Liebe Freunde des OSM,
als ich vor fünf Wochen an dieser Stelle von meinen kreativen Aktivitäten im Frühjahr 2016 berichtete, deutete ich an, dass die Talsohle meiner Arbeitsleistung noch nicht wirklich erreicht war. Dahin kommen wir jetzt.
Ich befand mich seit Jahren endlich wieder einmal voll im Arbeitsleben, auf einer 40-Stunden-Stelle, hatte mit einem unglaublich spannenden Thema zu tun, das die Schnittfläche zwischen Philosophie, historischer Wissenschaft und Biotechnologie im weitesten Sinne bearbeitete, und im Grunde genommen hätte ich glücklich sein müssen, nicht wahr? Ja, das Projekt war befristet, das stellte natürlichen einen Wermutstropfen dar, aber daran hatte ich mich in den zurückliegenden rund 15 Jahren eigentlich schon gewöhnt.
Aber wir reden hier halt von mir, und ich bin nicht ein 08/15-Arbeitnehmer, sondern ein Mensch, der Schriftstellerei seit Jahrzehnten als Berufung versteht und dafür selbstverständlich auch entsprechenden Freiraum braucht, um ausgeglichen zu bleiben. Dieser Freiraum blieb mir nun nicht, und das hatte fatale Rückwirkungen auch auf meine wissenschaftliche Leistung im Projekt. Die dort in der Folge auftretende allgemeine Unzufriedenheit wirkte dann wiederum zurück auf meine mentale Ausgeglichenheit im Alltag, und die Konsequenz ließ meine Kreativität stocken.
Ja, ich glaube, so kann ich das aus der Distanz von rund drei Jahren am ehesten charakterisieren. Im Juli 2016, über den ich hier zunächst reden will, zeigte es sich, dass der quantitative Zuwachs zuerst stagnierte. Ich konnte gerade einmal 15 Werke fertigstellen. Davon waren nicht weniger als sechs Blogartikel, die aus dieser Betrachtung hier herausfallen. Interessanterweise entstanden aber auch zwei Non-OSM-Geschichten, die ich kurz erwähnen möchte.
Bis dieser Beitrag erscheint, dürfte die erste davon, „Wahltag 2040“, einer breiteren Öffentlichkeit durch die Publikation auf der Webseite des Vereins KreativRegion e.V. in Braunschweig bekannt geworden sein. Eigentlich eine dystopische Vignette, die ich am 2. Juli 2016 in einem Rutsch niederschrieb und die sich zweifellos aus den Wahlerfolgen populistischer Parteien der Gegenwart speiste. Die zweite Story, „Everstons Traum“, wurde durch eine Bildanregung aus einem Fotobildband ausgelöst. Bei ihr handelt es sich eigentlich um einen erotisch-phantastischen Alptraum.1
Ansonsten entstanden eigentlich überwiegend Rezensionen und Abschriften… aber ich versuchte mich auf allen möglichen Gebieten bei den Fragmenten, ohne irgendwie dort auf einen grünen Zweig zu kommen. Schwerpunktmäßig kümmerte ich mich um Archipel-Fragmente. Um welche? Um folgende Werke: „Das Geheimnis des Vungash“, „Blindlings“, „Gashhoys Geschichte“, „Kapitän Taisanors Geschichte“, „Raubgut“ und „Auf und nieder“. Allzu weit kam ich bei keiner davon. Ihr merkt, der Fokus war verloren, ich konnte mich echt nicht konzentrieren.
Was half es mir da schon, den 100. Rezensions-Blog zu schreiben und mit dem normalen Wochen-Blog mit Folge 203 die Reihe der „Legendären Schauplätze“ zu beginnen? Das stellte mich definitiv nicht zufrieden.
Wo waren die Arbeiten an E-Books geblieben? Wo die Arbeiten an OSM-Projekten? Quasi verdunstet. Nein, das konnte mir natürlich nicht gefallen.
Well, ich hoffte, im August würde es besser werden.
Wurde es das?
Nun, sagen wir es vorsichtig: rein numerisch klappte es durchaus. Ich rappelte mich auf 22 fertige Werke wieder auf. Aber wie verteilten sie sich? Da werden die Gesichter dann schon länger: 12 Werke waren fertig gestellte Blogartikel. Endlich gelang es mir, mit „Späherin der Cestai“ ein E-Book-Skript zu vollenden, außerdem schrieb ich „Der Handspiegel“ ab, eine erotische Novelle von 1991, bei der ich damals noch nicht sagen konnte, wann und wo sie wohl Verwendung finden würde. Dass sie anno 2018 in Überarbeitung ihren Platz in der Publikation „Grey Edition 12: Lustvoller Schrecken“ des TCE finden würde, war damals eher noch kein Plan.
