Liebe Freunde des OSM,
wir leben aktuell in schwierigen Zeiten, und das muss ich euch vermutlich im gegenwärtigen Moment, wo ich diese Zeilen schreibe (20. März 2020) nicht erklären. Ich hoffe dennoch zuversichtlich, dass bis zu dem Zeitpunkt, da ihr dies lesen werdet, also am 2. August 2020, die Welt wieder ein wenig entspannter ist als im Moment.
Wir leben unter dem Zeichen des globalen Seuchenalarms.
Corona-Krise.
Wir wissen, auch wenn es zweifellos die meisten von uns schon gar nicht mehr hören wollen, dass uns dieser Mikroorganismus, den wir weder sehen noch riechen, fühlen oder ertasten können, gewissermaßen als unsichtbare Bedrohung in die Knie zwingt und dazu nötigt, auf lieb gewonnene Gewohnheiten zu verzichten (Konzerte? Theaterbesuche? Bibliotheken? Museen? Lecker essen gehen? Urlaubsreisen? Geburtstagsfeiern? Dies und vieles weitere ist gegenwärtig schwierig bis unmöglich, vieles davon schlicht illegal, wenn man es gegen die behördlichen Auflagen dennoch veranstalten will). Und doch sagen sowohl die Kanzlerin als auch viele andere Mitmenschen, dass wir uns nicht verrückt machen lassen sollen, ruhig und besonnen damit umgehen sollen.
Interessanterweise ist das in der heutigen Welt alles andere als einfach, obwohl es doch so simpel klingt. Die Informationsmöglichkeiten über die Entwicklung der Pandemie sind heute besser denn je (im Kontrast dazu sollte man sich mal das Jahr 1348 und die Pestepidemie anschauen, da konnte von derlei Verhalten oder Informationsmöglichkeiten keine Rede sein – mit der Konsequenz, dass ja auch ein Drittel der europäischen Bevölkerung daran umgekommen ist … gut, das lag nicht nur daran, aber es hatte unbestreitbar wesentlichen Anteil.
Bis vor relativ kurzer Zeit hätten es also die meisten meiner Zeitgenossen wohl für ausgeschlossen gehalten, dass ein Mikroorganismus wie SARS-CoVid 19 die globale Weltwirtschaft ins Stocken bringt oder gar zum Zusammenbruch.
Dabei ist das interessanterweise gar kein wirklich neues Phänomen, und die Science Fiction arbeitet ständig mit solchen Topoi. Ich weise nur mal auf zwei Werke hin, in denen eine sehr ähnliche Erkrankung in alptraumhaften Endzeitszenarien durchgespielt wurde. Während sich viele Leute heutzutage auf Albert Camus‘ „Die Pest“ konzentrieren, was zumindest thematisch falsch ist, sollten sie ihr Augenmerk lieber auf Sakyo Komatsus Roman „Der Tag der Auferstehung“ (1964) oder auf Stephen Kings „The Stand“ (dt. als „Das letzte Gefecht“ bei Bastei in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erschienen) richten.
In beiden Werken geht es um eine Atemwegserkrankung gleich Corona, die allerdings im Gegensatz zu dieser absolut letal verläuft und die Menschheit nahezu auslöscht. Ich glaube, wenn man wie ich diese beiden literarischen Vorreiter kennt, kann man in der aktuellen Krise ein wenig mehr Gleichmut und Ruhe bewahren.
Während ich einer jungen Autorenkollegin jüngst den Tipp gab, als sie meinte, sie müsse für eine Prüfung einen Essay schreiben, sie solle sich doch mal um die aktuelle Corona-Krise kümmern und so den Prüfern beweisen, dass sie den Finger am Puls des Zeitgeschehens hat, was sicherlich gut ankäme … während ich das also tat, überlegte ich noch weiter.
Ich schreibe ja diese Blogartikel, damit sie schwerpunktmäßig Bezug nehmen auf mein kreatives Hauptwerk, den Oki Stanwer Mythos (OSM) bzw. auf mein Schreiben an und für sich. Und ich überlegte: Vor Jahrzehnten hatte ich sowohl den oben erwähnten King-Roman als auch den Komatsu gelesen. War das so gänzlich ohne Einfluss auf mein Schreiben geblieben?
Interessanterweise sieht die Kausalkette, wenn ich genau nachschaue, anders aus, als ich eigentlich erwartet habe. Die einzige globale Epidemie, die ich im OSM bislang beschrieb, fand vorher statt. Den King las ich erst Ende 1989, den Komatsu sogar erst 1992, da war das schreckliche Desaster, das ich in KONFLIKT 18, also der Serie „Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (KGTDUS) beschrieben hatte, längst Vergangenheit.
Alles fing im März 1987 an. Oki Stanwer befand sich dort auf der Welt der WEOP, wo man das Jahr 2034 schrieb, auf der Fährte der Dämonenwaffe Glusem und zugleich auf der Suche nach seinem Vater Marconius.1 Die Fährte führt nach Mesopotamien, wo Oki und seine Gefährten einen Zeitsarg finden, mit dessen Hilfe sie ins alte Babylon zurückreisen, mehr als dreitausend Jahre in die Vergangenheit.
