Liebe Freunde des OSM,
mal Hand aufs Herz, ihr Lieben – kann sich das irgendwer gescheit vorstellen? Es schreibt sich so leicht und spricht sich so einfach aus, wenn man darüber diskutiert, dass die Kultur der arachniden Zhonc, auf die die Yantihni vor Jahrzehnten durch einen Zufall auf dem Planeten Hushhin gestoßen sind (siehe Bd. 4 der Serie „Oki Stanwer und das Terrorimperium“ (TI)) vor 200.000 Jahren ausgestorben sein soll.
Aber überlegt mal selbst, was das bedeutet, auf menschliche Maßstäbe umgerechnet. Zweihunderttausend Jahre! Selbst wenn man berücksichtigt, dass das yantihnische Jahr deutlich kürzer ist als das irdische und wir so den Zeitraum vielleicht auf 180.000 Jahre oder so zusammenschrumpfen lassen können… das ist verdammt viel Zeit.
Die ältesten irdischen Kulturzeugnisse, die man als solche ansehen kann und die die archaische Höhlenmalereikunst übersteigen, werden mit viel gutem Willen auf ein Alter von 12.000 bis vielleicht 15.000 Jahren geschätzt. Die Zhonc-Kultur auf Hushhin ist mehr als zehnmal so lange Vergangenheit.
Als der fassungslose Technikforscher Noshtoy vom „ewigen Gedächtnis“ berichtet bekam, dass die eigentliche Raumfahrtkultur – inklusive eigenes Sternenreich, vermutlich am anderen Ende der Galaxis Twennar – damals schon in Blüte stand (vgl. dazu die Bde. 11 und 12 der TI-Serie), da wurde schon deutlich, dass die damalige (!) Zhonc-Gesellschaft die aktuelle Sternenreichsstruktur der Yantihni bei weitem übertraf.
Und natürlich explodierte Noshtoys Sorge, was ihn und seine vier ahnungslosen Mitstreiter auf der anderen Seite des Transmitterportals erwarten würde, im Reich der Zhonc und ihres angeblich unsterblichen Baumeisters.
Wer von euch hat diese Sorge wohl nicht geteilt?
Nun, und dann kommen Noshtoy, Jeshtar, Ayantor, Yasaari und Zharidd auf der anderen Seite an, auf der Welt Nylviidin… und sie landen im warmen Dauerregen in den Ruinen eines Transmitterdoms, der sich so vollständig energetisch verausgabt hat, dass da schlichtweg überhaupt nichts mehr zu holen ist. Ringsum herrscht die vollkommene Wüstenei. Von „Sternenreich des Windes“, Raumfahrtkultur oder Hightech-Zivilisation der Zhonc ist weit und breit nichts zu entdecken.
Es hat den Anschein, dass die verstrichene, schier endlose Zeitspanne nicht nur nicht spurlos an den Zhonc vorbeigegangen ist, sondern sie im Gegenteil ausgereicht hat, ihre kulturellen Errungenschaften ein für allemal von der Oberfläche von Nylviidin zu tilgen. So taumeln die verstörten Yantihni, die sich erst einmal mühsam als Gruppe zusammenraufen müssen, durch eine Wildnis, in der ihre Hoffnungen rasch zuschanden werden.
Ja, es gab offensichtlich sehr gute Gründe, warum der Kontakt von Nylviidin nach Hushhin/Phaylyss so lange Zeit vollständig unterbrochen war. Welche das genau sind, werdet ihr beizeiten noch erleben, versprochen. Momentan sieht die Lage trist aus.
Das ändert sich, zugegeben, in dem gestern erschienenen Band 21 der TI-Serie gründlich, also in „Hinter der Raumzeitwand“. Da wird ja auf gespenstische Weise deutlich, dass sich auf Nylviidin zwar beispiellose Katastrophen ereignet haben, die Zhonc aber so völlig verschwunden dann doch nicht sind… und ohne euch jetzt zu viel vom aktuellen E-Book verraten zu wollen: es lohnt sich, diese Geschichte gründlich zu lesen. Da werden eine Menge faszinierender neuer Fährten gelegt, auch für die fernere OSM-Lektürezukunft, versprochen!
Die Yantihni werden schnell entdecken, dass ein uraltes Stellarimperium natürlich seine ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten hat. Und die Völker, die ein solches Reich errichten, kreieren ganz automatisch ihre eigene Geschichtsschreibung und haben mit Aufsplitterungstendenzen, inneren Wirren und Unruhen und dergleichen zu kämpfen…
Davon werdet ihr hier noch lesen, recht bald sogar.
