Rezensions-Blog 317: Calendar Girl 3: Begehrt

Posted September 15th, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

auf in die dritte Runde des vierteiligen, ein Handlungsjahr um­spannenden Abenteuers um das „Calendar Girl“ Mia Saunders, das die Verfasserin ursprünglich in monatlichen Einzelepisoden veröffentlicht hat, die dann vom Ullstein-Verlag in das handli­chere Quartalsformat umgegossen und deutlich zügiger publi­ziert wurde.

In diesem dritten Band, in dem es um die Monate Juli bis Sep­tember von Mias Escort-Leben wider Willen geht, passiert bio­grafische eine ganze Menge, und man wird als Leserin bzw. Le­ser durch eine veritable Wildwasserfahrt geschickt, mit Alpträu­men, Panikattacken, biografischen Schrecken, bizarren Überra­schungen und regelrechter Todessorge. Langweilig, soviel ist zu konstatieren, wird es wirklich nicht. Der Fokus geht jetzt weg von der primär auf erotische Abenteuer unterschiedlichster Art gerichtete Action, es geht biografisch auf bisweilen seltsame Weise in die Tiefe, und mancherlei Zusammenhänge werden of­fenbar, die man zuvor so nicht sehen konnte.

Mein Fazit des Bandes fiel gleichwohl ein wenig verhalten aus, wer die folgende Rezension liest, wird das begreifen. Ein lesba­rer Roman, keine Frage, aber in mancherlei Beziehung blieb ein gewisser Realitätssinn schon auf der Strecke – was begreiflich ist, da die Autorin nun nur noch einen Band Raum hat, um die offenen Handlungsfäden zusammenzuführen.

Also, Vorhang auf für Mias nächste Abenteuer:

Calendar Girl 3: Begehrt

(OT: The Calendar Girl – July/August/September)

von Audrey Carlan

Ullstein 28886

402 Seiten, TB

Oktober 2016, 12.99 Euro

Aus dem Amerikanischen von Christiane Sipeer (Juli) und Friederike Ails (August/September)

ISBN 978-3-548-28886-4

Als Mia Saunders, die 24jährige angehende Schauspielerin und vormalige Kellnerin aus Las Vegas, die Hälfte ihrer sechs Monate als quasi zwangsweise rekrutiertes Escort-Girl und „Calendar Girl“ der Agentur Exquisite Escorts ihrer Tante Millie hinter sich hat, ist sie regelrecht am Boden zerstört. Der Sohn ihres letzten Kunden, der kalifornische Senator Aaron Shipley, hat in ange­trunkenem Zustand versucht, sie kurzerhand zu vergewaltigen und damit ein verstörendes Trauma ausgelöst. Da Mia, um die humanitären Hilfsaktionen von Aarons Vater Warren Shipley nicht zu gefährden, dies alles unter den Teppich kehren muss, ist sie aus der inneren Balance geraten.

Dennoch nimmt Mia zuversichtlich an, dass sie das alles – wie so oft – allein wieder in den Griff bekommen kann. Aber schon der nächste Auftrag, der sie nach Florida bringt, zeigt, dass das nicht stimmt. Hier soll Mia mit dem Hip-Hop-Star Anton Santia­go ein heißes Video aufnehmen. Damit hat sie auch grundsätz­lich Schwierigkeiten: sie kann beim besten Willen nicht tanzen. Aber das wäre nicht das entscheidende Problem – viel schlim­mer ist es, dass sie keine männliche Berührung mehr erträgt, ohne ein grässliches Flashback zu erleiden, das sie geradewegs zurück nach Washington, D.C., in die Nacht ihrer Quasi-Vergewal­tigung schießt.

Da ist guter Rat wirklich teuer.

Als wäre das nicht schon problematisch genug, ist sie sich im­mer noch nicht sicher, was sie genau für Weston Channing III., ihren ersten „Kunden“ empfindet. Dass er sie jederzeit bei einer Begegnung sexuell in Flammen setzt, ist offenkundig. Aber … ist das Liebe? Ehrlich? Immer, wenn Mia sich in einen Mann verlieb­te, ging das grässlich schief, und am Ende stand sie allein da. Sie fühlt sich schon halbwegs verflucht deswegen. Und mit dem L-Wort ist sie seither aus begreiflichen Gründen äußerst vorsich­tig.

Und dann ist da noch die Erkenntnis, dass sich ihre fünf Jahre jüngere Schwester Maddy nun nicht nur in einen Freund namens Matt verknallt hat, sondern er beim ersten gemeinsamen Abendessen mit Matts Eltern auch unverhohlen sagt, dass er Maddy einen Antrag gemacht hat und sie Ja gesagt hat!

Große Katastrophe! Ihre kleine Schwester will heiraten? Mit 19? Ist die Welt verrückt geworden? Mia ist sofort und vollständig dagegen und rastet heftig aus.

Also, Stress ohne Ende für die arme Mia. Und es wird noch selt­samer.

Im August wird sie im Rahmen ihres zwölfmonatigen Escort-Jobs nach Texas geschickt, zu einem Kunden, der wirklich eigenartige Vorstellungen hat. Mia soll seine verschollene Schwester mi­men, aus welchem Grund auch immer. Und unheimlicherweise heißt diese Schwester, die der junge Ölbaron Maxwell Cunning­ham angeblich nie gesehen hat, Mia Saunders und hat auch noch am selben Tag Geburtstag wie Mia! Und um die Sache noch bizarrer zu machen, hat Mia, sobald sie ihm gegenüber­steht, das überwältigende Gefühl, diesen Mann mit den eigenar­tigen Augen, die den ihren so ähnlich sehen, irgendwann und ir­gendwie schon einmal gesehen zu haben … aber auf die Enthül­lungen, die in Texas auf sie warten, ist sie in keiner Weise einge­stellt.

Ende August hören die seltsamen, fast märchenhaften Tage in Texas auf und münden in einen Alptraum: Mia erhält einen Anruf aus der Rehaklinik in Las Vegas, in der ihr Vater seit über einem halben Jahr im Koma liegt. Er ist zwar von den Verletzungen ge­nesen, aber er wacht einfach nicht auf. Und nun hat er sich In­fektionen im Krankenhaus eingefangen, und sein Herz ist ste­hen geblieben. Die Frau macht drastisch deutlich, wie es um ihren Vater steht: „Wahrscheinlich bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Sie sollten bald herkommen, wenn Sie sich noch von ihm verabschieden wollen.“

Was Mia unausweichlich ebenso wie ihre kleine Schwester nach Las Vegas zurücktreibt. Zum Teufel mit dem September-Kunden! Ihr Dad liegt im Sterben! Tagelang ist sie für gar nichts zu ge­brauchen.

Dann erst erreicht ihre Tante sie und macht Mia unmissver­ständlich klar, dass sie jetzt ein ernstes Problem haben. Ein Pro­blem, das in Hunderttausenden von Dollar Schulden besteht. Und wenig später taucht wie ein Springteufel auch noch der Gläubiger auf, der widerwärtige Kredithai Blaine Pintero, der ihren Vater erst ins Krankenhaus geprügelt und Mias Problemsi­tuation generell erst heraufbeschworen hat, und er setzt der schönen Escort-Dame wider Willen auf grässliche Weise die Pis­tole auf die Brust: sofortige Geldzahlung oder Sex mit ihm, und zwar sehr bald.

Für Sex ist Mia aber weniger denn je zu haben, da sie sich inzwi­schen neben dem fragilen Zustand um ihren Dad auch noch massive Sorgen um ihren Wes Channing macht – den Mann ihres Lebens. Denn er ist offensichtlich in Südostasien bei Dreh­arbeiten eines neuen Films verschollen – und als herauskommt, was da wirklich passiert ist, steht Mia kurz vor einer akuten Pa­nik …

Der dritte Band des „Calendar Girl“-Zyklus geht noch etwas wei­ter vom stürmischen Sex der ersten beiden Romane weg, ver­tieft aber auf interessante – wenn auch durchweg zu erwarten­de – Weise den biografischen Kosmos um Mia Saunders. Wäh­rend ihr Vater immer noch keinen Namen bekommt (er wird im­mer nur „Pops“ oder „Dad“ genannt, allmählich könnte der Au­torin echt mal sein Name einfallen), erfährt man ein wenig mehr über die leibliche Mutter von Mia: Meryl Colgrove. Dass diese Enthüllungen alle Rätsel lösen, kann man allerdings nicht be­haupten, es tauchen eher noch mehr auf.

Ich fand allerdings, dass im August-Kapitel ein bisschen zu pe­netrant „plötzlich“ die Erinnerungsträume von Mia einsetzen, von denen vorher nie die Rede war. Geraume Zeit hat man zu­dem als Leser das Gefühl, dass die Familie Cunningham irgend­welche sinistren Ziele im Sinn hat, und manchmal hätte man insbesondere Maxwell gern einen Tritt für sein dämliches Verhal­ten verpasst. Da geht Mia mit ihm noch recht sanft ins Gericht, fand ich.

Das September-Kapitel oszilliert außerdem ein wenig unent­schlossen hin und her, und da hätte ich mir von Mia schon ein wenig mehr Einsicht gewünscht. Wie das Blaine Pintero-Problem schließlich gelöst wird, kam mir zudem doch ein wenig schlicht vor. Der vorher – und auch in diesem Band – als so sinistre Cha­rakter aufgestellte Pintero erweist sich letzten Endes als gera­dezu absurd einsichtig und verliert schließlich jeden Biss. Es deutet sich hier schon an, dass die Autorin langfristig auf eine Art allumfassendes Happy End zusteuert. Ich kann nur hoffen, dass das in Band 4 nicht zu süßlich umgesetzt wird.

In gewisser Weise ist der Anfang des Bandes mit Mias Trauma mit weitem Abstand das realistischste, was man hier lesen kann, danach wird es teils melodramatisch, teils märchenhaft-ir­real. Es ist durchaus nicht so, wie sie stets beteuert, dass sie „alles selbst in den Griff bekommt“ – die Tatsachen sprechen klar gegen Mia Saunders und stellen ihrem Realitätssinn eher ein schlechtes Zeugnis aus.

Einerlei – man kann den Band locker in drei Tagen wegschmö­kern, wie es mir ging, und besonders im seltsamen August-Ab­schnitt fällt es schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu le­gen … des eigenartigen Beigeschmacks der ganzen texanischen Handlungsstränge wegen.

Es zeichnet sich allerdings jetzt schon ab, dass im letzten Band die Genesung von Wes sowie die Suche nach Mias lange ver­schollener Mutter im Zentrum stehen werden. Und wahrschein­lich wacht ihr Vater auch beizeiten auf und ist auf wundersame Weise von seiner Spielsucht genesen … das steht jedenfalls zu befürchten, wenn der superoptimistische Schluss zutrifft, der im Raum steht.

Ein lesbarer Band, nicht ganz so leidenschaftlich-sinnlich wie die ersten beiden, aber emotional durchaus eine Achterbahnfahrt mit sehr vielen Tränen darin. Etwas für romantik-affine Perso­nen, soviel steht fest. Für einen Romantiker wie mich war das jedenfalls eine angenehme Lektüre, und ich kann den Band mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Mal schauen, wie der Schlussband werden wird.

© 2018 by Uwe Lammers

Ich sagte ja, der Roman ist noch nicht so lange geschmökert. Es kann sehr gut sein, dass ich ihn beizeiten noch einmal lesen werde, er hat jedenfalls seinen festen Stellplatz nahe bei den Clive Cussler-Regalmetern gefunden. Mal sehen …

In der kommenden Woche werden wir wieder etwas historischer. Worum es genau geht, erfahrt ihr in sieben Tagen hier.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

vor vielen Wochen (Blogartikel 412) waren wir zuletzt zu Gast in dem bizarren Kos­mos der Serie „Horrorwelt“, und ich konnte euch die groben Handlungslinien bis Band 125 der Serie vorstellen, wie sie sich 20 Jahre nach dem Tod des Heroen Mapun (Band 100 der Serie) entwickelt haben.

Mapuns Kinder, die Zwillinge Daniela und Dagmar sowie ihr Bru­der Dramon, sind erwachsen geworden und inzwischen Opfer ihrer Geburtsmale. Während Dramons Körper inzwischen von dem wiedergekehrten Roten Dämon besessen ist, der mit einem Kriegsschiff voller mumifizierter Nazisoldaten unterwegs zum In­selreich der Fehrer ist, wurden die Schwestern von einem rätsel­haften Wesen gerettet, das sie auf die „Schatten-Fährte“ auf­merksam machte und meinte, hier würden sie letztlich Auskunft über das Schicksal ihres verschollenen Vaters Mapun erhalten.

Stattdessen gerieten sie auf dem Umweg über den Dämon Tir­coon und die Schwarze Hexe LAREENA in die Schlingen der „Schatten-Fährte“ und wurden mit schwarzen Reitern einer TOE­TAAR-Truppe konfrontiert, die unter dem Banner des TOETAAR-Sohnes TOEKAAN stehen. Der letzte Transit vom „Turm der Skla­vinnen“ führte in unbekanntes Terrain.

Parallel dazu hatte der Hexendämon TOOWATAER den vormali­gen Geliebten, den Ritter Rinterson, auf die Spur seiner einsti­gen Lebensgefährtin Kani angesetzt, die nun im Tal des Dämons Jekhyar, des „Herrn des ewigen Lebens“, weilen sollte. Tatsäch­lich fand Rinterson sowohl Kani als auch Jekhyar im Reich der Flügelmädchen … aber er lief hier ebenfalls in eine Falle, die der Priester mit der Perlmuttmaske gestellt hatte. Hinter dieser Maske verbarg sich niemand Geringeres als der monströse Bru­der TOETAARS, der Intrigendämon MOEDERAAN, der mit seiner Wurmbrut die Welt zu vergiften begonnen hatte.

Auf dem Südkontinent Sin‘ol‘ghe, der lange aus dem Blick gera­ten war, versuchte unterdessen der Dämon XAMANEAK, der ein­stige „Herr der Alptraumlegionen“, der nach dem Erlöschen der Kristallmagie massiv an Kraft verloren hatte, selbige wieder zu reaktivieren. Er strebte das an, indem er den sieben Teilen der „Legende der Kristalle“ nachging. Damit wollte er ebenfalls ver­suchen, die Stärke des Katzenclans an der Nordküste des Kon­tinents zu stärken und die Kraft der inzwischen vergreisten Priesterin Tian.

Während XAMANEAK auf der Suche nach den Teilen der „Legen­de der Kristalle“ ins Herz des Kontinents vorstieß, wurde er mit einem monströsen Wesen konfrontiert, dem „Mörderschatten“, dem er nur mit einem magischen Transit entkommen konnte … doch der führte ihn in eine magisch abgeschirmte Ruinenstadt des Roten Dämons. In derselben Zeit zerbröckelte auch sein ei­gentlicher Machtbereich, die „Frostbarriere“, wo ein uraltes We­sen zu neuer Stärke erwachte, das man einst den „GRÜNTOD“ genannt hatte. Es machte sich in Gestalt einer Frau mit leicht grünlich schimmernden Haaren auf den Weg zur Katzenstadt.

Derweil war TOOWATAER im Norden nicht untätig. Die Dämonin schlich sich in der Gestalt der attraktiven Tanja nach Sonofal, wo sie mit einem Wesen zusammentraf, das der Leser schon kennt: Tircoon, der nach dem Desaster mit Lareena entkommen war und einer weiteren Fährte ins Land Sonofal folgte, wo ein Dämon namens Vyxol Rüstungen sammelte, von denen es ins­gesamt 13 geben sollte. Zusammen würden sie eine machtvolle magische Entität ergeben, den DREIZEHNER. Und während Tan­ja und Tircoon an ihr Reiseziel gelangten, wurde Tanja hier von Tircoon an Vyxol verraten und auf perfide Weise willenlos ge­macht und zu seiner Bettgespielin ohne Erinnerung degradiert.

Ebenfalls am Rand des Nordkontinents spielte der nächste Handlungsstrang, der sich um die Burg Schattenstein und das kleine Rudimentreich der Feen drehte. Hier träumte die Fee Be­rielle von den Blaunebeln und ahnte das Auftauchen des Wäch­ters der Feenchronik, Zobon, voraus. Er trat tatsächlich auf den Plan und entführte Berielle und ihre menschliche Freundin Firo­na, die im Wald der Zauberbäume seit 20 Jahren nicht einen Tag älter geworden war, ins magische Reich Trirach, wo sie sich den Prüfungen zu unterwerfen haben würden – entweder würde Firo­na das Feenzepter erringen und damit die legitime Herrschaft über die Feen antreten … oder sie würden beide sterben.

Berielle scheiterte im zweiten Kreis und wurde von den Jung­fräulichkeitsjägern überwältigt und vergewaltigt. Firona flüchte­te weiter nach drinnen, schlief aber im Reich der Zauberbäume ein, wo sich nun nach und nach ihr biologisches Alter an das physische Aussehen anglich und sie zu einer Frau Mitte Dreißig heranreifte, gleichzeitig aus dem Unterholz von unheimlichen Wesen beäugt.

Ein letzter Handlungskreis blendete wieder zum Südkontinent: Nach Mapuns Tod war am Ort der finalen Auseinandersetzung mit TOETAAR ein Schrein für ihn errichtet und sein magisch kon­servierter Leichnam dort geborgen worden. Das Kloster war in­standgesetzt und wurde von Amazonenpriesterinnen bewacht. 20 Jahre nach Mapuns Tod werden aber seltsame Gerüchte wach, und Janine, die einstige Stein-Priesterin und Geliebte Ma­puns, inzwischen Tians designierte Nachfolgerin, begab sich zum Götterberg … und lief in eine tödliche Falle.

