Liebe Freunde des OSM,
es gibt manchmal Bücher, die so unwiderstehlich für Rezensenten sind und tatsächlich einen beeindruckenden summarischen Mehrwert schaffen, dass dann auch die entsprechende Rezension ein gutes Stück Arbeit darstellt. So erging es mir, als ich die unten wiedergegebene Rezension anno 2011 schrieb. Und ihr werdet schnell merken: Das war mir tatsächlich ein Herzensanliegen.
Wer meinem Rezensions-Blog schon länger gefolgt ist, der wird davon wohl nicht überrascht sein – tauchen doch schon im Titel des Werkes zwei meiner Lieblingsthemen auf, Sherlock Holmes zum einen und der alte White Star-Ozeanliner TITANIC. Dies in kombinatorischer Verbindung und behandelt von einem außerordentlich belesenen und geschickten Erzähler … das ist ein Lesevergnügen der Extraklasse gewesen.
Da die Rezension schon genug ins Detail geht, öffne ich hier einfach mal den Vorhang und schicke euch geradewegs ins Jahr 1915 und damit in ein tödliches Abenteuer für den gealterten englischen Meisterdetektiv:
Sherlock Holmes und der Fluch der TITANIC
von J. J. Preyer
Blitz-Verlag, Kevelaer 2011
228 Seiten, geb.
ISBN 978-3-89840-291-0
Preis: 15,95 €
Die Katastrophe geschieht am 14. April 1912: der große, prächtige Ozeandampfer TITANIC der White Star Line, kommend aus Liverpool und unterwegs nach New York, kollidiert auf seiner Jungfernfahrt mit einem Eisberg, und das Undenkbare wird Realität – obgleich in der Presse als „unsinkbar“ bezeichnet, wird das Schiff verheerend verwundet und versinkt binnen Stunden in den eisigen Fluten des Nordatlantiks. Aufgrund des entstehenden Chaos´ und fehlender Rettungsboote kommt es zu einer entsetzlichen Tragödie. Am Morgen des 15. April 1912 treiben verstreute Rettungsboote in der eisigen See, und 1517 der insgesamt 2223 Menschen an Bord der TITANIC sind nicht mehr am Leben, lediglich 706 entkommen dem Desaster auf hoher See, unter ihnen Joseph Bruce Ismay1, Präsident der White Star Line.2
Von Anfang an rissen die kritischen Fragen um dieses verheerende zivile Schiffsunglück, das größte aller Zeiten, nicht ab, und die modernen Medien wie der Telegraf und die Massenpresse machten die Tragödie weltweit bekannt. Nachdem unmittelbar nach Ankunft der Überlebenden sich die Gerichte in Amerika mit dem Fall beschäftigt hatten, trat am 3. Mai 1912 bereits ein Untersuchungsausschuss in England zusammen, um die zahllosen rätselhaften Fragen in einem Gerichtsverfahren zu klären, die das Unglück betrafen. Es gab schon zu diesem Zeitpunkt schier unübersehbare Mengen an Widersprüchen, Rätseln und Hypothesen, die das zwingend erforderlich machten. Nach seinem Vorsitzenden, Sir John Charles Bigham alias Lord Mersey wurde die Kommission allgemein unter dem Titel „Mersey-Kommission“ bekannt.3
Eine der Folgen dieser Kommission und der von ihr getroffenen Feststellungen bestand darin, dass der Präsident der White Star Line, Joseph Bruce Ismay, zwar freigesprochen wurde von persönlichen Verfehlungen, das soziale Stigma aber, das die Presse über ihn verbreitete, allein deshalb, weil er als Mann überlebt hatte, während doch viele Frauen und Kinder mit dem Schiff untergegangen waren (und der Ruf „Frauen und Kinder zuerst!“ auch von der White Star Line üblicherweise befolgt wurde), nicht mehr abstreifen konnte. Bis heute haftet Ismays Person der Ruf an, er habe sich in der Stunde des Unglücks unredlich, ja, feige verhalten und an Bord der Rettungsboote geschmuggelt.4
Eine interessante Frage, die in der Kommission ebenfalls zur Sprache kam, aber nicht restlos geklärt werden konnte, war die scheinbar völlig wahnsinnige Vermutung, ob es denn tatsächlich die TITANIC gewesen sei, die untergegangen sei. Doch was sich so absurd anhörte, war nur vordergründig obskur. Tatsächlich gab es eine prinzipielle Möglichkeit für eine solche Vorstellung, und es ist wichtig, dies zu thematisieren, weil es im vorliegenden Buch zentral um die Verifikation bzw. Falsifikation dieser These geht. J. J. Preyer hat hier nicht einfach nur abenteuerlich „gesponnen“, sondern sich recht dicht an der historischen Realität gehalten.