Sie geraten dabei mitten hinein in die hethitische Invasion Babylons und retten dem hethitischen Regenten Mursilis I. das Leben … und damit verändern sie die Zeit. Damit beginnt das Verhängnis, denn in der neu herandämmernden Zeit der Gegenwart wird nun eine Terrorwelt unter der Herrschaft der Dämonenwaffe GOLEM erschaffen. Nur unter größten Mühen gelingt es Oki und seinem Sohn (!) Marconius dann, die in der Vergangenheit wieder zusammengefunden haben, auch diese Alptraumwelt in den Sog der Zeiten zurückzustoßen.
Die sich nun neu formierende Gegenwart ist in vielerlei Hinsicht gänzlich anders, als die beiden sich das vorstellen. Nahezu alles ist verwandelt, eigenartigerweise ist aber sowohl die Topografie der Welt gleich geblieben als auch die nationalstaatlichen Strukturen (jedenfalls weitestgehend). Unter der Oberfläche beginnt der Kosmos aber zu brodeln.
Es dauerte bis Februar 1988, bis ich das zu begreifen begann. Dann fing das Schädelorakel Oki Stanwers an an zu schreien, und es begann die Invasion der so genannten „Zeitschatten“.2
Was waren Zeitschatten? Schauen wir uns die mal kurz an – glücklicherweise ist die Serie inzwischen völlig digitalisiert, so dass ich hier Auszüge zeigen kann. Hier stößt die Agentin Janet Wilson von der US-amerikanischen Ghost-Agency mit einer Versammlung von ihnen zusammen:
Janet Wilson schlich mit gezogener Waffe weiter. Als sie am Haus anlangte, blickte sie hinein und hätte fast geflucht.
Mindestens zehn Personen waren hier.
Sie horchte auf das, was sie sagten und starrte zugleich die Gestalten an.
Sie sahen einfach schrecklich aus. Da gab es welche mit grotesk deformierten Schädeln, Gestalten mit Stummelarmen, Buckeln, zusammengewachsene siamesische Zwillinge, Menschen mit drei Augen, verschieden langen Armen und andere mit grotesken Auswüchsen, für die sie keinen Namen hatte.
Nein, das waren keine Menschen.
„…fünfzigste Welle …“
„…herrschen schon über weite Teile … unsere Welt, allein unsere …“
„Gegenwehr ist geringer als erwartet … gute Resultate …“
„… neue Heimatwelt … Widerstand völlig eliminieren …“
Da war ihr einiges klar geworden. Diese Wesen waren offenbar dämonische Kreaturen. Und sie wollten die Erde besetzen. Das musste der COMMANDER erfahren …
„Wärme … Leben …“, knurrte eine Stimme hinter dem weiblichen Ghost-Agent. Sie warf sich zurück, drehte sich und erkannte die fremde Gestalt gegen das Mondlicht.
Ihre Silberkugelwaffe krachte zweimal. Die fremdartige Gestalt musste beide Kugeln nehmen, fiel hintenüber und blieb regungslos liegen.
Jetzt hieß es schnell handeln.
Sie schnallte sich die Maschinenpistole vom Rücken und stieß mit dem Lauf das Fenster ein.
Die Unheimlichen starrten zu ihr und bewegten sich dann unmittelbar auf sie zu.
Janet Wilson feuerte.
Das hässliche Tackern und Hämmern hallte wie Donner durch den Raum. Die Gestalten taumelten zurück, reihenweise Schusslöcher in ihren Körpern. Mindestens vier Garben feuerte sie in die Hütte, bis sich nichts mehr darin rührte und von den Querschlägern auch die Leuchtkörper zerstört waren.
Das Problem dieser Wesen ist nicht nur ihr schreckliches Aussehen, sondern das, was sie anrichten. Es handelt sich um Lebensvampire. In wessen Nähe sie gelangen, dessen physische Verfassung schwächen sie, wenn es zu Berührungen kommt, führt das bis zum physischen Zusammenbruch des „Wirts“.
Als sie selbst getötet werden, zerfallen sie zu körnigem Staub, der – aber das wird erst später klar – hochinfektiös ist. Wer will, kann hier gern eine Parallele zum Corona-Virus sehen.
Da die so genannten „Zeitschatten“ aus dem Nichts weltweit materialisieren und dort offensichtlich von der Vitalaura von Menschen angezogen werden, bricht sehr bald jede Ordnung zusammen, ein bürgerkriegsähnlicher Zustand bahnt sich an. Doch Waffengewalt hilft nicht auf Dauer, die Quelle der unheimlichen Invasoren bleibt unverständlich.
Und selbst als die Invasion an sich endet, breitet sich der toxische Staub aus, die Menschen, die es bis dahin überlebt haben, quälen sich mit steten, medikamentös nicht zu behandelnden Kopfschmerzen, siechen dahin und sterben schließlich.
