Rezensions-Blog 78: Reis am Stiel

Posted September 20th, 2016 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wie ich das auf meiner Autorenseite bei AmazonAutorCentral schon sagte: Au­toren schreiben nicht nur Bücher, sondern sie lesen selbige auch. Heute gehe ich sogar noch einen kleinen Schritt weiter – sie lesen auch Bücher von befreun­deten Autoren, und so ist es mir eine besondere Freude, euch heute an dieser Stelle ein Buch eines befreundeten Autors vorzustellen, den ich vor ein paar Jahren an seinem Stand auf dem SF-Convention Raum & Zeit Continuum III in Braunschweig kennen lernen durfte.

Alexander Knörr, in Phantastenkreisen bekannt als Verfasser der Präastronautik-Saga „Die Chroniken von Tilmun“, bekennender UFO-Forscher und vieles andere mehr, führt ein faszinierendes, an Erfahrungen reiches Leben, und es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis er das Schatzkästchen seiner biografischen Erinne­rungen öffnen würde, um uns daran teilhaben zu lassen. Eine erste Frucht die­ser Erinnerungen ist die vorliegende kleine Schrift, die von seiner Liebe zur al­ten chinesischen Kultur durchtränkt ist. Ich habe sie mit Gewinn und Genuss ge­lesen und stelle sie euch heute gern vor:

Reis am Stiel

Begegnungen mit einer fremden Welt in China

von Alexander Knörr

Deutsche Erstausgabe

Galactic Bookstore Verlag

www.galactic-bookstore.com

Hirschhorn, Januar 2015

100 Seiten, TB

Verkaufspreis: 9,95

ISBN 978-3-9817051-1-9

China ist ein faszinierendes Land, ganz gleich, wie man zu seiner aktuellen politischen Führung ste­hen mag – eine Nation, deren historische Wurzeln über Tausende von Jahren zurückreichen. In die­ser monolithischen Massivität ist die Kontinuitätslinie vielleicht nur noch von den alten Ägyptern erreicht und über­troffen. Und zugleich ist diese gewaltige Wirtschaftsnation im fernen Osten ein Reich, das uns allen nach wie vor sehr fremd ist.

Natürlich, die Geschäfts-Chinesen sprechen inzwischen längst Englisch als inter­nationale Verkehrssprache, und ihre Unternehmen sind weltweit vernetzt. Aber wenn man einmal durch diesen Schleier der Internationalisierung hindurch­blickt, sieht man doch ein sehr fremdes Land – eine Nati­on, in der mit schier unbegreiflichen Schriftzeichen geschrieben wird, in der man üblicherweise mit Stäbchen isst und dergleichen mehr. Und vertraut Alexander Knörr und mir: es gibt noch sehr viel eigenartigere Dinge in China.

Während es der China-Literatur unübersehbar viel gibt, fehlt ein wenig der pri­vate Blick ins Innere dieses rätselhaften Reiches. Wie sieht „China hinter dem Schleier“ aus? Kann man jenseits der tou­ristischen Pfade China erleben? Und wenn ja, wie sieht es dort aus?

Alexander Knörr, Weltenbummler, Phantast und Autor der Präastronautik-Saga „Die Chroniken von Tilmun“, hat nun den Versuch gewagt, genau dies zu realisie­ren. Er ist seit langem von der uralten chinesischen Zivilisation und ihrer heuti­gen Gegenwart fasziniert, er bewundert die asiatische Kü­che, die Kultur und nicht zuletzt auch ihre Frauen. Da er mehrfach in China war und jahrelange Kon­takte dorthin besitzt, floss vieles von seinen Erfahrungen in Gespräche, Briefe und Geschichten ein. Und irgendwann wurde er dann dazu angeregt, doch all dies einmal niederzuschreiben.

Wir wissen ja: Erinnerung, und mag sie noch so stabil und einprägsam sein, ist und bleibt flüchtig, und mit dem eigenen Tod ist sie üblicherweise erloschen. Was jenseits des physischen Horizonts da­mit geschieht, können wir nicht er­messen. Also ist es stets besser, sie niederzuschreiben… zumal dann, wenn man auf diese Weise noch andere Menschen für die Faszination der chinesischen Kultur begeistern kann. So kam es also, dass Alexander Knörrs Erinnerungen an seine persönlichen Erfah­rungen mit der chinesischen Kultur in diesem kleinen Büchlein kondensierten.

Es kommt daher in einem wunderschön gestalteten, ganz in Rotgold gehaltenen Umschlag, das ein­fach einen gediegenen, edlen Eindruck macht, und dieser ers­te Eindruck nimmt die Schrift unwei­gerlich für sich ein. Ein wenig getrübt wird das dann durch den unerwartet „anrüchigen“ Anfang des Werkes – findet sich der Leser doch mit dem Verfasser in einer chinesischen Toilette wieder, die frei­lich schon auf die Exotik des fernen Landes vorbereitet. Denn ein schmutziges Loch im Boden assoziieren wir eigentlich nicht mit der chinesischen Hochkultur… aber das ist nur der Anfang. Es geht schnell weiter zu angenehme­ren Themen.

