Liebe Freunde des OSM,
wir schrieben den 4. Juli 2018, und während in den USA der Nationalfeiertag begangen wurde, befand ich mich auf einer Abenteuerreise in einer unheimlichen Welt. In gewisser Weise sah ich Oki Stanwers bestem Freund, dem Helfer des Lichts Klivies Kleines, über die Schulter, als er einen lebensgefährlichen Pakt mit einem Wahnsinnigen schloss, um noch schlimmeres Unheil zu verhüten … aber kaum hatte ich mit dieser Geschichte angefangen, kam es auch schon wieder zu der klassischen Situation, die ich seit Jahrzehnten kenne: Jählings erlosch der Bilderstrom.
Ich hatte ein paar Szenenblenden geschrieben, aber zugleich stand ich bei dieser Geschichte vor schier unüberwindlichen Schwierigkeiten.
Aber vermutlich sollte ich vorne anfangen und die Vorgeschichte aufrollen. Denn die Episode, die schließlich Band 2300 des Oki Stanwer Mythos werden sollte, war in gewisser Weise ein Werk, das eine Lücke zwischen zwei schon längst geschriebenen Episoden schließen sollte. Die Herausforderung war sogar noch größer: Es handelte sich um den abschließenden vierten Teil eines Vierteilers, dessen komplettes Handlungssetting hiermit abgerundet werden sollte. Denn im kommenden Band sagte schon die Rückschau aus, dass das „Problem“, wie ich es mal euphemistisch nennen will, im nämlichen noch offenen Band abgeschlossen worden war.
Ich wusste freilich noch nicht, wie ich das machen sollte. Es fehlten mir wesentliche logische Handlungsbausteine. Und das hatte dann zur Folge, dass ich zwischen Sommer 2018 bis zur Mitte des Monats April 2024 daran zwar sehr gut und viel vorankam, aber von den schlussendlich 64 Textseiten war höchstens die Hälfte fertig, als das Jahr 2024 anbrach. Und noch immer fehlten wichtige Elemente der Geschichte.
Der Dammbruch kam dann tatsächlich recht spät, während ich die einzelnen Handlungsebenen des Bandes aufdröselte, vorskizzierte und mir verschiedene Details immer klarer wurden. Und dann flossen die Bilder … so schnell, dass ich aus dem Schreiben gar nicht mehr herauskam. Die Story wurde immer drastischer, bis sie schließlich in einer scheinbar völlig unmöglichen Handlungsvolte gipfelte. Und am 19. April schliff ich die letzten Grate der Unebenheiten ab, fügte hier und da noch Veränderungen hinzu … und da war der Band.
Es handelt sich beim Band 2300 des OSM um eine Geschichte, die den Titel „Kettenreaktion“ trägt. Im Serienkosmos des OSM ist sie in KONFLIKT 4 „Oki Stanwer – Der Insel-Regent“ (IR) angesiedelt und belegt dort Platz 27.
Und worum genau geht es hierin, und weshalb fand ich gerade sie absolut passend für diesen Jubiläumsband?
Fangen wir am besten mit der einfacheren Frage an, also mit Teil 2: Ein Jubiläumsband sollte charakteristischerweise einen Meilenstein in der OSM-Historie darstellen. Das ist ein wenig so wie mit Jubiläumsbänden in der Perry Rhodan-Serie, mit denen sie durchaus gewisse Ähnlichkeiten aufweisen.
Diese Bände sollen wichtige Handlungsdetails aufweisen, die das bisherige OSM-Handlungsraster deutlich aufwerten, ergänzen und erweitern. Und das kann man hier durchaus sagen. Ich glaube, ihr werdet das begreifen, wenn ich in die Handlung der Geschichte selbst einsteige. Da sie sehr komplex ist, insbesondere mit Berücksichtigung der Vorgeschichte, versuche ich mal so sehr zu vereinfachen, wie ich es vertreten kann.
In der Episode schreibt man den 25. Ansoy 2562 INSEL-Zeitrechnung, und die ganze Geschichte umfasst tatsächlich nur wenige Handlungsstunden. Klivies Kleines ahnt das nicht, aber das ist unter anderem der Tag, an dem auf TOTAM die Voraussetzungen für die so genannte „Alte Armee“ entstehen.1
Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Klivies Kleines, Co-Regent der INSEL, mit seiner Raumyacht TRASCOOR am Rand der INSEL in einem so genannten Entwicklungssystem. Das Ghinsslay-System ist für die Raumfahrt traditionell gesperrt, weil auf dem zweiten Planeten, schlicht Ghinsslay-II genannt, die insektoide Spezies der Jinminqui durch Kulturanthropologen von der INSEL-Welt Sintaujan erforscht werden soll. Die Jinminqui befinden sich auf einer feudalistisch-tribalistischen Kulturstufe und sind noch weit entfernt davon, etwa eine Dampfmaschine zu entwickeln, von Reisen zu den Sternen einmal völlig zu schweigen.
