Blogartikel 607: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 14

Posted März 23rd, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

ja, der Artikel entsteht wieder mal relativ kurzfristig, in diesem Fall am 1. März 2025, also gerade mal rund 3 Wochen vor Er­scheinen in der Allgemeinheit. Es ist der Monat der Leipziger Buchmesse, zu der ich auch dieses Jahr wieder fahren werde. Bislang sind allerdings Absprachen mit Literaten, mich dort zu treffen, bedauerlicherweise abschlägig beschieden bzw. noch nicht beantwortet worden.

Vielleicht ist das ganz gut so – denn seit Frühjahr 2024 hat sich im Bereich des Autoren-Nachlassarchiv-Projekts recht wenig ge­tan. Ihr mögt euch vielleicht fragen, warum das so ist. Darüber gebe ich bereitwillig Auskunft:

Das Jahr 2024 war recht chaotisch durchwachsen, gerade was meine berufliche Einbindung anging. Ihr entsinnt euch höchst­wahrscheinlich, dass ich bis Ende Juli 2023 beim Verein Krea­tivRegion e.V. angestellt war und danach wieder in die Arbeits­losigkeit entlassen wurde … das lag wesentlich an den Finanz­verhältnissen des Vereins. Nachdem ich in dieser Woche ein mehrstündiges Treffen mit dem Vorstand hatte, kann ich leider sagen: Die Dinge haben sich nicht zum Besseren gewendet.

Da zwischenzeitlich die Bundespolitik ebenso wie die Weltpolitik ziemlich am Rad drehte und die Lage nach der US-Wahl wie der vorgezogenen Bundestagswahl für die Kultur- und Kreativwirt­schaft nicht einfacher wird, während im Land Politikverdrossen­heit wahlweise für massiven Rechtsruck oder Linksruck sorgt, muss man realistisch sein. Es sieht nicht rosig aus für den Plan, eine neue Institution ins Leben zu rufen, die sich als nicht marktorientiert versteht.

Und so etwas ist ja bekanntlich das Autoren-Nachlassarchiv-Pro­jekt. Hier mit Begriffen wie „social startup“ und „nicht bankenfi­nanziert“ zu operieren, ist vermutlich die plausibelste Grundla­ge dessen.

Bin ich deshalb desillusioniert? Ein wenig.

Stecke ich den Kopf in den Sand oder gebe das Projekt auf? Nein. Auf gar keinen Fall!

Wisst ihr, Probleme wie dieses hier, um das ich mich zu küm­mern gedenke und das ja auch meine eigenen Werke betrifft, die verschwinden nicht von der Agenda. Können sie nicht. Das ist wie ein hartnäckiger Schmerz. Verschwindet der von selbst? Eher nicht. Auch wenn man ungern zu Ärzten geht, sollte man das tun, wenn der Schmerz nicht nachlässt.

Und so ist das mit dem Autoren-Nachlassarchiv. Es muss ge­gründet werden, weil Autoren nach wie vor ständig wegsterben und natürlich deren Werke weiterhin von Verlust bedroht sind. Also MUSS das Thema weiterhin auf der Agenda stehen und mit Nachdruck nach Wegen gesucht werden, um es zu realisieren.

Vor ein paar Tagen war ich zu Gast beim Format „Ortswechsel 17“ des Hauses der Wissenschaft. Unter dem Label „Engage­ment“ versammelte sich die Crew und ein bunter Haufen von rund 50-60 neugierigen Zuschauern im Haus des Kinderschutz­bundes Braunschweig, um drei Impulsrednern zuzuhören, dar­unter eine Soziologin aus Frankfurt, ein 17jähriges, herzliches und sympathisches Schulmädchen des Jugendparlaments in Braunschweig und ein Mann von den Braunschweiger Stiftun­gen.

Eines der Themen des Abends kreiste um die Tatsache, dass sich Staat und Kommunen immer mehr aus der Förderung zu­rückziehen und zunehmend mehr Dinge dem ehrenamtlichen (und damit kostenlosen) Engagement überlassen. Das wurde grundsätzlich bedauert, und es wurde ebenfalls konstatiert, dass das unter der mutmaßlich kommenden schwarzroten Gro­ßen Koalition – das scheint aktuell (1. März 2025) die realis­tischste politische neue Bundesregierung zu sein – wohl eher nicht sehr viel besser werden wird.