Hier nämlich erwartete sie nicht nur der ungeheuerliche „Schat­ten TOETAARS“, sondern auch schlangenköpfige Krieger und eine Schwarze Hexe TOETAARS, die erbarmungslos Janines Ge­fährten niedermetzelten. Allein das Auftauchen Tjokaans, des Gottes der Bogenschützen, verhinderte, dass sie selbst auch noch umkam. Aber nun war guter Rat teuer, denn die zweite Angriffswelle war nur eine Frage der Zeit. Darum suchten die beiden Überlebenden Schutz in Mapuns Grabmal …

An dieser Stelle verließ ich euch letztes Mal. Jetzt schauen wir also, wie sich die Dinge weiter entwickeln, startend mit dem letzten Teil der Götterberg-Trilogie:

Im Innern des Grabmals werden Janine und Tjokaan mit mons­trösen Wurmwesen konfrontiert und treten schließlich dem Herrn derselben gegenüber – dem Dämon MOEDERAAN, der of­fenkundig auf beiden Kontinenten der Welt aktiv ist und im Nor­den bereits Rinterson und Jekhyar gefangen hat. Sein Sinnen ist es, den toten Heroen Mapun mit seiner Wurmbrut zu infizieren, um ihn in seinem Sinne zu einem Paladin des Bösen zu machen.

Tjokaan kann diese Monstrosität im letzten Moment durch einen drastischen Schritt verhindern. In dem Augenblick, da Mapun zu unheiligem neuem Leben erwacht, löscht der Gott der Bogen­schützen ihn mit einem Schuss seiner Waffe aus – und tötet da­mit zugleich sein eigenes Kind, wie er Janine anvertraut hat. Dann reißt er sie an sich und will sich mit ihr zur Schluchtwelt in Sicherheit bringen … aber MOEDERAANS magische Kräfte fan­gen sie im Transit ab und lenken sie an ein anderes Ziel.

Blende zum Ayek-See, ebenfalls auf dem Südkontinent, und da­mit zu XAMANEAK, der in der magisch versiegelten Ruinenstadt gefangen ist. Hier trifft er auf den Ursprung des ungeheuerli­chen Wesens, das seine vormalige Dienerin Rebecca besetzte und pervertierte – den Mörderschatten. Und dieses Wesen braucht einen magisch befähigten, dämonischen Wirtskörper, um vollständig die Ruinenstätte verlassen zu können. XAMA­NEAK verlässt die Aura-Kuppel als Besessener und strebt nun weiter gen Süden, weiterhin auf der Suche nach der „Legende der Kristalle“ … allerdings, um deren Übermittler samt und son­ders umzubringen.

Blende nach Trirach: Firona, vormals ein im Alter von 14 Jahren magisch stabilisiertes Mädchen, ist inzwischen unter den Zau­berbäumen gealtert und erwacht jetzt in einem sinnlichen Kör­per mit schwellenden Formen … und wird mit einer Spezies von Riesenspinnen konfrontiert, die sie betäuben und mit sich neh­men. Doch das, was als Schutzmaßnahme gedacht war, erweist sich als lebensgefährlich, wie der Wächter dieses Trirach-Kreises den Spinnenwesen klarmacht. Im letzten Moment kann Firona vor dem Schlimmsten bewahrt werden … und dann erweisen sich die Spinnen als hilfsbereit und geleiten sie sicher zum Zen­trum von Trirach … doch scheint hier jede Hoffnung verloren zu sein: Das Zentrum von Trirach ist ein aktiver Lavavulkan, in dem jede Hoffnung verbrennt. Firona bricht zusammen, alle Anstren­gungen scheinen vergebens gewesen zu sein …

Blende nach Sonofal: Während Tircoon und Vyxol, der sich die erinnerungslose Tanja als willenlose Sklavin unterworfen und mit einem verheerenden, aus dem Reich der Fehrer stammen­den Harz lustsüchtig gemacht hat, darauf warten, dass die letz­te Rüstung des DREIZEHNERS gebracht wird, treten zwei weite­re Protagonisten auf den Plan, die der Leser aus den Episoden vor Band 100 kennt: Graf Corian vom Schattenstein und sein Freund und früherer Heeresdämon COORAET, beide inzwischen fest liiert und positiv geworden, werden von dem Regenten von Wertan, Hlymor Cur, auf das verwunschene Sonofal und Vyxol angesetzt.

Als sie hier eintreffen, werden sie Zeuge davon, wie ein mons­tröser Metallkrieger Mord und Totschlag verbreitet: Der DREI­ZEHNER ist komplettiert und entgleitet vollständig der Kontrolle. Vyxol findet dabei ebenso den Tod wie Tircoon … und dann ist da noch die liebestolle Tanja, die Corian sofort als TOOWATAER erkennt. Aber sie weiß von ihrer eigenen Identität nichts und ist nur noch versessen auf Sex. Gemeinschaftlich folgen sie der Vernichtungsspur des DREIZEHNERS nach Süden, nach Sonofal.

Alle ahnen indes nicht, womit sie es in Wahrheit zu tun haben: Der DREIZEHNER ist einer von zwei legendären Titanen, die vor Jahrtausenden schon einmal ein Duell miteinander ausfochten, das in die Annalen der Horrorwelt einging – als ein geradezu apokalyptisches Ereignis. Der zweite Titan ist der GRÜNTOD, der mit Eigennamen EORANOK heißt und auf dem Südkontinent zu neuem Dasein erwachte und der nun nordwärts strebt. Sie wol­len im Inselreich der Fehrer zusammentreffen, um erneut ihren Titanenkampf durchzuführen …

Blende ins Reich Jekhyars: Rinterson und Jekhyar werden aus den magischen Kristallblöcken befreit, die sie einkerkerten und zugleich konservierten. Sie finden sich in der Gefangenschaft von monströsen Wurmwesen, die der Leser schon vom Götter­berg her kennt, und in einer kargen Graslandschaft irgendwo im hohen Norden der Horrorwelt. Hier erhebt sich ein unheimliches Schloss, in dem sie eingekerkert werden … aber kurzzeitig ge­lingt ihnen dank Jekhyars Kräften die Flucht – allerdings eine, die MOEDERAAN mit Bedacht zugelassen hat.

An ihrem Fluchtpunkt, einem verfallenen Kloster, erwartet die beiden Gefährten ein neuer Schrecken. Denn hier bewacht ein Echsenwesen einen magischen Brunnen, der ein Portal darstellt in jene Welt, aus der es einst kam – die Echsenwelt Sslanckort. Und Rinterson und Jekhyar sollen die „Zauberbrücke“ überque­ren, um als Sklaven MOEDERAANS die Echsenwelt zu unterwer­fen …

Blende zurück nach Trirach: Mit einiger Mühe beginnt Firona schließlich zu begreifen, dass der aktive Vulkan eine magische Täuschung ist … hinter dem Tarnschild findet sie einen Tempel ohne Dach, in dessen Zentrum ein Baum wächst und das um­ringt ist von versteinerten Frauengestalten – samt und sonders einstige Aspirantinnen der Suche nach dem Feenzepter, das hier auch zu finden ist.

Aber der letzte Wächter, ein Schemen namens Ascaton, hält Fi­rona zurück. Wenn sie das Zepter berühre, ohne zuvor hinrei­chend Wissen über dessen Geschichte zu besitzen, werde sie auch nur zu Stein erstarren. Also taucht die Junghexe ein in die Feenvergangenheit und wird Zeugin, wie Ascaton zum Insigni­enwächter wurde und seine Geliebt, die Fee Tienar, zur Regen­tin der Feen aufstieg.

Was Firona nicht ahnt: indem sie diese Historie durchläuft, er­wirbt sie nicht nur das Legitimationsrecht, die Feenkönigin zu werden, sondern die ursprüngliche Feenkönigin Tienar ergreift auch Besitz von ihr, sodass Firona anschließend, als sie das Zep­ter anfassen kann, ein mentales Doppelwesen ist. Es bleibt noch unklar, welche Persönlichkeit nun von ihr dominiert, Tienar oder Firona.

Firona ist es jedoch, die ihre Freundin Berielle aus dem zweiten Kreis Trirachs befreit und mit ihr zusammen Trirach wieder ver­lässt und in die reale Welt zurückkehrt … eine Welt, die sich auf entsetzliche Weise verändert hat! Lebende Feen scheint es hier nicht mehr zu geben, aber mörderische Feenskelette, die ihnen nach dem Leben trachten. Und die Zauberbäume sind offen­sichtlich alle völlig traumatisiert.

Firona beginnt bestürzt zu begreifen, dass der Zeitablauf in Tri­rach ein völlig anderer sein muss als in der realen Welt. Und hier draußen hat inzwischen die so genannte „Feendämme­rung“ eingesetzt, was eine apokalyptische Zeit bezeichnet. Sie hat keine Ahnung, dass dies ein Blick in die Zeitspanne direkt nach dem Titanenkampf ist. Und in dieser neuen, schrecklichen Welt müssen sich die beiden Freundinnen nun zurechtfinden.

Blende ins Herz von Sin‘ol‘ghe: XAMANEAK alias der Mörder­schatten, reist weiter nach Süden, um V‘hoor zu suchen, ein magisches Wesen, das den nächsten Teil der „Legende der Kris­talle“ kennen soll. Er hat vor, V‘hoor zu ermorden … aber der Anschlag misslingt, und es kommt zu einer atemlosen Verfol­gungsjagd, die auf dem Stromschnellenfluss Anakos zu einem Schiffbruch XAMANEAKS führt, der dabei ertrinkt … und dank des Mörderschattens dennoch am Leben bleibt.

V‘hoor lässt ihn bergen und verbannt dann aus dem wiederbe­lebten XAMANEAK den Mörderschatten in einen speziellen Sie­gelkristall, in dem das monströse Wesen unschädlich gemacht wird.

Dann setzt V‘hoor seine Fahrt gen Süden durch das Herz des Kontinents fort, zusammen mit dem genesenden XAMANEAK, bis sie auf der Südseite des Kontinents in der Kivrao-Bucht eine verfallene Ruinenstadt erreichen, in der die „Herrin der Kristal­le“ residiert – eine wilde, leidenschaftliche Frau, die einen zügel­losen Fruchtbarkeitstanz in vollkommener Nacktheit darbietet … und am Schluss erwählt sie XAMANEAK als nächsten Liebespart­ner.

Die Frau ist auch keine Unbekannte: es handelt sich um die frü­here Waldhexe Silva, die vor zwanzig Jahren auf dem Nordkonti­nent TOETAARS Handlangerin war und von ihm schließlich in die Schattenresidenz in den Jenseitigen Dimensionen entführt wur­de. Mit Hilfe des greisen Priesters Jiogre und eines Kristalls konnte sie damals nach Sin‘ol‘ghe flüchten und über die „Höhle der Tausend Kristalle“, wo sie mit Mapun zusammentraf, Schick­salsgeschichte schreiben. Seit zwanzig Jahren war ihr Lebens­weg unbekannt. Nun bilden sie und XAMANEAK ein Team, um den letzten Teil der „Legende der Kristalle“ zu lösen. Ehe dies gelingt, bricht eine beispiellose Katastrophe über die Horrorwelt herein …

Blende an einen unheimlichen Ort: Dagmar und Daniela, Ma­puns Töchter, folgen dem Wasserdämon DYROEHN durch die di­mensionale Verwerfung in die nächste Stufe der „Schatten-Fähr­te“ und gelangen in eine geheimnisvolle unterirdische Welt, wo sie alle drei an unterschiedlichen Orten materialisieren.

Beide Töchter werden dabei mit albinotischen Menschen kon­frontiert, die in zwei unterirdischen Städten existieren. Dagmar gerät dabei in die Gefangenschaft der Ghaloorer, die in Ghaloor, der Stadt des Schwarzen Gottes einem Wesen huldigen, das sie TOOTAR nennen und das sie mühelos als TOETAAR identifizieren kann. Ihm zu Ehren soll sie geopfert werden – und zwar, weil sie als Inkarnation der Schreckensgöttin Shalaa gilt.

Ihre Schwester Daniela ist bei den Bewohnern der Stadt Aswehn gelandet, die ihrerseits die Göttin Shalaa anbeten – und mit Ghaloor verfeindet sind. Indem sie sich diesen Mythos zunutze macht und ihre Schwester sucht, löst sie einen unterirdischen Krieg aus, der in ein grässliches Gemetzel einmündet.

Zugleich ist von der Oberfläche – aus dem Inselreich der Fehrer – ein Trupp Soldaten unterwegs, um das vermeintliche unterirdi­sche Dämonenreich auszulöschen, das hier vermutet wird, weil einige Albinos an die Oberfläche gelangten und sofort getötet wurden.

Als auch noch die schwarzen Reiter der TOETAAR-Truppe er­scheinen, die die beiden Töchter Mapuns einfangen sollen, weil TOEKAAN ihnen das befohlen hat, erreicht das Chaos seinen Scheitelpunkt. Die beiden Schwestern geraten in TOEKAANS Ge­fangenschaft. Er hat vor, die beiden magisch gezeichneten Schwestern als Ersatz für die Schwarze Hexe Lareena einzuset­zen, um das auf dem Südkontinent existente „Testament TOE­TAARS“ zu öffnen.

Blende in einen dimensionalen Zwischenraum: Die Priesterin Ja­nine und Tjokaan, der Gott der Bogenschützen, von denen ein­gangs die Rede war, konnten zwar vom Götterberg und aus dem Grabmal Mapuns flüchten, aber MOEDERAAN lenkt sie in eine unheimliche Umgebung um, das „Böse Netz“, eine gigantische Höhlenstruktur, in der zahlreiche verstümmelte Leichen zu fin­den sind und ein monströses Wesen, das nahezu unverletzlich ist. Hier treffen sie auch auf eine Gruppe von Echsensoldaten von Sslanckort, mit denen sie sich notgedrungen verbünden, um zu überleben. Gemeinsam können sie die Kreatur töten, die hier seit Urzeiten existiert. Aber aus dem Bösen Netz kommen sie gleichzeitig noch nicht frei.

Blende nach Wertan und dann ins Reich der Fehrer: Hunderte von Seemeilen südlich des Nordkontinents und ziemlich genau ebenso weit von Sin‘ol‘ghe entfernt liegt das Inselreich der Feh­rer, das vor über hundert Jahren beim ersten Dämonensturm starken tektonischen Erschütterungen ausgesetzt wurde. Das damals runde Land ist größtenteils versunken und hat eine Splittergruppe von Inseln zurückgelassen, die sich durch starken Vulkanismus auszeichnen. Die patriarchalische Gesellschaft, die hier existiert, hat die Rechte der Frauen drastisch beschnitten und sie zu besseren Sklavinnen herabgewürdigt.

Als der DREIZEHNER bei seinem Sturmlauf gen Süden von Sono­fal aus an die Südküste von Wertan gelangt, zwingt er einen Fehrer-Kapitän, mit einem Fährschiff zur Insel Ciryo zu reisen. In Sichtweite der Insel kommt es an Bord zu einer Rebellion, die der DREIZEHNER gnadenlos niederschlägt und dann auf dem Meeresgrund weiter in Richtung auf Land marschiert, bereit zum neuen Titanenkampf.

Schon Wochen vorher ist der GRÜNTOD, der zweite Titan, auf dem Südkontinent von Sklavenjägern eingefangen worden. In­dem der GRÜNTOD, der seinem weiblichen Körper den Namen Iris gegeben hat, sich hilflos stellte, wurde er ins Reich der Feh­rer als Lustsklavin verschleppt. Hier im „Haus der Lüste“ ist Iris vorgeblich als Dirne tätig. Aber es stellt sich schnell heraus, dass sie jeden, mit dem sie intensiveren Kontakt hat, infiziert und zu einem Teil ihrer stetig wachsenden Armee macht. Bald beherrscht sie das gesamte Haus und Hunderte von Dienern im Reich der Fehrer.

Dann gelingt es auch Graf Corian, COORAET und Tanja, mit ei­nem Schiff das Reich der Fehrer anzusteuern, weil sie dem DREIZEHNER folgen – immer noch in Unkenntnis der Tatsache, wem sie da nachstreben. Als die enthemmte Tanja in Sichtweite der Insel Ciryo von den Fehrern gesichtet wird, kommt es zu ei­ner folgenreichen Fehlinterpretation: da der fehrerische Kom­mandant weiß, wie Frauen sich verhalten, die mit dem Lustharz behandelt worden sind, hält er Tanja für eine entführte Hure aus ihrem Reich und die Besatzung des Schiffes für Räuber oder Schmuggler, und er lässt sie umgehend festsetzen.

Tanja wird ihrerseits ins „Haus der Lüste“ transportiert, wo sie von Iris erwartet wird … aber der Versuch des GRÜNTODS, Tanja zu einem Teil seiner Armee zu machen, schlägt fehl. Stattdessen löst die magische Attacke Vyxols Bann und bringt TOOWATAERS Persönlichkeit und magische Fähigkeiten wieder zum Vorschein. In einem drastischen Befreiungsschlag kann der Dämon der He­xen den GRÜNTOD abwehren und zurückwerfen.

Dann teleportiert TOOWATAER zu Corian und COORAET und nimmt sie schnellstens mit zur Insel Ankiay im Osten des Nord­kontinents. Und TOOWATAER, nun völlig kräftemäßig ausgepowert, fürchtet, eine alte Legende werde sich im Reich der Fehrer bewahrheiten – die Legende vom Titanenkampf

Parallel zu diesen Ereignissen vollziehen sich auch im Süden schreckliche Geschehnisse. Der einstige Parteigänger TOE­TAARS, der monströse Dämon YTHOKAAN, der früher Sonofal vor Band 100 der Serie beherrschte und sich nach Sin‘ol‘ghe ab­setzte, als TOETAARS Macht schwand, hat sich im Osten des Südkontinents festgesetzt und mit einigen Schwarzen Hexen nun TOEKAAN als neuen Schutzpatron im so genannten Ost­reich gewonnen. Er stellt die Schlangenkopf-Armada seiner Schlangenkopf-Krieger auf und überfällt in einem Sturmlauf das Gebiet des Stein- und Katzenclans entlang der Nordküste Sin‘ ol‘ghes.

