Liebe Freunde des Oki Stanwer Mythos,
du liebe Güte, ist das echt schon 10 Wochen her, dass ich euch mit dem ersten Teil dieser kleinen Artikelreihe „Der OSM im Bild“ beglücken konnte? Tatsache. Das war im Wochen-Blog 44 am 5. Januar 2014, und inzwischen schreiben wir, wenn ihr diese Zeilen lest, doch wirklich bereits den 16. März. Damit muss ich natürlich davon ausgehen, dass eure Erinnerung ein wenig eingetrocknet ist (bzw. dass Neuankömmlinge auf dieser Seite sich verwirrt die Augen reiben und fragen, wieso das Wochen-Blog 54 ist und dann doch irgendwie „Teil 2“…). Also eine kurze Rückkehr in den Januar.
Ich schrieb im ersten Teil der Artikelreihe damals, dass es in der Tat schon sehr früh eine Visualisierung der Welten und Wesen des Oki Stanwer Mythos (OSM) gegeben hat. Zu Beginn versuchte ich mich selbst mit meinen eher bescheidenen Fähigkeiten daran – beizeiten werde ich ein paar der gelungeneren Werke in einer zweiten Galerie auf der Homepage präsentieren. Das kann aber noch dauern.
In einem zweiten Schritt ging ich dann zu den aktuellen E-Book-Titelbildern über, die, weil sie eben nicht eigens für die Werke selbst entworfen werden, lediglich Näherungen zu den Inhalten sind. Die Protagonisten selbst und die Welten, wie ich sie mir vorstelle, ja, selbst die Raumschiffe usw., das sind alles nur Schatten dessen, was sie eigentlich sein sollten. Der Grund ist elementar: mir ermangelt es an grafischen Talenten, die bereit sind, den Bildern der Geschichten passendes Leben einzuhauchen. Das soll aber die Fernversion bleiben.
Und dann gab es, teilweise parallel zu der „Etappe 1“ genannten Phase, in der ich selbst meine bescheidenen grafischen Fähigkeiten für OSM-Titelbilder oder sonstige Illustrationen aufwandte, noch die „Etappe 2“, die ich neulich nur andeuten konnte und um die es heute gehen soll.
Die Etappe 2, etwa von 1983 bis 1988 reichend, war eine Zeitspanne im frühen Oki Stanwer Mythos, in der ich über einen regen Brieffreundeskreis verfügte, der die zirkulierenden frühen OSM-Geschichten las (ich schickte damals mangels Finanz die Originalmanuskripte herum, was man manchen denn auch deutlich ansieht; einige kamen dabei leider unter die Räder und mussten dann von mir neu geschrieben werden). Zahlreiche solche Brieffreunde verfügten über mehr oder minder ausgeprägte Zeichenfähigkeiten, und es fiel mir damals, von Fan zu Fan, deutlich leichter als heutzutage, sie dazu zu animieren, Illustrationen zu erschaffen.
Nach heutigem Standard würde ich sagen, waren die meisten so entstandenen Titelbilder eher… bescheiden in ihrer Qualität. Es sind aber auch wirklich schöne Sachen darunter. Da es sich leider aus Urheberrechtsgründen verbietet, sie jetzt schon zugänglich zu machen – zu den meisten Illustratoren habe ich auch keinen Kontakt mehr, und manche werden zweifellos auch nicht wollen, dass ihre früheren „Machwerke“, wie sie sie sicherlich selbst heute nennen würden, der Öffentlichkeit präsentiert würden, deshalb muss ich hier einen anderen Weg gehen.
Ich beschränke mich darum auf Bildbeschreibungen und erzähle ein wenig über die Illustratoren selbst und unter welchen Umständen ich sie kennen gelernt habe, soweit sich das aus der zeitlichen Distanz von rund 25 Jahren, z. T. 30 Jahren noch rekonstruieren lässt.
Fangen wir an mit einem Fandomler, der leider völlig aus der Geschichte verschwunden zu sein scheint, was ich sehr bedauerlich finde. Sein Name war oder ist Paul Abert. Als ich ins bundesdeutsche Fandom etwa anno 1981 hineinrutschte, war mir sein Name notwendig unbekannt. Wir kamen zusammen, als ich Mitglied im DTCU wurde („Der Terranauten-Club Universum“), der etwa bis 1985 Bestand hatte. Er zeichnete hier viel für das Clubmagazin TERRA VISION, in dem etwa auch Leute wie Georg Jörgens veröffentlichten. Das war lange vor Georgs Risszeichnerkarriere bei PERRY RHODAN, wofür er heute bekannt ist.
