Rezensions-Blog 473: Imagines

Posted September 10th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich gebe es freimütig zu – Fanfiction ist meine Sache eher nicht, jedenfalls schon sehr, sehr lange nicht mehr. Gut, zugegeben, in den 80er Jahren gab es gelegentliche schwache Momente, wo ich mich in die Parallelwelten von Perry Rhodan und Star Trek verirrte. Und später kam noch mal eine originelle Idee im Rah­men einer Epigonengeschichte des Doctor Who-Universums hin­zu („Die Kugel-Invasion“, nachzulesen im PARADISE des Terrani­schen Clubs Eden, TCE). Aber sonst waren und sind mir meine eigenen Welten wirklich weit genug und so farbig ausgestaltet, dass ich keiner fremden künstlichen Welten bedurfte, um mich schreibend aus der Realität auszuklinken.

Auf der anderen Seite gebe ich aber auch bereitwillig zu, dass man mich nicht als klassischen „Fan“ irgendwelcher Personen, Gruppen oder fiktiver Welten betrachten kann. Das mag man enttäuschend finden, ich sehe das nicht als Defizit oder Pro­blem.

Mir gegenüber gibt es aber dann, gerade in jüngerer Vergan­genheit, wohl besonders aufgeflammt seit dem Aufblühen von Social Media, Cosplayer-Szene und Selfpublishing eine zuneh­mende Community von jungen Autoren und Autorinnen, die sich in solchen Fanfiction-Settings äußerst wohl fühlen.

Mit dem heute vorzustellenden Band machen wir mal einen kühnen Kopfsprung in dieses vielfältige, schillernde Universum der Fanfiction, und ich nehme euch einfach mal mit dorthin, wo es wild, lebensnah, romantisch und manchmal einfach unglaub­lich witzig zugeht:

Imagines

Dein Star ganz nah

(OT: Imagines)

Von Anna Todd (Hg.)

Heyne 42003

784 Seiten, TB, 2017

Aus dem Amerikanischen von Nicole Hölsken

ISBN 978-3-453-42003-8

Der Titel des dickleibigen Buches ist Programm, das kann man nicht anders sagen. Es wird auch so schon als Definition voran­gestellt: „Imagines – Eine Form der Fanfiction, in der der Leser als Hauptperson in die Story integriert wird.“ Die Herausgeberin fährt fort mit einer vertieften Reflexion: „Durch Fanfiction kön­nen wir uns kreativ und auf vertraute Weise mit Menschen aus­tauschen, die genauso denken wie wir. Fanfiction inspiriert Millionen von Lesern und Autoren weltweit, und ich bin wahnsinnig stolz darauf, Teil dieser tollen Gemeinschaft zu sein.“

Anna Todd weiß, wovon sie spricht – sie hat als Fanautorin auf der Selfpublisher-Plattform Wattpad (von der auch alle in die­sem Band versammelten Geschichten stammen) mit ihrer mehrteiligen, voluminösen Romansaga „After“ begonnen, die inzwischen auch erfolgreich verfilmt wird.1 Da war es nur völlig logisch, als der Gedanke aufkam, eine entsprechende Fanficti­on-Anthologie aufzulegen, sie als Herausgeberin medienwirk­sam heranzuziehen.

Herausgekommen ist ein interessantes Leseexperiment, das vielleicht manchen Ahnungslosen durch seine Optik (rosafarbe­ner Umschlag!) oder sein schieres Volumen abschrecken mag … mich hat das, offen gestanden, eher angezogen. Gut, ich hatte zuvor schon den „After“-Zyklus von Anna Todd gelesen und re­zensiert und war der Ansicht, halbwegs zu wissen, worauf ich mich hiermit einließ (großer Irrtum!). Dennoch habe ich ange­sichts des Preises (14,99 Euro) doch lange gezögert und erst zu­gegriffen, als der Band erfreulicherweise Ende 2019 preisredu­ziert zu finden war.

Und dann fing ich gemächlich an, so nach und nach die insge­samt 34 Geschichten zu schmökern, mit Wochenabstand dazwi­schen zuweilen. Aber keine Sorge, ich werde nicht über Gebühr spoilern oder den Großteil der Geschichten vorzustellen suchen, das würde erstens recht lange dauern und zum anderen die Le­seneugierde vielleicht schmälern. Es ist besser, ein paar interes­sante Perlen herauszupicken, Strukturprinzipien der Geschich­ten aufzuzeigen und einen Teil der Prominenz zu nennen, um vielleicht Fans oder solche, die es werden möchten, anzuspre­chen.

Charakteristisch für diese Form der Fanfiction – von der ich bis­lang eher kaum etwas gelesen habe, ich gehöre nicht zu den Followern von Wattpad, zugegeben, auch wenn ich mich durch­aus als Selfpublisher bezeichne – ist das Strukturmoment, dass sie alle aus der personalen Perspektive eines in der Regel na­menlosen Ich verfasst sind, was einen sofortigen Sog des Lesers in die Geschichte zur Folge hat. Ich würde vermuten, es ist mehrheitlich für Leserinnen zugänglicher, weil die Majorität (vielleicht sind sogar alle Geschichten so verfasst, ich habe da jetzt nicht den Überblick) aus weiblicher Perspektive geschildert wird. Strukturell geht es um normale Bürgerinnen, die im All­tagsleben unvermittelt mit Berühmtheiten konfrontiert werden und mit ihnen interagieren.

Das klingt jetzt unspektakulär, überschreitet aber bisweilen durchaus die Grenzen zur Phantastik. Schauen wir uns beispiels­weise mal die erste Geschichte an, die ich aufgrund der Tatsa­che, dass sie fast 60 Seiten lang ist, erst vergleichsweise spät gelesen habe. Ich neige halt dazu, kürzere Stories in Anthologi­en zuerst zu lesen, wohl wissend, dass zumeist die ausführliche­ren die komplexeren Plots beinhalten. Eine Einschätzung, die sich hier wieder einmal bewahrheitet hat.

Kevin Fanning erzählt in „Kim Kardashians Selfies gegen die männliche Vorherrschaft“ eine nahe Zukunft, in der das Erstel­len von Selfies verboten ist und Kim Kardashian als eine Promi­nente, die ständig Selfies zu machen pflegte, als Kriminelle in den Untergrund gedrängt wurde – eben weil sie damit nicht auf­hört. Und schon sind wir in einer dystopischen Zukunftswelt, in der die Erzählerin dummerweise mit einem Regierungsagenten in einer Beziehung lebt … und dann auf einmal auf Kim Karda­shian trifft, also „die“ Staatsfeindin Nummer Eins. Was dann, notwendig, zu Problemen führt.

Ebenfalls vergnüglich liest sich Annelie Langes „Superheld im Einsatz“, in der die Erzählerin unerwartet auf Chris Evans trifft, der bekanntlich im Marvel-Universum Captain America verkör­pert. Wie mag der wohl im „realen Leben“ so sein? In dieser Ge­schichte erfährt man es.

In „Escape aus Ashwood Manor“ wird die Ich-Erzählerin überra­schend mit Benedict Cumberbatch in einem „Sherlock“-Setting zusammengepfercht und muss mit ihm einen echten Kriminal­fall lösen. Durchaus spannend inszeniert.

In weiteren Geschichten trifft man Prominenz wie Zac Efron, Jen­nifer Lawrence, Kylie Jenner, Jamie Dornan, Chris Hemsworth, die Schauspieler der Serie „Supernatural“, Tom Hardy, Emma Watson, Charlie Hunnam, Demi Lovato, Matt Damon (in einem bizarren „Bourne-Identity“-Setting) oder Tom Hiddleston.

Ein wenig knifflig war es natürlich für mich als Nicht-Serienfan, dass ich zahlreiche Personen nur flüchtig oder gar nicht kannte. Manche Leute konnte ich dementsprechend nicht einordnen, und darum übertrug sich die Fan-Begeisterung beim Lesen nur in manchen Geschichten. Aber ich würde mal sagen, das, was mich da mitgerissen hat, war schon wirklich bemerkenswert. Und wer beispielsweise wesentlich mehr von Musikern wie der Band „One Direction“ kennt oder Serien wie „Supernatural“ oder „Keeping Up With The Kardashians“, der hat hier jede Men­ge Aha-Effekte zu gewärtigen und kommt fraglos voll auf seine Kosten.

Natürlich, manche Geschichten sind einfach kurz und schlicht-schwärmerisch. Einige sind unübersehbar nur Wunschphantasi­en, für die manche Disney-Plots Pate gestanden haben. Bei­spielsweise wenn die Gegenwart von Promis dazu führt, dass Mauerblümchen auf einmal ihrerseits durch die Prominenten ins Rampenlicht geführt werden (so z. B. in Kassandra Tates Ge­schichte „Mit Michael Clifford auf den Ball“). Mitunter spielen auch klare Vorurteile eine wesentliche Rolle, die dann durch die reale Präsenz der Prominenz gründlich zerstäubt werden und unter Umständen dabei helfen, dem Leben der Erzählerin eine völlig neue Wendung zu geben (so geschehen in „Knock-out“ von Katarina E. Tonks).

Auch witzig sind Storys, in denen die Rolle zwischen Promis und Fans auf den Kopf gestellt wird. So schildert die Autorin unter dem Pseudonym Evansley in „Rollentausch“ ein alter Ego, das auf Wattpad (!) einen mehrteiligen Fanroman über Dylan O’Bri­en verfasst hat … und als man offiziell an sie herantritt mit dem Wunsch, dieses Werk zu verlegen, stellt sich heraus, dass einer ihrer größten Follower niemand Geringeres als Dylan selbst ist … was das zur Folge hat, ist durchaus lesenswert.

In die phantastische Sphäre gehören unbedingt die Geschichten „Supernatural – wie im echten Leben“ von E. Latimer sowie „Akuter Kim-Ernstfall“ von Kate J. Squires. Im ersten Fall wird eine Fan-Convention von der Ich-Erzählerin besucht, die großer Fan der Serie „Supernatural“ ist … wie groß ist ihr Schock, als sie auf einmal auf dieser Convention auf echte dämonische We­sen trifft, die die Verkleidungen nutzen, um hier munter Men­schen zu massakrieren und ausgerechnet sie als Opfer auser­wählt haben? Gut, dass es dann die Helden der „Supernatural“-Serie gibt, die ihr zu Hilfe eilen … und dann den geheimen Zweck solcher Fan-Conventions enthüllen!

In Squires Geschichte haben es Kim Kardashian und ihr Ehe­mann tatsächlich ins Weiße Haus geschafft, und es geht um die krisenhafte Frage, was man der anspruchsvollen First Lady denn nun zum Geburtstag schenken könnte … das ist dann schon fast eine Karikatur, aber eben auch klar aus einem Paralleluniver­sum.

Goldig sind auch solche Geschichten, in denen die Erzählerin­nen erst gar nicht begreifen, dass sie es mit einem Promi zu tun haben. So geht es der Ich-Erzählerin in Anna Todds „Medium“. Und wirklich hinreißend, das lässt sich nicht anders sagen, ist „Ein englisches Herz“ von Kora Huddles (augenscheinlich das Pseudonym für Courtney McGehee), das uns ans Set des Mar­vel-Films „The Avengers“ versetzt und in die Maskenbildnerkabi­ne von Tom Hiddleston, für den seine Ich-Erzählerin und Mas­kenbildnerin immer mehr zu schwärmen beginnt. Das ist ein­fach wirklich süß und war auch deshalb so wirksam, weil ich Hiddleston in seiner Rolle als Marvel-Halbgott Loki so sehr schätze. Die meisten der fast 70 Seiten der Geschichte fragt man sich unwillkürlich, wer hier wohl mehr auf dem Schlauch steht … ein köstliches Vergnügen.

Alles in allem ist so eine unglaublich dichte Sammlung mehr­heitlich superromantischer Geschichten entstanden, die aller­dings nicht allein auf Schwärmerei reduziert werden kann. Man erfährt hier auch sehr viel über die Schattenseiten des Star­kults, über die Lebensumstände der Autorinnen und Fans und die bisweilen sehr schillernden Umstände solcher Schwärmerei­en. Manche Werke projizieren, wie angedeutet, auch zukünftige Gesellschaften oder kritische soziale Veränderungen. Natürlich kann man als „Fan“ die Geschichten auch einfach als eine von Wunschphantasien dominierte imaginative und verschriftlichte Form des Fankults verstehen.

Doch wie auch immer man sich diesem Band nähert … ich finde durchaus, dass das Rosarot des Umschlags sehr passend für diese Anthologie war. Und wenn Wattpad damit den Plan ver­folgt haben sollte, potenzielle neue Schreibtalente ausfindig zu machen, so ist das augenscheinlich erfolgreich gewesen. We­nigstens von Rebecca Sky weiß ich, dass sie es schon zu norma­len Buchverträgen geschafft hat. Und wer weiß, vielleicht hören wir von weiteren Autorinnen dieses Bandes ja in Zukunft noch mehr. Es lohnt sich auf alle Fälle, wenn man sich für Fanfiction erwärmen kann, dieses Buch zu konsultieren.

Meine Empfehlung lautet, wenn ihr euch das Buch anschafft: Beschränkt die Lektüre auf maximal zwei Geschichten pro Tag und zögert das Vergnügen der Gesamtlektüre so schön hinaus. Gut, in meinem Fall habe ich es etwas übertrieben und dafür zwei Jahre gebraucht … aber es hat sich auf alle Fälle gelohnt.

© 2023 by Uwe Lammers

Ein echtes Leseabenteuer für diejenigen unter euch, die gern mal über den literarischen Tellerrand schauen möchten. Ich muss immer noch schmunzeln, wenn ich den dicken rosa Band im Regal anschaue. Und besonders muss ich dann an Tom Hidd­leston denken und die zeitreisenden Dinosaurier, die die Rezep­te für allen Pudding geklaut haben … um das zu verstehen, müsst ihr die betreffende Geschichte lesen. Ich musste jeden­falls laut herausprusten, als ich die Stelle schmökerte. Allein das lohnt den Kauf des Bandes.

In der kommenden Woche kehren wir dann mal wieder in ein erotisches Wunschsetting zurück, zu dem ich an dieser Stelle noch nicht mehr verraten möchte.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Die Rezensionen sind in Vorbereitung für den Rezensions-Blog.

