Liebe Freunde des OSM,

wie jedes Jahr stand der Monat Oktober einmal mehr unter dem Banner des „Geburtstagsmarathons“. Nicht nur jährte sich mein eigener Geburtstag, sondern auch zahlreiche meiner Verwand­ten und Freude hatten den selbigen in diesem Monat. Und dann gab es natürlich noch so ein paar „Specials“, wie ich das nen­nen möchte, die auch noch Zeit beanspruchten: Die Silberhoch­zeit meines Bruders … und schließlich auch mein Besuch auf dem Buchmesse-Con in Dreieich-Buchschlag, wo ich das letzte Mal anno 2016 gewesen war. In den immer noch akuten Corona-Zeiten war das dieses Mal doch ein gewisses Abenteuer.1

Ansonsten zeichnete sich dieser Monat durch eine stärkere Zu­nahme der Lektüre (und damit der Rezensionsaktivität) aus und durch eine weniger konzentrierte Fokussierung auf einzelne grö­ßere Schreibprojekte (wie etwa einen speziellen KONFLIKT des OSM, ein längeres Werk des Archipels oder des Erotic Empires). So gesehen könnte man sagen, es sei gewissermaßen ein etwas zielloser Monat gewesen, aber so würde ich das nicht sehen. Speziell deshalb nicht, weil es ja doch eine ansehnliche Zahl von Resultaten gab. Sehen wir uns das mal im Detail an.

Der Monat Oktober 2022 schloss mit 27 vollendeten Werken, von denen – eingestanden – die meisten Rezensionen und Blog­artikel waren. Aber ansonsten gab es doch nette Fortschritte:

Blogartikel 512: Work in Progress, Part 118

(Verspielt – Erotic Empire-Story)

(Blogartikel 500: Oki Stanwers Kinder)

Anmerkung: Es ist unüblich, dass ich so lange an einem Blogar­tikel herumdoktere … aber das ist hier ja nicht einfach irgendei­ner, sondern ein sehr spezieller, der gut vorbereitet werden will. Daran sollte ich mich dann energischer im Monat November machen.

(OSM-Wiki)

16Neu 28: Die Entführung

13Neu 40: Sortans Saat

(16Neu 33: Die Macht im Zentrum)

16Neu 29: Sprung in die Feuerhölle

16Neu 30: Auf den Spuren der Zyw-Grynoth

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(16Neu 34: Die Warnung)

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

Anmerkung: Das war nur eine kurze Stippvisite, weil mir noch ein neues Kapitel einfiel, das ich einarbeitete … quantitativ kaum der Rede wert. Und ich war auch recht flink hiervon wie­der weg.

Blogartikel 501: Close Up – Der OSM im Detail (41)

(Die Rollenspielerin – Archipel-Novelle)

Auch das kann man nur eine kleine Stippvisite nennen, ein Strohfeuer, das nicht von langer Dauer war.

13Neu 39: Blutiger Regen

(16Neu 31: DEATH-ZHONYA)

(HdH 11: Schiffbruch auf dem Südmeer)

Anmerkung: Es juckte mich zwar in den Fingern, hieran weiter­zuschreiben, und ein wenig ergänzt wurde das Fragment. Aber hier gibt es das Problem eines Zeitsprungs innerhalb der Episo­de … und während der ältere Teil recht klar vor meinem inneren Auge stand, ist der jüngere Abschnitt noch verschwommen. Also stellte ich die Weiterarbeit ein und warte seither darauf, dass die Bilder sich konkretisieren. Das kann noch ein Weilchen dauern – oder eben auch sehr schnell gehen. Ich kann das aktu­ell noch nicht sagen.

(13Neu 42: Verräter an der Menschheit)

(13Neu 41: Das Anti-Stanwer-Team)

(16Neu 32: Duell auf Artefakton)

Blogartikel 509: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LII)

Blogartikel 517: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LIII)

(13Neu 44: Das Schädeldorf)

Blogartikel 505: Close Up – Der OSM im Detail (42)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(13Neu 45: Desaster in Garos)

(13Neu 46: Das Säurebad)

Anmerkung: Mit diesen drei 13Neu-Episoden treibt das Gesche­hen der Serie auf die dramatische Trilogie der Bände 48-50 zu, und das ist zurzeit (seit 2008, wenn ich ehrlich sein soll) der Überarbeitungsrand des CLOGGATH-KONFLIKTS in Romanform. Da hatten mich andere Schreibprojekte gründlich ausgebremst.

Aktuell verbinde ich mit diesem beschleunigten Digitalisie­rungsfortschritt die Hoffnung, dass der Überarbeitungsprozess sich anno 2023 wieder beschleunigt, wenn ich die Lücke zu den Episoden 13Neu 51 und 13Neu 52 schließe, die schon digitali­siert sind. In der Regel kenne ich das aus anderen komplexen Zusammenhängen – etwa durch Glossartätigkeit – , dass so et­was mittelfristig stimulierenden Einfluss auslöst. Hier ist das hoffentlich sehr ähnlich. Es könnte auch die Weiterarbeit am CK-E-Book „Monstererwachen“ fördern. Drückt mir mal die Dau­men, Freunde!

(16Neu 35: Die violetten Lichter)

(Rhondas Aufstieg – Archipel-Roman)

Anmerkung: Hieran ging es dann ganz kurz vor dem Monatsen­de weiter, weil ich in einer recht dramatischen und turbulenten 5-Personen-Diskussion im August abgestorben war. Zur Reakti­vierung las ich ein paar hundert Seiten davor und stieg dann wieder ein in das Weiterschreiben. Ich kam nicht wirklich sehr weit, etwa 20 Seiten, um die Szene abzuschließen und Hand­lungspfade für die nähere Zukunft zu skizzieren. Und beizeiten kehre ich hierher zurück. Gegenwärtig herrscht hier aber wieder Funkstille.

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(Glossar des Romans „Rhondas Aufstieg“)

(Himmelfahrtskommando – OSM-Story)

Anmerkung: Tja, und auch an diese furchtbaren Geschichte, die im KONFLIKT 4, also der Serie „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ spielt, feilte ich am letzten Tag des Monats Oktober noch flink und kam echt ein paar Seiten weit. Vielleicht deutet das ja an, dass ich im Monat November verstärkt neue OSM-Episoden schreiben werde? Kann ich noch nicht sagen, aber hoffen wir mal das Beste.

Sodele, damit wären wir dann durch die gesamte Aufstellung meiner kreativen Projekte des zurückliegenden Monats durch. Insgesamt bleiben also 10 Werke sichtbar, die ich unter Berück­sichtigung des Fokus auf OSM, Archipel und Erotic Empire voll­enden konnte. Ich bin aber durchaus guten Mutes, dass sich das im kommenden Monat noch ein wenig nach oben korrigieren lassen wird, ehe es im Dezember dann den traditionellen Ein­bruch gibt … Dezemberkorrespondenz, ihr wisst schon.

Lassen wir uns mal überraschen, wie die Dinge sich in den kom­menden vier Wochen entwickeln werden, in denen sich mein Coaching fortsetzt und hoffentlich irgendwelche positiven Job­möglichkeiten sich auftun. Daumen drücken kann nicht scha­den, Freunde!

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Über diese Erlebnisse habe ich in einem entsprechenden Conbericht geschrieben, der im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA) 471 im Dezember 2022 erschienen sein wird, ehe ihr diese Zeilen lesen könnt. Aktuell ist das noch Zukunftsmusik, da wir ja erst den 1. November 2022 schreiben.

Rezensions-Blog 409: Die Schätze von Rande

Posted Juni 21st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Schatzsuche ist, würde man in der – in meinen Augen eher lä­cherlich anbiedernden – Sprechweise der Gegenwart vermutlich sagen, „gleichsam Teil meiner DNS“. Das ist natürlich Schwach­sinn, aber so reden die Leute vielfach heutzutage, in Interviews, in Zeitschriftenartikeln und Fernsehsendungen (wobei sie dann munter in die deutsche Rede die englische Floskel „DNA“ ein­flechten, aber konsequent vergessen, sie auch englisch zu beto­nen, wiewohl das „A“ für „Acid“ steht … ich bevorzuge, wenn überhaupt nötig, die deutsche Abkürzung DNS und entziehe mich diese anglophilen Anbiederung).

Ich für meinen Teil pflege stattdessen zu sagen, dass ich schon im Kindesalter fasziniert von Schätzen war. Da ging es mir durchaus sehr ähnlich wie den Unternehmerbrüdern Rick und Marty Lagina in der Dokumentationsserie „The Curse of Oak Is­land“. Die Welt war für mich damals als Kind einfach unendlich weitläufig, und überall konnte es von verborgenen Schätzen wimmeln. Während ich die quasi vor der Haustür nicht wahr­nahm (noch heutzutage werden bei Erdarbeiten in Deutschland ständig jahrtausendealte Relikte und Schatzhorte gefunden), er­wärmte ich mich sehr für Piratenschätze, versunkene Kulturen in fernen Ländern und dergleichen.

Ähnlich geht es auch dem Amerikaner John S. Potter jr., als er in den frühen 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in Südeuropa weilt und das Tauchen mit der gerade frisch erfundenen Aqualunge erlernt. Denn hier hört er auf Mallorca von einer versenkten Schatzflotte direkt vor der französischen Küste und denkt sich: Das kann doch nicht so schwer sein, auf diese Weise durch eine Tauchexpedition reich zu werden.

Und so macht er sich auf zur Bucht von Vigo, und das Abenteu­er nimmt seinen Lauf. Einfach mal weiterlesen:

Die Schätze von Rande

(OT: The treasure Divers of Vigo Bay)

von John S. Potter jr.

Georg Westermann Verlag, 1964

260 Seiten, geb.

Aus dem Amerikanischen von Eva Spiegel

Gelegentlich entdeckt man die interessantesten Schätze eben nicht auf dem Grund des Meeres, sondern im eigenen Bücherre­gal. So verhielt es sich auch mit diesem im Jahre 2001 antiqua­risch gekauften Buch, das gleichwohl durchaus auch mit versun­kenen Schätzen auf dem Meeresgrund zu tun hat. Der Leser wird jedoch rasch merken, dass dies nicht eben das Kostbarste ist, auf das man hier treffen kann.

Wir müssen uns auf eine Zeitreise einstellen, um das Buch wirk­lich würdigen zu können als das, was es ist. Der amerikanische Autor John S. Potter jr. hat es im Verlag Doubleday & Company in New York bereits 1958 publiziert und die – höchstwahrschein­lich gekürzte – Version ist dann 1964 in Braunschweig erschie­nen, und dies zu einer Zeit, als internationale Standard Buch­nummern (ISBN) wohl noch kein Thema waren. Das Buch besitzt jedenfalls keine und ist gewiss nur noch antiquarisch zu erhal­ten. Es lohnt allerdings durchaus den Versuch, es zu erwerben, wie man noch sehen wird.

Alles beginnt mit einem Ausflug nach Mallorca Mitte der 50er Jahre. Der junge Potter (über dessen biografischen Hintergrund man leider sehr wenig erfährt) lernt hier das Tauchen mit der damals noch neuen Aqualunge, die Jacques-Yves Cousteau und sein Kollege Gagnan 1943 entwickelt haben. Begeistert von die­ser Erleichterung des Tauchens, wird Potter schwach, als er schließlich bei einem Madridaufenthalt in einem Buch den Satz liest: „Oder nehmt Vigo an der Nordwestküste Spaniens; an Reichtum kommt nichts den Schätzen in dieser Bucht gleich, wo die größte Silberflotte der Geschichte ruht.“

Schatztauchen! Das klingt unglaublich spannend.

Vigo liegt quasi direkt um die Ecke, tauchen kann er auch … und so begeistert sich John S. Potter für die Schatzsuche. Er organi­siert eine Gruppe von Gleichgesinnten, holt eine Konzession für die Schatzsuche ein, besorgt sich das technische Equipment und gründet eine Finanzierungsgesellschaft – und los geht das Abenteuer.

Er hat freilich noch keine Ahnung davon, WIE abenteuerlich es werden wird …

Die Geschichte selbst, dessen Folgen der junge Amerikaner nachspürt, reicht zurück in die Zeit des spanischen Erbfolgekrie­ges (1701-1714). Ausgangspunkt ist eine Seeschlacht. Sie fand am 23. Oktober 1702 in der Bucht von Vigo vor der galizischen Küste statt (nach damals gültiger englischer Zeitrechnung am 12. Oktober), und es standen sich auf der einen Seite die spa­nisch-französische Allianz, auf der anderen eine englisch-nieder­ländische Flotte gegenüber.

Admiral Sir George Rooke und Philipp van Almonde versuchten, die spanische Silberflotte, die in der Bucht von Vigo ankerte, in ihren Besitz zu bringen. Im Verlauf des erbitterten Kampfes ge­gen die Kommandanten François Louis Rousselet de Chateau-Renault und Manuel de Velasco wurden alle spanisch-französi­schen Schiffe (30 an der Zahl) entweder in Brand geschossen, liefen auf Riffe und sanken bzw. gerieten erobert in die Hand der Angreifer. Mit der Zahl von ca. 800 Toten auf alliierter Seite und rund 2000 Toten auf der Seite der Franzosen und Spanier ist das Gefecht historisch eher klein dimensioniert, es war auch in keiner Weise kriegsentscheidend, da viel von den Schätzen der Silberflotte vor der Attacke auf dem Landweg in Sicherheit ge­bracht werden konnte.

Dennoch wurde mit den Schiffen viel an Silberschätzen ver­senkt, und noch Ende des 19. Jahrhunderts konnte der französi­sche Schriftsteller Jules Verne imaginieren, dass sein mythischer Kapitän Nemo einen erheblichen Teil seines Reichtums aus den versunkenen Galeonen in der Bucht von Vigo bezog.

John S. Potter jr. jedenfalls ist 1957 überzeugt davon, dass die Schätze noch auf dem Grund der Bucht liegen (zumindest zum Teil) und man sie sich mit der überlegenen Technik einfach nur noch holen muss. Er fühlt sich den Tauchern früherer Expeditio­nen, die mit klobigen Helmtaucherausrüstungen mühsam auf dem Grund herumwanken mussten (man vergleiche hierzu etwa die sehr nützlichen Illustrationen von Gustave Doré in den Jules-Verne-Büchern, eben auch in „Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer“), weit überlegen. Und so brechen er und seine Freunde frohgemut auf, nachdem sie ein wenig in Archiven und publizierten Büchern gewühlt haben, voller Elan und Begeiste­rung, in wenigen Wochen, spätestens Monaten als gemachte, reiche Männer von der Bucht von Vigo zurückzukehren.

Was folgt, ist eine Geschichte erstaunlich vergnüglicher Ernüch­terung. Und das ist durchaus kein Widerspruch.

Die spanische Provinz Galizien Mitte der 50er Jahre – der Dikta­tor Franco ist noch an der Macht – , wo die Bucht von Vigo nun einmal liegt, ist, vorsichtig formuliert, alles andere als fort­schrittlich oder auch nur aufgeschlossen dem Fremden gegen­über. Vom ersten Moment an muss der tatendurstige Schatzsu­cher das begreifen:

Es gibt Probleme mit dem Zoll, der seine „ausländische“ Ausrüs­tung nicht passieren lassen möchte, auch erweisen sich die Straßen als schlaglochübersäte Pisten, manchmal nicht mehr als bessere, unbefestigte Feldwege, die oftmals – ohne eine Art von Geländer – am schwindelerregenden Abgrund vorbeiführen.

Der Gegenverkehr ist ebenfalls gewöhnungsbedürftig: Maulesel, Viehherden und gelegentlich altersschwache Busse überwiegen (ich überlasse dem Leser das Vergnügen, zu lesen, was über die motorisierte Technik hier geschrieben wird – „abenteuerlich“ wird der Sache eigentlich nicht mehr gerecht, das ist schon ein Stück heftiger). In den Dörfern Galiziens rennen munter Kinder und Tiere über die Straßen, ohne sich um Autos zu scheren, und gelegentlich bleibt Potter in Menschenaufläufen stecken. Wenn er nicht Störenfried ist, dann ist er „Sensation“. Das hat seine guten wie schlechten Seiten.

