Blogartikel 513: Langzeitprojekte 4 – Raubgut

Posted Juni 4th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

das heutige Projekt, an dem ich seit vielen Jahren mit großen Abständen arbeite und das daher zu den Langzeitbaustellen oder Langzeitprojekten zählt, kommt diesmal wieder aus dem Dunstkreis des tropischen Archipels.

Wer länger meinem Blog folgt, wird wissen, dass ich den Archi­pel als Weltkonzept um das Jahr 1997 entdeckte und zuneh­mend im Rahmen von mehrhundertseitigen Romanen erforsch­te, bis ich dann anno 2000 mit dem dritten solchen Projekt, „Christinas Schicksal“, die magische Grenze von tausend Manuskriptseiten überquerte, die seither irgendwie fast normal für ausufernde Archipelromane geworden ist.

Ich konzentrierte mich aus begreiflichen Gründen mehrheitlich auf die tropische Inselwelt des Archipels und war mir stets be­wusst, dass natürlich der Südkontinent mit seiner über viele Jahrhunderte zurück reichenden Adelskultur ebenfalls ein rei­cher Handlungsschauplatz sein würde. Doch irgendwie ergab es sich einfach nicht, hier allzu viel Bildblenden sichtbar zu ma­chen. Also simmerte gewissermaßen der Südkontinent-Hinter­grund immer so beiläufig mit, wurde in Andeutungen oder den Erzählungen alter Exilanten, die in der jungen Metropole As­maar-Len ihren Lebensabend beschlossen, sichtbar.

Meist war diesen Reminiszenzen eine gewisse schmerzliche Me­lancholie zu eigen. Die exilierten Adeligen trauerten der stolzen Hochkultur in der alten Nation Gorronien nach, die dort im Sü­den des Kontinents aufgeblüht war. Sie sehnten sich immer wie­der zurück nach den Wallfahrten zum Lichtgott-Heiligtum im Hochland von Cooriday … und mir war immer deutlicher klar, dass ich langfristig nicht umhin kommen würde, mich darum zu kümmern.

Dennoch überraschte es mich, dass sich dieser Pfad gewisser­maßen auf einem Umweg für mich als gangbar erwies. Er führte über eine interessante Nebenperson in einer noch nicht veröf­fentlichten Archipel-Geschichte. Und ja, sie war ein Seitenpfad meiner ausufernden Rhonda-Romane.

Im Geschlechterturm des Vollash-Clans in Asmaar-Len lebt anno 871 Archipelzeitrechnung, also zu der Zeit, zu der das Mädchen Rhonda allmählich in der Archipelmetropole bekannt zu werden beginnt, eine 62jährige Frau, die mit einem der Vollash-Brüder verheiratet ist. Von der attraktiven Lieblingssklavin Angela, die dem jüngsten Vollash-Spross Fensai gehört, wird sie „Tante Lisa“ gerufen. Ich ahnte damals schon nach den Andeutungen, die in dieser Story „Ein Rätsel namens Rhonda“ (2005) gemacht wurden, dass Lisa nicht auf normalem Weg nach Asmaar-Len gelangt war.

Was es genau mit ihr auf sich hatte, ahnte ich indes nicht …

Das ging solange so, bis ich am 8. Mai 2010 mich auf einmal in einer Szenenblende mitten in einem prachtvollen Palastgarten auf dem Südkontinent wieder fand. Aber ehe ich davon weiter spreche, möchte ich kurz skizzieren, wie weit diese Geschichte inzwischen gediehen ist.

Von diesem 8. Mai 2010 bis zum 8. März 2022 erreichte die im­mer noch sehr skizzenhafte Geschichte insgesamt 37 Seiten Umfang. Damit hat sie genau genommen noch nicht einmal das Volumen einer bescheidenen Novelle erreicht … aber das hat wesentlich damit zu tun, dass dies nur die Rahmenstrukturen sind, unterbrochen von einigen weiter ausgearbeiteten Szenen­blenden.

Man kann also sagen, dass ich gerade mal das Skelett der Ge­schichte erfasst habe, dies aber nahezu zur Gänze. Ihr könntet nun fragen, was mich denn daran hindert, die Geschichte ein­fach flüssig herunterzuschreiben und in kurzer Zeit fertigzustel­len. Nun, wie bei den meisten Langzeitprojekten ist das gar nicht so einfach zu erklären.

Ich denke, sehr wesentlich trägt zu den Verzögerungsmomenten bei, dass so viele wichtige Personen darin zum Vorschein kom­men. Wir haben Auftritte des reichlich brutalen Ghannoy Vol­lash, seinem nicht minder hitzigen Bruder Thalwash Vollash, ich werde im späteren Verlauf der Geschichte Ghannoys Kinder the­matisieren müssen, also Fensai Vollash – der in der Handlungs­gegenwart der Rhonda-Romane der Regent von Asmaar-Len ist – sowie seine beiden Schwestern Melissa Vollash und Lisa Vol­lash, die beide zentral in das Verschwörungsgeschehen des ak­tuellen Rhonda-Romans „Rhondas Aufstieg“ und hier in das Drama des „Verrätersommers“ involviert sind.

Außerdem treten auf: der legendäre Archipel-Baumeister An­taganash und das Orakel der Göttin Neeli, die nicht minder le­gendäre Priesterin Surinya von Len. Ich werde deutlich mehr über das frühe Asmaar-Len schreiben müssen, das ich bislang nur in vagen Umrissen sehen kann (wenn auch, zugegeben, kla­rer jetzt nach der Fertigstellung des Romans „Antaganashs Abenteuer“, 2010). Dass die Beendigung des eben erwähnten Romans wesentlichen Anteil daran hatte, dass für die obige Ge­schichte der Bilderfluss sich verstärkte, ist nicht zu leugnen.

Doch kehren wir zur eigentlichen Geschichte „Raubgut“ zu­rück. Was ist dieses Raubgut? Nun, es ist relativ auf der Hand liegend, denke ich: Es handelt sich um die weiter oben erwähn­te nachmalige Tante Lisa. Aber wie fing das alles eigentlich an? Um das zu verstehen, müssen wir in diesen Adelsgarten zurück­kehren … ins Königreich Gorronien auf dem Südkontinent.

Wir befinden uns im Jahre 829 Archipelzeitrechnung, und der Adelsgarten des Clans derer von Sannasaar liegt am Rande der alten Kapitale von Gorronien, Olosheen. Hier wächst die stolze, junge und bildschöne Adelstochter Lisa Gräfin von Sannasaar heran. Wie viele schöne und stolze Töchter ist sie im Glauben des Lichtgottes erzogen worden und fest davon überzeugt, dass dereinst ihr Vater ihre Ehe mit einem standesgemäßen Partner arrangieren wird. Liebeshochzeiten sind im Grunde genommen höchst seltene Phänomene in jener Zeit und jener Gesellschaft – ein wenig wie bei den Adelsfamilien des europäischen Mittelal­ters.

Bei einem der vielen Gartenfeste trifft Lisa zufällig einen Mann niederen Adels, der sehr von ihr fasziniert zu sein scheint, was ihr natürlich schmeichelt. Aber schon ein schlichtes Gespräch zeigt ihr überdeutlich, dass es ihm sowohl an Manieren mangelt wie an dem, worauf ihr Vater Wert legt – einem relevanten Rückhalt in einer angesehenen Adelsfamilie.

Thalwash Vollash ist vielleicht ein attraktiver Kerl, aber er ist un­glaublich von sich eingenommen und eingebildet. Und so weist sie seine anzüglichen Absichten kühl und bestimmt zurück. Er ist in ihren Augen ein kleiner Krauter und definitiv nicht heirats­fähig.

Lisa ist nicht klar, dass sie mit dieser nicht einmal allzu diploma­tischen Zurückweisung einen verheerenden Fehler begeht. Denn Thalwash Vollash ist nun einmal sehr empfindlich, und ein Hinweis auf seine eher bescheidene Abstammung, und dann noch von einer hochherzigen, schönen Frau aus edlem Hause, das verträgt sein Ego gar nicht.

Dennoch vergeht das Fest ohne weitere Zwischenfälle … aber als Lisa bald danach morgens einen Spaziergang im häuslichen Gartenareal macht, wird sie zum unfasslichen Entsetzen auf ein­mal in die Büsche gerissen, gefesselt und geknebelt … und dann in einen Laubsack gesteckt und kurzerhand von ihrem Grund und Boden verschleppt!

Schließlich erweist sich ihr Entführer, der sie in einem weitab gelegenen Haus in der Einöde aus ihrem transportablen Gefäng­nis befreit, als niemand Geringerer als Thalwash Vollash … aber statt auf ihren wütenden Protest zu hören und ihre zornigen Vor­haltungen, die wahrhaftig berechtigt sind, gescheit mit anzuhö­ren, gehen die Ungeheuerlichkeiten und Demütigungen weiter.

Er macht sich nun einen genüsslichen Spaß daraus, ihre kostba­re Kleidung in Fetzen zu schneiden, um sich seinen „Fang“, wie er es nennt, genauer zu besehen. Und das bedeutet: völlig nackt! Lisa, gefesselt und wehrlos, wie sie ist, vor Schock wie gelähmt und bald auch tränenüberströmt, vermag sich dagegen nicht zur Wehr zu setzen.

Als Thalwash sie dann vergewaltigt, stürzt für Lisa die Welt voll­ends ein … denn die Jungfernschaft ist das kostbarste Pfand, das ein Adelsmädchen in die Ehe einbringen kann … und so ent­ehrt, das ist ihr klar, ist ihr Schicksal vollständig vernichtet.

Schrecklicherweise erweist sich Thalwash Vollash nach anfängli­cher derber Geilheit als ein durchaus leidenschaftlicher und ta­lentierter Liebhaber, der Lisas Körper zu entflammen versteht, auch wenn sie ansonsten vor Scham im Boden versinken könn­te. Es kommt ihr völlig falsch vor, dass diese unmoralische Situation ihr auch noch sinnliche Wonne bereitet, aber leider kann sie nicht gut leugnen, dass es sich genauso verhält.

Dass Thalwash sein „Raubgut“ kurzerhand zur dauernden Nacktheit zwingt und sie täglich seinem schier unersättlichen Sexdurst unterwirft, kann Lisa nur noch erdulden. Sie fühlt sich ja ohnehin inzwischen wertlos und ahnt, dass ihr Vater, der si­cherlich nach ihr sucht, nach Offenlegung der Fakten sie nur verstoßen würde. Thalwash Vollash, dieses Vieh, hat ihr Leben zerstört …

Leider muss sie entdecken, dass das noch nicht das Schlimmste ist, was ihr widerfährt. Denn der erste, der das Lustversteck der beiden ausfindig macht, ist nicht Lisas Vater, sondern Thalwashs Bruder Ghannoy … und nackt am Bett angebunden wird sie nun verstört Zeugin davon, wie die Brüder sich streiten. Und Ghannoy vertritt allen Ernstes die Ansicht, es sei das Beste, „das Hurenweib“ (mit dem SIE gemeint ist!) kurzerhand umzu­bringen und in einem See zu versenken, um die Spuren des Ver­brechens zu vertuschen, und dann das Weite zu suchen.

Davon will nun wieder Thalwash nichts wissen, der ihren Körper genießen gelernt hat … und in der Folge wird er gezwungen, Gorronien mit seiner verstörten Geisel auf dem Seeweg zu ver­lassen. Sie sollen sich zum Invashin-Archipel begeben und von dort aus nach Asmaar-Len, denn es ist evident, dass der Boden in Gorronien viel zu heiß für sie geworden ist. Thalwash droht ohne Frage die Todesstrafe, wenn sein Verbrechen ans Licht kommt. Also sei es besser, Lisa und er würden kurzerhand in den Norden, also in die tropische Archipelwelt, aufbrechen und ihre Spuren verwischen.

So kommt es dann auch, und nach wochenlanger Seereise lan­den sie schließlich auf der großen Archipel-Insel Coorin-Yaan, wo die Vollash dabei sind, im entstehenden Asmaar-Len sich eine neue Existenz aufzubauen.

Das könnte es jetzt eigentlich gewesen sein … aber eines Tages ist da ein rätselhafter, braungebrannter und attraktiver junger Fremder, der durch Lisas vergittertes Fenster hineinschaut und sehr angetan ist von der jungen Schönheit, die Thalwash in ste­ter Nacktheit hält.

Es ist ein Mann mit dem Namen Antaganash. Und er erzählt der Hohepriesterin der Göttin Neeli, Surinya von Len, von diesem Mädchen, das gegen seinen Willen als Sklavin bei Thalwash Vol­lash festgehalten wird.

Auf einmal werden die Dinge ziemlich kompliziert, und der arro­gante Entführer hat eine unglaubliche Entscheidung zu fällen, die ihm überhaupt nicht schmeckt …

Wie gesagt – die Geschichte ist in den Grundzügen von Anfang bis Ende schon durchgeplant. Es fehlen freilich noch jede Menge Dialoge, unzählige Szenenblenden, Berge von Umgebungsbe­schreibungen und Handlungsdetails. Die Lebensläufe der Prot­agonisten, soweit ich sie bislang kenne, müssen hier fein abge­stimmt werden. Weitere Details zu ihrem Leben und ihrer Ent­wicklung sind einzuarbeiten.

Das kann noch ziemlich lange dauern, bis ich hierzu komme. Dass es mir ein enormes Vergnügen bereiten wird, ist unbe­streitbar. Doch viele Dinge sind zum momentanen Zeitpunkt einfach zu nebelhaft, um den präzisen Weg Schritt für Schritt planen zu können.

Im Invashin-Archipel, beispielsweise, wo der Entführer und sein „Raubgut“ Station machen, habe ich mich zuletzt im Jahre 682 Archipelzeitrechnung aufgehalten, also rund 150 Jahre zuvor (im Roman Eine Adelige auf der Flucht“, an dem ich von 2000-2010 bis zur Fertigstellung schrieb). Was dort seither passiert ist, kann ich beim besten Willen noch nicht sagen, und ich möchte ungern die dortigen Geschehnisse durch diesen Roman hier gewissermaßen präjudizieren.