Die TITANIC, um zu den Voraussetzungen der These zu kommen, besaß ein baugleiches Schwesternschiff, die OLYMPIC, etwas zeitiger als sie gebaut (1910) und ebenso wie sie anno 1907 zusammen mit der BRITANNIC und TITANIC als Dreier-Flotte von luxuriösen Dampfern geplant und erschaffen. Relativ kurz vor der Jungfernfahrt der TITANIC, genau genommen im November 1911, erlitt die OLYMPIC durch einen Schiffszusammenstoß mit dem britischen Kreuzer HAWKE leichte Beschädigungen.5
Nun kam nach dem Untergang der TITANIC der Gedanke in der Presse auf, es könne doch sein, dass die finanziell angeschlagene White Star Line versucht haben könnte, statt der TITANIC die – sozusagen „getarnte“ und beschädigte – OLYMPIC für die TITANIC auszugeben und so im Anschluss, nach der Katastrophe, sowohl die Schadensprämie für die OLYMPIC „abzusahnen“ als auch die Versicherungsprämie für die (dann ja nie untergegangene TITANIC, die ja nun – wenn das stimmen würde – als OLYMPIC weitergefahren wäre), einzustecken.
Auf den zweiten Blick erkennt man bereits die Haltlosigkeit dieser Vorstellung, denn sie hätte ja vorausgesetzt, dass die Reederei genau WUSSTE, es würde zu einem Desaster kommen. Nur dann hätte es überhaupt einen Grund für einen derartigen Betrug gegeben. Das würde freilich ebenfalls voraussetzen, dass die Reederei kaltblütigen Massenmord eingeplant hatte (weil bekannt war, dass die TITANIC nicht genügend Rettungsboote besaß). Das freilich war damals wie heute jenseits aller Vorstellung. Dennoch, und daran sieht man, dass selbst abstruse Legenden gegen alle Plausibilität furchtbar langlebig sind, dauerte es tatsächlich bis zu Robert Ballards legendärem Fund der TITANIC anno 1985, bis Prüfungen am Rumpf der TITANIC zweifelsfrei die Versicherungsbetrugs-Legende widerlegen konnten.
Was hat das alles nun mit Sherlock Holmes zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. Die Holmes-Kenner wissen, dass die Sherlock Holmes-Geschichten zwischen 1880 und etwa 1914 spielen6, und die letzte Geschichte, in der wir den hoch betagten Detektiv am Werke sehen können, ist nachweislich kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges angesiedelt.7 Doch der Verfasser des Buches verknüpft die beiden Themenkomplexe Sherlock Holmes und TITANIC auf interessante Weise.
Der vorliegende Roman, um den es nun in der Folge geht, spielt im Jahre 1915. Sherlock Holmes ist, nunmehr 61 Jahre alt, im Ruhestand in Sussex und widmet sich eigentlich der Bienenzucht. Im Winter 1914/15 ist er freilich ein wenig von den Kriegsereignissen in Anspruch genommen und stößt bei der Lektüre unvermittelt auf den Bericht eines Mordfalles an dem Journalisten Stanley R. Evans von der Pall Mall Gazette, der an einer Artikelserie zur Aufklärung der TITANIC-Katastrophe gearbeitet hat. Auffällig sei an dem Todesfall der beim Opfer gefundene blühende Kirschbaumzweig, der sein Interesse weckt, wiewohl Holmes eigentlich als Beratender Detektiv im Ruhestand ist und keine Fälle mehr übernimmt. Kurze Zeit später erreicht ihn eine Nachricht von seinem Bruder Mycroft Holmes, der ihn gern in London sprechen möchte.
