Liebe Freunde des OSM,
es gibt schon eigenartige Momente im Leben eines Kreativschaffenden. Mir ist das jüngst wieder so ergangen, und darum ist heute mal der Zeitpunkt, wo ich darüber erzählen möchte. Dabei gebe ich euch gleich Einblick in zwei Denkwelten, die chronologisch viel miteinander gemeinsam haben, obgleich zwischen ihnen formal wenigstens ein Abstand von 40 oder 50 realen Jahren liegt.
Edmond Hamilton (1904-1977) verfasste in den 30er Jahren die Space Opera-Romane um den Weltraumhelden Captain Future. Augenscheinlich wurde dann seitens filmischer Verwertung abgewartet, bis er verstorben war, ehe ab 1978 eine japanische Adaption der Captain Future-Abenteuer das Licht der Welt erblickte. Nüchtern betrachtet muss man dazu sagen, dass die Zeichentrickfilmserie, die dann sehr zeitnah in Deutschland veröffentlicht wurde, nicht nur massive Kürzungen aufweist (was man an manchen Vorspannblenden und erzählten Informationen erkennen kann, die sich in der filmischen Handlung selbst nicht finden). Sie wurde auch einfach nur noch gruselig getextet und übersetzt.
Da gehen „Sonnensysteme“ und „Galaxien“ munter durcheinander, Sternbildnamen werden willkürlich verwendet, Lichtjahre mutieren zu Zeitangaben, von Distanzangaben schweigen wir mal und von so abstrusen Erfindungen wie „Kosmomeilen“ … heutzutage muss man diese Adaption doch leider, halbwegs kritisch betrachtet, für schlecht befinden bzw. sogar als Desinformation für Kinder einstufen. Schweigen wir von den haarsträubenden Handlungsfehlern, der zum Teil wirklich gruseligen Zeichnungsweise, die durch unzählige verschiedene Zeichner hervorgerufen wurde.
So könnte man also theoretisch den Mantel des Schweigens über die Captain Future-Verfilmung legen. Dummerweise traf die Verfilmung mit mir anno 1979 auf einen äußerst beeinflussbaren Kinderverstand. Im Alter von 13 Jahren hatte ich mich schon ziemlich intensiv im nachmaligen Oki Stanwer Mythos (OSM) eingerichtet, auch wenn er diesen Namen erst 1985 erhalten sollte. Und so ungenügend auch die Raumabenteuer des Captain Future waren, so sehr animierten sie doch meine Phantasie.
Vor einer Weile schaute ich mir die alten Folgen noch einmal an und wurde sehr hellhörig, als ich den Zyklus um das Geheimnis der sieben Weltraumsteine anschaute. Dieser Zyklus um den Verbrecher Vul Kuolon, den so genannten „Magier vom Mars“ (ein Begriff, der in der Fernsehserie nie begründet wird, sich aber wohl in den Originalromanen plausibler erklärt findet), handelt von einer uralten Hinterlassenschaft eines angeblich vor 200.000 Jahren untergegangenen Volkes. In den sieben Weltraumsteinen soll ein Geheimnis verschlüsselt sein, das den Weltraum erschüttern kann, und Vul Kuolon, Futures Erzfeind, versucht nun, die Steine in seinen Besitz zu bringen und ihr Geheimnis zum Schaden der Menschheit auszunutzen.
Ich greife mal vorweg und verrate, dass das letzten Endes (natürlich) misslingt. Aber es gibt in diesem Zyklus eine Szene, wo man die sieben Weltraumsteine auf einem Samtkissen liegend sehen kann, kreisförmig angeordnet mit einem speziellen Stein in der Mitte.
Und dieses Bild kannte ich, weil ich es auf frappierende Weise vor sehr langer Zeit schriftstellerisch verwertet hatte.
Ich ging also in mein Bibliothekszimmer und nahm dort eine Mappe aus dem Schrank meines selbst geschriebenen Romanarchivs. Der 120 Seiten lange Roman (bislang nur analog existent) trägt den Titel „Sternenjuwelen“ und ist Band 5 einer Romanserie, die ich 1985 um den Weltraumdetektiv Mike Cole entwickelte. Den Roman selbst hatte ich schon lange nicht mehr in den Fingern gehabt und die Handlung zu einem Gutteil vergessen. Nun war ich aber neugierig geworden, ob meine Erinnerung stimmte … und ja, das tat sie.