Die Begrüßung an der Bucht ist ähnlich unerwartet: das wich­tigste Wort hier lautet „mañana“, was man auch mit „patiencia“ oder „Geduld“ übersetzen könnte. Und die Menschen hier sind arm. Arm und misstrauisch. Beides erweist sich als ungeahntes Hindernis für die Schatzsuche. Wer – wie der naive Potter – glaubt, mit Geld könne man gewiss und selbstverständlich die Hilfsbereitschaft oder Auskunftsfreudigkeit der Bewohner anfa­chen, macht die verblüffende Entdeckung, dass diese Freigebig­keit ganz andere Reaktionen auslöst.

Man dreht ihm etwa ein untaugliches Schiff mit einem noch un­brauchbareren Motor an. Von der Crew ganz zu schweigen, die eigentlich nicht zu verwenden ist (aber wegen der Arbeits­schutzbestimmungen, das erfährt Potter schnell, ist es fast un­möglich, der Crew zu kündigen! Er versucht es natürlich trotz­dem). Die Fischer sind aus interessanten Gründen wenig bereit, ihm zu helfen, die Technik versagt immer wieder, die Schiffe, die doch einfach so auf dem Grund der Bucht liegen sollen, scheinen sich versteckt zu haben, das Wasser ist eisig kalt und überaus schlammig …

Man kann sich kaum eine abenteuerlichere Geschichte vorstel­len als das Panorama, das John S. Potter jr. hier entwirft und vor dem jugendlichen Lesepublikum (denn das Buch ist ja schließ­lich bei Westermann in der Jugendbuchreihe erschienen) aus­breitet. Es ist ein mächtig unterhaltsames Garn, das den Leser des Öfteren vor Unglauben in lautes Lachen ausbrechen lässt und vor allen Dingen zwei Dinge zeigt:

Wie oberflächlich und naiv der Autor anfangs an die Expedition heranging, zum anderen aber auch, wie faszinierend provinziell und doch zugleich mit gewisser Bauernschläue die Bevölkerung vor Ort die lang währende Anwesenheit der Ausländer hin­nimmt, sie teils buchstäblich „ausnimmt“, dann aber auch wie­der eine seltsame Form von schrulligem Respekt entwickelt. Die Beziehung zwischen dem Tauchteam und der Ortsbevölkerung wandelt sich auf bemerkenswerte, höchst amüsante Weise, und es ist einfach ein Mordsvergnügen, das nachzulesen.

Gewiss, wer auf Gold und Silber aus ist, wird vielleicht ent­täuscht aus dem Buch wieder auftauchen. Dasselbe mag den Lesern widerfahren, die sich brennend für die Seeschlacht von Vigo interessieren.1 Und wer mehr über das Schicksal des in die­sem Buch genannten britischen Admiral Clowdisley Shovell er­fahren möchte, der sei auf Dava Sobels ausgezeichnetes Buch „Längengrad“2 verwiesen. Doch wie erwähnt, man wird durch andere Arten von Schätzen und vergnüglichen Schilderungen alltagsgeschichtlicher Art mehr als entschädigt.

Ein wenig bedauerlich ist indes, dass der Verlag meinte, er müs­se den Titel des Buches abändern (vielleicht, um vor ungerecht­fertigten Erwartungen geschützt zu sein). Aber das Buch nach der doch wenig bekannten „Straße von Rande“, einem Verbin­dungsstück der Bucht von Vigo zur Bucht von San Símon, zu be­nennen, war doch wenigstens etwas unglücklich. Zumal erhebli­che Teile des Buches gar nicht von Rande handeln. Und auf dem Umschlag etwas von „Tiefseetauchern“ zu murmeln, wobei aus der Handlung klar hervorgeht, dass unterhalb von 50 Metern das Tauchen mit der damals handelsüblichen Aqualunge nur un­ter höchster Lebensgefahr möglich ist, das grenzt schon an Feh­linformation.

Ansonsten jedoch ist es ein sehr amüsantes, unterhaltsames Buch, das zur Lektüre empfohlen werden kann. Kurzweil ist ga­rantiert.

© 2007 by Uwe Lammers

Natürlich können die Leser, die hier auf gehobene Gold- und Sil­berschätze aus dem Meer hofften und nun lange Mienen ma­chen, enttäuscht sein. Aber wie ich es betont habe, der eigentli­che Wert des vorliegenden Buches liegt nicht wirklich in geho­benen Preziosen vom Meeresgrund. Das wäre sozusagen nur das Sahnehäubchen auf dem Abenteuer.

Hier kann man sehr viel mehr davon ausgehen, dass der Weg gleichsam das Ziel ist und man so auf die faszinierenden Klei­nigkeiten hingewiesen wird, die abseits des intendierten Zielpfa­des liegen. Unterhaltsam geschrieben, mitreißend übersetzt und abenteuerlich im wortwörtlichsten Sinne ist das ein Leseaben­teuer, das wirklich die investierten Stunden Lektüre wert ist.

Bis nächste Woche dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Diese Leser seien dann auf das Buch des belgischen Tauchers Robert Stenuit, der auch in diesem Buch Teil des Tauchteams ist, hingewiesen, das 1959 im Ullstein-Verlag unter dem Titel „Die Schatzsucher von Vigo“ erschien. Ebenfalls hilfreich und interessant ist die Internetseite „Seeschlacht von Vigo“ in der Online-Enzyklopädie WIKIPEDIA.

2 Vgl. Dava Sobel: „Längengrad“, Berlin 2001. Vgl. dazu auch den Rezensions-Blog 101 vom 1. März 2017.

Blogartikel 515: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 44

Posted Juni 18th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wir waren vor fünf Wochen mitten in hochdramatischen Ereig­nissen stehen geblieben, die sich hier nun nahtlos fortsetzen. Eine kurze Erinnerung zur Einstimmung:

Oki Stanwer, der Mann aus dem Nichts, glaubt sich auf der Frei­handelswelt ELDORADO in Sicherheit, weil er die Verfolger aus der Sternenreichsunion (SRU) erfolgreich abgeschüttelt hatte und sogar die SRU-Diplomaten ausgewiesen worden waren. Zu­dem hatte er mit der Zynolerin Miriam eine leidenschaftliche Geliebte gefunden und mit Thor Gordenbeyl und dem Regenten von ELDORADO, Harg Segor, zwei Helfer des Lichts. Auch der rätselhafte Soffrol stand inzwischen fest an seiner Seite … was sollte also passieren?

Nun, die Sternenreichsunion mit ihrem Zentralplaneten Terra er­klärte kurzerhand ELDORADO den Krieg und fiel unter dem Kommando von Commodore Hareb Simk, dem Erzfeind Oki Stanwers, ins Freihandelssystem ein.

In letzter Sekunde gelang es durch Okis Bluff, der sich auf schreckliche Weise als Realität erwies, die Freihandelswelt vor der Invasion zu schützen – die so genannten „Lontreks“, das ro­botische Matrixfehlervolk der All-Hüter, radierte mit überlege­ner Waffenmacht die SRU-Streitmacht aus.

Aber die Sorge, dass sie nun mit Terra und dem Rest der Ster­nenreichsunion gleich weitermachen werden und die Mensch­heit so der letzten militärisch starken Streitmacht gegen die Ge­fahr des „Galaxienbezwingers“ berauben, zwingt Oki Stanwer zu neuem Handeln …

Episode 21: Der Weltraum-Vulkan

(1989, digitalisiert 2022)

Fortsetzung der Handlungsströmung der Bände 18-20: Oki Stan­wers Befürchtung wird Realität – die All-Hüter nehmen Kurs auf Terra, und es ist offenkundig, dass sie eine umfassende Bestra­fungsaktion planen, die wohl in ein Massenmorden ausarten wird. Das muss unbedingt verhindert werden.

Als die All-Hüter-Flotte überraschend im Wega-System nahe der Erde stoppt, sieht Oki, der mit Thor und einem kleinen eldorada­nischen Schiff die Verfolgung aufgenommen hat, eine Chance zu einem Gespräch. Er hat keine Ahnung, warum die Schiffe stoppen.

Der Ritter vom Goldkristall namens Ekkon ist da schon etwas schlauer. Er ist bekanntlich erst einmal auf ELDORADO in Er­scheinung getreten, als er Oki Stanwer im Kampf gegen Hareb Simk das Leben rettete. Hier besucht er nun das Wega-System, in dem Millionen Kolonialterraner leben. Anlass dafür ist ein ei­genartiger entropischer Impuls, der den bisherigen Daten wider­spricht. Alles scheint darauf hinzudeuten, dass ein neuartiges entropisches Phänomen sich ausprägt … und das müssen die Bediensteten der Sieben Lichtmächte unbedingt genauer in Au­genschein nehmen.

Ekkon ist sich darüber im Klaren, dass das Entropie-Schutzsys­tem der Baumeister, die Kegelwelten, nicht mehr richtig funktio­nieren, darum ist solche Kenntnis wichtiger denn je. Hier erfährt man als Leser, dass es augenscheinlich mehr als eine Kegelwelt gibt. Und auch, dass ein Besuch auf Aquamarin tödlich ist – Ek­kon stellt bestürzt fest, dass der ganze Raumsektor instabil zu werden droht … und dass der „Kalte Tod“ die Siedler unaufhalt­sam dahinsiechen lässt. Ihn erwischt es auch beinahe. Gerade noch rechtzeitig gelingt ihm die Flucht.

Dann erscheinen die All-Hüter unter Klivies Kleines im System und sind alarmiert, weil das System so gar nicht auf ihr Erschei­nen reagiert … sie vermuten eine Falle, und Kleines entscheidet sich für eine Spähmission auf Wega II, wo er erschrocken diesel­be Entdeckung macht wie Ekkon.

Aber ehe er den Rückzugsbefehl geben kann, taucht ein weite­res Raumschiff im System auf, die ARCTUR von ELDORADO. Und als Helfer des Lichts spürt er sofort die Gegenwart Oki Stan­wers, der durch die entropische Strahlung selbst in Lebensge­fahr gerät.

Und als wenn das noch nicht genügen würde, bricht die Raum­zeitspannung zusammen, und das befürchtete entropische Phä­nomen verwandelt den Weltraum in ein Flammenmeer – als wäre im Weltraum ein Vulkan ausgebrochen …

Episode 22: LICHTKÄMPFER

(1989, digitalisiert 2022)

Fortsetzung der Handlungsspur aus Band 21: Im Wega-System und unter dem direkten Eindruck des mörderischen Weltraum-Vulkans, dessen Strahlungsvorboten die Bevölkerung auf den Siedlerwelten des Wega-Systems sterben lassen, treffen Oki Stanwer und Klivies Kleines zusammen. Kleines, der aus seiner Identität ein Geheimnis macht, weil er gegenüber Z-NULL und den All-Hütern nicht zugeben kann, ein Helfer des Lichts zu sein, um sein Leben zu retten, muss eine harte Strategie fahren.

Die beiden Freunde treffen auf der Hülle eines All-Hüter-Schiffes zusammen und führen, zunehmend durch die entropische Strah­lung geschwächt und geschädigt, ein wütendes Wortgefecht, bei dem der maskierte Kleines die Oberhand behält. Im buch­stäblich letzten Moment trennen sich die beiden nun verfeinde­ten Freunde und kehren auf ihre Schiffe zurück.

Die All-Hüter haben inzwischen eine strategische Neubewertung der Situation herbeigeführt. Wenn die Sternenreichsunion im­stande ist – und so scheint es ja – , einen entropischen Wall um ihr Zentralsystem zu legen, dann muss sie augenscheinlich mit dem FEIND, also TOTAM, im Bunde sein. Ein Direktvorstoß er­scheint deshalb zu riskant, und Kleines ist durch die entropische Strahlung so verletzt, dass er dringend aus dem Krisengebiet entfernt werden muss.

So verschwindet die Streitmacht der All-Hüter so geisterhaft in den Tiefen der Milchstraße, wie sie gekommen ist. Aber das ist natürlich nicht das Ende vom Lied.

Ekkons Vorgesetzter, der Matrixkoordinator, der nur als DER LEUCHTENDE bekannt ist, begibt sich mit einem Egotransmitter an Bord der ARCTUR, wo er die bestürzte Entdeckung macht, dass alle Besatzungsmitglieder im Sterben liegen. Nur Oki Stan­wer und Thor Gordenbeyl, die durch ihr wesentlich höheres Pri­märenergiepotenzial noch geschützt werden, haben eine Über­lebenschance.

Er programmiert darum einen Rücksturzkurs nach ELDORADO und entschwindet wieder. Auf diese Weise rettet er zumindest Okis und Thors Leben.

Am Horizont dräut aber nun durch die Prognose der All-Hüter unabweislich neue Gefahr – wenn die SRU als klarer Feindstaat eingestuft wird, ist ein massierter Angriff Z-NULLS wohl nur noch eine Frage der Zeit …

Episode 23: Ekkons Mission

(1990, digitalisiert 2022)

Blende ins Reich der Artaner: Die uralte Insektoidenkultur nistet nahe dem Galaxiszentrum und hat in Jahrtausenden eine hoch entwickelt Technokultur geschaffen. Seit dem Vertreiben der artanischen Besatzungsarmee von Terra vor einigen Jahrhunder­ten sind Terra – heute: die Sternenreichsunion (SRU) – und sie aus begreiflichen Gründen absolut antagonistische Mächte, und der Kontakt zu den Artanern ist äußerst flüchtig. Hier regieren primär Vorurteile rassistischer Natur.

Das bedeutet nicht, dass niemand von der terranischen Seite mit den Artanern Kontakte pflegt. Die Otanier beispielsweise ha­ben enge Handelskontrakte mit ihnen, ebenfalls diverse autono­me Händlergruppierungen.

Das Händlerschiff CANDOORIS von der Händlerwelt Mountain Grace landet im Mai 3896 auf der Artaner-Welt Slyakoor. An Bord hat es einen besonderen Passagier, einen kleinwüchsigen, in ein weißes Gewand gekleideten Mann, der sich Ekkon nennt. Der Ritter vom Goldkristall soll im Auftrag des LEUCHTENDEN ausloten, was hinter den hysterischen Gerüchten steckt, die im zersplitterten terranischen Kolonialreich kursieren. Hier heißt es, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis die SRU und die Artaner als Erzfeinde aufeinander losgehen.

Ekkon hofft, dass das nicht zutrifft.

Er sucht Kontakt mit der Zentralregierung, gerät aber zu seinem Pech an einen Artaner namens Yilkar, der seinen Namen abwei­chend von der Wahrheit als Ryllhin angibt. Das allein macht den Leser schon misstrauisch. Und mit Recht – denn anstatt nun zu einem Hotel gebracht zu werden, gerät Ekkon in die Hände von artanischen Extremisten, die nichts Geringeres anstreben, als ihn, den vermeintlichen „Terraner“, kurzerhand zu opfern!

In letzter Sekunde greift ein Kommissar der Geheimpolizei Sheshay-Quiin ein, Vinyik, der ihm das Leben rettet. Aber er macht ebenfalls klar, dass Ekkons Mission augenscheinlich schon gescheitert ist – denn nun ist er eindeutig im Visier der Bruderschaft des Schwarzen Eies und seines Lebens nicht mehr sicher.

Außerdem macht Vinyik auch keinen Hehl daraus, dass es ein­flussreiche artanische Kreise gibt, die die Konfliktstimmung mit den Terranern schüren. Wenn sie die Oberhand gewinnen soll­ten, wird aus dem aktuell Kalten Krieg zwischen Artanern und SRU-Terranern sehr schnell ein heißer werden …

Episode 24: Der Artaner-Konflikt

(1991, digitalisiert 2022)

Fortsetzung der Ekkon-Handlungsschiene: Der Ritter vom Gold­kristall verfolgt unbeirrt weiter das Ziel, die artanische Mentali­tät zu verstehen und die Insektoiden dahingehend zu beeinflus­sen, dass sie sich auf die Seite des Lichts schlagen. Aber die Umstände sind klar gegen ihn, wie er schnell begreifen muss.