Es dauert geraume Zeit, bis der verzweifelt Oki Stanwer zu verstehen beginnt, was eigentlich passiert ist – und dass er das Epizentrum der Gefahr darstellt.
Durch die zweifache Zeitmanipulation wurden Millionen von Parallelwelten ausgelöscht. Die universale Matrix hat aber daraufhin damit begonnen, Strukturmuster dieser zerstörten Wirklichkeiten in die Realität der noch bestehenden Welt einzuweben. Sie kondensieren als mutierte, bizarre Travestien dessen, was zerstört worden ist, und ihre mutagene, tödliche Wirkung wird von der Tatsache befeuert, dass die SIEBEN SIEGEL VON TOTAM auf der Erde sind.
Da die Aktivität der noch schlummernden SIEGEL an Oki Stanwers Anwesenheit gekoppelt ist, kommt es überdies nun zum Erwachen der SIEGEL. Und Oki weiß genau, dass dies das Ende der Erde und den Untergang der Menschheit mit sich bringen wird. Schließlich sind es nur mehr Tage, dann nur noch Stunden, bis die SIEGEL entfesselt werden – und quasi in letzter Minute fällt engen Freunden Oki Stanwers ein, was sie machen können, um die durch die Seuche arg dezimierte Menschheit doch noch zu retten … aber davon soll hier und heute nicht die Rede sein.
Faktum ist jedenfalls, dass dieser alptraumhafte Zyklus um die Zeitschattenseuche, die ich 1987/88 ursprünglich niederschrieb und dann in den Jahren 2016-2018 digitalisierte, die mit weitem Abstand dramatischste Seuchengeschichte ist, die ich bislang verfasste. Eigentlich schade, dass ihr sie noch nicht in realiter nachlesen könnt, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass das in einigen Jahren mal in E-Book-Form Realität werden wird.
Gegenwärtig haben wir natürlich mit der Corona-Krise genug zu kämpfen, und es ist zu bezweifeln, dass ihr jetzt in Laune seid, auch noch in Buchform oder so über eine dermaßen verstörende Epidemie zu lesen. Auf der anderen Seite sollte uns natürlich auch eins klar sein:
So, wie es eine Vampir-Romanwelle und eine BDSM-Welle nach „Fifty Shades of Grey“ gab oder einen Hype um Harry Potter-like Bücher, so ähnlich wird es ziemlich sicher auch mit der Corona-Krise sein. Es wird dazu Bücher, Zeitschriften und gewiss auch Filme geben. Darauf sollten wir vorbereitet sein.
Vor allen Dingen aber müssen wir langfristig eins vermeiden: uns nach dem Abflauen der Pandemie gelassen zurückzulehnen und zum „business as usual“ zurückzukehren. Auch wenn ich der Ansicht bin, dass Corona in China deshalb so verheerend wirken konnte, weil die Luftqualität in China legendär schlecht ist und Atemwegserkrankungen dort zur täglichen Normalität zählen (was zweifellos der anfänglichen Unterschätzung der Gefahr Vorschub leistete, da sind wir in Europa, hoffe ich, deutlich vorsichtiger), auch wenn dies so ist, glaube ich nicht, dass irgendein Grund dazu besteht, zum vormaligen Normalzustand zurückzukehren.
Wir Menschen sind natürlich Traditionstiere, ich schließe mich da nicht aus. Aber die aktuelle Besonnenheit im Umgang miteinander, das erneute Erlernen des Maßhaltens, das sollte uns definitiv erhalten bleiben. Wir leben schon seit Jahrzehnten krass über unsere Verhältnisse und haben uns an Dinge gewöhnt, die definitiv krankhafte Auswüchse der Globalisierung sind. Hier die Dinge wieder auf ein gesünderes Niveau zurechtzustutzen, kann uns allen nur zum Vorteil gereichen. Jeder mag selbst interpretieren, was genau ich mit diesen „Dingen“ im Detail meine. Ich für meinen Teil werde mich daran jedenfalls auch halten, wenn die Nervosität und akute Gefahr in Sachen Corona abgeklungen ist.
Ich würde mich freuen, wenn ihr ähnlich handeltet.
Bleibt gesund, Freunde, und schaut weiter wieder herein.
Bis bald, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
1 Wer da jetzt einen Blick in die OSM-Wiki wirft, um die Namen zuzuordnen, wird vermutlich stutzen, da dort Marconius Stanwer bekanntlich – und zutreffend – als Oki Stanwers Sohn geführt wird. Aber davon hat der gute Mann in diesem KONFLIKT keine Ahnung, und die Voraussetzungen für KONFLIKT 18 sind sowieso etwas … speziell. Mir fehlt hier der Raum, das genauer auszuführen. Vertraut mir und haltet euch erst mal an das, was ich oben im Haupttext erzähle.
2 Vgl. dazu beizeiten die KGTDUS-Bände 83: „Der Schrei des Orakels“ und 84: „Invasion der Zeitschatten“, beide Februar 1988.