Liebe Freunde des OSM,

als ich vor einiger Zeit den Blogartikel 275 schrieb, kam ich sehr kursorisch mal abschweifend auf das Thema meiner BÜCHER zu sprechen. Damals war nicht der Ort und die Zeit, darüber mehr Worte zu machen, aber es schien mir schon dort so, als wäre das ein Thema, über das ihr vielleicht gern mehr wissen wür­det. Also schaue ich mal, dass ich eure Neugierde heute etwas präziser als bis­her befriedige. Mir will scheinen, das wird wieder ein ausführlicher Blogartikel, da ich hier nichts überstürzen möchte.

Bücher, das wissen wir allgemein, sind das, was Literaten üblicherweise zu ver­fassen und zu veröffentlichen pflegen. Natürlich nicht alle Literaten. Manche begrenzen sich thematisch oder strukturell und konzentrieren sich primär auf Kurzgeschichten, Gedichte oder ähnliches. Und wenn ich zu meinen BÜCHERN komme, dann sieht die Sache noch anders aus. Da für einen allgemeinen Rund­umschlag zu dem Thema definitiv hier nicht der Raum existiert, werde ich mich ganz auf meine eigenen Werke und meine Definition konzentrieren. Dazu muss ich über 30 Realjahre zurückgehen und ein paar einleitende Bemerkungen ma­chen.

Ich komme aus einer Lesetradition von Heftromanserien – ihr wisst das und wisst ebenfalls, dass ich deshalb den Oki Stanwer Mythos (OSM) in serieller Form strukturierte, anstatt gleich in eine Art von Romanformat überzugehen, wie es manche anderen Hobbyliteraten gemacht haben. Für mich war das der richtige Weg… jedenfalls bis 1984.

Was geschah damals? Nun, ich wurde ein wenig größenwahnsinnig und ver­suchte das, was manchen meiner Brieffreunde später erfolgreich gelang – ich versuchte mich darin, Heftromane zu verfassen. Das erwies sich als komplizierte Herausforderung, denn auf einmal wurde es notwendig, über 120 zweizeilige Textskriptseiten einen Handlungs- und Spannungsbogen zu entwickeln und die Spannung darin aufrechtzuerhalten.

Um es kurz zu machen: ich scheiterte. Es entstanden einige Romane, die ich an den damals noch existierenden ZAUBERKREIS-Verlag schickte, die aber samt und sonders abgelehnt wurden. Mitte 1985 war dieses Experiment also im Grunde genommen schon wieder vorbei. Es hatte aber Spuren hinterlassen, in zweierlei Weise:

Zum ersten hatte ich als fünftes Romanskript den SF-Krimi „Baumsterben auf Lepsonias“ in der Mache, als die letzte Ablehnung kam. Ich entwickelte ihn weiter und dachte dann frustriert: Okay, der Verlag will nix von mir wissen, ich mache dennoch weiter. Zum zweiten nämlich hatte ich einen gewissen Gefallen daran gefunden, so lange Texte zu verfassen, und mit dem „Raumagenten Mike Cole“, der der Protagonist im genannten Roman war, lag sogar eine Persönlich­keit und Handlungskulisse vor mir, in der ich gerne weiterschrieb. Bis in die 90er Jahre hinein entstanden auf diese Weise insgesamt 24 Mike Cole-Romane im Umfang von 120+ Seiten, die bis heute allesamt unpubliziert sind. Ich brauche vermutlich kaum zu betonen, dass ich sie alle noch digitalisieren muss… diese Baustelle habe ich bislang nicht angerührt. Ich bin ja nicht verrückt…

Bereits 1986 schwappte dann der Romangedanke über in den Oki Stanwer My­thos – ich hatte schon seit längerem überlegt, längere OSM-Texte zu verfassen, war dabei aber halbherzig geblieben. Auf einmal kam mir der (sehr richtige) Ge­danke, es sei doch erstrebenswert, die bisherigen OSM-KONFLIKTE, deren Epi­sodenserien ich bereits abgeschlossen hatte, in Romanform umzuarbeiten. Das ist grundsätzlich bis heute mein zentraler Gedanke, auch wenn er 2013 ein we­nig vom E-Book-Gedanken überlagert wurde. Und es entstanden ja auch zahl­reiche Romanformate, allein zum KONFLIKT 15 „Oki Stanwer“ (1981-1984) wa­ren es fast ein Dutzend bis heute.