Pauls grafische Vorbilder kamen eindeutig aus dem Comicbereich und dem Hause Marvel. Manchmal zeichnete er beispielsweise auch Titelbilder der damals noch kurzzeitig existierenden TERRANAUTEN-Serie ab und wandelte sie mäßig ab. Ich konnte ihn dafür gewinnen, für die erste OSM-Serie „Oki Stanwer“ (1981-1985) ein einzelnes Titelbild zu zeichnen, das heute noch existiert. Es handelt sich um das Cover von Band 5 (von mir fälschlich als Band 4 nummeriert), der den Titel „Die Moortoten“ trägt (OSM 7, 1982). Ich habe diese Episode 2002 durch eine Rettungsabschrift digitalisiert.
Es geht in dieser Episode, kurz gesagt, darum, dass Oki Stanwer, der auf dem Planeten Garos notgelandet ist, sich mit den annähernd ins Mittelalter zurückgefallenen terranischen Siedlern gegen ein monströses Wesen erhebt, den Dämon Gormus von TOTAM. Dabei müssen er und seine Gefolgsleute unter den Garosanern ein Moor durchqueren, in dem sie von Untoten in einen Hinterhalt gelockt werden.
Das von Paul gezeichnete und mit seinem Künstlernamen „Pol Aktis“ signierte Titelbild, mit schwarzer Tinte ausgeführt, zeigt dabei, wie das Heer einen Pfad durch das Moor sucht und von beiden Seiten von lebenden Skeletten angegriffen wird. Selbst wenn man heute hier deutlich die Anleihen bei den damaligen Conan-Comicalben sieht, ist der angewendete Stil, die Perspektive und die Nähe zum Inhalt der Geschichte auch nach 30 Jahren beeindruckend. Ich wüsste gar zu gerne, was aus Paul geworden ist und was er heute so macht. Falls er oder einer seiner Bekannten, Verwandten oder Freunde diese Zeilen liest, mag er ihm mal Bescheid geben.
Ein weiterer Illustrator des OSM wurde von mir ebenfalls im Brieffreundeskreis des DTCU gefunden. Auch er war später als Risszeichner zeitweilig tätig. Sein Name war Bernd Held. In der Zeit von Oktober 1983 bis Januar 1984 steuerte er 5 Bilder zum OSM-Bildkorpus bei. Auch zu ihm gehört natürlich eine Geschichte.
Im Sommer 1983 begann ich, mit tatkräftiger Unterstützung eines weiteren Brieffreundes, der heute verschollen ist, Götz Nennstiel, den etwas sehr leichtsinnigen Versuch, den KONFLIKT 13 des OSM, „Oki Stanwer Horror“ (OSH, 1982-1985) in Fanzineform zu publizieren. Es kam sogar zu ersten Ausgaben davon. Wenn man freilich überlegt, dass es bis heute (!) noch nicht mal eine digitalisierte Abschrift der Serie gibt und ich ferner mit der Buch-Umarbeitung der Serie („DER CLOGGATH-KONFLIKT“) zwischen 1988 und heute noch nicht zu einem Ende gekommen bin, erkennt man leicht, wie wagemutig dieses Unterfangen war.
Aber ich steckte damals eben voller Elan, deutlich mehr Elan als Klugheit und Erfahrung, und meine Mitarbeiter waren ähnlich motiviert und ebenso wenig wie ich von stilistischem Gespür erfüllt. Nun, aber bei all diesen Einschränkungen muss gesagt werden, dass mir eins natürlich klar war: eine solche Geschichte braucht Titelbilder. Und da die OSH-Serie schon zu einem guten Teil fertig geschrieben war und ihr Inhalt und Stil sehr an damals gängige Horror-Heftromanserien erinnerte, wurden diese Episoden natürlich auch in meinem Brieffreundeskreis herumgeschickt. Und Bernd fand einige Episoden so interessant, dass er dazu Titelbildillustrationen zeichnete. Im Detail handelte es sich um folgende Bilder:
OSH 4: „Das schleichende Grauen“ (OSM 35A, 1983)
OSH 6: „Den Tod als Gast“ (OSM 36A, 1983)
OSH 10: „Gehirn-Parasiten“ (OSM 369, 1985, Original verschollen)
OSH 22: „Cirrgools Seelenlabyrinth“ (OSM 162, 1984)
OSH 100: „Eine Gefahr namens CLOGGATH“ (OSM 356, 1985)
Hierbei muss aber gleich eingewendet werden, dass es OSH 100 natürlich nie gab. Ich denke auch, dass das Titelbild eher zum so genannten „Blutquellen“-Dreiteiler passt als zu der genannten Episode, die später als OSH 70 realisiert wurde und mit dem Bildmaterial nichts mehr zu tun hat. Die Episode ist aber erst im Winter 1985 entstanden, während die Illustration vom Januar 1984 stammt.
Inhaltlich hielt sich Bernd, der im Gegensatz zu Paul Abert eher einen kühlen und schlichten Zeichenstil pflegte – eben ganz der Risszeichner – , sehr eng an die Vorlage. Bei OSH 4 erkennt man die Innenstadt von London, auf der linken Seite das zerstörte Monn-Building, das weitgehend durch die entfesselte Dämonenwaffe Glusem in eine riesige, quallenartige Gallertmasse verwandelt wurde, die links im Bild zu sehen ist und mehrere Stockwerke hoch aufragt.