Blogartikel 579: Doppelte Böden

Posted September 8th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ich gebe eingangs zu, dass ich ein wenig aus dem Blick verloren habe, warum ich ursprünglich vor Monaten diesen Titel plante. Soweit ich mich erinnern kann, war er ursprünglich entstanden, als ich an dem Archipel-Roman „Rhondas Reifejahre“ weiter­schrieb … aber inzwischen habe ich für diesen Titel eine klügere Verwendung gefunden. Ich greife dabei mal etwas voraus. Also Vorsicht, Freunde der Close Up-Artikel, es gibt hier ausdrückli­chen Spoiler-Alarm!

Während ich diese Zeilen schreibe, befinde ich mich in der Ab­schrift und Kommentierung der letzten Episoden des KONFLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“, die allesamt auf der Baumeister-Ringwelt RANTALON in der Gegenwart spielen. Ein höllischer Kampf, vertraut meinen Worten. In ein paar Mona­ten werdet ihr das selbst im Rahmen der Close Up-Artikel mitbe­kommen. Wenn dieser Beitrag erscheint, haben wir schon den Monat September, und ich werde mich, was die Digitalisate an­geht, an ganz anderen Fronten bewegen.

Für heute ist nur eins wichtig: Eine der Fronten für Oki Stanwer und die Galaxisrebellen der Milchstraße sind Wesen aus der fer­nen Zukunft, so genannte GRALSJÄGER, die einem sinistren SYNDIKAT angehören, das seine Operationsbasis im KONFLIKT 22 hat, über den ich in der Serie „Oki Stanwer – Der Schatten­fürst“ seit 1989 schreibe. Diese Wesen waren es, die die Zeitge­zeiten um die Baumeister-Ringwelt RANTALON geschaffen ha­ben und jeden Zugang unmöglich machen (… nun, es sei denn, man macht durch eine bizarre Volte des Schicksals einen Um­weg durch eine Zeitreise Milliarden Jahre zurück – davon erzähle ich in der kommenden Woche mehr).

Man sollte annehmen, dass Wesen, die die Zukunft kennen, ei­nen uneinholbaren Informationsvorsprung haben, was die Hand­lung der Gegenwart angeht, nicht wahr? Das denken diese We­sen natürlich auch.

Das Dumme ist, es gibt so etwas wie „blinde Datenfenster“ (dazu erzähle ich euch dann am 22. September mehr, dem möchte ich nicht über Gebühr vorgreifen). Ins Unreine gespro­chen sind das Bereiche der kosmischen Historie, die unklar bis gar nicht überliefert sind. Das ist ein wenig so wie eine Nebel­bank auf einem Gefechtsfeld, die man nicht durchdringen kann … schwierig, da taktische Operationen zu planen, wenn man nix sehen kann. Doppelt schwierig, wenn man außerdem noch ge­nau JETZT handeln muss, solange die Nebelbank besteht und der taktische Vorteil verschwunden ist, wenn man wartet.

Dennoch haben die GRALSJÄGER natürlich in vielerlei Hinsicht Oberwasser. Sie halten sich für die Gewinner in diesem Ringen … und sie täuschen sich.

Denn sie müssen entdecken – übrigens ebenso wie Oki Stan­wers Mitstreiter – , dass der anfängliche Wettbewerbsvorteil rasch entwertet wird. Die Lage ist nicht ganz so wie angenom­men. Es gibt seltsame … Veränderungen des Handlungsverlau­fes und gegnerische Aktivitäten, mit denen selbst die Zeitrei­senden nicht gerechnet haben.

Das hat wesentlich, aber nicht ausschließlich, mit etwas zu tun, was ich inzwischen den „Spurwechsel“ nenne. Eine Manipulati­on an der Vergangenheit, die umgesetzt wurde zu einem zu­künftigen Zeitpunkt, als die GRALSJÄGER bereits abgereist wa­ren, die aber VOR dem Zeitpunkt ihrer Ankunft in der Zielzeit manifest wurde.

Das ist ein wenig wie vierdimensionales Schach. Für Wesen wie die TUURINGER, eine geheimnisvolle Spezies sehr machtvoller Lebensformen, die nach KONFLIKT 28 entstehen, ist das fast et­was ganz Natürliches. Sie sind Entitäten, die nicht an den kon­stanten Fluss der Zeit gekettet sind, wie wir ihn kennen. Zeit ist für sie ein fluides Medium, das man wie eine Straße in beide Richtungen befahren kann. Sie leben gewissermaßen vorwärts und rückwärts gleichzeitig, und deshalb sind Manipulationen in vorzeitigen Zeitströmen für sie definitiv nicht unmöglich. Auf diese Weise ziehen sie gewissermaßen doppelte Böden in Ereig­nisketten ein, die klar definiert scheinen.

Das sinnfälligste Beispiel, das mir hierzu einfällt, entstammt nicht KONFLIKT 16, sondern dem sehr viel früheren KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR). Auch an dieser Serie sitze ich zurzeit (Juni 2024) an den Schlussepisoden und hoffe, die Serie noch anno 2024 abschließen zu können.

In dieser Serie existiert von Anbeginn an der Techno-Träumer Torkeron, ein argloser Humanoider vom Planeten Tushwannet, der die fabulöse Gabe des Zukunftstraumes hat. Er sieht Ereig­nisse voraus, ehe sie geschehen. Diese Fähigkeit stellt er in den Dienst der Traumgilden von Tushwannet. Wie es dazu kommt, dass er diese Fähigkeit besitzt, ist ihm gleichwohl nicht klar, er nimmt sie einfach hin.

Eines Tages aber führt ihn diese Gabe mittels einer Fall-Trance an einen grauenhaften Ort – nach TOTAM selbst, wo er mit Geis­tern spricht und fast von der Macht des Bösen absorbiert wird. Im letzten Moment kann er sich flüchten, erleidet dabei aber ei­nen vollständigen Erinnerungsverlust … und als er im Aufwach­prozess ist, in einem Krankenhaus auf der Welt Talascantor, da registriert er einen bizarren Verdruss … einen Verdruss von je­mandem, den er mit seiner Handlung enttäuscht hat.

Torkeron ist, ohne es zu wissen, ein Agent der TUURINGER in dieser Zielzeit, und indem er TOTAM wieder verließ, hat er die Mission sabotiert, für die er eigentlich ausgesandt wurde.

Der ihn entsendende TUURINGER, ein Wirklichkeits-Konfigura­teur, ist aber nicht bereit, diese Niederlage hinzunehmen, und er addiert gewissermaßen einen „doppelten Boden“. Er instal­liert einige Jahrzehnte vor Torkeron (aber witzigerweise nach seinem Versagen in der Seriengegenwart!) einen weiteren Tech­no namens Scheverlay, und in der IR-Serienhandlung führt das letztlich dazu, dass Scheverlays und Torkerons Lebensspuren zusammenfließen. Und der Kurs zielt dann erneut auf den schwarzen Planeten TOTAM und auf die Missionserfüllung.

Wie im KONFLIKT 16 beim Kampf um RANTALON ist es also auch hier absolut nicht ausgemacht, dass die regulierenden zukünfti­gen Mächte alles kontrollieren und somit einen unschlagbaren „Wettbewerbsvorteil“ haben. Die arglosen Intelligenzwesen in den Niederungen der kosmischen Weiten, Wesen wie ihr und ich also, haben schon noch ihren eigenen Kopf, und so sehr die Mächtigen auch doppelte Böden in die Realität einziehen mögen … sie kommen aus einem sehr fernen Raum, und ihre Einblicke vor Ort sind meist recht vage, grob und manchmal grotesk falsch.

In der Konsequenz kommt es dann natürlich zu bizarren Fehlent­scheidungen oder fatalen Katastrophen. Doch letztlich, und da­mit möchte ich jeden von euch beruhigen, der hier denkt, der gesamte OSM werde gewissermaßen gnadenlos aus der Zukunft ferngesteuert, letztlich sind es die mitunter irrationalen, emotio­nalen Entscheidungen der Akteure vor Ort, die solche „göttli­chen“ Pläne durchkreuzen und relativieren.

Der Mensch denkt, das Schicksal lenkt? Dreht den Spieß an der Stelle mal um, denn das trifft die Realität deutlich besser. Und deshalb, weil ich nie wirklich kalkulieren kann, wie unerwartet sich Protagonisten vor Ort entscheiden, wenn es um die Lang­zeitpläne der höheren Entitäten geht, deshalb bleibt der Oki Stanwer Mythos einfach unfassbar spannend.

Ich hoffe, dieses Gefühl überträgt sich auch auf euch, Freunde.

Soviel für heute. In der nächsten Woche begleiten wir Oki Stan­wer bei seinem Baumeister-Kontakt auf RANTALON vor vier Milli­arden Handlungsjahren …

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 472: Die zweite Sintflut

Posted September 4th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

lasst euch nicht von den teilweise skeptischen Worten weiter unten in der Rezension in die Irre leiten, sondern folgt dem ge­nerellen Tenor der Darstellung – das Buch lohnt diese Herange­hensweise wirklich sehr. Und ich warne, wie bei so vielen Bü­chern zuvor schon, ausdrücklich davor, dies als Bettlektüre vor dem Einschlafen zu nutzen. Wenn ihr in der Nacht noch schlum­mern wollt, solltet ihr die Lektüre ein paar Stunden zeitiger an­fangen.

Mir wenigstens ist es so ergangen, dass ich aus dem Werk kaum mehr herauskam. Einmal, weil ich natürlich wissen wollte, wie dieses Phänomen überhaupt möglich ist, zum anderen, wie man es schließlich dann aufhalten kann. Beide Punkte sind äußerst interessant und äußerst gegenwärtig.

Auf den ersten Blick könnte man, auch mit Blick auf den Klap­pentext, denken, es mit einem Klima-Thriller zu tun zu haben. Was er in Wahrheit darstellt, würde hier schon zu viel verraten.

Ich lasse euch lieber mal auf meine Rezension aus dem vergan­genen Jahr los und ein wenig selbst rätseln, wie das alles wohl möglich sein mag, was nun folgt:

Die zweite Sintflut

(OT: The Rising Sea)

Von Clive Cussler & Graham Brown

Blanvalet 0782

April 2020, 9.99 Euro

592 Seiten, TB

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0782-5

Goro Masamune ist ein legendärer japanischer Waffenschmied, der während der Zeit der Shogune sagenumwobene Schwerter schmiedet. Sein Meisterwerk, so wird es überliefert, ist das Hon­jo Masamune. Das Schwert ist als nationales Kunstwerk in den traditionsreichen Familien Japans bis 1945 weitergegeben wor­den. Nach der Niederlage des kaiserlichen Japans leiteten die Alliierten ein umfangreiches Entwaffnungsprogramm in die Wege und konfiszierten auch die Schwerter in den Sammlungen der Adelsfamilien. Dazu zählte auch das Honjo Masamune … das in diesen Tagen auf unbegreifliche Weise verschwand und nie wieder gesehen wurde.

Niemand konnte sich jemals vorstellen, dass dieses Schwert dereinst einmal Anlass geben würde zum möglichen Untergang der Welt, aber genau das ist ein zentraler Baustein des vorlie­genden Romans. Der Weg zum Verständnis ist allerdings selbst für alle Beteiligten ein sehr weiter.

Im frühen 21. Jahrhundert grassiert ein umstrittener Begriff und treibt die Gelehrten der Welt ebenso um wie die Politiker und die Allgemeinheit der Bürger – der globale Klimawandel und die stete Erwärmung des Planeten. Es ist allgemein gut belegt, dass seit Beginn der Industriellen Revolution die wachsende Mensch­heit, besonders stark dann seit Beginn des 20. Jahrhunderts, durch Verwendung fossiler Brennstoffe, globalen Verkehr und weitflächiger Eingriffe in die Natur zur globalen Erwärmung im Rekordtempo beigetragen hat.

Als nun allerdings die amerikanische NUMA (National Underwa­ter and Marine Agency) zunehmend beunruhigt registriert, dass der Meeresspiegel auf unerwartet dramatische Weise zu steigen beginnt, wird Kurt Austin von der NUMA in Marsch gesetzt, um die Gründe dafür ausfindig zu machen. Die ersten logischen Kandidaten sind abschmelzende Gletscher. Andere sind ver­stärkte vulkanische Aktivitäten … doch beides lässt sich bald ausschließen. Aus irgendeinem Grund muss das Wasser, das zu­nehmend die Ozeanpegel steigen lässt, von anderswoher kom­men.

Dabei kommen die NUMA-Experten auf einen verschrobenen, technophoben Wissenschaftler in Japan, Kenzo Fujihara, der an­geblich mit so genannten „Z-Wellen“ Erschütterungen der Erd­kruste festgestellt haben will, die niemand sonst registriert hat. Er gilt deshalb auch als Sonderling des wissenschaftlichen Esta­blishments. Da aber andere rationale Erklärungen versagen, su­chen Kurt Austin und sein Kollege Joe Zavala ihn in Japan auf … und geraten wenig später direkt in das Visier eines massiven Angriffs auf Fujiharas festungsartiges Domizil. Geleitet wird er von einem tätowierten Killer, der alsbald als Ushi-Oni identifi­ziert ist.

Oni ist ein ehemaliger Yakuza-Killer, doch in wessen Auftrag er Fujihara nach dem Leben trachtete, bleibt schleierhaft. Vor der Attacke konnte aber noch entdeckt werden, von wo die so ge­nannten Z-Wellen ausstrahlen – von einem Punkt des Meeresbo­dens, der zwischen Japan und China im ostchinesischen Meer liegt. Und interessanterweise ist dieser Ort ein militärisches Sperrgebiet der Chinesen, das scharf bewacht wird.

Irgendetwas, wird deutlich, haben die Chinesen dort gemacht, das unübersehbar mit der momentanen Krise zu tun hat. Es dauert freilich, bis sich herauskristallisiert, dass dort am Mee­resboden offensichtlich eine Bergbauoperation fehlgeschlagen ist und sich bizarre Geysire geöffnet haben, aus denen unglaub­liche Mengen an Süßwasser strömen. Wenn man dies nicht ein­dämmen kann, zeigen NUMA-Berechnungen alsbald, könnte so­viel Wasser freigesetzt werden, dass in wenigen Monaten alle Küstenlinien der Welt Makulatur sind und Milliarden Menschen zur Flucht in Binnengebirge genötigt sein könnten … nur werde das nicht helfen. Denn die Quelle, die hier aktiv geworden ist, heißt es, ist derart ergiebig, dass kein Gebirge der Welt hoch ge­nug wäre, um den strömenden Wassermassen auszuweichen.

Wenn kein Wunder geschieht, droht in der Tat eine zweite Sint­flut, die diesmal die menschliche Spezies radikal vom Globus spülen wird … das Ende der Welt selbst steht vor der Tür!