Und je mehr ich mich an solche langen Geschichten zu gewöhnen begann, des­to länger wurden die OSM-Episoden und andere Stories, die leicht Novellenfor­mat erreichten.

Doch dann durchdrang mich 1986 eine Geschichtenidee, von der mir rasch klar wurde, dass sie deutlich über 120 Seiten Umfang bekommen würde. Das Kind brauchte selbstverständlich strukturell einen Namen. Da ich bislang schon Ge­dichte, Episoden, Kurzgeschichten, Novellen und Romane (die 120-Seiten-For­mat-Geschichten) hatte, entschied ich kurzerhand, dass BUCH die richtige Be­zeichnung sein würde.

Die sieben Prüfungen“ wurde also das erste BUCH. Es wurde mit über 300 Textseiten im April 1987 abgeschlossen und blieb eigentlich bis heute das einzi­ge lange wirkliche Fantasy-Werk, damals stark von meiner Fantasy-Lektüre be­feuert. Es geht hierin um das Schicksal des Prinzen Corian von Rothoran, dessen Vater einen Pakt mit dem Gevatter Tod geschlossen hatte, den Corian erneuern muss, um den allgemeinen Frieden in seiner Heimat aufrechtzuerhalten. Dafür muss er in verschiedenerlei Inkarnationen unterschiedliche Welten und Heraus­forderungen meistern. Ich orientierte mich bei der Struktur dieser Prüfungen an dem Album „Ritter der neuen Zeit“ der deutschen Popgruppe ZARA-THUSTRA. Am Schluss des BUCHES schwenkt die Geschichte allerdings um in meine Fantasy-Horrorserie „Horrorwelt“, die ich seit Dezember 1983 entwickelte (bis­lang auch noch nicht digitalisiert, eine weitere Baustelle, die inzwischen 175 Episoden umfasst… seufz!). Das Ende der Geschichte ist also etwas „strange“, und zweifellos ist das ein zentraler Grund, warum ich mich nie mit der Veröf­fentlichung dieses Werkes trug.

Es sollte geschlagene sieben Jahre dauern, bis ich ein vergleichbar langes Werk erschuf. In der Zwischenzeit entstanden allerdings rund 50 Romane, die nahezu alle bislang unpubliziert sind. Die meisten gibt es bis heute nur in der Schreib­maschinenfassung.

Inferno in Arc“ lautete der Titel des zweiten BUCHES, und ihr erkennt schon am Titel, dass es sich um einen lupenreinen OSM-Roman handelt. Mit 219 Text­seiten war er erheblich länger als ein gängiger Roman. Es gab so vieles in die­sem Werk zu berichten! Das BUCH ist der sechste Teil der so genannten Edward Norden-Saga (ENS) und schildert die finale Auseinandersetzung zwischen Ed­ward Norden, den Galaxisrebellen der Galaxis Arc und dem Dämon Holkaxoon von TOTAM, der am liebsten alles auslöschen möchte, statt sich besiegen zu las­sen. Da ich im November 1994, als ich den Roman abschloss, gerade mit dem chaotischen KONFLIKT 23 des OSM, „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) fertig geworden war, der den Grundstein für das moderne OSM-Konzept legte, wirkte sich das natürlich auch fatal auf dieses umfangreiche Werk aus.

Wieder sollten zwei Jahre vergehen, ehe ich das nächste BUCH-Projekt aus dem Boden stampfte, und diesmal war es tatsächlich eine verrückte Blitzidee, die mich binnen eines Monats zum Abschluss eines mehrhundertseitigen Romans brachte. Das geschah im November 1996.