Der nächste Flug durch die Unterwelt von Slyakoor – einer völlig überbauten Welt, sodass die gesamte Lebenssphäre sich unter­halb der Oberfläche abspielt – , diesmal unter Polizeischutz, führt wegen Attacken der Bruderschaft zu einer Notlandung tief unter den Wohnebenen.

Hier zeigt sich, dass selbst Vinyiks Polizeiorganisation von Sym­pathisanten der Bruderschaft unterwandert ist, und Ekkon gerät so erneut in die Gefangenschaft der Bruderschaftler.

Hier denkt die führende Instanz, der geheimnisvolle Shiiroc, nicht daran, Ekkon zu opfern, wie es beim ersten Anschlag vor­schnell angestrebt wurde. Im Gegenteil – der Shiiroc, der angeb­lich die Bruderschaft leitet, ist sehr erpicht darauf, den Ritter vom Goldkristall zu sehen …

Episode 25: Auf der falschen Seite

(1991, digitalisiert 2022)

Fortsetzung von Ekkons Abenteuern auf Slyakoor: In der Gefan­genschaft der Bruderschaft des Schwarzen Eies steckend, lernt der Ritter vom Goldkristall die Wunderwelt tief unter der Ober­fläche von Slyakoor kennen – hier existieren überkuppelte Seen, Meere und Kontinente, in denen seit Jahrhunderten eine Paral­lelkultur der Artaner heranwächst, die von der Regierung des Reiches strikt bekämpft wird.

Ihm wird zunehmend klar, dass es ein schreckliches Verhängnis sein wird, wenn die hochtechnisierten Artaner dem Ressenti­ment nachgeben und den imperialistischen Bestrebungen der terranischen Sternenreichsunion militärisch Paroli bieten. Sie stehen augenscheinlich auf der falschen Seite, und er muss un­bedingt herausfinden, weshalb.

Während er in die Gefangenschaft verschleppt wird, geht zwi­schen den Sternen ein Forschungsschiff der SRU zugrunde, das von einem gnadenlosen Feind gejagt wird. Ehe die INDIAN STAR sich in eine gleißende Energiesonne verwandelt, nimmt der un­glückselige Kommandant noch an, sie hätten es mit „Lontreks“ zu tun … in Wahrheit haben sie eine ganz andere Macht aufge­stört, mit der die Artaner schon zu tun hatten. Sie haben den „Stern der Toten“ ausfindig gemacht und mussten deshalb ster­ben.

Auf dem unterirdischen Kontinent der Bruderschaft trifft Ekkon nun den Höchsten, den artanischen Priester Kliyan, der direkt dem Shiiroc berichten wird. Und in dem Gespräch wird der Rit­ter vom Goldkristall zu seinem Entsetzen gewahr, dass die Bru­derschaft allen Ernstes einen Konflikt mit den Terranern der SRU anzustreben scheint … und einen Staatsstreich, um dieses Ziel durchzusetzen.

Doch dann tritt der Shiiroc selbst in Erscheinung – ein amor­pher, humanoider Schatten, der ihn beklemmend an einen Dä­mon von TOTAM erinnert … was zum Glück nicht der Fall ist. Denn als das Schattenfeld erlischt, schaut er einem lächelnden humanoiden Mann ins Gesicht, der eine blaue Uniform trägt … eine Uniform von der Art, wie sie Ekkon zu seinem Entsetzen wohl vertraut ist – aus uralten historischen Aufzeichnungen.

Es handelt sich beim Shiiroc um einen Oki-Roboter, die allesamt im 9. KONFLIKT untergegangen sind. Damit ist er ein Matrixfeh­ler wie die All-Hüter!

Aber ehe Ekkon diese Entdeckung in voller Konsequenz durch­denken kann, wird er durch einen Baumeister-Transmitter ge­drängt, dessen Gegenstation auf dem „Stern der Toten“ steht. Und damit ist er nun mitten im Reich der Matrixfehler gelandet.

So tauscht er einen Alptraum gegen den nächsten ein. Aber sei­ne Überraschungen sind ja noch nicht zu Ende …

Nun, für diesen Artikel schon, aber Ekkons Zyklus geht mit Band 26 noch eine Episode weiter, wo es dann endgültig abenteuer­lich wird. Das kann ich schon versprechen, in der nächsten Epi­sode verliert der arme Kerl fast den Verstand, und die ganze Serienszenerie dreht sich auf haarsträubende Weise. Ihr werdet es sehen.

Für heute reicht es mit den Überraschungen und Verwirrungen hin, würde ich vermuten. Ihr merkt jedenfalls deutlich, wie die Handlung Geschwindigkeit aufnimmt und neue Höhepunkte der Dramatik ansteuert. Dieser Eindruck ist absolut goldrichtig.

In der nächsten Woche erzähle ich euch an dieser Stelle zu­nächst, was ich im Oktober 2022 so alles erreicht habe, bezo­gen auf die kreativen Leistungen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 408: Devoted 3/E: Gefährliches Verlangen

Posted Juni 14th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

heute folgt also der Schluss der Romantrilogie um Marc Black­well und die Studentin Sophia Rose, und es ist meiner Rezensi­on von 2018 deutlich anzumerken, dass meine anfängliche Zu­neigung doch schon recht abgekühlt war. Sicherlich, wer hem­mungslos romantisch ist und auf Realismus und gescheit und lo­gisch nachvollziehbar dargestellte Dramatik pfeift, der mag die­sen Band immer noch mit Gewinn zu lesen. Mir war das, tut mir leid, das sagen zu müssen, nicht mehr wirklich gegeben.

Dementsprechend fällt dann auch das Fazit aus. Aber seht euch das am besten mal in der konkreten Umsetzung meiner damali­gen Besprechung an:

Devoted 3: Gefährliches Verlangen

(OT: Bound by Ivy)

Von Susanna Quinn

Goldmann 48041

320 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48041-8

Aus dem Englischen von Andrea Brandl

Sophia Rose schwebt im siebten Himmel: Ihr Geliebter, der Schauspiellehrer Marc Blackwell vom Ivy College, in den sie sich unwiderstehlich verliebt hat und der ihre Liebe leidenschaftlich erwiderte, hat ihre Garderobe in einen Traum aus Efeu und Glanz verwandelt und macht ihr einen Heiratsantrag! Gerade noch aus der gelungenen Premiere des Musicals „The Beauty and the Beast“ an der Seite des gut aussehenden männlichen Hauptdarstellers Leo Falkirk kommend, glaubt sie sich jählings am Ziel ihrer heißesten Wünsche. Doch der Moment wird dra­matisch gestört.

Ihre hasserfüllte Mitschülerin Cecile Jefferson zerbricht die Idylle jählings, so dass die beiden Verliebten ihre Vereinigungsszene verschieben müssen. Und es gibt schnell noch weitere Schwie­rigkeiten: Sophia muss entdecken, dass ihr Vater von seiner jün­geren zweiten Frau im Stich gelassen wurde, zusammen mit dem kleinen Sohn Samuel. Und ihr Verantwortungsbewusstsein gewinnt so wieder die Oberhand. Jählings hat Sophia zwei Enga­gements – einmal eine monatelange Musicalkarriere in London, und dann parallel dazu ein äußerst forderndes „Engagement“ als Betreuerin ihres Dads und seines nun halbwegs verwaisten kleinen Sohnes.

Und die Probleme nehmen kein Ende – denn da Sophia so un­endlich viel daran liegt, dass ihr Vater der Verbindung mit Marc zustimmt, möchte sie diese Zustimmung unbedingt erhalten … aber er verweigert sie zu ihrer völligen Fassungslosigkeit. Die Gründe, die in seiner aktuellen ehelichen Situation liegen, sind nachvollziehbar: Er möchte nicht, dass sie sich in ein unkalku­lierbares Abenteuer stürzt und womöglich nachher mit gebro­chenem Herzen endet, so wie ihm das gerade widerfährt. Jedes Beteuern, dass sie doch nur Marc liebe und dies immer so sein werde, bleibt vergebens. Nun … fast. Sie kann ihren Vater zu ei­ner Bedenkzeit überreden – aber er macht zur Bedingung, dass sie Marc drei Monate lang nicht sieht und nur einmal in der Wo­che eine halbe Stunde lang mit ihm telefonieren darf.

Dies ist für beide Liebenden eine harte Anfechtung. Aber Marc hält das kurioserweise für eine gute Idee, sehr zu Sophias Un­verständnis. So gehen sie auf diese Bedingung ein, um ihre Lie­besbereitschaft zu prüfen. Zugleich verstärkt Marc derweil auf fast schon absurde Weise die Sicherheitsvorkehrungen bei So­phia, um sie in Sicherheit zu wissen. Die Gründe dafür möchte er ihr indes nicht erläutern. Das sorgt bei Sophia natürlich nicht gerade für Beruhigung.

Erst spät kristallisiert sich heraus, dass die hysterische Cecile nicht der einzige Grund dafür ist. Es gibt vielmehr noch ganz andere Leute, die Sophias Leben bedrohen, und sie sind tödlich entschlossen, ihr Ziel zu erreichen …

Der dritte Band der Trilogie um Sophia Rose und Marc Blackwell beginnt zwar temperamentvoll und romantisch, aber man muss leider konstatieren, dass das, was ich schon im vergangenen Band befürchtete, nun in voller Stärke eintritt. Der Autorin geht die Puste aus. Will heißen: Man erfährt zwar in diesem Buch eine Menge über Sophias soziales Engagement und erlebt sie als verantwortungsbewusste und treue Tochter, die fest zu ihrem geliebten Marc steht.

Aber auf der anderen Seite verzettelt sich die Autorin auf schon beinahe absurde Weise in Kleinigkeiten: Haushalte aufräumen, Mahlzeiten kochen, für den kleinen Sammy da sein, jedes ein­zelne Mal vor dem ziemlich unzurechnungsfähigen Vater einkni­cken … es ist sehr anstrengend, wenn auch durchweg unter­haltsam, das zu lesen. Die Handlung tritt mehr oder minder über zweihundert Seiten ziemlich auf der Stelle. Das ist schon sehr traurig mit anzusehen.

Es fällt sowohl auf, dass hier massiv mit dem emotionalen Weichzeichner gearbeitet wird wie auch, dass zahlreiche Hand­lungsstränge einfach gekappt werden. Wo ist beispielsweise die sich wie rasend gerierende Journalistenmeute, die ihnen beiden noch im zweiten Band das Leben schwer machte? Verschwun­den. Sophia Rose kann völlig unbehelligt mitten in London shop­pen gehen bzw. zwanzig Minuten lang zum College zu Fuß un­terwegs sein, ohne das auch nur das Mindeste passiert … realis­tisch kann man das nicht nennen, fand ich.

Es ist auch wenig glaubhaft, dass allein aufgrund der Tatsache, dass sie vermeintlich nicht mehr mit Marc Blackwell zusammen ist, all das Medieninteresse sich in Luft auflöst. So eindimensio­nal funktioniert die Presse dann wohl doch nicht. Das College löst sich nahezu völlig als Handlungsort auf, das Theater, an dem Sophia ihr Engagement auf der Bühne hat, bleibt ebenfalls völlig amorph. Hier wird massiv Potenzial für Handlung und Spannung verschenkt, fand ich. Die Verengung des Tunnelblicks war manchmal schon echt strangulierend.

Und dann diese bösen, bösen, finsteren Schurken vom Unter­grundnetzwerk PAIN, das es auf Sophia abgesehen haben soll. „Eine Frau namens Yasmina und ein Kerl namens Warren“, nennt Marc die Exponenten der Gegenseite. Er beschreibt sie als „ge­rissen, skrupellos und raffiniert“. So erwartet man natürlich eini­ges. Und wird durchweg enttäuscht, das ist ein schwerer Fehler dieses Romans. Das „Netzwerk“ scheint nur aus diesen beiden Personen zu bestehen, die genau einen Auftritt haben, ehe die Gefahr recht bald entschärft wird. Von Gerissenheit oder Raffi­nesse ist da absolut gar nichts zu entdecken, wiewohl es jede Menge Gelegenheiten dafür gegeben hätte, die die Autorin sämtlich nicht nutzt.

Es gibt im gesamten Buch ziemlich genau zwei dramatische Au­genblicke, die aber im Gesamtblick fast zu vernachlässigen sind. Statt hier wirklich dauerhafte Spannung zu erzeugen, wird alles durch die alles überdeckende Harmoniestimmung überla­gert, so dass man quasi von Anbeginn an schon weiß: Okay, sie kommen natürlich zusammen, und sie werden all diese letzten absurden Hürden überwinden usw. Dass der deutsche Titel über Gebühr dramatisierend ist und der Handlung nicht im Gerings­ten gerecht wird, ist irgendwie nicht mehr verblüffend.

Es überrascht dann auch kaum, dass die eigentliche Handlung dreißig Seiten vor Schluss aufhört und der Rest lediglich das süßliche, man ist fast geneigt zu sagen, kitschige Sahnehäub­chen darstellt. Das war doch wirklich sehr enttäuschend. Sowohl das Sträuben des Vaters wie auch Sophias ständiges Nachgeben ersetzt hier klar eine logische Handlung. Zwar erzeugt dieser überraschende Widerstand ein paar interessante erotische Handlungsmomente in der Geschichte (wie erregt man seine geliebte Gefährtin und bringt sie zum Höhepunkt, wenn man sie weder sehen noch besuchen kann? Marc Blackwell fällt da so ei­niges ein), aber sonst trägt dieser Band zur eigentlichen Hand­lung der Trilogie kaum etwas bei und wäre im Novellenformat deutlich besser und konzentrierter gewesen. Sicherlich 150 bis 200 Seiten des Buches sind schlichtweg romantisches Blabla.

Zurück bleibt der Eindruck einer sehr liebenswerten Hauptper­son, die gleichwohl doch sehr unselbstständig herüberkommt und manches Mal wirklich vom Leser gedrängt wird, doch end­lich einmal mit dem Fuß aufzustampfen, um ihrem Vater zu be­weisen, wie selbstständig sie ist. Aber wenn sie das getan hätte, wäre ja der größte Teil des Romans hinfällig gewesen, und das konnte die Autorin wohl nicht machen, weil sie auf drei Romane verpflichtet war.

Es ist nur zu hoffen, dass sie den Fehler, zu wenig Inhaltsstoff für eine Trilogie in ihren Büchern zu versammeln, in ihrem nächsten Romanzyklus „Passion“ nicht auch gemacht hat. Ich werde das beizeiten prüfen, die Bücher stehen hier bereits. Vor­erst aber sind andere Stoffe an der Reihe.

Was kann ich zur Leseempfehlung dieser Trilogie abschließend sagen? Nun, meiner Überzeugung nach ist dies Stoff für sehr ro­mantisch veranlagte Menschen, die es lieben, wenn es eher konfliktscheu zugeht und die ein großes Herz für harmonische Familienverhältnisse haben. Da bekommt man einiges mit, was nicht nur Sophia und Marc angeht, sondern auch ihren Dad und ihre beste Freundin Jen und Marcs Schwester Annabelle … da ar­beitet der romantisch-harmonisierende Weichzeichner mit voller Macht.

Echt, ich fühlte mich zeitweise in eine sehr positivierte Roman­handlung a la Peter F. Hamilton versetzt (der mit Dramatik aber deutlich besser umzugehen versteht! Ein Vergleich mit Quinn würde ihn vermutlich ernsthaft beleidigen). Und wer Sophia Rose im ersten Band schon ins Herz geschlossen hat, wird sich bestimmt auch bis zum Schluss voller Sehnsucht zur Hochzeit durchkämpfen. Oder mitleiden. Oder wie auch immer.