Die Zhonc als Volk selbst, möchte ich an dieser Stelle aber ein wenig abschweifen (vielleicht zumindest), die sind mir schon sehr viel früher bekannt gewesen. Will sagen, sie traten nicht erst im Herbst des Jahres 2003 in mein Blickfeld, als ich die nämlichen TI-Episoden schrieb, sondern der erste Zhonc erschien ein wenig unvermittelt im September 1986. Damals hatte ich noch keine rechte Vorstellung, was das wohl für ein eigenartiges Wesen sein mochte. Das konnte nicht überraschen.
Die Umstände der Entdeckung waren… ungewöhnlich, sagen wir es so. Die Begegnung mit Yell, dem ersten Zhonc meines Lebens, könnte man sagen, fand im KONFLIKT 20 statt, also in der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“ (OuC), an der ich von 1984 bis 1997 schreiben sollte. In diesem Universum dehnte sich, ausgehend von der Galaxis Zooltahn, das Imperium der MACHT aus, und diese übermächtige Ausdehnung zwang schließlich den amtierenden Matrixkoordinator, den LEUCHTENDEN, dazu, einzuschreiten.
Er beabsichtigte, eine Helferin des Lichts zu befreien, die in die Gefangenschaft der MACHT gelangt war und auf der Sichelwelt Tehlorg zwischen den Dimensionen inhaftiert wurde. Und auf der einen naturbelassenen Seite Tehlorgs wanderte der LEUCHTENDE schließlich stundenlang durch eine Wüstenei und stieß letzten Endes auf der Suche nach Nahrung auf ein sechzehnbeiniges Spinnenwesen, das er sich einzuverleiben anschickte.
Zu dumm: Das Wesen begann jämmerlich und völlig verständlich zu schreien und entpuppte sich als gestrandeter Raumfahrer der Zhonc. Und so erklärte dieses Wesen namens Yell dann seine Herkunft in Band 15 der OuC-Serie (Episode „Eine Königin in Ketten“):
„Yell, einfach Yell, aus der Rasse der Zhonc aus der fernen Galaxis Arc. Ach, es ist eine schöne Galaxis, flankiert von den Blauen Lichtern der Entropie, die von den Lebenskanälen durchflossen und vom Allumfassenden Wall geschützt wird. Aber was hat der Statthalter der MACHT daraus gemacht! Ein kosmisches Gefängnis. Das Volk der Zhonc wird bitterliche, träge Tränen vergießen wegen der Transporte in den Kosmos…“
Und es fallen in der Folge weitere Begriffe, die mich zunehmend zu elektrisieren begannen: Die Baumeister. Der Statthalter Holkaxoon von Arc… und ich spürte damals schon deutlich – über Arc, die Heimat der legendären Baumeister, darüber würde ich schreiben müssen. Und über die Zhonc, die dort lebten, versklavt durch einen Dämon von TOTAM.
Das tat ich dann tatsächlich in den Jahren 1987-1994, als ich die Edward-Norden-Saga (ENS) verfasste, sechs für damalige Verhältnisse voluminöse Romane. Ihr werdet sie beizeiten in überarbeiteter Version in der Reihe „Aus den Annalen der Ewigkeit“ zu lesen bekommen.
Aber wie ich euch ja schon verschiedentlich erzählt habe – der OSM entwickelt sich achronisch in beide zeitliche Richtungen. Viele spätere KONFLIKTE sind bereits in der Rohversion fertig, während manche frühe noch weitgehend im Dämmer liegen. Die Vergangenheit zahlreicher Völker, die ich seit Jahrzehnten schon kenne und beschreibe, muss also noch aufgehellt werden.
Die Kultur der Zhonc, das wurde mir 2003/2004 klar, stammt ursprünglich aus der Galaxis Twennar, sie ist unter dem düsteren Glanz der Sonne Ryrnosh entstanden. Und ihr seid jetzt gerade wie Noshtoy und seine Freunde dabei, diese frühen Wurzeln zu ergründen und langsam mit mir ein Gespür für dieses fremdartige Volk zu entwickeln.
Die Zhonc sind ausgestorben?
Nein, durchaus nicht. Sie leben vielleicht nicht mehr auf Nylviidin, aber das hat nicht viel zu sagen. Ihr werdet es sehen in Band 22 der TI-Serie, der den Titel „Welt der Wunder“ trägt. Dorthin stoßt ihr im kommenden Monat vor. Ich denke, darauf könnt ihr euch freuen.
Und wohin führt der Weg in der kommenden Woche an dieser Stelle? Da solltet ihr euch mal überraschen lassen, das sei jetzt noch nicht verraten…
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.