Justine und Maximilian“ ist wirklich ein vollkommen autonomes Werk – im weiteren Sinn Science Fiction einer Near Future. Sie spielt in einem dystopi­schen USA der nahen Zukunft, Anfang des 21. Jahrhunderts. Eine radikale Grup­pe von Bürgerrechtlern, die „Rightmen“, machen den Versuch, ihre Bewegung durch einen Überfall zu finanzieren. Dafür nutzen sie ein Präparat von Bio-Bast­lern, das es ermöglicht, einen Körpertausch auf Zeit mit einer anderen Person durchzuführen.

Der Anführer der Rightmen-Gruppe, Maximilian Grant, lockt die arglose Sozial­arbeiterin Justine Pierce in eine Falle, überwältigt sie und begeht, in ihren Kör­per transferiert, den Überfall und eine Reihe von kaltblütigen Morden. Der mentale Retransfer findet aber zu früh statt, und Justine gerät in Gefangen­schaft der Justizorgane, die sie verhören, foltern und sexuell missbrauchen. Da die Rightmen die Diamantenlieferung, auf die sie es abgesehen hatten, erhiel­ten, scheint alles in bester Ordnung zu sein, und Justine wird einfach als „Mär­tyrerin der Bewegung“ abgeschrieben… dummerweise hat sich Max in sie ver­liebt…

Ich war selbst nicht eben wenig überrumpelt, wie intensiv mich der Stoff mitriss – heute ist mir natürlich klar, dass da etwas unter meiner Oberfläche kreativ schon seit längerem brodelte, das auf Ausbruch sann und drängte: der Archipel, eine völlig neue erotisch-kreative Welt voller Überraschungen.

Als es dann soweit war, wurde ich von der Tatsache vollständig überrollt – es dauerte zwar Monate, bis ich mit „Die drei Strandpiratinnen“ das vierte BUCH im Juli 1998 erschaffen hatte, aber es hatte satte 300 Textseiten. Und, das fand ich vielleicht noch alarmierender, der Handlungsbogen war durchaus nicht ge­schlossen. Wie bei bisherigen zahlreichen erotischen Fragmenten, die im Laufe der vergangenen zehn, fünfzehn Jahre entstanden waren, verharrte der Schluss des Romans in einer Aporie und drängte unweigerlich danach, weiter voranzu­gehen.

Die Welt, die ich hier entdeckt hatte, war sehr eigenartig. Es war eindeutig nicht die Erde, weder die frühere noch die spätere – der tropische Inselarchipel, nach dem ich die Welt schließlich benennen sollte, hatte seinesgleichen bei uns nicht. Und auch so etwas wie den Südkontinent, auf dem die Geschichte ihren Anfang nahm, den gab es bei uns nicht. Und dann diese faszinierend-archaische Inselhauptstadt Asmaar-Len… toll.

Und dann war da dieses wunderschöne, blondmähnige Mädchen mit dem knusperbraun gebratenen Körper, das an Bord des Piratenschiffs mitreiste. Eine schamlose Schönheit, die explizit als „Bordhure“ an Bord weilte und ihre sexuel­le Gunst pflichtgemäß auf alle Matrosen verteilte.

Christina.

Ein Mädchen, das drei Jahre zuvor verletzt und ohne Gedächtnis aus der See gefischt worden war. Und ich fragte mich schon, als sie im Rahmen dieses Ro­mans auftauchte: was um alles in der Welt war wohl Christinas Geschichte? Wie ging es mit ihr weiter, nachdem sie sich von den „Strandpiratinnen“ notwendig getrennt hatte? Und woher kam dieses wunderschöne Mädchen?

Ich fühlte mich noch nicht ganz diesen Gedanken gewachsen und wusste, wenn ich jetzt gleich mehr über Asmaar-Len, Christina und ihre Lebenspfade schreibe, dann würde ich das nur verbocken. Also wandte ich mich einem vermeintlich einfacheren Stoff zu, der nahezu unweigerlich wieder zu einem Archipel-Roman wurde: „Evi und Petra“.

