Liebe Freunde des OSM,
es ist jetzt vier Monate her, dass ich an dieser Stelle den ersten Auftakt wagte, über jenes Projekt zu sprechen, das derzeit einen guten Teil meiner Lebenszeit einnimmt und, so optimistisch wage ich das zu formulieren, hoffentlich beizeiten langfristig dazu beitragen wird, mich aus dem Bezug des „Bürgergeldes“ zu befreien und zugleich ein drängendes Problem zu verringern.
Dass Autoren sterben, ist ein Faktum, das wir nicht aus der Welt schaffen können (es gibt nun mal keine Zellaktivatoren, nicht wahr?). Dass sie bisweilen völlig unerwartet und vor der Zeit versterben, ist ebenfalls nicht auszuschließen. Ich muss da nur an meinen alten Brieffreund und Autor Malte Schulz-Sembten denken, der von uns ging, als er gerade 50 Jahre alt geworden war. Ich denke, wir sind uns einig, dass das eigentlich ein Lebensalter ist, in dem man noch nicht abtreten sollte.
Ich selbst bin zum Zeitpunkt, wenn dieser Blogartikel erscheint, (noch) 56 Lenze alt, gehe aber schon solide auf den 57. Geburtstag zu. Dabei blicke ich auf über 40 Jahre recht reger Autorentätigkeit zurück, deren Resultate ganze Regalwände bei mir füllen (und die Korrespondenz aus diesen Jahren füllt weitere Archivkartons bei mir. Glaubt mir, in 40 Schreibjahren kommen viele Briefe und Mails zusammen!).
Das meiste meiner Werke ist noch nicht veröffentlicht, und dazu zählen viele Romane mit mehr als hundert Seiten Umfang, manche mit mehreren tausend Textseiten. Das umfangreichste E-Book „DER CLOGGATH-KONFLIKT 1: Vorbeben“ (2018 erschienen) ist mit seinen gut 500 Seiten nur ein kleiner Vorgeschmack all dessen, was hier noch an ungehobenen Schätzen schlummert.
Als ich im Frühjahr 2022 in der „Jobfabrik“ meinem dortigen Arbeitsberater klarmachte, dass ich intendierte, neben der regulären Jobsuche im Internet und dem Stellenangebot des ARBEITSMARKTES ein Netzwerk aufzubauen, um die Möglichkeit auszuloten, ein Autoren-Nachlassarchiv aufzubauen, stieß ich auf faszinierte Zustimmung. Ihm war sofort klar, dass ich mit unglaublicher Energie und enormem Engagement dieses Ziel verfolgen würde. Es stand ebenfalls für uns beide Folgendes fest: Schnelle Erfolge waren hier kaum zu erwarten. Die Widerstände würden enorm sein. Und das Projekt musste unabweislich auf lange Sicht angelegt sein.
Damit war es klar antizyklisch. In der Jobsphäre, in der ich traditionell unterwegs bin, dominiert seit über 20 Jahren eine be-dauerliche Kurzatmigkeit. Das bedeutet: Jobs und Projektstellen an Universitäten und in Archiven (meine traditionellen Arbeitgeber, da ich ein Neuzeithistoriker mit jahrelanger Archiverfahrung bin) sind kurzfristig getaktet. Selbst dann, wenn man mal eine solche Projektstelle erhaschen kann, für die man sich nicht selten inhaltlich ordentlich verbiegen muss, ist es quasi unmöglich, länger als 3 Jahre auf einer Stelle zu verweilen. Üblicherweise werden solche Projektstellen nach diesen drei Jahren wieder eingestampft, und man steht wieder am Anfang wie zuvor.
Auf diese Weise lässt sich keine langfristige ökonomische Sicherheit erlangen. Da ich das alles jetzt schon 20 Jahre lang mitmache und Besserung nicht in Sicht war, beschloss ich, mich zwar weiterhin auf (seltene) ausgeschriebene Stellen zu bewerben, aber parallel dieses Projekt zu forcieren.
Ich erhielt dafür grünes Licht. Ende März 2022 legte ich schon los, vor dem eigentlichen Zustimmungsgespräch in der Jobfabrik. Schauen wir uns mal die ersten Schritte an, die ich unternahm.