Dort bahnt sich im immer noch völlig ermatteten Reich der Priesterin Tian ein Regierungsumsturz an. Nur die engste Vertraute Tians, Orena, hält noch zu ihr. Aber als Tian nun eine neue Schreckensvision der nahen Zukunft erhält, übersteht ihr Körper das nicht, sie stirbt daran. Unmittelbar daran erscheint Inasa, die Katzengöttin, und nimmt Orena mit zur Schluchtwelt. Kurz darauf wird die Katzenstadt von den Kriegern YTHOKAANS überrollt und verwüstet.

YTHOKAAN selbst vollzieht im Lichtpalast bei der Leiche Tians ein grässliches Ritual, das den gesamten Palast zum Einsturz bringt … und er steigt als völlig verändertes Wesen aus den Trümmern wieder ans Licht – mit dem Kampfruf „SSLANCKORT!“, mit den sich dann die Schlangenkopf-Krieger gegen die Schwarzen Hexen stellen.

Als die Hexen vom neuen YTHOKAAN besiegt, aber nicht getötet werden, kommt zutage, dass er TOEKAAN immer nur als Mittel zum Zweck betrachtet hat – um seinen alten Körper, den eines Schlangendämons von Sslanckort, zurückzugewinnen. Und um an die Seite jenes Wesens zu treten, dem er recht eigentlich vor Jahrhunderten diente: dem Roten Dämon, der inzwischen mit der KAISER WILHELM auf dem Weg ins Inselreich der Fehrer ist, um sich dort in den versunkenen Arsenalen seines früheren Rei­ches mit Waffen zu versorgen. So bricht die Schlangenkopf-Ar­mada unter YTHOKAAN mit den verwundeten Schwarzen Hexen ebenfalls auf zum Inselreich der Fehrer, das der neue magische Brennpunkt wird.

Im Schlussband dieser Betrachtung, Band 150 der Serie, mit dem programmatischen Titel „TITANENKAMPF“, beginnt die Auseinandersetzung der beiden magischen Superwesen. Sowohl der DREIZEHNER als auch der GRÜNTOD sind dabei, Menschen der Inseln zu ihren Sklaven zu machen und zu Armeen zusam­menzuschmieden.

Am Ende des Bandes beschließen Corian und COORAET, die die magische Katastrophe verhindern möchten, ins Inselreich der Fehrer zurückzukehren, in das inzwischen der Rote Dämon mit der KAISER WILHELM zurückgekehrt ist und hier die „Bruder­schaft des Führers“ aktivieren konnte. Und die beiden Titanen, der DREIZEHNER und der GRÜNTOD alias EORANOK, rufen sich ihre Kampfaufforderungen zu.

Der eigentliche Titanenkampf steht unmittelbar bevor …

Davon und von der Welt, die aus diesem magischen Armaged­don entsteht, wird dann der nächste und letzte Teil dieser Seri­enbeschreibung handeln. Wann genau ich diese Bände digitali­siert habe, weiß ich noch nicht exakt, aber ihr erfahrt es genau hier.

In der kommenden Woche kehren wir zurück in den KONFLIKT 15 des OSM und zu Oki Stanwers Abenteuern in der chaotischen Milchstraße im 75. Jahrhundert.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 316: Der Krieg mit den Hukk

Posted September 8th, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich gebe freimütig zu, dass ich mich seit langem zu den Fans von Keith Laumers witzigen Romanen zähle, wiewohl ich sonst so meine Schwierigkeiten mit humoristischer SF habe. Humor ist meist etwas sehr Spezielles, und der leider schon recht lange verstorbene amerikanische Autor war jemand, der ihn recht feinsinnig und nicht mit der Brechstange in seine Romane ein­zupflegen wusste. Mitunter neigte er natürlich zu bizarren Über­treibungen, die aber, aufs Ganze gesehen, durchaus auch ihres Reizes nicht entbehren.

Wer schon einmal das Vergnügen hatte, einige seiner CDT-Ro­mane oder Kurzgeschichtenbände um den Diplomaten James Retief zu schmökern und Gefallen an ihnen gefunden hat, der dürfte sich auch mit Kommodore Tancredi Dalton und der kosmi­schen Krisenlage anfreunden können, die Laumer in diesem Spätwerk vorstellt und auf ziemlich unkonventionelle Weise zu lösen versucht. Manchmal wünscht man sich durchaus, dass heutige irdische Diplomaten etwas von der frechen Lässigkeit dieses Mannes (oder eines James Retief) hätten. Aber davon kann heutzutage leider kaum mehr die Rede sein, in Zeiten von verbissenen Fake-News-Schlachten, übler Nachrede, political correctness und dergleichen. Da kann ja schon ein Schmunzeln falsch verstanden werden.

Keith Laumer war da sehr viel entspannter, und das merkt man seinen schelmischen Romanen an, die untergründig des Ernstes durchaus nicht entbehren. Sie als reine Unterhaltung zu verste­hen, wäre darum verkehrt. Versteht darum diese schon über 20 Jahre alte Rezension von mir als Einladung an all jene, die mit Laumers Schreibe noch keine Berührung hatten … oder schon lange nicht mehr.

Einfach weiterlesen:

Der Krieg mit den Hukk

(OT: The Glory Game)

von Keith Laumer

Terra-Taschenbuch 362, August 1984

Moewig, 162 Seiten

 

Die Situation ist vertrackt: das irdische Imperium steht dem jun­gen Reich der nicht-humanoiden Hukk gegenüber, einer aben­teuerlustigen, um nicht zu sagen: aggressiven Rasse, die – mit terranischer freundlicher Unterstützung der herrschenden har­moniesüchtigen Regierung – wirtschaftlich und technisch sowie militärisch aufgerüstet wurde, weil die Menschen ja auf die we­nig ruhmreiche kolonialistische Vergangenheit zurückblicken und dies bei den Hukk nicht wiederholen möchten.

Als die Hukk anfangen, die ersten irdischen Kolonialplaneten zu belästigen und dann sogar zu besetzen, beschließt der General­stab, den Hukk eine Lehre zu erteilen. Ein großes Manöver soll abgehalten werden, in dessen Verlauf die Hukk, die ihrerseits gerade eine stark armierte Flotte aufbauen, durch die bloße Prä­senz der irdischen Flotte abgeschreckt werden dürften. So je­denfalls will es die offizielle Regierungspolitik.

Kommodore Tancredi Dalton, ein scharfsinniger und äußerst un­verschnörkelter Kommandant eines erheblichen Teils der irdi­schen Flotte, erkennt jedoch, dass die Politik die Hukk grundle­gend falsch einschätzt und zugleich krass unterschätzt. Als er von dieser Seite instrumentalisiert werden soll, zeigt sich das deutlich. Es gibt jedoch auch eine andere Seite neben den so genannten „Weichkurslern“, die Harmonie um jeden Preis wollen und selbst bereit sind, in der gewaltsamen Okkupation von Kolonialplane­ten ein „bedauerliches Missverständnis“ zu sehen, das „sicher bald bereinigt wird“, sobald man neue Handelsverträge mit den Hukk abgeschlossen hat …

Die „Hartkursler“ sind im Verteidigungsministerium und der Flotte zuhause – und auch von der Seite soll Dalton bestochen wer­den, dahingehend diesmal, dass er das „Manöver“ für einige „Strafaktionen“ an den Hukk benutzt. Dalton sucht jedoch einen Mittelweg und bleibt weiter skeptisch.

Sein Misstrauen erweist sich als überaus brauchbar, als schließ­lich auf dem Weg zum Rendezvouspunkt der terranischen Flot­ten ein unidentifizierter Konvoi gemeldet wird, der auf dem Weg zur Erde ist. Die Hukk sind, allen Hypothesen zum Trotz, auf dem Weg, das Herz des irdischen Imperiums anzugreifen, und nur der draufgängerische Dalton ist in der Position, etwas dage­gen tun zu können. Doch das ist erst der Anfang, denn natürlich hat eine solche Aktion ein diplomatisches Nachspiel, in dem Dalton versucht, sich geschickt anzustellen, aber …

Wer in dem Roman mit dem reißerischen Titel „Der Krieg mit den Hukk“ (ursprünglich „The Glory Game“) einen von jenen Ro­manen sucht, die durch Raumschlachten, Gemetzel und Helden­taten auffallen, hat sich zweifellos den falschen Roman ausge­sucht. Wer hingegen schon auf der zweiten Seite über das Kür­zel CDT stolpert (Corps Diplomatique Terrestrienne!), der kommt als Wissender aus dem Kichern nicht heraus, und in DIESER Hin­sicht hält der Roman, was er verspricht.

Keith Laumer wurde im deutschen SF-Raum in erster Linie mit seinen Geschichten um den äußerst unorthodox vorgehenden Diplomaten des CDT, James Retief, bekannt, und dieser Roman spielt im selben Universum. Retief ist ein typischer Antiheld, der mit Gelassenheit und frechem Mut seine eigenen Vorgesetzten und deren Fehler bloßstellt und dasselbe mit der diplomatischen Gegenseite tut, wobei seine Verdienste selten Anerkennung fin­den und er im Corps eher abgestuft als hochgestuft wird. Das CDT erscheint als ein unnötig aufgeblasener, bürokratischer Wasserkopf, der so unsagbar langsam und ineffizient geworden ist und vor wirklichen Aktionen längst zurückschreckt, wenn sie auch nur einen Staubfussel auf den feinen Abendanzug fallen lassen oder, schlimmer noch, die Bügelfalten ruinieren könnten. Das Schicksal ganzer Völker ist demgegenüber bedeutungslos.

Dieser abstruse Moralkodex wird in diesem Roman gespiegelt und hinter einer Kalten-Krieg-im-Weltraum-Kulisse auf das Mili­tär und die gesamte terranische Gesellschaft übertragen. Das unorthodoxe, intuitiv aber richtige Verhalten Retiefs wird in die­sem Fall bei Kommodore Dalton gespiegelt, und die absolute Glanzleistung sind Laumers vor subtilem Wortwitz nur so trie­fenden Wortgefechte, insbesondere, als sich der Kommodore später vor Gericht verteidigen soll. Spätestens nach dem fünf­ten „Nein, Sir“, das den wohl ausgefeilten Plan der „Weichkurs­ler“ zertrümmert, liegt der Leser vor Kichern in der Ecke.

Moralische Folgerungen aus dem Roman zu ziehen, halte ich zwar nicht unbedingt für sinnvoll, aber es lohnt allemal, sie zu durchdenken. Und es ist wirklich schade, dass heutzutage kaum mehr jemand den Namen Keith Laumer kennt, und dass zwar „Altmeister“ wie Asimov, Ballard, Bradbury, Dick und andere (durchaus zu Recht) immer wieder mal Renaissancen erleben, dass jedoch seit dem Ende der Terra-Taschenbuchreihe Laumer vergessen ist.

Wer immer Keith Laumer nicht kennt, aber humorvolle SF mit schön ironischer Schärfe liebt, sollte es nicht versäumen, sich Bände um James Retief zu besorgen und zu genießen. „Der Krieg mit den Hukk“ gibt darauf nur einen leichten Vorge­schmack, kann aber leicht Appetit auf mehr machen. Da kann man nur „buon appetit“ wünschen …

© 1999 by Uwe Lammers

Ich stelle nach diesem Rezensions-Blog definitiv fest, dass ich mich mal wieder mehr um Keith Laumers Romane kümmern sollte … schon seit langem habe ich den Plan, die alten Romane ein neues Mal zu schmökern, um zu sehen, ob wohl eine Distanz von 30 Lesejahren etwas von ihrem Charme verringert hat. Mir will das nicht so scheinen.

Ihr kennt das vielleicht, der eine oder andere von euch, dass es irgendwie Romane gibt, die man unbedingt noch einmal lesen möchte, wiewohl man sie in und auswendig kennt. Ob es sich dabei um die voluminösen Highland-Romane von Diana Gabal­don handelt, um Dan Simmons‘ Hyperion-Zyklus oder den „Herrn der Ringe“ von Tolkien … es gibt einfach so Bücher, die verdienen es, mit etwas Abstand wieder gelesen zu werden. Laumers Werke gehören definitiv dazu.

Ist das mit dem Buch der kommenden Woche auch der Fall? Das kann ich noch nicht sagen, dafür ist die Lektüre definitiv nicht weit genug Vergangenheit. Aber anregend fand ich ihn durch­aus.

Worum es geht, erfahrt ihr genau in einer Woche an dieser Stel­le.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Neustart September 2021

Posted September 5th, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es geht wieder los, ich bin gewissermaßen „back in business“, nachdem ich vom 2. Mai bis Ende August 2021 auf Tauchstation war. Das ließ sich nicht umgehen, weil es meine zeitliche Bean­spruchung durch meine Brotarbeit nicht anders zuließ. Da sich in diesen langen pandemiebedingt anstrengenden Monaten vie­les aufgestaut hat, möchte ich ganz gern alles etwas langsam wieder angehen.

Wichtig war mir dabei zuallererst, dass ich euch wieder wie frü­her im regelmäßigen Abstand mit meinen Blogartikeln versorge. Viele waren damals schon vor dem Stillstand geschrieben wor­den und sind, vergleichsweise zeitlos, nun ohne größere Nach­bearbeitung nachzuliefern.

Der Takt wird dabei derselbe sein wie damals: Am Sonntag wird es den traditionellen Wochen-Blog geben, dieser hier macht am 5. September 2021 den Anfang. Die Rezensions-Blogs folgen dann vom 8. September an und werden im Wochenabstand re­gelmäßig alte und möglicherweise weitgehend unbekannte Wer­ke vorstellen, die aus unterschiedlichsten Sparten stammen: historische Sachbücher, phantastische Stoffe, Krimis, erotische Literatur in bunter Mischung.

Der Rezensions-Blog beginnt mit der Nr. 316 „Der Krieg mit den Hukk“ von Keith Laumer, eigentlich ursprünglich vorgese­hen für den 14. April 2021.

Der Wochen-Blog setzt an mit der Nr. 423 „Der Name ist Pro­gramm – Ein Kosmos namens Horrorwelt, Teil 5“, den ich an und für sich schon am 11. April 2021 veröffentlichen wollte.

Von da an sollen die weiteren Beiträge in regelmäßiger Folge er­scheinen. Ich hoffe, solche Unterbrechungszeiträume werden in der näheren Zukunft nicht mehr notwendig sein, aber sicher sa­gen kann ich das natürlich noch nicht. Das hängt doch sehr stark davon ab, wie sich meine berufliche Zukunft gestaltet, die mal wieder in die Bewerbungs- und Coaching-Schleife mündet, hoffentlich nur für ein paar Monate.

Das E-Book-Programm muss auch erst mal wieder hochgefahren werden. Ich habe einen neuen Laptop gekauft, den ich sowohl für berufliche wie private Zwecke nutzen will, und damit hoffe ich, auch wieder mit dem Schreiben von E-Book-Texten voranzu­kommen. Die nächsten Projekte, die hier anstehen, sind diejeni­gen, die ich im Mai schon ankündigte: Band 32 der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“, Band 2 der Serie „Oki Stan­wer – Bezwinger des Chaos“ und Band 2 der Serie „DER CLOG­GATH-KONFLIKT“, wofür ich zuvor noch die Novelle „Das Ge­heimnis von Church Island“ vollenden will.

Hat sich denn sonst gar nichts Positives getan? Gibt es nur fins­tere Neuigkeiten? Ach nein, gar so dramatisch sollte man das nicht sehen. Es gab schon substanzielle Fortschritte. Ehe dieser Blogartikel erscheint, wird beispielsweise die Digitalisierung des KONFLIKTS 12, „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ vollendet sein. Zwischenzeitlich bin ich auch gut vorangekommen mit dem Digitalisieren der Episodenvorlage des „CLOGGATH-KON­FLIKTS“, also der Serie zu KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“, wo schon Band 12 erreicht ist.

Eine neue Baustelle ist die digitale Erfassung der Proto-OSM-Ebene 9, der Serie „Der Kaiser der Okis“, an der ich von 1984-1990 schrieb, ehe sie eintrocknete. Die Episoden sind inhaltlich zwar SEHR veraltet und teilweise geradezu grotesk abwegig vom Grundstrukturmuster, aber sie sind zum Glück sehr kurz und damit vergleichsweise zügig zu erfassen.

Die Digitalisierung der Serie „Horrorwelt“ ist ebenfalls abge­schlossen, und dasselbe gilt für die OSM-Novelle „Kämpfer ge­gen den Tod“, die aktuell im Fanzine „Baden-Württemberg Aktu­ell“ (BWA) ab der September-Ausgabe (Nr. 456) in vier Teilen er­scheint. Dieser 1997 geschriebene OSM-Roman beleuchtet das Schicksal des Terraners Alan Bannister nach seinem Tod (!) im bizarren Netzuniversum-KONFLIKT 24 (Serie „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“).

Und wo wir gerade bei diesem KONFLIKT-Universum und dieser Serie sind … daran habe ich auch weitergearbeitet. Nachdem Band 2000 des OSM im vergangenen Herbst aus dieser Serie stammte, war gewissermaßen der Knoten geplatzt, und ich konnte daran weiterschreiben.

