Liebe Freunde des OSM,
willkommen im neuen Jahr 2025, in dem der Horizont für jedwede Art von Planung wieder offen ist, was ich grundsätzlich positiv bewerte. Da die Zukunft immer eine Art von „black box“ ist, kann man natürlich schlecht kalkulieren, was sie bereit hält. Ich habe mir aber vorgenommen, etwas mehr Zeit in das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt zu investieren, als ich das in den vergangenen zwei Jahren schaffen konnte. Denn ihr erinnert euch an mein Mantra: Das Problem des Nachlasses verscheidender Autoren wird nicht kleiner, je länger man wartet, sondern nur umso dringlicher. Und die Gefahr des sicheren Verlustes nimmt zu.
Lasst mich also heute mal von einem Gespräch berichten, das ich vor ein paar Wochen geführt habe. Und entgegen der vielleicht ersten Vermutung handelt es sich dabei durchaus nicht um eine Abirrung vom zentralen Argumentationspfad.
Wie ich verschiedentlich schon berichtete, bin ich durch meine Vernetzung mit kulturellen Akteuren der Region inzwischen in die Lage versetzt worden, mich gewissermaßen fast auf Augenhöhe mit vielen Menschen zu unterhalten, die vorher nicht in meinem Umfeld zu entdecken waren. Dazu gehören wesentlich Personen aus dem so genannten Gründungs-Ökosystem Braunschweig.
Dazu kam es Ende 2022, als ich mich mehr und mehr für den Verein KreativRegion e.V. engagierte … jedenfalls denke ich, dass das schon Ende 2022 der Fall war, nicht erst 2023. Vermutlich habe ich schon mal davon erzählt.
Das so genannte Gründungsnetzwerk Braunschweig umfasst aus nahe liegenden Gründen Vertreter der IHK, der regionalen und überregionalen Banken, der Versicherungen und sonstigen Interessenvertretungen wie dem Arbeitgeberverband, der Handwerkskammer und der Braunschweig Zukunft GmbH. Durch mein sowohl ehrenamtliches Engagement für den Verein KreativRegion e.V., der Teil des Gründungsnetzwerks ist, rutschte ich auf schöne Weise in diese Rolle des Netzwerkers herein.
Und wie jedes Jahr lud auch Ende 2024 das Gründungsnetzwerk wieder zum Weihnachtsfrühstück. Da lerne ich stets neue, interessante Personen kennen, diesmal einen jungen und dynamischen Bankmitarbeiter. Neben Gesprächen über kalorientechnisch gefährliche Nähe zum Weihnachtsmarkt wurde ich von ihm gefragt, ob ich mich auch als Gründer verstünde.
Nicht so recht, lautete meine Antwort. Und ich erzählte von meinem inzwischen ehrenamtlichen Engagement für die KreativRegion … gab aber auch zu verstehen, dass es da schon ein Projekt gäbe, an dem ich seit einer Weile arbeiten würde.
Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt.
Für ihn, der nicht mal 30 Lenze zählte, war das ein völlig fremdes Thema. Es machte Spaß, ihm die zentralen Problempunkte aufzuzählen und dann selbstreflexiv zu zeigen, dass mir durchaus bewusst sei, wie wenig attraktiv dieses Projekt für Banken als Sponsoren sei.
Ein Punkt, den er sofort nachvollziehen konnte. Kinderspiel: Er kam von den Banken, also war dieser Gedanke flugs transparent. Banken interessieren sich für die Amortisation ihrer Anlagen und wollen im Idealfall daran sogar noch Plus machen. Bei einer Institution wie dem Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, das ja per se eigentlich nicht gewinnorientiert ist und auch – zumindest zu Beginn – keine Waren herstellt, die sich in klingende Münze verwandeln ließen, ist jede Reserve der Kreditinstitute nur zu gut verständlich.
Interessanterweise blieb das Gespräch nicht an diesem Punkt stehen.