Auch wäre es von Nutzen, erst mal etwas mehr Informationen über die Geografie von Gorronien zu sammeln. Immerhin taucht in der Geschichte ja ein Netz von Kanälen und Windmühlen auf, es geht um befreite Sklaven und die Seefahrt rund um Olos­heen. Und dann ist es vonnöten, dass ich auch mehr über den jungen Antaganash und seine Kontakte zur Priesterin Surinya eruiere, ehe ich hier in die vollständige Umsetzung der Ge­schichte einsteige.

Ihr seht … auch wenn ich an der Geschichte, die mutmaßlich wenigstens Novellenformat erreichen wird, schon seit rund zwölf Jahren schreibe, kann man doch nicht behaupten, ich hät­te sie schon gründlich durchdacht.

Es ist darum wahrscheinlich, dass sie noch eine ganze Weile ein Langzeitprojekt im Entwicklungsstadium bleiben wird. Ihr könnt das dann beizeiten in den „Work in Progress“-Blogartikeln weiter verfolgen.

Damit möchte ich für heute schließen. Vielen Dank für euer In­teresse, wir lesen uns in einer Woche an dieser Stelle wieder.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 406: Ilium (1)

Posted Mai 31st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wenn man als Historiker eine Rezension über ein Werk schreibt, das ganz wesentlich auf ein historisches Werk zurückgeht und dieses gewissermaßen zeitgenössisch-phantastisch neu struktu­riert, choreografiert und interpretiert, dann wäre es vielleicht sinnvoll, sich zunächst das Original anzuschauen, um sich zu orientieren. In diesem Fall hieße das: Man lese die Geschichte des Trojanischen Krieges, wie ihn der greise Dichter Homer schätzungsweise im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, also vor wenigstens 2700 realen Jahren in der „Ilias“ nieder­schrieb.

Habe ich das damals getan? Nein.

Hätte ich es tun können? Ja. Denn mir war zwei Jahre vor Abfas­sung der unten vorgestellten Rezension, d. h. im Jahre 2002, eine schöne alte gebundene Ausgabe von Homers Werken ge­schenkt worden (in winziger Frakturschrift und, der Widmung darin, die aus dem Jahre 1906 stammt, schon ziemlich sicher rund 100 Jahre alt).

Seit geraumer Zeit bin ich nun dabei, mich durch den Trojani­schen Krieg Homers zu lesen, und ich bin auch schon im Fünf­zehnten Gesang angekommen … aber das ist so harter Stoff, dass ich selten mehr als zwei bis drei Seiten in der Woche vor­ankomme.

Warum schicke ich diese Bemerkung voran? Nun, bei der Lektü­re des Buches von Dan Simmons erwähne ich beiläufig die vie­len schrecklich detaillierten Metzeleien auf dem Schlachtfeld vor Ilion … und es ist ein wenig beunruhigend für mich als Zeithisto­riker, bei Homers Lektüre entdecken zu müssen, dass diese De­tails alle bei ihm schon vorkommen. Da werden Speere in Kör­per getrieben, Gedärme herausgerissen, Schädel zertrümmert und so weiter … das kann manche Horrorgeschichte in den Schatten stellen und ist bisweilen wirklich sehr schwer verdau­lich. Was ich daran als Historiker bedenklich finde, ist dies: Die Homerischen Werke waren im 19. und frühen 20. Jahrhundert Gymnasial-Lesestoff. Die Schüler wuchsen also mit den grauen­haften Metzeleien und Schlachtfeldszenen auf und fanden sie offenkundig recht normal … wenn man dann überlegt, dass die Gymnasiasten jener Jahre sich jahrelang auf den Schlachtfel­dern des Ersten wie Zweiten Weltkriegs auf sehr ähnliche (nur viel modernere und effektivere) Weise niedermetzelten, dann sollte uns das doch sehr zu denken geben.

Ich bin jedenfalls heilfroh, in der Schule mit Homers Werken nicht mehr zwangsweise beglückt worden zu sein. Wer kann sa­gen, was dann für eine Art von Mensch aus mir geworden wäre.

Und was nun Dan Simmons‘ Interpretation des Ganzen angeht … die nimmt in gewisser Weise aufgrund der schieren Bizarrie ihrer Darstellung den verbissenen, mörderischen Ernst aus der Story heraus. Was nicht bedeuten soll, dass sie übermäßig wit­zig oder weniger blutig oder grausam ist, das widerspräche zweifellos seinem Handlungskonzept. Aber die phantastischen Elemente verschieben den Realitätsfokus der Darstellung sehr ordentlich.

Gleichwohl ist ein Werk herausgekommen, das sich durchaus auch mit nur oberflächlicher Kenntnis der Homerischen Epen le­sen und verstehen lässt. Freilich – wer die Ilias gelesen hat, hat hier einen klaren Wettbewerbsvorteil. Aber zugleich bedeutet das nicht, dass ihr wirklich auf das Abenteuer vorbereitet seid, was euch erwartet.

Neugierig geworden? Gut so. Dann schaut euch das mal im De­tail an:

Ilium

(OT: Ilium)

von Dan Simmons

Heyne 8320, Juli 2004

832 Seiten, Paperback

Kosten: 15.00 Euro

Übersetzt von Peter Robert

ISBN 3-453-87898-1

Fürwahr, die Götter haben einen seltsamen Humor. Und dann nicht mal die eigenen!

Der einstige Professor Thomas Hockenberry, Homer-Experte und leider an Krebs verstorben, findet sich nach seinem Tod keines­wegs im Jenseits wieder, sondern auf dem Götterberg Olymp, wo ihn Zeus, Athene, Aphrodite & Co. aus unerfindlichen Grün­den auserwählt haben, als göttlicher Kriegsberichterstatter (KBE) von einem Schlachtfeld zu berichten. Er wird zusammen mit weiteren Wiederauferstandenen, aufgerüstet mit Hightech und der Fähigkeit der Quantenteleportation, hinabgeschickt zur Ebene von Ilium, um über den zehnjährigen Trojanischen Krieg zu berichten.

Im zehnten Jahr seiner Berichterstattung, als er der Dienstältes­te der KBE ist, fallen ihm in Homers Bericht, den er – im Gegen­satz zu den Göttern! Zeus vielleicht ausgenommen – gut im Kopf hat, Unregelmäßigkeiten auf. Anfangs nur Kleinigkeiten, aber das steigert sich bald und weckt sein Misstrauen: Befindet er sich tatsächlich im Jahre 1200 vor Christus in Kleinasien, oder berichtet er womöglich aus dem falschen Krieg? Hat Homer die Unwahrheit gesagt oder verhält es sich noch ganz anders?

Wüsste Hockenberry, dass der Trojanische Krieg andernorts neu­gierig von einer Schar gelangweilter Müßiggänger auf einer scheinbar paradiesischen Erde verfolgt wird – via sogenannter „Turin-Tücher“ – , würde sein Misstrauen bestärkt, doch davon weiß nur der Leser.

Diese zweite Handlungsebene mutet auf den ersten Blick idyl­lisch an: In dieser Welt leben Menschen, die nichts zu tun haben und sich ein Leben lang dem Müßiggang hingeben, bedient von Servitoren, kleinen Robotern, und bewacht von so genannten Voynixen, stummen Wesen, die zu Aberhunderten die Anwesen beaufsichtigen und wie kleine rostige Skulpturen wirken, die seltsam insektoid scheinen. Doch das Idyll hat verstörende Ris­se: Die Menschen können weder lesen noch schreiben, sie ver­fügen über keinerlei Kunst, keine Geschichte, leben einfach nur so in den Tag hinein, und alle zwanzig Jahre werden sie über die so genannten Faxportale (quasi Transmitter), die ihre Enklaven verbinden, die über die Erde verstreut liegen, zur „Klinik“ in ei­nem der beiden Orbitalringe um den Planeten geschickt. Und nach dem fünften Zwanziger sind sie alle tot.

Merkwürdig? Das ist nur der Anfang.

In den Wäldern um die kleinen Anwesen leben so nette Kreatu­ren wie Allosaurier und Tyrannosaurier oder Terrorvögel. Da ist es doch nur gut zu wissen, dass man, solange man in der Nähe eines Faxknotens stirbt, von der Klinik neugeschaffen werden kann, nicht wahr? Als aber ein paar der degenerierten Men­schen neugierig werden und sich auf die Suche nach Savi, der „Ewigen Jüdin“ machen, die angeblich beim „letzten Fax“ vor 1400 Jahren von den Nachmenschen – die in den Ringen leben sollen – vergessen worden ist, müssen sie entdecken, dass es noch ganz andere Dinge gibt als das Anwesen Ardis Hall und die Kraterstadt Paris am Schädelfluss. Harman und Daeman, zwei sehr gegensätzliche Abenteurer, müssen an Savis Seite in der Ruinenstadt Jerusalem entdecken, dass die Voynixe unerbittli­che Feinde sind. Dass das Mittelmeerbecken trockengelegt wur­de und sich darin das Königreich eines unheimlichen Wesens namens Prospero befindet, das ebenfalls noch über schreckliche Diener verfügt.

Und um den Leser vollends in die Verwirrung zu stürzen, exis­tiert noch eine dritte Handlungsebene, die nun SF pur ist und auf dem Jupitermond Europa beginnt. Hier besteht auf verschie­denen Monden eine vielfältige Hightech-Kultur von selbstbe­wussten KI, die sich nach einem Kybernetiker des Untergegan­genen Zeitalters Moravec nennen und das Wissen der alten Menschen hochhalten, mit denen sie bereits vor weit über 1000 Jahren den Kontakt verloren haben. Aus unklaren Gründen wur­den die Moravec einstmals hier angesiedelt, und nun messen sie systembedrohende Quantenfluktuationen auf dem inzwi­schen terrageformten Mars an, die sie sich nicht erklären kön­nen.

Eine Expedition wird auf den Weg geschickt, bestehend aus vier völlig unterschiedlichen Personen, insbesondere aus dem euro­paschen U-Boot-Kommandanten Mahnmut und dem wie eine acht Meter große, gepanzerte Riesenkrabbe wirkenden Io-Mora­vec Orphu. Alleine die Szene, wie sie mit dem U-Boot (!) Dark Lady auf dem Mars notlanden müssen, ist den Kauf des Buches wert.

Der Mars, müssen die Expeditionsteilnehmer erkennen, zeigt eine Reihe seltsamer Eigenheiten. So werden auf Funkbildern etwa gewaltige Mengen von riesenhaften Steingesichtern er­kennbar, die sich an den Wasserflächen des Mars entlangzie­hen. Offenbar ist die Marsbevölkerung dabei, Millionen von Os­terinsel-Monumenten aufzustellen. Der Zweck ist unklar. Und als die Roboter schließlich mit fliegenden Streitwagen konfrontiert werden, auf denen griechische Götter stehen, ist das auch absolut zweitrangig. Bald wird auf allen drei Handlungsebenen erbittert ums Überleben gekämpft …

Mit dem Roman „Ilium“ legt Dan Simmons nach Jahren des Schweigens wieder einmal einen monumentalen Science Fiction-Roman vor, der von der Struktur an seine Vorgänger aus dem Hyperion-Endymion-Zyklus erinnert. Ein ganzes Knäuel von Rät­seln kristallisiert sich nur ganz allmählich heraus und schafft eine immer stärkere Neugierde im Leser, der eindringlich wissen möchte, wie diese Puzzlestücke, die ihm offeriert werden, sich zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen. Bis Ende des Bu­ches gelingt das noch nicht völlig, und das ist gut so!

Simmons hat sich gründlich in verschiedenste Ilias-Übersetzun­gen eingelesen und verkörpert den Ich-Erzähler Thomas Hockenberry auf brillante Weise. Infolgedessen wimmelt es natürlich von griechischen Namen, von griechischen Stadtstaaten, Herrschergeschlechtern und – das ist manchmal sehr deprimie­rend – von den Todesarten, die die einzelnen Krieger erleiden werden. So beobachtet Hockenberry etwa eine Schlachtaufstel­lung und sagt: Krieger XY steht da und dort, trägt das und je­nes, und in zwei Tagen um die Mittagsstunde wird er nach Homer von dem und dem Krieger der Trojaner auf dem Rückzug niedergemetzelt werden. Und das erzählt er von fast allen Leu­ten, die eine Rolle spielen.

Damit lernt der interessierte Leser in diesem Buch unendlich viel mehr über Homers Ilias als beispielsweise in Wolfgang Pe­tersens Haudrauf-Schmalspur-Epos „Troja“, in dem er das litera­rische Vorbild (wir reden hier NICHT von historischer Treue, denn die war ja schon bei Homer glattgebügelt) simplifiziert. Bei Pe­tersen erfährt niemand, was die Invasoren mit dem niedlichen Säugling machen, der im Film auftaucht. Dort gelingt ja Andro­mache (Hektors Frau) und dem Kind die Flucht. In Wahrheit wird der Säugling von den Stadtmauern Trojas in die Tiefe geschleu­dert. Bei Simmons erfährt man auch, wer das macht, und An­dromache wandert als Sklavin in die Fremde. Paris übrigens, der stirbt bei Homer wirklich, wie ich schon vermutet hatte – nein, in diesem Buch nicht, denn dort wird der Verlauf des Krieges drastisch verändert, aber Details verrate ich an dieser Stelle nicht. Das muss man lesen.

In „Ilium“ kann man ebenfalls nachlesen, welches Schicksal der achäische Feldherr Agamemnon erleidet, den Petersen ja im Film von Achilles meucheln lässt (er wird von seiner Frau Kly­temnästra in Griechenland ermordet; unmittelbar darauf bringt sie auch die versklavte Trojanerin Kassandra und ihre beiden, dem Agamemnon zwangsweise geborenen Kinder ebenfalls um) oder ein bisschen was über den „strahlenden Helden“ Achilles (bei Petersen: Brad Pitt) nachlesen, was einem Leser den Magen umdreht. Vergesst die Vorstellung, Achilles sei „sehr, sehr sexy“, wie mir eine Brieffreundin ihren Eindruck schilderte. Das ist ein kaltblütiger, durchaus psychopathischer Killer mit Freude am Töten.