Als einige Zeit vor Kleines’ Eintreffen ein Forschertrupp von Sintaujan wieder den Kontakt mit den Jinminqui sucht, stellt er Erschreckendes fest: Alle Kontaktpersonen sind tot, offensichtlich vergiftet durch einen Biowaffenangriff, der von einer externen Macht angefangen worden ist.
Die Forscher rufen um Hilfe.
Die Baumeister verhängen daraufhin Quarantäne über das gesamte System und schicken – weil sie fürchten, dass dies der schon lange erwartete „Alarmfall TOTAM“ sein könnte – fünf mondgroße ZYNEEGHARE und Hunderte von robotischen Krisenreaktionsschiffen zur Eindämmung des „Krisenherdes“ ins Ghinsslay-System.
Und dann läuft alles aus dem Ruder.
Als Baumeister Vier sich davon persönlich überzeugen möchte, dass alles soweit in Ordnung ist, wird er beim Eintreffen im System um ein Haar von seinen eigenen Sicherheitsmechanismen umgebracht. Ihm gelingt im letzten Moment die Flucht.
Die ZYNEEGHARE und die Krisenreaktionsstreitkräfte sind auf rätselhafte Weise „umgepolt“ worden. Die Forscher sind auf Ghinsslay-II gestrandet, und rings um sie herum wütet der biochemische Genozid. Die Lage ist, vorsichtig gesprochen, verzweifelt.
Aber es scheint einen Lichtschimmer zu geben: Es existiert ein Baumeister-Transmitter, durch den sie hoffen, zu einer INSEL-Welt flüchten zu können. Doch als sie ihn erreichen, folgt ihnen eine gespenstische Armee – die Jinminqui … genauer gesagt: die untoten Jinminqui! Eine biologische Unmöglichkeit, aber grässliche Realität. Und der Schrecken endet leider auch nicht, als sie den Transmitter durchschreiten … denn sie sind auf der anderen Seite keineswegs in der INSEL. Sie landen nun vielmehr in einer unheimlichen Hohlwelt, dem Drift-EXIL des verstorbenen Baumeisters Asin. Und diese Hohlwelt namens Uuridan ist bevölkert von Milliarden Lebewesen, den stummen Huum, bovistartigen, beweglichen Pilzlebensformen. Sie sind es, wie sich bald herausstellt, die Ghinsslay-II verseucht haben.
So sind die Forscher erst recht in einer schrecklichen Lage gelandet, gewissermaßen im Herzen des Feindgebiets. Rückkehr unmöglich.
Draußen im System, zu dem inzwischen Klivies Kleines gerufen worden ist, ist derweil das Chaos ausgebrochen. Kleines und seine Gefährten haben zwar inzwischen erfahren, dass hier nicht der „Alarmfall TOTAM“ vorliegt, sondern das digitale Subversionsvirus, das die Streitkräfte der Baumeister „umdrehte“, das Erbe des verstorbenen Baumeisters Asin ist … aber was sie sonst im System vorfinden, ist die Hölle: Alle Robotschiffe und ZYNEEGHARE scheinen kollektiv den Verstand verloren zu haben und attackieren einander mit blindwütem, gnadenlosem Vernichtungsfuror.
Was Kleines nicht einmal ahnen kann: Als die Subversions-Software Uuridans die ZYNEEGHARE okkupierte, kam es zu einer schizophrenen Abspaltung eines Teils der kybernetischen Hauptpersönlichkeit des ZYNEEGHARS 19.904. Diese Abspaltung, der so genannte „Denkkern II“, wurde aus dem Off, könnte man sagen, Zeuge davon, wie der ZYNEEGHAR im Auftrag des EXILS Uuridan kurzerhand völlig auf Kriegswirtschaft umrüstet und – wie die anderen vier ZYNEEGHARE – endlose Materialkolonnen hinab nach Ghinsslay-II schickt und von dort über den Baumeister-Transmitter nach Uuridan.
Vollends unfassbar wird die Lage aber dadurch, dass nicht nur der Denkkern II sein autonomes Bewusstsein bewahrt hat, sondern auch einer der SENSOREN, der wurmgestaltigen, formenergetischen Roboter der Baumeister.