Ich gebe zu, ich bin ein Skeptiker, was die biblische Überliefe­rung und die erste Sintflut angeht. Ihr zufolge soll dies ja ein göttliches Strafgericht über die sündige Menschheit gewesen sein (darum auch die Bezeichnung „Sintflut“, was eigentlich „Sündflut“ bedeutet und den Tod der moralisch Verdorbenen zur Folge haben sollte), das nur Noah, seine Familie und ausgewähl­te Tiere überstanden haben sollen. Es ist relativ klar, dass diese Überlieferung eine hypertrophe Übertreibung jüdischer Gelehr­ter ist, die sich aus saisonalen Überflutungserinnerungen speis­te, von denen sie im babylonischen Exil hörten. Heutzutage klingt es naturwissenschaftlich und evolutionstheoretisch völlig abwegig, diese Überlieferung für bare Münze zu nehmen.

Demzufolge war ich auch skeptisch, was den deutschen Titel dieses Romans angeht. Ich fragte mich: Woher soll wohl soviel Wasser kommen? Schmelzen auf einmal alle Gletscher der Welt ab? Nein, interessanterweise ist es anders … auf eine geradezu beunruhigend interessante Weise anders. Wie der NUMA-Wis­senschaftler Paul Trout sagt, ist es geophysikalisches Grundwis­sen des Studiums, dass man dort lernt, Wasser nicht nur an der Oberfläche zu vermuten. Es gibt sehr viel größere Wassermen­gen in Tiefengesteinen, dort in der Regel eingeschlossen in ab­gekapselten Gesteinsschichten und an dortige Substrate gebun­den. Mehr Wasser, als in den Ozeanen der Welt zu finden ist. Wer also durch einen gefährlichen Zufall diese Schichten an­bohrt, löst möglicherweise eine Kettenreaktion aus, die dem sehr ähnlich ist, was in diesem Buch dargestellt ist.

Was das alles mit dem legendären Samuraischwert, dem Honjo Masamune, zu tun hat und etwa mit der Bergbauinsel Gunkanji­ma (über die ich einen faszinierenden Bildband besitze), das muss man dann selbst nachlesen. Ich fand es allerdings sehr hilfreich, wenige Monate vor Lektüre des Romans eine Folge der nicht unumstrittenen Dokumentationsreihe „Mythen der Ge­schichte“ angesehen zu haben, in der es genau um das Honjo Masamune ging. Die von Graham Brown im Roman referierten Fakten sind im Kern absolut präzise, und ich war gewisserma­ßen auf schöne Weise „vorgewarnt“, worum es da gehen würde.

Das bedeutet natürlich im Umkehrschluss durchaus nicht, dass ich auf alles vorbereitet gewesen wäre, was darin passiert. Die Verbindung von chinesisch-japanischen Politintrigen, die Rolle des Industriellen Walter Han, die ich oben ganz ausgelassen habe, Robotkopien von Menschen, Cyber-Feindseligkeit des Ken­zo Fujihara und die Verquickung mit der kriminellen Unterwelt Japans, das zusammen ergibt einen höchst dramatischen Mix, der sehr lesenswert ist. Insbesondere weil auch die intelligenten NUMA-Leute sehr lange im Dunkeln tappen, was die Ursachen der „rising sea“ angeht – und dann, als einige von ihnen klarer sehen, äußerst massive Schwierigkeiten haben, diese Kenntnis­se auch tatsächlich weiterzugeben, insbesondere deshalb nimmt die Spannung konstant zu.

So entstand ein seitenstarker echter Pageturner, der einmal mehr zeigt, dass Graham Brown versiert und mit voller Absicht tech-affine Details in die Romanhandlung einflechtet, mit histo­rischen Rätseln und einer spannenden Actionhandlung zu kom­binieren weiß. Einmal mehr ist zu bedauern, dass Cussler-Roma­ne nicht als Film- oder Serienstoff verarbeitet werden. Ich würde mir das zu gern anschauen.

Klare Leseempfehlung!

© 2023 by Uwe Lammers

Also wirklich, dachte ich, als ich das Buch zuklappte, da behaup­te noch einer, Werke aus dem Clive Cussler-Universum seien plump schematisch und wüssten nicht mehr zu überraschen. Davon kann bei diesem Roman wirklich keine Rede sein. Gra­ham Brown ist tatsächlich für solche Überraschungen in jedem seiner Romane gut.

Eine Überraschung der ganz besonderen Art erwartete mich dann, als ich auf dem Wühltisch über ein sehr dickleibiges Buch stolperte, das mich schon seit längerem irgendwie magisch an­gezogen hatte. Das Leseabenteuer, das mich dann über zahlrei­che Wochen erwartete, übertraf allerdings alles, was ich mir vorgestellt hatte.

Und das bei einem Buch in Pink! Echt, darauf könnt ihr euch freuen, Leute, das wird nächste Woche total witzig werden, ich sehe das schon voraus. Mehr möchte ich noch nicht verraten.

Bis demnächst dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

heute schauen wir uns mal die kreative Ausbeute der Monate Oktober bis Dezember 2021 an. Das ist jene Phase meiner frü­hen Arbeitslosigkeit nach dem Ende meiner universitären Be­schäftigung … und ihr werdet schnell entdecken, dass es hier mit meiner lange so strangulierten kreativen Ader rasch wieder bergauf ging.

Das sieht man allein schon an den Kennziffern dieser Monate, die ich mal kurz vorwegnehmen will: 40, 35, 27. Der letzte Wert fällt traditionell ab, weil ich im Dezember eben die ganze Weih­nachts- und Jahresendkorrespondenz als „Konkurrenz“ habe, worauf auch in diesem Jahr viel Zeit entfiel.

Schauen wir uns die Monate mal der Reihe nach an.

Im Oktober gingen, wenig überraschend, die Digitalisierungsar­beiten am KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ bzw. 13Neu konse­quent weiter, eher schleppend, weil gerade die frühen Episoden doch sehr fehlerlastig sind und viel Kommentierung erzwingen. In der Proto-OSM-9-Ebene „Der Kaiser der Okis“ erreichte ich recht geschwind Band 9. Bei „Erotische Abenteuer“ erreichte ich bereits Band 67. Ich feilte zudem am OSM-Hauptglossar und probierte eine Stippvisite in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der In­sel-Regent“, aber der Funke sprang nicht über.

Okay, dachte ich, dann nehmen wir uns andere Projekte vor, daran herrscht ja nun wahrlich kein Mangel. Aber auch Versuche an „Das Geheimnis von Church Island“ oder am E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 2: Monstererwachen“ führten nicht allzu weit. Dasselbe Schicksal erlitt ein Besuch in KON­FLIKT 22 „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“.

Dann brach der Monat November an. Hier beendete ich einen Band aus KONFLIKT 4 erfolgreich. Am 14. November schloss ich mit Band 74 das Digitalisat der „Erotischen Abenteuer“ ab, am 25. November folgte – wie schon erwartet – mit dem Digitalisat von Band 14 der Abschluss des Digitalisats „Der Kaiser der Okis“. Und wie immer sprang ich spontan in das nächste noch offene Seriendigitalisat.

Diesmal hatte ich mir KONFLIKT 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ ausgesucht. Eine immerhin 125 Episoden lan­ge Serie, die ich im Dezember 1983, also gewissermaßen in der OSM-„Steinzeit“ begonnen hatte. Erst fast 15 Jahre später, 1998, gelang es mir, den sehr komplex gewordenen Handlungs­bogen abzuschließen. Ihr hört darüber derzeit eine Menge in den „Close Up“-Beiträgen und könnt mir vermutlich beipflichten, dass das nicht wirklich eine simple 08/15-Kost ist.

Was gab es in diesem Monat sonst noch an Spektakulärem mit Bezug auf den OSM und die „Annalen der Ewigkeit“? Nun, ich warf einen längeren Blick in die Novelle „Die Optimierungsfa­brik“, die in der Frühphase von KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“ spielt. Aber auch hier kam ich nicht allzu weit. Ich arbeitete ferner recht eifrig an verschiedenen begonnenen Episoden des KONFLIKTS 4 weiter, aber das Inferno in der INSEL lässt mich immer noch bei der Weiterarbeit zögern. Es hat eini­ges von einem manifesten Alptraum an sich, an den man sich auch höchst ungern erinnert. Hier muss ich mich gewisserma­ßen kopfüber hineinstürzen … das wird nicht angenehm wer­den. Das macht das Zögern vielleicht begreiflicher.

Als der Monat Dezember anbrach, der ja von den ganzen Weih­nachtsaktivitäten überkrustet wurde, bemühte ich mich, das Glossar für „Der Kaiser der Okis“ zu entwickeln … es ist bislang aber eine Baustelle geblieben.

Witzigerweise schrieb ich dann ein wenig an „Erotische Aben­teuer“ weiter, aber wirklich nur wenige Episoden. Ich war ge­danklich einfach nicht bei der Sache.

Dasselbe Schicksal traf die „Annalen“-Geschichte „Parasiten aus dem Kosmos“, die immer noch eine Baustelle ist, ob­gleich ich sie jüngst in den „Langzeitprojekten“ vorstellte.

Dafür kam ich recht ordentlich beim Digitalisat von OSH vor­wärts und ebenfalls überraschend gut bei den frühen Episoden von KONFLIKT 16 (gut, da sie handgeschrieben waren, hatten sie nun echt nicht viel Umfang. Sie glichen eben noch sehr den Bänden der Serie „Oki Stanwer“ (KONFLIKT 15), und derselben Zeitphase meines Schreibens entstammten sie ja auch.

Witzigerweise kam ich in den neuen „Horrorwelt“-Episoden überraschend solide vorwärts. Das sei hier nur am Rande ange­merkt, ich kam tatsächlich bis Band 180.

Ein weiterer Vorstoß bei „Church Island“ schlug erneut fehl. Da mangelte es mir tatsächlich immer noch an der richtigen Schreibstimmung, leider. Ich fand sie später wieder und konnte den Roman beenden, aber halt nicht hier in dem Jahr 2021, das mit insgesamt 355 fertigen Werken abschloss.

Alles in allem doch, gerade im hinteren Drittel, ein recht erfolg­reiches Jahr, wobei es indes an frischen OSM-relevanten Impul­sen mangelte. Wie sich dann im ersten Quartal 2022 entwickel­te, werdet ihr hier alsbald erfahren.

Soviel von mir für heute. In der kommenden Woche kümmern wir uns mal um „doppelte Böden“. Wie ich das wohl meinen mag? Nun, um das zu erfahren, werdet ihr wohl wieder einschal­ten müssen in der kommenden Woche. Ich freue mich darauf.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 471: Freispruch für den Hund der Baskervilles

Posted August 28th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ihr wisst, wenn ihr meinem Rezensions-Blog lange genug ge­folgt seid, zur Genüge um meine Begeisterung für den einzigen beratenden Detektiv Londons am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts, geschaffen durch die Imagination des Arztes und Schriftstellers Arthur Conan Doyle. Die Rede ist natürlich von Sherlock Holmes.

Ich kenne den Kanon seiner Werke durchaus so gut, dass ich Anspielungen recht gut zuzuordnen verstehe. So horchte ich auf, als ich auf dieses Werk stieß, das durchaus auf analytische Weise einen Klassiker des Kanons gegen den Strich bürstete.

Das könnte interessant sein, dachte ich mir, besorgte das Buch und vertiefte mich darin … und fürwahr, interessant ist ein mächtiges Understatement für dieses raffinierte Werk, das auch den Kenner des Kanons ordentlich zu verblüffen weiß. Wer Hol­mes-Fan ist und es nicht kennt, sollte sich umgehend auf die Su­che danach machen, denn die Lektüre lohnt in jeder Weise.

Vorhang auf für ein beeindruckendes Buch:

Freispruch für den Hund der Baskervilles

Hier irrte Sherlock Holmes

(OT: L’affaire du chien des Baskervilles)

Von Pierre Bayard

Kunstmann-Verlag, 2008

212 Seiten, gebunden

ISBN 978-3-88897-529-5

Aus dem Französischen von Michael Keller

Whodunnit.

Das ist immer wieder die elementare, zentrale Frage, nicht zu­letzt in Arthur Conan Doyles Werken über den Meisterdetektiv Sherlock Holmes. Denn üblicherweise geht es um Mord und Ge­heimnis, darum, ein Verbrechen aufzuklären, in das sich durch­aus nicht selten scheinbar übernatürliche Dinge einmischen. Man kennt das als Holmes-Kenner etwa aus dem Fall des „Vam­pirs von Sussex“ und ähnlichen … aber ganz besonders natür­lich aus dem legendären Fall des „Hundes der Baskervilles“.1

Wir erinnern uns: Sherlock Holmes bekommt eines Morgens Be­such in der Baker Street 221b. Der Landarzt Dr. Mortimer be­richtet dem skeptischen Detektiv von unheimlichen Vorkomm­nissen in Dartmoor, in die die Familie seines Freundes Sir Charles Baskerville verwickelt ist. Er ist vor kurzem unter reich­lich mysteriösen Umständen ums Leben gekommen, und allen Indizien zufolge war daran der Familienfluch schuld. Es geht nämlich die Mär um, dass ein Ahne von Sir Charles, Hugo Bas­kerville, einst ein sündhaftes Verbrechen mit Todesfolge beging und daraufhin von einem höllischen Hund zerfleischt wurde. Just diese Bestie soll nun wiedergekehrt sein.

Holmes ist naturgemäß ungläubig. Magie gehört nicht in sein Ressort, und er hält wenig von der Fluch-Hypothese. Als wenig später Henry Baskerville, der Erbe, in London eintrifft und sehr bereit ist, das Erbe von Sir Charles anzutreten, schickt Holmes seinen Adlatus Watson mit auf den Familiensitz der Baskervilles nach Dartmoor und behauptet, nachkommen zu wollen. Watson solle ihm regelmäßig über die Ereignisse berichten.

Die Dinge, die der Arzt vorfindet, sind reichlich verworren. Eine Reihe von dubiosen Personen treten auf, zum Teil im Haushalt, zum Teil auf dem Moor selbst. Lichter und Gestalten werden im Moor gesichtet. Es geht um einen entflohenen Sträfling und ei­nen Naturforscher namens Stapleton und dessen Schwester Be­ryl. Dann taucht auch noch Laura Lyons auf, die sich letztlich als Geliebte von Stapleton entpuppt.

Ach ja, und der Hund hat seinen Auftritt, eine Bestie, leuchtend wie Phosphor, ein schieres Monstrum.