Bei OSH 6 ist der Moment dargestellt, wo der Dämon Beselen von TOTAM auf der so genannten Washington-Insel bei Island (bei uns heißt sie Surtsey) versucht, die Dämonenwaffe GOLEM an der Erweckung zu hindern. Dummerweise handelt es sich dabei um eine Falle GOLEMS, der längst wach ist, und die Geschichte endet damit, dass Beselen von der Dämonenwaffe ausgelöscht wird. Bernd hatte etwas eigenwillige Vorstellungen von Dämonen, aber das nennt man dann künstlerische Freiheit.
Das Cover, das eigentlich für OSH 10 Verwendung finden sollte, zeigt zentral einen runden, prismatischen Kristall, der leider von der Wahrheit abweicht. Er ist nämlich einerseits weiß, während Oki Stanwers so genannter „Killerkristall“, die teilaktivierte Dämonenwaffe Kiquaa, aus schwarzem TOTAM-Kristall besteht, zum anderen habe ich Kiquaas Beschaffenheit als „schlackenartig“ beschrieben. Das verletzte wohl Bernd ästhetische Vorstellungen. Links und rechts des Kristalls sind – vermutlich Oki Stanwers – Hände zu erkennen, dazwischen ein waberndes Kraftfeld, darüber die Sonne (was wieder der Handlung der Episode widerspricht, die im Innern eines Krankenhauses spielt, in dem Okis vermeintlich ultimate Waffe wahllos normale Menschen und Dämonendiener umbringt.
Auf dem Titelbild für OSH 22 wurde die künstlerische Freiheit noch etwas stärker. Man erkennt einen hünenhaften Mann mit blankem Oberkörper, der einen schwarzen Vollbart und eine silberne, doppelschneidige Axt trägt und von links von einem fliegenden schwarzen Stück Fels mit einem Blitz angegriffen zu werden scheint. Der Eindruck ist richtig. Es handelt sich dabei um den Helfer des Lichts Thor Gordenbeyl, den Bernd recht gut getroffen hat, und auch die Dämonenwaffe Kiquaa ist diesmal besser dargestellt. Warum Thor indes, der in der Episode völlig normal bekleidet ist, mit blankem Oberkörper auftritt, weiß wohl nur der Künstler allein.
Im letzten Fall, den ich heute behandeln möchte, geht es um das Cover zum projektierten OSH 100-Band. Man sieht hier rechts einen Felsen, aus dem eine Quelle sprudelt. Unten reckt sich eine skelettierte Hand aus dem Wasser. Links ist eine Art Stab mit schwarzem Kristall (!) an der Spitze zu sehen, offenkundig wieder Kiquaa. Von ihm aus schlägt ein Blitz in den Felsen ein, der vermeintlich den Quell auslöst. Über dem Wasser schwebt in einer Aureole ein von Flammen umzüngelter Totenschädel, eine recht passende Darstellung der Dämonenwaffe GOLEM.
Ich denke deshalb, dass es sich um den in OSH 31-33 (1984) beschriebenen Blutquellen-Zyklus handelt, weil diese Blutquelle, die in der Serie im magisch völlig verwüsteten und entvölkerten Irland zu finden ist, die Eigenschaft besitzt, Lebewesen, die hineinstürzen, völlig zu skelettieren. In diesem Zyklus spielen GOLEM und Kiquaa eine wesentliche Rolle, das würde also zu den Ingredienzen des Bildes gut passen. Warum ich es auf der Rückseite für „OSH 100“ vorsah, erschließt sich mir heute nicht mehr. Aber das spielt auch keine Rolle.
Von dieser OSM-Serie wurde nur ein winziges erstes Heft gedruckt (A6-Format, also wirklich winzig, die Schrift ist quasi nur mit der Lupe zu lesen und leider, das geht dann auf Götz´ Abschreibkünste zurück, recht fehlergesättigt). Es enthält lediglich OSH 1: „TOTAMS Knochensaat“ und „Die knöchernen Killer“, also die ersten beiden Episoden. Ich denke, es ist gut, dass nach 1985 und diesem kurzlebigen Versuch der Mantel des Schweigens über diese viel zu frühe Publikation des OSM gebreitet wurde.
Mehr zu den Illustratoren des OSM in jenen Jahren verrate ich euch im Teil 3 der Artikelreihe. Darauf muss ich euch aber noch eine Weile vertrösten. In der nächsten Woche findet ihr an dieser Stelle den fünfzehnten Teil der Artikelserie „Was ist eigentlich der OSM?“. Ich beschreibe dort, was im OSM kreativ in den Jahren 1996/97 vor sich ging… und es ist wirklich turbulente Kost. Ich glaube, darauf könnt ihr durchaus neugierig sein.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.