Wer mich länger kennt, wird im Fandom zweifellos schon mal irgendwann über meinen Namen gestolpert sein. Sei es auf der Perry Rhodan-Leserkontaktseite, sei es in den ANDROMEDA NACHRICHTEN, über meine E-Books, durch Publikationen des Terranischen Clubs Eden (TCE), des Science Fiction-Clubs Universum (SFCU) oder das monatliche Fanzine „Baden-Württemberg Aktuell“ (BWA) des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW). Seit jüngstem kann man mich auch auf der Homepage des SFC Black Hole Galaxie entdecken. Oder eben hier auf meiner Webseite www.oki-stanwer.de. Aber gebt nur meinen Namen im Netz ein … ihr werdet noch ganz andere Stellen entdecken. Das Obige ist nur die Spitze des Bekanntheits-Eisbergs.
Ich bin eben, seit ich 1982 ins bundesdeutsche Phantastik-Fandom aufgebrochen bin und konstant publiziert habe, schon sehr weit herumgekommen (ich habe im BWA mal vor längerer Zeit eine mehrteilige Artikelreihe über meine ersten 25 Fandom-Jahre veröffentlicht, vielleicht bekommt die beizeiten mal ein Update, who knows?).
Das heißt, in der SF-Community bin ich – jenseits der sozialen Medien – relativ gut bekannt und vernetzt und habe eine Menge Kontakte. Außerdem wurde ich während einer Archivbeschäftigung vor vielen Jahren Mitglied im Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA). Leider vom Alter her zu spät, um auf traditionellem Weg Archivar werden zu können … aber als Seiteneinsteiger ist das immer wieder denkbar (wenn auch, leider, meist auf Projektbasis und befristet).
Ich recherchierte also am 31. März 2022 zunächst die Phantastische Bibliothek Wetzlar und forschte mit einer allgemeinen Recherche nach Nachlassarchiven phantastischer Provenienz. Wetzlar war dabei allerdings so unklar in den Informationen, dass ich spürte: Hier muss ich direkt nachhaken. Ich setzte den Punkt auf meine Agenda. Die andere Recherche blieb weitgehend erfolglos – ganz wie ich befürchtet hatte. Schon hier befürchtete ich, dass das Thema des Nachlasses sterbender deutscher Phantasten irgendwie nicht auf der Agenda stand. Ich sollte darin nachhaltig bestärkt werden.
Am 1. April – und nein, das war kein Aprilscherz und wurde glücklicherweise auch nicht als solcher aufgefasst – kontaktierte ich den VdA direkt und erkundigte mich explizit nach Autoren-Nachlassarchiven. Parallel dazu aktivierte ich mein Netzwerk und schrieb den Braunschweiger Verein KreativRegion e.V. an. Zur näheren Erläuterung: Dies ist ein Dachverband für die Kreativbranchen Braunschweigs (dazu zählen z.B. Theater, Architektur, Design, Buchmarkt, Kreatives Handwerk, Software usw.). Ich bin hier seit Jahren ehrenamtlich aktiv und engagiere mich – aus nahe liegenden Gründen – besonders für den Bereich Buchmarkt. Seit 2022 gibt es auch im monatlichen Newsletter der KreativRegion eine Literaturkolumne von mir, in der Rezensionen oder Kurzgeschichten von mir veröffentlicht werden.
Im Vergleich zu meinem sonstigen Veröffentlichungsportfolio fallen diese maximal 12 Veröffentlichungen kaum ins Gewicht, das stimmt. Aber sie erschließen nach und nach neue Leserkreise, und deshalb haben sie ihren Wert und verlangen sorgfältige Aufmerksamkeit.
Hier wollte ich nun also von den Verantwortlichen im Vorstand wissen, ob ihnen zu dem Thema Autoren-Nachlassarchiv schon etwas untergekommen sei oder ob sie Ansprechpartner wüssten, mit denen ich Kontakt aufnehmen könnte. Denn mir war schon zu diesem Zeitpunkt klar, dass die Aufgabe, die ich hier begonnen hatte, nicht von einer einzigen Person, d.h. mir, zu schultern sein würde.
Ich würde ein Team brauchen.
Aber bis dieser Gedanke reifte, sollte noch einiges an Zeit vergehen.
Am 4. April recherchierte ich bei der Archivschule Marburg, die mir ein weiterer sinnvoller Ort dafür zu sein schien. Am gleichen Tag grub ich mich auf der Suche nach Nachlassarchiven durch das Archiv-Portal Arcinsys, das ich bei meinen archivischen Beschäftigungen kennen gelernt hatte.