Nun, wir kennen die Geschichte und ihr Ende: Holmes entlarvt letzten Endes Stapleton als Verbrecher, der im Moor einen mit Leuchtfarbe angestrichenen riesigen Hund hütet und mit seiner Hilfe Sir Charles in den Tod gehetzt hat und schließlich auch noch – versehentlich – den Sträfling Selden umbringt, der Henry Baskervilles abgelegte Kleidung trägt. Als sich herausstellt, dass Beryl in Wahrheit Stapletons Frau ist und sowohl Kontakt zu Sir Charles als auch zu Henry Baskerville geknüpft hat, schließt Hol­mes die Indizienkette. Er verfolgt den flüchtigen Stapleton ins Moor, aber dieser wird nach allem Anschein Opfer seiner eige­nen Pläne und versinkt im Morast. Die Spur des Hundes der Baskervilles verliert sich.

Soweit die Lesart, die uns Arthur Conan Doyle auftischt. Pierre Bayard, der schon andere Klassiker gegen den Strich gebürstet hat, rollt den Fall neu auf und weist durchaus präzise nach, dass das meiste, was der Leser vermittelt bekommt, durch die Brille voreingenommener Personen zugeleitet wird: Dr. Mortimer ist leicht zu beeindrucken und zutiefst beunruhigt, weil er an den Fluch der Baskervilles glaubt. Sir Charles war davon offensicht­lich ebenfalls stark infiziert. Henry Baskerville ist zwar skep­tisch, aber die Berichte verfasst ja Dr. Watson, so dass der Leser Watsons Sicht der Dinge zu sehen bekommt … und die ist ähn­lich abergläubisch wie die von Dr. Mortimer, und das unheimli­che Klima in Dartmoor tut das Übrige dazu, die Nerven noch weiter aufzureizen.

Bayard beginnt also mit einer akribischen literaturkriminalisti­schen Ermittlung, wobei nicht ohne Grund eingangs ein Zitat aus Jasper Ffordes „Der Fall Jane Eyre“ steht. Wir bekommen es in der Folge beispielsweise mit den „Immigranten des Textes“ und den „Emigranten des Textes“ zu tun, es wird der Realitäts­gehalt der Fiktion und die Fiktionalität der Realität untersucht, und letzten Endes auch die Frage, wer denn wohl im „Hund der Baskervilles“ tatsächlich der Mörder war.

Bayards provokante These: der wahre Mord ist direkt vor den Augen von Holmes passiert, und Holmes´ Blasiertheit, die reale Alternativen zu dem, was er übermitteln ließ, außer acht gelas­sen hat, führte im Verein mit Watsons Voreingenommenheit und Arthur Conan Doyles „Holmes-Komplex“ dazu, dass das tatsäch­liche Verbrechen ungesühnt, ja, unbemerkt blieb. Und fürwahr … Bayards Indizienkette ist äußerst raffiniert gestrickt und be­eindruckend gemacht. Wer immer den „Hund der Baskervilles“ zu kennen glaubt, sollte dieses Buch mal anschauen, um zu se­hen, was er alles darin nicht entdeckt hat.

Ein spannendes, literaturkritisches Leseexperiment, das einer echten Holmes-Ermittlung kaum nachsteht. Sehr empfehlens­wert!

© 2013 by Uwe Lammers

Ja, das ist wirklich ein kleines Juwel in meinen Bücherregalen, kein Zweifel. Und es tut mir nur leid, dass ich diese Rezension nicht längst ans Tageslicht des Blogs geholt habe … ich versi­chere euch, in den Aberhunderten meiner fertigen Rezensionen schlummern noch mehr solche Schätze. Nur keine Sorge, im aktuellen Jahr werde ich davon einige mehr heben und euch als Lektüretipps empfehlen. Es lohnt sich also eindeutig, hier ein Lesezeichen zu setzen und neugierig zu bleiben.

Aus der Vergangenheit von vor elf Jahren kommen wir in der kommenden Woche direkt in die Gegenwart zu einem Werk, das ich erst kürzlich las und, zugegeben, mit skeptischer Grundhal­tung. Schließlich geht es um ein Phänomen, das an das ich nicht glaube: die Sintflut. Aber was macht ein Coautor von Clive Cussler daraus? Etwas Hochinteressantes. Mehr dazu in der kommenden Woche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Leider wird der Titel auch heute noch sehr oft völlig verkehrt als „Der Hund von Bas­kerville“ wiedergegeben, der hartnäckige Fehler zieht sich sowohl durch Buchpublikationen wie durch Filmadaptionen. Dabei ist dem Kenner der Geschichte recht schnell klar, dass „Baskerville“, wie der Fehler suggeriert, durchaus kein Ort ist, was er aber sein müsste, sondern ein Familienname. Und dann kann es natürlich, wie auch im vor­liegenden Buchtitel, nur korrekt „der Baskervilles“ heißen. Wer etwas anderes an­nimmt, zeigt damit nur, dass er das Buch nicht gelesen hat. Oder nicht gründlich ge­nug.

Liebe Freunde des OSM,

das ist doch immer wieder ein kurioses Gefühl, so ein neues Jahr mit dem Rückblick auf den Dezember des vorangegange­nen zu beginnen. Draußen böllert gegen 0.55 Uhr morgens noch die Vergnügungsartillerie und wird das sicherlich noch ein oder zwei Stunden tun. In der Zwischenzeit nutze ich die Schlafver­hinderung und kümmere mich um diesen Beitrag. Neue digitale Ordner für 2024 sind schon eingerichtet, und der Horizont ist offen, wie ich sage, für neue Abenteuer, neue Geschichten, Be­gegnungen mit dem Fremden in vielerlei Gestalt.

Aber zunächst schauen wir uns noch mal den Dezember 2023 an. Er schloss mit erfreulichen 22 Werken, also einem durchaus zufriedenstellenden Wert. Im Einzelnen sieht das wie folgt aus:

Blogartikel 573: Work in Progress, Part 132

Blogartikel 568: Die Sache mit der Wahrheit im Archipel

16Neu 83: Das Ende der All-Hüter

(Brittanys Abenteuer – Erotic Empire-Novelle)

Anmerkung: Das war wieder der klassische Fall, in dem meine Vorarbeit für den Langzeitprojekte-Blogartikel das Fragment selbst reaktivierte. Das passiert ja fast bei jedem einzelnen sol­cher Werke, wenn ich es näher beleuchte und dafür noch mal ein wenig nachschleife.

Blogartikel 563: Langzeitprojekte 9 – Brittanys Abenteuer

(VvD 20: Singirirs Sorge)

Anmerkung: Das ist so ein possierlicher Band mit zwei Hand­lungsebenen, und auf beiden geht echt die Post ab … leider fehlten mir entscheidende übergeordnete hierarchische Einblicke, deshalb konnte ich diese Geschichte noch nicht vollenden. Aber das wird ziemlich sicher im Januar nachgeholt werden.

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

Anmerkung: Auch hieran kam ich deutlich weiter, aber an den entscheidenden Stelle habe ich dann wieder gezögert … es fehlten ein paar wesentliche Details. Und dann ist immer noch zu berücksichtigen, dass vor Lady Wendys Besuch im „Garten der Neeli“ (der im Kern schon seit Jahren entworfen ist), das Ah­nenfest steht. Dafür musste ich erst mal im Roman „Rhondas Reifejahre“ nachlesen, wie sich Rhondas erster Besuch auf As­maar-Lens Totenhügel Thaaram gestaltet hat … und ich ver­stand schnell, dass das SO diesmal auf keinen Fall funktionieren wird. Warum, das kann ich hier nicht erläutern, das würde zu weit führen. Es hatte jedenfalls die rasche Stockung der Weiter­arbeit zur Folge …).

(OSM-Wiki)

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(20Neu 17: Zurück in die Realität)

(20Neu 18: Das getarnte Grauen)

16Neu 80: Geheimnisse der Vergangenheit

16Neu 81: THIRAAN-56

20Neu 16: Der Robotkaiser

16Neu 87: Die Kegelwelten

(NK 62: Fürsorgliche Entführung)

Anmerkung: Auch das ist eine Geschichte, bei der es mich schon seit geraumer Zeit in den Fingern juckt, sie weiterzu­schreiben. Beginnt mit einem wütenden Disput zwischen Ge­staltwandlern, die inkognito in einer Bibliothek auf einem frem­den Planeten sind und sich zu Boden werfen müssen, weil sie auf einmal wüst beschossen werden … und dann entwickle ich die Geschichte, wie es eigentlich dazu kam und wie die armen Tassiner vom Regen in die Traufe gelangen … haarsträubend und zugleich unglaublich lustig. Klingt wild? Ist wild. Vertraut mir, beizeiten erfahrt ihr mehr dazu.

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

(Die Sorgen des Kommandanten – Archipel-Story)

16Neu 79: Auf der Schwelle zur Vernichtung

(DKdO 30?: Alte Freunde)

Anmerkung: Auf einmal war ich in KONFLIKT 9 „Oki Stanwer – Der Kaiser der Okis?“ Aber hatte ich nicht mal gesagt, dass der Vorgängerzyklus um die Allis noch gar nicht gescheit geschrie­ben ist? Seufz, ja, ist alles richtig. Und folgerichtig kam ich hier auch über Kosmetik nicht hinaus. Aber was meint ihr, wie sehr es mich danach gelüstet, endlich Oki Stanwers erste Begeg­nung mit den Zartans und den PSI-Intelligenzen zu beschreiben, seit Jahren schon … Baustellen halt. Wie ich im Silvesterblog schrieb: Die Zahl derer ist mühelos zu vermehren.

(Auf Sklavenjagd – OSM-Story)

Anmerkung: Noch so ein spannendes Projekt mit einem absolut haarsträubenden Anfang … und unglaublich vielen sehr kurso­risch gezeichneten Ergänzungsblenden. Das ist wohl langfristig weniger eine Story als vielmehr ein Roman. Kam ich daran sehr weit? Nein, mal wieder nicht ..

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

16Neu 82: Z-NULLS Gesandter

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(DM 71: Rückkehr nach Feuer-Terra)

Anmerkung: Und was ist DAS jetzt? KONFLIKT 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“? Da war ich ja Ewigkeiten nicht mehr. Richtig, war ich nicht. Ich wollte eine Szene nachlesen und klebte prompt im falschen Band fest. Seufz. Noch eine Baustelle.

(DM 68: Jenseits der Sterne)

Anmerkung: Und die nächste Baustelle … dasselbe Universum …

(16Neu 89: Lichtbasis-Zwischenstopp)

(Die automatische Stadt – OSM-Story)

Anmerkung: Und schon wieder ein Fragment aus der Zukunft des KONFLIKTS 9 … auch eine reizvolle Geschichte, insbesonde­re wegen dieser penetranten Alli-Kinder und der begriffsstutzi­gen Roboter. Mann, ich wünschte, ihr würdet das Ding schon kennen bzw. ich weiter damit gediehen sein, als es der Fall ist.

16Neu 85: Pfadfinder in der Urzeit

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Schattenfürst“)

(16Neu 88: Eine Frist für die Galaxis)

16Neu 84: Milliarden Jahre tief

16Neu 86: Baumeister-Kontakt

Anmerkung: Hieran seht ihr, was mich ständig aus anderen Pro­jekten wegzerrte – die spannende Weiterentwicklung des KON­FLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“. Je weiter ich mit diesem Zyklus kam, desto schlimmer wurde er. Nach Band 100 der Serie wird es noch einmal heftiger, auch wenn man sich das jetzt vermutlich noch gar nicht vorstellen kann. Darauf müsst ihr in den Close-Up-Artikeln noch bis Winter 2024 warten, sorry. Aber ich glaube, dann denkt ihr, die Welt ist kom­plett irre geworden. Leider, muss ich gestehen, hatte der Wahn­sinn 1997/98 Methode, als ich das schrieb. Und für Oki Stanwer und seine Getreuen brach die Hölle los, und ihr Name war RAN­TALON …

Ihr werdet es sehen, versprochen. Wenigstens in der Kurzform meiner diesbezüglichen Berichterstattungen.

Silvesterblog 2023

(Im Parallelraum – OSM-Story)

Anmerkung: Und wo war ich HIER schon wieder gelandet? Na ja, wenn man genau ist, in einer parallelen Zukunft zum KONFLIKT 16. Hier wird zum Sturm auf die Baumeister-Ringwelt RANTA­LON angesetzt, aber ein Raumschiff landet an einem gespensti­schen, völlig anderen Ort, der ihrem Herkunftsort sehr ähnlich ist … aber leider ist es ein bizarres Paralleluniversum. Hieran werde ich wohl weiterschreiben, wenn ich das RANTALON-Aben­teuer ab DMadN-Band 100 begonnen habe. Also irgendwann im Frühjahr 2024.

(16Neu 90: Operation Spurensucher)

(DKdO 19: Lügengespinste)

(DSj 51: Krise in der Südsee)

Anmerkung: Und auch das war eine Art Abdriftbewegung, die mich diesmal in den abenteuerlichen KONFLIKT 28 des OSM führte, also die Serie „Oki Stanwer – Der Siegeljäger“. Ich weiß auch genau, warum das der Fall war … weil ich mir die halbe Nacht um die Ohren schlug, da ich aus der Nachlektüre der Bände 56-58 der Serie nicht herauskam. Sonderlich viel daran geschrieben habe ich indes nicht, wie üblich.

Blogartikel 570: Close-Up – Der OSM im Detail (55)

(16Neu 91: Generationswechsel)

(20Neu 19: Mentaljäger)

Hiermit endete der Monat Dezember 2023. Sehr durchwachsen, nicht wahr? Das kann ich nicht leugnen. Vielfach war ich ordent­lich abgelenkt durch meine berufliche Tätigkeit und andere Ein­flüsse, die mich bisweilen ziemlich ins Schleudern brachten.

Dann kam natürlich auch noch die ganze Weihnachtspost hinzu, und ehe ich mich versah, war der Monat vorbei und das ganze Jahr … Jesses, stürmisch, stürmisch, muss ich sagen.

Dafür ist jetzt aber, wie eingangs erwähnt, der Horizont wieder offen für neue Taten, neue/alte Geschichten, unbekannte Be­gegnungen, für die Überarbeitung alter Werke, die Vollendung von neuen … von all diesen Dingen werde ich in diesem Jahr zu berichten haben. Glaubt mir, es wird weder für euch noch für mich langweilig werden.

Es gibt unglaublich viel zu tun – das Jahr 2024 kann kommen!

In der nächsten Woche berichte ich euch mal wieder von meinen Schreibplänen der Geschichten „Aus den Annalen der Ewigkeit“. Bleibt neugierig, Freunde!