Als der Detektiv ihn – nach einem kleinen Abstecher zu seinem alten Kompagnon Watson – aufsucht, ist Mycroft im Diogenes-Club nicht allein. Ein anderes Mitglied ist bei ihm, niemand anderes nämlich als Joseph Bruce Ismay von der White Star Line, der seit dem Untergang der TITANIC ein gebrochener Mann ist … und nun ersucht er als Clubmitglied und Mycrofts Freund dringend Holmes´ Dienste. Die Reporter der Pall Mall Gazette – neben Evans ist ein Mann namens Robert Conolly immer noch dabei, Material zu sammeln und zu publizieren; dieses Material stammt u. a. von dem amerikanischen Seemann und Schriftsteller Morgan Robertson – wühlen nun natürlich die ganze Angelegenheit wieder auf und belasten damit auch ein weiteres Mal Ismays Person. Ihm wird unverhohlen Versicherungsbetrug und gezielte Mitverantwortung für den Tod der TITANIC-Reisenden angelastet … und jetzt, nach dem Mord an Evans, auch noch Evans´ Tod als Versuch, die unliebsamen Kritiker buchstäblich mundtot zu machen.
Holmes übernimmt den Fall. Er organisiert eine Gedenkfahrt des Schwesterschiffs OLYMPIC, das dieselbe Route wie die TITANIC nehmen soll, ebenfalls im April, ebenfalls mit Reiseziel New York. Mit an Bord sein sollen neben Holmes und Ismay der Reporter Conolly und eine Reihe ehemaliger Überlebender der TITANIC, darunter ein seither stummes kleines Mädchen namens Alice und die Brüder des mit untergegangenen Kapitäns Edward Smith.
Ebenfalls mit an Bord ist aber auch der Mörder von Stanley Evans, der ein erstaunlich großes Interesse daran hat, Zeugen mundtot zu machen, die zu viel über das Unglück der TITANIC herausfinden könnten. Heimlich schleicht sich zudem noch ein Gast auf die Passagierliste, nämlich der etwas sehr misstrauisch geschilderte Dr. John Watson. Und als die OLYMPIC Fahrt aufnimmt, in dem Bestreben, während der Reise die Vorwürfe gegen Ismay aufzulösen und zugleich den Mord aufzuklären, da weiß noch nicht einmal der Detektiv, dass sich an Bord außerdem noch eine alte Gegnerin aufhält, nämlich Irene Adler …8 und dass nicht alle das Ziel der Reise lebend erreichen werden …
Wer sich ein bisschen mit der TITANIC-Literatur beschäftigt hat, auch mit der etwas abseitigen und schrulligen Form davon, der wird in diesem Buch zahlreiche Anspielungen auf diese Werke finden, was die Lektüre für mich sehr interessant machte. Und auch sonst ist jenseits davon einiges an Bemerkenswertem zusammengetragen, das dieses Buch aus der üblichen, meist relativ phantasielosen Epigonenliteratur etwas heraushebt.
Zwar ist mir eine Gedenkfahrt der OLYMPIC nicht bekannt, aber was gegen Ende des Buches geschieht – dass nämlich die britische Admiralität das Schiff anno 1915 mit Beschlag belegt und es als Truppentransporter für britische Truppen im Weltkrieg verwendet, ist präzise.9 Das Schiff hat unverschämtes Glück sowohl im Krieg wie im Linienverkehr und fährt im März 1935 das letzte Mal nach New York und wird danach, nach 25 Jahren Liniendienst, verschrottet. Allerdings werden noch 56 Jahre später (1991) in einer Scheune in Nordengland Ausrüstungsgegenstände der OLYMPIC gefunden.
Der im Buch oft erwähnte (und übrigens dort ermordete) Autor Morgan Robertson ist eine Person der Zeitgeschichte, ebenso das Buch, das er verfasst hat und das in diesem Roman eine wesentliche, tragende Rolle spielt.10 Robertson, am 30. September 1861 in New York als Sohn eines Kapitäns geboren, war mehrheitlich Seemann und brachte es bis 1886 bis zum Ersten Offizier der Handelsmarine, ehe er sich auf romantische Seefahrergeschichten verlegte und 1898 sein wohl bekanntestes Werk „Futility“ publizierte.11 Darin beschrieb er den spektakulären Untergang des Schiffes TITAN, das in bestechend vielen Details der 14 Jahre später untergehenden TITANIC ähnelt. Seit jener Zeit gibt es immer wieder Gerüchte, Robertson habe präkognostische Visionen vom Untergang des zu der Zeit noch gar nicht geschaffenen Schiffes TITANIC vor der Zeit gehabt. Verifiziert werden konnte nichts davon.
