Liebe Freunde des OSM,
wenn man morgens nach einem aufregenden gestrigen Tag das dringende Gefühl verspürt, unbedingt schreiben zu müssen, kaum dass man aus dem Bett aufgestiegen ist, dann ist eins wohl gewiss: man ist eine Literatenseele, und das Schreiben und Formulieren liegt der Person im Blut, die Worte kreisen gleich feurigem Odem in ihrer Seele und wünschen sich nichts sehnlicher, als niedergeschrieben zu werden.
Tja, und so ging es mir heute früh vor ein paar Minuten. Deshalb lasst uns für eine Weile vom Oki Stanwer Mythos absentieren, und ich ziehe euch mal mit in meine Gedankenwelt des Allgemeinen, um ein wenig über das Schreiben und die Literatenseelen zu philosophieren. Ich glaube, zur Abwechslung ist das mal was ganz Nettes.
Da ihr diesen Blogeintrag ja erst am 19. April lesen werdet, ist es vielleicht nützlich, ergänzend zu bemerken, dass wir heuer, wo ich diese Zeilen formuliere, den 1. Advent 2014 schreiben, also den 30. November 2014. Das Ereignis, das mich bewogen hat, jetzt ein wenig vom Pfad des üblicherweise zu Berichtenden abzuweichen, fand gestern statt und ist noch sehr lebendig und freudig in meiner Erinnerung verankert.
Gestern war ich von einer lieben Freundin gebeten worden, ihr doch an ihrem Stand auf einem Kleinhandwerkermarkt in Wolfenbüttel Gesellschaft zu leisten. Das tat ich sehr gern, wiewohl ich nicht verhehlen möchte, dass sich bei mir gerade eine Menge termingebundene Arbeiten stauen (die sind aber, bis ihr diese Zeilen lest, allesamt Vergangenheit, darum lohnt es nicht, darauf einzugehen).
Meine Freundin versprach, ich würde dort auch eine weitere Literatin kennen lernen können, die dort erstmals einen kleinen Stand betreute, auf dem sie ihre eigenen Werke ausstellen würde. Und neugierig, wie ihr mich halt kennt, war ich darauf schon sehr gespannt.
Ach, meine Neugierde wurde in vollkommenster Weise erfüllt, kann ich versichern. Die mir unbekannte Literatin (Jahrgang 1948) und ich waren quasi sofort auf derselben Wellenlänge und kamen eifrig ins Plaudern, als würden wir uns schon recht lange kennen. Sie schreibt Gedichte und Kinderbücher, während ich… nun ja, ihr wisst, was ich so schreibe… thematisch gab es also eher keinen Konnex.
Aber die Themen sind ja nicht alles. Ehe wir uns nämlich versahen, waren wir buchstäblich im Gespräch über Gott und die Welt, besonders aber über Literaten: Sie ist Teil einer Literaturgruppe, mit der ich jüngst durch einen Zufall schon Kontakt hatte – ein direktes Treffen mit der Gruppe, das ebenfalls gestern hätte stattfinden sollen, zerschlug sich wegen terminlicher Probleme, aber das ist nur aufgeschoben – , und ich war ja bekanntlich lange Zeit Mitglied der Literaturwerkstatt Gifhorn.
So gab es dann Vergleichsmöglichkeiten. Da ich zudem als „Anfangsgeschenk“ eines meiner Gedichte mitgebracht hatte, schoss ich natürlich unabsichtlich und treffsicher einen Pfeil in ihr Dichterherz ab – ein wunderschöner Zufall, wie ich finde. Sie hatte zwar keine Ruhe, die Titelbildmappe meiner E-Books durchzuschauen und erst recht keine, meine Textprobe aus dem E-Book „Ein Passagier der R.M.S. TITANIC und andere phantastische Geschichten“ zu schmökern, aber das wird nur eine Frage der Zeit sein. Gestern war es wirklich zu wuselig an ihrem Stand in Wolfenbüttel, als dass dafür Ruhe genug gewesen wäre.
Wir sprachen ansonsten über alles Mögliche. Wie gesagt, mehrheitlich über die Verschiedenheit von Literatenseelen. Darüber, wie es doch die Leitung mancher Literatenzirkel versteht, Mitgliederneugierde abzukühlen. Wie Redaktionen, die einzelne Formulierungen in Werken vor Veröffentlichung streichen wollen, es schaffen, auf diese Weise die Publikationsbereitschaft des Autoren ganz und gar zunichte zu machen.
Empfindsame Seelen, die Literaten.