In der Tat gibt es da eine Szene um ein solches Samtkissen mit sieben Sternenjuwelen, die so angeordnet sind, wie es in der Captain Future-Episode der Fall war. Allerdings war der Kontext hier ein völlig anderer. Und damit er etwas transparenter wird, sollte ich etwas mehr von dieser Serie bzw. ihrem Hintergrund erzählen:
Die Mike Cole-Serie spielt im Jahre 2254. Die Menschheit hat sich über mehr als tausend Kolonialwelten ausgebreitet, und die Verwaltungszentren sind die Erde und der Planet Paumer IV (die Heimat von Mike Cole und eigentlich der zentrale Handlungsort). Nur wenige Jahre zuvor hat der so genannte Prokyon-Krieg gewütet, der binnen von ein paar Jahren entschärft werden konnte. Wesentlich wichtiger für die Serie ist der so genannte Genetische Krieg, der fünfzig Jahre zuvor tobte und bei dem ganze Planeten verwüstet und verseucht worden sind. Diese sind inzwischen zu so genannten „Sperrplaneten“ erklärt worden.
Die Verantwortlichen für den Genetischen Krieg sind zu einem erheblichen Teil noch auf der Flucht und werden als Genetische Krieger bezeichnet. Hier ergibt sich durchaus eine Parallele zu untergetauchten Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg, was die Serie auch historisch durchaus interessant macht. Falls ich sie einmal weiterführen werde – es gibt insgesamt 25 Romane, aber die Handlungsfäden weisen noch wesentlich weiter in die Zukunft – , kann ich hier mein durch das Studium der Geschichtswissenschaften erworbene Wissen einarbeiten.
Im Jahre 2254 gibt es zudem eine terranische Kolonialwelt, die sich immer stärker von Terra emanzipiert, die Kolonie Linden. Die Lindianer, die zwischenzeitlich sehr stark aufgerüstet haben, streben vollständige Autonomie an. Zu der Zeit, zu der der genannte Roman spielt, er fällt in jene Zeit, wo der Weltraumdetektiv Mike Cole gerade ganz frisch seine Agentur angemeldet hatte und ist daher prinzipiell als „Remember-Band“ einzustufen, befinden sich das Reich und Linden in einer sehr angespannten Lage.
Dies ist der Augenblick, in dem ein Doppelagent mit dem Namen Hekhor tätig wird und eine Reihe von Attentaten in Szene setzt, mit denen er die Lindianer und Terraner gegeneinander aufhetzen will. Die Lindianer aktivieren schon ihre Raumflotte, die militärisch der terranischen zu diesem Zeitpunkt überlegen ist, und es bleiben keine 24 Stunden mehr, um den Angriff auf Terra und Paumer IV abzuwenden.
Das ist dann der Moment, in dem Mike Cole überraschend in diese Geschichte hineingerät. Er denkt anfangs noch, dass der Mord an dem Diplomaten Gordon Sandhurst, der sich am Rand der Hochzeitsfeier des Magnaten Tenno Fucashi und seiner lindianischen Braut Terry Hynor ereignet, eine rein planetare Angelegenheit ist.
So kommt er unerwartet auf die Abschussliste des Doppelagenten Hekhor, und so muss er schließlich mit dem TS, dem Terranischen Sicherheitsdienst, und seinem knurrigen Chef Jean Donnet zusammenarbeiten. Einmal, um den Krieg zu verhindern, zum anderen aber auch, um selbst am Leben zu bleiben.
Auf diese Weise kam es, für mich aus einer Distanz von mehr als 37 Schreibjahren, doch einigermaßen überraschend, dass ich aus so einem kleinen Handlungsdetail einer eher mäßig gemachten SF-Romanverfilmung einen strukturell veralteten und stilistisch in vielerlei Hinsicht reformbedürftigen, ansonsten aber packenden Detektivroman im SF-Milieu entwickelt habe.
Ich glaube, beizeiten muss ich mich wirklich mal dem Plan widmen, die alten Romanskripte der Mike Cole-Serie abzuschreiben und sie mir von neuem ins Gedächtnis zurückzurufen. Der einzelne Fall des Romans „Sternenjuwelen“ zeigt mir jedenfalls, dass das durchaus lohnend sein dürfte.
Mit diesen Gedanken möchte ich für heute wieder schließen. Macht es gut und bis demnächst, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.