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 470: Ich will dich (3/E)

Posted August 21st, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

da kommen wir also zum Schlussakkord dieser romantisch-eroti­schen Beziehungstrilogie um die anfangs recht naive, sanftmüti­ge Elena Volpe, die im Spannungsfeld zwischen ihrem ruhigen Freund Filippo und dem stürmischen, geradezu magnetisch-animalischen Leonardo gefangen ist. In einem Kräftefeld, in dem jede Entscheidung falsch zu sein scheint und sie auf dramatische Weise jeden Halt verliert.

Folgt mir in den letzten Band dieses Zyklus:

Ich will dich

(OT: Io ti voglio)

Von Irene Cao

Goldmann 48080

288 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48079-1

Aus dem Italienischen von Judith Schwaab

So sieht also die Realität aus, in der sich Elena Volpe wieder fin­det, nachdem sie in Rom endlich eine Entscheidung getroffen hat – und es war ganz offenkundig die falsche.

Als sie noch in Venedig arbeitete, nahm sie an, sie sei unent­rinnbar im Kräftefeld zweier Männer gefangen. Auf der einen Seite ihr Jugendfreund Filippo Di Nardi, mit dem sich immer mehr sanftmütige Intimität entwickelte, auf der anderen Seite der stürmische, rücksichtslose und sexuell unendlich vereinnah­mende Chefkoch Leonardo Ferrante, der sie zielstrebig verführ­te und beständig Elenas Horizont erotisch erweiterte. Bis er schließlich von einem Tag auf den nächsten mit ihr Schluss machte, weil sich zwischen ihnen Gefühle entwickelt hatten, die er nicht zulassen wollte.1

Elena, die vorher schon ein Zerwürfnis mit Filippo ausgelöst hat­te, reiste daraufhin nach Rom, wo er als Architekt tätig war und versöhnte sich wieder mit ihm. Filippo begann sie als seine Ver­lobte anzusehen, und sie planten ein gemeinsames Leben, das sie wieder nach Venedig zurückführen sollte.

Und dann trat von neuem Leonardo in ihr Leben und ließ die alte Besessenheit aufflammen. Diesmal allerdings versuchte Elena ihn auf Distanz zu halten … doch vergebens. Und sie traf schließlich die schmerzhafte Entscheidung, sich von Filippo zu lösen und ihm zu gestehen, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben gab, der ihr inzwischen auch gesagt hatte, dass er sie liebte.

Elena ging zu Leonardo … und stieß hier mit einer herrischen Frau namens Lucrezia zusammen, die genau dasselbe „Anker“-Tattoo wie Leonardo hatte. Und einen Ehering trug. Da wurde ihr voller Bestürzung klar, dass Leonardo verheiratet war, mit Lu­crezia … und als sie sich anschließend aussprachen, entschied sich Leonardo letztlich für seine problematische, an einer bipo­laren Störung leidende Gattin. Er bat Elena um Verständnis, aber das war natürlich nicht das, was sie hatte hören wollen.

Für Elena brach die Welt vollends zusammen.2

Es gelingt ihr nun zwar, einen sicheren Hafen in der Wohnung ihrer Restauratorenkollegin Paola Ceccarelli zu finden, aber in­nerlich fühlt sie sich wie ausgebrannt. Sie lässt sich gehen, ver­nachlässigt ihren Restauratorenjob, stürzt sich in immer neue Abenteuer mit fremden Männern, doch der Sex mit ihnen be­rührt sie überhaupt nicht.

Und dann ereignet sich auch noch das Chaos mit der Hochzeit ihrer besten Freundin Gaia in Venedig, das sie in den Armen ei­nes Mannes beinahe vollständig verpasst – und das, wo sie doch die Trauzeugin sein soll. Von ihren Eltern und Freunden entfrem­det, fühlt sich Elena nun vollständig entwurzelt, missverstanden und am Boden zerstört – und als dann schließlich auch noch Lu­crezia auftaucht und ihr furienhaft vorhält, sie betrüge sie im­mer noch mit Leonardo, da ist endgültig das Ende der Fahnen­stange erreicht … und das nächste, was sie mitbekommt, nach­dem sie vor ein Auto gelaufen ist, ist das Aufwachen im Kran­kenhaus.

Und ER ist da.

Leonardo.

Auf eine seltsame Weise scheint er nun entschlossen zu sein, für ihr Wohl da zu sein. Er entführt Elena in seine Heimat, auf die Insel Stromboli am Fuße eines Vulkans, und neue Leiden­schaft wächst in ihnen beiden, während sie sich auf eine Weise näher kommen, die Elena nicht mehr für möglich gehalten hat.

Aber das Paradies hat einen Preis und eine Schlange …

Die erste Hälfte des Schlussbandes der Trilogie ist manchmal wirklich schmerzhaft zu lesen. Zu sehen, wie sich die so selbst­bewusste Elena Volpe gehen lässt und vom Liebesschmerz zer­rüttet wird, ist einigermaßen peinigend – aber leider auch durchaus nicht unrealistisch. Nun wird überdeutlich, wieso im ersten Band die Notwendigkeit bestand, Elena an Alkohol und nicht vegetarisches Essen zu gewöhnen. Denn die brave Elena hätte sich niemals auf diese Weise völlig gehen lassen können.

Die Entdeckung von Elenas neuem Talent hingegen fand ich ab­solut konsequent und schön. Es hätte gegen Schluss vielleicht noch ein wenig detaillierter ausgearbeitet werden können, aber sei’s drum … letzten Endes entschädigt die zweite Romanhälfte sowohl für die Tatsache, dass die letzten beiden Bände auf „Normlänge“ gestutzt sind als auch dafür, dass das arme Mädel die ganze Zeit so sehr wie ein Hund zu leiden hatte, den man misshandelte. Der Roman wartet mit schönen Ideen, wunderba­rem Natursetting, viel feinfühliger Romantik und Idylle auf, ver­harrt aber nicht beim Kitsch, sondern bleibt dabei durchaus auch den schwierigen emotionalen Komponenten der Beziehung verhaftet.

Alles in allem ein sehr zügig zu lesender, warmherziger Roman, aus dem man nur schwer wieder auftauchen kann. Eine eindeu­tige Leseempfehlung, nicht nur für Menschen, die die südländi­sche Lebensart und das dortige Ambiente lieben – aber die ha­ben von dem Roman natürlich noch deutlich mehr als ich.

© 2019 by Uwe Lammers

Anstrengend? Das kann ich nicht guten Gewissens abstreiten … aber es waren durchweg bemerkenswerte, faszinierende Roma­ne mit glaubwürdigen Personen und sehr realistischen Konflik­ten, die sich, wie im realen Leben, einfachen Lösungen verwei­gerten. Auch das normale Leben ist ja nicht nur eitel Sonnen­schein, nicht wahr?

Das ist euch ein wenig zu heftig gewesen? Na schön, dann schauen wir uns in der nächsten Woche mal etwas völlig ande­res an.

Ihr erinnert euch doch an das Adelsgeschlecht derer von Bas­kerville, nicht wahr? Und an diesen monströsen Hund, der einen von ihnen in den Tod hetzte und damit die Aufmerksamkeit des Detektivs Sherlock Holmes erweckte? Nun, in der nächsten Wo­che kehren wir dorthin zurück. Und schauen uns an, was der be­rühmte beratende Detektiv offensichtlich übersah …

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 462 vom 26. Juni 2024.

2 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 466 vom 24. Juli 2024.

Liebe Freunde des OSM,

es ist so eine Sache mit Wünschen … allgemein heißt es ja im Volksmund, man solle vorsichtig sein bei dem, was man sich wünscht, es könne in Erfüllung gehen. Und dann womöglich gar nicht das sein, was man sich ursprünglich darunter vorstellte.

Im Archipel sieht die Sache noch einmal deutlich dramatischer aus als etwa im Erotic Empire, wo wir im letzten Teil dieser Artikelreihe weilten und ich eine ähnliche Einleitung brachte. Diese Volksweisheit gilt im Archipel also natürlich ebenfalls. Erschwe­rend kommen folgende Faktoren noch hinzu: Weit verbreiteter Analphabetismus bzw. sehr mäßige Lese- und Schreibfähigkeit; dörfliche Abkapselung, was die Betroffenen in der Regel wir­kungsvoll von den meisten allgemeinen Informationen abschneidet und sie anfällig macht für verzerrte Berichte mündli­cher Art, insbesondere von Menschen, die diese Kenntnis selbst nur vom Hörensagen haben.

Wir kennen das als Stille-Post-Effekt aus der Kindheit. Man setze ein Dutzend Kinder in einem Kreis zusammen und lasse eine Botschaft von Ohr zu Ohr tuschelnd kursieren … ihr könnt sicher sein, dass am Ende nicht wirklich das herauskommt, was an­fangs ins System gegeben wurde, mitunter kommt genau das Gegenteil am letzten Empfänger an.

Stellen wir uns dann noch ein verzerrendes, anonymes Manu­skript vor, das durch Zufall in die Hände eines heißblütigen, aber weitgehend ahnungslosen Mädchens fällt und seine Phan­tasie anfacht … dann kommt etwas heraus wie das, um das es heute geht.

Man schreibt auf der Archipelwelt das Jahr 818 nach der Rech­nung des Heiligtums im Hochland von Cooriday, und wir befin­den uns tief im hinterwäldlerischen Hinterland von Gorronien auf dem Südkontinent. Hier kommt im Jahre 801 Archipelzeit­rechnung das blonde, hübsch heranreifende Mädchen Tania zur Welt. Es wird hineingeboren in eine schlichte, begrenzte dörfli­che Idylle, weit entfernt von den nächsten Städten, und mit dem Schulunterricht verbindet Tania mehrheitlich Langeweile und dröges „Fingerverbiegen“, dem sie nicht viel abgewinnen kann.

Das ändert sich drastisch, als sie eines Tages durch einen Zufall ein zerfleddertes Dokument findet, das eine wütende Frau ihrem Ehemann entwindet und mit den Worten, es handele sich um „widerliches Schundzeug“, an dem er sich „aufgeilen“ wür­de, auf den Misthaufen wirft.

Die neugierig gewordene Tania rettet das wenig respektabel wir­kende Bündel Blätter und beginnt es schließlich in einem Ver­steck zu studieren. Da ihre Alphabetisierungskenntnisse noch bescheiden sind, dauert es eine halbe Ewigkeit, bis ihr klar wird, was sie hier vorliegen hat – aber dann fasziniert es sie zuneh­mend.

Angeblich ist dieses Dokument eine Lebensbeichte einer Nonne, die in einem so genannten Yaldoor-Kloster gelebt hat und am Lebensabend auf ihre Zeit dort zurückblickt … und dieser Blick hinter die abgeschotteten Klostermauern hat es tatsächlich in sich: Sie berichtet, dass die Nonnen in solchen Yaldoor-Klöstern eigene wunderbare Räume besäßen, so genannte „Paradieszim­mer“, in denen sie von allen gesellschaftlichen Konventionen befreit seien und ganz Frau sein könnten, hemmungslos, lustvoll und befreit. Ein Schlüsselsatz des Samisdat-Textes lautet: „Der Stand der Natürlichkeit ist das schönste Kleid einer Frau.“ Und dies sei allein im Kloster zu erlangen, außerhalb würden männ­lich-chauvinistischer Egoismus und üble Nachrede alles, was das Innenleben der Klöster betreffe, in den Schmutz ziehen.

Da Tania alsbald ernüchternde Erfahrungen mit den jungen Männern ihres Dorfes macht, aber ansonsten durchaus Freude am autoerotischen Sex empfindet, übt die Schilderung der Non­ne eine immer größere Sogwirkung auf sie aus. Es klingt sehr so, als sei hinter den Klostermauern eine wunderbare Form der spirituellen wie physischen sexuellen Erfüllung möglich, die ihr sehr erstrebenswert erscheint.

Schließlich wird bekannt, dass sie aufgrund ihrer sexuellen Abenteuer keine Jungfrau mehr ist, und für ihre Familie ist das eine Vollkatastrophe – mit der zwingenden Konsequenz, dass sie so schnell wie möglich verheiratet werden soll … und zwar in ein Nachbardorf an einen Witwer, den sie nie gesehen hat, der aber viel älter sein soll.

Tania flüchtet kurzerhand. Sie hat inzwischen genug über die Yaldoor-Bruderschaft erfahren, um zu wissen, dass es auch ein Kloster in den Bergen in relativer Nähe ihres Heimatdorfes gibt. So schließt sie sich einer Händlergruppe an und gelangt alsbald tatsächlich zu dem nach außen durch hohe Mauern solide von der Außenwelt abgeschottete Klosteranlage.

Der Eintritt ins Kloster gestaltet sich unerwartet schwierig – die heiligen Männer darin scheinen auf Zuwachs nicht ausgerichtet zu sein … doch als Tania bekräftigt, sie wolle unbedingt „Teil des Klosters“ werden, lässt der Abt sie ein und willigt ein, als Teil ihres Eintritts ihre Besitztümer abzugeben.

Aufreizend wird es, als der Abt bald danach in einem Vertrags­gespräch von der jungen Dorfschönheit verlangt, sie müsse vor Unterzeichnung „das Weltliche abstreifen“. Das ist physisch zu verstehen – indem sie sich bis auf die Haut zu entkleiden habe. So gelange sie in den „Stand der Natürlichkeit“, wird ihr erklärt.

Tania, die inzwischen immer stärker erregt ist und sich in einem phantastischen erotischen Wunschtraum wähnt, der immer mehr den Worten aus dem zerfledderten Samisdat-Text zu ent­sprechen scheint, kommt mit nur wenig Zögern nach, und als­bald zeigt sie sich dem Abt in ihrer vollendeten, wunderschönen Nacktheit.

Er lobt und bewundert ihre Schönheit ausdrücklich. In diesem Zustand möge sie erst einmal bleiben, verlangt er und beginnt sodann mit ausführlichen Erläuterungen über das Kloster und seine 26 Bewohner, deren Liebe sie beizeiten bei ihrer jugendli­chen Attraktivität ohne Frage erleben werde … und Tania ist von dieser Aussicht sehr viel weniger erschrocken als vielmehr heiß erregt. Denn schon die Händler haben auf dem Weg zum Kloster mit ihr „trainiert“, also eifrig sexuell mit ihr verkehrt. Und deshalb weiß Tania hinreichend, wie es sich anfühlt, mit mehreren Männern in Folge zu schlafen.

