichter.

Diese Dinge müssen wir im Blick behalten und solchen Tenden­zen entgegensteuern, wenn wir das Problem des Kulturgutver­lustes beim Nachlass wegsterbender Autoren angehen wollen. Das ist jedenfalls nach wie vor kategorisch mein Anliegen.

Damit möchte ich für heute wieder schließen. Die Artikelreihe wird am 12. Januar 2025 an dieser Stelle fortgesetzt. In der nächsten Woche berichte ich über meine Schreibfortschritte in aktuellen Projekten, die der Monat März 2024 erbracht hat.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.