Evi und Petra“, das fünfte BUCH, schien auf den ersten Blick einfacher zu sein. Ging es doch schließlich „nur“ um eine schlichte Liebes- und Schicksalsgeschich­te. Aber ich sollte noch feststellen, dass im Archipel nichts einfach war. Der Roman führte mich auf eine der zahllosen Archipel-Inseln und zu einem Schäfer im Binnenland derselben, der ein ernstes Problem damit hatte, seine zahlrei­chen Kinder satt zu bekommen. Um wenigstens ein wenig wieder mit dem fami­liären Leben klarzukommen, entschloss er sich schweren Herzens und unter Trä­nen, seine beiden ältesten jungfräulichen Töchter Evi und Petra in die Sklaverei zu verkaufen, in der Hoffnung, dass sie dadurch in die Lage kommen würden, ein Leben ohne Entbehrungen und in Wohlstand zu führen, wenn auch notwen­dig in der Fremde. Ein tränenreicher Abschied für beide Seiten.

Die beiden Schwestern kamen mit dem Sklavenschiff zur Archipel-Insel Fandan, wo sie mit dem eigentlich armen Fischer Vanaty zusammenstießen, der von den Mädchen völlig entzückt war und sie kurzerhand beide erwarb… tja, und ehe ich mich versah, hatte auch dieser Roman 300 Textseiten erreicht. Und endete wieder in der Aporie.

Das kann doch alles gar nicht wahr sein!“, dachte ich frustriert. „Müssen Archi­pel-Geschichten immer 300 Seiten plus aufweisen? Geht das nicht auch kürzer?“

Ich versuchte, mir das zu beweisen, indem ich mich nun tatsächlich dem schon länger gehegten Plan zuwandte, mit dem Roman „Christinas Schicksal“ die Vor­geschichte der blonden Bordhure Christina aus dem ersten Archipel-Roman zu verfassen. Aber die Geschichte entglitt mit so schnell, so fix konnte ich über­haupt nicht schauen – was irgendwie nahe lag, denn ich verschlang Ende der 90er Jahre und Anfang der 2000er den Romanzyklus von Diana Gabaldon um James Fraser und Claire Beauchamp, und das hatte offensichtlich massive Aus­wirkungen auf die Ausführlichkeit meiner sozialen Interaktionen in dem eben erwähnten Roman.

Ehe ich begriff, steckte ich im nächsten, bis dahin größten Schreibabenteuer meines Lebens – das BUCH wuchs und wuchs und wuchs, und das in atembe­raubendem Tempo. In nicht mal anderthalb Jahren wucherte das Werk auf mehr als 1.100 Textseiten… etwas, was ich zuvor für undenkbar gehalten hätte. Als ich im Juli 2000 damit abschloss (wieder als Aporie!!), war ich vollständig ausgelaugt. Ein guter Autorenkollege, dem ich davon auf einem Convention in Baden-Württemberg zeitnah im Gespräch berichtete, weiß sicherlich noch gut, wie fertig ich zu der Zeit war und wie sehr ich mit mir haderte, dass ich unver­meidbar meine Zeit für dieses Werk aufwendete statt, wie es sehr viel nützli­cher gewesen wäre, an meiner Magisterarbeit zu arbeiten.

Tatsache ist, dass ich mit „Christinas Schicksal“ den Archipel endgültig entdeckt hatte und ihn nun in Geschichten, Novellen und weiteren Romanen zu erfor­schen begann… und es gab da verdammt viel zu forschen, kann ich sagen, gibt es immer noch. Ich stehe hier nach wie vor ganz am Anfang.

Allerdings kam ich definitiv nicht zur Ruhe. Es kam mir so vor, als würde ein Ar­chipel-Roman gewissermaßen den nächsten in meinem Geist zeugen. Während ich mich also mühsam um den Abschluss des obigen Romans kümmerte, lief mir im Dschungel von Coorin-Yaan ein struppiges, panisches und wortloses Mädchen über den Weg: Rhonda. Und indem ich nun ihr über die Schulter blickte, gelangte ich genau dorthin, wo ich mich so überhaupt nicht auskannte.