Neben der intensiven Arbeit für das universitäre Projekt, in dem ich beschäftigt war, lenkten mich natürlich zusätzlich immer noch die Nachwehen des Todes meiner Mutter im Mai 2015 und die Erbschaftskomplikationen ab, die erst jetzt allmählich abebbten. Man sollte es nicht für möglich halten, wie lange man mit solchen Dingen zu kämpfen hat, Freunde. Nehmt so etwas nicht auf die leichte Schulter, das kann unglaublich viel Zeit und Energie verschlingen.
Auch in diesem Monat übertraf die Zahl der „eingeklammerten“ Einträge – also jener Projekte, an denen ich arbeitete, ohne sie in diesem Monat zum Abschluss bringen zu können – die der „freien“ Zeilen bei weitem. Ich zähle allein in diesem Monat 27 derartige Zeilen. Und auch jetzt schwankte ich heftig zwischen dem Archipel und dem OSM hin und her. Ob es sich um zahlreiche provisorische Episodenhülsen handelte, die ich für die kommentierte Abschrift des KONFLIKTS 18 des OSM („Kampf gegen TOTAMS Dämonen und Schergen“) anlegte, ob es sich um Fragmente des Erotic Empire handelte oder Archipel-Geschichten… ich kam irgendwie nirgendwo auf einen grünen Zweig.
Im Archipel kümmerte ich mich etwa um „Mariannes Kursänderung“, „Julianna“, „Zwei Mädchen auf der Insel“ und „Falsche Voraussetzungen“. Im OSM versuchte ich mich an „Rescaz“, „Mein Freund, der Totenkopf“ (hier immerhin in der E-Book-Version) und „Beas Freund“. Aber wie schon erwähnt: sonderlich weit kam ich damit nicht.
Im September stürzte ich wieder ab. 18 beendete Werke. Davon wieder einmal 8 (!) Blogartikel. Herausragendes Highlight war in diesem Monat etwas, was mit dem OSM nur sehr bedingt zu tun hatte, was mich aber stärker in der kulturellen Szene Braunschweigs verankerte: Meine Freunde von der KreativRegion e.V. fragten mich kurzfristig an, ob ich Lust hätte, auf ihrer Veranstaltung „Marktplatz 3.0“ eine Lesung zu absolvieren.
Das kam wie eine kalte Dusche über mich, zugegeben, weil ich normalerweise nicht der Mensch bin, der extrem kurzfristig situativ reagiert… aber ich fühlte mich geschmeichelt, entwickelte in Eile ein Leseskript und saß dann echt auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz in Braunschweig auf einer Bühne und las aus meiner OSM-Story „Heimweh“… allerdings in sehr arg verkürzter Fassung.
Nun, das Wetter war kühl und feucht, die Zuschauermengen hielten sich in Grenzen, und der Ablenkung gab es gar viel… ich konstatierte denn auch in meinem danach geschriebenen reflexiven Beitrag „Ein kreatives Attentat“, dass die Rahmenbedingungen durchaus hätten besser sein können. Aber es war eine interessante Erfahrung… und zu dem Zeitpunkt war mir ja schon klar, dass im Oktober eine weitere Lesung, diesmal „indoor“, im Kulturpunkt West in Braunschweig anstehen würde.
Aber ihr versteht sicherlich, dass mich diese außergewöhnlichen Events gründlich vom Schreiben an den wesentlichen Werken abhielten. Es entstanden in diesem September 2016 also alle möglichen merkwürdigen Dinge: Gedichte. Rezensionen. Leseskripte. Lesungsberichte. Aber sonst? Ich konnte mich echt nicht konzentrieren, sondern oszillierte auch weiterhin zwischen den Werkpolen der zahllosen Fragmente hin und her.
Im OSM war da neben den kommentierten Abschriften aus KONFLIKT 18 und KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ sowie KONFLIKT 12 „Oki Stanwer – Bezwinger des Chaos“ solche Werke wie „Kämpfer gegen den Tod“ und „DER CLOGGATH-KONFLIKT“ (reine Abschriften indes nur). Kleine Stippvisiten im Archipel lasse ich hier mal unter den Tisch fallen, sie zählen nicht wirklich.
Nein, ich konnte mit diesem Quartal echt nicht glücklich sein. Ich hatte das quälende Gefühl, einfach auf der Stelle zu treten und nirgendwo richtig vom Fleck zu kommen. Als wenn ich in Treibsand feststeckte oder in einem Sumpfloch, um mich wie weiland Indiana Jones an einer Liane festzuhalten und nicht mehr vor noch zurück zu gelangen.
Witzig nenne ich was anderes.
Wurde das gegen Jahresende besser? Davon erzähle ich euch dann lieber beim nächsten Mal, Freunde. In der kommenden Woche schreibe ich dann lieber über meine kreativen Erträge aus dem April 2019.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.
1 Die Story wird erstmals abgedruckt werden in der zweiten Print-Storysammlung erotisch-phantastischer Novellen, die als Band 13 in der Reihe „Grey Edition“ im Terranischen Club Eden (TCE) im Herbst 2019 erscheinen soll. Ein Bandtitel steht derzeit noch nicht fest.