Da ist beispielsweise die Sprache und das komplizierte Phänomen der Betonun­gen… ein Feld von unbegrenzten Missverständnismöglichkeiten, das man mit Humor nehmen kann oder mit Frustrati­on. Alexander Knörr neigt eher zu erste­rem, und das ist auch gut so. Sein Pfälzer Humor durchzieht das locker lesbare, sehr unterhaltsame Buch wie ein roter Faden und nimmt den Leser unweiger­lich für den Verfasser ein.

Wir erfahren als neugierige Rezipienten des Werkes von Alexander Knörrs mehrfachen Reisen und bekommen schnell mit, was man so landläufig bei uns immer wieder hören kann: dass China-Restaurants in Europa sich dem hiesigen Lebensgefühl stark angeglichen haben, dass unser China-Bild in vielfacher Wei­se verzerrt ist und mit dem originären China, wie es „wirklich“ ist, nur be­dingt etwas zu tun hat. Selbst China-Reisende, die die touristischen Pfade nicht ver­lassen, bemerkt der Autor mit Recht, werden kaum jemals Gelegenheit haben, direkt „in touch“ mit dem eigentli­chen „spirit“ Chinas zu kommen. Ihr Bild bleibt deshalb notwendig schematisch.

Alexander Knörr hatte 2001 noch diesen touristischen Blick (wenngleich solche Ausnahmeerfah­rungen wie mit dem Peking-Ente-Restaurant auch damals schon möglich waren), aber wo andere China-Reisende sich zufrieden gaben, blieb er hartnäckig. Er wollte das „wahre China“ kennen ler­nen. Dies gelang erst deut­lich später, als er seine langjährige chinesische Korrespondenzpartnerin Li Yen aus Nanning – der auch mit Recht das Buch gewidmet ist – besuchen konnte, kam er wirklich in Kontakt mit dem „wirklichen“ China. Und das sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen… es ist genauso abenteuerlich und „anders“, wie es sich anhört.

Mit dem vorliegenden Buch hat Alexander Knörr einen sehr unterhaltsamen, faszinierenden Blick in seine bunte Lebensgeschichte einerseits und in die Sit­ten, Gebräuche und Eigenheiten eines für uns sehr fremden Landes anderer­seits ermöglicht, und es ist ihm hoch anzurechnen, dass er uns dar­an teilhaben lässt. Dass die chinesischen Erfahrungen, wie ich sie mal nennen möchte, nach wie vor in seinem Leben weitergehen, sei nur am Rande erwähnt. Es ist sehr zu hoffen, dass dieser autobio­grafischen Schrift noch mehr folgen wird. Jeder Le­ser dieses Büchleins hat eine Menge zum Stau­nen und Lachen vor sich – dieses „chinesische Abenteuer“ sollte man sich gönnen, ob nun in der Print- oder E-Book-Version, die es auch gibt. Aber ich gebe zu, die Printversion macht einfach mehr Spaß.

Eigentlich gibt es nur einen kleinen Wermutstropfen in diesem sonst rundum gelungenen und sehr unterhaltsamen Werk, aber er ist natürlich nicht unbe­hebbar – dem Büchlein wäre ein besseres Lek­torat sehr zu wünschen gewesen. Es weist doch noch relativ viele Druckfehler auf, die bei einer Nachauflage tun­lichst zu bereinigen wären, um das Lesevergnügen noch mehr zu erhöhen.

Ach ja… und was es mit dem titelgebenden „Reis am Stiel“ auf sich hat, nicht zu verwechseln mit „Eis am Stiel“, darüber schweige ich mich an dieser Stelle aus. Das sollte man wirklich selbst nach­schmökern.

Ansonsten jedoch bleibt nur eins zu sagen: Klare Leseempfehlung! Ein schönes Buch, das nicht al­lein für China-Freunde ein ideales Geschenk darstellt.

© by Uwe Lammers, 2016

Es kann sehr gut sein, dass in ich beizeiten wieder mal auf Werke befreundeter Autoren zu sprechen komme… doch ist das immer eine Frage der zur Verfügung stehenden Zeit. Hier wollen die Worte stets gut gewählt sein, da wir ja alle wis­sen, dass Autoren auch empfindliche Menschen sind… einerseits. Andererseits besteht bei solchen Rezensionen stets die Gefahr, dass man der Gefälligkeitsbe­sprechung bezichtigt werden könnte. Ich denke aber, diese Sorge ist beim obi­gen Werk ganz unberechtigt.

In der kommenden Woche beamen wir uns in die 70er Jahre zurück und landen, ganz im Gegensatz zu den heutigen Zeilen, in den sonnigen mediterranen Gefil­den. Warum dies? Und um was für einen Roman es dann wohl gehen mag? Das erfahrt ihr in einer Woche an dieser Stelle.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

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