Nach Asmaar-Len, die Hauptstadt des Archipels. Heute muss ich rückblickend sagen, dass es verdammt gut ist, wie vorsichtig ich dort agierte, sonst hätte ich wirklich jede Menge Porzellan logischer Art zerschlagen können. Aber Rhonda wurde in diesem 7. BUCH, „Rhondas Weg“, das ich im Oktober 2001 beendete (wieder als Aporie! Um der Wahrheit die Ehre zu geben: ich hatte einfach keine Schreibkraft mehr übrig), relativ schnell im „Garten der Neeli“ in ihrer Bewe­gungsfreiheit beschränkt. So konnte ich mich gründlich mit Rhondas Gefährtin­nen, den wechselnden Klientinnen im „Garten der Neeli“, der nicht unkompli­zierten Psychodynamik zwischen den Hausbewohnern und gelegentlich sich einstellenden Besuchern beschäftigen und zahlreiche kleine Rätsel Asmaar-Lens gewissermaßen von der Schulbank aus klären.

Dennoch ängstigte mich die Dimension des Romans zunehmend, der auseinan­derging wie ein Hefeteig. Erst mit Seite 1876 (!) erreichte ich den Schluss, und mir war klar, dass es schier UNENDLICH viele offene Fäden in dieser Geschichte gab. Absolut atemberaubend, nie da gewesen.

Es sollte denn auch geschlagene knapp neun Jahre dauern, bis ich wieder ein BUCH abschloss – es handelte sich dabei um den zweiten Rhonda-Roman „Rhondas Reifejahre“, das 8. BUCH-Projekt inzwischen (April 2010). Mit 3702 Textseiten ist es bis heute das längste und meiner Ansicht nach voll ausgereifte Buchprojekt, das ich bislang verfasst habe, und es dauerte nicht umsonst so lan­ge, bis ich damit zu Rande kam. Dummerweise musste ich auch hier den Hand­lungsbogen abkürzen und den Roman als Aporie beenden. Auch hier: jede Menge offene Fäden, unglaublich viele komplizierte Probleme, die der Lösung harren. Dass ich gleich in einen dritten Rhonda-Roman durchstartete, über­rascht wohl kaum.

Parallel arbeitete ich allerdings auch noch an einem weiteren „Christina“-Ro­man, „Abenteuer im Archipel“, und den Lebensweg von Evi und Petra möchte ich beizeiten auch noch verfolgen, von dem Schicksal der „Strandpiratinnen“ ganz zu schweigen… das sind alles Baustellen, um die ich mich bislang nicht kümmern kann.

Durch den obigen zweiten Rhonda-Roman war ich allerdings so wahnsinnig gut im Schreibtraining, dass sich sehr überraschend schon zwei Monate später, im Juni 2010, das neunte BUCH anschloss. Damit hatte ich echt nicht gerechnet – aber ähnlich wie im Fall von „Justine und Maximilian“ hatte mich „Antaganashs Abenteuer“ vollständig überrumpelt.

Antaganash ist ein legendärer – man kann auch sagen: berüchtigter – Bewohner Asmaar-Lens und zuvor der kleinen Archipelsiedlung Len. Und nachdem von ihm in den Rhonda-Romanen schon immer wieder die Rede gewesen war, hatte ich beschlossen, ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit zu gehen, in die Gründungszeit von Asmaar-Len, um Antaganash mal persönlich kennen zu ler­nen.

War das ein Fehler? Nein, ein phantastisches Vergnügen. Er ist tatsächlich eine sehr beeindruckende Persönlichkeit und wird beizeiten der jungen Rhonda be­gegnen, dazu gibt es schon entsprechende Skizzen. Aber zuvor wird sie es mit zahlreichen seiner vielen Sprösslinge beiderlei Geschlechts zu tun bekommen. Denn das ist es, wofür Antaganash tatsächlich berühmt ist – für seine unbe­zwingbaren Liebesfinessen, denen so ziemlich jede schöne Frau erliegt, und zwar völlig gleichgültig, ob sie verheiratet ist, jungfräulich, verboten, abweisend oder nicht. In dieser Hinsicht ähnelt er vermutlich Casanova. Er ist unglaublich überzeugend – und in diesem Roman kommt heraus, dass er auch dem Problem nicht aus dem Weg geht, wenn er Nachwuchs zeugt… allerdings ist seine Form der Problembewältigung sehr, nun, gewöhnungsbedürftig: er sucht dann Ehe­männer für die geschwängerten Schönheiten. Und zumeist bleibt er dann auch nach der Eheschließung ungeniert der Liebhaber der frischgebackenen Ehefrau­en.

