Liebe Freunde des OSM,
ich denke, für alle von euch, die meinem Blog schon seit ein paar Jahren folgen, ist es keine große Überraschung, wenn ich sage, dass der Oki Stanwer Mythos ein ziemlich lang angelegtes und auf lange Zeit geplantes Gesamtprojekt darstellt. Das zeitigt bisweilen interessante Effekte, wenn ich daran arbeite und in die tiefere Schreibvergangenheit eindringe. Von so einem interessanten und bislang unerwarteten Effekt möchte ich heute erzählen.
In gewisser Weise ist es äußerst passend, heutzutage im Jahre 2024 zurückzublicken auf das Jahr 1984. Mutmaßlich waren einige von euch zu dem Zeitpunkt noch gar nicht auf der Welt oder jedenfalls nicht allzu alt. Der OSM hingegen – der seinen Gesamttitel indes erst 1985 erhielt – war in wesentlichen Teilen schon existent. Und natürlich war ich im zarten Alter von 17, 18 Jahren ein recht anderer Mensch als heute. Weitaus weniger kenntnisreich, wesentlich ärmer an Lebenserfahrung und geradezu durchtränkt von Selbstbewusstsein.
Wie kam gerade Letzteres zustande? Nun, ich hatte 1982 das Fandom entdeckt und veröffentlichte eifrig Kurzgeschichten (von eher bescheidener, schlichter Qualität) und Illustrationen, die auch nicht viel besser waren. Und mit jeder solchen Veröffentlichung nahm mein Selbstbewusstsein zu.
Wofür ich damals vollkommen blind war, das war ein damit vermutlich fast unvermeidlich einher gehender Effekt, der weder mir noch meinen – damals meist annähernd gleichaltrigen – Brieffreunden auffiel.
Wovon spreche ich?
Von Theatralik.
Außerstande, so etwas wie eine klare, klug durchdachte Storyline zu verfolgen, erst recht nicht fähig, gescheite Protagonistenschilderungen oder glaubwürdige Settings zu entwickeln, ersetzte ich eigentlich so ziemlich alles, was fehlte, mit Theatralik. Handlung hieß für mich damals mehr oder weniger: Nonstop-Action, vielfach Kämpfe mit wechselnden Schauplätzen, Welten, Imperien sowie zahllosen Protagonisten, die wie Pilze aus dem Boden schossen und meist ebenso flink wieder in die (meist ewige) Versenkung verschwanden.
Es waren chaotische Zeiten, die mir damals aufregend erschienen, weil ich es einfach nicht besser kannte. Ich las bergeweise Heftromane, die nach Schema F strukturiert waren, mit eher schlichten Dialogen, oftmals holzschnittartig designten 08/15-Darstellern, Standardplots usw. Und das hielt ich für tolle Literatur, der ich nicht selten munter nacheiferte (auch wenn das 1984 schon nachließ).
Wo sich diese theatralischen Effekte allerdings sehr lange hielten, das fiel mir jüngst auf, das waren die Episodentitel des Oki Stanwer Mythos. Das war eigentlich der Ausgangspunkt meiner heutigen Überlegungen.
Während ich heute mehrheitlich solide überlegte Titel plane und umsetze, da sah das in der Frühzeit vor 40 Jahren völlig anders aus. Ein Blick in meine Titelliste des OSM zeigt das wirklich überdeutlich. Schauen wir uns spaßeshalber dafür mal die Titel von 1982-1984 an (insgesamt nicht weniger als 281 OSM-Titel). Da finden wir so unübersehbar theatralische Titel wie:
– Der große Angriff
– Höllengrüße
– DER RÄCHER
– Gefangene des Satans
– TOTAMS Todesturm
– Die Killer-Sporen
– Die Zombie-Truppe
– Trainingslager der Hölle
– Die knöchernen Killer
– Der Horror-Garten
– Das schleichende Grauen
– Der Tod als Gast
– Der Killer mit meiner Waffe
– Kleines, der Höllenbote
– Die Todeshöhle
– Todesfalle Denebsystem
– Wahnsinnige an Bord
– Tödliche Versuche mit Restat
– Die Gejagten
– Strahlenhölle Deneb IV
– Das Ungeheuer ist unbesiegbar!
– Transmitter ins Jenseits
– Revolte der Okis
– Sturm aus der Sternenballung
– Das Sporen-Monster
– Auf Todeskurs
– Gluthölle Torom
– TOTAM wird besetzt!
– Heerführer des Todes
– Das Todesschiff
– Die Sonnenhölle
– Invasion auf der Brutwelt
– Angriff auf das Orakel
– Die Todessonne
– Die Geburt der Todeswelt
– Angriff der Soogrer
– Die Schlacht im Nebelsektor
– Das Grauen schlägt zu!
– Die Parasitwelten
– Terror der Knochenmänner
– Unerbittliche Gegner
– Flucht durch den Todeskreis
– Die Todesschatten
– Höllenflug nach Wukarin
– Im Parasturm
– Das Traum-Inferno
– „Dieses Haus ist dein Grab, Oki Stanwer!“
– Der Luft-Teufel
– Guerilla-Krieg
– „Tod den Rebellen!“
– Der Verräter auf Station 0
– Lebendig eingemauert!