Ähnliches galt für die am weitesten vorgeschobene Schreibbas­tion des OSM, die Serie „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“ (KON­FLIKT 28). Hier führte ich Oki Stanwers Audienz mit der FLAM­ME, dem Interimsregenten des Planeten TOTAM, zu einem un­glaublichen Showdown, der zahlreiche Geheimnisse des Oki Stanwer Mythos lüftet. „Göttliche Erkenntnisse“, so der Titel des Bandes 57 der Serie, wird Band 2050 des OSM sein. Und um nur ein paar Andeutungen zu machen, was man darin beizeiten wird nachlesen können:

– Die Namen der Sieben Lichtmächte

– Die Wahrheit über den „Jenseitsraum“, die Heimat der Licht­mächte

– Die wahre Geschichte über die legendären Baumeister

– Die Identität von Oki Stanwers zweiter Tochter

– Der Ursprung der Dämonen und Dämonenwaffen von TOTAM

– Der wirkliche Ursprung von Klivies Kleines und Oki Stanwer

und schreckliche Erkenntnisse über den Beginn des KON­FLIKTS 28. Wer denken sollte, der RAND sei hier schon das Schlimmste, was es gibt, der sollte mal den Anfang dieses KON­FLIKTS sehen und das, was sich daraus entwickelt, um wirklich krause Nackenhaare zu bekommen …

Wahrhaftig, da gehen haarsträubende Dinge vor sich, und das gilt für zahlreiche OSM-Ebenen (= Serien). Ich bin zuversicht­lich, nach dem Digitalisieren von KONFLIKT 12 ein wenig mit ei­nem weiteren Seriendigitalisat pausieren zu können, um begon­nene Story- und Episodenprojekte voranzutreiben. Das wird wirklich höchste Zeit, schließlich läuft die Zeit für mich auch li­near in die Zukunft weiter, und mit bald 55 Lenzen sollte ich mich wirklich mal sputen, meine Schreibmaterialien zum OSM in eine gescheite, durchkonzipierte Form zu bringen, ehe ich neue Baustellen beginne (wie etwa die vielen noch gar nicht bearbei­teten KONFLIKTE; bei manchen juckt es mich definitiv in den Fin­gern). Da müssen erst mal alte Projekte beendet werden. In vor­derster Front stehen da KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Re­gent“ und ein paar Novellen zum OSM.

Ihr merkt, es ist immer noch viel zu tun. Und der Elan erwacht so allmählich wieder. Ihr werdet das alsbald auch in meinen Blogartikeln sicherlich merken.

Soviel für den Anfang. Ich freue mich, zurück zu sein, finde es toll, dass ihr mir trotz der langen Durststrecke die Treue gehal­ten habt und stürze mich mit neuem Eifer in die Arbeit!

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Maiblog 2021

Posted Mai 1st, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde meiner E-Books,

aus aktuellem Anlass möchte ich den am 1. April 2021 verfassten unten stehenden Zeilen etwas voranstellen und vorab schon mal für Verständnis bitten.

Regelmäßige Leser meines Blogs werden in den vergangenen Wochen sowohl meine pünktlichen Wochen-Blogs am Sonntag wie die Rezensions-Blogs vermisst haben. Ich kann euch insofern beruhigen, als dies keine gesundheitlichen Gründe hat. Corona hat mich nicht erwischt, und auch sonst geht es mir vergleichsweise gut. Doch die Gesundheit ist nie der einzige Grund, warum Regelmäßigkeiten ins Stocken geraten.

Bei mir ist es momentan so, dass ich aus Zeitgründen meinen Aufmerksamkeitsfokus für ein paar Monate gründlich verschieben muss. Deshalb sind die schon angekündigten Blogartikel etwa auf meinem Amazon AuthorCentral-Account mit „suspendiert“ gekennzeichnet. Ich werde diese Beiträge nach der selbst verordneten Blogpause nachholen, das verspreche ich euch. Dieser Maiblog ist bis auf weiteres erst mal der letzte Eintrag, ich hoffe, in ein paar Monaten wieder zum Normalbetrieb zurückkehren zu können.

Ihr solltet dies auch als Möglichkeit verstehen, vielleicht mal in der großen Menge der schon veröffentlichten Texte zu schmökern und zu recherchieren. Immerhin sind dies ja im Laufe der zurückliegenden 8 Jahre schon mehrere tausend Seiten gewesen.

Sobald sich meine zeitliche Inanspruchnahme wieder normalisiert hat, gebe ich euch Bescheid und versorge euch mit neuen Beiträgen.

Für den Moment danke ich euch für die bisherige Aufmerksamkeit und würde mich freuen, wenn ihr regelmäßig hier vorbeischaut, um zu sehen, wie die Dinge sich verändert haben. Und damit öffne ich den Vorhang für den Maiblog 2021.

Bis bald, euer Uwe.

Liebe Freunde meiner E-Books,

tja, es steht zu fürchten, dass sich ein erheblicher Teil dieses Maiblogs, der ja eine langjährige Tradition im Rahmen meines E-Book-Programms seit Frühjahr 2013 ist, lesen wird wie die sinn­bildliche „Platte mit Sprung“. Ihr werdet schnell erkennen, warum ich das so betone. Als Fazit des gesamten Berichts ist jetzt schon zu konstatieren, dass er für das dokumentierte Jahr 2020/21 eine Phase der Stagnation darstellt. Ich hoffe aber zu­versichtlich, im kommenden Maiblog für 2022 deutlich mehr Grund für Optimismus zu haben.

Punkt 1: Nach wie vor befinden wir uns in den Zeiten des SARS-Virus COVID-19, landläufig als „Corona“ bezeichnet. Was ich im vergangenen Jahr an dieser Stelle befürchtete, ist von der Wirk­lichkeit leider weit übertroffen worden. Seit März 2020 befinden wir uns mehr oder minder konstant im wirtschaftlichen Lock­down, von einer kurzen Erholungsphase im Sommer 2020 abge­sehen … aber effektiv haben wir inzwischen weltweit weit mehr als 120 Millionen Infizierte (wobei man befürchten muss, dass die Dunkelziffer insbesondere in Südostasien, Afrika und Südamerika astronomisch viel höher liegt, von dort gibt es meist nur irreal niedrige Werte, von einigen Hotspots wie Brasili­en und Argentinien sowie Südafrika abgesehen), mehrere Millio­nen Menschen sind bereits gestorben, allein in Deutschland bis heute (1. April 2021 und leider kein Aprilscherz) mehr als 76.000 Personen.

Die so genannten Inzidenzzahlen steigen aufgrund von diversen Mutationsformen des Virus wieder dramatisch an. Es gibt zwar erfreulicherweise zahlreiche entwickelte Impfstoffe, aber sowohl die Quantität wie die Verteilungsgerechtigkeit lassen doch spe­ziell in Deutschland sehr zu wünschen übrig. Mediale Überreak­tionen wegen Nebenwirkungen führen zu weiteren Störungen und verhindern zusammen mit zwar halbwegs verständlichen, aber im Kern ungesunden Protesten gegen die Corona-Maßnah­men in der Bevölkerung, dass die Pandemie abebbt und die Gesamtbevölkerung so gewissermaßen in Geisel­haft genommen wird.

Unschöne Entwicklung und so in meinen Lebzeiten noch nicht da gewesen. Es ist begreiflich, dass sich das auch auf mich, mein Leben und meine Kreativität auswirkt, und zwar drastisch.

Punkt 2: Meine letztens angedeutete Anstellung auf dem ersten Arbeitsmarkt ist seit Juni 2020 Realität geworden, anfangs mit 85 % Arbeitszeit, seit 1. Oktober mit 100 %. Das ist ebenso wie der finanzielle Aspekt positiv zu nennen. Negativ wirkt sich Punkt 1 auf mich mental sehr retardierend aus, was sich dann weiterhin nachteilig auf meine Arbeitsleistung und Arbeitsfähig­keit ausgewirkt hat.

Alles in allem ist so meine kreative Schaffenskraft in eine gründ­liche Schieflage geraten. Am deutlichsten kann man das daran sehen, dass anno 2020 keines der zuletzt angekündigten und in Arbeit befindlichen E-Books fertiggestellt werden konnte.

Punkt 3: Die E-Book-Verkäufe krebsen nach wie vor am unteren Wahrnehmungslimit herum, Gelegenheit und Zeit für neue Wer­bemaßnahmen gab es nicht, ganz zu schweigen vom Schreiben neuer Werke. Glaubt mir, das gefällt mir genauso wenig wie euch … ich hoffe aber zuversichtlich, in der zweiten Jahreshälfte 2021 hier Abhilfe schaffen zu können.

Im Zuge meines E-Book-Programms ist seit dem letzten Mai tat­sächlich nur bei XinXii ein einzelnes Werk als „Nachdruck“ er­schienen:

TI 26: „Baumeister-Pläne“

Glücklicherweise ist inzwischen die deutsche XinXii-Seite wieder zugänglich, aber ich konnte diesen Vorteil aus den oben ge­nannten Gründen leider noch nicht weiter nutzen. Auch das soll sich noch ändern.

Punkt 4: Meine Hoffnungen aus dem Frühjahr 2020 bezüglich der Print-Ausgaben meiner E-Books haben sich leider auch nicht bewahrheitet, da ist der Kontakt im Zuge der Corona-Pandemie leider völlig eingebrochen, und schon geplante und z.T. begon­nene Projekte wurden nicht vollendet. Hier muss ich die Kontak­te ebenfalls neu knüpfen. Seufz.

Punkt 5: Es war ebenfalls angedacht, mit einer kreativen Kolle­gin der KreativRegion e.V. eine Englischübersetzung der Story „Die Katze, die die Sonne stahl“ umzusetzen, um die Reich­weite meiner Werke zu steigern … auch dieser Plan hängt in den Seilen und zieht sich hin.

Punkt 6: Ich deutete es schon oben an, dass sich die Pläne für Werke im Kontext mit meinen E-Books einfach verschoben ha­ben. Das gilt auch für die Novelle „Das Geheimnis von Church Island“ und das E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 2: Monstererwachen“. Ich kann da gleich „BdC 2: Gestran­det in Bytharg“ und den aktuellen Band der Serie „Oki Stan­wer und das Terrorimperium“, den Band „Krisenherd Xoor‘ con“, anschließen. Alles noch „work in progress“, sorry.

Zu den Folgeprojekten sage ich hier weiter gar nichts, die habe ich im Maiblog 2020 aufgelistet, sie können dort nachgelesen werden. Momentan ist das noch recht ferne Zukunftsmusik.

Punkt 7: Was noch erwähnenswert ist – auch für das kommende Jahr bin ich im März 2021 als Chefredakteur des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW) wiedergewählt worden und betreue in dieser Funktion auch weiterhin das monatliche Fanzi­ne Baden-Württemberg Aktuell (BWA). Das Fanzine hat inzwi­schen die erstaunliche Nummer 450 überschritten … das kann ich selbst kaum glauben, ich bin immerhin schon seit BWA 276 nonstop Redakteur dieses monatlich erscheinenden Fanzines, da kommen schon eine Menge Jahre zusammen.

Punkt 8: Das Vereinsleben ist im Zuge der Corona-Pandemie völ­lig zum Erliegen gekommen. Bei der KreativRegion e.V. in Braunschweig gelang es zwar, in deren Mediathek einige Werke zu veröffentlichen, aber direkte Treffen sind quasi nicht mehr möglich gewesen. Ähnlich sieht es leider beim Braunschweiger SF-Stammtisch aus, da ist auch völlige Lethargie eingekehrt, nicht zuletzt wegen der Paralyse der Gastronomie und den öf­fentlichen Regeln, sich maximal zu zweit oder zu dritt treffen zu dürfen. Das macht nicht nur Konzerte, Conventions, Kinobesuche und dergleichen unmöglich, sondern eben auch solche Fantref­fen … und digitale Konferenzsysteme sind nur eine bedingte Lö­sung, die nicht wirklich vom gleichen „Spirit“ durchdrungen wird, wie ich das mal nennen möchte.

Meiner Einschätzung zufolge wird sich an dieser Situation so lange nichts grundlegend ändern, bis ein sehr erheblicher Teil der Bundesbürger wenigstens eine Basisimpfung gegen das Vi­rus erhalten hat (aktuell sind wir in den meisten Bundesländern kaum über 15 % hinaus … statt, wie es viele andere Staaten vormachen, die Haus- und Allgemeinärzte in die Pflicht zu neh­men, wurde hier umständlich und bürokratisch mit dem Aufbau von Impfzentren begonnen, die hinten und vorne nicht recht funktionieren. So betrachtet werden wir noch mindestens ein halbes Jahr warten müssen, ehe akzeptable Impfraten erreicht sind.

Es ist ziemlich offenkundig, dass 2021 das zweite Corona-Jahr sein wird, und es hat ganz bestimmt nachteilige Auswirkungen auf die Wahlen in diesem „Superwahljahr“. Traurig, aber wahr.

Punkt 9: Nein, auch zum Thema „Hörbuch“ (oder Podcast) gibt es leider noch keine Neuigkeiten, dieser Plan blieb während des vergangenen Jahres auch auf der Strecke … eine weitere Bau­stelle, um die ich mich kümmern möchte, sobald die allgemei­nen Verhältnisse sich wieder etwas normalisiert haben. Wann immer das genau sein wird. Ich bleibe da am Ball.

Punkt 10: Digitalisate alter OSM-Ebenen – hier konnte ich 2020 den KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC) vollenden. Beim begonnenen Digitalisat von KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ stehe ich noch ziemlich am Anfang (Bd. 10), weil ich mich verstärkt auf KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwin­ger des Chaos“ (BdC) konzentrierte. Hier ist inzwischen Band 110 erreicht, sodass diese Serie wohl bis Jahresende 2021 abge­schlossen sein dürfte (sie hat 128 Folgen).

Punkt 11: Glossararbeiten – Hier kann ich zu meiner eigenen Freude und Erleichterung verkünden, dass die drei bislang noch nicht digitalisierten Serien (KONFLIKTE 16, 20 und 23, zusam­men immerhin rund 380 Episoden) zwischenzeitlich mit einem Rudiment-Glossar ausgestattet wurden. Das wird mir vieles er­leichtern. Besonders natürlich die Fortführung der Blogartikelrei­he „Close Up“ über KONFLIKT 15 hinaus. KONFLIKT 14 ist im Rahmen dieser Serie schon komplett in Kurzrezensionen behan­delt worden.

Punkt 12: Blogartikel – ja, auch hier habe ich natürlich des ra­schen Veröffentlichungstaktes wegen eine Menge Zeit inves­tiert.

Bei den Blogartikeln habe ich in der Veröffentlichung bei den sonntäglichen Wochen-Blogs aktuell Nr. 425 erreicht. Der äu­ßerste Planungsrand reicht hier schon bis Nr. 439 (geplant für den 1. August 2021). Die Rezensions-Blogs sind inzwischen ver­öffentlicht bis Nr. 318, die Planung reicht hier bis Nr. 336, der am 1. September 2021 erscheinen soll. Das ist also ein Feld, wo es derzeit glücklicherweise kaum Verzögerung gibt. Und ja – es muss auch kleine Lichtblicke geben!

Kommen wir zum Punkt Verschiedenes:

Im Mai 2020 konnte ich endlich das Digitalisat des ersten Ro­mans der Edward-Norden-Saga, „Odyssee in Arc“ (ursprüng­lich 1987) vollenden, Grundlage für eine lange geplante Überar­beitung des Romans, inzwischen als Plan für 2022 angedacht. Vorher wird daraus bestimmt nichts. Im gleichen Monat entstan­den auch die Glossare für alle Arc-Romane dieses insgesamt sechsteiligen Zyklus.

Im August kam ein wenig überraschend der Abschluss der OSM-Novelle „Kontrollverlust“ (bislang noch nicht veröffentlicht), gefolgt im Oktober von Band 2000 des OSM, der sich erwar­tungsgemäß als die romanlange „Episode“ „Tödliche Ent­scheidung“ erwies, der Schlussband des achtteiligen HANKSTEYN-Zyklus aus KONFLIKT 24 „Oki Stanwer – Der Neutralkrieger“. Inzwischen gehe ich rasch auf Band 2020 zu.

Auch das Digitalisat der Non-OSM-Serie „Horrorwelt“ kam solide voran. Inzwischen wurde Band 161 (von 172!) erreicht, und es existieren inzwischen auch bereits 5 von letztlich 6 Blogartikeln, die ich dazu zu schreiben beabsichtige.

Zum Programmpunkt „Lesungen“ gibt es leider auch keine Neu­igkeit zu vermelden. „Corona“ sei Dank, könnte man sarkastisch sagen. Aber davon habe ich ja schon reichlich geredet und weiß, es nervt euch ebenso wie mich.

So sieht also die Lage aus … vollmundige Vorankündigungen für das kommende Jahr möchte ich besser nicht aussprechen, die erweisen sich eh bald als Makulatur. Ich hoffe gleichwohl unver­drossen, dass es besser werden wird. Bleibt bitte alle gesund und haltet zu mir! Ich danke euch allen, meine Freunde!

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

Literatur, die nicht in etablierten Verlagen erscheint, gilt im bibliothekarischen Jargon gemeinhin als „graue Literatur“, deren bibliografische Erfassung etwa im Rahmen der Deutschen Nationalbibliografie, schwer fällt. Hier ist sie erfreuli­cherweise geglückt, wie die ISSN bezeugt. Ebenfalls ist das Verdikt bekannt, dass die Qualität und das Lektorat solcher semiprofessioneller Schriften hinter denen der traditionellen Verlagsveröffentlichungen zurückbleiben. Meist ist das zutreffend, partiell auch in diesem Fall.

Zugleich aber, und das sollte an dieser Stelle als Positivum ausdrücklich hervor­gehoben werden, ermöglicht seit den späten 1990er Jahren die aufblühende Self­publisher-Szene, die zunehmend die Verlagsszene kontrastiert und Werke ans Licht der Öffentlichkeit hebt, für die sich normalerweise kein Verlagslektorat hinreichend begeistern kann, auch die Publikation jener Schriften, die eher für einen kleinen Interessentenkreis von Bedeutung sind. Die vorliegende Schrift aus dem Science Fiction-Club Deutschland (SFCD) ist diesem Sektor zuzurech­nen.

Ich gebe zu, ich hatte von Herbert Häußler keine Ahnung. Und während ich mich durch die Publikation las, fragte ich mich unwillkürlich immer wieder, wie wohl der ein wenig reißerische Titel „Der erste deutsche SF-Fan“ zustande ge­kommen sein mochte. Das ist ein wenig vollmundig für meinen Geschmack und wertet implizit sicherlich jede Menge weiterer deutscher SF-Fans der ersten Stunde ab. Das soll hingegen nicht bedeuten, dass die hier ausgebreitete Biogra­fie uninteressant ist, ganz im Gegenteil.