Als ich nämlich die internen Differenzen der beteiligten Autoren skizzierte, insbesondere die noch ungeklärte Frage, ob das Archiv primär digitale Werke aufnehmen sollte oder auch analoge zu erfassen streben sollte, machte er deutlich, dass sich das natürlich auf die Finanzierungsfrage auswirke.
Stimmt, gab ich zu. Denn das ist ja tatsächlich der Fall. Man braucht zwar, wenn man sich (vorerst) auf digitalisierte Werke beschränkt, schon noch solide Speichertechnik, Sicherheitsabschirmungen, rechtliche Fundierung usw. Aber beispielsweise fällt dann für den Anfang ein wesentlicher Finanzposten fort: Der Lagerraum für die physischen Werke. Womit Locationsuche einfacher würde, ebenfalls solche Dinge wie Mietkosten, archivgerechte Unterbringung der Dokumente usw.
Im Laufe des sehr interessanten Gesprächs schlug er mir also vor, es wäre vielleicht ein zu erwägender Gedanke, tatsächlich erst einmal „klein anzufangen“ und für den Anfang eine digitale Datenbank mit digitalisierten Materialien zu erschaffen. Dies würde die Anfangs-Investitionskosten deutlich senken und wäre danach immer noch solide ausbaubar.
Ich wurde nachdenklich, das will ich gern zugeben. Denn ja, die Anfangs-Denkhürde, die zu einem guten Teil von der Tatsache beeinflusst wird, dass ich eben einen ziemlich großen Bestand an noch nicht digitalisiertem Material besitze, beeinflusst das Denken schon ziemlich klar.
Wenig später nach diesem Gespräch hörte ich im Deutschlandradio einige Beiträge, die auf interessante Weise ohne irgendeine Verbindung zueinander zu haben, weitere Gedankenbausteine hinzufügten.
In einem wurde etwa gesagt, dass viele Gründer in Deutschland sich besonders Anfangssorgen machten wegen des hohen anfänglichen Finanzaufwandes. Im Gespräch kam aber zutage, dass viele Gründer hierbei eine Denkhürde aufrichteten, die möglicherweise gar nicht so gravierend sei, wie sie sich das vorstellten. Konkret hieß es: Gründen sei sehr viel kostengünstiger, als sich viele Gründungswillige sich das gemeinhin vorstellten.
Ein zweiter Beitrag kam zu der Frage, warum so viele Insolvenzen in Deutschland zu verzeichnen seien und warum das allgemeine Klima so sehr gegen Neugründungen spreche, zu dem durchaus amüsierten Fazit, dass das Wichtigste am Gründen doch wohl sei, es einfach zu TUN.
„Wir leben hier in Deutschland, einem Staat mit einem sehr soliden Sozialsystem“, hieß es sinngemäß. „Was also kann einem Gründer schon Schlimmes passieren, wenn er einfach mal den Sprung wagt. Natürlich kann er scheitern. Aber das ist kein Weltuntergang.“ Sagte eine Frau, die schon zahlreiche Gründungen begleitet hatte.
Ich kann nicht leugnen, dass mich diese Haltung beeindruckte. Vor allen Dingen die Einstellung, dass sie auf diese Weise zahlreiche Menschen, die sonst in die Existenzarmut abgerutscht wären, eben davor bewahrte und ihrem Leben mit neuer Arbeit einen selbstbestimmten Sinn gegeben hatte. Ich bewundere solche Menschen, ganz ehrlich.
Und ja, ich denke, dass auch das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt etwas ist, das genau dies braucht: den energischen Willen, einfach mal ins kalte Wasser zu springen und loszulegen, das Wagnis einzugehen. Wer weiß also, vielleicht ist 2025 das Jahr, in dem der Startschuss gegeben wird?
Ich halte euch auf jeden Fall auf dem Laufenden.
In der kommenden Woche reisen wir an dieser Stelle zurück ins Jahr 2022. Für das angebrochene neue Jahr 2025 wünsche ich euch auf alle Fälle alles erdenklich Gute – bleibt mir gewogen, Freunde! Danke, dass ihr da seid!
Bis demnächst, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.