– Flucht aus dem QUANTAGORN
– Der Tod kam per Hyperwelle
– Gefangen im Mikrokosmos
– Zentrum des Bösen
– Die Eismörder
– Tödliches Präsent
– Notruf aus der Kristallwelt
– Das kristalline Gefängnis
– Mission Todeszone
– Hetzjagd auf einen Mutanten
– Das Synox-Komplott
– Unterwegs in tödlichem Auftrag
– Gefährliche Ruinen
– Kampfplatz QUANTAGORN
– Invasion der Cranyaa
– Der Wahnsinns-Planet
– Angriff der Stein-Männer
– Kreuzzug des Bösen
– Die Blutquelle
– Goldene Gladiatoren
– Mörderisches Erbe
Ihr seht – das ist nur der Auszug der eindeutig theatralischen Titel der ersten gut 280 OSM-Titel (aktueller Stand: 2238, 23. August 2023). Und schon hier fallen zahlreiche theatralische Triggerworte auf: Tod in allen möglichen Varianten etwa. Auch sehr beliebt sind Angriff und Invasion. Ebenfalls auffällig gehäuft sind Variationen von Hölle, Monster oder Grauen. Manche Titel sind mehr Ausrufe – eindeutig beliebt zur damaligen Zeit etwa bei der John Sinclair-Heftromanserie, und ebenfalls setzte ich erkennbar gern Ausrufezeichen ein.
Hinzu kommen Bewegungstitel, wie ich das mal nennen möchte: Hetzjagd, Flucht, Kampf, Unterwegs usw. Auch nicht eben selten sind klassische dramatische Topoi wie Krieg, Gefangen, Teufel, Verrat, Terror oder Grauen.
Ich denke, das beweist recht deutlich, dass ich damals – und ich wiederhole, wir sprechen hier nur vom Zeitfenster bis Ende 1984 – primär recht oberflächlich am packenden Action-Handlungsstrom klebte und mir für die meist recht kurzen Episoden des OSM, die selten 10-15 Textseiten (oftmals sogar noch handschriftlich ausgeführt) überschritten dann passende Etiketten ausdachte und realisierte.
Passten die in jedem Fall? Nun, ich denke nicht. Vielfach waren die Episoden eher enttäuschende Mogelpackungen. Das heißt nicht zwingend, dass das jetzt alles Schrott war, aber Fakt ist wohl, in den weitaus meisten Fällen war ich mit sehr viel mehr Engagement und Enthusiasmus am Werke als tatsächlich mit handwerklich brauchbarem Gespür.
Nun, was will man denn auch anderes erwarten? Noch Jahre später hatte ich – und ich merke das heutzutage immer wieder, wenn ich so alte Episoden abschreibe, etwa aus KONFLIKT 20 „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“, mit dem ich 1984 tatsächlich anfing – , also, noch Jahre später hatte ich das massive Problem, dass ich es vielfach, während mich die Woge der Handlungsdramaturgie wegspülte und ich Theatralik mit detaillierter Darstellung verwechselte und einfach weichspülte, anstatt Personen tatsächlich zu charakterisieren, sie einfach schematisch mit Name (oftmals nur Vor- oder Nachname!) und einer beruflichen Position oder einem Rang bezeichnete.
Das hielt ich, ernsthaft, viele Jahre lang für „ausreichende Charakterisierung“, was in überhaupt keiner Weise stimmte. Aber ich war jung, naiv, die Kreativität feuerte unentwegt durch meinen Verstand, und sinngemäß rauchten meine Finger und die Schreibmaschinen, die ich verwendete, während ich Seite um Seite mit Worten füllte und Welten entstanden und wieder vergingen.
Ich fand es toll. In gewisser Weise WAR es toll.
Aber der OSM reift natürlich. Und im Laufe der Jahre lernte ich eine Menge dazu, sah und sehe heutzutage die Schwächen der frühen Werke, und mitunter raufe ich mir schon mal seufzend die Haare und frage mich, was mich damals wohl für verrückte Gedanken umtrieben. Warum so vieles, was ich heutzutage für absolut essentiell halte, dort schlichtweg fehlt. Dass ich das Fehlen gar nicht registrierte, ist heutzutage ein wenig peinlich zuzugeben. Aber auch das gehört nun mal dazu, wenn man über den eigenen kreativen Lernprozess reflektiert.
Nein, das fiel alles nicht vom Himmel, das war ein seeehr langwieriger Prozess. Und ich lernte recht langsam … wie hätte es beim kreativen Dauer-Ideenbeschuss auch anders sein können? Selbst heute noch ertappe ich mich in manchen Geschichten, dass mich die Handlung wild und leidenschaftlich voranpeitscht. Und dann muss ich immer in einem zweiten Arbeitsschritt zurückgehen, schauen, ob ich nicht wieder durchdachte Handlungsführung und Personenschilderung mit hastiger Theatralik und billiger Action verwechselt habe.
Und falls dem so ist, wird nachgefeilt.
So arbeite ich heute am OSM … aber ich bin auch 40 Jahre älter geworden. Und ich lasse euch gern an solchen Reflexionen über meine Schreibvergangenheit teilhaben.
Für den Moment soll das erst einmal reichen. Ich hoffe, es war unterhaltsam für euch, auch wenn ihr nur ein paar der obigen Titel aus den „Close Up“-Beiträgen kennen werdet. Der Rest folgt beizeiten noch, versprochen.
Bis bald dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.