Und ja, wie im obigen Roman von Preyer erzählt, stirbt Morgan Robertson am 14. März 1915 in einem Hotel in Atlantic City, New Jersey. Allerdings erlaubt sich Preyer hier schriftstellerische Freiheiten in der Beschreibung: in der Realität heißt das Hotel „Paladin“, nicht „Alamac“, und Robertson stirbt sitzend mit Blick auf die See.12
Dann erwähnt eine Passagierin, die Malerin Mrs. Oldman-Smythe, relativ unvermittelt den „Fluch der TITANIC“ und meint: „Die Mumie trägt Schuld am Fluch der TITANIC.“13 Das Analogon zum Fluch der Pharaonen ist sinnfällig, wenn man die Zeit betrachtet, in der der Roman spielen soll. Wer indes ansonsten nicht Bescheid weiß, hält diese Bemerkung für eine obskure, aus der Luft gegriffene Zutat. Er sollte lieber einmal ein etwas theatralisches, wenn auch sehr dramatisches Buch lesen, das im Jahre 1939 erschien und das ich schon vor mehr als fünfundzwanzig Jahren verschlungen habe: Pelz von Felinaus „TITANIC. Die Tragödie eines Ozeanriesen“.14 Weshalb das? Nun, hier wird von einem Lord Canterville fabuliert, der sich angeblich als geisterhafter Passagier an Bord der TITANIC befinden sollte, und mit an Bord gebracht habe er, „in Cherbourg als Bücherkiste verpackt und deklariert“, einen Sarkophag aus dem alten Ägypten mit einer Mumie darin.15
Gewiss, es ist deutlich als Fiktion zu entlarven, und der Lord Canterville ist eine Reflexion auf den Geist von Canterville, ebenso wie in der Mumiengeschichte Zutaten aus der Tut-ench-Amun-Entdeckung des Jahres 1923 stecken, quasi rückprojiziert ins Jahr 1912 (allein das ist schon interessant, wie ich finde). Außerdem ist in dem Buch auch noch eine eingesponnene Seelenwanderungs-Geschichte zu entdecken (damals ein literarisches Sujet, mit dem gern gespielt wurde, verbunden mit dramatischen Schicksalsbanden – alles hier ausgebildet und vorhanden, weswegen man den Roman im weitesten Sinne dem Genre der Phantastik zurechnen könnte), eng mit der Mumie verflochten16. Und hier habe ich auch zum ersten Mal von Morgan Robertson und seinem „TITAN“ gelesen.17
Das obige Buch hat also, wenn man ein wenig weiter informiert ist als der landläufige Phantastik-Fan, doch einiges mehr zu bieten, als der erste Blick erkennen lässt, und das hat den Reiz der Lektüre für mich erheblich verstärkt. Es gibt sogar einige Momente von außerordentlichem Amüsement.18 Etwa so, wenn Holmes angesichts einer Filmvorführung auf dem Schiff – stil- und zeitgerecht als Stummfilm mit Violinbegleitung – den wirklich amüsanten Gedanken hegt: „Wenn er eine Vorhersage mit Sicherheit machen konnte, dachte der Detektiv, so war es diejenige, dass wohl dieser Kuriosität, die sich Film nannte, keine nennenswerte Zukunft beschieden sein würde …“19 Woran man schmunzelnd erkennt, dass Holmes offenkundig doch alt wird. Es gibt einige so amüsante Stellen im Roman.
Gewöhnungsbedürftig ist dann auch die Erzählperspektive, die Holmes in das Zentrum rückt, nicht – wie sonst im Kanon gängig – Watson. Aber Preyer ist ein raffinierter Erzähler. Er vollführt am Schluss eine gekonnte Volte und hebelt diesen Kritikpunkt geschickt aus. Respekt, das ist gelungen. Man merkt dem 1948 in Steyr in Österreich gebürtigen Preyer an, dass er sich gründlich in die historische Materie vertieft hat. Es scheint mir eher einen Abstieg darzustellen, wenn im Klappentext vermerkt wird, dass Preyer seit 2010 auch Jerry Cotton-Romane schreibt. Er hat erheblich mehr Potenzial, das er anderweitig verwenden sollte.