Sowohl aus zeithistorischer Sicht (für mich als Historiker mit Schwerpunkt Bio­grafiegeschichte) als auch aus milieuanalytischer Sicht heraus ist dieses Werk faszinierend. Es bietet einen faszinierenden Blick durch die Biografie eines fest in Ostdeutschland verwurzelten Literaten, Fans und Esperantisten, der ungeach­tet der Widrigkeiten der deutsch-deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert den Kontakt zur internationalen Fanszene nicht verlor. Und sein Schicksal, so denke ich, steht stellvertretend für zahlreiche weitere Phantasten, die in den ideologi­schen, politischen und biografischen Grabenkämpfen vor und während des Kal­ten Krieges in widrigen Lagen feststeckten und nicht mit gutem Gewissen vor noch zurück konnten.

Es ist eine Sache, vom Exil zu reden, eine völlig andere dagegen, diesen rigiden Schnitt im Leben auch tatsächlich zu vollziehen. Herbert Häußler hat ihn nie ge­wagt und kann somit als standorttreuer Literat und Phantast verortet werden. Er hat, zeithistorisch bedingt, den Preis für seine Standorttreue gezahlt. Aber ver­gessen worden ist er nicht.

Schaut euch einfach an, wovon ich spreche:

Herbert Häußler 1912 – 1973

Der erste deutsche SF-Fan

Eine Biographie

Von Wolfgang Both, Hans-Peter Neumann & Klaus Scheffler

Andromeda SF Magazin 148

Erlangen 2002

ISSN 0934-330X

Biografien sind spannender Stoff für Historiker. Und wenn man – wie im Falle des Rezensenten – sowohl Historiker als auch Phantast ist und sich dann diese Biografie als diejenige eines Science Fiction-Fans der ersten Stunde herausstellt, erhält dieses Werk noch einmal eine doppelt faszinierende Bedeutung. Wenn es schließlich ausdrücklich historisch interessierte Fans sind, die diese Biografie verfassen und sie innerhalb des SF-Fandoms in einer fest etablierten Zeitschrif­tenreihe des Science Fiction Clubs Deutschland (SFCD) auf den Weg bringen, kann man sich wirklich auf ein höchst interessantes Werk gefasst machen.

Um es kurz vorwegzunehmen: die Lektüre lohnt sich in der Tat, in beiderlei Hinsicht, also sowohl unter dem Aspekt der Zeithistorie und der klassischen Biografieschreibung wie unter dem Aspekt auch des Fan-Seins. Da Herbert Häußlers Lebensweg über Jahrzehnte hinweg und über alle Fährnisse der Zeit­läufte mit dem amerikanischen SF-Fan Forrest (Forry) J. Ackerman verbunden war, der auch die amerikanische Einleitung zu diesem Band verfasst hat, kann man mit Fug und Recht sagen, dass diese in jederlei Beziehung phantastische Freundschaft über die Zeitgeschichte triumphiert hat.

Die Biografie orientiert sich, wie zumeist üblich, am Zeitstrahl Häußlers (S. 69 in der gebotenen Knappheit noch einmal auf einer Seite resümiert) und ist eng mit dem zeitgeschichtlichen Kontext verwoben, so dass man nicht, wie es manchmal leider immer noch geschieht, eine Art Tunnelblick geboten bekommt und das Leben aus dem weiteren historischen und auch politischen Kontext her­ausgelöst wird, was der Einbettung in ebendiesen üblicherweise Gewalt antut.

Herbert Häußler wird in einfachen Verhältnissen in Reichenbach/Vogtland am 8. Mai 1912 geboren, vor genau hundert Jahren also, und hier ist sein Lebensmit­telpunkt, zunächst im Kaiserreich, das im Ersten Weltkrieg untergeht, in dem auch sein Vater 1916 den Tod findet. Die heile Welt zerbricht in jederlei Bezie­hung, und so sind die Anfangsseiten der Biografie auch stark auf den zeithistori­schen Kontext dieser Jahre fixiert, der im weiteren Verlauf immer wieder durch­klingt.

1925 macht er seine ersten Leseerfahrungen mit der Phantastik (Otto Willi Gail „Der Schuss ins All“), nachdem er zuvor über das neue Medium Film schon ers­te Berührungen damit gehabt hat. Zunächst aber ist er mehr damit befasst, eine Kaufmannslehre zu absolvieren, die „phantastischen Nerven“ bleiben zunächst eher passiv. Das ändert sich, als er 1928 auf die Kunstsprache Esperanto stößt. Zeitlebens wird Häußler ein intensiver internationaler Esperantist bleiben, und auf diesem Weg wird er 1931 Kontakt in die USA bekommen und nach seiner Heirat 1934 – er bleibt, der beginnenden Naziherrschaft ungeachtet, seiner vogt­ländischen Heimat treu – schließlich 1935 Forrest Ackerman kennen und schät­zen lernen.

Während der Austausch über Esperantisten besonders aus den USA, namentlich eben Ackerman, ihm zahlreiche ausländische SF-Magazine zugänglich macht und seine Neugierde auf die phantastischen Welten der Science Fiction immer größer macht, beginnt sich privat allmählich die Umwelt zu verfinstern.

1937 wird dem Ehepaar Häußler der Sohn Wolfgang geboren, der leider bald ernste Lernschwierigkeiten offenbart und auf diese Weise den Nazi-Behörden mit ihrem Rassenwahn auffällt. Als Herbert Häußler 1940 in die Wehrmacht ein­gezogen und gen Osten geschickt wird, gerät der Sohn Wolfgang in die Mühlen der Euthanasie-Aktionen der Nazis und noch in den Endtagen des Krieges getö­tet – offiziell stirbt er an „Lungenentzündung“.

Häußler selbst befindet sich inzwischen im Lazarett und anschließend als „pri­soner of war“ in einem Kriegsgefangenenlager. Hier kann er glücklicherweise nach dem Fall des Naziregimes wieder Kontakt mit Forrest Ackerman aufneh­men, der jahrelang unterbrochen war, und so gelingt ihm schließlich die Rück­kehr in die Heimat.

Aber er bleibt im Vogtland, das durch die deutsche Teilung nun in den Bereich der DDR fällt. Politisch noch immer eher naiv, versucht sich Häußler mit den Verhältnissen wieder zu arrangieren und die Esperantistenkontakte zu pflegen. Tatsächlich kommt es dann 1957 auch zu einem ersten Treffen mit Forrest Ackerman in Deutschland.

Traurigerweise ist der DDR-Regierung das Esperanto ebenso suspekt wie der Briefkontakt zu „Klassenfeinden“ im Ausland, und so reißt der Kontakt zwi­schen Häußler und Forry wieder für eine Weile ab. Dafür kann Häußler aber Kontakte ins westdeutsche Fandom aufbauen, die natürlich von der DDR-Staats­sicherheit überwacht werden.

Häußler ist nun vielfältig fannisch aktiv, einmal auf der Esperantoschiene, dann aber auch durch die Herausgabe von Fanzines, insbesondere mit Schwerpunkt auf Rezensionen phantastischer Filme und Bücher. In den Jahren seit dem SFCD-Con 1957 in Bad Homburg, woran er teilnehmen kann, bis hin zu seinem Tod im Jahre 1973 ist Häußler reger Phantast in vielfältiger Weise, freilich im­mer etwas geknebelt durch den Ost-West-Gegensatz, die übermächtige SED und die Zensurbehörden, die mal Sendungen aus dem Westen zu ihm durchlassen, mal wieder beschlagnahmen. Manches davon wird sich nach seinem Tod in sei­ner Stasi-Akte finden, die fragmentarisch erhalten ist.

Im Jahre 1966 wird bei Häußler Diabetes diagnostiziert, bald darauf stellen sich auch Folgeprobleme seiner Kriegsverletzung ein. Am 11. Dezember 1973 ver­stirbt Herbert Häußler im Alter von nur 61 Jahren. Seine Frau Gertrud überlebt ihn um 20 Jahre und verstirbt 1994 in einem Pflegeheim im wiedervereinigten Deutschland.

Traurigerweise geht aus dem Epilog der Biografie hervor, dass sie mit der phan­tastischen Sammlung ihres verstorbenen Mannes nicht viel anzufangen wusste. „… so nutzte sie die Gelegenheit, die umfangreiche Sammlung zu versilbern“, heißt es hier recht drastisch. Auf diese Weise ist Häußlers Nachlass leider so gut wie nicht mehr vorhanden. Doch in dieser Hinsicht sind jene Briefe, die er ins Ausland schickte und die erhalten blieben – beispielsweise im Dunstkreis des SFCD oder auch im Nachlass von Forrest Ackerman – sowie auch (grotesker­weise) seine Stasi-Akte von Bedeutung. Sie wurden zum erheblichen Teil in die­ses vorliegende Werk eingearbeitet.

So ist letzten Endes ein sehr vielseitiges, faszinierendes und insbesondere auch zeithistorisch interessantes Porträt eines Mannes entstanden, den man wirklich als „Wanderer zwischen den Welten“ betrachten kann, der in jederlei Beziehung „in interessanten Zeiten“ gelebt hat, wie das chinesische Sprichwort sagt. Ange­siedelt an einem leider durchweg problematischen Ort Deutschlands machte Häußler physisch und lokal verankert die Unbilden des Ersten und Zweiten Weltkriegs mit, der Nazi- und DDR-Diktatur, die deutsche Teilung mit all ihren Turbulenzen und Beschränkungen, erlitt Arbeitslosigkeit, Kriegsgefangenschaft und Ausgrenzung …

Doch auf der anderen Seite, im Geiste, war er frei genug, nach den Sternen zu greifen und dies mit Gleichgesinnten zu tun, die er dank der Sprache Esperanto überall auf der Welt kennen lernen konnte. Man hätte ihm gewünscht, dass er sich nach dem Zweiten Weltkrieg zur Übersiedelung nach Westdeutschland ent­schlossen hätte, wo er fraglos bessere Entwicklungsmöglichkeiten gehabt hätte. Aber das ist Kontrafaktik, in unserer Welt wenigstens ist dies nicht geschehen.

Die verdienstvolle Aufgabe der drei Verfasser ist ein sehr bemerkenswertes Werk, das Häußlers Bedeutung in der frühen Phantastik Deutschlands nachdrü­cklich herausarbeitet. An manchen Stellen des schön illustrierten Werkes hätte freilich ein besseres Lektorat gut getan. Solche Worte wie „Fratanisierungsver­bot“ (S. 32, gemeint ist natürlich „Fraternisierungsverbot“), „Todspritzen“ (S. 35, gemeint ist „Totspritzen“) oder „skurille“ (S. 53, gemeint ist „skurrile“) sind dann einfach ärgerlich. Auch Namensfehler kommen durchaus vor, die hätten vermieden werden können: „Chrustschow“ (S. 42, gemeint ist „Nikita Chruschtschow“), „J. v. Putkammer“ (S. 43, gemeint ist „Jesco von Puttkamer“). Insgesamt ist aber die Fehlerdichte erstaunlich niedrig und tut der Lektüre nur höchst selten Abbruch.

Wer immer sich für den Zeithorizont zwischen 1912 und 1973 und das, was in dieser Zeit in der weltweiten, d. h. zumeist angloamerikanischen Phantastik je­ner Zeit tat, interessiert und dies durch eine spannende, wechselvolle Biografie eines deutschen frühen Phantasten vermittelt haben möchte, sei nachdrücklich auf diese Biografie hingewiesen. Sie lohnt die Lektüre!

© 2012 by Uwe Lammers

Der Schluss meiner fast zehn Jahre alten Rezension mag ein wenig besserwisse­risch klingen, ich weiß. Aber die darüber stehenden Worte zeigen recht klar, dass ich diese Fan-Biografie durchaus gelungen finde. Das Leben Herbert Häußlers, eingebettet in die internationale Esperantistenszene und Phantastik-Szene, u.a. über die Schiene zu Forrest Ackerman in den USA, ist es auf jeden Fall wert, in Erinnerung behalten zu werden. Und vielleicht liefert sie die Blaupause für wei­tere ähnliche Lebensläufe. Insbesondere das Stasi-Unterlagenarchiv und seine Zweigstellen beinhalten ohne Zweifel noch jede Menge Material, das uns beizei­ten weitere Überraschungen bescheren wird.

Ich bin mal sehr gespannt darauf.

In der kommenden Woche kehren wir dann von der biografischen Bodenstruktur der Phantastik wieder zu den Sternen zurück zu einem klassischen SF-Roman. Mehr dazu in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

wir sind, soweit das bekannt ist, selbstbestimmte Wesen, die eingebettet in einen steten Strom der Zeit existieren, der von der Vergangenheit konstant in die Zukunft fließt. Unter norma­len Umständen gehen wir von dem Erfahrungswert aus, dass auf einen Sonnenuntergang und eine Nacht normalerweise ein neuer Tag folgt, der sich signifikant vom vergangenen unter­scheidet und eben nicht wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ immer wieder von vorne beginnt.

Die Phantastik hält aber derlei Überraschungen parat, und eine besonders perfide Variante dieser Art ist jene Welt, die ich für den Moment einfach mal die „Vier-Stunden-Welt“ getauft habe. Leser des Fanzines „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg“ (SFCBW) kennen diese Welt schon, da ich den betreffenden Roman vor einigen Jahren dort als Fortsetzungsgeschichte publiziert habe.1

Obgleich ich nur einmal im Rahmen dieser Geschichte in dieser bizarren und unheimlichen Welt verweilt habe, enthält sie das Potenzial für deutlich mehr, und aufgrund des auftretenden mul­tikosmischen Personals transportiert sie auch enorme Erkennt­nisse, die langfristig nicht nur für mich, sondern für alle eminent sind, die den OSM gern tiefer durchdringen möchten.

Für alle jene unter euch, die die obige Geschichte bislang nicht lesen konnten – es gibt dazu noch kein E-Book – , sei kurz die Ausgangslage skizziert, ehe es in die durchaus verwirrenden Details geht. Die verstörten vermutlich nicht nur die Hauptper­son, den Oheetir-Mönch Shylviin, sondern zu Beginn sicherlich auch zahlreiche der bisherigen Leser:

Alles beginnt im KONFLIKT 21 des Oki Stanwer Mythos, an dem ich innerhalb der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL) schreibe. Nein, die ist noch nicht fertig, und sie ist auch in­folgedessen leider nicht lesend zu besichtigen. Einige Jahrhun­derte vor Beginn der Serienhandlung befindet sich der junge Mönch Shylviin auf dem Heimweg in sein Dorf, als er von einem Raubtier angefallen und getötet wird. Normale Romane enden hier, aber der OSM ist, wie ihr wisst, anders, hier gibt es spiritu­elle und z.T. sehr handfeste Konzepte für ein Dasein nach dem Tod.

Shylviin hat das Pech, dass er die finstere Variante davon ken­nen lernt – er wird auf die Knochenstraßen TOTAMS gerissen und materialisiert im Innern der schwarzen Kristallwelt in einem neuen Körper: dem eines fleischlosen Skeletts mit schwarzem Kristall-Brustpanzer, und der Körper repetiert maschinell einen Strahlenkarabiner und reagiert wie ferngesteuert.

Der arme Mönch ist völlig konsterniert, er kennt keine Totenköp­fe, die Angehörigen von TOTAMS Elite-Kampftruppen. Und nun ist er selbst einer, ein unsterblicher Knochenkrieger, der auf den Schlachtfeldern der Hohlwelt darauf gedrillt wird, dereinst für die Macht des Bösen in den Krieg zu ziehen. Und das ist leider erst der Anfang.

Im Laufe seiner „Ausbildung“ gelingt es Shylviin allerdings, as­sistiert von einem seltsamen Phänomen, das man später als „Heimweh-Syndrom“ klassifizieren wird, sich aus der mechani­schen Routine zu befreien und aus der Armee zu desertieren. So durchstreift er die finsteren Weiten der Hohlwelt auf der Suche nach … ja, nach irgendetwas, was nicht aus Kristall, Staub und Knochen besteht. Was genau er sucht, kann er selbst nicht sa­gen.

Was er indes findet, darauf ist er in keiner Weise vorbereitet. In einer unterirdischen Passage irrt er in einen bizarren Nebel und wird von einer körperlosen Stimme aufgefordert, ein Geschlecht zu wählen … und dann beginnen die Wunder, die für ihn an­fangs schlichtweg phantastisch sind.

Auf einmal nämlich tritt er durch ein Transmitterportal in einen geschäftigen, farbenprächtigen und von zahllosen humanoiden Lebensformen bevölkerten Saal. Und er ist völlig überwältigt von den Eindrücken, schauen wir uns das mal kurz an:

„…kommen in Vaslinnen-Zentralstation. Willkommen in Vaslinnen-Zen­tralstation. Bitte verlassen Sie die Ankunftszone und machen Sie den Weg frei für weitere Ankömmlinge …“

Der Totenkopf Shylviin, der seinen jähen Schrecken über den brüsken Wechsel der Umgebung – von der unterirdischen Straße in den substanzlo­sen Nebel, dann in das schwarze, materielose Nichts, in dem er hilflos schwebte und von der rätselhaften Stimme angesprochen wurde, hinüber in das ganz kurze Aufblitzen des Feuerschachtes der Knochenstraßen und jetzt hierher, an einen noch viel fremdartigeren Ort – noch nicht recht rea­lisiert hatte, vom Verstehen war er erst recht weit entfernt, kam automa­tisch und ganz benommen der Aufforderung der seltsam warmen, harmo­nischen Stimme nach, die auf einmal ganz eigentümlich vertraut klang, obwohl sie zweifellos überhaupt nichts Oheetirsches an sich hatte. Er trat von dem Kristalltor weg, für das er keinen Blick hatte.