Und es scheint tatsächlich Realität zu werden, dass sie mit je­dem der Mönche alsbald intim werden kann, darf oder soll … eine aufregende Vorstellung, die sie schier elektrisiert.

Als ihr indes der Abt den Eintrittsvertrag vorliest, ein ziemlich umfangreiches und kompliziert geschriebenes Textwerk, das Ta­nias Alphabetisierungsfähigkeiten bei weitem überschreitet, da beschließt sie kurzerhand, dem Abt einfach zu vertrauen und zu glauben, dass er alles Relevante des Vertrages vorliest. Ihre konstante Nacktheit erschwert Tanias Konzentration noch wei­ter.

Sie macht sich dabei völlig falsche Vorstellungen von den Plä­nen des Abts. Zum einen hat er recht schnell erkannt, dass Tani­as Lese- und Schreibkenntnisse recht begrenzt sind. Zweitens ist der Vertrag keiner für den Eintritt in den Orden, sondern ein Besitzübereignungskontrakt – als Tania ihn unterzeichnet, gibt sie all ihre Bürgerrechte auf und wird Besitztum des Klosters. Und da sie den Kontrakt nun einmal splitterfasernackt unter­zeichnet hat, hat sie damit ihre favorisierte Bekleidung eben­falls zementiert: Nacktheit.

Für eine schöne, junge und nackte Frau wie sie gibt es im Klos­ter allerdings nur eine einzige klare Aufgabe: Sie wird für das Spenden sexueller Freuden zuständig sein. Dafür gibt es das „Paradieszimmer“, das zu ihrem Entzücken tatsächlich existiert!

Der Abt führt Tania in ihrem hüllenlosen Zustand lächelnd durch die Gärten und Räume des Klosters und macht sie so mit allen Klosterbrüdern vertraut, die von dem „Neuzugang“ sehr erfreut und entzückt sind.

Das „Paradieszimmer“, erklärt der Abt freundlich, sei leider schon lange nicht mehr verwendet werden, aber da sie nun hier Teil des Klosters sei, werde es natürlich umgehend in einen prä­sentablen und bewohnbaren Zustand versetzt. Darin werde Ta­nia dann – davon leite sich der Name des Zimmers ab, wie er behauptet – im „Paradieszustand“ verweilen und ihre Aufgabe erfüllen.

Tania, die davon ungläubig in dem zerfledderten Text gelesen hat, ist hocherregt. Die Vorstellung, völlig nackt im Zimmer dar­auf zu warten, dass einer der Mönche erscheint, um sie zu lie­ben, begeistert das Mädchen enorm. Zu wissen, dass es keiner­lei „Konkurrenz“ durch andere „Paradiesmädchen“ in diesem Kloster gibt, empfindet die junge Dorfschönheit als unglaubli­chen Vorteil. In Wahrheit ist das sehr viel unschöner, als Tania sich das zurzeit rosarot ausmalt.

Sie wird die ganze Lust der heiligen Männer für sich allein haben … und das stellt sie sich wunderschön vor.

Tatsächlich wird alsbald das „Paradieszimmer“ für sie eingerich­tet, und Tania gibt sich wie erwünscht den Mönchen hin und ge­nießt ihre absolut nicht so selbstsüchtigen Liebeskünste, die sie draußen bei ihren bisherigen schnöden Galanen vermissen musste. Diese waren wesentlich auf sich selbst konzentriert und kümmerten sich nicht entfernt darum, ob sie selbst auch auf ihre Kosten und auf den köstlichen Gipfel der höchsten Wonne gelangt war.

Das ist bei den Mönchen völlig anders, die sich sehr darum kümmern, dass Tania volle sexuelle Erfüllung findet … ihr ist freilich nicht bewusst, warum sie darauf solchen Wert legen. Stattdessen scheinen sich alle Worte aus dem Samisdat in voller Stärke zu bewahrheiten.

Doch das Liebeskloster weist auch Schattenseiten auf, die ihr nach einer Weile immer stärker zu Bewusstsein kommen. Es dauert allerdings Monate, bis Tania realisiert, dass die hohen Mauern und die Abschottung nicht ohne Grund existieren … sie sind weniger Einbruchsschutz vor äußeren Feinden als vielmehr eine unüberwindliche Hürde für die „Paradiesmädchen“ wie sie, aus dem Kloster zu entrinnen. Permanente Nacktheit und ein recht straffer „Zeitplan“ für das „Paradieszimmer“ und ihre lust­vollen Dienstleistungen tun das Ihre dazu.

Und dann kommt noch ein organischer Faktor hinzu, als Tanias monatliche Regelblutung ausbleibt.

Nun zeigt das „Liebeskloster“ sein wahres Gesicht und demons­triert dem arglosen, heißblütigen Mädchen, was es jetzt tatsäch­lich ist – kein gleichberechtigtes Ordensmitglied, sondern viel­mehr eine schöne, lustvolle Liebessklavin. Und im Vertrag hat sie unterzeichnet, dies bis an ihr Lebensende sein zu wollen …

Wahrhaftig, das ist ein übles Erwachen für die arme Tania – und für den auf dem Weg befindlichen Nachwuchs, den sie keinem der Mönche klar zuordnen kann. Denn sie weiß nur zu genau, dass Kinder von Sklaven natürlich ebenfalls nur eins sein kön­nen: Sklaven. Eigentum des Klosters.

Auch dieses Archipel-Fragment, das im Ausbau ohne Frage ein Roman werden dürfte, misst inzwischen schon 57 Seiten. Ich habe daran bislang vom 17. Juni 2010 bis zum 16. April 2023 gearbeitet. Wie schnell die Ausarbeitung erfolgt, ist zurzeit un­klar … aber der Keim für eine sehr erotische Archipel-Geschich­te ist hier, wie man deutlich merken kann, angelegt.

Soviel für heute mit dem Einblick in ein weiteres Archipel-Bau­stellenprojekt. In der nächsten Woche erzähle ich euch, was ich ungeachtet des Weihnachtstrubels im Dezember 2023 noch kreativ vollenden konnte.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 469: Der Mann, der die Wörter liebte

Posted August 14th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Sprache ist ein fluides Medium der Verständigung, und egal, von was für einer Sprache wir reden – bezogen jedenfalls auf die, die noch gesprochen und geschrieben werden – , sie befin­det sich in permanenter Wandlung und Veränderung. Lehnwör­ter aus anderen Kulturen strömen in sie ein, die Dialekte ver­schiedener Regionen schleifen Wendungen und Endungen ab und modifizieren sie so lange, bis neue Varianten entstehen, die sich schließlich möglicherweise durchsetzen. Worte veralten und gehen unter. Neue blühen auf … Sprache ist ein ständiges Auf und Ab wie eine wogende See.

Dennoch kann ich jeden von euch verstehen, der sich mit Spra­chen schwer tat, nicht allein mit der – wie schon Mark Twain wusste – „awful german language“. Das gilt durchaus auch für Fremdsprachen wie das Englische.

Dafür gibt es dann doch Wörterbücher, die demjenigen, der nicht so gewandt in der jeweiligen Zunge ist, auf die Sprünge helfen und die Kommunikation erleichtern, nicht wahr?

Ja, heute ist das so. Aber auch das war nicht in Stein gemeißelt. Mitte des 19. Jahrhunderts, das ja noch gar nicht so lange zu­rückliegt, da war die englische Sprache eine ausdrückliche Bau­stelle, ein Dschungel voller Mutmaßungen, Irrtümer und unkla­rer Erläuterungen. Und dann begann ein Mammutprojekt, das damit ein für allemal aufräumen sollte.

Damit befinden wir uns in unserer heutigen Geschichte, und ich versichere euch – sie ist alles andere als banal oder langweilig. Stürzt euch ins Abenteuer, es lohnt sich:

Der Mann, der die Wörter liebte

(OT: The Surgeon of Crowthorne)

von Simon Winchester

Knaus Verlag, 1998

292 Seiten, geb.

ISBN-13: 978-3-8135-0225-1

Aus dem Englischen von Harald Stadler

Bereit für das Abenteuer eures Lebens? Bereit für eine wahre Geschichte, die so unglaublich klingt, dass man meint, sie müs­se einfach dem Hirn eines Schriftstellers entsprungen sein, weil in ihr die Faktoren Zufall, Beharrlichkeit und Wahnsinn eine sol­che Rolle spielen, die man unmöglich für wahr halten kann? Nun, dann schnallt euch an und reist mit mir zurück ins 19. Jahr­hundert.

Das Projekt, um das es hier geht, hatte die gigantomanischen Ausmaße, die vielleicht für die viktorianische Epoche allgemein üblich zu werden begannen. Brunel konstruierte mit der GREAT EASTERN das gigantischste Dampfschiff aller Zeiten – einen stählernen Moloch, der dazu dienen sollte, Transatlantikkabel zu verlegen; die industrialisierte Nation begann mit Planungen für die erste Untergrundbahn der Welt, sinnigerweise in London; die imperiale Bürokratie umspannte inzwischen zudem fast den ganzen Erdball, und überall schickten sich die Briten an, die Flagge Ihrer Majestät aufzupflanzen und „Rule Britannia“ zu sin­gen. England war unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Es existier­te nur ein Feld, wo sie außerordentlich saumselig waren, und wiewohl das schon seit Jahrhunderten bekannt war, schien es weder Notwendigkeit noch Möglichkeit zu geben, hier Abhilfe zu schaffen.

Welches Feld das war? Das der englischen Sprache.

Denn so unglaublich es uns heute scheint, es gab bis zum Zeit­punkt, wo diese Geschichte ihren thematischen Anfang nimmt, im Jahre 1857, kein zuverlässiges Wörterbuch der englischen Sprache. Was man als solche bis dahin verkaufte, waren eigent­lich wenig mehr als … nun … Kuriosasammlungen. So beispiels­weise das „Wörterbuch“ des Robert Cawdrey aus Rutland (1604), das ausdrücklich den Titel trug: „A Table Alphabeticall… of hard usual English Words“. Es umfasste gerade einmal etwa 2500 Wörter, und zwar nur solche, die wirklich auffielen und „unüblich“ waren. „Schwierige Wörter“ eben.

Niemand kam zu diesem Zeitpunkt auf die Idee, solche Aller­weltswörter wie „if“ oder „the“ oder „at“ auf ähnliche Weise zu erläutern. Die kannte man schließlich, nicht wahr? Was nicht ausschloss, dass sie dennoch ständig falsch verwendet wurden. Die Literatur Englands ist voll von solchen obskuren Wortver­wendungen, nicht zuletzt auch bei Shakespeare. Und da die Sprache in ständigem Wandel begriffen war, glich das Englische im Laufe der Zeit mehr und mehr einer babylonischen Sprach­verirrung, zahllose Schreibweisen, die für „richtig“ gehalten wurden, existierten munter nebeneinander.1

Auch die Erläuterungen waren durchweg wenig hilfreich. Was beispielsweise half es, für die Erklärung des Wortes „magnitu­de“ nachzuschlagen und auf das Wort „greatness“ zu stoßen? Manche Erläuterungen waren sogar äußerst abenteuerlich bis belustigend. Nehmen wir aus Cockerams „The English Dictiona­ry“ (ein vielversprechender und irreführender Titel) das Wort „commotrix“.2 Er erläutert wie folgt: „A Maid that makes ready and unready her Mistress“ [eine Hausangestellte, die ihre Herrin fertig und unfertig macht].

Nein, es war evident, dass hier dringend Handlungsbedarf be­stand, und so setzte sich 1857 die Royal Philological Society zum Ziel, ein endgültiges, umfassendes und präzises Wörter­buch der englischen Sprache herauszugeben, mit königlicher Billigung, selbstverständlich. Dies wurde als eine Art Sendungs­auftrag mit fast religiöser Inbrunst verstanden: die Verbreitung der korrekten englischen Sprache würde einher gehen mit der Verbreitung der englischen Lebensart und ihrer Kultur, und da­mit würde sie missionarischen Charakter weltweit tragen (nein, sie waren nicht bescheiden, die guten Herren, übrigens aus­schließlich Herren3).

Doch wie sollte man diese Aufgabe in Angriff nehmen? Einzelne Personen scheiterten daran einwandfrei. Richard Chevenix Trench, der den Anstoß zur Schaffung des Oxford English Dictio­nary (OED abgekürzt, noch heute ein Standardwerk) gab, mein­te, es sei am sinnvollsten, „ein Heer, ein riesiges Heer von Hun­derten und Aberhunderten unbezahlter Amateure“ zu rekrutie­ren, die auf standardisierten Vordrucken Belegstellen an die Re­daktion einsenden würden, die sie in Büchern, die sie lasen, ge­funden hätten.

Herbert Coleridge war der erste Herausgeber des Wörterbuchs, und er unterschätzte das Projekt ganz erheblich. Zur Erleichte­rung der Arbeit „konstruierte er ein kleines Regal aus Eichen­holz, neun Fächer breit und sechs Fächer hoch, als Ablage für die 60.000 bis 100.000 Zettel, die man erwartete.“ Er schätzte zudem, die Arbeit in zwei Jahren abschließen zu können. Womit er sich einer dramatischen Fehleinschätzung schuldig machte, aber das taten damals alle Beteiligten.

Nun, es mag genügen, dass die rekrutierten Freiwilligen am Ende etwa sechs Millionen Zettel einsandten. Und dann kam noch hinzu, dass ein Malheur passierte: „Herbert Coleridges frü­her Tod verzögerte alles noch zusätzlich. Er starb im Alter von einunddreißig Jahren, nachdem er sich ganze zwei Jahre der Ar­beit an dem Wörterbuch gewidmet und nicht einmal die Hälfte der Belegstellen für die Wörter mit dem Anfangsbuchstaben ‚A‘ gesichtet hatte.“

Der Umstand seines Todes ist irgendwie charakteristisch für die Bearbeiter des Projekts, deshalb sei er hier noch erwähnt: „Auf dem Weg zu einem Vortrag der Philological Society… war er (Coleridge) in einen Regenguß geraten, hatte in dem unbeheiz­ten Raum bis zum Schluß ausgeharrt, war krank geworden und gestorben. Seine letzten Worte waren: ‚Morgen muß ich mit Sanskrit anfangen.‘“

Hoher Enthusiasmus und fanatische Begeisterung waren nicht alles. Dieses Projekt zog auch durchaus schrullige und geniale Menschen an, und zweien davon ist dieses Buch insgesamt ge­widmet. Der eine war der langjährige Herausgeber des OED, James Murray, ein schottischer Lehrer, der 1869 in die Society eintrat. Man nannte ihn den „Mann, der das Vieh Latein lehrte“, und dies aus gutem Grund. Er besaß ein geniales Gespür für Wörter und ein beeindruckendes grammatisches Gedächtnis. Sprachenlernen war sozusagen ein Hobby für ihn.