Mehr über den Inhalt sollte ich denn auch schicklicherweise nicht verraten, insbesondere die Sache mit den Davidskriegern nicht. Es gibt eben ein paar Dinge, die in einer Rezension ungesagt bleiben sollten, um die Neugierde nicht zum Erlöschen zu bringen. Aber ich kann schon so sagen, dass sich der Kauf dieses Buches tatsächlich lohnt.
Wer das hübsche Mädchen auf dem Cover wohl sein soll, bleibt freilich das Geheimnis der Titelbildgestalter. Für das stumme Mädchen, das ja eine wichtige Rolle in der Geschichte spielt, ist die abgebildete Person definitiv zu alt, und für Irene Adler, die etwa in Holmes´ Alter ist, unübersehbar viel zu jung. Vermutlich dient es einfach der Verkaufssteigerung.
Dem Buch wäre insgesamt ein etwas versierterer Rezensent zu wünschen gewesen, der nicht gar so flüchtig liest und wichtige Details verdreht (z. B. erzählt ein Rezensent in einer an anderer Stelle veröffentlichten Rezension dieses Buches, die Lesung in der Bibliothek der OLYMPIC aus Holmes´ Fällen wäre von Sherlock Holmes durchgeführt worden, wo doch deutlich aus dem Roman hervorgeht, dass es allein Watson ist, der liest20) und der auch ein bisschen mehr Interesse am Fall der TITANIC aufbringt. Vielleicht leistet meine jetzige Rezension dies und geht über die doch sehr schulmäßige Nacherzählung der Handlung in der erwähnten Rezension hinaus.
Und wer sich für das Thema des prächtigen Ozeanriesen, der auf seiner Jungfernfahrt in ein unbegreifliches Verderben fährt und dabei geradewegs das Ende einer Epoche einleitet – quasi das dumpfe Grollen des Unwetters vor dem Losbrechen des Sturms, der dann 1914 mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs folgen sollte – , zu interessieren beginnt, sei ausdrücklich dazu ermuntert. Es ist ein faszinierendes Thema, zum Träumen, Staunen und auch Gruseln. Dazu bedarf es dann durchaus keiner phantastischen Verschwörungen, wie Preyer sie schlussendlich als „Erklärung“ anfügt. Die Wirklichkeit ist in diesem Fall schon phantastisch genug …
© 2011 by Uwe Lammers
Doch, das war ein außerordentlich ergiebiges Lesevergnügen, das zugleich jede Menge Erinnerungen in mir weckte und das Aufstapeln vielfacher Nachschlageliteratur aus meiner Bibliothek erforderlich machte … habe ich sehr gern getan, weil mir, wie eingangs erwähnt, das Thema sehr am Herzen lag. Und ja, ich war auch ein wenig verstimmt über die verzerrende und fehlergesättigte Vorabrezension, die mich dann dazu brachte, doch sehr viel mehr in die Tiefe zu gehen.
Es missfällt mir, wenn man ein Thema so flüchtig bespricht, gerade eins, das mir so am Herzen liegt. Da war eine leichte Form der „Retourkutsche“ kaum vermeidbar. Ich hoffe, der gute und hier ungenannte Vorrezensent verzeiht es mir, dass ich diese Anmerkungen in der jetzigen späten Wiedergabe der damals schon zeitnah erschienenen Rezension nicht gestrichen habe.
In der nächsten Woche wird das alles sehr viel schlichter, da kehren wir zu Lauren Rowe und ihrem „Club“-Zyklus zurück.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
1 In der auf der Homepage des SFCBW nachzulesenden Rezension von Michael Baumgartner, die mich erst auf das Buch richtig aufmerksam machte, wird er auch schon mal falsch als „Joeseph“ bezeichnet. Überhaupt stimmt die Rezension in vielen Bereichen nicht mit dem Inhalt des Buches überein, wie zu erweisen sein wird. Dazu mehr an gegebener Stelle.
2 Die Flut an TITANIC-Literatur ist schier uferlos, darum mag man es mir hier nachsehen, wenn ich nur kursorisch auf Werke von Lawrence Beesley, Walter Lord, Robert Ballard u. a. verweise. Man schaue einfach mal im Internet unter dem Stichwort „TITANIC-Literatur“ nach, wenn man mehr über die Katastrophe, das Schiff an sich, die Passagiere, die Verschwörungstheorien, die Rätsel und die späteren Resultate der Forschungen, die Quellen in Archiven usw. wissen möchte. Es lohnt sich.