Er starrte auf das Bild, das sich ihm bot und das er in keiner Weise be­griff. Es war in jeder nur erdenklichen Weise atemberaubend, und jedes Detail, das ihm zu Bewusstsein kam, erhöhte die wunderbare Irrealität des­sen, was Shylviin erlebte.

Da war beispielsweise jene Stimme, die ihn indirekt angesprochen hatte.

Es war keine Roststimme.

Es war keine Dämonenstimme.

Und er selbst … er war nicht einmal mehr auf TOTAM!

Vor Shylviins fassungslosen Blicken breitete sich vielmehr ein farben­prächtiger Saal aus, schimmernd von blankem, silbrigem Metall, hellem Kristall und Glas, Rot, Gold, Grün, Blau … ach, es gab fast alle Farben eines Regenbogens, dass der Totenkopf Shylviin fast trunken wurde, allein durch die Gegenwart dieser Farben. Aber das war ja nur der Anfang. In diesem mächtigen Saal wimmelte es von Leben, und es pulsierte eine beispiellose Geschäftigkeit, gegen die selbst ein Truppenaufmarsch von Totenköpfen keinen passenden Vergleich geboten hätte.

Binnen Augenblicken sog Shylviin eine unglaubliche Vielzahl von Details in sich auf: Die Halle, in der er erschienen war, durchmaß sicherlich zwei­hundert Vaay (? Er verstand diesen Begriff nicht, der ihm ganz unwillkür­lich so als Maßeinheit zuflog, aber wenn er genau war, verstand er gegen­wärtig fast überhaupt nichts und nahm es einfach erst einmal so hin). Die Halle war ein hoher Kuppeldom, der von ringförmigen, schwebenden Leuchtelementen erhellt wurde, die allem widersprachen, was er auf TO­TAM kennen gelernt hatte, Der Dom präsentierte sich als ein strahlend hell beleuchtetes Gewimmel von schwebenden Zügen, filigranen Bahnsteigen aus einem silbergrauen Metall und einer Vielzahl von Gleitbändern, auf de­nen seltsame Wesen unterwegs waren.

Und nein, diese Wesen waren definitiv keine Totenköpfe.

Diese Wesen hier besaßen ganz wie die Untoten Arme und Beine in ana­loger Weise, aber sie waren alles andere als untot. Sie bestanden auch nicht nur aus Knochen, sondern besaßen Fleisch und Blut, sie trugen far­benprächtige, luftige Gewänder aus hellen Stoffen, und ein Brausen von Stimmen, in das sich Gelächter, das Kichern von Kindern und das Plaudern zahlloser Gespräche mischte, erfüllte die Halle. Unzählige andere Geräu­sche verwirrten den Totenkopf weiter.

Das Rauschen von hülsenförmigen, aus glitzerndem Kristall und Metall bestehenden Transitzügen, die in leuchtende Transitfelder eintauchten oder austauchten. Das leise Surren der Transportbänder, die Personen und Gepäck von den schwarzen Transmittertoren wegführten. Das Brummen schwebender Kegel, die offensichtlich Roboter waren.

Es gab, allesamt auf schwebenden Metallplattformen aus silbrigem Me­tall bestehend wie die, auf der er selbst stand, eine Vielzahl weiterer schwarzer Kristallquader, die in stetem Strom Personen aufsaugten oder in geordneten Kolonnen ausspieen. Und ein jedes dieser Wesen war unter­schiedlich gekleidet, besaß unterschiedliche Haarfarben, Haarformen, Grö­ßen, Alter, individuelle Gesichter, schwebendes Gepäck glitt wie von Zau­berhand neben ihnen her … und überall erkannte Shylviin glitzernde, schwerelose Ringe, die Geländer um die Plattformen bildeten, wo warten­de Personen standen. Leute in einer Art von hellblauer Uniform, die viel­leicht Dienstpersonal sein mochten, andere, die Ankommende in Empfang nahmen, sie umarmten und wegzogen …

Shylviin konnte nur verstört dastehen und ungläubig dieses Wunder an­schauen, das er in keiner Weise verstand.

Leuchtende Hologrammanzeigen, die er allesamt lesen konnte – aber das verblüffte Shylviin nicht weiter, denn in den Instruktionen wurde den Totenköpfen prägnant beigebracht, dass sie, weil sie Teil von TOTAMS uni­versaler Matrix waren, jede Schrift lesen und jede Sprache sprechen konn­ten, die es im Kosmos gab … als wäre das eine hinreichende Erklärung; nun, das hier war jedenfalls die schlagende Bestätigung, dass das mehr als nur Propaganda war – , wiesen auf unbekannte Ausgangsstationen hin, auf Vergnügungsparks, priesen in Werbespots unerklärliche Produkte an oder brachten Nachrichten.

„Komm, Freund, du stehst hier im Weg herum. Ich habe das Gefühl, du bist hier neu, hm?“, wurde er unvermittelt von der Seite her angespro­chen.

Selbstverständlich muss Shylviin, der nun statt seines ursprüng­lichen Käferkörpers den eines humanoiden Technos der Welt Tushwannet trägt, davon ausgehen, dass er TOTAM auf eine un­begreifliche Weise entkommen ist. Seine Begeisterung kennt keine Grenzen, aber rasch wird er auf grässliche Weise ernüch­tert. Er muss nämlich erkennen, dass er nicht viel Zeit hat.

Zeit ist überhaupt das, wovon niemand hier etwas hat.

Sein neuer Freund, ein Techno, der sich Shandoynoored nennt, reagiert recht eigentümlich und kryptisch, während er sich um Shylviin kümmert. Auch hiervon eine kurze Andeutung:

„Komm, ich glaube, es ist ganz angebracht, ein Café zu besuchen“, sag­te sein Gefährte mitfühlend. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und seufzte. „Noch gut drei Stunden. Ich glaube, es ist ganz gut, wenn ich dich ein bisschen instruiere. Sonst wirst du noch ganz hysterisch.“

„Nein … nein … also … ich meine, es geht mir gut … wirklich“, stammel­te Shylviin. „Es geht mir gut!“

Er konnte nicht einmal sich selbst davon überzeugen. Er blinzelte hek­tisch, um sich zu vergewissern, dass das wirklich kein Traum war. Aber die Welt verschwand weder, noch veränderte sie sich auf schreckliche Weise. Sie setzte sich einfach weiter fort, und jeder Vaay, den er in dieser Welt zu­rücklegte (Vaay musste irgendein Maß dieser Welt sein, schätzte Shylviin), war noch schöner, farbenprächtiger und lebendiger als zuvor.

Das Gleitband brachte sie in zügigem Tempo hinunter zu einem Bogen­portal aus blauem Metall, das vor ihnen rosettenartig aufglitt und eine Vor­halle enthüllte, in der blau uniformierte Männer und Frauen lächelnd den Gästen zulächelten. Das Lächeln hatte etwas Mechanisches, aber es han­delte sich bei ihnen unbestreitbar um lebendige Personen.

„Ja, noch“, seufzte sein unbekannter Begleiter leise in dem Moment als Antwort auf Shylviins wirres Gestammel. Er klang ein wenig traurig.

„Ich verstehe dich nicht.“

„Du verstehst hier vieles noch nicht“, gab der fremde Mann bereitwillig zu. „Aber das Desorientierungssyndrom lässt schnell nach, glaub mir. Du kannst auf die harte Tour lernen oder dich von mir instruieren lassen. Bei­des kostet dich nichts, aber glaub mir einfach – meine Version ist die ange­nehmere. Komm einfach mit.“

So wurde Shylviin in den Alptraum endgültig hineingezogen.

Wie sollte Shylviin auch ahnen, dass er in der Hölle gelandet ist? Sie sieht überhaupt nicht danach aus: Jenseits des Transmit­terdoms breitet sich vielmehr eine atemberaubende unterirdi­sche Shopping-Mall mit unzähligen Stockwerken und Hunderten von Geschäften aus.

Sie besuchen also ein Café, werden bewirtet, und Shylviin muss leider extrem rasch erkennen, dass die Dinge völlig anders sind, als er sich das vorstellt.

Er hat TOTAM verlassen?

Leider nein.

Diese Welt namens Tushwannet, auf der er sich offenbar befin­det, ist ein Ort, an dem er TOTAMS Terror und der ewigen Ver­dammnis, ein Totenkopf zu sein, entfliehen konnte? Ein Ort gar, an dem Oki Stanwer, TOTAMS Todfeind, regiert? Das könnte doch besser überhaupt nicht sein, glaubt er.

Weit gefehlt.

Shandoynoored ist nicht eben feinfühlend mit seinen Bemerkun­gen, und das ist ebenfalls alles erst der Anfang:

„So, Junge, und bis die Bestellung hier ist, kann ich dir ein bisschen was über diese Welt erzählen, auf der du dich momentan befindest“, sagte Shandoynoored in dem Augenblick, und seine Worte machten alles noch viel schlimmer. „Und glaub mir, Freund, je eher du verstehst, dass wir alle tot sind, desto besser ist es für dich. Leider wird dir das nicht helfen, denn unser Sterben ist schon ganz genau terminiert. Und du wirst ebenfalls ster­ben.“

Es wird allerdings noch schlimmer: denn gut drei Stunden nach seiner Ankunft fegt ein infernalischer Feuersturm durch die Shopping-Mall und verwandelt alles in Schmelze und alle Be­wohner in Asche.

Shylviin stirbt.

Shandoynoored stirbt.

Jeder in dieser phantastischen Kulissenwelt stirbt.

Und dann:

Shylviin war ganz verstört, als er wieder die Augen aufschlug.

Er trat ein wenig zittrig aus einem schwarzen Transmittertor und fand sich wieder auf einer runden Empore aus hell schimmerndem Kunstmetall in einem farbenprächtigen Saal, in dem wimmelndes Leben pulsierte. Die Halle, in der er erschienen war, sicherlich zweihundert Vaay tief (215 Vaay, sagte sein unbestechlicher Totenkopfblick gleich darauf).

Ein hoher Kuppeldom, der von ringförmigen, schwebenden Leuchtele­menten beleuchtet wurde, wurde ausgefüllt mit einem Gewimmel aus schwebenden Zügen, filigranen Bahnsteigen aus einem silbergrauen Me­tall und einer Vielzahl von Gleitbändern, auf denen seltsame Wesen unter­wegs waren.

Nein, keine seltsamen Wesen.

Technos.

Er befand sich auf Tushwannet

„… kommen in Vaslinnen-Zentralstation. Willkommen in Vaslinnen-Zen­tralstation. Bitte verlassen Sie die Ankunftszone und machen Sie den Weg frei für weitere Ankömmlinge …“

Immer noch ganz entgeistert kam der Totenkopf Shylviin auch diesmal ganz benommen der Aufforderung der Automatikstimme nach, die der ei­ner hübschen, jungen Techno-Frau nachempfunden war, wie er nun er­kannte. Die Ansage war ihm verstörend vertraut, sogar die Nuancen waren offensichtlich dieselben. War das eine Aufzeichnung? Wurde sie nonstop wiederholt?

Wie war das nur möglich, dass er hier war?

Shylviin fragte sich das ernstlich, und während hinter ihm zahlreiche weitere Personen – allesamt männliche oder weibliche Technos – an ihm vorbei den Gleitbändern zustrebten, fragte er sich, ob das eben nichts an­deres als ein ausgesprochen grässlicher Traum gewesen war.

Sein Tod.

Sein entsetzlicher Tod durch eine unbegreifliche Feuerwalze, die ihn rös­tete, dann sogar noch mit brennenden Trümmerstücken zerhackte und in die Tiefe stürzte, während ringsum die ganze Einkaufspassage in ein lo­derndes Inferno und ein Leichenhaus verwandelt wurde.

Hatte er das tatsächlich erlebt? War es nicht vielleicht doch ein … gräss­licher … ungeheuerlich realistischer … Traum?

Leider nicht, wie er rasch erkennen muss.

Er befindet sich nach wie vor auf TOTAM, allerdings in einer bi­zarren, in sich geschlossenen Raumzeitschleife, wie es aussieht. Der Planet Tushwannet, auf dem er sich offensichtlich aufhält, ist im KONFLIKT 4, über den ich in der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) schreibe (nein, leider auch noch nicht vollen­det und erst recht noch fern der Umarbeitung in E-Books, bedaure, Freunde), dieser Planet Tushwannet also, ist bei einem vernichtenden Angriff TOTAMS untergegangen. Alles wurde da­bei zerstört, auch die Shopping-Mall von Tushwannet, in der er sich zurzeit aufhält.

Er hat gleichwohl keinen Zeitsprung gemacht.

Vielmehr verhält es sich – wahrscheinlich – so, dass in dem Mo­ment der Vernichtung ein massiver Informationstransfer statt­fand und alle Informationen bis auf die molekulare Ebene ko­piert und gewissermaßen in TOTAMS physische Kristallsubstanz eingebrannt wurden.

Ein temporaler Zyklus von vier Zeitstunden, der von immer glei­chen Rahmenereignissen stabilisiert wird, läuft seit Urzeiten ab, möglicherweise seit Milliarden von Jahren (der KONFLIKT 4 ist zum Zeitpunkt von KONFLIKT 21, zu dem Shylviin nach TOTAM gelangt, mindestens 85 Milliarden Jahre vergangen!).

Innerhalb dieser stabilisierten Vier-Stunden-Welt befinden sich Zehntausende von Technos, die als „Automaten“ bezeichnet werden und ein statisches Verhalten an den Tag legen … aller­dings kommt es vor, dass Totenkopf-Seelen wie die von Shylviin in die Vier-Stunden-Welt hineingesogen werden, und damit sie keine körperlosen Schemen werden, besetzen sie einen Auto­mat-Techno-Körper und erlangen so autonome Handlungsfrei­heit.

Woran sie nichts zu ändern vermögen, ist der Feuersturm, der diese Mikrowelt alle vier Stunden auslöscht. Und anschließend tauchen sie wieder an ihrem ursprünglichen Materialisierungs­ort auf (Shylviin also in der Transmitterhalle, andere in einer Liftkabine, einem Café, einem Bordell, Kino usw.), wo sie ihre Gastkörper übernehmen.

Viele von ihnen sind schon seit Jahrhunderten hier gefangen, ausweglos, immerzu in dem kleinen Zyklus aus 4 Stunden Exis­tenz gebannt. Und da sie immer noch mental Totenköpfe sind, können sie weder wahnsinnig werden noch irgendetwas von ihren Todeserlebnissen in der Mall vergessen.

Shylviin versucht verzweifelt herauszufinden, was hier über­haupt passiert, und so stößt er auf die Fährte der „Alten Armee“ TOTAMS, jener monströsen Krieger, die die Vorgänger der Toten­köpfe waren.

Und er versucht auf vielfache Weise, diese Welt zu verlassen, die ungeachtet ihrer luxuriösen Ausstattung und all der Leibes- und Gaumenfreuden, die er erlebt, nach wie vor ein geschlosse­ner Alptraum ist.

Da ihr diesen Roman sicherlich beizeiten einst lesen werdet, möchte ich an dieser Stelle nicht mehr verraten, nur soviel: Ja, es gibt eine haarsträubende Form von Schlupfloch, durch das man die Mall wieder verlassen kann. Aber die Konsequenz ist, dass man unendlich Kostbares dabei unwiederbringlich verliert.

Obgleich es jetzt schreibend für mich schon über zehn Jahre her ist, dass ich in dieser Welt weilte, hat sie sich auf beeindrucken­de Weise in meinen Verstand eingebrannt – und ich hoffe, das geht euch beizeiten genauso, wenn ihr die Geschichte lesen könnt.

Für heute möchte ich diese janusgesichtige Alptraumwelt ver­lassen. In der kommenden Woche geleite ich euch in die nicht minder alptraumhafte Szenerie der Serie „Horrorwelt“ hinein, in der ich bis zum Auftakt des legendären Titanenkampfes berich­ten werde. Der Schlussteil dieser Serie wird noch länger auf sich warten lassen, weil die Episoden 151-172 erst zu digitalisieren sind.

Macht es gut und bleibt gesund und weiterhin neugierig.

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. bei Interesse den Roman „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“, veröffentlicht in BWA 400 (Januar 2017) bis BWA 425 (Februar 2019).

Rezensions-Blog 314: Die Muschel auf dem Berg

Posted März 31st, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute stelle ich euch mal wieder ein echtes kleines Schmankerl der Wissenschaftsgeschichte vor, das ich ausdrücklich als Ent­deckung ans Herz lege. Vor fünfzehn Jahren kaufte ich das Buch neugierig und verschlang es binnen vier Tagen – das passiert mir mit Belletristik natürlich häufig, aber historisch-biografische Werke brauchen in der Regel etwas länger.

Hier war das Thema so unwiderstehlich, die Prosa so flüssig übersetzt und die Vita von Nicolaus Steno so pointiert darge­stellt, zudem die wiedergegebenen landläufigen Ansichten des 17. Jahrhunderts derart … ja, ich sage mal, bizarr, dass ich ein­fach zum unentwegten Weiterlesen animiert wurde.

Und was es da nicht für verrückte Ideen gab. Kristalle, die man für „versteinertes Eis“ hielt. Versteinerungen, die wahlweise von der Erde selbst als Manifestationen ausgeschwitzt wurden oder vom Himmel fielen … abenteuerlich für uns Heutige. Aber wenn man den Denkhorizont der meisten, überwiegend christlich sozialisierten und zudem nahezu komplett analphabetischen Men­schen von einst berücksichtigt, durchaus auf eigenwillige Weise konsistent.

Die Welt war, wiewohl dieselbe, auf der wir heutzutage weilen, mental doch eine vollkommen andere. Der Glaube an die unbe­dingte Zuverlässigkeit antiker Autoren und Philosophen bzw. der Heiligen Schrift erzeugte, wenn man auf Phänomene stieß, die man sich einfach nicht erklären konnte, eine verwegene Form von legitimierender Erklärung, die dann freilich durchaus heid­nischer Natur sein konnte … ohne dass man da einen impliziten Widerspruch zur Bibel sah.