Echt, eine unglaubliche Persönlichkeit, und ich wurde von der Wildheit der sturzbachgleichen Geschichte, die binnen Wochen auf mehr als 500 Seiten wu­cherte, ziemlich überrumpelt.

Aber toll war’s schon, das ist nicht zu leugnen.

Ich blieb im Flow, und ich blieb ebenfalls im Archipel – nun wandte ich meine Energie mit voller Kraft einem Romanfragment zu, das ich seit 2000 in Arbeit hatte. Und in der Tat explodierte „Eine Adelige auf der Flucht“ binnen weniger Monate auf mehr als 1200 Seiten Text, ehe es als 10. BUCH im August 2010 be­endet werden konnte. Ebenso wie bei „Antaganash“ gelang es mir tatsächlich, halbwegs ein abgerundetes Geschichtenende hinzubekommen. Was war ich er­leichtert!

Mann, dachte ich mir… wenn solche Geschichten im Archipel möglich sind, dann ist das doch vielleicht auch im Oki Stanwer Mythos…?!

Und ja, war es.

Im Oktober 2010 vollendete ich das nächste wirklich lange OSM-Projekt mit weit über 200 einzeiligen (!) Textseiten, das nun locker mit den kürzeren BUCH-Projekten im Archipel konkurrieren konnte. Weitaus komplexer war dieses 11. BUCH aber sowieso – es handelte sich um „Die Totenköpfe 1: Die Alte Armee“, das seit Januar 2017 in Etappen im Fanzine Baden-Württemberg Aktuell (BWA) des Science Fiction-Clubs Baden-Württemberg (SFCBW) publiziert wird. Ein Ro­man, der eigentlich im KONFLIKT 21 des OSM spielt, also quasi parallel zur Handlung der Serie „Oki Stanwer – Fürst von Leucienne“ (FvL, begonnen 1988).

Hierin werden die Erlebnisse des käfergestaltigen Oheetir-Mönchs Shylviin von der Welt Höolyt geschildert, der am Anfang der Geschichte stirbt und sich ent­gegen seiner Erwartungen nicht im oheetirschen Jenseits erwacht, sondern als skelettierter Humanoider, als so genannter „Totenkopf“, aus den schwarzen Transmittertoren auf dem Dämonenplaneten TOTAM tritt, um hier in der LEGI­ON den Kampf gegen die Mächte des Guten, die Lichtmächte, die Baumeister und Oki Stanwers Gefolgsleute aufzunehmen.

Zu dumm nur, dass die Totenköpfe im KONFLIKT 21 gewissermaßen „ihren eige­nen Kopf“ entwickeln und desertieren können. So macht sich Shylviin auf die Suche nach den Geheimnissen TOTAMS, und was er erlebt, sprengt schnell jede seiner Vorstellungen… es ist ein phantastischer, vielseitiger Roman, der als viel­fältiges Crossover über zahlreiche OSM-KONFLIKTE taugt und dessen Schreiben mir einen Heidenspaß bereitete. Natürlich wird es auch einen Teil 2 geben, aber wann der fertig wird – keine Ahnung. Bislang ist es ein Romanfragment.

War ich kuriert von den langen Werken? Nein.

Ich steckte schon wieder in einem drin, wieder in einem OSM-Werk, das dies­mal eine eigenartige Romanze zwischen einem „normalen“ Planetenbewohner (mutmaßlich einer Welt in KONFLIKT 25 in der Galaxis Beltracor) und einer der legendären Sternenfeen schilderte. Wovon ist die Rede? Wer meine E-Books kennt, ist schon im Bilde: von „Die schamlose Frau“, der Romanze zwischen An­ton Devorsin und seiner goldgelockten, hemmungslosen Geliebten Gloria. Als 12. BUCH schloss ich die Geschichte im Mai 2011 ab.