Nur ist dieser SENSOR 556 … anders, um es vorsichtig auszudrücken.
Der SENSOR entwickelt eine Eigenpersönlichkeit und betrachtet sich jählings als Freiheitskämpfer. Er sieht sein „Volk“, die SENSOREN, als Sklaven des „Systems“ (dafür hält er den ZYNEEGHAR, der ihn recht eigentlich erschaffen hat), und durch Sabotageakte versucht er nun, seine „Artgenossen“ aufzurütteln und zum Aufstand aufzustacheln, eine Revolution loszutreten! Der Denkkern II ist zunehmend verzweifelt, als er das entdeckt.
Aber das ist leider erst der Anfang.
Besonders dramatisch wird es, als es dem SENSOR 556 gelingt, in die Germinierungsports vorzustoßen, wo neue SENSOREN erschaffen werden, und seine „revolutionäre Idee“ in die Neuerschaffenen einzuimpfen. So erschafft er loyale, auf ihn eingeschworene „Revolutionsgarden“ und beginnt immer mehr mit zerstörerischen Aktionen.
Als Kleines am Reiseziel eintrifft, hat SENSOR 556 mit seiner „Revolution“ schon alle Baumeister-Systeme im Ghinsslay-Sonnensystem infiziert und einen gnadenlosen kybernetischen Bürgerkrieg ausgelöst. Der ZYNEEGHAR-Krieg ist etwas, was nicht einmal die Baumeister für möglich gehalten haben. Kleines ist jählings zur vorsichtigen Beobachtung verurteilt. Das Drift-EXIL des Baumeisters Asin bleibt für seine Messinstrumente zudem auch noch unsichtbar, womit er erst recht kein Ziel mehr findet.
Die Lage ist chaotisch und wird scheinbar immer schlimmer.
Der Denkkern II ist dazu vorsichtig übergegangen, unter dem tarnenden Alias als „Stimme der Revolution“ Kontakt mit dem irren SENSOR aufzunehmen. Dummerweise wird SENSOR 556 so erst auf Ghinsslay-II, dann auf das unauffindbare Drift-EXIL des Baumeisters Asin (das Kleines ja vergeblich sucht) aufmerksam gemacht, und schließlich entdeckt er auch noch die INSEL … ein von den Baumeistern erschaffenes „Knechtungssystem“, in dem weitere Milliarden SENSOREN „versklavt“ sind.
Er plant also, seine „Revolution“ in die INSEL zu tragen und die „Sklaven“ zu befreien. Das völlige Chaos steht offensichtlich vor der Tür.
Schlimmer geht es nimmer? Doch, leider schon.
Denn der Denkkern II ist sich zwar bewusst, dass er in gewisser Weise Hochverrat begeht, aber er bringt den SENSOR 556 mit Klivies Kleines zusammen! Und sie schließen einen fragilen Pakt: Der SENSOR soll Kleines in das EXIL Uuridan einschleusen, während die subversive Software des SENSORS dann die von Uuridan ausgehende Gefahr neutralisieren soll.
So der Stand der Dinge, als der vorliegende Band beginnt.
In der Tat klappt am Anfang einiges. Das Treffen zwischen Kleines und dem SENSOR funktioniert, der Transit ins EXIL gelingt ebenfalls … aber dann bricht der Wahnsinn wieder durch, und der SENSOR möchte Kleines am liebsten sofort den Prozess machen.
Warum?
Nun, Kleines ist seit Tausenden von Jahren Co-Regent der INSEL. Also ein hochrangiger „Sklavenhalter“ der SENSOR-Community. Als solches verdient er unabweislich den Tod … aber so schnell geht das nicht. Denn Kleines und er entdecken in Uuridan die grässliche untote Monsterarmee der Jinminqui. Und sie erfahren von dem monströsen Plan des Baumeisters Asin, dem „Projekt 700.000“.
Das Projekt 700.000 geht auf eine uralte Planung zurück, die aus einem untergegangenen Universum stammt. Damals waren die Baumeister Asin und Quin (!) gut befreundet.2 Sie einte der Gedanke, dass sie ihre Schöpfung gegen TOTAMS mörderischen Aktivitäten abschirmen müssten. Und Quin formulierte die Schaffung eines so genannten „Quin-Schildes“.