Wahrhaftig, ich habe das oft genug erlebt, und ich schätze, das ist auch ganz begreiflich. Menschen, die die Gabe besitzen, ihre flüchtigen Eindrücke aus der Umwelt in künstlerische Neukompositionen fließen zu lassen – und das ist ganz gleich, ob es sich dabei um Fotos handelt, Patchwork-Nähereien, Malereien in Pastell, Aquarell oder Tinte oder eben um Geschichten und Gedichte (all das durfte ich gestern nebst den Erschafferinnen dieser Werke erleben, und mit all diesen Künstlerinnen kam ich letztlich ins Gespräch, was ich grundsätzlich als Bereicherung empfinde) – solche Menschen laufen in einer gewissen Weise mit einer wunden Seele umher. Und natürlich sind sie dann sehr empfindlich für verständnislose Worte von Redakteuren oder banausenhaften Kritikern.
Ich würde nicht soweit gehen, zu sagen, diese Kritiker hätten in jedem einzelnen Fall Unrecht oder seien „ideologisch vernagelt“, wie es gestern mal so temperamentvoll hieß. Das fände ich ein zu barsches Urteil (ah, aber ich bin Waage, nicht wahr? Ausgleichendes Temperament und stets auf Diplomatie aus… die mal gelingt und mal dann wieder nicht). Es fehlt nämlichen Menschen einfach ein wenig an Feingefühl, an Gespür für das nervöse, empfindsame Temperament der Literaten.
Meiner Meinung nach ist es wirklich zentral, dass man Toleranz, Flexibilität und Neugierde kultiviert und insbesondere unvoreingenommen und offen auf neue Literaten zugeht. Dass man sich nicht selbst aufdrängt, sondern zunächst einmal geduldig lauscht und zuhört, das Gegenüber zu verstehen sucht in seiner individuell verschiedenen Befindlichkeit. Vielleicht fällt mir das grundsätzlich leicht, weil ich ja in meinen zahllosen Welten permanent mit neuen Leuten zusammenstoße und von Natur aus ein neugieriger Kerl bin.
Und ja, vielleicht ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die neu kennengelernte Literatin und ich uns gestern so gut verstanden, in dem Aspekt zu suchen, der mir bislang noch nicht so gut klar war: sie sagte nämlich, sie würde eine ganze Menge Literatinnen kennen, aber da gerate man leicht in eine Art von Zirkel der Selbstbespiegelung. Hingegen würden männliche Literaten buchstäblich ganz andere Aspekte einbringen, die sie als fundamentale Bereicherung verstehe.
Nein, nein, wir reden hier nicht von irgendeiner Form von sexueller Attraktion, beim besten Willen nicht. Wer schon wieder auf solche Ideen verfällt, der steckt in einer Denkschublade ganz derselben Art und Weise fest wie jene Leute, die Gedichte nur dann als Gedichte ansehen, wenn sie sich reimen. Das ist in meinen Augen Nonsens.
Es gibt auch Personen, die der strikten Auffassung sind, Männer und Frauen könnten nicht „nur“ Freunde sein und nichts sonst. Ich bin ein strikter Verfechter der Position, dass reine platonische Freundschaft zwischen Männern und Frauen, namentlich unter Künstlern, durchaus realistisch ist. Sexualität kann manchmal ein schöner Kitt einer Freundschaft sein, das will ich nicht leugnen, aber jenseits davon gibt es sehr viel mehr zu entdecken.
Nein, mit meinen zahlreichen Literatenfreundinnen, von denen ich gestern wieder eine kennen lernen konnte und bei der ich mich sehr auf ein Wiedersehen freue, verbinden mich keine erotischen Bande, sondern literarische. Und meiner Meinung nach sind dies die festeren und dauerhafteren.
Hm, bin ich vom Thema abgekommen? Ich glaube nicht. Es mag indes sein, dass ich ein wenig unsortiert bin, weil ich diesen Blogartikel nicht gründlich durchdacht habe. Aber dann habt ihr einfach mal einen Blick in den summenden Bienenstock meiner Kreativität geworfen und gesehen, wie ich emsig Wortmuster webe und wie ich über meine Mitliteraten und Mitliteratinnen denke.
Ich würde sagen, das ist auch etwas, das recht lesenswert war. Vielleicht ergibt sich beizeiten ein weiterer solcher Blick. Lasst euch einfach mal überraschen.
In der kommenden Woche erhelle ich euch an dieser Stelle dann in der Rubrik „Work in Progress“, wie es um meine Schreibaktivitäten im Januar 2015 bestellt war. Schaut doch einfach wieder rein.
Bis dann, mit
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.