Von dem smarten Odysseus sage ich nur soviel, dass sein Image bei mir stark gelitten hat (im Film fand ich ihn sympathisch), seit ich bei Simmons las, dass er erst mit seinem Gefährten den trojanischen Späher Dolon gefangen nahm, wie eine Zitrone ausquetschte und ins achäische Lager in Gefangenschaft führte, um ihm dann hinterrücks den Kopf abzuschlagen. Einen Kopf, der noch schrie, während er auf dem Boden herumrollte (laut Homer). Ein freundlicher Zeitgenosse, der Odysseus, also wirklich. Nicht kompatibel mit der Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen.

Allein die Ilium-Handlung und deren Detaildichte würde es rechtfertigen, das Buch zu loben. Die Detailtreue in Bezug auf Homer ist sagenhaft. Aber die Makrostruktur des Ganzen ist wichtiger. Und hier gilt es, Seitenpfade zu Marcel Prousts Meis­terwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ und zu den Sonetten von William Shakespeare und zum Shakespeareschen Gesamtwerk insgesamt zu öffnen.

Es ist nicht zwingend nötig, sich hier auszukennen, aber wer sich auskennt, der wird vermutlich noch einige Anspielungen mehr verstehen, als ich sie verstand. Auch kann es nicht scha­den, über Quantenphysik, Zeitreisen und Wurmlöcher ein biss­chen Vorwissen zu besitzen. Erzeugt wohliges Gruseln.

Am Ende des Werkes stehen drei Welten vor einem gewaltigen Krieg, der den vor den Mauern Iliums/Trojas weit in den Schat­ten stellen wird. Aber vieles ist nach wie vor unklar. Wer bei­spielsweise steckt hinter den rätselhaften Voynixen? Wer herrscht im Jupitergürtel? Auf welcher Welt steht Troja eigentlich (denn auf der realen Erde kann es nicht sein, da dort das Mittel­meer trockengelegt ist; und offensichtlich ist es keine Zeitreise, die man durchführt. Vielleicht aber doch? We don’t know)? Was befindet sich hinter dem Tor des Hades auf dem Olymp? Was genau steckt für eine Kraft und Geschichte hinter den griechi­schen Göttern? Wird es den Menschen auf der, wie ich sie mal nennen möchte, Voynixe-Erde gelingen, den blauen „Scheinwer­ferstrahl“ in Jerusalem zu öffnen und die darin gefangenen Men­schen zu befreien?

Es gibt so viele anregende Fragen. Selbst wenn sich letzten En­des im Folgeband „Olympos“ nicht herausstellen sollte, dass es einen chronologischen Zusammenhang mit dem Hyperion-Endy­mion-Kosmos gibt (wie ich Hunderte von Seiten felsenfest an­nahm!), selbst dann ist dies ein beeindruckendes, eigenständi­ges Werk sehr eigenwilligen Zuschnitts. Wer aufmerksam liest, wird auch ein eindringliches Plädoyer gegen den Verfall der Le­sekultur insbesondere bei jüngeren Menschen herauslesen kön­nen, was ich sehr gut fand. Hier ist besonders auf die blasierte Figur des Daeman zu achten.

Allenfalls etwas schade fand ich – der obligatorische Wermuts­tropfen – , dass es in der zweiten Hälfte des Buches manchmal etwas sehr „zügig“ wird, was auf Kosten der detaillierten Be­schreibung geht. Vielleicht liegt das aber auch an der Überset­zung und eventuellen Kürzungen. Ich habe es jedenfalls bedau­ert, dass das Werk nicht wie angekündigt 900 Seiten besaß. Die Seiten hätte ich noch genossen. Seufz.

Ansonsten, ihr Troja-Jünger und Dan-Simmons-Fans: kauft es euch. Es ist sein Geld wert!

© 2004/2022 by Uwe Lammers

Ihr merkt, die Handlung ist mächtig in Fahrt. Und weil das so ist und ich euch nicht ein paar Wochen lang auf die Folter spannen möchte, wird als Rezensions-Blog 407 in der kommenden Woche schon die Rezension des zweiten Teils von Dan Simmons‘ knall­buntem Abenteuer folgen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

also, der Monat September, um das gleich mal einleitend zu sa­gen, brachte in der Tat wie erwartet eine ordentliche Beschleu­nigung meiner kreativen Tätigkeit … indes auf einem Sektor, wo ich damit nicht so intensiv gerechnet hatte.

Welcher Sektor war das?

Die Serie „Horrorwelt“!

Ja, sicherlich, das fing alles schon im Vormonat an, wo das Re­sultat der Glossararbeiten zu verstärktem Sinnieren und Abfas­sen mehrerer neuer Episoden führte. Da hatte ich keine Ah­nung, was mich in diesem Monat erwartete. Der September schloss mit 22 fertigen Werken, aber ihr werdet vermutlich eu­ren Augen kaum trauen, wenn ihr seht, wie sich das verteilt. Schauen wir uns zunächst mal das „Traditionelle“ an, um da­nach ein wenig zum Außergewöhnlichen umzuschwenken.

So sah die kreative Ausbeute im September, bezogen auf den Oki Stanwer Mythos, den Archipel und das Erotic Empire aus, was hier üblicherweise referiert wird:

Blogartikel 508: Work in Progress, Part 117

13Neu 37: Das kopflose Skelett

13Neu 38: Der schwarze Rubin

(Grey Edition OSM)

Anmerkung: Das ist eigentlich ein ziemlich alter Plan, der mei­ner Erinnerung nach aus dem Jahr 2018 stammt. Längerfristig bei meinem Blog weilende Leser werden sich an die beiden „Grey Edition“-Bände des Terranischen Clubs Eden erinnern, die damals veröffentlicht wurden. Ihr Fokus lag auf dem Schnittbe­reich Erotik & Phantastik.

Nun, ich hatte noch zwei weitere Ideen für Grey Edition-Ausga­ben, nämlich eine zum OSM und eine zum Archipel. An der ers­ten habe ich in diesem Monat minimal weiter gefeilt. Ob sie je realisiert wird, steht freilich noch in den Sternen … aber man darf ja noch träumen, nicht wahr?

16Neu 27: Der schwarze Sektor

(16Neu 29: Sprung in die Feuerhölle)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(OSM-Wiki)

(13Neu 39: Blutiger Regen)

Blogartikel 504: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LI)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(13Neu 41: Das Anti-Stanwer-Team)

(13Neu 42: Verräter an der Menschheit)

Blogartikel 497: Zeit für das Grausen und Wundern – Hor­rorwelt wird fortgesetzt

(Carisha – Erotic Empire-Story)

(16Neu 33: Die Macht im Zentrum)

Ja, das sind lediglich 6 Titel von 22, das ist schon richtig, und davon entfallen auch noch 3 auf Blogartikel. Erhebt sich natür­lich die Frage: Was habe ich denn sonst noch so geschrieben?

Nun, mehrerlei. Zum einen las ich vier interessante Bücher, die ich rezensierte. Ein Rezensions-Blogartikel wurde fertig, außer­dem die Abschrift einer alten Weird Fiction-Story, an der ich noch alsbald feilen werde, um sie im Laufe dieses Jahres im Fan­zine „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) in generalrenovierter Form zu präsentieren. Und dann zählte ich selbstverständlich die redaktionelle Endarbeit am Fanzine BWA 469 wie immer ein.

Damit wären dann von den 16 unbekannten fertig gestellten Werken schon einmal 7 geklärt. Und die restlichen 8 Texte? Tja … ich konnte das selbst gar nicht glauben, aber die entfielen tatsächlich auf die „Horrorwelt“-Serie. Es fing an mit Band 183 „In den Blutdschungeln“, der war zu Beginn völlig rätselhaft … und während ich daran schrieb, tauchte auf einmal das „Juwe­lenmädchen“ auf, das kein Mädchen war … und als ich zum Ende kam, war mir klargeworden, dass die in den Blutdschun­geln nistenden Geistwesen einen ziemlich haarsträubenden Plan verfolgten (ich nehme ihn in Band 193 wieder auf). Genaueres dazu habe ich im Blogartikel 497 erzählt, den ich vor ein paar Wochen veröffentlichte. Ihn am 20. September zu schreiben, war absolut erforderlich.

Dort habe ich aber nur erzählt, wie weit es bis Band 189 ging. Inzwischen habe ich die Trilogie der Bände 190-192 auch schon fertig geschrieben, in denen es um den Hexendämon TOOWATA­ER und den Geisterfürsten Anawandaal von Salgoorin ging. Und es klärten sich eine Menge anderer wichtiger Dinge, die mit TOOWATAERS Vergangenheit, mit der Lebensgeschichte der Waldhexe Mira und ihrer Freundin Firona zu tun hatte, die be­kanntlich inzwischen die erste menschliche Königin der Feen ist.

Die Serienhandlung hat dermaßen Fahrt aufgenommen, dass ich kaum aus dem Schreibprozess herauskomme. Ständig tau­chen neue Titel und Bilder auf. Inzwischen ist die Handlung nebst den Titeln bis Band 199 durchgeplant, und ich sehe schon ein paar richtig fiese Handlungsdetails nach Band 200 … ich halte es zum gegenwärtigen Schreibzeitpunkt dieses Blogarti­kels (1. Oktober 2022) für äußerst realistisch, dass diese Bände bis Nummer 200 tatsächlich noch im Jahr 2022 geschrieben werden können.

Echt, ich staune über mich selbst. Das hätte ich nicht erwartet, als ich daran ging, die Serie zu digitalisieren … so einen innova­tiven Flow kann ein derartiger Schreibprozess auslösen. Finde ich famos.

Zwar gehe ich zurzeit davon aus, dass diese Stoßrichtung auch im Oktober im Wesentlichen beibehalten wird, aber die Volten meines Unterbewusstseins haben mich in diesem Jahr schon mehrmals zu erstaunlichen Kurskorrekturen genötigt … es bleibt also unbedingt spannend.

So hat sich dieser interessante Monat entwickelt. Die OSM-The­men blieben sehr stiefmütterlich, aber ich kann nicht behaup­ten, mit dem Schreibresultat der vergangenen 4 Wochen irgend­wie unzufrieden zu sein.

Ich bin gespannt, wie sich das im Oktober gestaltet, in dem ich viel durch Geburtstage, Freundschaftsbesuche, Events und Rei­sen abgelenkt sein werde. In einem Monat sind wir da alle schlauer.

In der nächsten Woche stelle ich euch das nächste Langzeitpro­jekt vor, das wieder aus dem Themenkreis des Archipels stammt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 405: Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

Posted Mai 24th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist echt nicht einfach mit Romanen, die klar auf Geschwindig­keit geschrieben sind und die im Wesentlichen mit einem vor­hersehbaren Arsenal an Komplikationen operieren. Wenn sie darüber hinaus noch gewisse schematische Protagonisten ver­wenden, die durchaus der Klischeekiste entstiegen sein könnten UND schließlich auch noch die Handlung tunnelblickartig veren­gen, dann kann das alles kein sehr behagliches Resultat hervor­bringen.

Im Fall des vorliegenden Zyklus, von dem ich heute den zweiten Teil vorstelle, kommt leider all das zusammen und wird zudem noch von einem reichlich instinktlosen Verlagsmarketing unter­stützt, das ich z. T. durchaus als eine Form von Antiwerbung verstehen könnte … die Autorin konnte mir anschließend beina­he leid tun. Denn ihre Hauptperson Sophia Rose ist eigentlich eine sehr sympathische.

Vielleicht gebt ihr dem Buch darum eine Chance und lest mal weiter:

Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

(OT: Where the Ivy Grows)

Von Susanna Quinn

Goldmann 48040

320 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48040-1

Aus dem Englischen von Andrea Brandl

Sophia Rose, angehende Schauspielschülerin an der Londoner Schauspielschule Ivy College, steckt in Schwierigkeiten, deren Dimensionen sie anfangs noch vollkommen unterschätzt – sie hat sich in ihren Lehrer, den charismatischen wie schwierigen Schauspieler Marc Blackwell verliebt. Zu ihrer Faszination erwi­dert Marc diese Liebe. Mehr noch – er ist verzaubert von Sophia, die sich darüber nicht genug wundern kann, kommt sie sich selbst doch eher durchschnittlich vor. Damit steht sie aber er­kennbar ziemlich allein da – Sophias wesentliches Problem, das in diesem Band immer deutlicher zum Vorschein kommt, be­steht in massiven Selbstzweifeln.

Zwar haben beide klar begriffen, dass es problematisch ist, eine erotische Lehrer-Schülerinnen-Beziehung zu führen, und in An­betracht von Marcs Ruf in der Presse, er sei ein Frauenheld und würde Liebschaften beginnen und wieder ablegen wie andere Leute gebrauchte Handtücher … dennoch können sie sich beide nicht gegen die Anziehung wehren. Zum Ende des ersten Ban­des entscheiden sich beide also dafür, das Wagnis einzugehen und die Beziehung nicht im Geheimen zu führen, sondern öf­fentlich zu machen. Leider ist die Presse in dieser Beziehung deutlich schneller.

Begreiflich, dass das zu Turbulenzen führt, und zwar auf ver­schiedenen Ebenen.

Sophia muss sich einmal mehr mit der glühenden Eifersucht ih­rer Mitschülerin Cecile Jefferson auseinandersetzen, die unver­froren mit der Presse Kontakt aufnimmt und Sophia als billiges Flittchen denunziert, das sich Marc aus rein karrieretechnischen und vielleicht sogar monetären Gründen an den Hals geworfen habe.

Dann macht Sophia die Bekanntschaft von Vertretern der Pres­se. Während Arabella Price vom Magazin „Gossip“ noch ver­gleichsweise moderat zu sein scheint, ist Giles Getty geradezu besessen davon, sie ans Tageslicht der Yellow Press zu zerren und ihren Ruf zu ruinieren. Erst mit Verspätung begreift Sophia, dass ein zentraler Grund dafür Gettys Hass auf Marc Blackwell ist, mit dem er eine gemeinsame Vergangenheit teilt. Aber wie weit Getty dafür gehen würde, ist beiden unklar – bis es fast zu spät ist.

Marc reagiert auf die Pressereaktionen, indem er nun versucht, seine junge Geliebte von der Außenwelt abzuschotten und so vor Schaden zu bewahren – das ist natürlich ebenfalls verkehrt, denn Sophia erdrückt diese rigide Abschottung schier, und sie setzt sich auf ihre Weise dagegen zur Wehr.