Ich selbst hätte es gern etwas dramatischer und realistischer gehabt, ganz ehrlich. Aber das ist in diesem Zyklus nicht zu be­kommen. Vielleicht ja, ich sagte es, im kommenden. Mal schau­en.

© 2018 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche bespreche ich ein Buch, das in gewis­ser Weise auch meiner ursprünglichen Vorstellung dessen zuwi­derlief, was darin eigentlich stehen müsste … aber man kann doch nicht sagen, dass es uninteressant gewesen wäre. Was vielleicht daran lag, dass es sich recht eigentlich um ein Sach­buch handelt. Und zudem handelt es von Schatzsuche.

Mehr dazu in sieben Tagen an dieser Stelle.

Bis dann, Freunde, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 514: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 3

Posted Juni 11th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie jüngst in Blogartikel 507 versprochen, sollen jetzt die nächs­ten Etappen dieser Berichterstattung über das Autoren-Nach­lassarchiv-Projekt in rascherer Folge erscheinen. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil die Konkretisierung allmählich Fortschritte macht und ich mich an einen Ratschlag erinnere, den ich im Jahre 2014 anlässlich meines ersten Besuchs auf der Leipziger Buchmesse zu hören bekam.

Damals war ich noch ein ziemlicher Frischling, was das Schrei­ben von Blogartikeln anging, und mir wurde ein Rat gegeben, den ich seither beherzigt habe: Wichtig beim Bloggen ist ein verlässlicher, regelmäßiger Takt. Am besten wäre ein wöchentli­cher Rhythmus des Erscheinens. Ihr wisst, wenn ihr diesem Blog seit Jahren folgt, dass ich – von einer wenige Monate währenden Auszeit anno 2021 – diesen Ratschlag immer befolgt habe. Und wenn ich mir so die Besucherklicks anschaue, die stabil im tägli­chen dreistelligen Bereich liegen und häufiger sogar in den vier­stelligen Bereich emporwachsen, dann ist offenkundig, wie sinn­voll dieser Ratschlag ist und wie gut die regelmäßige Versor­gung meiner Leserschaft mit neuen Informationen ankommt.

Bei einem neuen und langfristig gedachten Projekt wie dem des Autoren-Nachlassarchivs und seiner Genese gilt natürlich ganz dasselbe. Wenn ich hier – wie zwischen Beitrag 1 und 2 – Mona­te verstreichen lasse, ist das nicht förderlich für das Gesamtpro­jekt. Deshalb habe ich beschlossen, diese Beiträge nun deutlich rascher aufeinander folgen zu lassen. Bis Blogartikel 537 sind also insgesamt 6 Beiträge hierzu geplant, engerer Takt danach ist durchaus wahrscheinlich.

Lasst mich als noch mal kurz resümieren, worum es eigentlich geht: Ich versuche seit Frühjahr 2022, die Realisierungschancen eines Autoren-Nachlassarchivs auszuloten. Denn mir ist zuneh­mend bewusst geworden, dass nicht nur meine eigenen bislang unveröffentlichten Werke und Korrespondenzen, sondern die von sehr vielen Autoren, die versterben, von akutem Verlust be­droht sind.

In enger Abstimmung mit meinen Betreuern der Jobfabrik Braunschweig, des hiesigen Jobcenters und meines Coachs, der mit mir 2023 ein Existenzgründungscoaching absolvierte, auf das ich noch zu sprechen kommen werde, bin ich seither dabei, Netzwerke zu bilden, Mitarbeiter zu gewinnen und zu schauen, ob eine regionale oder überregional-thematische Lösung dafür in Frage kommt. Idealerweise soll das in die Schaffung einer ei­genen Dauerarbeitsstelle münden, um mich mittelfristig aus dem Jobnomadentum zu lösen.

Ich war mit der Chronologie bis zum 6. April 2022 gekommen, wo ich durch einen Neukontakt bei einem Event des Vereins KreativRegion e.V. in Braunschweig von einem Braunschwei­ger Schriftsteller erfuhr. Auch zu verschiedenen Verbänden und Institutionen hatte ich schon einen ersten Kontakt aufgenom­men. Hier nehme ich den Faden der Berichterstattung auf:

7. April 2022: Ich führte das einleitend im ersten Beitrag er­wähnte tiefschürfende Gespräch mit meinem Betreuer in der Jobfabrik und machte ihm den Gedanken an das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt schmackhaft und bekam grünes Licht. Wie dargestellt hatte ich vorher schon erste Weichen in dieser Richtung gestellt, immer getreu der Maxime: Erbringe Vorleis­tungen und schaffe schon mal Fakten, ehe du an die Öffentlich­keit gehst.

Das Vorgehen zahlt sich nach meiner Erfahrung immer aus. Ich habe seit Jahrzehnten positive Erfahrungen auf diese Weise ge­macht und bin deshalb nie mit den Arbeitsbehörden kollidiert, sondern kam stets bestens mit ihnen aus … ein solches Vorge­hen empfehle ich all denen, die mit Arbeitsagentur, Jobcenter und Ähnlichem mal zu tun bekommen sollten und die sich vor solchen Kontakten ängstigen. Wenn man sich gut darauf vorbe­reitet, gibt es zu solchen Ängsten wenig Veranlassung.

Ebenfalls an diesem 7. April erhielt ich Antwort von der Ar­chivschule Marburg mit dem Hinweis auf die letztens erwähn­te Künstlerdatenbank in Hannover, in der ich nun zur re­cherchieren begann. Auch die am 6. April aufgenommene Fähr­te zum Bund Bildender Künstler (BBK) verfolgte ich in den Regionalverband Hannover. Dies ist allerdings eine Fährte, die rasch zur Enttäuschung führte und geschlossen wurde.

8. April: Eine Recherche beim Science Fiction-Club Deutsch­land (SFCD) machte mich auf das dortige „Projekt Bücherret­tung“ aufmerksam, und ich kontaktierte den Verantwortlichen Roger Murmann mit der Frage, ob neben den Bücherbeständen verstorbener Mitglieder auch andere Materialien gesammelt und bewahrt würden. Denn mir war zu diesem Zeitpunkt schon völlig klar, dass die Bibliotheken toter Autoren eher kein Pro­blem darstellen würden, das war nicht mein Fokus. Ebenso galt das für die schon veröffentlichten Schriften – da würden Biblio­theken, allen voran natürlich die Deutsche Nationalbiblio­thek (DNB) Abhilfe schaffen … dass das nicht so unproblema­tisch war, wie ich mir zu diesem Zeitpunkt dachte, sollte ich erst noch herausfinden.

11. April 2022: Mit dem Braunschweiger Autor, den ich am 6. April auf dem Event der KreativRegion getroffen hatte1, entwickelte sich ein reger Mailverkehr. Er sah die Notwendigkeit des Projekts sofort ein – das ist übrigens ein generelles Faktum, das mich immer wieder in der Motivation bestärkt, hier aktiv zu bleiben und entgegen aller Widerstände nicht klein beizugeben – und sagte seine Unterstützung zu. Wir sollten uns, regte er an, mal zu einem persönlichen Gespräch treffen. Das sah ich ganz genauso. Wir planten das noch für den Monat April.

Am gleichen Tag recherchierte ich weiter allgemein nach Schrift­stellerarchiven, aber mehrheitlich sah es hier ganz so aus, als würden primär Schriftstellerbibliotheken und veröffentlichte Schriften bewahrt werden. Etwas mit meinem Projektzuschnitt konnte ich so nicht entdecken, schon gar nicht als Alleinstel­lungsmerkmal einer Institution.

Außerdem schrieb ich das Präsidium des Verbandes der nie­dersächsischen Kultur- und Kreativwirtschaft (VNKK) an, um die regionale Schiene des Projekts zu stärken.

12. April: Thomas Le Blanc von der Phantastischen Biblio­thek Wetzlar antwortete auf meine Anfrage vom 5. April. Der Tenor war allerdings abschlägig: Druckschriften von Phantasten würden aufgenommen und bewahrt, ja, allerdings keine E-Books und auch keine sonstigen Nachlassmaterialien. Für solche Mate­rialien seien Stadtarchive zuständig, hieß es. Damit war diese Fährte ebenfalls erloschen. Schade, wenngleich nachvollziehbar.

Am selben Tag stieß ich bei den Recherchen auf die „Zeitschrift für Fantastikforschung“ (ZfF) und stellte Informationen zur Schreibgruppe WOBBS im Netz fest. Hierzu sollte ich sagen, dass diese Schreibgruppe, deren Name sich aus den Ortskürzeln „Wolfsburg“ und „Braunschweig“ zusammensetzt, mir schon seit ein paar Jahren vertraut ist und ein temporärer Kontakt zu manchen der Autorinnen besteht. Sie waren vor der Corona-Pandemie enger mit dem Förderverein Phantastika Raum & Zeit e.V. verbunden, in dem ich auch Mitglied bin. Der jetzige Gedanke war der, sie eventuell als Multiplikatoren vor Ort ins Projekt einzubinden.

Fernerhin recherchierte ich die „Phantastische Akademie e.V.“ (gegründet 2011) und forschte etwas nach dem Braun­schweiger Kulturinstitut.

Man sieht an der Vielfältigkeit der Kontaktmöglichkeiten und In­stitutionen sowie Zeitschriften, dass es durchaus nicht so ist, als würde ich hier völlig im Neuland tätig sein. Aber die meisten dieser Pfade führten mich in Bereiche, die durch strikte Aus­schlusskriterien reguliert waren und in denen üblicherweise ge­nau das ausgeschlossen war, um das es mir zentral ging.

19. April 2022: Erster Kontaktversuch mit dem Literaturhaus Hannover e.V., wo die schon recherchierte Literaturdatenbank Niedersachsen angesiedelt war (siehe letzter Beitrag). Inzwi­schen hatte ich entdeckt, dass hier wesentlich eine Personalda­tenbank mit Kurzprofilen der niedersächsischen Literaten sowie eine Liste von Publikationen existierte. Ob das Literaturhaus darüber hinaus auch noch ein eigenständiges Materialarchiv für die Art von ergänzenden Autorenmaterialien besaß, die mir vor­schwebte, ließ sich online nicht recherchieren. Also war eine Kontaktmail angebracht. Ich sollte sehr lange auf eine Antwort warten.

21. April 2022: Mailkontakt mit dem Vater der Grünen-Politike­rin, die ich auf dem Ukraine-Event getroffen hatte, kam zustan­de. Er war in der Tat ebenfalls Autor und hatte schon ein paar Bücher veröffentlicht. Sehr positive Resonanz. Ein Treffen wurde vorgeschlagen und für den 28. April terminiert. Das Interesse am Projekt auf seiner Seite ist groß, und meine Erwartungen an das Treffen dementsprechend ebenfalls.

Roger Murmann vom SFCD meldete sich, ebenfalls positiv ange­tan von der Projektidee, die er mit dem Vorstand des Vereins erst noch im Detail besprechen wolle, ausführliche Antwort wür­de noch folgen, das könne aber dauern.

Der andere Braunschweiger Autor, den ich auf dem Ukraine-Event getroffen hatte, musste den geplanten Termin für ein Treffen auf voraussichtlich Mai verschieben. Schon hier zeigte sich deutlich, dass manche Dinge einfach viel Zeit brauchten. Das sagte ich an diesem Tag auch meinem Betreuer von der Jobfabrik, der dafür Verständnis äußerte.

22. April 2022: In einem ausführlichen Briefing mit meinem Be­treuer von der Jobfabrik kam die Idee auf, im Anschluss an die ja befristete Maßnahme Jobfabrik ein Coaching anzuschließen. Die Coaching-Agentur „Köster, Kumpe & Komplizen“ in Braunschweig (die heißen wirklich so!), mit der ich schon gute Erfahrungen gesammelt und bestens zusammengearbeitet hat­te, wurde ins Gespräch eingebracht.

Ich thematisierte in dem Gespräch weiterhin, dass es explizite Nachlassarchive in der von mir gedachten Form augenscheinlich nicht gebe (das Literaturarchiv Marbach ausgenommen, das aber höchstwahrscheinlich für die meisten regionalen oder auch überregional-phantastischen Autoren wohl eher nicht in Frage käme). Alles deute also auf eine Neugründung hin. Das Networ­king mit den regionalen Autoren, mit denen ich schon in Kontakt stand, wurde angesprochen.

Eine erste Chronologie der Projekthistorie befand sich in der Entwicklung, außerdem arbeitete ich an einem Projektplan, der mit einem in Arbeit befindlichen Artikel flankiert werden sollte. Damit würde überregional Werbung für das Projekt ge­macht werden und Mitarbeiter und Unterstützer geworben wer­den können. Im Idealfall könnte dies auch Zugang zu Fördermit­teln ermöglichen. Denn schon zu diesem Zeitpunkt war völlig klar: Finanzierung ist der wunde Punkt des gesamten Projekts. Wir leben nun mal in einer kapitalistischen Welt, wie eine gute Brieffreundin stets betont, es geht halt immer wesentlich ums Geld.

Dennoch sah ich am 22. April 2022 grundsätzlich positiv in die Zukunft, weil ich ideell von allen Seiten Bestätigung und Zu­spruch erhielt. Die Signale sollten noch wesentlich widersprüch­licher werden. Ein wenig davon ist wohl im nächsten Teil dieser Artikelserie zu sehen. Er wird als Blogartikel 523 erscheinen.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Ich habe überlegt, ob ich hier die Klarnamen der betreffenden Autoren nennen sollte, habe mich aber dagegen entschieden, da das vielleicht nicht in ihrem Interesse ist. Die Namen derjenigen, die Institutionen vertreten, scheinen mir dagegen, weil sie öf­fentliche Personen sind, die man sehr leicht recherchieren kann, unproblematisch. Dies nur als Info, warum ich an manchen Stellen eher vage bleibe, das dient dem Schutz der betreffenden Personen.

Rezensions-Blog 407: Olympos (2/E)

Posted Juni 7th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

grandiose Stoffe tragen mitunter den Keim der eigenen Selbst­zerstörung in sich. Die Autoren – und nicht selten auch die sie verlegenden Verlage – steigern sich so in die Angelegenheit hin­ein, dass sie von einer Art Hybris befallen sind, die sie blind für den Punkt macht, an dem das Großartige und Phantastische sich abnutzt und immer mehr Superlative die Geschichte ein­fach abstumpfen.

Ich erlebe das immer wieder, wenn ich mir DC-Comicverfilmun­gen anschaue, die sich regelmäßig in geistlosen Prügelszenen erschöpfen, die dann anstelle von intelligenter Unterhaltung für Dramatik sorgen sollen, aber, genau genommen, nur öde und inhaltsleer sind (bei allem Respekt: Die meisten Marvel-Filme sind da sehr viel unterhaltsamer, man schaue sich etwa nur mal die Dialogstruktur bei der Serie Loki an …!).

So ähnlich ergeht es Dan Simmons dann leider im hinteren Teil dieses Zweiteilers an vielen Stellen. Man spürt deutlich, wie er der wilden Handlung nicht mehr recht Herr wurde und einfach weiterfabulierte, die Schraube überdrehte und damit zumindest bei mir zunehmenden Verdruss auslöste.

Damit ist nicht behauptet, dass das ein uninteressanter Roman ist, er ein untalentierter Autor wäre (davon bin ich weit ent­fernt), aber es gibt eben Teile der Geschichte und besonders de­ren Auflösung, die ich zum Teil uninspiriert bis historisch-poli­tisch bedenklich fand, um es vorsichtig zu formulieren. In der Konsequenz kippte dann also, nachdem ich das Buch ausgele­sen hatte, meine anfängliche Begeisterung gründlich und kühlte doch sehr ab.