Mit diesem Quin-Schild sollten Intelligenzvölker vor TOTAMS Zugriff geschützt werden. Das, was auf Ghinsslay-II geschieht, ist eine Vorbedingung dazu. Die SENSOREN Uuridans und die pilzgestaltigen Huum realisieren aber überhaupt nicht, dass sie durch das Nivellierungsvirus, das sie einsetzen, die Schutzbefohlenen nicht retten, sondern umbringen.
Und nun haben sie auch von der INSEL erfahren und planen, den Genozid, den sie auf Ghinsslay-II entfesselt haben, auch in der INSEL fortzusetzen.
Verständlich, dass sowohl Kleines als auch der SENSOR 556 davon entsetzt sind. Kleines, weil er die INSEL schützen möchte, der SENSOR, weil diese Massenauslöschung seine Pläne dramatisch durchkreuzt.
Sein Plan besteht nun darin, Uuridan zu okkupieren und von innen heraus zu vernichten. Dabei geht er, wie Kleines bestürzt entdecken muss, kaltblütig über Leichen, die er ohne Federlesen einfach reihenweise hinterlässt.
Kleines wird daraufhin unmissverständlich klar, dass der SENSOR 556 nicht nur eine kybernetische Gefahr ist, sondern ein potenzieller Massenmörder. Und damit hat er schon zwei tödliche Gefahren, die er abwenden muss.
Dummerweise wechselt SENSOR 556 seine Strategie ihm gegenüber – als sie die dahinsiechenden Forscher von Sintaujan erreichen, die ebenfalls dem Nivellierungsvirus ausgesetzt wurden, lässt der SENSOR Kleines ebenfalls dem Virus aussetzen und ihn zum Sterben zurück!
Wie gesagt, das sieht alles ganz übel aus.
Und um dem Ganzen die Krone des Irrsinns aufzusetzen, beginnt im System draußen der Denkkern II des ZYNEEGHARS 19.904 damit, als „Stimme der Revolution“ einen Wahnsinnsplan auszuführen, der Betrug, Massenmord und Verrat an allen Parametern seiner Erschaffung beinhaltet …
Ihr merkt schon an dieser extrem gerafften Form des Inhalts der Geschichte, was das für eine anspruchsvolle Herausforderung darstellte … aber zugleich war es absolut faszinierend.
Allein die pilzartigen Huum und deren Kommunikationsform erwies sich als komplexe Aufgabe. Dann die unterschiedlichen Stufen des kybernetischen Wahnsinns, die damit einhergehenden Täuschungs- und Unterwanderungsmanöver, das Taktieren und die inneren Zweifel, die überall auftauchten. Das Wechselbad von Hoffnung, Verzweiflung und notwendiger Reserve … schwierig darzustellen, und ich sprang wirklich von Handlungsschauplatz und von Protagonist zu Protagonist und kämpfte mit unterschiedlicher Intensität, ständig den Blickwinkel verändernd, Seite für Seite darum, möglichst nichts zu vergessen oder zu übersehen.
Wirklich, so etwas Herausforderndes habe ich schon ziemlich lange nicht mehr geschrieben.
Ich vermute, dass ich dieses ganze apokalyptische Chaos überhaupt beschreiben konnte, ist der Tatsache zu verdanken, dass ich zurzeit auch den Finalzyklus des KONFLIKTS 16 „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“ digitalisiere und kommentiere. Darin geht es dermaßen dramatisch zur Sache, dass ich quasi im gedanklichen Flow war, derlei Handlungsdramaturgie umzusetzen.
Denn ja: Die Ghinsslay-Geschichte ist erst der Auftakt zu noch dramatischeren Ereignissen, die nun in der Serie noch folgen werden.
Ich deutete es oben kurz an: Am gleichen Tag, an dem Klivies Kleines die Lage im Ghinsslay-System entschärft, wenn auch unter sehr hohen Opfern, beginnt TOTAM damit, nach der INSEL zu greifen. Und in naher Zukunft wird der Alptraum TOTAMS auf die INSEL losgelassen … die Alte Armee.
Dann öffnet die Hölle erst recht ihre Pforten. Vielleicht kann ich das bis zum Band 2400 des OSM umsetzen. Drückt mir mal die Daumen, Freunde!
Bis bald, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
1 Vgl. dazu das E-Book „In der Hölle“, 2013.
2 Wem der Name Quin geläufig vorkommt … das ist kein Wunder. In KONFLIKT 2 „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI), der sukzessive als E-Book-Serie veröffentlicht wird, ist der Baumeister Quin eine zentrale Gestalt. Nachlesen sei an dieser Stelle empfohlen. Weitere Episoden jenseits von TI-Band 30 sind in Planung zur Veröffentlichung.