Die Situation beginnt zu eskalieren, als klar wird, dass Sophia ein Musical-Angebot offenkundig nur deswegen gemacht wird, weil sie mit Marc Blackwell zusammen ist und diese Verbindung mediale Aufmerksamkeit auf die Veranstaltung lenkt. Marc lehnt dieses Engagement umgehend ab, was zum heftigen Streit mit Sophia führt. Und sie nimmt hinter seinem Rücken das Engage­ment an und will ihre eigenen Schauspielerfahrungen sammeln.

Dummerweise ist der männliche Hauptdarsteller in dem Musical der charismatische Leo Falkirk. Und auch er beginnt nun ein Auge auf Sophia zu werfen …

Spätestens mit E. L. James sind kryptische Zweiworttitel bei ero­tischen Romanen bei Zyklen offensichtlich unvermeidbar gewor­den, so auch in dem vorliegenden Zyklus. Solche wohl vom Ver­lagsmarketing vorgegebenen Muster verzerren meist notwendig den Bezug des Titels zum Inhalt, und wenn man sich in diesem Fall Originaltitel und deutschen Titel anschaut, kann man wirk­lich nur den Kopf schütteln. Ganz zu schweigen davon, dass es doch auch intelligent gewesen wäre, statt Orchideen auf den Covern dieses Zyklus Efeu abzubilden – das hätte wenigstens von Sachverstand gezeugt. Aber so? Nein, derselbe Stumpfsinn wie bei „Shades of Grey“, „80 Days“ und Konsorten. Da hat sich wirklich jemand so überhaupt keine Mühe gegeben. Im Fall des vorliegenden Zyklus ist sogar die Farbwahl so fad und fins­ter, dass man als potenzieller Leser gründlich abgeschreckt wird. Durchaus bedauerlich – denn der Inhalt ist deutlich inter­essanter als die poppig-grellen „80 Days“, die sich durchweg durch ihre Oberflächlichkeit entwerten.

Ungeachtet dieser eher technischen Oberflächlichkeiten erweist sich der zweite Band der „Devoted“-Trilogie als ein interessan­tes, durchaus nettes Stück Lesestoff. Es liest sich mühelos in zwei Tagen, was primär der Kürze und der überlappenden Struk­tur der 109 Kapitel geschuldet ist, die diesen Roman untertei­len. Leider, und das stimmt bedenklich, ist der Roman deutlich kürzer als der erste (und der dritte wird dann noch einmal eine reduzierte Seitenzahl besitzen) – eigentlich das klare Indiz da­für, dass dem Stoff vor der Zeit die Puste ausgegangen ist.

Ich hoffe, das bewahrheitet sich nicht. In diesem Buch ist das al­lerdings schon ansatzweise zu spüren: Während ein wenig Licht in die doch dubiosen Reaktionen von Cecile gebracht wird, tre­ten neue Personen auf der Handlungsbühne auf, die freilich wie­der etwas stereotyp wirken, beispielsweise Davina Merrywea­ther, die das Musical „The Beauty and the Beast“ inszeniert. Ein klassischer „Drachen“, der primär auf Publicity schielt und So­phia nicht ausstehen kann.

Andere Personen – der Mitschüler Ryan vom College etwa, der im ersten Teil noch eine gewisse Rolle spielte – verschwinden ganz. Bis auf vier bis fünf Personen scheint das College generell völlig entvölkert zu sein, was doch einigermaßen unrealistisch ist. Statt also das Umfeld der Hauptpersonen zu stärken, wird hier primär auf Tunnelblick und Konfrontationskurs mit den Me­dien gesetzt. Daran mag viel Wahres sein, aber es wirkt ein bisschen gezwungen.

Nett sind dagegen die humanen Anwandlungen, die Sophia um­treiben und die immer wieder durchbrechen: Ihr unerschütterli­ches Mitgefühl mit anderen Menschen, hier etwa mit Marcs dro­gensüchtiger Schwester Annabelle, ihre Sehnsucht nach der Na­tur und der drängende Impuls, Gartenarbeit zu verrichten, wenn sie verwilderte Gärten sieht – oder Efeu „auf den richtigen Weg zu bringen“, wie sie es im Teil 1 tut, als sie in Marcs Gegenwart einen Baum vom Efeu befreit und diesen auf dem Boden aus­breitet … das ist einfach süß und trägt viel zur Sympathiebil­dung bei. Soph ist einfach ein Mensch, den man mögen muss. Und ganz so wie bei „Fifty Shades of Grey“ holt sie durch ihre Menschlichkeit und Mitgefühl den seelisch verfinsterten Marc Blackwell aus seinem emotionalen Kerker.

Dennoch … „Verbotene Leidenschaft“ ist doch ein etwas zu krasser Titel für das Buch. Wo der deutsche Titel zu absurd wirkt, ist der englische allerdings dann zu verspielt. Man sollte sich das Buch deshalb nicht des Titels wegen kaufen, sondern vielleicht eher, um die sympathische Sophia Rose kennen zu ler­nen, die es wirklich wert ist.

Ich bin daher wirklich mal gespannt, wie die Geschichte im drit­ten Band endet. Ach ja, und noch einen Hinweis zur Vorwar­nung: Lest nicht die letzte Seite vor der Zeit, das ist gefährlich. Und ihr wollt euch doch nicht den Lesespaß verderben, oder? Also hübsch geduldig sein und die Seiten in der richtigen Rei­henfolge lesen …!

© 2018 by Uwe Lammers

Ja, das klang nun wirklich nicht berauschend, zugegeben. Aber es gibt halt auch durchaus schwache Zyklen, die ich gelegent­lich bespreche … gewissermaßen für die Leserinnen und Leser, die einfach nur schlichte, flüchtige Unterhaltung suchen. Das ist hier schon der Fall, wenn man die Kritikpunkte oben ausblendet.

In der kommenden Woche werden wir SEHR viel gehaltvoller, das werdet ihr sehen. Denn da kümmern wir uns um eine äu­ßerst ungewöhnliche Neuinterpretation der Ilias des alten grie­chischen Dichters Homer. Nein, kein Scherz. Griechische Hel­den, der Trojanische Krieg, kleine grüne Männchen, Götter und Hightechwaffen … ihr werdet es erleben, und noch viel mehr.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 511: Seltsamkeiten in KONFLIKT 21

Posted Mai 21st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wer lange meinem Blog folgt, der hat sich sicherlich schon an die Benennung der einzelnen chronologisch aufeinander folgen­den Serien des Oki Stanwer Mythos gewöhnt. Und wenn das so ist, werdet ihr wissen, dass KONFLIKT 21 für die am 30. Januar 1988 begonnene Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ steht.

Vor wenigen Tagen – ich schreibe diese Zeilen am 12. Januar 2023, auch wenn sie erst im Mai veröffentlicht werden – habe ich den nächsten Meilenstein meines voluminösen Gesamt­werks fertig gestellt, Band 2150. Unter dem Titel „Die Tiefen­seele“ berichtete ich von dem vorläufigen Endpunkt der Aben­teuer einer kleinen Gruppe von Flüchtlingen, die im Halo der Galaxis Bytharg mit einer Schar von reptiloiden Gestaltwandlern aus dem Volk der Darassahuurer in die Tiefen einer bizarren Welt flüchteten, die man EWIGKEIT EINS nennt.

Die Verblüffung setzte tatsächlich erst ein, als ich bei dieser Epi­sode in der Zielgeraden eingeschwenkt war. Denn mir fiel auf einmal etwas auf, was ich wirklich verblüffend fand. Um das nä­her zu erläutern, muss ich ein kleines bisschen ausholen und mehrere Informationen voranschicken, sonst erzeugt dieser Arti­kel vermutlich nur Stirnrunzeln, und der wahre Grund für die Seltsamkeiten geht verloren.

Die vollen Hunderterbände und gelegentlich auch die 50er-Bän­de des OSM sind für mich schon seit langem Anlass, dann etwas Besonderes in Szene zu setzen. Meist handelt es sich dabei um zentrale Episoden, die wesentliche Informationen für die jeweili­ge Serienzukunft transportieren. Und ich achte eigentlich stets darauf, dass sich nicht unabsichtlich mehrere solchen Jubilä­umsbände in einer OSM-Serie ballen. Normalerweise klappt das gut.

Hier nicht.

Ebenfalls neige ich dazu, Romane aus diesem Raster auszublen­den. Will heißen, sie können for example die Episoden 2101-2149 als Ziffern tragen, aber eben nicht 2100 oder 2150. Und da ich zurzeit – seit etwa dem Jahr 2002, um genau zu sein – daran arbeite, die vormals rein analogen OSM-Episoden zu digi­talisieren, während vergleichsweise wenige „neue“ Bände ent­stehen, ist es einigermaßen schwierig, gezielt zu dem Moment, in dem ein solcher 50er- oder 100er-Band ansteht, anzuvisieren. Denn auch solche Digitalisate schließe ich von der „Jubiläums­position“ aus.

Folgerichtig lässt sich leicht vorstellen, dass der Augenblick, in dem ich eine solche neue „Jubiläumsepisode“ verfasse, zu einer gewissen Stockung im Schreibprozess führt. So war das jetzt auch mit Band 2150 des OSM.

Allerdings fand ich, dass „Die Tiefenseele“ sehr gut für diesen Anlass geeignet wäre, und ich schrieb sie dann in diesem Monat Januar 2023 fertig.

Kommen wir nun zu der eigentlichen Seltsamkeit: An der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL) habe ich in den letz­ten Jahren eher sehr zögerlich gearbeitet. Das erkennt man schon ganz simpel daran, dass der Anfang der genannten Episo­de aus dem Jahr 2013 stammt (kein Scherz!).

Schauen wir uns mal plakativ die jüngsten Episoden an und vor allen Dingen deren Fertigstellungsdaten:

FvL 39: Träume von TOTAM (2013)

FvL 40: Sinuu, die Rebellin (2012)

FvL 41: Aufstand der Totenköpfe (2012)

FvL 42: Bei den Bytharg-Rebellen (2019)

FvL 43: Rätsel von EWIGKEIT EINS (2020)

FvL 44: Die Tiefenseele (2023)

Ich denke, es ist offenkundig, dass sich die Schreibzeit dieser Episoden auf nicht weniger als 11 Jahre verteilte. Das hatte na­türlich Konsequenzen, und mit einer habe ich echt nicht gerech­net, weil mir ein wenig die Übersicht verloren gegangen ist. Schaut euch noch eine Liste an. Hier stelle ich die Episoden den jeweiligen OSM-Kennziffern gegenüber, die die Reihenfolge an­deuten, in der ich sie verfasst habe:

FvL 39: OSM 1650

FvL 40: OSM 1601

FvL 41: OSM 1604

FvL 42: OSM 1932

FvL 43: OSM 1950

FvL 44: OSM 2150

Ich denke, ihr entdeckt die „Seltsamkeit“, von der ich oben sprach: Ohne es im Blick zu haben, sind binnen von 6 Episoden ein und derselben Serie nicht weniger als 3 „Jubiläumsnum­mern“ vergeben worden.

Autsch, kann man da einerseits sagen.

Auf der anderen Seite … diese Serie ist so hochkomplex, dass tatsächlich in jedem der einzelnen Bände extrem handlungs­wichtige Ereignisse abgehandelt werden. Insofern ist es durch­aus folgerichtig, dass diese Häufung eintrat. Natürlich: Wenn ich an der Serie nicht mit so enormen zeitlichen Abständen weiter­gearbeitet hätte, wäre das gewiss nicht geschehen.

Tja, steht zu erwarten, dass sich solch eine Seltsamkeit in der nächsten Zeit wieder ereignet? Ganz ehrlich, Freunde … ich kann es nicht recht kalkulieren. Natürlich stehen für 2023 eine ganze Reihe wichtiger Episoden und Abschriften auf meiner stets langen To-Do-Liste. Aber ich sehe mich aktuell außerstan­de, das zu präzisieren.

Kommt es darauf an? Nein, jedenfalls noch nicht. Im Augenblick habe ich noch 49 Episoden bis zum nächsten „runden Hunder­ter“. Und ich stecke recht tief in der Abschrift des KONFLIKTS 13 „Oki Stanwer Horror“, wo mich nur noch knapp 30 Episoden bis zum Serienende erwarten. Falls ich mich hier einigermaßen stringent am Ruder reiße und diszipliniert arbeite, dürfte ich bis zum Band 2200 des OSM vermutlich mit der Abschrift dieser Serie fertig sein. Was dazwischen dann noch alles passiert? Nun, lassen wir uns überraschen. Ich kann versichern: So schnell wird mir im OSM nicht langweilig werden – und euch darum (so steht zu hoffen) auch nicht.

Für den Moment mag das genügen an Einblicken in den gegen­wärtigen OSM. In der kommenden Woche blende ich zurück in den September 2022 und erzähle euch, was ich da an kreativen Werken fertigstellen konnte bzw. an welchen ich nur weiter ge­feilt habe.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 404: Sherlock Holmes in Rio

Posted Mai 16th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

in der vergangenen Woche unterhielten wir uns recht tiefschür­fend über das Thema Tod und seine Variationen im Bereich der phantastischen Literatur. Und so, wie ich es schrieb, kommen natürlich auch ganz diesseitige Romane nicht ohne dieses uni­versale Thema vor.

Was wäre ein Sherlock Holmes-Roman ohne Tote, nicht wahr? In der Regel Mordopfer. Alles beginnt zwar mit einer eher schlicht zu nennenden Diebstahlgeschichte, aber bekennende Holmsia­ner wissen natürlich, dass so etwas lediglich die Camouflage ist und im Hintergrund das Verhängnis größerer Gefahren lauert. So ist es auch hier.

Und noch ein Gast ist in diesem Roman daheim, auf den man gefasst sein sollte, umso mehr, als man ihn bei den gewöhnli­chen Holmes-Geschichten eher nicht antrifft: Der Humor.

Wie jetzt, der Humor? Was soll das bedeuten?