3 Eine exzellente, ausführliche Darstellung der Arbeit der Kommission findet sich in dem ausgezeichneten Buch von Donald Lynch: „TITANIC. Königin der Meere. Das Schiff und seine Geschichte“, München 1992.
4 James Cameron hat das in seiner TITANIC-Verfilmung wieder einmal 1998, lange nach Ismays Tod, einmal mehr aufgewärmt. Man muss das mangels Beweisen aber wohl als theatralischen Hollywood-Effekt werten. Dem Ruf Ismays hat er damit jedoch weiteren Schaden zugefügt.
5 Man kann die Beschädigung auf einem Foto bei Donald Lynch, TITANIC, a. a. O., S. 35, deutlich erkennen. In Michael Baumgartners Rezension heißt es hingegen unzutreffend: „…dass der Untergang der TITANIC absichtlich herbeigeführt wurde, auch weil die TITANIC schon beschädigt war.“ Es handelte sich um die OLYMPIC, die beschädigt war – ein Rezensent sollte Bücher nicht so flüchtig lesen.
6 Vgl. dazu den Anhang 1 in Mike Ashley (Hg.): „Sherlock Holmes und der Fluch von Addleton“, Bergisch-Gladbach 2003, S. 721-737.
7 Konkret handelt es sich um die Story „Der letzte Fall“, von Mike Ashley in den August 1914 eingeordnet, was Sinn ergibt. Die Story erschien unter dem Originaltitel „His Last Bow“ im September 1917 im Strand-Magazine und am 22. September 1917 in der Zeitschrift Collier’s.
8 Irene Adler ist, wie Preyer präzise beschreibt, die einzige weibliche Person während Holmes´ Laufbahn (soweit sie von Watson geschildert wurde), und ihr einziger Auftritt im Kanon findet in der legendären Geschichte „Ein Skandal in Böhmen“ (A Scandal in Bohemia) statt, erstmals erschienen im Strand Magazine, Juli 1891. Seltsamerweise scheint Preyer von diesem Werk ebenfalls eine eigene Übersetzung gemacht zu haben, wie eine Fußnote verrät. Diese Version ist mir unbekannt.
9 Auch hierzu findet sich bei Donald Lynch, TITANIC, a. a. O., ein Foto auf S. 219.
10 Auch wenn der sich daraus entwickelte Plot doch äußerst unwahrscheinlich anhört … indes, man berücksichtige bei der Lektüre an der entsprechenden Stelle, dass Zeitzeugen in unmittelbarer Nähe der TITANIC zur Zeit der Kollision mit dem Eisberg und bald danach die Positionslichter eines bis heute unbekannten Schiffes ausgemacht haben …
11 Vgl. dazu Morgan Robertson: „TITAN. Eine Liebesgeschichte auf hoher See“, München 1997. Preyer scheint, seinen Fußnoten im oben rezensierten Roman zufolge, auch hiervon eine eigene Übersetzung davon angefertigt zu haben, die mir nicht bekannt ist. Er hingegen hat diese Übersetzung wohl nicht gekannt oder sie für ungenügend gehalten. Die Rezension dieses Buches wurde von mir in BWA 332, Mai 2011, S. 26f., publiziert.
12 Vgl. dazu das Nachwort von Kalman Tanito in Morgan Robertson: TITAN, a. a. O., S. 111.
13 Vgl. Preyer, S. 63.
14 Vgl. Pelz von Felinau: „TITANIC. Die Tragödie eines Ozeanriesen“, Berlin 1939.
15 Ebd., S. 48f.
16 Ebd., S. 110-114.
17 Ebd., S. 81ff. Das fiel mir jetzt beim Nachblättern im Buch für diese Rezension auf. Eine faszinierende Entdeckung.
18 Die „kabbelnden“ Dialoge zwischen Watson und Holmes zählen in der Hinsicht für mich eher nicht, dazu entbehrten sie doch zu sehr der Raffinesse. Allerdings kann man das dem fiktiven Erzähler zurechnen. Was freilich zu den Details gehört, die dem vormaligen Rezensenten Michael Baumgartner entgangen sind.
19 Vgl. Preyer, S. 72.
20 Vgl. Preyer, S. 181-186.