Ein Auszug seines – abgelehnten – Bewerbungsschreibens für eine Stelle am British Museum mag das zeigen. Er schrieb: „Ich muß sagen, daß die Philologie mein ganzes Leben lang mein Lieblingsthema gewesen ist und daß ich eine allgemeine Ver­trautheit mit den Sprachen & Literaturen der arischen und syro-arabischen Klassen besitze… mit einigen bin ich etwas vertrau­ter, wie beispielsweise mit den romanischen Sprachen Italie­nisch, Französisch, Katalanisch, Spanisch, Lateinisch & in gerin­gerem Maße mit dem Portugiesischen, Waadtländischen, Pro­venzalischen und diversen Dialekten. Im germanischen Zweig bin ich einigermaßen vertraut mit dem Niederländischen (an meiner Arbeitsstätte muß ich Schriftverkehr auf holländisch, deutsch, französisch & gelegentlich in anderen Sprachen lesen), Flämischen, Deutschen, Dänischen… ich weiß ein bißchen über das Keltische und beschäftige mich zur Zeit mit den slawischen Sprachen…“

Unter der Ägide dieses hochbegabten Mannes erschienen schließlich die ersten Bände der OED, nachdem das Projekt schon kurz vor dem Scheitern gestanden hatte.

Der zweite Mann, der hier eine wesentliche Rolle spielte, war et­was, was man als „Graue Eminenz“ betrachten könnte. Obgleich er in Crowthorne, Broadmoor wohnte, von Oxford nur eine gute Zugfahrtstunde entfernt, kam dieser Mann, William Chester Mi­nor, niemals in die Redaktion des OED. Anfangs verblüffte das niemanden, denn Besuche waren ohnehin selten. Aber rasch kristallisierte sich heraus, dass Minor, anfangs einfach nur einer der zahllosen Zuträger des OED, irgendwie auf seltsame Weise anders war. Während die restlichen Leser mehr oder weniger wahllos ihre Wörterlisten einsandten, stellte Minor schon von Anfang an präzise Fragen, an welchem Buchstaben denn nun gearbeitet würde und welche Worte man in der Redaktion be­sonders innig suchte.

Und er lieferte die Antworten. Binnen Tagen, seltener binnen Wochen. Manchmal kamen mehrere akribische Briefbögen pro Woche aus Broadmoor in die Redaktion.

Es schien so zu sein, als sei er dem Lexikon stets ein paar Schritte voraus, wie auch immer das möglich sein mochte. Es war völlig unumgänglich, dass sich Murray für diesen seltsamen Menschen zu interessieren begann, den „Mann, der die Wörter liebte“, wie es schien, jene Person, die ihm so ähnlich war. Er begann einen intensiven, Jahre währenden Briefkontakt mit dem Sonderling, der nie aus seiner Studierstube herauszukommen bereit war. Und schließlich kam auch ans Tageslicht, warum das so war: Minor war ein unter Wahnvorstellungen leidender ameri­kanischer Militärarzt. Und ein Mörder …

Die faszinierende Darstellung der ineinander verschlungenen Biografien von William Chester Minor und James Murray, die Herkulesaufgabe des 70 Jahre dauernden Herausgabeprozesses der OED und zugleich noch eine beeindruckende Aufarbeitung der literarischen Gesellschaft des England über die zurücklie­genden zweieinhalb Jahrhunderte – und darin eingestreut zahl­lose Vignetten und Lebensbeschreibungen verschrobener Son­derlinge und genialer Köpfe – , das alles findet sich unter diesem Buchdeckel. Es handelt sich um Winchesters Erstlingswerk, das völlig zu Recht preisgekrönt und in zahlreichen Auflagen aufge­legt wurde.

Der britische Journalist Simon Winchester offenbart in diesem Werk eine breite, fast enzyklopädisch zu nennende Kenntnis der Zusammenhänge, über die er spricht, seine Zitate sind prä­gnant und oftmals originell, der Erzählstil fesselnd und Neugier­de erweckend. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung urteilte nicht zu Unrecht über das Werk: „Dieses Buch ist fesselnde Re­portage, lebendige Biographie, ein lehrreiches Stück Zeitge­schichte und nicht zuletzt eine anrührende Parabel von Tod und Leben, Schuld und Vergebung, Hass und Liebe.“ Allein den Wahnsinn, der ihnen wohl unangenehm war, haben sie hierin vergessen. Und der spielt eine zentrale Rolle in der ganzen Ge­schichte.

Religiöse Leser werden vielleicht finden, dass die menschliche Tragödie des Lebens von William Chester Minor notwendig war, um ihn zu der übermenschlichen Aufgabe hinzuführen, durch die er schließlich ewigen Ruhm errang. Doch bodenständigere Leser wie ich werden nach wie vor von kalten Schauern erfasst werden und sich eher dazu beglückwünschen, den klaren Men­schenverstand bewahrt zu haben. Wenn auch – vielleicht – um den Preis entgangener Genialität und Berühmtheit. Wenn man sieht, was Minor von seiner Berühmtheit letztlich hatte, wird man die Normalität vielleicht vorziehen.

In jedem Fall ist dies ein Werk, das uns künftig Wörterbücher mit einem völlig anderen Blick sehen lassen wird. Und es ist packen­de, gute Lektüre, die jedem neugierigen Leser wärmstens ans Herz gelegt werden soll.

© 2006 by Uwe Lammers

Wow, sagte ich mir, als ich das Buch ausgelesen hatte … ein Abenteuerroman ist nichts gegen DAS HIER! Und das denke ich auch nach über fünfzehn Jahren noch und empfehle das Werk guten Gewissens neugierigen Freunden.

In der nächsten Woche haben wir einfachere Kost vor uns, ver­sprochen. Da verirren wir uns wieder in die Dreiecksgeschichte von Irene Cao und betrachten ihr Schlusskapitel.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Ein Phänomen, von dem die gedruckte Literatur des 18. Jahrhunderts nicht nur in England, sondern auch in Deutschland beredtes Zeugnis ablegt. Man lese noch ältere Werke und raufe die Haare über die absurdesten Schreibweisen von Wörtern, die von Buch zu Buch unterschiedlich sind. Es war völlig klar, dass hier Abhilfe geschaffen wer­den musste, aber es geschah stets nur halbherzig.

2 Ein Wort, das heute veraltet ist. Es ist etwa mit „Zofe“ oder „Hausangestellte“ gleich­zusetzen.

3 So etwas wie Gendergerechtigkeit war damals weder üblich noch in den Köpfen der Zeitgenossen vorhanden. Selbst im frühen 20. Jahrhundert wurde die Gleichberechti­gung der Suffragetten-Bewegung anfangs kriminalisiert.

Blogartikel 575: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 56

Posted August 11th, 2024 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

auf zu einer weiteren Runde im alptraumhaften Szenario des späten 16. KONFLIKTS des Oki Stanwer Mythos. Da es viel zu er­zählen und darzustellen gilt, halte ich mich zu Beginn kurz. Die Handlungsebenen, um die es diesmal geht, betreffen Thor Gor­denbeyl und seine arg dezimierte Schar von Gefährten in der THIRAAN-Weltenkette … und Oki Stanwer und die LIBERA­TOR-Crew.

Wir erinnern uns: Oki Stanwer und der Dämonenschlächter gin­gen auf Zentrums-Terra, im Herzen von GOLEMS Machtimperi­um, konzertiert gegen die Dämonenherrscher vor und liquidier­ten nacheinander die letzten GOLEM-loyalen Dämonen von TO­TAM. Dann beging Oki Stanwer den Fehler, GOLEMS Herausfor­derung zu folgen und ging in seine Zeitfalle. Seither ist er in der Zeit verschollen.

Parallel dazu kam Thor Gordenbeyl überraschend mit der Crew der wrackgeschossenen VIPER in der THIRAAN-Weltenkette in artanische Gefangenschaft und wäre beinahe als vermeintlicher GOLEM-Klondiener hingerichtet worden … doch ein monströses, mörderisches Wesen, das er für den Dämonenschlächter hält, befreit die Überlebenden, die nun in Kontakt mit der Opposition der Daayyet-Artaner gebracht werden sollen. Doch hinter dieser vermeintlichen Rettungsaktion steckt ein viel schlimmeres Kal­kül des Retters, der auf den Namen Jaal hört …

Episode 81: THIRAAN-56

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Thor-Handlungsschiene:

Thor Gordenbeyls Gedanken sind verworren. Er weiß gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht. Zum einen ist er ohnehin noch von den physischen Verletzungen der Havarie benommen, zum anderen erlebt er ständig mit, wie seine Freunde nacheinander ums Leben kommen. Von der ganzen VIPER-Crew sind ihm gera­de noch Arabia, Sal Dugong und John Houston Cascade verblie­ben. Und der hünenhafte Fremde, der sie in letzter Sekunde vor der Hinrichtung durch die artanischen Richter bewahrt hat, hetzt sie unerbittlich weiter durch die Eingeweide der techni­schen Welt THIRAAN-55.

Er erweist sich als erschreckend befähigter Gestaltwandler, und sein Ziel ist es, wie er behauptet, sie in Kontakt mit der artani­schen Opposition zu bringen – was er auch tut. Diese stehen un­ter der Leitung von Shyniir, der Ordenswahrerin der Oppositi­ons-Daayyet, und sie haben vor, die Nachbarwelt THIRAAN-56 in der THIRAAN-Weltenkette zu erreichen.

Thors Retter Jaal, immer noch für den Dämonenschlächter ge­halten, ermöglicht diesen Transit für Shyniir, eine kleine Kern­truppe der Oppositions-Daayyet und Thor sowie seine Getreuen. Offiziell wollen sie eine Friedensmission ausführen. Aber Thor kommen daran rasch Zweifel, weil die Artaner rigoros Wachen ihrer Artgenossen liquidieren, Leichen mit Desintegratorwaffen auflösen und zudem eine große Kiste mit sich führen, die scharf bewacht wird.

Gleichwohl – der Übergang nach THIRAAN-56, zur heiligen Welt der Daayyet-Artaner, die unter der Kontrolle der robotischen All-Hüter steht, gelingt. Doch leider ist niemandem in der dimensio­nal verfalteten THIRAAN-Weltenkette klar, dass der dimensiona­le Einstieg dorthin von einem Spähschiff beobachtet wird. Soffrol, der Herr der Neuen LIGA, lauert darauf, dass die Ereignisse in der Weltenkette eskalieren, um dann zuschlagen zu können …

Episode 82: Z-NULLS Gesandter

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Thor-Handlungsschiene:

Als Thor und seinen angeschlagenen Gefährten bewusst wird, was hier wirklich los ist, ist es längst zu spät für einen Rückzie­her – wohin sollten sie auch flüchten können? Alle Parteien ringsum wollen offensichtlich ihren Tod. Das betrifft sowohl die robotischen All-Hüter, die THIRAAN-56 beherrschen, als auch die loyalen Daayyet-Artaner.

Aber die Leute, denen sie sich nun angeschlossen haben, erwei­sen sich als religiös motivierte Selbstmord-Attentäter. Ihr erklär­tes Ziel: Wenn unsere Bewegung schon gescheitert ist – und da­für hat Jaal durch sein Intrigantentum gesorgt – , dann werden wir dafür sorgen, dass THIRAAN-56 nicht mehr in die Hand der Feinde gelangt. Sondern wir sprengen sie einfach in die Luft.

In dem Moment wird Thor auch bestürzt klar, dass seine Freun­de und er so gut wie tot sind – denn nun gibt es keinerlei Grund mehr für eine vorgebliche Friedensmission! Jetzt müssen sie jede Sekunde damit rechnen, dass die Oppositions-Daayyet sie wegführen und kurzerhand erschießen!

Außerhalb der THIRAAN-Weltenkette sammeln sich unterdessen, von den LIGA-Spähern aus sicherer Distanz beobachtet, Tausen­de von All-Hüter-Schiffen. Es ist offenkundig, dass die robotische Streitmacht unter Z-NULLS Kontrolle eine wichtige Operation im Zusammenhang mit der THIRAAN-Weltenkette anstrebt. Soffrol sieht hier die Möglichkeit, gleich zwei Machtfaktoren auszu­schalten: die organisierten Daayyet-Extremisten der Artaner wie auch die All-Hüter. Aber noch wartet er ab.

Z-NULL hat in der Tat Großes vor – ein seit Jahrzehnten entwickelter Plan sieht vor, Z-NULL selbst, einen mondgroßen ZYNEEGHAR der Baumeister, durch einen Ferntransmitter direkt in die THIRAAN-Weltenkette zu versetzen. Zu diesem Zweck er­schafft Z-NULL einen energetischen Gesandten, der Kontakt mit den Entropie-Ingenieuren in der Weltenkette aufnehmen soll, um diesen Transfer zu ermöglichen.

Als der Gesandte in der Weltenkette eintrifft und die Vorkehrun­gen für das „Unternehmen Göttergeburt“ getroffen werden, nut­zen die All-Hüter-Streitkräfte das, um die artanischen loyalen Daayyet mit unglaublicher Macht zu überrollen. Die Daayyet wehren sich mit allen Kräften.

Während all das geschieht, explodieren auf verschiedenen THI­RAAN-Welten Atombrandbomben, die die oppositionellen Daayyet gelegt haben. Der mörderische, eher selbstmörderische Existenzkampf geht in die vorletzte Runde.

Und alle haben nur ein Ziel: THIRAAN-56, die Steuerwelt der Weltenkette. Nur wenn THIRAAN-56 unter Kontrolle ist und Z-NULL als THIRAAN-57 seinen Platz einnehmen kann, so das Kal­kül von Z-NULLS Gesandtem, hat das All-Hüter-Imperium eine Zukunft.

Ebendort, in den Eingeweiden von THIRAAN-56, erteilen die Daayyet-Artaner Thor und seinen Freunden die Anordnung, nun „sicher verwahrt“ zu werden … und Thor ahnt, dass das auf ihre Ermordung hinausläuft … doch während sie noch weggeführt werden, beginnt der „Dämonenschlächter“ kurzerhand, die Daayyet-Eskorte niederzumetzeln.

Dem Helfer des Lichts wird jählings klar, dass auch dieses We­sen nicht ihr Verbündeter ist, sondern ihr Henker – und er treibt seine Gefährten in die Flucht. Dabei werden sie getrennt. Er bleibt zusammen mit Arabia, während Sal Dugong und John Cascade vereinzelt in die Tiefen der Welt irren.