Das bedeutet, dass ihr euch beim Folgenden ein wenig auf sati­rische Seitenhiebe und schrullige Darstellungen unserer Helden gefasst machen müsst. Jo Soares ist nun einmal Humorist, und so, wie wir das hierzulande von Comedians kennen, nehmen sie einfach ALLES aufs Korn. Hier haben wir also einen Humoristen, der sich des Themas Sherlock Holmes annimmt.

Erleidet er damit Schiffbruch? Das ist schwer zu sagen. Ich schlage vor, ihr schaut einfach mal weiter:

Sherlock Holmes in Rio

(OT: O Xangô de Baker Street)

von Jo Soares

Insel Verlag, 1997

324 Seiten, geb.

Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Karin von Schweder-Schreiner

ISBN 3-458-16840-0

Man schreibt das Jahr 1886, Brasilien ist noch strahlendes Kai­serreich unter Dom Pedro II., und im Mai dieses Jahres ist die ge­feierte, strahlende französische Schauspielerin Sarah Bernhardt nach Südamerika gekommen, um mit ihrem Ensemble die „Ka­meliendame“ zu geben, das Stück, das sie weltberühmt ge­macht hat. Durch einen Zufall ergibt es sich, dass der Regent, ein großer Bewunderer ihrer Kunst, mit Bernhardt auf ein Thema zu sprechen kommt, das ihn umtreibt und verlegen macht: Kürz­lich hat ein Unbekannter eine kostbare Stradivari, die er seiner einstmaligen Geliebten, der Baronin de Avaré geschenkt hat, entwendet. Er fürchtet nun, dies könne Stadtgespräch werden, was insbesondere die kaiserliche Gattin erzürnen würde.

Nun, Sarah Bernhardt weiß Rat. Sie meint, er könne doch einen ihrer guten Freunde zu Hilfe rufen, einen brillanten englischen Detektiv, Sherlock Holmes. Dieser Mann könne den Fall fraglos im Handumdrehen lösen. Sie hat keine Ahnung davon, dass ge­nau das Gegenteil der Fall sein wird.

Während Sherlock Holmes und sein Kompagnon Dr. John Watson der Einladung des brasilianischen Kaisers Folge leisten, ent­puppt sich der unbekannte Geigenräuber zudem auch noch als blutrünstiger Mörder, der die grässliche Angewohnheit hat, den Opfern – allesamt schöne, junge Frauen, aber unterschiedlichs­ten Lebenswandels, die keine Gemeinsamkeiten bis auf ihr Ge­schlecht besitzen – die Ohren abzuschneiden und sie in zuneh­mendem Maße zu verstümmeln. Außerdem hinterlässt er am Tatort immer eine Geigensaite.

Holmes beginnt, zusammen mit dem Kommissar Mello Pimento zu recherchieren, wer wohl der „serial killer“ (ein Begriff, der angeblich Holmes auch einfach so kommt …) ist, und er stößt hierbei schnell an die Grenzen seiner deduktiven Fähigkeiten. Wohl benebelt durch die Fremdartigkeit der südlichen Welthemi­sphäre und irritiert davon, dass seine Intuition ihn beharrlich in die Irre führt, verliert der Detektiv mehr und mehr die Conte­nance … und schließlich lernt er hier die bezaubernde, grünäu­gige Mulattin Anna Candelaria kennen, ganz zu schweigen vom Marihuana. Danach versinken die Ermittlungen völlig in Wirrnis. Aber das blutrünstige Phantom hat von seinen Plänen natürlich nicht abgelassen …

Der brasilianische Schriftsteller, Komödiant und Humorist Jo Soares, 1938 in Rio de Janeiro geboren, legt mit diesem „spritzi­gen Krimi“ eine etwas gewöhnungsbedürftige und bizarre Er­gänzung zum Kanon der Sherlock-Holmes-Geschichten hinzu, die man an vielen Stellen wirklich nicht bierernst lesen darf.

Ob es darum geht, dass Holmes im Marihuana-Rausch abenteu­erliche Farben in den Tapeten seines Hotelzimmers entdeckt, seiner angebeteten Anna die Architektur von Parkanlagen nebst historischer Herleitung als eine Form von Liebesgedicht verehrt bzw. John Watson als Erfinder des Caipirinha (wohlgemerkt: Aus rein medizinischen Gründen!) in die Geschichte eingeht, ob es um eine weibliche Mumie geht, in deren direkter Nähe alle Frau­en vorzeitige Menstruationsblutungen erleiden …

Es gibt hier so manches, worüber man stolpert, und wäre ich des Französischen und Portugiesischen mehr mächtig oder ver­fügte ich über ähnlich fundierte Kenntnisse in Theater und ho­her Literatur wie der Autor, so würden sicher noch mehr ver­steckte, freche Anspielungen und Abwandlungen erkennbar werden. Die Art und Weise, wie Soares seine dramatis personae einführt, deutet jedenfalls stark darauf hin, dass er sich mit Theaterstücken ausgezeichnet auskennt.

Das Erstlingswerk entpuppt sich also als eine Art Komödie mit blutrünstigen Zutaten, wenngleich die einzelnen Handlungen manchmal doch sehr gestellt und bisweilen gezwungen wirken. Besonders unangenehm fällt auf, wie ausgesprochen deppen­haft Dr. Watson dargestellt wird, eher als eine Art von Stan Lau­rel, was ihm überhaupt nicht gerecht wird, wenn man das Origi­nal kennt. Auch Holmes dient Jo Soares mehr als Vehikel für mit­unter schrullige Scherze, und ganz der tapsige ausländische Tourist (der amüsanterweise für einen Portugiesen gehalten wird, fragt mich nicht nach dem Grund!), und das kann dem wahren Holmesianer doch das Magengrimmen bescheren.

Wer hingegen die Sache nicht gar so ernst nimmt und einiges über das kaiserzeitliche Brasilien und die Struktur der Haupt­stadt lernen möchte, der ist hier am rechten Fleck. Amüsement und äußerst kurzweilige Unterhaltung ist in diesem Fall garan­tiert.

© 2006 by Uwe Lammers

So, genug gekichert oder euch empört (je nachdem, wie ernst ihr die Holmes-Geschichten eben nehmt). Die Vorstellung ist vorbei, der Vorhang ist gefallen, und ich entschwinde bis zur nächsten Woche, wo wir in die ruhigeren Gewässer erotischer Literatur zurückkehren.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 510: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 43

Posted Mai 14th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

kehren wir in den KONFLIKT 16 des OSM zurück. Ihr erinnert euch, dass wir uns in der Galaxis Milchstraße des Jahres 3896 befinden: Oki Stanwer ist hier als Schiffbrüchiger ohne Erinnerung in die Hände der Sternenreichsunion (SRU) gefallen, konnte aber aufgrund glücklicher Umstände entrinnen, auf der geheimnisvollen Kegelwelt den Korsaren Thor Gordenbeyl als ersten Helfer des Lichts treffen und aktivieren. Außerdem vermochte er mit Henry Bents Hilfe zum Freihandelsplaneten ELDORADO zu entkommen.

Hier kam es zu einer erneuten Konfrontation mit den Schergen der SRU, allen voran mit Colonel Hareb Simk. Doch die Konfrontation führte zum Bruch eines fragilen Übereinkommens zwischen der SRU und dem Regenten von ELDORADO, Harg Segor alias Talach VI. Die SRU-Diplomaten wurden von ELDORADO ausgewiesen, und Oki und Thor trafen mit Harg Segor den zweiten Helfer des Lichts sowie den geheimnisvollen Soffrol. Immer deutlicher wurde aber durch Attacken dämonischer Wesen auch, dass an den Legenden um Oki Stanwer als Heilsbringer und Kämpfer gegen das Böse mehr dran war als bislang von ihm selbst angenommen.

In den Tiefen der Galaxis gehen derweil die rätselhaften Lontreks um, die Handelsschiffe entführen und sich als Robotervolk der All-Hüter erweisen. Deren organischer Bevollmächtigter ist Klivies Kleines, ein weiterer Helfer des Lichts auf einer höchst prekären Position.

Aber auch sonst gehen in der Galaxis beunruhigende Dinge vor sich. Die nächste Blende führt in die jüngste Vergangenheit und in die von Geheimnissen umwitterte Sternenreichsunion nahe des Galaxiszentrums:

Episode 16: Der Jahrmillionen-Kerker

(1988, digitalisiert 2022)

Blende in die Zentrumsrepublik Otanien: Hier haben terranische Kolonisten vor Jahrhunderten eine eigene kleine Sternenföderation errichtet. Sie werden regiert von einer Adelsschicht, die dank Stirnkristallen latente psionische Talente verstärkt.

Das Zentralsystem, in dem die Kernwelt Otanien liegt, ist das Hell-System, und dessen erster glühender Trabant wird Hellside genannt. Umkreis von zwei seltsam geostationären Monden namens „Eins“ und „Zwei“ ist es das Ziel der Aufklärungsmission der VASCO DA GAMA, die Oberfläche endlich gründlich zu kartieren. Doch durch ein unvorhersehbares Störsignal stürzt die VASCO DA GAMA ab. Und die Schiffbrüchigen entdecken in der Höllenumgebung eine scheinbar aus Kristall bestehende Pyramide.

In der Handlungsgegenwart wird der Adelige und Stirnjuwelträger Tarlan von Jareen vom Regierungsgremium Otaniens zurückbeordert. Er soll in die sublunaren Labyrinthe des vulkanischen Mondes Zwei vordringen. Hier unten lebt eine Alienspezies, die so genannten „Schmelzenden“, die einstmals den Otaniern die Stirnjuwelen zugänglich machten.

Generell scheinen sich finstere Konflikt-Gewitterwolken über Otanien zusammenzubrauen, denn das ganze System wimmelt von bewaffneten Geschwadern, als wenn ein Krieg unmittelbar bevorstünde …

Episode 17: Das Sternen-Orakel

(1988, digitalisiert 2022)

Auch in diesem zweiten Band aus der Zentrumsrepublik Otanien gibt es eine Vergangenheits- und Gegenwartsebene. Die Vergangenheitsebene spielt auf der Höllenwelt Hellside, wo die dezimierten Schiffbrüchigen der VASCO DA GAMA versuchen, die rätselhafte Kristallpyramide betreten und dabei durch Fallensysteme weitere Opfer erleiden. Als sie endlich das Innere erreichen, entdecken sie hier einen monströsen Gefangenen, der seit Urzeiten in Fesseln liegt … und es handelt sich um ein Wesen, das unbedingt mit einer Person namens Oki Stanwer reden will …

Die von den VASCO DA GAMA-Überlebenden an die Regierung übermittelte Nachricht, die das „Sternen-Orakel“ aus der Kristallpyramide unbedingt an die „Schmelzenden“ übermitteln lassen will, sind der Anlass für Tarlans Mission in die Tiefen des Mondes Zwei. Und es wird immer deutlicher, dass die einzige Person, die imstande sein wird, das „Sternen-Orakel“ zu befreien, ein Unbekannter namens Oki Stanwer ist.

Dass er derzeit in massiven Problemen steckt, ist allerdings in Otanien nicht bekannt.

Episode 18: Feinde über ELDORADO

(1988, digitalisiert 2022)

Blende nach ELDORADO: Während sich Oki Stanwer auf der Freihandelswelt seiner Freiheit erfreut und zugleich die Romanze mit der temperamentvollen Hotelbesitzerin Miriam erotisch vertieft, braut sich neues Unheil über ihren Häuptern zusammen.

Colonel Hareb Simk und sein Adjutant Mark Grimsen, die wie der Botschafter von ELDORADO ausgewiesen wurden, gelangen im solaren System an, dem Herz der Sternenreichsunion. Hier werden sie umgehend zum im Weltraum stationierten militärischen Herzen der SRU, zum so genannten „Wolfsnest“ dirigiert. Anstatt aber einer Bestrafung anheimzufallen, entscheidet sich die Führung der Union dazu, den Vorfall auf ELDORADO als Präzedenzfall zu sehen.

Simk wird zum Commodore hochgestuft, mit einer Versagensschaltung vernetzt, die im Fall seines Scheiterns seinen Tod zur Folge haben wird. Und eine Flotte wird zusammengezogen, um ELDORADOS Raumabwehr zu überwinden und die Welt zu erobern.

Oki Stanwer hat derweil im postkoitalen Schlummer einen Furcht erregend realen Alptraum, der diese Invasion voraussieht … und am Ende des Bandes geht dann tatsächlich ein Ultimatum von Commodore Hareb Simk ein, und der heiße Krieg steht unmittelbar bevor …

Episode 19: Okis Bluff

(1989, digitalisiert 2022)

Fortsetzung aus Band 18: Die SRU-Streitkräfte mobilisieren unter dem Befehl von Commodore Hareb Simk und fallen ins ELDORADO-System ein. Es ist augenscheinlich, dass sie den eldoradanischen Heimateinheiten deutlich überlegen sind – dennoch versuchen die Eldoradaner naturgemäß, ihre Heimat mit allem zu verteidigen, was ihnen zu Gebote steht.

Als es dann zum direkten Bildfunkkontakt zwischen Oki Stanwer und Simk kommt, hat er das beängstigende Gefühl, sein Alptraum werde 1:1 Realität! Das geht bis in die Wortmeldungen hinein … aber zugleich hat Oki der Alptraum einen möglichen Ausweg gezeigt, wie die tobende Raumschlacht zu überleben sei.

Er behauptet dreist, er könne direkten Funkkontakt mit den unkalkulierbaren Lontreks aufnehmen, die sich der SRU-Intervention entgegenstellen würden!

Simk schäumt naturgemäß und hält das für einen Bluff, der es ja auch ist. Es ist ein verzweifelter Notnagel.

Er ist nicht zuletzt deshalb nötig, weil Soffrol zugibt, dass seit dem Verschwinden der Dämonenwaffe Rookax sein Kontakt mit TOTAM abgerissen ist. Und sowohl er wie Oki Stanwer sind zu dem Zeitpunkt noch der seltsamen Ansicht, TOTAM sei eine positive Macht, die hier hätte helfen können.