Und wurde schon wieder „schanghait“, wie man so schön sagt: diesmal zerrte mich eine weitere Frau in ihr Leben, nämlich ein unglücklicher, orientierungslo­ser Matrixfehler, der in KONFLIKT 4 buchstäblich während eines Gewitters aus dem Nichts fiel: Jaleena.

Auch „Jaleenas zweites Leben“, das 13. BUCH, kennt ihr mithin schon als E-Book, es erübrigt sich also, viel darüber zu schreiben. Das könnt ihr gern in dem in zwei Teilen veröffentlichten E-Book nachlesen.

Dreizehn solche langen Buchprojekte gibt es also inzwischen, die weitaus meis­ten davon sind eurem lesenden Auge bislang noch unbekannt – und die meis­ten sind darüber hinaus auch stilistisch so veraltet, dass sie gründlich überarbei­tet werden müssen, ehe ich es wagen kann, sie ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Reizen würde mich das durchaus. Aber ich glaube, das ist aktuell noch nicht machbar.

Das hat verschiedene Gründe. Der stilistische Status ist das eine, bei den OSM-Werken gilt es zu bedenken, dass ich vermutlich noch nicht genügend allgemei­nes Hintergrundwissen über die verschiedenen KONFLIKTE kommuniziert habe, damit ihr die zahllosen Anspielungen in den OSM-BÜCHERN würdigen könnt, und verwirren möchte ich euch nicht.

Dann also vielleicht die leidenschaftlichen Archipel-Geschichten? Sind die nicht leichtere Einstiegskost in meine langen Geschichten? Auf der einen Seite un­zweifelhaft ja. Andererseits hat es schon bei der gelegentlichen Fanzine-Publi­kation gewisse emotionale Missverständnisreaktionen gegeben, so dass ich da vorsichtig geworden bin.

Der Archipel ist nun einmal eine Welt, die extrem polarisieren kann. Das ist ein bisschen so wie mit dem BDSM-Lebensstil und dem gängigen moralischen Li­festyle der Gegenwart. Man muss sich nicht in den überzogen prüden USA be­finden, um mit Romanstoffen freizügigerer Natur Probleme zu bekommen, auf die ich nun wirklich keinen Wert lege. Und der Archipel ist nun einmal eine Welt, deren Moralgesetze gründlich anders funktionieren als bei uns. Sklaverei kommt dort leider ziemlich häufig vor. Sexuelle Unterwerfung ist absolut keine Seltenheit. Die Liebesreligion der Göttin Neeli und der frivol-freizügige Lebens­stil der meisten Archipel-Insulaner tut das seinige dazu. Kann man beispielswei­se einen Antaganash mit seiner libertinären Einstellung ein Vorbild nennen? Das möchte ich doch sehr bezweifeln.

Auch solche Auswüchse wie das Feiern lüsterner Gartenfeste, das Bordhuren­tum, die geplante Entführung, Unterwerfung und… ja, man muss schon sagen: Abrichtung von Frauen zum Zwecke der sexuellen Sklaverei, die dort durchaus gesetzlich sanktioniert ist, werfen doch ein moralisches Zwielicht auf den Archi­pel und, wenn man Texte und Autor parallelisiert, vielleicht dann auch auf mich. Dass solche moralischen Verdammungsurteile dabei in die Irre gehen, wird sol­che Verfechter vermeintlich sauberer Moral kaum interessieren, aber anderer­seits eine Menge Stress verursachen.

Darauf lege ich nun wirklich zurzeit keinerlei Wert. Deshalb kann es also noch dauern, ehe ihr diese langen Werke aus meinem Œuvre zu sehen bekommt. Dennoch scheint mir dies hier als ein zumindest flüchtiger Eindruck über diese großen Werke für den Moment hinreichend zu sein.

In der kommenden Woche halte ich mich wieder gründlich kürzer und berichte im Rahmen der „Logbücher des Autors“ über ein interessantes Phänomen, das mich im Januar 2018 beschäftigte. Lasst euch mal überraschen, wovon ich dann spreche.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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