Eine eigenartige Welt, eindeutig. Und Nicolaus Steno als wacher Geist und Wissenschaftler machte sich daran, die alten Denkge­wohnheiten durch kritisches Hinterfragen in einer äußerst un­willkommenen Weise zu kontrollieren, und in mancherlei Fällen kam er zu dem Schluss, dass die bisherigen Mutmaßungen eben nur dies waren, nämlich Mutmaßungen. Und dass sie in den weitaus meisten Fällen sehr weitab lagen von der Realität (die allerdings auch er nur in Umrissen erkannte, dafür war die Zeit meistenteils noch nicht reif).

Wer gern in die seltsame Denkwelt des 17. Jahrhunderts eintau­chen will und die Denkpfade von Nicolaus Steno verfolgen möchte, um herauszufinden, was mit der titelgebenden „Mu­schel auf dem Berg“ denn nun konkret gemeint ist, der sollte einfach mal weiterlesen:

Die Muschel auf dem Berg

(OT: The Seashell on the Mountaintop)

Über Nicolaus Steno und die Anfänge der Geologie

von Alan Cutler

Knaus-Verlag, 2004

260 Seiten, geb.

ISBN 3-8135-0188-4

Deutsch von Harold Stadler

Das Phänomen war schon lange bekannt, und niemand hatte das Rätsel jemals lösen können: bereits in antiken Zeiten be­richteten Geschichtsschreiber und Autoren, ja, selbst Philoso­phen von Reisen in ferne, meist gebirgige Gegenden der Welt, und was brachten sie von dort für Kunde mit?

Sie hatten in Steinbrüchen, an den Hängen und auf Hügeln doch tatsächlich seltsame Dinge gefunden, die ihnen auf obskure Weise vertraut schienen: Steine, die aussahen wie Muscheln. Oder wie Seeschnecken. Oder wie Korallen. Andere wieder, etwa die legendären „Zungensteine“, sahen fast so aus, als wä­ren es zu Stein erstarrte Zähne blutgieriger Raubfische.

Das alles war natürlich völlig unmöglich, denn wie sollte bei­spielsweise ein Haifisch auf einen Acker im Innern der Insel Mal­ta gelangen und dort seine Zähne verlieren? Zudem gab es na­türlich keine Fische, deren Zähne aus Fels bestanden, und Fels war es unbestreitbar.

Auch wuchsen selbstverständlich keine Muscheln in den Gebir­gen, schließlich hatte Gott der Schöpfer selbst bestimmt, dass sie nur im Meer vorkamen. Und in Anbetracht der Tatsache, dass die Erde selbst erst im Jahre 4004 vor Christus vom Schöp­fer erschaffen worden war, gab es, als das Christentum schließ­lich die vorherrschende Denkrichtung wurde, die die Welt erklär­te, gewisse Schwierigkeiten mit diesem Phänomen.

Nun, oder auch nicht.

Als im Jahre 1666 der dänische Anatom Nicolaus Steno in Flo­renz im Auftrag seines Gönners aus dem Haus der Medici den Kopf eines gigantischen Haies sezierte, schien dieses Thema vollständig fern zu sein und nicht im Mindesten mit dem zu tun zu haben, was er tat, und doch sollte Nicolaus Steno sich hart­näckig an der Frage der „Muscheln auf dem Berg“ festbeißen und eine eigene Theorie entwickeln, die schließlich entgegen al­ler Wahrscheinlichkeit langfristige Gültigkeit beanspruchen wür­de.

Nicolaus Steno, 1638 in Kopenhagen auf der Insel Seeland ge­boren während der Wirren des Dreißigjährigen Krieges, die sich hier in fortwährenden militärischen Gemetzeln zwischen den Dänen und den Schweden äußerten, war anfangs kein vom Schicksal begünstigter Mann. Sein Vater starb früh, seine Mutter verheiratete sich wieder, Stenos Studium der Medizin musste er abbrechen, konnte es dann aber im Ausland später vollenden, mit Hilfe von Gönnern, die sein Talent erkannten.

Stenos Talent lag in einer beispiellos ruhigen Hand und einer un­wahrscheinlich präzisen Beobachtungsgabe verborgen, die ihn geradezu zum Anatomen prädestinierte. Bei der Sektion von Leichen entdeckte er dabei allerdings Dinge, die ganze Genera­tionen von Anatomen vor ihm schlicht nicht entdeckt hatten. Und wie das bei anerkannten „Autoritäten“ auch heute gern so ist, wurde Stenos Entdeckung zunächst als Irrtum interpretiert … und dann von Stenos auf diese Weise bloßgestelltem Vorgesetzten als eigene Entdeckung ausgegeben. Der durchaus streitlustige Däne machte so nachdrückliche negative Erfahrungen mit dem wissenschaftlichen Establishment.

Schlimmer noch: indem er durch seine anatomischen Untersu­chungen feststellte, dass der von ihm verehrte (und kurz zuvor verstorbene) Philosoph René Descartes schlicht Unrecht hatte mit seiner mechanistischen Lehre vom Ursprung der menschli­chen Bewegungen, erwachte in ihm ein skeptischer Argwohn gegen jede Art von etablierter Doktrin und Lehre.

Universell gebildet und weit herumgekommen, unter anderem auch in den Sammlungen europäischer Adeliger und Professo­ren, kam es schließlich auch, dass er in Florenz bei der Sektion des Haifischkopfes ein besonderes Augenmerk auf die Zähne legte.

Denn er hatte dergleichen schon gesehen, freilich aus Stein: so­genannte „Glossopetren“, also „Zungensteine“, die besonders häufig auf der Insel Malta gefunden wurden. Es gab einige in seinen Augen recht abenteuerliche Erklärungsversuche. Ein paar seien mal aus dem Buch zitiert:

Weil die Zungensteine oft verstreut auf der kargen Krume ge­funden wurden, glaubten viele Menschen, sie fielen vom Him­mel.“

Nicht sehr plausibel? Na, wie ist es dann mit dieser Erklärung?

Glossopetren waren am häufigsten nach starken Gewittern zu finden (behauptete der römische Naturphilosoph Plinius, der es als anerkannte Autorität ja wissen sollte), was die alternative Theorie aufkommen ließ, es handle sich um Scherben von Blit­zen.“

Auch das konnte Nicolaus Steno nicht sonderlich überzeugen.

Die Bibel berichtete ferner von einer dritten Erklärungsmöglich­keit, die akzeptabler schien. Sie hatte zu tun mit einer Reise des Apostels Paulus, die ihn auf Malta stranden ließ (und man erin­nere sich, dort fand man besonders viele Zungensteine). Hier wurde der Apostel von einer giftigen Schlange gebissen. Weiter hieß es: „Doch zum Erstaunen aller schüttelte Paulus die Schlange ohne jegliche Folgen ab. Die Malteser glaubten, Pau­lus habe die Schlangen deshalb mit einem Fluch belegt und ih­nen die Giftzähne geraubt. Zum Gedenken an das Wunder des Paulus habe die Natur Steine in Form von Schlangenzähnen her­vorgebracht. Diese Geschichte lieferte nicht nur eine Erklärung für die Steine selbst, sondern auch für deren Wirkung gegen Gif­te.“

Wie gesagt, all das überzeugte den streng gläubigen, damals noch protestantischen Dänen nicht. Für die meisten Menschen schien das, so erstaunlich uns das heute anmutet, aber auch gar kein Problem zu sein. Ganz im Gegenteil! Denn sowohl für die Zungensteine als auch für Muscheln im Fels boten sich eine Vielzahl anderer Deutungen an, die offensichtlich freimütig ak­zeptiert wurden:

Nach dem Denken der Zeit gab es viele weitaus plausiblere Er­klärungen für das Wachstum von Muscheln im Gestein als et­waige Verschiebungen von Land und Meer. Der Kosmos wurde als Netz astraler Einflüsse und okkulter Wechselwirkungen an­gesehen. Die Erde lebte und bebte vor ‚plastischen Kräften‘ und ‚generativen Prinzipien‘ und triefte von ‚gesteinsbildenden Säf­ten‘ und ‚feuchten Ausdünstungen‘. Steine von jeder erdenkli­chen Gestalt wuchsen wie Pflanzen und fielen auch mit dem Re­gen zu Boden.“

Überhaupt machten sich selbst die gelehrten Wissenschaftler und Theologen, die sich an griechischen Klassikern orientierten, nur relativ wenige Gedanken darüber, dass sich die Altvorderen vielleicht getäuscht haben mochten. Es ist unwahrscheinlich, dass viele Leute die Behauptung antiker Autoren hinterfragten, derzufolge Kristalle nichts anderes seien als „versteinertes Eis“.1

Es konnte also nicht ausbleiben, dass uralte Denkmuster sich hartnäckig hielten:

Nach der alten Hypothese der Spontanzeugung konnten Mu­scheln ebenso leicht auf dem trockenen Land entstehen wie im Meer … Es entsprach ihrer Natur (schrieb Aristoteles), überall dort spontan zu wachsen, wo günstige Bedingungen herrschten. Wieso sollten Muscheln und Austern, vielleicht nach einem or­dentlichen Regenguss, nicht in salzigen Wüstenböden oder kal­kigem Gebirgsgestein sprießen?“

Außerdem ging man davon aus, dass „die charakteristischen Merkmale einer Tier- oder Pflanzenart … nicht durch ein vererb­tes inneres Programm bestimmt …, sondern von der Weltseele und der Sphäre der Ewigen Formen in diese hineingestrahlt (wurden) … Von allen irdischen Sphären reichten die Berggipfel am nächsten an die himmlische Sphäre heran, in der die Ewi­gen Formen angeblich wohnten. War es nicht denkbar, dass sie bisweilen Muschelemanationen abfingen, die für den Meeresbo­den bestimmt waren …?“

Und dann kam Nicolaus Steno, der nur dem traute, was seine scharfen Augen und sein flinker Verstand ihm sagten. Naturge­mäß begann damit auch eine Krise des Denkens und der hart­näckigen Auseinandersetzungen …

Der englische Paläontologe und Geologe Alan Cutler hat mit die­sem schmalen Bändchen ein Buch vorgelegt, das er ausdrück­lich als „nicht wissenschaftlich“ bezeichnet, das sich also an den interessierten Laien richtet. Es arbeitet ausführlich das Leben des Anatomen, Geologen und Theologen Nicolaus Steno heraus, ausdrücklich vor dem uns faszinierend fremden Denkhinter­grund der Mentalität des 17. Jahrhunderts, in einer Zeit also, in der Theologie und Mystik noch mehrheitlich die Welterklärung leisten und Aberglaube in den unterschiedlichsten und abenteu­erlichsten Schattierungen Gang und Gäbe ist.

Wer als Wissenschaftler, insbesondere als Historiker dieses Buch liest, wird vielleicht bedauern, dass es nicht über eine Fuß­notenkommentierung verfügt, dürfte aber durch das mehrseiti­ge alphabetische Register und das Literaturverzeichnis entschä­digt werden. Zudem muss man Cutler und seinem Übersetzer attestieren, dass das Buch sowohl flüssig geschrieben als auch übersetzt worden ist, und Langeweile kommt wahrhaftig nir­gends auf.

Ganz im Gegenteil: Wer wie ich das Buch binnen von 4 Tagen liest, wird neue Fragen in sich aufsteigen fühlen. Etwa diese: Wer genau war dieser Universalgelehrte Athanasius Kircher, und wie konnte er auf diese absolut abenteuerlichen Lehren kom­men, die sich im 18. Jahrhundert, durchaus mit Billigung der Kir­che, europaweit ausbreiteten? Denn er war, wenn man genau ist, quasi ein „Bestsellerautor“ des 18. Jahrhunderts. Oder auch die Frage: Wie ging die Kirche mit dem wirklich sehr weit ver­breiteten Aberglauben an eine mit Selbstzeugungskraft beseel­te Erde um, die ja eine direkte Konkurrenz zur kirchlichen Lehre darstellte?

Bücher, die spannende Fragen aufwerfen und uns wie von Ar­chäologen gegrabene Schächte einen Blick in die Tiefen der menschlichen Geschichte und der dort beheimateten Psyche werfen lassen, halte ich persönlich für gelungene Werke. In die­sem Fall sei Cutlers Buch all jenen empfohlen, die sich nicht vom vermeintlich „trockenen“ Gegenstand der Geologie ab­schrecken lassen. An diesem Gegenstand ist fürwahr gar nichts Trockenes! Auch wenn man die fossilen „Muscheln auf dem Ber­ge“ nun einmal selten im Meer antrifft …

© 2006 by Uwe Lammers

Ihr merkt, ich bin immer noch sehr angetan von diesem Werk. Lektüre lohnt sich also auch nach all der langen, seither verstrichenen Zeit unbedingt. In der kommenden Woche bleiben wir bei Biografien, landen aber mitten im 20. Jahrhundert in Deutschland. Und, versprochen, es wird phantastisch!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. GEO 2/1984.

Liebe Freunde des OSM,

der Monat Dezember ist immer ein umtriebiger und arbeitsrei­cher Monat für mich – weniger, weil ich dann noch so viele Ge­schichten schreiben kann, sondern weil viel Energie darauf ver­wendet werden muss, solche schönen wie zugleich fordernden Aufgaben umzusetzen, die nun mal mit dem Jahresende zusam­menhängen: Weihnachten gilt es zu planen, Weihnachtspost für die lieben Freunde und Verwandten zu entwerfen, zu schreiben und zu versenden, die mir teuer sind. Gegebenenfalls sind noch Weihnachtsgeschenke zu organisieren, und dann habe ich den selbstgestellten Anspruch, bis zum Silvesterabend möglichst noch eine breite Schneise in die aufgelaufene und bislang aus Zeitgründen nicht beantwortete Post zu schlagen.

Das alles steht natürlich dem ungehemmten Ausleben meiner Kreativität gründlich im Weg, folgerichtig fällt der kreative Out­put im Dezember meist recht verhalten aus.

Wie sah das im Corona-Jahr 2020 aus? Nun, noch deutlich selt­samer. Bekanntlich arbeite ich ja derzeit auf einer Vollzeitstelle an der Uni, und der letzte Arbeitstag war hier der 22. Dezember. Erst im Anschluss konnte ich mich den obigen Angelegenheiten mit voller Energie widmen … die Corona-Besonderheiten dieses Jahres machten die Eigenartigkeit des Monats vollständig.

Weihnachtsgeschenke kaufen im Lockdown, während man stets gewärtigen muss, unerkennbaren Virenträgern im Gedränge von Kaufhäusern über den Weg zu laufen?

Keine gute Idee. Ich habe das demgemäß auch vermieden.

Freunde im Vorfeld treffen? Auch dies habe ich auf ein Minimum reduziert.

Besuch bei den Verwandten über die Festtage? Leider gestri­chen. Von der Gegenseite her herrschte zu große Furcht, ich könne das Virus einschleppen und die betagten Schwiegereltern anstecken. Das konnte ich nachvollziehen, bedauerlich blieb das gleichwohl.

Also stürzte ich mich in die anderen Aufgaben und kam, wie ich nach dem gestrigen (angenehm ruhigen) Silvestertag konstatie­ren kann, recht ordentlich voran. Der Berg beantworteter und ausgedruckter Mails ist wirklich bemerkenswert. Das Wegsortie­ren habe ich in dieses Jahr verlagert.

Was meinen kreativen Output angeht, so kam ich auf insgesamt 22 abgeschlossene Werke, von denen aber 8 auf die Digitalisie­rung einer alten Non-OSM-Serie entfielen, bei der jede Episode nur 5 Textseiten umfasst. Ich lasse sie hier weiterhin außer Be­tracht. Ansonsten kam ich zu folgenden Werken:

Blogartikel 417: Work in Progress, Part 95

(OSM-Wiki)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“)

Anmerkung: Dieses Glossar wurde weitergeführt, aber es ist na­türlich noch weit von der Vollständigkeit entfernt. Hier habe ich aber immerhin den Vorteil – im Gegensatz zu den Glossaren für die Ebenen 16, 20 und 23 – , dass es schon damals in den 90er Jahren ein voll ausgearbeitetes Serienlexikon gab, auf dem ich aufbauen kann … auch wenn die Einträge oftmals irreführend und unpassend abschweifend sind, so dass sie eigentlich neu geschrieben werden müssen.

12Neu 100: Kommandounternehmen Entropiehammer

(12Neu 101: Der Konstantenwechsler)

(12Neu 102: Galaxis im Mahlstrom)

(12Neu 103: Emissär aus der Ewigkeit)

(12Neu 104: Ausflug in die Zukunft)

13Neu 7A: Der glühende Schädel

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

Anmerkung: Auch hier machte ich vor Jahrzehnten (ca. 1987) schon den Ansatz, ein Lexikon zu entwerfen, das aber in den Ansätzen stecken blieb. Ich baue auch darauf auf, vervollständi­ge es aber sukzessive. Das ist eine Dauerbaustelle für 2021.

Blogartikel 424: Close Up – Der OSM im Detail (26)

(Das Geheimnis von Church Island – OSM-Novelle)

Anmerkung: Hier kam ich zwar gut voran, aber unmittelbar nach Oki Stanwers Eintreffen in Westcott stockte die Geschich­te, die ja bald darauf ins blutrünstige Finale übergehen wird. Momentan hadere ich noch mit dem Nebel und der Frontenbil­dung … ihr werdet das verstehen, wenn ihr die vollständige Ge­schichte lest. Da wird das Problem dann gelöst sein.

(DER CLOGGATH-KONFLIKT – OSM-BUCH)

(Das Rätsel von Garos – OSM-Hintergrundtext)

Anmerkung: Hieran versuchte ich, weiterzukommen. Dieser Hin­tergrundtext wurde entworfen, als ich am CK 1-E-Book schrieb, speziell am dortigen Garos-Kapitel. Aber ich fand nicht recht hinein und schickte die Datei wieder in den Entwurfsschlummer.