Man erkennt klar, warum etwa der Anfangsabschnitt um den Trojanischen Krieg so detailverliebt dargestellt werden konnte – weil Simmons sich hier eng an den ebenfalls sehr detailverlieb­ten Homer anlehnen konnte. In dem Moment, wo das wegfiel, arbeitete er gewissermaßen ohne Netz und doppelten Boden und begann zu straucheln … und kompensierte das mit wilden und immer wilderen Phantasien. Wer so etwas mag, kommt hier zweifelsohne voll auf seine Kosten. Aber wer den Anfang eben wegen der Nähe zu Homer geschätzt hat, dem wird eine gewis­se Ernüchterung wohl nicht erspart bleiben.

Aber vielleicht solltet ihr euch besser ein eigenes Bild machen, möglicherweise ist ja mein Urteil etwas zu streng ausgefallen, aus einer Distanz von fast 20 Lesejahren. Schaut am besten selbst, wie die historisch-phantastische Achterbahn fortgesetzt wird:

Olympos

(OT: Olympos)

von Dan Simmons

Heyne 52123, März 2006

960 Seiten, Paperback

Kosten: 15.00 Euro

Übersetzt von Peter Robert

ISBN 3-453-52123-4

Acht Monate sind seit dem fulminanten Ende des Romans „Ili­um“ vergangen.1 Und es ist viel passiert:

Seit der einstige, wieder auferweckte Philologie-Professor Tho­mas Hockenberry (Hockenbush für seine alten Freunde, doch die sind leider schon seit Jahrtausenden tot) seinen neuen Job als Kriegsberichterstatter (KBE) für die olympischen Götter auf­gab und sich anmaßte, selbst Gott zu spielen, ist wirklich die Welt auf den Kopf gestellt worden, und das gilt für alle ZWEI Welten zugleich, in denen diese wilde Rochade durchgeführt wird, von Wesen, die sich als olympische Götter verstehen bzw. von jenen, die eigentlich die Fäden in der Hand halten. Als da wären: Prospero, Setebos und Sycorax, die Hexe (manche nen­nen sie auch Circe).

Doch zunächst schalten wir einen Gang zurück, damit der ge­neigte Leser ein wenig Fuß in der Handlung fassen kann.

Seit zehn Jahren tobt der in Homers Ilias beschriebene Trojani­sche Krieg, und es geht eine Menge dort vor auf der Ebene von Ilium, das nach Thomas Hockenberrys Auffassung, der im Auf­trag der olympischen Götter Bericht darüber erstattet, nicht in den Annalen des Geschichtsschreibers stand. Das alles hängt, wie gesagt, mit Hockenberry zusammen. Als er begreift, dass er von Athene instrumentalisiert werden soll, um die Göttin Aphro­dite umzubringen, wird ihm schon mulmig. Noch mulmiger ist ihm aber zumute, als er, mit Hades-Helm (der unsichtbar macht) und einem Quantenteleportationsmedaillon ausgestat­tet, dann noch mitbekommt, dass ihn dieser Plan unweigerlich das neue Leben kosten wird. Es sei denn, er tut etwas dagegen – also sabotiert er seine Auftraggeberin.

Was dazu führt, dass die entfesselten Musen alle seine KBE-Kol­legen massakrieren. Was wiederum dahin führt, dass Hocken­berry den Trojanischen Krieg sabotiert, die Gestalt von Göttern annimmt und einen Waffenstillstand zwischen Trojanern und Griechen erzeugt – und letzten Endes geht die gemeinsame Streitmacht zusammen mit den rätselhaft auf dem Olymp auf­tauchenden Moravec-Robotern aus dem Jupiterraum, dazu über, den Olymp zu belagern, der sich als der Olympus Mons auf dem Mars herauskristallisiert.

Die vereinten Griechen und Trojaner haben nun nämlich ihren eigenen Göttern den Krieg erklärt! Und das führt wiederum zum Bombardement der arg gebeutelten Stadt Ilium durch die olym­pischen Götter – mittels Mittelstreckenraketen und nuklearer Sprengwaffen.

Den Leser schwindelt – und wie gesagt, das ist nur eine Hand­lungsebene am Ende des ersten Bandes „Ilium“.

In der zweiten Ebene, wo die Geschichte der naiven Menschen von Ardis Hall verfolgt wird, erscheint auf einmal ein kerniger, griechischer Krieger namens Odysseus (! Ja, ja, es gibt ihn zwei­mal, macht euch nichts daraus! Es gibt hier so einige Dinge zweimal, was mit zur Konfusion beiträgt) und bereitet die arglo­sen Menschen, die weder lesen noch schreiben, geschweige denn sich verteidigen können, auf einen Krieg vor, „der kom­men wird, wenn die Sterne herabfallen“.

Kryptische Worte – bis aus einem der Orbitalringe um die Erde, die die Nachmenschen vor zahllosen Jahrhunderten anlegten, Meteoriten herabzuregnen beginnen. Niemand auf der Erde weiß, dass dies letztendlich die Folge eines verzweifelten Aus­fluges der Ewigen Jüdin Savi und ihrer beiden Begleiter Daeman und Harman ist, die, aus Jerusalem auf der Flucht vor den Voy­nixhorden, vom trockenen Mittelmeerbecken von dem Avatar der Ichbewussten Logosphäre der Erde, Ariel, hinaufgeschickt wurden in den Orbit. An einen Ort, wo die „Klinik“ der Nachmen­schen steht, die jeder der heutigen Menschen in seinem Leben wenigstens fünfmal, alle zwanzig Jahre nämlich, besucht. Ein grauenhafter Ort, wo sie einen Geist namens Prospero fanden – und ein sehr reales, amphibisches und menschenfressendes Un­geheuer namens Caliban.

Zwar gelingt den beiden Männern schließlich die Flucht zur Erde, aber die Welt ist ein für allemal verändert. Niemand hat zu diesem Zeitpunkt eine Ahnung, wie sehr …

Acht Monate nach diesen dramatischen Ereignissen dreht sich die Welt weiter und stürzt den Leser in den neuen, noch länge­ren, noch verwickelteren Roman. Inzwischen sind einige Dinge klarer geworden, andere eher verwirrender:

An der trojanisch-olympischen Front herrscht ein Patt. Zwar kann an vorderster Front der griechische Heros Achilles, der meint, die Götter hätten seinen Freund Patroklos ermordet (stattdessen hat ihn Hockenberry einfach ins antike Amerika zu den Indianern quantenteleportiert, aber er wird sich hüten, das zuzugeben!), immer wieder Götter niedermetzeln, doch die ver­wandeln sich in schwarze Funkenschauer und entschwinden zum Olymp, um am nächsten Tag munter erneut in den Kampf einzugreifen.

Zwar sind die Trojaner formell Verbündete der Griechen (seit dem Tag, da Andromache, Hektors Frau, ihrem Gatten klarmach­te, dass Göttinnen ihren gemeinsamen kleinen Sohn auf bestia­lische Weise niedermetzelten; in diesem Roman kommt freilich – schon erahnt – heraus, dass sie das Verbrechen mit einem an­deren Kind verübt hat und der gemeinsame Sohn durchaus quicklebendig ist. Auch sie würde das im Traum nicht preisge­ben), doch es gibt Verschwörungen:

Der griechische, abgesetzte Heerführer Menelaos versucht, sei­ne abtrünnige Ehefrau Helena umzubringen, die zwischenzeit­lich mit Hockenberry ins Bett gegangen ist. Was soll man auch tun? In den acht Monaten zwischendurch ist ihr Gatte Paris ge­fallen, und sie ist kein Kind von Traurigkeit. Und zugleich sehr unberechenbar, was Hocky bald schmerzhaft zu spüren be­kommt.

Auf dem Olymp zettelt derweil Hera, des Zeus göttliche Gattin, einen Putsch an und schaltet ihren Ehemann wirksam aus. Und eine wutentbrannte Amazone namens Penthesilea, ebenfalls von den Göttern aufgestachelt, erscheint auf der Bildfläche, um Achilles umzunieten.

Gleichzeitig treffen die Moravec, die inzwischen auf dem Mars­mond Phobos ein Raumschiff gebaut haben, Anstalten, die Erde anzusteuern. Jene von zwei seltsamen Ringen umkreiste Erde, auf der die Menschen in Ardis Hall inzwischen erbittert ums Überleben kämpfen. Die Voynixe, jene stummen, insektenarti­gen Androidenwesen unbekannter Herkunft sind nämlich seit dem Absturz des Klinik-Asteroiden dabei, gnadenlos alle Men­schensiedlungen zu attackieren und ohne Rücksicht auf Verluste alle wenigen noch lebenden Menschen zu massakrieren.

Als würde das noch nicht genügen, stellt der durch den Aufent­halt in den Ringen kampftüchtiger gewordene Daeman fest, dass sein Erzfeind, der blutrünstige, unberechenbare Caliban, offensichtlich den Sturz aus Hunderten Kilometern Höhe unbe­schadet überstanden hat. Er ist nun auf der Erde und begibt sich zuerst nach Paris, wo Daemans Mutter lebt … als Daeman selbst hier ankommt, findet er nur noch ihren blutigen Schädel vor, eine zynische, blutrünstige Botschaft Calibans an ihn per­sönlich. Und dann reißt ein Dimensionstor auf und lässt ein gi­gantisches, auf großen Händen kriechendes Hirn nach Paris marschieren, das daraufhin in einem mächtigen Eispanzer er­starrt: Setebos ist erschienen und macht sich daran, die Energie von Schlachtfeldern in sich aufzusaugen, während seine Kreatu­ren, die Calibani aus dem Mittelmeerbecken, ebenfalls die Menschheit angreifen.

Für Daemans früheren Gefährten Harman, dessen Lebensge­fährtin, die inzwischen schwangere Ada in Ardis Hall zurückge­blieben ist, um den Kampf gegen die Voynixe zu organisieren, hat das Schicksal besonders bösartige Tücken vorgesehen: Sie führen ihn erst vom Golden Gate bei Machu Picchu zu einem grünen Geistwesen namens Ariel und zu dessen sehr bekannten Dienern, den „Kleinen Grünen Männchen“. Und schließlich zu ei­ner bizarren Konstruktion, die Ariel „Eiffelbahn“ nennt – Hunder­te von Eiffelturm-Imitaten, die über die Erde verstreut sind.

Und in Begleitung Prosperos trifft er schließlich in einem giganti­schen Grabmal über dem Himalaya auf einen schwebenden Sarg, in dem eine wunderschöne, junge Frau liegt und schläft. Und Harman glaubt einmal mehr zu träumen – denn diese Frau ist, wiewohl das völlig ausgeschlossen ist, eine jüngere Version der Ewigen Jüdin Savi …!

Nein, dies alles ist nur ein kleiner Teil dessen, was die Handlung dieses voluminösen Romans ausmacht, aber man mag es mir nachsehen, wenn ich nur ein solches Stück erzähle – das Buch enthält genug Stoff zum weitergehenden Staunen.

Wenn ich jüngst schon sagte, dass der erste Roman in der zwei­ten Hälfte etwas arg überhastet daherkam, so muss ich diesem hier attestieren, dass er in vielerlei Hinsicht Fragen offen lässt und an manchen Stellen arg melodramatisch überzieht, um schließlich – wie etwa bei Peter F. Hamilton – am Schluss so ge­künstelt Harmonie herzustellen, dass man sich eine Magenver­stimmung holen könnte.

Ignorieren wir, dass der Klappentext Professor Hockenberry hartnäckig als „Philosophie-Professor“ tituliert (er ist Philologe, aber der Klappentexter konnte das Wort offenbar nicht verste­hen).

Ignorieren wir auch Stephen Kings hysterischen Kommentar („Dan Simmons schreibt wie ein Gott. Ich kann kaum sagen, wie sehr ich ihn beneide.“), der nur zum Kopfschütteln animiert.

Ignorieren wir selbst das Credo des Romans in Bezug auf die jü­dische Kultur. Wie schon in seiner Story „Das neute Av“ in der Storysammlung „Welten und Zeit genug“2 geht es, wie man in diesem Buch schließlich erkennt, im Wesentlichen um eine et­was krude Idee, die schon im 20. Jahrhundert fröhlich noch und noch ausgewalzt wurde: Die Juden sind etwas Schlimmes, wes­wegen die arabischen Staaten alles daransetzen, sie auszulö­schen!

Ob sie ein Virus erschaffen, das (oh, welche Ironie des Schick­sals!) nahezu alle Menschen ausrottet, Araber inklusive, aber ausgerechnet die klugen Juden nicht; ob sie schließlich ein Gi­gant-U-Boot mit Sprengköpfen aussenden, die in sich mikrosko­pische Schwarze Löcher tragen, ob sie Androidenhorden mit Zeitmaschinen in die Zukunft senden (eine Idee, die wir vom Shrike aus dem Hyperion-Zyklus schon kennen, nur war sie dort viel besser und raffinierter gemacht!), letzten Endes MUSS das alles natürlich misslingen.

Eine unbehagliche, der political correctness der Gegenwart ent­lehnte Idee, die dem Leser schließlich doch den Appetit verder­ben kann. Und die zwar ganz nette, aber letztlich nicht so rich­tig ausgegorene Idee, woher denn nun Prospero, Sycorax und Caliban sowie Setebos kommen … nun ja, das ist lieb gemeint, aber Simmons deshalb als den „bedeutendsten mythenschaf­fenden Schriftsteller unserer Zeit“ zu feiern, scheint mir völlig verfehlt.

Um ehrlich zu sein, bleibt der zweite Teil des Zyklus erheblich hinter dem ersten zurück, was nicht ausschließlich daran liegt, dass die Helden der Ilias jetzt alle bekannt sind und hier nur noch – im Wesentlichen – als metzelnde Staffage dienen dürfen. Irgendwie ist die Luft raus, und alle Hinzufügungen wie Setebos oder die Eiffelbahn oder unablässig sich vergrößernde Voynix­heere und wilde Gemetzel führen letztlich nur zu einer Art von hohler Überkrustung der Geschichte.

Die Kerne der Geschichte sind entweder altbacken, Kopien aus dem Hyperion-Endymion-Zyklus oder aber nicht vollständig durchdachte und am Ende durch übertriebene Effekthascherei sich selbst zerstörende Spielereien.

Sorry, Dan … der Anfang war gut, der Schluss weniger. Viele der hiesigen Seiten hättest du dir sparen sollen.

© 2006/2022 by Uwe Lammers

In der nächsten Woche könnt ihr wieder entspannt die Sensoren auf seichtes Niveau zurück kalibrieren, da spreche ich über den Schlussband des „Devoted“-Zyklus.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

1 Siehe dazu den Rezensions-Blog 406 der vorigen Woche.

2 Die übrigens Teil dieses Zyklus ist und sinnvollerweise zur Ergänzung gelesen werden sollte – es tauchen einige Personen aus der Story in diesem Buch wieder auf.

Blogartikel 513: Langzeitprojekte 4 – Raubgut

Posted Juni 4th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

das heutige Projekt, an dem ich seit vielen Jahren mit großen Abständen arbeite und das daher zu den Langzeitbaustellen oder Langzeitprojekten zählt, kommt diesmal wieder aus dem Dunstkreis des tropischen Archipels.

Wer länger meinem Blog folgt, wird wissen, dass ich den Archi­pel als Weltkonzept um das Jahr 1997 entdeckte und zuneh­mend im Rahmen von mehrhundertseitigen Romanen erforsch­te, bis ich dann anno 2000 mit dem dritten solchen Projekt, „Christinas Schicksal“, die magische Grenze von tausend Manuskriptseiten überquerte, die seither irgendwie fast normal für ausufernde Archipelromane geworden ist.

Ich konzentrierte mich aus begreiflichen Gründen mehrheitlich auf die tropische Inselwelt des Archipels und war mir stets be­wusst, dass natürlich der Südkontinent mit seiner über viele Jahrhunderte zurück reichenden Adelskultur ebenfalls ein rei­cher Handlungsschauplatz sein würde. Doch irgendwie ergab es sich einfach nicht, hier allzu viel Bildblenden sichtbar zu ma­chen. Also simmerte gewissermaßen der Südkontinent-Hinter­grund immer so beiläufig mit, wurde in Andeutungen oder den Erzählungen alter Exilanten, die in der jungen Metropole As­maar-Len ihren Lebensabend beschlossen, sichtbar.