Natürlich betrifft eine solche Einschätzung auch meinen Plan ei­nes Autoren-Nachlassarchiv-Projekts, das ist offensichtlich. Denn auch dieses Archiv benötigt Förderer. Ob dies kommunale Mittel sind oder Landesmittel, die fließen, ist aktuell natürlich noch nicht gesagt. Aber wenn überall der Rotstift angesetzt wird, wonach es zurzeit aussieht, wird die Suche nach alternati­ven Finanzierungsquellen relevant sein. Da brauchen wir uns gar keine Illusionen zu machen.

Gut, solange das Projekt noch eher amorphe Gestalt hat, ist das noch kein vordringlicher Gedanke. Aber ohne hinreichende Fi­nanzierung, das wurde hier in dieser Rubrik schon verschiedent­lich thematisiert, wird es schwierig werden, die Pläne umzuset­zen, die ja durchaus schon eine gewisse Kontur gewonnen ha­ben.

Ich sprach an dem Abend beim geselligen Beisammensein dann mit dem Mann von den Stiftungen und skizzierte das Projekt, weil ich gern erfahren wollte, was er denn davon hielte. Das Ge­spräch, so kurz es auch ausfiel, war recht interessant. Beispiels­weise hatte er gleich eine potenzielle Summe im Blick, die für eine solche Institution vermutlich aufgerufen werden müsse, um sie zu gründen.

Welchen Wert veranschlagte er?

200.000 Euro.

Ich gestehe, die schiere Zahl raubte mir ein wenig den Atem. Ich denke üblicherweise nicht in solchen Dimensionen (wen wundert das, wenn man mein aktuelles Bürgergeldeinkommen von rund 12.000 Euro im Jahr (!) bedenkt?). Aber vielleicht muss ich mir das einfach mal angewöhnen.

Vielleicht müssen wir uns das alle angewöhnen – denn auch die KreativRegion ist zurzeit auf der Suche nach alternativen För­dermöglichkeiten. Selbst der Deutsche Kulturrat ist, soweit ich das weiß, derzeit zunehmend besorgt wegen der geplanten Kür­zungen im Kultursektor. Mit Recht, wie ich finde.

Es gibt, jetzt mal kurz davon abstrahiert, in meinen Augen ein paar wichtige Themen, die dringend wieder auf die Agenda ge­hören und dementsprechende Förderung brauchen. Neben mei­nem oben genannten Herzensprojekt gehören dazu die Förde­rung kultureller Vielfalt, der Museen und Archive in Bund und Land, aber ebenfalls auch strikte Förderung von Umweltprojek­ten und Initiativen für Kreislaufwirtschaft.

Im Wahlkampf war davon leider beklagenswert wenig zu hören. Stattdessen herrschten Themen wie Aufrüstung, nationale Al­leingänge, Abgesang der offenen Grenzen des Schengenraums und Fremdenfeindlichkeit und Abschottungs-Phantasien vor. Na­türlich war das zu einem Gutteil Spiegelung europäischer politi­scher Strömungen und der bizarren Degeneration der amerika­nischen Außenpolitik der Gegenwart. Aber ganz ehrlich: damit kann ich mich nicht anfreunden. Nicht mit Parteien, die „Remi­gration“ fordern oder offen für eine Einladung putinscher imperialistischer Politik sind … das ist Politik der falschen Richtung.

Man darf übrigens sehr vermuten, dass mit einer blauen oder tiefroten Politik der kulturelle Rückbau und die innere Ausgrenzung höchstens noch zunehmen werden. Das sind keine tragfähigen Alternativen für gestandene Demokraten. Diese Leute werden folgerichtig meine Stimme nie bekommen.

Doch damit genug Kulturpolitik für den Moment. Ich schaue un­verdrossen positiv in die nähere Zukunft und werde auch weiterhin in meinen regionalen Netzwerken weiterhin für das Projekt werben und schauen, was ich hier erreichen kann.

Soviel für heute zu diesem Thema. In der kommenden Woche werfen wir einen Blick auf meinen kreativen Output des Monats Juli 2024.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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