Und hinter ihnen ein gestaltwandelnder Massenmörder, der ihren Tod wünscht … ganz zu schweigen von der fanatischen Shyniir, die in diesem Moment mit ihren letzten Getreuen die Planetenbombe scharf macht, die sie mitgebracht hat …

Episode 83: Das Ende der All-Hüter

(1996, digitalisiert 2023)

Schluss der Thor-Handlungsschiene:

Dies ist der grässliche, hässliche Schlussakkord des Thor Gor­denbeyl-Handlungsstrangs. Während um die Zentralwelt der THIRAAN-Weltenkette erbittert gefochten wird, während die LI­GA-Streitkräfte darauf lauern, den geschwächten Daayyet und den All-Hütern in den Rücken zu fallen, tickt die Zeit für THI­RAAN-56 – und für Thor und seine drei letzten Gefährten.

Während Thor seine verletzte Gefährtin Arabia in einem Maschi­nensaal zurücklässt, damit sie sich etwas von den Schrecken er­holen kann, wird sie mit einem kleinwüchsigen Wesen konfron­tiert, das sich vormals schon als Ekkon bezeichnet hatte, den amtierenden Ritter vom Goldkristall (vgl. Bd. 79). Dass er das nicht sein kann, hatte Thor aber schon festgestellt.

Er hatte Recht – es handelt sich um Jaal, und als seine Identität von Arabia nun angezweifelt wird, bringt er sie brutal um.

Wenig später trifft Sal Dugong seinen verletzten Gefährten John Cascade … aber auch hierbei handelt es sich um eine neue Lar­ve von Jaal, der ihn perfide foltert und verhöhnt, ehe er ihn mit den Worten „Ein paar Geheimnisse musst du ja mit ins ‚Jenseits‘ nehmen. Grüß mir Sarai, wenn du sie siehst!“, ermordet.

Parallel dazu vollzieht sich „Unternehmen Göttergeburt“. Z-NULL wird tatsächlich in die THIRAAN-Weltenkette versetzt. Z-NULLS Gesandter hat Kontaktverhandlungen mit den Entropie-Ingenieuren begonnen, und alles sieht gut aus … doch dann ex­plodiert auf THIRAAN-56 die artanische Planetenbombe, nach­dem Shyniir und die letzten Artaner-Fanatiker Suizid begangen haben. Und THIRAAN-56s Funktionen beginnen zu erlöschen. Womit die Stabilität der Weltenkette jählings zu zerbrechen be­ginnt.

Z-NULLS Plan steht vor dem Scheitern!

Im Innern von THIRAAN-56 begegnet John Cascade Thor Gor­denbeyl … glaubt er wenigstens, bis er das sardonische Grinsen des Hünen von Garos erkennt.

Jaal hat eine weitere perfide Larve entwickelt und fordert Casca­de zu einem Fechtkampf heraus … und während dieses Kamp­fes bekennt er freimütig, was er ist: ein GRALSJÄGER, der aus der fernen Zukunft kommt. Für ihn sind alle hier Lebenden schon lange tot und vergessen, und eigentlich seien er und die Seinen nur in diesem Universum, um ein phantastisches Bau­meister-Artefakt zu plündern, das sowieso zerstört werde – den Ringplaneten RANTALON, wo sie schon lange an der Arbeit sei­en. Schließlich hätten sie die Ringwelt ja durch die Zeitgezeiten wirkungsvoll von der Außenwelt abgeschottet …

Erschrocken begreift Cascade, dass er essentiell wichtige Infor­mationen hat, die Thor und die Rebellen dringend benötigen würden. Aber es gibt dafür rein gar keine Möglichkeit – und dann, Augenblicke vor seinem Tod, wird er Zeuge, wie der über­hebliche Jaal doch tatsächlich überrascht wird, als die artani­sche Bombe offenbar zu einem ganz anderen Zeitpunkt alles auslöscht, als er das in seinen Aufzeichnungen stehen hat.

Für Thor, John Cascade, die Daayyet, Z-NULL und die All-Hüter ist das allerdings kein Trost mehr. Sie werden allesamt ausge­löscht, als die Weltenketten-Struktur nach dem Untergang von THIRAAN-56 in sich zusammenbricht.

Soffrols LIGA-Streitkräfte ziehen ab. Die Probleme mit den Daayyet-Artanern und den All-Hütern sind für ihn nun erledigt. Er kann sich jetzt darauf konzentrieren, die drei verbleibenden Feind-Fraktionen zu observieren: TOTAMS Streitkräfte, GOLEMS Parteigänger und die Galaxisrebellen.

Es gibt nur paradoxerweise einen einzigen Überlebenden des In­fernos, der zwanzig Stunden später zum Vorschein kommt: ein bizarres mörderisches Wesen namens Jaal, das nun bei RANTA­LON erwartet wird.

Mission: Weiterhin Chaos und Verderben säen.

Die Dinge stehen schlimmer, als alle ahnen. Und da John Casca­de seine Informationen mit ins Grab nahm, sind alle weiterhin schrecklich ahnungslos, was hier wirklich geschieht …

Episode 84: Milliarden Jahre tief

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung von Band 78:

GOLEM hat Oki Stanwer herausgefordert, sich mit ihm zu duel­lieren. Der Herr des Lichts hatte zuvor mehrere Dämonenkönige auf Zentrums-Terra vernichten können und wähnte sich nun auf der Gewinnerspur – doch GOLEM, die wahnsinnige Dämonen­waffe, lockte ihn in eine Zeitfalle und schleuderte die LIBERA­TOR, das ERKUNDER-Kegelschiff von MONOLITH, nebst seiner Besatzung, hinab in den Abgrund der Zeit.

Unter normalen Umständen hätten sie alle tot sein müssen … aber unbekannte Mächte hielten eine schützende Hand über das durch die Zeitabgründe taumelnde Schiff, und so kommt es schließlich wieder zum Stillstand – in einer Welt, die unsagbar fremd für sie geworden ist.

Doch die Reise hat Opfer gefordert – sechzehn Besatzungsmit­glieder sind durch die Wirkungen eskalierender Zeitgezeiten vernichtet worden. Der WÄCHTER kannte diese Zahl vorher be­reits, ehe die Zählung gemacht wurde: er hat diesen ganzen Alptraum wegen der Zeitschleife, deren Gefangener er ist, schon einmal (oder gar viele Male) mitgemacht. Es kann nicht überraschen, dass das Misstrauen und der Hass ihm gegenüber immer heftiger werden.

Doch das ist nicht das Schlimmste.

Das Kommandogehirn der LIBERATOR erklärt, es könne die Posi­tion nicht bestimmen. Ja, es seien zwar auf den Schirmen Ster­ne und Galaxien zu erkennen, sie ließen sich aber ortungstech­nisch nicht erfassen. Das entropische Niveau ist auf Null. Funk­kontakt mit MONOLITH besteht nicht.

Oki Stanwer und seine Helfer des Lichts schauen sich bestürzt an, und ihnen wird schnell bewusst, dass sie sich in einer ver­heerenden Situation befinden. Der WÄCHTER bestätigt das: Sie befinden sich quasi am Anfang der Schöpfungszeit – vier Milliar­den Jahre tief in der Vergangenheit. Dies ist ein Ort des Kosmos, an dem die Baumeister ihren Namen verdienen – sie „bauen“ das Universum, realisieren es aufgrund der universalen Matrix, versehen es daraufhin mit Naturgesetzen, sie „normieren“ es, wie es heißt.

Und dieses Universum, in dem sie sich nun befinden, ist unfer­tig. Es gibt noch keinen Hyperraum. Der Antrieb der LIBERATOR ist daher imstande, millionenfache Lichtgeschwindigkeit im Nor­malraum zu erreichen, weil es weder das Hyperraum-Medium gibt noch so etwas wie die sonst zerstörerische Molekularrei­bung.

Sie nehmen konsterniert Kurs auf die Milchstraße, die man nur normaloptisch erreichen kann, die funktechnisch aber völlig tot ist. Sie sind, wie Oki und seine Freunde schockiert begreifen müssen, hier in diesem riesigen Universum zu dieser Zeit völlig alleine, absolut auf sich gestellt.

Ihr Ziel muss es nun sein, die Baumeister zu finden – und so ist sind ihre ersten Flugziele die Positionen von Kegelwelten der Baumeister, die im Bordrechner gespeichert sind. Denn ihnen wird schnell klar: Wenn sie die Baumeister nicht finden, sind sie so gut wie tot.

Während des Fluges in Richtung Milchstraße schreckt Oki Stan­wer aus dem Schlaf. Irgendetwas, hat er das Gefühl, hat sich an Bord des Schiffes minimal verändert … und das Kommandoge­hirn stimmt ihm wenig später zu: Es hat einen minimalen primärenergetischen Impuls an Bord gegeben, in der Kabine des WÄCHTERS.

Klivies Kleines und Oki Stanwer machen sich umgehend auf den Weg dorthin. Vielleicht gelingt es ihnen nun, wenigstens eines der Geheimnisse des verschlossenen Helfers des Lichts zu lüf­ten …

Episode 85: Pfadfinder in der Urzeit

(1996, digitalisiert 2023)

Fortsetzung der Oki Stanwer-Handlungsschiene:

Der Anfang der Episode spielt in der sehr fernen Zukunft. Milliar­den Jahre fern treffen sich in einer unbeschreiblich fremdartigen Welt ein bizarres, leuchtendes Lichtwesen und ein glühender, quasi-humanoider Schemen und diskutieren über Zeitmanipula­tionen und etwas, was „Spurwechsel“ genannt wird und die Schöpfung erhalten soll. Wenn dies nicht gelinge, sagt einer der Partner, „dann sei der KONFLIKT wirklich beendet. Ohne Sieger. Und ohne Überlebende.“

Wahrlich: düstere Aussichten. Aber was hat das mit der Hand­lungszeit des KONFLIKTS 16 zu tun? Dorthin, rund 4 Milliarden Jahre vor KONFLIKT-Gegenwart, hat es bekanntlich Oki Stanwers LIBERATOR verschlagen. Und hier bekommt der WÄCHTER wäh­rend des Fluges in die Milchstraße Kontakt mit einem humanoi­den Schemenwesen, das geradewegs aus der Wandung seines Quartiers herauswächst.

Er kennt das Wesen – es ist der PROPHET, eine legendäre, mys­tische Gestalt, die im 14. KONFLIKT einmal behauptet hat, über­all da, wo die Matrix sei, da befände auch er sich (vgl. dazu KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ in den frühe­ren Close Up-Beiträgen!). Er ist der Urheber der „Schleife“, in der der WÄCHTER steckt, und sie scheint sich immer noch gra­duell zu verändern. Er diskutiert mit dem WÄCHTER, beharrt aber darauf, dass er weiterhin seinem Schicksal nicht auswei­chen könne und die „Schleife“ Bestand haben müsse. Und er solle froh sein, dass er aufgrund der „Schleife“ die „RANTALON-Zeit“ nicht erleben müsse. Darüber solle er froh sein.

Als Oki Stanwer und Kleines in den Raum des WÄCHTERS stür­men, hat sich der PROPHET wieder zurückgezogen. Der WÄCH­TER gibt freimütig zu, dass dieser ihn besucht hat. Mehr sagt er dazu nicht.

Die Fahrt in die Galaxis wird fortgesetzt, und die Ungeheuerlich­keiten nehmen zu: Die Galaxis scheint kein eigenes Gravitati­onsfeld zu haben. Sonnen lassen sich nur optisch anmessen, Abstände lediglich schätzen. Der Funkäther ist gespenstisch tot, selbst das Wasserstoffrauschen scheint nicht zu existieren. Die ganze Umwelt wirkt wie eine phantomartige Kulisse und ver­stört die Reisenden nicht eben wenig.

Das erste angesteuerte Sonnensystem ist noch bizarrer: Die hiesigen Planeten bilden eine verrückte Kugelschale, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen. Planetenoberflächen sind dabei, sich geradezu vor ihren Augen von innen nach außen zu entwickeln, wobei gigantische Leuchtstrukturen sie zu „weben“ scheinen.

Oki Stanwer kommt spontan ein Begriff in den Sinn: Schöp­fungshelfer. Irgendwann, entsinnt er sich, hat er von solchen Wesen schon Kenntnis gehabt … energetische Maschinen der Baumeister, die sie beim Schöpfungsprozess unterstützen. Klei­nes und er vermuten, dass es hiervon überall im Kosmos unzäh­lige Billiarden geben muss, die unablässig im Schöpfungspro­zess sind. Aber es zutiefst unheimlich, sie bei der Arbeit zu se­hen.

Verunsichert steuern sie die Kegelwelten-Positionen mühsam an – das Navigieren in dieser archaischen Proto-Milchstraße ist äu­ßerst kompliziert, und ohne das Baumeister-Kommandogehirn der LIBERATOR wären sie restlos verloren.

Die Kegelwelten erweisen sich samt und sonders als noch nicht existent bzw. noch urwüchsig und unverändert. Das gilt auch für den Planeten Rhytekon-5 (vgl. dazu die 30er-Bände der Serie), auf der Thor Gordenbeyl in der fernen Zukunft auf die entarte­ten CROMOS stieß.

Schließlich sind die Galaktiker an Bord der LIBERATOR so dünn­häutig und entnervt, dass sie beschließen, ein letztes Reiseziel anzusteuern: RANTALON selbst!

Während sie nervös die Reise dorthin beginnen, wird weit von den galaktischen Grenzen entfernt ein Baumeister in seinem EXIL von den SENSOREN geweckt: es sei eine Zeitanomalie an­gemessen worden, nahe dem Haupt-KONFLIKT-Quadranten. Un­willig macht sich der Baumeister auf den Weg dorthin. Und er hat eigentlich nur ein Ziel: die Zeitverbrecher zu stellen, zu be­strafen und zu vernichten! Denn Baumeister HASSEN Zeitexpe­rimente …!

Während Oki Stanwer also RANTALON ansteuert und hofft, Bau­meister zu treffen, kann es sehr gut sein, dass dieser Baumeis­ter-Kontakt das Letzte ist, was er in seinem Leben erfährt …

Ihr merkt: Die Lage ist überaus kritisch. Wie es in der tiefen Ver­gangenheit weitergeht, erfahrt ihr im nächsten Teil dieser Arti­kelserie. In der kommenden Woche besuchen wir dagegen wie­der den tropischen Archipel und begeben uns in ein sehr beson­deres Kloster.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.