Die Resultate waren, vorsichtig gesprochen, ernüchternd. Und das befeuerte meine Befürchtungen natürlich umso mehr.
Daraufhin schrieb ich am 5. April direkt die Archivschule Marburg an und flankierte das mit einem Schreiben an die Phantastische Bibliothek in Wetzlar.
Es ist vielleicht wichtig, an dieser Stelle einzuflechten, dass wir uns immer noch in den Ausläufern der Corona-Pandemie befanden. Sie hatte seit Ende 2020 beim Verein KreativRegion e.V. sehr viel Schaden angerichtet, wie generell bei den Kreativbranchen, als deren Dachverband und Interessenvertretung sich die KreativRegion verstand. Die früher monatlich regelmäßig stattfindenden Präsenztreffen und diverse Formate wie der „Frühe Vogel“ (ein kreatives Frühstück) oder die „DenkBar“ (ein Abendformat) hatten sich genauso wie das so genannte „11hoch11“-Format, bei dem in loser Folge sich jeweils eine kreative Branche an einem wechselnden kreativen Ort in Braunschweig vorstellte, quasi aufgelöst.
Dass das dann eine Führungskrise im Verein zur Folge hatte, entdeckte ich erst mit Verspätung im Herbst 2022 … da das durchaus für das, was ich hier berichte, einige Relevanz besitzt, sei es hier schon mal vorsorglich angesprochen.
Diese weitgehende Inaktivität des Vereins, was Präsenzformate angeht, ist deshalb wichtig, weil ich am 6. April 2022 an einem solchen Präsenzformat teilnahm. Dort ging es primär um die Hilfe für die in Braunschweig eingetroffenen Flüchtlinge aus der Ukraine. Vergessen wir nicht, dass seit dem 24. Februar russische Truppen diesen Staat überfallen haben und seither die Zivilbevölkerung terrorisieren. Ein Ende dieses völkerrechtswidrigen Terrors ist leider noch nicht absehbar. Um das Leid der Flüchtlinge auf kulturellem Gebiet zu lindern, wurde diese Veranstaltung organisiert.
Auf den ersten Blick hat dieser Event nichts mit meinem Projekt zu tun … aber es geht um Netzwerkbildung. Das sehr gut besuchte Event ist aber aus genau diesem Grund wichtig: Ich traf hier einen Braunschweiger Autor, den ich schon länger kannte, und wir vereinbarten einen engeren Kontakt wegen des Projekt-Fokus. Außerdem traf ich eine Abgeordnete des Bundes Bildender Künstler (BBK), die ich auf kreative Nachlässe ansprach. Und eine engagierte Frau von den Grünen, die mir im Gespräch verriet, dass ihr Vater Schriftsteller sei!
„Ich kann gern den Kontakt herstellen“, sagte sie mir … und das tat sie dann wenig später auch. So gesehen fühlte ich mich also durch mein engeres Netzwerk schon mal bestärkt und hatte ein paar Räder in Bewegung gesetzt.
Dass ich am selben Tag dann auch noch Antwort von der Archivschule Marburg erhielt, fand ich ebenfalls hilfreich. Hier hieß es zwar, dass derartige Institutionen, wie sie mir vorschwebten, nicht bekannt seien, aber es wurde mir der Tipp gegeben, ich solle mir doch mal die „Künstlerdatenbank und das Nachlassarchiv Niedersachsen“ anschauen. Das war ein 2019 von der niedersächsischen Landesregierung ins Leben gerufenes Projekt, das in Hannover angesiedelt war.
Ihr seht, ich ging da gleich recht vielseitig und auf unterschiedlichsten Ebenen das Thema an. Zunächst war allerdings alles noch relativ amorph, es mangelte an klaren Aussagen, auch regional und überregional, thematisch und generalistisch waren noch nicht getrennt. Und mir sollten einige Überraschungen bevorstehen in den nächsten Tagen des Monats April 2022. Davon erzähle ich in der dritten Artikelfolge, die euch diesmal schon im Blogartikel 514, also in sieben Wochen, erwarten wird.
Soviel sei für heute verraten. Bald gibt es mehr Infos – immer neugierig bleiben, Freunde!
Bis bald, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.