Meist war diesen Reminiszenzen eine gewisse schmerzliche Me­lancholie zu eigen. Die exilierten Adeligen trauerten der stolzen Hochkultur in der alten Nation Gorronien nach, die dort im Sü­den des Kontinents aufgeblüht war. Sie sehnten sich immer wie­der zurück nach den Wallfahrten zum Lichtgott-Heiligtum im Hochland von Cooriday … und mir war immer deutlicher klar, dass ich langfristig nicht umhin kommen würde, mich darum zu kümmern.

Dennoch überraschte es mich, dass sich dieser Pfad gewisser­maßen auf einem Umweg für mich als gangbar erwies. Er führte über eine interessante Nebenperson in einer noch nicht veröf­fentlichten Archipel-Geschichte. Und ja, sie war ein Seitenpfad meiner ausufernden Rhonda-Romane.

Im Geschlechterturm des Vollash-Clans in Asmaar-Len lebt anno 871 Archipelzeitrechnung, also zu der Zeit, zu der das Mädchen Rhonda allmählich in der Archipelmetropole bekannt zu werden beginnt, eine 62jährige Frau, die mit einem der Vollash-Brüder verheiratet ist. Von der attraktiven Lieblingssklavin Angela, die dem jüngsten Vollash-Spross Fensai gehört, wird sie „Tante Lisa“ gerufen. Ich ahnte damals schon nach den Andeutungen, die in dieser Story „Ein Rätsel namens Rhonda“ (2005) gemacht wurden, dass Lisa nicht auf normalem Weg nach Asmaar-Len gelangt war.

Was es genau mit ihr auf sich hatte, ahnte ich indes nicht …

Das ging solange so, bis ich am 8. Mai 2010 mich auf einmal in einer Szenenblende mitten in einem prachtvollen Palastgarten auf dem Südkontinent wieder fand. Aber ehe ich davon weiter spreche, möchte ich kurz skizzieren, wie weit diese Geschichte inzwischen gediehen ist.

Von diesem 8. Mai 2010 bis zum 8. März 2022 erreichte die im­mer noch sehr skizzenhafte Geschichte insgesamt 37 Seiten Umfang. Damit hat sie genau genommen noch nicht einmal das Volumen einer bescheidenen Novelle erreicht … aber das hat wesentlich damit zu tun, dass dies nur die Rahmenstrukturen sind, unterbrochen von einigen weiter ausgearbeiteten Szenen­blenden.

Man kann also sagen, dass ich gerade mal das Skelett der Ge­schichte erfasst habe, dies aber nahezu zur Gänze. Ihr könntet nun fragen, was mich denn daran hindert, die Geschichte ein­fach flüssig herunterzuschreiben und in kurzer Zeit fertigzustel­len. Nun, wie bei den meisten Langzeitprojekten ist das gar nicht so einfach zu erklären.

Ich denke, sehr wesentlich trägt zu den Verzögerungsmomenten bei, dass so viele wichtige Personen darin zum Vorschein kom­men. Wir haben Auftritte des reichlich brutalen Ghannoy Vol­lash, seinem nicht minder hitzigen Bruder Thalwash Vollash, ich werde im späteren Verlauf der Geschichte Ghannoys Kinder the­matisieren müssen, also Fensai Vollash – der in der Handlungs­gegenwart der Rhonda-Romane der Regent von Asmaar-Len ist – sowie seine beiden Schwestern Melissa Vollash und Lisa Vol­lash, die beide zentral in das Verschwörungsgeschehen des ak­tuellen Rhonda-Romans „Rhondas Aufstieg“ und hier in das Drama des „Verrätersommers“ involviert sind.

Außerdem treten auf: der legendäre Archipel-Baumeister An­taganash und das Orakel der Göttin Neeli, die nicht minder le­gendäre Priesterin Surinya von Len. Ich werde deutlich mehr über das frühe Asmaar-Len schreiben müssen, das ich bislang nur in vagen Umrissen sehen kann (wenn auch, zugegeben, kla­rer jetzt nach der Fertigstellung des Romans „Antaganashs Abenteuer“, 2010). Dass die Beendigung des eben erwähnten Romans wesentlichen Anteil daran hatte, dass für die obige Ge­schichte der Bilderfluss sich verstärkte, ist nicht zu leugnen.

Doch kehren wir zur eigentlichen Geschichte „Raubgut“ zu­rück. Was ist dieses Raubgut? Nun, es ist relativ auf der Hand liegend, denke ich: Es handelt sich um die weiter oben erwähn­te nachmalige Tante Lisa. Aber wie fing das alles eigentlich an? Um das zu verstehen, müssen wir in diesen Adelsgarten zurück­kehren … ins Königreich Gorronien auf dem Südkontinent.

Wir befinden uns im Jahre 829 Archipelzeitrechnung, und der Adelsgarten des Clans derer von Sannasaar liegt am Rande der alten Kapitale von Gorronien, Olosheen. Hier wächst die stolze, junge und bildschöne Adelstochter Lisa Gräfin von Sannasaar heran. Wie viele schöne und stolze Töchter ist sie im Glauben des Lichtgottes erzogen worden und fest davon überzeugt, dass dereinst ihr Vater ihre Ehe mit einem standesgemäßen Partner arrangieren wird. Liebeshochzeiten sind im Grunde genommen höchst seltene Phänomene in jener Zeit und jener Gesellschaft – ein wenig wie bei den Adelsfamilien des europäischen Mittelal­ters.

Bei einem der vielen Gartenfeste trifft Lisa zufällig einen Mann niederen Adels, der sehr von ihr fasziniert zu sein scheint, was ihr natürlich schmeichelt. Aber schon ein schlichtes Gespräch zeigt ihr überdeutlich, dass es ihm sowohl an Manieren mangelt wie an dem, worauf ihr Vater Wert legt – einem relevanten Rückhalt in einer angesehenen Adelsfamilie.

Thalwash Vollash ist vielleicht ein attraktiver Kerl, aber er ist un­glaublich von sich eingenommen und eingebildet. Und so weist sie seine anzüglichen Absichten kühl und bestimmt zurück. Er ist in ihren Augen ein kleiner Krauter und definitiv nicht heirats­fähig.

Lisa ist nicht klar, dass sie mit dieser nicht einmal allzu diploma­tischen Zurückweisung einen verheerenden Fehler begeht. Denn Thalwash Vollash ist nun einmal sehr empfindlich, und ein Hinweis auf seine eher bescheidene Abstammung, und dann noch von einer hochherzigen, schönen Frau aus edlem Hause, das verträgt sein Ego gar nicht.

Dennoch vergeht das Fest ohne weitere Zwischenfälle … aber als Lisa bald danach morgens einen Spaziergang im häuslichen Gartenareal macht, wird sie zum unfasslichen Entsetzen auf ein­mal in die Büsche gerissen, gefesselt und geknebelt … und dann in einen Laubsack gesteckt und kurzerhand von ihrem Grund und Boden verschleppt!

Schließlich erweist sich ihr Entführer, der sie in einem weitab gelegenen Haus in der Einöde aus ihrem transportablen Gefäng­nis befreit, als niemand Geringerer als Thalwash Vollash … aber statt auf ihren wütenden Protest zu hören und ihre zornigen Vor­haltungen, die wahrhaftig berechtigt sind, gescheit mit anzuhö­ren, gehen die Ungeheuerlichkeiten und Demütigungen weiter.

Er macht sich nun einen genüsslichen Spaß daraus, ihre kostba­re Kleidung in Fetzen zu schneiden, um sich seinen „Fang“, wie er es nennt, genauer zu besehen. Und das bedeutet: völlig nackt! Lisa, gefesselt und wehrlos, wie sie ist, vor Schock wie gelähmt und bald auch tränenüberströmt, vermag sich dagegen nicht zur Wehr zu setzen.

Als Thalwash sie dann vergewaltigt, stürzt für Lisa die Welt voll­ends ein … denn die Jungfernschaft ist das kostbarste Pfand, das ein Adelsmädchen in die Ehe einbringen kann … und so ent­ehrt, das ist ihr klar, ist ihr Schicksal vollständig vernichtet.

Schrecklicherweise erweist sich Thalwash Vollash nach anfängli­cher derber Geilheit als ein durchaus leidenschaftlicher und ta­lentierter Liebhaber, der Lisas Körper zu entflammen versteht, auch wenn sie ansonsten vor Scham im Boden versinken könn­te. Es kommt ihr völlig falsch vor, dass diese unmoralische Situation ihr auch noch sinnliche Wonne bereitet, aber leider kann sie nicht gut leugnen, dass es sich genauso verhält.

Dass Thalwash sein „Raubgut“ kurzerhand zur dauernden Nacktheit zwingt und sie täglich seinem schier unersättlichen Sexdurst unterwirft, kann Lisa nur noch erdulden. Sie fühlt sich ja ohnehin inzwischen wertlos und ahnt, dass ihr Vater, der si­cherlich nach ihr sucht, nach Offenlegung der Fakten sie nur verstoßen würde. Thalwash Vollash, dieses Vieh, hat ihr Leben zerstört …

Leider muss sie entdecken, dass das noch nicht das Schlimmste ist, was ihr widerfährt. Denn der erste, der das Lustversteck der beiden ausfindig macht, ist nicht Lisas Vater, sondern Thalwashs Bruder Ghannoy … und nackt am Bett angebunden wird sie nun verstört Zeugin davon, wie die Brüder sich streiten. Und Ghannoy vertritt allen Ernstes die Ansicht, es sei das Beste, „das Hurenweib“ (mit dem SIE gemeint ist!) kurzerhand umzu­bringen und in einem See zu versenken, um die Spuren des Ver­brechens zu vertuschen, und dann das Weite zu suchen.

Davon will nun wieder Thalwash nichts wissen, der ihren Körper genießen gelernt hat … und in der Folge wird er gezwungen, Gorronien mit seiner verstörten Geisel auf dem Seeweg zu ver­lassen. Sie sollen sich zum Invashin-Archipel begeben und von dort aus nach Asmaar-Len, denn es ist evident, dass der Boden in Gorronien viel zu heiß für sie geworden ist. Thalwash droht ohne Frage die Todesstrafe, wenn sein Verbrechen ans Licht kommt. Also sei es besser, Lisa und er würden kurzerhand in den Norden, also in die tropische Archipelwelt, aufbrechen und ihre Spuren verwischen.

So kommt es dann auch, und nach wochenlanger Seereise lan­den sie schließlich auf der großen Archipel-Insel Coorin-Yaan, wo die Vollash dabei sind, im entstehenden Asmaar-Len sich eine neue Existenz aufzubauen.

Das könnte es jetzt eigentlich gewesen sein … aber eines Tages ist da ein rätselhafter, braungebrannter und attraktiver junger Fremder, der durch Lisas vergittertes Fenster hineinschaut und sehr angetan ist von der jungen Schönheit, die Thalwash in ste­ter Nacktheit hält.

Es ist ein Mann mit dem Namen Antaganash. Und er erzählt der Hohepriesterin der Göttin Neeli, Surinya von Len, von diesem Mädchen, das gegen seinen Willen als Sklavin bei Thalwash Vol­lash festgehalten wird.

Auf einmal werden die Dinge ziemlich kompliziert, und der arro­gante Entführer hat eine unglaubliche Entscheidung zu fällen, die ihm überhaupt nicht schmeckt …

Wie gesagt – die Geschichte ist in den Grundzügen von Anfang bis Ende schon durchgeplant. Es fehlen freilich noch jede Menge Dialoge, unzählige Szenenblenden, Berge von Umgebungsbe­schreibungen und Handlungsdetails. Die Lebensläufe der Prot­agonisten, soweit ich sie bislang kenne, müssen hier fein abge­stimmt werden. Weitere Details zu ihrem Leben und ihrer Ent­wicklung sind einzuarbeiten.

Das kann noch ziemlich lange dauern, bis ich hierzu komme. Dass es mir ein enormes Vergnügen bereiten wird, ist unbe­streitbar. Doch viele Dinge sind zum momentanen Zeitpunkt einfach zu nebelhaft, um den präzisen Weg Schritt für Schritt planen zu können.

Im Invashin-Archipel, beispielsweise, wo der Entführer und sein „Raubgut“ Station machen, habe ich mich zuletzt im Jahre 682 Archipelzeitrechnung aufgehalten, also rund 150 Jahre zuvor (im Roman Eine Adelige auf der Flucht“, an dem ich von 2000-2010 bis zur Fertigstellung schrieb). Was dort seither passiert ist, kann ich beim besten Willen noch nicht sagen, und ich möchte ungern die dortigen Geschehnisse durch diesen Roman hier gewissermaßen präjudizieren.

Auch wäre es von Nutzen, erst mal etwas mehr Informationen über die Geografie von Gorronien zu sammeln. Immerhin taucht in der Geschichte ja ein Netz von Kanälen und Windmühlen auf, es geht um befreite Sklaven und die Seefahrt rund um Olos­heen. Und dann ist es vonnöten, dass ich auch mehr über den jungen Antaganash und seine Kontakte zur Priesterin Surinya eruiere, ehe ich hier in die vollständige Umsetzung der Ge­schichte einsteige.

Ihr seht … auch wenn ich an der Geschichte, die mutmaßlich wenigstens Novellenformat erreichen wird, schon seit rund zwölf Jahren schreibe, kann man doch nicht behaupten, ich hät­te sie schon gründlich durchdacht.

Es ist darum wahrscheinlich, dass sie noch eine ganze Weile ein Langzeitprojekt im Entwicklungsstadium bleiben wird. Ihr könnt das dann beizeiten in den „Work in Progress“-Blogartikeln weiter verfolgen.

Damit möchte ich für heute schließen. Vielen Dank für euer In­teresse, wir lesen uns in einer Woche an dieser Stelle wieder.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 406: Ilium (1)

Posted Mai 31st, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wenn man als Historiker eine Rezension über ein Werk schreibt, das ganz wesentlich auf ein historisches Werk zurückgeht und dieses gewissermaßen zeitgenössisch-phantastisch neu struktu­riert, choreografiert und interpretiert, dann wäre es vielleicht sinnvoll, sich zunächst das Original anzuschauen, um sich zu orientieren. In diesem Fall hieße das: Man lese die Geschichte des Trojanischen Krieges, wie ihn der greise Dichter Homer schätzungsweise im 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, also vor wenigstens 2700 realen Jahren in der „Ilias“ nieder­schrieb.

Habe ich das damals getan? Nein.

Hätte ich es tun können? Ja. Denn mir war zwei Jahre vor Abfas­sung der unten vorgestellten Rezension, d. h. im Jahre 2002, eine schöne alte gebundene Ausgabe von Homers Werken ge­schenkt worden (in winziger Frakturschrift und, der Widmung darin, die aus dem Jahre 1906 stammt, schon ziemlich sicher rund 100 Jahre alt).

Seit geraumer Zeit bin ich nun dabei, mich durch den Trojani­schen Krieg Homers zu lesen, und ich bin auch schon im Fünf­zehnten Gesang angekommen … aber das ist so harter Stoff, dass ich selten mehr als zwei bis drei Seiten in der Woche vor­ankomme.