Ein unmodulierter Funkimpuls, den Oki aussenden lässt und für ein Aktivierungssignal der Lontreks ausgibt, ist die offensichtlich letzte Chance, den Tod von Millionen Menschen auf ELDORADO zu verhindern … aber Simk glaubt diesem Bluff nicht und fährt mit dem Angriff fort …

Episode 20: Kurs auf Terra

(1989, digitalisiert 2022)

Die Kämpfe um ELDORADO nehmen an Heftigkeit zu. Die SRU-Schiffe schießen Handelsraumer der Zyw-Grynoth ab, die die Flucht ergreifen wollen, und die Lage der Systemkräfte ist verzweifelt. Es ist offensichtlich, dass eine Niederlage nur noch eine Frage weniger Stunden sein kann.

Okis Bluff hat versagt. Die SRU-Soldaten sind auf der Siegesstraße, Commodore Hareb Simk sieht sich seinen persönlichen Zielen ebenfalls nahe: Ergreifung Oki Stanwers und Sicherstellung des Beiboots, mit dem Oki und Thor von der Kegelwelt geflohen sind. Denn die ist bekanntlich nach wie vor der Unterschlupf der Raumpiraten, denen die SRU ebenfalls den Kampf angesagt hat. Und für die Schmach, auf ELDORADO besiegt und vertrieben worden zu sein, will sich Simk natürlich auch rächen.

Er hat keine Ahnung, dass derweil der Funkimpuls von ELDORADO von den Außenstellen des Reiches der All-Hüter aufgefangen worden ist. Hier hat Klivies Kleines derweil herausgefunden, dass Oki Stanwer auf ELDORADO weilt und in akuter Lebensgefahr schwebt … und er wirkt auf die Zentralinstanz der All-Hüter, Z-NULL, dergestalt ein, dass die All-Hüter (d. h. also die Lontreks im terranischen Sprachgebrauch) intervenieren.

Und wie die Roboter das immer tun, gehen sie absolut skrupellos und gnadenlos vor. Auf bizarre Weise erfüllt sich nun Oki Stanwers Bluff – gigantische Kugelraumer der All-Hüter tauchen im ELDORADO-System ein und fallen den SRU-Einheiten überraschend brutal in den Rücken.

Das ganze Sonnensystem versinkt nun in einem Feuersturm aus Chaos, Explosionen und Tod … und Hareb Simks Sieg welkt auf dramatische Weise dahin und besiegelt sein Schicksal. Er geht mit seiner Flotte unter, in dem festen Glauben, dass er Oki Stanwer und seinen „Lontrek-Freunden“ seinen Untergang zu verdanken hat.

Auf ELDORADO aktiviert der Anblick der schweigend attackierenden Kugelraumer bei Oki Stanwer und den Helfern des Lichts Erinnerungen an frühere KONFLIKTE, und sie verstehen auf der Stelle, dass sie es hier mit äußerst machtvollen und rücksichtslosen Matrixfehlern zu tun haben, die die SRU-Streitmacht radikal auslöschen.

Oki Stanwer begreift schockiert, dass er dringend Kontakt zu den All-Hütern braucht … aber die schwenken bereits ab und lassen die Havaristen im System kaltblütig im Stich. Oki treibt noch eine weitere Sorge um – dass die All-Hüter nun gleich weiterfliegen könnten zum Heimatsystem der Menschheit, zum Solsystem, um die Sternenreichsunion ganz auszulöschen. Zuzutrauen sei ihnen das in ihrem blinden, robotischen Furor durchaus.

Klivies Kleines, der diese Entwicklung erst angestoßen und so Oki Stanwer gerettet hat, kommt derweil zu ganz demselben Schluss … und erfährt beklommen von den All-Hütern, dass der Kurs auf Terra schon gesetzt ist. So ist das Ende der Ursprungsmenschheit möglicherweise nur noch eine Frage von wenigen Tagen oder gar Stunden, und das Massaker im ELDORADO-System nur das harmlose Präludium zu viel Schlimmerem!

Aber so verrückt das klingt: Oki Stanwer BRAUCHT die Sternenreichsunion, auch wenn sie zurzeit mit ihm verfeindet ist! Denn es gibt neben TOTAM noch eine weitere Gefahr, die der Galaxis droht, nämlich der Galaxienbezwinger, der schon mehrmals versucht hat, seiner habhaft zu werden. Angeblich strebt er die Invasion der Milchstraße an. Und augenscheinlich ist nur die SRU militärisch stark genug, um ihn aufzuhalten. Aber wie soll das gelingen, wenn die All-Hüter die SRU auslöschen?

Oki Stanwer trifft eine schicksalhafte Entscheidung …

Ihr merkt, es wird richtig dramatisch in der Serie, obwohl die kompletten Umrisse des Handlungsszenarios noch nicht erkennbar sind. Nach dem sehr zögerlichen Start im Jahre 1983 war ich 1989 endlich in einem realhistorischen Zeitfenster angelangt, in dem ich auch in anderen OSM-Serien rasant voranschritt. Zu nennen wären hier die KONFLIKTE 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“, 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ und 23 „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“. Dort dominierten schon seit einiger Zeit deutlich komplexere Handlungsstrukturen, was sich nun auch hier auswirkte.

Im nächsten Teil dieser Reihe werdet ihr das nachdrücklich sehen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 403: Das unentdeckte Land

Posted Mai 10th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

der Tod ist das Phänomen der Existenz, an dem wir alle nicht vorbeikommen. So, wie die Geburt zum Leben gehört, gehört eben auch der Tod zum Leben dazu, wenngleich – wie ich schon anno 2009, als ich die unten wiedergegebene Rezension schrieb, nicht müde wurde anzumerken – das Tabu immer noch in Geltung ist. Ich kann diese Bemerkung heute mit einem Ab­stand von 14 Jahren noch ein weiteres Mal bestätigen.

Der Tod wird nach wie vor gern marginalisiert, an den Rand ge­drängt, aus dem Blick geschoben, wiewohl er unvermeidlich ist und jeden von uns betrifft.

Das ist natürlich immer auch schon ein Stein des Anstoßes für das Schreiben der Literaten gewesen, jeder, der sich durch die Berge der Weltliteratur liest, weiß das bestens. Die hohen Lite­raten wissen genau, dass sie an diesem im Kern massiv religi­onsphilosophischen und lebensnahen Thema nicht vorbeikom­men können, dass ihr Werk unvollständig ist, wenn sie diesen Punkt ausblenden.

Und phantastische Autoren haben natürlich noch erweiterte Möglichkeiten, mit der Todesthematik zu spielen, um es einmal ein wenig salopp auszudrücken. Hier gibt es mal technische, mal magische Möglichkeiten, die Grenzen des in Raum und Zeit Erlebbaren zu umgehen, auszuweiten, zu variieren, zu vervielfa­chen.

Man kann also nicht sagen, dass den Phantasten nichts Interes­santes eingefallen wäre … gleichwohl attestierte ich am Schluss der Rezension einen gewissen Mangel an wirklicher Innovation. Eine Art Zögerlichkeit, die sich darin ausdrückte, dass in alther­gebrachte, zum Teil Jahrtausende alte Muster zurückgefallen wurde. Es wurde die antike Mythologie bemüht. Man findet Zeit­schleifen, slow-motion-Bewegungen im Moment des Todes oder unmittelbar danach, rekursive Zeitbewegungen … in gewisser Weise ist das alles nachvollziehbar, vertraut, aber es entbehrt bei aller Ausgefallenheit doch des einen wichtigen Impulses, den ich am Ende andeute.

Dennoch: Wer sich immer schon gefragt hat, warum die SF und die allgemeine Phantastik so selten explizit den Tod ins Zentrum von Geschichten stellt und eine Abwechslung diesbezüglich sucht, der sei auf diesen folgenden Band hingewiesen, der schon eine Abenteuerreise in jenseitige Gefilde und existenzielle Grenzlagen darstellt.

Und wer weiß, vielleicht habe ich damals am Schluss ja auch zu harsch geurteilt? Um das herauszufinden, empfehle ich, jetzt einfach weiterzulesen:

Das unentdeckte Land

Geschichten über das Leben nach dem Tod

(OT: Afterlives)

Herausgegeben von Pamela Sargent & Ian Watson

Bastei 24112, 1988

352 Seiten, TB

(diverse Übersetzer)

ISBN 3-404-24112-6

Die Phantastik und namentlich die Science Fiction ist als Litera­turgenre bekannt, das die Grenzen der gängigen Normen gerne sprengt und grenzüberschreitend Thematiken behandelt, mit denen man in den Mainstream-Kategorien schwer bis nicht um­gehen kann. Dabei werden häufig ethische oder technische In­novationen umgesetzt, und oftmals ist Science Fiction dabei auch Vorreiter von Trends in unterschiedlichen Gesellschaftsfel­dern.1 Dennoch ist ein Thema hierbei meist verblüffend ausge­grenzt, das man gern der Theologie überlässt: das Thema des Lebens nach dem Tod.

Auch heute noch, mehr als 20 Jahre nach Erscheinen dieser An­thologie, kann man den Befund aufrechterhalten. Das Leben nach dem Tode ist eine Thematik, die in der Science Fiction nur recht selten ernsthaft thematisiert wird. Natürlich findet man gewisse Anklänge in Kurzgeschichten und gelegentlich auch in Romanzyklen oder einzelnen Romanen.2 Ansonsten aber wird dieser Themenkreis geflissentlich gemieden. Das Tabu ist im­mer noch in Kraft, hat man das Gefühl. Ein Grund mehr, fand ich, mich endlich mal mit diesem Buch zu befassen, das seit 1992 in meinen Regalen darauf wartete, gelesen zu werden.

Diese Anthologie beinhaltet 13 Geschichten, verfasst zwischen 1956 und 1986, die unterschiedliche Facetten des Themas wie­dergeben. Die Herangehensweise an das Problem ist durchweg sehr unterschiedlich, und das ist es, was der geneigte Leser vor­findet:

Das Ende ist nur der Beginn von James Graham Ballard3, ei­nem der Hauptautoren der New Wave, ist eigentlich eine Grab­inschrift. James Falkmans Grabstein trägt sie, und dazu stehen die Jahreszahlen: „1963-1901“. Falkmans Leben beginnt damit, dass die Totengräber sein Grab ausheben und die Leiche exhu­mieren. Und es endet damit, dass er gezeugt wird …

Von Raum-Zeit und dem Fluß von Gregory Benford konfron­tiert uns mit einem alten Ehepaar, das eine Nilkreuzfahrt macht, um sich die glorreiche Vergangenheit Ägyptens anzuschauen. Etwas unheimlich sind dabei natürlich die riesenhaften Insek­tenwesen mit ihren rätselhaften technischen Installationen, und auch die seltsamen Erdbeben, die von Zeit zu Zeit zu spüren sind, haben vielleicht etwas mit den geheimnisvollen Quarthex zu tun … aber bis die Reisenden begreifen, was eigentlich pas­siert, ist ja ohnehin schon alles viel zu spät.

Ein Kunstwerk von James Blish – die älteste Geschichte dieser Anthologie – ist etwas für Liebhaber von Richard Strauß, der im Jahre 2161 zu neuem Leben erweckt wird, in einer Zeit, in der seine Musik noch geliebt wird, aber ansonsten völlig neue Küns­te auf den Plan getreten sind. Eine davon ist die der Geist-Skulpteure. Sie haben ein ganz besonderes Verhältnis zu den To­ten …

Können Seelen sterben? fragt James Stevens in seiner gleich­namigen Story. Das ist eine durchaus berechtigte Frage für eine kryogenische Gesellschaft, die Menschen tiefkühlt, um sie spä­ter zu neuem Leben zu erwecken. Denn obgleich das gelingt, haben sie ein ernstes Problem: Alle Wiedererweckten begehen Selbstmord! Damit sabotieren sie den Behandlungserfolg und fügen der Gesellschaft erheblichen Rufschaden zu. Welchen Grund kann es dafür geben? Also engagieren die Gesellschafter einen Draufgänger, der für sie stirbt. Aber die Information, die er nach seiner Wiedergeburt mitbringt, ist nichts für zartbesai­tete Gemüter …

Kleingeld von Ursula K. LeGuin ist eine Anspielung auf die grie­chische Mythologie. Den Toten im Altertum wurde eine Münze auf die Zunge gelegt, damit sie damit den Fährmann über den Totenfluss Styx bezahlen konnten. Aber in modernen Zeiten ist das durchweg problematisch, da die alten Riten in Vergessen­heit geraten sind. Was also tun, wenn man stirbt …?