(DSf 53: Zielpunkt Zhanyor)

Anmerkung: Dies war der Versuch, eine weitere Serienlücke zu schließen, aber auch hier war ich zu weit vom eigentlichen Stoff entfernt, um voranzukommen … was nicht überraschen kann, da ich parallel mit der glossarischen Durchdringung des KON­FLIKTS 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ begonnen hatte … und ich sage euch, DIE Serie lenkt mich von so ziemlich al­lem anderen ab. Ich bin inzwischen mit der reinen Lektüre des Bandes deutlich jenseits von Band 100 und schwerstens begeis­tert. Das ist toller, wilder Lesestoff. Darauf könnt ihr euch bei­zeiten wirklich freuen.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“)

Silvesterblog 2020

13Neu 8: Der Todesfahrer

(13Neu 9: Der Killer mit meiner Waffe)

(Falsche Voraussetzungen – Archipel-Story)

Anmerkung: Eine kurze, nur wenige Seiten ausweitende Stippvi­site auf dem Südkontinent der Archipelwelt … führte nicht allzu weit.

(12Neu 105: Das Chaos-Universum)

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

So, und da verließen sie mich dann schon.

Oh, ihr sagt, das seien ja nur sechs Werke effektiv? Wie ich dazu käme, oben von 22 zu sprechen? Selbst wenn man die erwähn­ten 8 abzieht, müsste ich doch auf 14 kommen, und wo sei der Rest?

Tja, ihr müsst folgende Fakten natürlich an dieser Stelle mit be­rücksichtigen: Die Digitalisate der Horrorwelt-Serie werden nicht erfasst, ebenso wenig die Rezensions-Blogs. Und damit ist die Reihe der abgeschlossenen Werke fast schon vollkommen. Auch Rezensionen (diesmal nicht im Plan enthalten) und die monatli­che Fertigstellung des Fanzines Baden-Württemberg Aktuell (BWA) tauchen in den Work in Progress-Blogartikeln üblicherwei­se nicht auf.

Mich hat im Dezember natürlich selbst geärgert, dass ich mit den 12Neu-Digitalisaten zwar anfangen konnte, aber kaum vor­an kam. Und der Jubiläumsband 100 umfasste wirklich viele Sei­ten und kostete mich deutlich mehr Zeit als üblich. Dennoch war ich mit dem Endresultat des Monats durchaus zufrieden, insgesamt kam ich auf mehr als 800 Seiten, von denen aller­dings sehr viel auf Korrespondenz und Listen entfiel (beides auch nicht Bestandteil dieser Aufstellungen).

Doch jetzt ist der Horizont erfreulich offen, und ich bin sehr ge­spannt, wohin mich diese kommenden 365 Tage bringen wer­den. Von vollmundigen Plänen möchte ich heute absehen (ebenso, wie ich das im Silvesterblog schon vermieden habe), da ich weiß, regelmäßig mit meinen Wünschen übers Ziel hin­auszuschießen. Nur soviel ist ganz gewiss: Ich möchte unbe­dingt wieder ein paar E-Books fertigstellen und euch zu lesen geben. Die Totalflaute von 2020 soll sich nach Möglichkeit nicht wiederholen.

Ich hoffe, ihr seid alle gut und gesund ins neue Jahr hinein ge­langt … wenn ihr diese Zeilen in ein paar Monaten lest, die ich am Neujahrsmorgen 2021 schreibe, sind wir alle schon schlauer.

Macht es gut und bis nächste Woche!

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 313: Calendar Girl 2: Berührt

Posted März 25th, 2021 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie versprochen wird es heuer nach den hochdramatischen Er­eignissen um die OREGON-Crew in der vergangenen Woche wie­der ein wenig ruhiger, verträumter und in gewisser Weise bo­denständiger.

Wir erinnern uns – im ersten Teil von Audrey Carlans „Calendar Girl“-Vierteilers wurde uns die Notlage des in Las Vegas leben­den Mädchens Mia Saunders vor Augen geführt, das durch Spielschulden des Vaters binnen relativ kurzer Zeit eine Million Dollar an den Kredithai Blaine Pintero abzuliefern hat. Die einzi­ge Chance, die ihr blieb, war die, auf das Angebot ihrer Tante Millie einzugehen und für 12 Monate zu einem hoch bezahlten Escort-Girl zu werden.

Drei dieser Monate sind schon verstrichen, jetzt folgen die nächsten drei Engagements, die sie von Boston über Hawaii nach Washington, D.C. reisen lassen. Dabei lernt sie wieder neue, faszinierende und zum Teil auch ziemlich beunruhigende Typen kennen und findet sich in bisweilen eigenartigen Settings wieder.

Langweilig wird das jedenfalls nie, auch wenn man hier schon deutlich merkt, wie der romantisierende Weichzeichner arbeitet. Wie das im Detail ausschaut? Nun, das seht euch am besten mal selbst an:

Calendar Girl 2: Berührt

(OT: The Calendar Girl – April/May/June)

von Audrey Carlan

Ullstein 28885

418 Seiten, TB

August 2016, 12.99 Euro

Aus dem Amerikanischen von Graziella Stern (April), Friederike Ails (Mai) und Christiane Sipeer (Juni)

ISBN 978-3-548-28885-7

Vielleicht ist es doch gar nicht so übel, ein Escort-Girl zu sein, wenn auch zwangsweise. Das ist Mia Saunders´ Fazit nach den ersten drei Monaten, in denen sie sowohl ihre stagnierende Schauspielerkarriere in Kalifornien auf Eis legen muss als auch ihre kleine unvollständige Familie in ihrer Heimat Las Vegas im Stich zu lassen gezwungen ist.

Gott weiß, dass sie lieber an der Seite ihres Dads wäre. Er ist der Grund, warum sie das alles macht und für ihre Tante Millie („Mrs. Milan, wenn ich bitten darf!“) und ihre Agentur Exquisite Escorts arbeitet. Obwohl … wenn man es genau bedenkt, ist das doch im Kern ihre Schuld: schließlich war sie so dämlich, sich in den Kredithai Blaine Pintero zu vergucken, der sich als ausgesprochener Mistkerl entpuppte. Blaine hat ihren spielsüch­tigen Vater finanziert und ihn, als dieser seine horrenden Spiel­schulden nicht bezahlen konnte, krankenhausreif geschlagen. Seither soll Mia nun eine Million Dollar auftreiben, und allein ihre Tante bot ihr einen Ausweg: für den Satz von 100.000 Dol­lar pro Monat zwölf Monate als Escort-Girl zu arbeiten. Sex ex­klusive (der kostet die Kunden extra). Am Anfang empfand Mia das als eine Mischung aus Sklaverei und Prostitution.

Gut, sie kam in den Staaten sagenhaft weit herum. Sie kostete von der verführerischen Droge Luxus und wurde mit einer Pracht konfrontiert, die sie selbst kaum jemals geschmeckt hat­te. Und sie lernte, das war vielleicht das Unglaublichste, phan­tastische Männer und unfassbar heißen Sex kennen.

Und verlor ihr Herz.

Damit begann das Drama.

Denn schon ihr erster Kunde, Weston Charles Channing der Dritte schlich sich in ihr Herz, wie es sonst niemand ihrer kata­strophalen Liebsten schaffte. Er hätte auch bereitwillig ihre Schulden übernommen, aber in diese Form neuer Abhängigkeit wollte sich Mia nicht begeben. Darum machte sie weiter. Aber Wes folgt ihrem Herzen wie ein beständiger Schatten.

Im April wird sie nach Boston delegiert, und zwar an die Seite des Baseball-Jungstars Mason „Mace“ Murphy, der sich von An­fang an – wie üblich – falsche Vorstellungen von einem Escort-Girl macht und sich denkt, dass sie „natürlich“ sein Bett wär­men werde. Das nimmt er generell von jedem Mädel an, das ihm über den Weg läuft, und die meisten landen tatsächlich in seinem Bett.

Tja, da hat er sich aber geschnitten. Mia macht unmissverständ­lich klar, so knackig der Auftraggeber diesmal auch wieder sein mag, dass er für derlei Dienstleistungen erstens ihre Zustim­mung braucht und zweitens locker 20.000 Dollar extra zu zah­len habe. Das ernüchtert Mace dann doch und verhagelt ihm erst mal die Laune. Und in der Folge gibt es noch einige Kompli­kationen, die unter anderem in Masons Managerin Rachel beste­hen und seinen Imageproblemen Suff, Sexgelage und Prügelei­en – um diese wirkungsvoll durch das Darstellen einer dauern­den Freundin zu vereiteln, ist Mia überhaupt erst angestellt wor­den, und zwar von Rachel. Aber ihr scheint das sehr schnell eine sehr üble Idee zu sein, die zu tränenreichen Problemen führt …

Noch mehr setzt Mia in diesem Monat der selbst auferlegte Sexentzug zu. Denn in ihrem Herzen brennt nach wie vor die Sehnsucht nach Wes, und selbst wenn sich der burschikose und rüpelhafte Mace sich sehr bald gentlemanlike verhält, genügt Mia doch ihr Vibrator schon lange nicht mehr. Und dann ergibt sich die Chance, einen Zwischenstopp in Seattle einzulegen – und sie kann der Versuchung nicht widerstehen, sich mit einem Ex-Kunden zu treffen.

Im Monat Mai wird sie von ihrer Tante nach Hawaii ins Paradies geschickt, um hier für einen Fotografen in einem Modelshooting zu arbeiten. Doch zu ihrer Verblüffung ist es überhaupt nicht der Fotograf, der ihre Libido entflammt, sondern ihr Modelpartner, der Samoaner Tai Niko, ein tätowierter Hüne, der sie sofort emo­tional versengt (warum musste ich dabei nur an Dwayne John­son denken … no idea … lach!). Zu dumm allerdings, dass er mehr sucht als nur eine kurzweilige Bettgefährtin für einige Wo­chen – er will eigentlich „seine Unendlichkeit“ suchen, die Frau, mit der er den Rest des Lebens verbringen kann. Glücklicher­weise entspricht sie, von seiner medial veranlagten Mutter vor­ausgesagt, so gar nicht Mias Äußerem, sondern soll eine blasse Blondine vom Festland sein.

Aber Mia hat ihre kleine Schwester Maddy und die beste Freun­din Ginelle zum Urlaub auf Hawaii eingeladen, und beides sind Blondinen … und Maddy hat bei der Wiederbegegnung einen Schocker ganz heftiger Art für ihre ältere Schwester parat, der Mia völlig aus der Bahn wirft.

Um sich von dieser Schocksalve ein wenig zu erholen – auch Blaine Pintero hat erneut seine gierigen Krallen nach ihr ausge­streckt und würde sie zu gern wieder als seine Bettwärmerin se­hen – ist es fast schon erholsam, als Mia dann im Juni ihren nächsten Termin wahrnimmt.

Diesmal reist sie in die inzwischen klimatisch schwülheiße Hauptstadt Washington, D.C., und hier soll sie die Galabeglei­tung eines älteren Unternehmers namens Warren Shipley sein. Shipley stammt wirklich aus altem Geldadel und residiert in ei­ner unfassbar feudalen Villa, verwaltet von seiner Haushälterin Katherine – und dummerweise hat er mit dem unverschämt at­traktiven Senator Aaron Shipley, den Mia aus den Nachrichten kennt, auch einen smarten Sohn, der sehr rasch ein Auge auf sie geworfen hat.

Ähnlich wie in Boston knistert es – durchaus krisenhaft – zwi­schen Shipley senior und seiner Haushälterin, und Mia ist inzwi­schen so versiert, derlei Signale zu entschlüsseln, dass ihr das sofort auffällt. Was sie jedoch krass unterschätzt, ist das Inter­esse Aaron Shipleys. Und das führt dann zur Katastrophe …

Auch der zweite Band um das Calendar Girl Mia Saunders ver­steht es, den Leser in drei höchst interessante Szenarien zu ver­setzen. Mason Murphy, Tai Niko und Warren Shipley könnten verschiedener kaum sein, auch die Settings, in denen Audrey Carlan ihre Protagonistin versetzt, sind deutlich differenziert, so dass man nicht das Gefühl hat, irgendwie in einer Wiederho­lungsschleife zu landen. Die sexuelle Glut des ersten Romans wird durch die Settings, die derlei zum Teil nicht zulassen, deut­lich abgemildert, aber das tut der Lesbarkeit des Romans abso­lut keinen Abbruch.

Dafür wird massiv der Humor ausgebaut, der manchmal beim Lesen zu prustenden Ausbrüchen reizt, ganz ehrlich. Mia ist so­wieso, das merkt man hier noch deutlicher als im ersten Roman, eine durchaus humorvolle Person. Das merkt man schon daran, dass sie ihre beste Freundin Ginelle unter „Hurenschlampe“ als Kontakt gespeichert hat. Ginelle nennt sie selbst im Gegenzug freundschaftlich „Miststück“. Und der SMS-Verkehr der beiden liest sich annähernd so vergnüglich wie der Mailverkehr zwi­schen Christian Grey und Anastasia Steele in „Fifty Shades of Grey“, woran sich die Autorin zweifellos ein Vorbild genommen hat.

Indes … man merkt schon durchaus, dass sie eine starke Nei­gung zu Happy Ends hat. Das war bereits im ersten Band zu entdecken, als es um Anthony Fasano ging. Hier spielt sie eine analoge Rolle im Fall Mason Murphy, Tai Niko und Warren Shipley – das war dann doch ein wenig zu viel des Guten. Ebenfalls sympathisch ist es, dass sie sich überall Freunde macht und so ihre „Familie“ vergrößert. Das klingt nicht wirklich realistisch.

Warum nicht?

Weil sie, beispielsweise, aus ihrer vermeintlichen kalifornischen Lebensheimat so überhaupt keine Kontakte besitzt, und das als jemand, der dort Schauspielerfahrungen gemacht haben möch­te. Das hört sich doch ziemlich irreal an. Außerhalb ihrer „Kern­familie“, also ihrem komatösen Dad, dem widerwärtigen Blaine Pintero, ihrer besten Freundin Ginelle, ihrer jüngeren Schwester Maddy und ihrer Tante Millie gibt es überhaupt keine Kontakte. Die Kalifornien-Schiene wirkt also nur sehr fern und aufgesetzt. Und dass sie durch sonderlich bereitwillige Kontaktfreudigkeit aufgefallen wäre, kann man auch nicht sagen. Da hätte man doch erwarten sollen, dass ihr das im Escort-Job noch deutlich schwerer fällt. Aber das hätte sie auf der anderen Seite natür­lich auch ein wenig soziopathisch erscheinen lassen und nicht eben für die Hauptrolle qualifiziert. Audrey Carlan musste hier also gewisse Abstriche machen.

Irritiert hat mich auch im April-Kapitel, dass Tai Niko und seine Familie durchweg als „Samoaner“ bezeichnet werden. Ich mei­ne, Samoa liegt deutlich weiter weg im Pazifik, und eigentlich hätte sie wohl sinnvollerweise von „Hawaiianer“ reden müssen. Aber das ist vielleicht auf die Übersetzerin zurückzuführen. Ge­schwinde Leser, die sich von Tais Liebeskunst mitreißen lassen, werden diese Irritation vermutlich gar nicht spüren.

Bei der Freundschaftsanbahnung leistet die Autorin dann freilich ganze Arbeit, und dass sie Hilfe von Seiten ihrer einstigen Kun­den braucht, wird schon im Juni-Kapitel unübersehbar. Ich glau­be, das wird sich noch verstärken. Denn, mal ganz ehrlich, wie­so sollte der Kredithai Blaine sie in Ruhe lassen, wenn Mia sich zwölf Monate lang als schöne Geldkuh entpuppt? Warum sollte ihre Tante sie in Frieden lassen, wenn sie ihr bestes Pferdchen im Stall ist?

Auch das wäre nicht plausibel. Und dann ist da noch die Frage mit ihrem Herzen und Wes, der sich zwischenzeitlich – zu ihrer Pein – mit einer Schauspielerin eingelassen hat und dem Ver­nehmen nach „dasselbe tut“, was sie auch macht. Während Mia sich im Rahmen ihres zwölfmonatigen Dienstes mit fremden Männern amüsiert, könne sie ja wohl nicht erwarten, dass er enthaltsam in die Ferne schmachtet. Tja, wohl nicht. Aber kann sie damit leben? Und ist das tatsächlich Liebe, die sie für „ihren Wes“ empfindet?

Ihr merkt schon – es gibt fortdauerndes Krisenpotenzial für die beiden weiteren Bände der Serie. Ich bin schon an der Lektüre und am fortwährenden Kichern. Ihr werdet davon Näheres hö­ren, bald.

Auch der zweite Band ist jedenfalls unbedingt empfehlenswert.

© 2018 by Uwe Lammers

Man merkt, ich mag die Autorin – das kann nicht verblüffen, würde ich sagen, immerhin hatte ich sie bereits nach dem ers­ten Roman ziemlich ins Herz geschlossen … inzwischen, wo ich diesen Zyklus gelesen habe, den Folgezyklus „Trinity“ (auch schon rezensiert) und ebenfalls „Dream Maker“ (gleichfalls be­reits rezensiert), hat sich diese Emotion noch deutlich verstärkt. Zurzeit sammle ich ihren neuesten Zyklus „Lotus House“ und freue mich darauf, ihn beizeiten lesen zu können.

Vorerst gibt es aber genügend anderen Lesestoff, und das be­deutet dann natürlich auch reichlich Abwechslung für euch im Rahmen meines Rezensions-Blogs. In der nächsten Woche merkt ihr das mal wieder, da schwenke ich gänzlich von der Bel­letristik weg und stelle euch ein faszinierendes Sachbuch vor über eine Zeit, wo Naturwissenschaft, Religion und Aberglauben noch verwirrende Schnittstellen besaßen. Da hört ihr dann von Melksteinen, Blitzsteinen und dergleichen.

Never heard before? Na, das wird sich ändern, Freunde. Einfach neugierig bleiben. Nächste Woche seid ihr schlauer!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.