Warum schicke ich diese Bemerkung voran? Nun, bei der Lektü­re des Buches von Dan Simmons erwähne ich beiläufig die vie­len schrecklich detaillierten Metzeleien auf dem Schlachtfeld vor Ilion … und es ist ein wenig beunruhigend für mich als Zeithisto­riker, bei Homers Lektüre entdecken zu müssen, dass diese De­tails alle bei ihm schon vorkommen. Da werden Speere in Kör­per getrieben, Gedärme herausgerissen, Schädel zertrümmert und so weiter … das kann manche Horrorgeschichte in den Schatten stellen und ist bisweilen wirklich sehr schwer verdau­lich. Was ich daran als Historiker bedenklich finde, ist dies: Die Homerischen Werke waren im 19. und frühen 20. Jahrhundert Gymnasial-Lesestoff. Die Schüler wuchsen also mit den grauen­haften Metzeleien und Schlachtfeldszenen auf und fanden sie offenkundig recht normal … wenn man dann überlegt, dass die Gymnasiasten jener Jahre sich jahrelang auf den Schlachtfel­dern des Ersten wie Zweiten Weltkriegs auf sehr ähnliche (nur viel modernere und effektivere) Weise niedermetzelten, dann sollte uns das doch sehr zu denken geben.

Ich bin jedenfalls heilfroh, in der Schule mit Homers Werken nicht mehr zwangsweise beglückt worden zu sein. Wer kann sa­gen, was dann für eine Art von Mensch aus mir geworden wäre.

Und was nun Dan Simmons‘ Interpretation des Ganzen angeht … die nimmt in gewisser Weise aufgrund der schieren Bizarrie ihrer Darstellung den verbissenen, mörderischen Ernst aus der Story heraus. Was nicht bedeuten soll, dass sie übermäßig wit­zig oder weniger blutig oder grausam ist, das widerspräche zweifellos seinem Handlungskonzept. Aber die phantastischen Elemente verschieben den Realitätsfokus der Darstellung sehr ordentlich.

Gleichwohl ist ein Werk herausgekommen, das sich durchaus auch mit nur oberflächlicher Kenntnis der Homerischen Epen le­sen und verstehen lässt. Freilich – wer die Ilias gelesen hat, hat hier einen klaren Wettbewerbsvorteil. Aber zugleich bedeutet das nicht, dass ihr wirklich auf das Abenteuer vorbereitet seid, was euch erwartet.

Neugierig geworden? Gut so. Dann schaut euch das mal im De­tail an:

Ilium

(OT: Ilium)

von Dan Simmons

Heyne 8320, Juli 2004

832 Seiten, Paperback

Kosten: 15.00 Euro

Übersetzt von Peter Robert

ISBN 3-453-87898-1

Fürwahr, die Götter haben einen seltsamen Humor. Und dann nicht mal die eigenen!

Der einstige Professor Thomas Hockenberry, Homer-Experte und leider an Krebs verstorben, findet sich nach seinem Tod keines­wegs im Jenseits wieder, sondern auf dem Götterberg Olymp, wo ihn Zeus, Athene, Aphrodite & Co. aus unerfindlichen Grün­den auserwählt haben, als göttlicher Kriegsberichterstatter (KBE) von einem Schlachtfeld zu berichten. Er wird zusammen mit weiteren Wiederauferstandenen, aufgerüstet mit Hightech und der Fähigkeit der Quantenteleportation, hinabgeschickt zur Ebene von Ilium, um über den zehnjährigen Trojanischen Krieg zu berichten.

Im zehnten Jahr seiner Berichterstattung, als er der Dienstältes­te der KBE ist, fallen ihm in Homers Bericht, den er – im Gegen­satz zu den Göttern! Zeus vielleicht ausgenommen – gut im Kopf hat, Unregelmäßigkeiten auf. Anfangs nur Kleinigkeiten, aber das steigert sich bald und weckt sein Misstrauen: Befindet er sich tatsächlich im Jahre 1200 vor Christus in Kleinasien, oder berichtet er womöglich aus dem falschen Krieg? Hat Homer die Unwahrheit gesagt oder verhält es sich noch ganz anders?

Wüsste Hockenberry, dass der Trojanische Krieg andernorts neu­gierig von einer Schar gelangweilter Müßiggänger auf einer scheinbar paradiesischen Erde verfolgt wird – via sogenannter „Turin-Tücher“ – , würde sein Misstrauen bestärkt, doch davon weiß nur der Leser.

Diese zweite Handlungsebene mutet auf den ersten Blick idyl­lisch an: In dieser Welt leben Menschen, die nichts zu tun haben und sich ein Leben lang dem Müßiggang hingeben, bedient von Servitoren, kleinen Robotern, und bewacht von so genannten Voynixen, stummen Wesen, die zu Aberhunderten die Anwesen beaufsichtigen und wie kleine rostige Skulpturen wirken, die seltsam insektoid scheinen. Doch das Idyll hat verstörende Ris­se: Die Menschen können weder lesen noch schreiben, sie ver­fügen über keinerlei Kunst, keine Geschichte, leben einfach nur so in den Tag hinein, und alle zwanzig Jahre werden sie über die so genannten Faxportale (quasi Transmitter), die ihre Enklaven verbinden, die über die Erde verstreut liegen, zur „Klinik“ in ei­nem der beiden Orbitalringe um den Planeten geschickt. Und nach dem fünften Zwanziger sind sie alle tot.

Merkwürdig? Das ist nur der Anfang.

In den Wäldern um die kleinen Anwesen leben so nette Kreatu­ren wie Allosaurier und Tyrannosaurier oder Terrorvögel. Da ist es doch nur gut zu wissen, dass man, solange man in der Nähe eines Faxknotens stirbt, von der Klinik neugeschaffen werden kann, nicht wahr? Als aber ein paar der degenerierten Men­schen neugierig werden und sich auf die Suche nach Savi, der „Ewigen Jüdin“ machen, die angeblich beim „letzten Fax“ vor 1400 Jahren von den Nachmenschen – die in den Ringen leben sollen – vergessen worden ist, müssen sie entdecken, dass es noch ganz andere Dinge gibt als das Anwesen Ardis Hall und die Kraterstadt Paris am Schädelfluss. Harman und Daeman, zwei sehr gegensätzliche Abenteurer, müssen an Savis Seite in der Ruinenstadt Jerusalem entdecken, dass die Voynixe unerbittli­che Feinde sind. Dass das Mittelmeerbecken trockengelegt wur­de und sich darin das Königreich eines unheimlichen Wesens namens Prospero befindet, das ebenfalls noch über schreckliche Diener verfügt.

Und um den Leser vollends in die Verwirrung zu stürzen, exis­tiert noch eine dritte Handlungsebene, die nun SF pur ist und auf dem Jupitermond Europa beginnt. Hier besteht auf verschie­denen Monden eine vielfältige Hightech-Kultur von selbstbe­wussten KI, die sich nach einem Kybernetiker des Untergegan­genen Zeitalters Moravec nennen und das Wissen der alten Menschen hochhalten, mit denen sie bereits vor weit über 1000 Jahren den Kontakt verloren haben. Aus unklaren Gründen wur­den die Moravec einstmals hier angesiedelt, und nun messen sie systembedrohende Quantenfluktuationen auf dem inzwi­schen terrageformten Mars an, die sie sich nicht erklären kön­nen.

Eine Expedition wird auf den Weg geschickt, bestehend aus vier völlig unterschiedlichen Personen, insbesondere aus dem euro­paschen U-Boot-Kommandanten Mahnmut und dem wie eine acht Meter große, gepanzerte Riesenkrabbe wirkenden Io-Mora­vec Orphu. Alleine die Szene, wie sie mit dem U-Boot (!) Dark Lady auf dem Mars notlanden müssen, ist den Kauf des Buches wert.

Der Mars, müssen die Expeditionsteilnehmer erkennen, zeigt eine Reihe seltsamer Eigenheiten. So werden auf Funkbildern etwa gewaltige Mengen von riesenhaften Steingesichtern er­kennbar, die sich an den Wasserflächen des Mars entlangzie­hen. Offenbar ist die Marsbevölkerung dabei, Millionen von Os­terinsel-Monumenten aufzustellen. Der Zweck ist unklar. Und als die Roboter schließlich mit fliegenden Streitwagen konfrontiert werden, auf denen griechische Götter stehen, ist das auch absolut zweitrangig. Bald wird auf allen drei Handlungsebenen erbittert ums Überleben gekämpft …

Mit dem Roman „Ilium“ legt Dan Simmons nach Jahren des Schweigens wieder einmal einen monumentalen Science Fiction-Roman vor, der von der Struktur an seine Vorgänger aus dem Hyperion-Endymion-Zyklus erinnert. Ein ganzes Knäuel von Rät­seln kristallisiert sich nur ganz allmählich heraus und schafft eine immer stärkere Neugierde im Leser, der eindringlich wissen möchte, wie diese Puzzlestücke, die ihm offeriert werden, sich zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügen. Bis Ende des Bu­ches gelingt das noch nicht völlig, und das ist gut so!

Simmons hat sich gründlich in verschiedenste Ilias-Übersetzun­gen eingelesen und verkörpert den Ich-Erzähler Thomas Hockenberry auf brillante Weise. Infolgedessen wimmelt es natürlich von griechischen Namen, von griechischen Stadtstaaten, Herrschergeschlechtern und – das ist manchmal sehr deprimie­rend – von den Todesarten, die die einzelnen Krieger erleiden werden. So beobachtet Hockenberry etwa eine Schlachtaufstel­lung und sagt: Krieger XY steht da und dort, trägt das und je­nes, und in zwei Tagen um die Mittagsstunde wird er nach Homer von dem und dem Krieger der Trojaner auf dem Rückzug niedergemetzelt werden. Und das erzählt er von fast allen Leu­ten, die eine Rolle spielen.

Damit lernt der interessierte Leser in diesem Buch unendlich viel mehr über Homers Ilias als beispielsweise in Wolfgang Pe­tersens Haudrauf-Schmalspur-Epos „Troja“, in dem er das litera­rische Vorbild (wir reden hier NICHT von historischer Treue, denn die war ja schon bei Homer glattgebügelt) simplifiziert. Bei Pe­tersen erfährt niemand, was die Invasoren mit dem niedlichen Säugling machen, der im Film auftaucht. Dort gelingt ja Andro­mache (Hektors Frau) und dem Kind die Flucht. In Wahrheit wird der Säugling von den Stadtmauern Trojas in die Tiefe geschleu­dert. Bei Simmons erfährt man auch, wer das macht, und An­dromache wandert als Sklavin in die Fremde. Paris übrigens, der stirbt bei Homer wirklich, wie ich schon vermutet hatte – nein, in diesem Buch nicht, denn dort wird der Verlauf des Krieges drastisch verändert, aber Details verrate ich an dieser Stelle nicht. Das muss man lesen.

In „Ilium“ kann man ebenfalls nachlesen, welches Schicksal der achäische Feldherr Agamemnon erleidet, den Petersen ja im Film von Achilles meucheln lässt (er wird von seiner Frau Kly­temnästra in Griechenland ermordet; unmittelbar darauf bringt sie auch die versklavte Trojanerin Kassandra und ihre beiden, dem Agamemnon zwangsweise geborenen Kinder ebenfalls um) oder ein bisschen was über den „strahlenden Helden“ Achilles (bei Petersen: Brad Pitt) nachlesen, was einem Leser den Magen umdreht. Vergesst die Vorstellung, Achilles sei „sehr, sehr sexy“, wie mir eine Brieffreundin ihren Eindruck schilderte. Das ist ein kaltblütiger, durchaus psychopathischer Killer mit Freude am Töten.

Von dem smarten Odysseus sage ich nur soviel, dass sein Image bei mir stark gelitten hat (im Film fand ich ihn sympathisch), seit ich bei Simmons las, dass er erst mit seinem Gefährten den trojanischen Späher Dolon gefangen nahm, wie eine Zitrone ausquetschte und ins achäische Lager in Gefangenschaft führte, um ihm dann hinterrücks den Kopf abzuschlagen. Einen Kopf, der noch schrie, während er auf dem Boden herumrollte (laut Homer). Ein freundlicher Zeitgenosse, der Odysseus, also wirklich. Nicht kompatibel mit der Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen.

Allein die Ilium-Handlung und deren Detaildichte würde es rechtfertigen, das Buch zu loben. Die Detailtreue in Bezug auf Homer ist sagenhaft. Aber die Makrostruktur des Ganzen ist wichtiger. Und hier gilt es, Seitenpfade zu Marcel Prousts Meis­terwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ und zu den Sonetten von William Shakespeare und zum Shakespeareschen Gesamtwerk insgesamt zu öffnen.

Es ist nicht zwingend nötig, sich hier auszukennen, aber wer sich auskennt, der wird vermutlich noch einige Anspielungen mehr verstehen, als ich sie verstand. Auch kann es nicht scha­den, über Quantenphysik, Zeitreisen und Wurmlöcher ein biss­chen Vorwissen zu besitzen. Erzeugt wohliges Gruseln.

Am Ende des Werkes stehen drei Welten vor einem gewaltigen Krieg, der den vor den Mauern Iliums/Trojas weit in den Schat­ten stellen wird. Aber vieles ist nach wie vor unklar. Wer bei­spielsweise steckt hinter den rätselhaften Voynixen? Wer herrscht im Jupitergürtel? Auf welcher Welt steht Troja eigentlich (denn auf der realen Erde kann es nicht sein, da dort das Mittel­meer trockengelegt ist; und offensichtlich ist es keine Zeitreise, die man durchführt. Vielleicht aber doch? We don’t know)? Was befindet sich hinter dem Tor des Hades auf dem Olymp? Was genau steckt für eine Kraft und Geschichte hinter den griechi­schen Göttern? Wird es den Menschen auf der, wie ich sie mal nennen möchte, Voynixe-Erde gelingen, den blauen „Scheinwer­ferstrahl“ in Jerusalem zu öffnen und die darin gefangenen Men­schen zu befreien?

Es gibt so viele anregende Fragen. Selbst wenn sich letzten En­des im Folgeband „Olympos“ nicht herausstellen sollte, dass es einen chronologischen Zusammenhang mit dem Hyperion-Endy­mion-Kosmos gibt (wie ich Hunderte von Seiten felsenfest an­nahm!), selbst dann ist dies ein beeindruckendes, eigenständi­ges Werk sehr eigenwilligen Zuschnitts. Wer aufmerksam liest, wird auch ein eindringliches Plädoyer gegen den Verfall der Le­sekultur insbesondere bei jüngeren Menschen herauslesen kön­nen, was ich sehr gut fand. Hier ist besonders auf die blasierte Figur des Daeman zu achten.

Allenfalls etwas schade fand ich – der obligatorische Wermuts­tropfen – , dass es in der zweiten Hälfte des Buches manchmal etwas sehr „zügig“ wird, was auf Kosten der detaillierten Be­schreibung geht. Vielleicht liegt das aber auch an der Überset­zung und eventuellen Kürzungen. Ich habe es jedenfalls bedau­ert, dass das Werk nicht wie angekündigt 900 Seiten besaß. Die Seiten hätte ich noch genossen. Seufz.

Ansonsten, ihr Troja-Jünger und Dan-Simmons-Fans: kauft es euch. Es ist sein Geld wert!

© 2004/2022 by Uwe Lammers

Ihr merkt, die Handlung ist mächtig in Fahrt. Und weil das so ist und ich euch nicht ein paar Wochen lang auf die Folter spannen möchte, wird als Rezensions-Blog 407 in der kommenden Woche schon die Rezension des zweiten Teils von Dan Simmons‘ knall­buntem Abenteuer folgen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

also, der Monat September, um das gleich mal einleitend zu sa­gen, brachte in der Tat wie erwartet eine ordentliche Beschleu­nigung meiner kreativen Tätigkeit … indes auf einem Sektor, wo ich damit nicht so intensiv gerechnet hatte.

Welcher Sektor war das?

Die Serie „Horrorwelt“!

Ja, sicherlich, das fing alles schon im Vormonat an, wo das Re­sultat der Glossararbeiten zu verstärktem Sinnieren und Abfas­sen mehrerer neuer Episoden führte. Da hatte ich keine Ah­nung, was mich in diesem Monat erwartete. Der September schloss mit 22 fertigen Werken, aber ihr werdet vermutlich eu­ren Augen kaum trauen, wenn ihr seht, wie sich das verteilt. Schauen wir uns zunächst mal das „Traditionelle“ an, um da­nach ein wenig zum Außergewöhnlichen umzuschwenken.