Staub von Mona C. Clee ist ein kleines Kunstwerk. Ich kannte die Büste und das Original, bevor ich die Story las4, und sofort stand mir beides wieder vor Augen, als ich diese in zwei Zeiten geteilte Geschichte las, die einmal im frühen 20. Jahrhundert spielt und einmal im antiken Ur vor Tausenden von Jahren. Als die Priesterin Eri mit ihrer Herrscherin in die Grabkammer gehen muss, wünscht sie sich von Nannar, dem Gott des Mondes, dass sie nicht für immer vergessen sein möge. Und Nannar erhört sie und erfüllt ihren Wunsch auf bemerkenswerte Weise …

Hemingways Jagd von Howard Waldrop5 konfrontiert uns mit dem alten Ernest Hemingway, der wieder einmal auf der Jagd ist, doch diesmal alt und krank … und in Bayern. Ein so genann­ter „Wilder Mann“ treibt sein Unwesen und verstümmelt auf bestialische Weise arglose Menschen. Und Hemingway soll diese Kreatur erlegen, damit sie keinen Schaden mehr anrichtet. Von der Natur seines Feindes hat er allerdings keine Ahnung …

Gefangen in der Zeit von Rudy Rucker erinnert ein bisschen an „Und täglich grüßt das Murmeltier“, allerdings in Kunst­harz eingegossen.6 In der christlichen Ethik ist Selbstmord eine Todsünde. Manche Leute hält das nicht davon ab, dennoch den Tod zu suchen, und so endet auch der Protagonist in dieser Sto­ry. Mit dem Problem, dass er wie eine Fliege im Bernstein im To­desmoment eingefangen wird und sich nicht verständlich ma­chen kann. Ziemlich eklig …

Tropismus von Leigh Kennedy ist eigentlich mehr eine subtile Horrorstory als eine aus dem Bereich der SF. Tropismus ist eine Eigenschaft von Pflanzen, eine Neigung zu zeigen, etwa zum Sonnenlicht hin. In dieser Geschichte demonstriert – wahr­scheinlich – ein Toter einen Tropismus zum Leben, und das ist wahrlich gruselig …

Wenn ich jemals von dir gehe von der Herausgeberin Pame­la Sargent thematisiert die Frage, wie intensiv Liebende mit der Tatsache des Todes umgehen, wenn sie Jahrhunderte leben könnten. Als die männliche Hauptperson der Geschichte, Yuri, überraschend altert – das könnte natürlich mit seinen Besuchen in der Zeitstation zusammenhängen – und seine Lebensgefähr­tin darüber verzweifelt, da gibt er ihr bei ihrem letzten Beisam­mensein ein Blatt, dicht bedeckt mit Zahlen und Koordinatenan­gaben. Dies seien die Orte, die er mit Hilfe der Zeitstation auf­gesucht habe, und sobald er tot sei, könne sie dorthin gehen und ihn wieder finden …

Viele Räume hat das Paradies des Herausgebers Ian Wat­son7 ist auf beunruhigende Weise zweigeteilt. In naher Zukunft ist es möglich, gezielt in den Tod zu gehen und in einem jünge­ren Klonkörper zu einem neuen Dasein zu erwachen. Offensicht­lich sind die jungen Wiedergeborenen auch sehr glücklich. Aber der Hauptperson widerfährt ein ganz schreckliches Schicksal, als sie sich selbst zum Sterben entschließt. Und sie ist es, die in ihren Träumen die andere Seite, die Schattenseite des techni­schen Überlistens des Todes, erkennt …

Abreise von Gene Wolfe ist eine kleine Vignette, in der das Jen­seits oder der Zwischenbereich – wie man es auch nennen mag – als ein bizarres Hotel daherkommt und die Hauptperson sich eigentlich nicht darüber im Klaren ist, tot zu sein. Aber ein Anruf bringt Klarheit in die Sache …

In einer Welt dazwischen von Harlan Ellison8 entpuppt sich als ein Raumzeit-Abenteuer der wildesten Sorte, und dann hat es auch noch einen doppelten Boden: Als William Bailey das Euthanasie-Zentrum aufsucht, weil er vom Leben so verdrossen ist, dass er sich eine Spritze geben lässt, um zu sterben, ahnt er nicht, dass seine Seele von einer kosmischen Wesenheit na­mens „Succubus“ eingesogen wird. Der „Succubus“ ist ein See­lenhändler, der in anderen Welten unterwegs ist, um die Opfer von Seelenparasiten mit neuen Seelen zu bestücken. Doch selt­samerweise hat die William-Bailey-Seele gar nicht die Absicht, sich in die Pläne des „Succubus“ zu fügen …

Wenn man als Leser dieser Geschichten die Anthologie schließ­lich nach erstaunlich kurzer Zeit beiseite legt und die Stories und ihre Botschaften noch mal Revue passieren lässt, so kommt man zu einem etwas ernüchternden Resultat. Wiewohl die Ge­schichten jede für sich genommen bemerkenswert, ungewöhn­lich und aus dem Rahmen des Üblichen fallend sind, kann ihnen doch eines leider nicht abgesprochen werden: Eine gewisse Er­denschwere.

Ich meine das folgendermaßen – die Geschichten überschreiten zwar die Grenze zwischen Leben und Tod und imaginieren das Jenseits mal mehr, mal weniger deutlich. Indes bleiben sie alle zwei wesentlichen Parametern verhaftet, zum einen nämlich der Erde selbst (allein Ellisons Story weicht davon ab), zum zweiten aber dem Kontext der irdischen Mythologie oder der gängigen Religionen (da ist Ellison auch keine Ausnahme!).

Da wird mit dem Selbstmord-Tabu christlicher Prägung gespielt, mit der griechischen Mythologie vom Fährmann über den Styx, mit der ägyptischen Mythologie (aber nur ziemlich halbherzig), es gibt psychologische Reflexionen, die sich leider als recht durchsichtig erweisen und Reinkarnationsstrukturen, in denen die klassischen Geschichten reflektiert werden.

Was wirklich fehlt, ist etwas, das den Rahmen gänzlich sprengt. Etwas, das beispielsweise den menschlichen Tod als ein Rand­phänomen darstellt – so, wie es etwa in der Einsteinschen Rela­tivitätstheorie die Newtonschen Axiome der solaren Gravitation sind. Wir wissen, um das zu konkretisieren, dass die Schwer­kraft, wie sie Newton als universal postulierte, im Grunde ge­nommen nur im direkten Umfeld von schweren Körpern funktio­niert, und selbst dort grenzt Newtons Theorie, die keinen Schwarzschildradius, keine Neutronensterne oder Raumzeit kannte, vieles einfach aus. Heutige Kosmologen sagen zutref­fend, dass Newton nur Randphänomene sah und generalisierte.

Lenkt man diesen Blick auf den Tod und das Nachleben, könnte man sagen: Was wäre, wenn auch unsere gängigen – in diesem Band präsentierten – Theorien und Vorstellungen vom Leben nach dem Tode gänzlich nur Randphänomene zeigten und gar nicht zum Kern des Themas vorstießen? Geschichten über sol­cherart verstandene Todesvorstellungen gibt es hier nicht. Der Tod des Menschen, der die Seele befreit für ein Dasein nicht auf den goldenen Wiesen des Jenseits (wie in einer dieser Geschich­ten), sondern der als Eingangstor in ein ganz anderes, durchaus nicht metaphysisches Dasein gedacht ist. Der Tod als notwendi­ge Lernerfahrung wie ein wichtiger Schulabschluss, den man für das spätere Dasein braucht?9

Nichts dergleichen.

So bleibt für den sehr belesenen Konsumenten der Phantastik am Schluss dieser sonst gelungenen Anthologie doch ein etwas schaler Nachgeschmack zurück. Der Gedanke, dass diese Story­sammlung bahnbrechend sein sollte und doch (leider) im Kon­ventionellen verharrte, wiewohl das Konventionelle für die Leser der gängigen Phantastik schon aufwühlend genug ist. Leider sind solche Geschichten, die den existentiellen Rand des Lebens überschreiten (und wir reden hier nicht von den Stories jener Leute, die sich mit Unsterblichkeit beschäftigen, diese Men­schen fürchten den Tod sowieso), solche Geschichten sind bis heute sehr selten.

Das Tabu ist also immer noch in Kraft, wie mir scheinen will.

Leider.

© 2009 by Uwe Lammers

Harter Tobak? Für Leser, die sich des Themas in der Regel nicht annähern wollen, sicherlich. Für jene, für die diese Varianten schon hinreichend genug sind für eine diffuse „Wahl“ am Ende ihres Daseins, möglicherweise auch.

Dann schicke ich euch nächste Woche mal auf ein wenig Ent­spannungsurlaub mit Sherlock Holmes. Da muss man vielleicht auch den Kopf ein wenig rauchen lassen, bleibt aber ansonsten doch wohlig im Hier und Jetzt, ohne auferstehende Tote oder dergleichen seltsames Zeug.

Interessant ist es, finde ich, dann aber doch allemal.

Bis demnächst, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Es sei hier nur an das Werk des verstorbenen Phantasten Philip José Farmer erinnert (1918-2009). Es wird auch in diesem Zusammenhang im Vorwort der vorliegenden An­thologie thematisiert, weil Farmer mit seinem „Flusswelt-Zyklus“ ebenfalls auf das Le­ben nach dem Tode Bezug nahm.

2 Vgl. etwa die Thematik der wiedergeborenen Seelen in Peter F. Hamiltons „Armaged­don-Zyklus“ oder die Behandlung des Jenseits in Michael Marraks Roman „Morphoge­nesis“.

3 Es war übrigens nicht schlecht, dass ich diese Story des von mir sehr bewunderten Ballard schon kannte. Mit ein paar Jahren Distanz fielen mir die Schwachstellen dieser Geschichte sehr grell auf. Man könnte über diese Story interessant philosophieren. Wahres „Rückwärtsleben“ sieht mit Sicherheit, wenn überhaupt möglich, vollständig anders aus.

4 Wer das Erlebnis nachvollziehen möchte, dem empfehle ich das Buch „Götter, Gräber und Gelehrte im Bild“ von C. W. Ceram (alias Kurt Marek). Das Buch, das es illustriert – eben „Götter, Gräber und Gelehrte“ – habe ich quasi mit der Muttermilch aufgesogen, könnte man sagen. Ich habe es bestimmt fünfzehn Mal gelesen im Alter von 10 bis 20 … das illustrierte Buch fand ich erst 1996. Die in der obigen Story beschriebene Szene findet sich in der Taschenbuchausgabe bei Ceram auf S. 262f. Die Büste selbst ist hier leider nicht abgebildet. In irgendeinem der anderen zahllosen historischen Werke über diese Zeit, die ich gelesen habe, war sie aber enthalten.

5 Von ihm kannte ich schon den exzellenten Zeitreise-Roman „Ihre Gebeine“ Vgl. meine Rezension in BWA 170 (November 1997).

6 Und nein, mit Bill Murray hat die Hauptperson der Story nicht viel gemein. Wirklich nicht.

7 Watson hat sich bereits einmal mit einem ähnlich gelagerten Thema beschäftigt, da­mals aber mehr philosophisch-metaphysisch und „diesseitig“. Vgl. den Roman „Todes­jäger“ (1985).

8 Leider verschweigt das Buch, dass diese Story ebenso wie die Anthologie, der sie ent­stammt, unter dem Herausgeber Keith Laumer in den 80er Jahren des 20. Jahrhun­derts schon unter dem Titel „Der Zwischenbereich“ bei Heyne erschienen ist. Ich ken­ne sie seit über 20 Jahren, daher auch diese Geschichte. Die gesamte Anthologie ist sehr lesenswert.

9 Und damit ist dann nicht intendiert, dass man diese Erfahrungen für die nächste Ebe­ne der irdischen Reinkarnation bräuchte – dies wäre ein Schritt zurück in den Zirkel, der oben mit „Erdenschwere“ bezeichnet worden wäre. Mein Blick geht weiter hinaus. In diesem Punkt kann ich in aller Bescheidenheit auf die vielgestaltige Behandlung der Tod-Thematik in meinem kreativen Hauptwerk, dem Oki Stanwer Mythos (OSM) hinwei­sen. Auch unter der Betrachtung dieser Anthologie ist die dortige Vielfalt beispiellos.

Liebe Freunde des OSM,

heute schauen wir uns das dritte Quartal des Jahres 2019 unter dem Gesichtspunkt, welche Werke, die ich in den betreffenden Monaten schrieb, die ich zu den „Annalen der Ewigkeit“ rechnen kann, hier bearbeitet, begonnen oder vollendet wurden.

Für die Monate Juli, August und September reden wir hier von einem Realisierungsrahmen von 27, 27 und 28 Werken, die ich vollenden konnte. Im Monat Juli ist zu konstatieren, dass ich noch sehr stark involviert war in die nicht zum Oki Stanwer My­thos gehörenden erotisch-phantastischen Werke, die für die Grey Edition-Ausgabe „Wollust, Wunder und Verhängnis“ zusammengestellt und überarbeitet werden mussten. Das hat in diesem Monat viel Zeit verschlungen. Folgerichtig kann ich hier nicht sehr viel zum Thema „Annalen“ beisteuern.

Gar nichts? Na, gar so schlimm war es dann doch nicht. Aber es stimmt, ich arbeitete lediglich an zwei E-Books, an „Zeiten­wandel“ und „Krisenherd Xoor‘con“. Während ersteres längst veröffentlicht ist, blieb das zweite leider bis heute im Ar­beitsstadium stecken. Auch das erste Werk wurde in diesem Mo­nat nicht fertiggestellt, sondern blieb eine Baustelle.

Kam ich im Monat August diesbezüglich weiter? Werfen wir ei­nen Blick dorthin:

Ja, das E-Book „Zeitenwandel“ wurde am 5. August 2019 be­endet und bald danach veröffentlicht. Auch an dem Nachfolge­band schrieb ich weiter … mit weniger durchschlagendem Er­folg, wie oben angedeutet.

Inspiriert durch die Tatsache, dass ich hier im KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI) in der Veröffentlichung vorangeschritten war, kam es zur Weiterarbeit an TI 54: „Die Jenseitsarche“, aber auch hier ging es nur sehr moderat vor­an, Fertigstellung liegt noch in weiter Ferne.

Ähnlich ging es mit dem E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 2: Monstererwachen“ … ich erinnere daran, dass mir hier das „Anschlussstück“ zwischen Band 1 und 2 nach wie vor fehlte, zu dem ich die Novelle „Das Geheimnis von Church Island“ ausbauen wollte … auch hier blieb ich bekanntlich rudimentär. Die Novelle wurde ja erst viel später beendet.

Ansonsten wandte ich mich aber doch deutlich den Annalen-Projekten zu. Erwähnenswert wäre meine Weiterarbeit am E-Book-Glossar (noch so eine Baustelle, die mich seufzen lässt). Ebenfalls ging die Arbeit am TI-Glossar vorwärts, genauso an dem Fragment „Die Wandlung“ und „Die Totenköpfe 2: Durch die Ruinenwelten“.

Vielleicht war es auch ein wenig vermessen von mir, nach der Fertigstellung der Grey Edition-Storysammlung für den Terrani­schen Club Eden am Ende dieses Monats ernsthaft eine Materialsammlung für eine „Grey Edition OSM“ zusammenzustellen … nein, nein, das Projekt war damals nicht spruchreif und ist es heute (leider) immer noch nicht. Aber der Gedanke ist nach wie vor aktiv. Kommt Zeit, kommt vielleicht auch diese Storysammlung. Sie würde dann endlich mal die auf viele Fanzines (von denen es einige z.T. schon nicht mehr gibt) verstreuten OSM-Werke und einige noch unveröffentlichte an einem Ort ver­sammeln.

Aber, wie gesagt, das ist eine von zahllosen Baustellen. Zu­kunftsmusik, im wahrsten Sinne des Wortes.