So sah die kreative Ausbeute im September, bezogen auf den Oki Stanwer Mythos, den Archipel und das Erotic Empire aus, was hier üblicherweise referiert wird:

Blogartikel 508: Work in Progress, Part 117

13Neu 37: Das kopflose Skelett

13Neu 38: Der schwarze Rubin

(Grey Edition OSM)

Anmerkung: Das ist eigentlich ein ziemlich alter Plan, der mei­ner Erinnerung nach aus dem Jahr 2018 stammt. Längerfristig bei meinem Blog weilende Leser werden sich an die beiden „Grey Edition“-Bände des Terranischen Clubs Eden erinnern, die damals veröffentlicht wurden. Ihr Fokus lag auf dem Schnittbe­reich Erotik & Phantastik.

Nun, ich hatte noch zwei weitere Ideen für Grey Edition-Ausga­ben, nämlich eine zum OSM und eine zum Archipel. An der ers­ten habe ich in diesem Monat minimal weiter gefeilt. Ob sie je realisiert wird, steht freilich noch in den Sternen … aber man darf ja noch träumen, nicht wahr?

16Neu 27: Der schwarze Sektor

(16Neu 29: Sprung in die Feuerhölle)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Glossar der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(OSM-Wiki)

(13Neu 39: Blutiger Regen)

Blogartikel 504: Aus den Annalen der Ewigkeit – alt und neu (LI)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer Horror“)

(13Neu 41: Das Anti-Stanwer-Team)

(13Neu 42: Verräter an der Menschheit)

Blogartikel 497: Zeit für das Grausen und Wundern – Hor­rorwelt wird fortgesetzt

(Carisha – Erotic Empire-Story)

(16Neu 33: Die Macht im Zentrum)

Ja, das sind lediglich 6 Titel von 22, das ist schon richtig, und davon entfallen auch noch 3 auf Blogartikel. Erhebt sich natür­lich die Frage: Was habe ich denn sonst noch so geschrieben?

Nun, mehrerlei. Zum einen las ich vier interessante Bücher, die ich rezensierte. Ein Rezensions-Blogartikel wurde fertig, außer­dem die Abschrift einer alten Weird Fiction-Story, an der ich noch alsbald feilen werde, um sie im Laufe dieses Jahres im Fan­zine „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) in generalrenovierter Form zu präsentieren. Und dann zählte ich selbstverständlich die redaktionelle Endarbeit am Fanzine BWA 469 wie immer ein.

Damit wären dann von den 16 unbekannten fertig gestellten Werken schon einmal 7 geklärt. Und die restlichen 8 Texte? Tja … ich konnte das selbst gar nicht glauben, aber die entfielen tatsächlich auf die „Horrorwelt“-Serie. Es fing an mit Band 183 „In den Blutdschungeln“, der war zu Beginn völlig rätselhaft … und während ich daran schrieb, tauchte auf einmal das „Juwe­lenmädchen“ auf, das kein Mädchen war … und als ich zum Ende kam, war mir klargeworden, dass die in den Blutdschun­geln nistenden Geistwesen einen ziemlich haarsträubenden Plan verfolgten (ich nehme ihn in Band 193 wieder auf). Genaueres dazu habe ich im Blogartikel 497 erzählt, den ich vor ein paar Wochen veröffentlichte. Ihn am 20. September zu schreiben, war absolut erforderlich.

Dort habe ich aber nur erzählt, wie weit es bis Band 189 ging. Inzwischen habe ich die Trilogie der Bände 190-192 auch schon fertig geschrieben, in denen es um den Hexendämon TOOWATA­ER und den Geisterfürsten Anawandaal von Salgoorin ging. Und es klärten sich eine Menge anderer wichtiger Dinge, die mit TOOWATAERS Vergangenheit, mit der Lebensgeschichte der Waldhexe Mira und ihrer Freundin Firona zu tun hatte, die be­kanntlich inzwischen die erste menschliche Königin der Feen ist.

Die Serienhandlung hat dermaßen Fahrt aufgenommen, dass ich kaum aus dem Schreibprozess herauskomme. Ständig tau­chen neue Titel und Bilder auf. Inzwischen ist die Handlung nebst den Titeln bis Band 199 durchgeplant, und ich sehe schon ein paar richtig fiese Handlungsdetails nach Band 200 … ich halte es zum gegenwärtigen Schreibzeitpunkt dieses Blogarti­kels (1. Oktober 2022) für äußerst realistisch, dass diese Bände bis Nummer 200 tatsächlich noch im Jahr 2022 geschrieben werden können.

Echt, ich staune über mich selbst. Das hätte ich nicht erwartet, als ich daran ging, die Serie zu digitalisieren … so einen innova­tiven Flow kann ein derartiger Schreibprozess auslösen. Finde ich famos.

Zwar gehe ich zurzeit davon aus, dass diese Stoßrichtung auch im Oktober im Wesentlichen beibehalten wird, aber die Volten meines Unterbewusstseins haben mich in diesem Jahr schon mehrmals zu erstaunlichen Kurskorrekturen genötigt … es bleibt also unbedingt spannend.

So hat sich dieser interessante Monat entwickelt. Die OSM-The­men blieben sehr stiefmütterlich, aber ich kann nicht behaup­ten, mit dem Schreibresultat der vergangenen 4 Wochen irgend­wie unzufrieden zu sein.

Ich bin gespannt, wie sich das im Oktober gestaltet, in dem ich viel durch Geburtstage, Freundschaftsbesuche, Events und Rei­sen abgelenkt sein werde. In einem Monat sind wir da alle schlauer.

In der nächsten Woche stelle ich euch das nächste Langzeitpro­jekt vor, das wieder aus dem Themenkreis des Archipels stammt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 405: Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

Posted Mai 24th, 2023 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

es ist echt nicht einfach mit Romanen, die klar auf Geschwindig­keit geschrieben sind und die im Wesentlichen mit einem vor­hersehbaren Arsenal an Komplikationen operieren. Wenn sie darüber hinaus noch gewisse schematische Protagonisten ver­wenden, die durchaus der Klischeekiste entstiegen sein könnten UND schließlich auch noch die Handlung tunnelblickartig veren­gen, dann kann das alles kein sehr behagliches Resultat hervor­bringen.

Im Fall des vorliegenden Zyklus, von dem ich heute den zweiten Teil vorstelle, kommt leider all das zusammen und wird zudem noch von einem reichlich instinktlosen Verlagsmarketing unter­stützt, das ich z. T. durchaus als eine Form von Antiwerbung verstehen könnte … die Autorin konnte mir anschließend beina­he leid tun. Denn ihre Hauptperson Sophia Rose ist eigentlich eine sehr sympathische.

Vielleicht gebt ihr dem Buch darum eine Chance und lest mal weiter:

Devoted 2: Verbotene Leidenschaft

(OT: Where the Ivy Grows)

Von Susanna Quinn

Goldmann 48040

320 Seiten, TB

ISBN 978-3-442-48040-1

Aus dem Englischen von Andrea Brandl

Sophia Rose, angehende Schauspielschülerin an der Londoner Schauspielschule Ivy College, steckt in Schwierigkeiten, deren Dimensionen sie anfangs noch vollkommen unterschätzt – sie hat sich in ihren Lehrer, den charismatischen wie schwierigen Schauspieler Marc Blackwell verliebt. Zu ihrer Faszination erwi­dert Marc diese Liebe. Mehr noch – er ist verzaubert von Sophia, die sich darüber nicht genug wundern kann, kommt sie sich selbst doch eher durchschnittlich vor. Damit steht sie aber er­kennbar ziemlich allein da – Sophias wesentliches Problem, das in diesem Band immer deutlicher zum Vorschein kommt, be­steht in massiven Selbstzweifeln.

Zwar haben beide klar begriffen, dass es problematisch ist, eine erotische Lehrer-Schülerinnen-Beziehung zu führen, und in An­betracht von Marcs Ruf in der Presse, er sei ein Frauenheld und würde Liebschaften beginnen und wieder ablegen wie andere Leute gebrauchte Handtücher … dennoch können sie sich beide nicht gegen die Anziehung wehren. Zum Ende des ersten Ban­des entscheiden sich beide also dafür, das Wagnis einzugehen und die Beziehung nicht im Geheimen zu führen, sondern öf­fentlich zu machen. Leider ist die Presse in dieser Beziehung deutlich schneller.

Begreiflich, dass das zu Turbulenzen führt, und zwar auf ver­schiedenen Ebenen.

Sophia muss sich einmal mehr mit der glühenden Eifersucht ih­rer Mitschülerin Cecile Jefferson auseinandersetzen, die unver­froren mit der Presse Kontakt aufnimmt und Sophia als billiges Flittchen denunziert, das sich Marc aus rein karrieretechnischen und vielleicht sogar monetären Gründen an den Hals geworfen habe.

Dann macht Sophia die Bekanntschaft von Vertretern der Pres­se. Während Arabella Price vom Magazin „Gossip“ noch ver­gleichsweise moderat zu sein scheint, ist Giles Getty geradezu besessen davon, sie ans Tageslicht der Yellow Press zu zerren und ihren Ruf zu ruinieren. Erst mit Verspätung begreift Sophia, dass ein zentraler Grund dafür Gettys Hass auf Marc Blackwell ist, mit dem er eine gemeinsame Vergangenheit teilt. Aber wie weit Getty dafür gehen würde, ist beiden unklar – bis es fast zu spät ist.

Marc reagiert auf die Pressereaktionen, indem er nun versucht, seine junge Geliebte von der Außenwelt abzuschotten und so vor Schaden zu bewahren – das ist natürlich ebenfalls verkehrt, denn Sophia erdrückt diese rigide Abschottung schier, und sie setzt sich auf ihre Weise dagegen zur Wehr.

Die Situation beginnt zu eskalieren, als klar wird, dass Sophia ein Musical-Angebot offenkundig nur deswegen gemacht wird, weil sie mit Marc Blackwell zusammen ist und diese Verbindung mediale Aufmerksamkeit auf die Veranstaltung lenkt. Marc lehnt dieses Engagement umgehend ab, was zum heftigen Streit mit Sophia führt. Und sie nimmt hinter seinem Rücken das Engage­ment an und will ihre eigenen Schauspielerfahrungen sammeln.

Dummerweise ist der männliche Hauptdarsteller in dem Musical der charismatische Leo Falkirk. Und auch er beginnt nun ein Auge auf Sophia zu werfen …

Spätestens mit E. L. James sind kryptische Zweiworttitel bei ero­tischen Romanen bei Zyklen offensichtlich unvermeidbar gewor­den, so auch in dem vorliegenden Zyklus. Solche wohl vom Ver­lagsmarketing vorgegebenen Muster verzerren meist notwendig den Bezug des Titels zum Inhalt, und wenn man sich in diesem Fall Originaltitel und deutschen Titel anschaut, kann man wirk­lich nur den Kopf schütteln. Ganz zu schweigen davon, dass es doch auch intelligent gewesen wäre, statt Orchideen auf den Covern dieses Zyklus Efeu abzubilden – das hätte wenigstens von Sachverstand gezeugt. Aber so? Nein, derselbe Stumpfsinn wie bei „Shades of Grey“, „80 Days“ und Konsorten. Da hat sich wirklich jemand so überhaupt keine Mühe gegeben. Im Fall des vorliegenden Zyklus ist sogar die Farbwahl so fad und fins­ter, dass man als potenzieller Leser gründlich abgeschreckt wird. Durchaus bedauerlich – denn der Inhalt ist deutlich inter­essanter als die poppig-grellen „80 Days“, die sich durchweg durch ihre Oberflächlichkeit entwerten.

Ungeachtet dieser eher technischen Oberflächlichkeiten erweist sich der zweite Band der „Devoted“-Trilogie als ein interessan­tes, durchaus nettes Stück Lesestoff. Es liest sich mühelos in zwei Tagen, was primär der Kürze und der überlappenden Struk­tur der 109 Kapitel geschuldet ist, die diesen Roman untertei­len. Leider, und das stimmt bedenklich, ist der Roman deutlich kürzer als der erste (und der dritte wird dann noch einmal eine reduzierte Seitenzahl besitzen) – eigentlich das klare Indiz da­für, dass dem Stoff vor der Zeit die Puste ausgegangen ist.

Ich hoffe, das bewahrheitet sich nicht. In diesem Buch ist das al­lerdings schon ansatzweise zu spüren: Während ein wenig Licht in die doch dubiosen Reaktionen von Cecile gebracht wird, tre­ten neue Personen auf der Handlungsbühne auf, die freilich wie­der etwas stereotyp wirken, beispielsweise Davina Merrywea­ther, die das Musical „The Beauty and the Beast“ inszeniert. Ein klassischer „Drachen“, der primär auf Publicity schielt und So­phia nicht ausstehen kann.

Andere Personen – der Mitschüler Ryan vom College etwa, der im ersten Teil noch eine gewisse Rolle spielte – verschwinden ganz. Bis auf vier bis fünf Personen scheint das College generell völlig entvölkert zu sein, was doch einigermaßen unrealistisch ist. Statt also das Umfeld der Hauptpersonen zu stärken, wird hier primär auf Tunnelblick und Konfrontationskurs mit den Me­dien gesetzt. Daran mag viel Wahres sein, aber es wirkt ein bisschen gezwungen.

Nett sind dagegen die humanen Anwandlungen, die Sophia um­treiben und die immer wieder durchbrechen: Ihr unerschütterli­ches Mitgefühl mit anderen Menschen, hier etwa mit Marcs dro­gensüchtiger Schwester Annabelle, ihre Sehnsucht nach der Na­tur und der drängende Impuls, Gartenarbeit zu verrichten, wenn sie verwilderte Gärten sieht – oder Efeu „auf den richtigen Weg zu bringen“, wie sie es im Teil 1 tut, als sie in Marcs Gegenwart einen Baum vom Efeu befreit und diesen auf dem Boden aus­breitet … das ist einfach süß und trägt viel zur Sympathiebil­dung bei. Soph ist einfach ein Mensch, den man mögen muss. Und ganz so wie bei „Fifty Shades of Grey“ holt sie durch ihre Menschlichkeit und Mitgefühl den seelisch verfinsterten Marc Blackwell aus seinem emotionalen Kerker.

Dennoch … „Verbotene Leidenschaft“ ist doch ein etwas zu krasser Titel für das Buch. Wo der deutsche Titel zu absurd wirkt, ist der englische allerdings dann zu verspielt. Man sollte sich das Buch deshalb nicht des Titels wegen kaufen, sondern vielleicht eher, um die sympathische Sophia Rose kennen zu ler­nen, die es wirklich wert ist.

Ich bin daher wirklich mal gespannt, wie die Geschichte im drit­ten Band endet. Ach ja, und noch einen Hinweis zur Vorwar­nung: Lest nicht die letzte Seite vor der Zeit, das ist gefährlich. Und ihr wollt euch doch nicht den Lesespaß verderben, oder? Also hübsch geduldig sein und die Seiten in der richtigen Rei­henfolge lesen …!

© 2018 by Uwe Lammers

Ja, das klang nun wirklich nicht berauschend, zugegeben. Aber es gibt halt auch durchaus schwache Zyklen, die ich gelegent­lich bespreche … gewissermaßen für die Leserinnen und Leser, die einfach nur schlichte, flüchtige Unterhaltung suchen. Das ist hier schon der Fall, wenn man die Kritikpunkte oben ausblendet.

In der kommenden Woche werden wir SEHR viel gehaltvoller, das werdet ihr sehen. Denn da kümmern wir uns um eine äu­ßerst ungewöhnliche Neuinterpretation der Ilias des alten grie­chischen Dichters Homer. Nein, kein Scherz. Griechische Hel­den, der Trojanische Krieg, kleine grüne Männchen, Götter und Hightechwaffen … ihr werdet es erleben, und noch viel mehr.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.