Kommen wir zum Monat September 2019. Hier feilte ich etwas am E-Book-Glossar weiter, aber nicht signifikant viel. Interes­santer war es, als ich gegen Monatsmitte an dem OSM-Roman „Aktion TOTAMS Ende“ weiterschrieb … ich sollte in Erinne­rung rufen, dass das ein Langzeitprojekt ist, zu dem ich beizei­ten gewiss einiges in der entsprechenden Blogartikelrubrik schreiben werde.

Während die gleichnamige Ursprungsstory von 1989 relativ schmal geraten ist und keine 40 Textseiten besitzt, fügt sich die Ausarbeitung auf hochkomplexe Weise in die Zeitkriege des fer­nen OSM ein und spielt damit etwa in derselben Liga wie der OSM-Band 2000 um das EXIL HANKSTEYN. Deshalb geht alles auch so langsam voran … der Zeitrahmen umfasst hier letztlich Millionen von Jahren und hat wirklich fundamentalen Charakter für die Großstrukturen des OSM. Dazu beizeiten mehr. Sehr weit kam ich im erwähnten Monat dann leider (erwartungsgemäß) nicht.

Im letzten Drittel des Monats weilte ich nach längerer Zeit mal wieder auf einem Con, diesmal auf einem TCE-Convention, zu dem ich später einen Conbericht schrieb, der aber erst im Okto­ber wirklich fertig wurde.

Tja, und mehr zum Bereich der „Annalen“ geschah in diesem Quartal dann leider nicht mehr. Schauen wir beim nächsten Mal, ob sich das im letzten Quartal des Jahres 2019 ändern ließ.

In der nächsten Woche reisen wir wieder in die Frühphase des KONFLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“, wo sich der Antagonismus zwischen der Freihandelswelt ELDORADO und der Sternenreichsunion auf dramatische Weise zuspitzt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 402: Devoted 1: Geheime Begierde

Posted Mai 3rd, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

manchmal halten Romanzyklen einfach nicht das, was sie ver­sprechen … und so sehr ich mich auch bemühe, hier ein wenig vorsichtig in der Lektüre zu bleiben, ist doch zu konstatieren, dass gerade die Schwemme an unbekannten Autorinnen auf dem Sektor der romantisch-erotischen Romane inzwischen so unüberschaubar ist, dass Missgriffe kaum ausbleiben können.

Ich rede hier nicht davon, dass es mir aufgrund fatal ununter­scheidbarer Titelbildgestaltung immer wieder unterläuft, dass ich Bücher versehentlich doppelt und dreifach vom Wühltisch mitnehme. Stattdessen meine ich, dass es mir zunehmend schwer fällt, die Spreu vom Weizen zu trennen. In der Regel fällt mir so etwas erst auf, wenn ich wenigstens einen Band des Zy­klus gelesen habe.

Da habe ich dann aber auch durchaus den – vielleicht falschen, vielleicht idealistischen – Ehrgeiz, den Zyklus dennoch komplett zu lesen, wenn der Anfangsband nicht wirklich ganz und gar un­terste Schublade war.

Bei Susanna Quinn haben wir solch einen Fall (meiner beschei­denen Ansicht nach, die natürlich jederzeit widerspruchsfähig ist): Der erste Roman las sich ziemlich rasant und flüssig weg, auch wenn ich ihn letztlich eher als durchschnittlich einstufte. Aber eventuell sind ja solche kurz getakteten Werke Einstiegs­lektüre für all jene, die von hohen Seitenzahlen und langen Ka­piteln abschrecken lassen … mich irritiert das nicht, ich lese z.B. gerade Mary Shelleys „Frankenstein“, der immerhin im Jahre 1818 entstand, auch habe ich mich erfolgreich durch Miguel de Cervantes Saavedras „Don Quichotte“ gegraben (ein enormer Lesegenuss, wenn man sich erst mal an seine Erzählweise ge­wöhnt hat).

Lange Kapitel, komplexe Romane und vielleicht schwierige Spra­che müssen nicht per se abschrecken. Sie sind Herausforderun­gen, an denen man als Leser wachsen kann, wenn man nicht einfach nur den Geist auf Durchzug stellen und sich schriftlich berieseln lassen möchte wie bei einer Fernseh-Soap.

Schaut am besten selbst mal, in welche Kategorie ihr dieses Werk einreihen würdet – ob Top oder Flop:

Devoted 1: Geheime Begierde

(OT: The Ivy Lessons)

Von Susanna Quinn

Goldmann 48035

352 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48035-7

Aus dem Englischen von Andrea Brandl

Sophia Rose ist 22 Jahre jung und sieht sich eigentlich als völlig chancenlos, als sie beim arrivierten Londoner Ivy College vor­spricht, um für eine Schauspielkarriere angenommen zu wer­den. Die Voraussetzungen sind auch wirklich nicht berauschend: Zwar ist sie seit Kindheit an begeisterter Fan der Bühne und träumt von einer Profikarriere als Theaterschauspielerin, aber auf dem Land wohnend (wenn auch nahe an London), für ihren frisch neu verheirateten Vater sorgend und so überhaupt nicht nahe an dem Puls der Kultur … welche Chancen soll sie da schon haben gegenüber Sprösslingen von Adelsfamilien, deren Eltern ihnen die beste Schulbildung an jahrhundertealten Col­leges zukommen ließen?

Nun, Sophia Rose wird überrascht – als sie vorspricht, gelingt es ihr auf rätselhafte Weise, einen nachhaltigen Eindruck in dem Leiter der Akademie zu hinterlassen. Marc Blackwell, seines Zei­chens exzentrischer und unglaublich harter Lehrmeister an der Schule, wie es allgemein heißt, der zwar nur fünf Jahre älter ist als sie, aber bereits als Filmstar in Hollywood zu Ruhm und Reichtum gelangt, ist tatsächlich von ihr angetan. Sie ist indes in diesem Moment noch fest davon überzeugt, alles falsch ge­macht zu haben.

Kaum ist sie wieder daheim, flattert ihr jedoch zu ihrem Unglau­ben die Zusage (!) für ein Stipendium ins Haus. Sie ist nicht nur angenommen, sondern wird sogar favorisiert behandelt. Sophi­as engste Freundin Jen ist ganz aus dem Häuschen und freut sich für ihren Erfolg … doch Sophias Gefühle bleiben gemischt, insbesondere deshalb, weil sie unfassbar nervös wird, sobald der Blickkontakt zwischen Blackwell und ihr zustande kommt. Zwar schwärmen nahezu alle Schülerinnen am College für Blackwell, der wirklich sehr gut aussieht, aber in Sophias Fall sieht das doch nach mehr aus. Sehr bald wird ihr ebenfalls klar, dass das mehr als reine Nervosität ist und die Emotionen, die Blackwell in ihr auslöst, deutlich stärker sind als pures Lampen­fieber.

Sophia Rose hat sich Hals über Kopf in ihren Lehrer verliebt.

Etwas, das natürlich überhaupt nicht angeht, die Katastrophe schlechthin! Eine verbotene Liebe, die insbesondere aufgrund der Tatsache, dass Marc Blackwell als Star sowieso ständig im Rampenlicht steht, von der Presse auf übelste Weise missver­standen werden kann: Star missbraucht Vertrauen seiner Schü­lerin … um noch das freundlichste Szenario zu skizzieren. Und Sophia, die gerade am Anfang einer möglicherweise faszinieren­den Bühnenkarriere steht, kann sich mit einer solchen Bezie­hung gut ihren ganzen Lebensweg ruinieren.

Das kann nicht gut gehen, sagt man sich als Leser.

Das kann nicht gut gehen, sagt sich Sophia.

Das kann ich nicht mit meinem Gewissen als Lehrer vereinba­ren, sagt sich Marc Blackwell. Eher muss ich das College verlas­sen – auch wenn die Schülerinnen und Schüler primär gekom­men sind, weil er hier lehrt.

Dummerweise ist die magnetische Anziehung nicht einseitig, sondern beiderseitig. Und Marc weiß sehr wohl um das Problem, das daraus entstehen kann, und er versucht nach besten Kräf­ten, die aufkeimende Liaison zu beenden, ehe sie Brenntempe­ratur erreichen kann.

Vergebens.

Schier unaufhaltsam nimmt das Schicksal so seinen Lauf …

In der Moderne der 2000er-Jahre hat sich ein Trend eingeschli­chen, den ich persönlich ein wenig befremdlich finde – die Lei­denschaft diverser Verlage für Klein- und Kleinstzyklen bislang unbekannter Autoren und primär Autorinnen, nicht selten auf dem Sektor des erotischen Romans. Wer heutzutage in Buch­handlungen geht, wird mit Titeln solcher Kurzserien regelrecht zubetoniert. Die Übersicht, was in welchen Verlagen erscheint, in welchen Reihen usw., geht dabei schnell verloren. Etablierte Buchreihen hingegen – etwa die Erotik-Buchreihe von Bastei, die es seit den 80er Jahren gibt – werden stattdessen kurzerhand ins E-Book-Milieu abgedrängt. So erging es übrigens erst im Ja­nuar 2017 auch der Erotik-Heftromanreihe „Shadows of Love“ von Bastei, die kurzerhand im Print eingestampft wurde.1

Damit will ich nicht sagen, dass alles an dieser Entwicklung nachteilig ist. Im Gegenteil, auf diese Weise unbekannten Talen­ten die Chance zu geben, sich zu entfalten, das ist durchaus zu begrüßen. Die allerdings mit den Kurzzyklen einhergehende suggerierte Atmosphäre der atemlosen Kurzschrittigkeit seitens der Verlage ist zu missbilligen. Sie wird vermutlich primär durch verändertes Leseverhalten und sinkende Absatzzahlen im Print­bereich befördert.

Gleichwohl kann das nicht alles legitimieren. Man bekommt so nämlich als Leser das Gefühl, dass die Verlage nicht mehr auf lange Sicht planen, sondern nur noch von einer Buchmesse zur nächsten. Sollte es sich so verhalten, wäre das ein eindeutig fal­sches Signal an den Buchmarkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich damit Durchschnittskost häuft, rasch produziert und herun­tergeschrieben „nach Rezept“, steigt damit vermutlich ebenfalls an.

Ich war darum neugierig, ob die Autorin Susanna Quinn (die aus unverständlichen Gründen den Vornamen für diese Veröffentli­chung verkürzt, was umso weniger Sinn macht, als der volle Name hinten im Roman genannt wird…) solchen Rezepten er­liegt und ob die vom Verlag favorisierte geistlose Covergestal­tung, die keinerlei Inhaltsbezug hat (dasselbe gilt für den Zy­klustitel, der im Englischen keine Entsprechung hat), im Innern wohl fortsetzen würde. Nun, zunächst entdeckte ich zu meiner Überraschung eine sehr starke Subgliederung in nicht weniger als 75 (!) Kapitel. Das führt zwar zu raschem und geschwindem Lesetempo, besonders forciert durch fließende Kapitelübergän­ge, die Quasi-Cliffhanger-Charakter besitzen (wie ich es etwa bei Sandra Henke schon entdeckte), aber bedauerlicherweise auch zu einer starken Flüchtigkeit der Handlung. Jenseits der beiden Hauptpersonen bleibt darum die Charakterisierung na­hezu aller anderen Handlungspersonen flüchtig und ein wenig beliebig, man ist fast geneigt zu sagen: schematisch. Neidische Mitschülerinnen, beste Freundinnen, schusseliger Vater, überfor­derte Stiefmutter … irgendwoher kennt man das strukturell al­les schon.

Wenn man im Gegenzug dann auch entdeckt, dass ein Roman annähernd derselben Länge – etwa „Blue Mondays“ von Emily Dubberley2 – es lediglich auf 8 Kapitel bringt (freilich, zugege­ben, mit stärkerer Binnengliederung innerhalb der Langkapitel) und dabei eine deutlich stärkere Personenzeichnung mitbringt, dann ist man doch ein wenig befremdet von der aktuellen Lek­türe.

Quinn schreibt, fand ich darum, erkennbar für Leser mit einer geringeren Aufmerksamkeitsspanne und hat vielleicht die Ge­schichte schon in Fortsetzungen im Netz publiziert. Für die Ver­öffentlichung wäre es geschickter gewesen, die zahlreichen sehr kurzen Kapitel (selten mehr als 5 Seiten lang) in einer übergeordneten, weitläufigeren Struktur einzufangen.

Wieder fällt außerdem der relativ starke Tunnelblick auf, die in­tensiven Selbstzweifel Sophias beginnen etwa ab der Hälfte des Textes ein wenig zu nerven. Interessant dagegen ist es, dass die Autorin ihr Pulver nicht schon im ersten Teil der Trilogie ver­schießt, sondern sich deutlich Potenzial für die Fortsetzungen aufhebt.

Man kann also mit dem Roman bei rascher Leseweise – bei mir: 3 Tage – durchaus warm werden, und ich schätze die Intensität des Textes höher ein als etwa bei Vina Jackson, gleichwohl bin ich mir noch nicht sicher, wie gerne ich diese Trilogie bei mir be­halten werde … aktuell gebe ich dem Band 3 von 5 möglichen Sympathiepunkten, also attestiere ich eine eingeschränkte Le­seempfehlung, primär für Leser mit einem eher begrenzten Le­sehorizont (so dass ihnen Vergleichsmöglichkeiten mit besser gelungenen Romanen des Genres fehlt) und für jene, die eher wenig Zeit am Stück in eine Romanlektüre investieren können.

Es kann natürlich sein, dass Quinn sich noch steigert. Aber wenn man sieht, dass Teil 2 des Zyklus bei vergleichbarer Ro­manlänge auf 109 (!) Kapitel kommt, ist das wohl eher nicht zu erwarten.

Die Analyse dieses zweiten Bandes folgt darum alsbald.

© 2018 by Uwe Lammers

Ihr merkt deutlich: Am Ende war ich nicht mehr so gar begeis­tert. In drei Wochen bespreche ich dann den zweiten Teil. In der nächsten Woche kommt ein Werk zur Vorstellung, das ein völlig anderes Kaliber darstellt. Lasst euch da mal überraschen.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Die kurzlebige, sich daran anschließende E-Book-Serie wurde ebenfalls nach wenigen Bänden eingestellt … in meinen Augen das ganz falsche Signal.

2 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 235 vom 25. September 2019.