Liebe Freunde des OSM,
heute ist mir ein wenig wie in einem Traum zumute, und ich glaube, ihr könnt das ein kleines bisschen nachempfinden, wenn ich diesen Beitrag schließe. Ich möchte etwas über meinen aktuellen Aufenthaltsort zurzeit sagen und wie ich dorthin gelangte. Natürlich, rein physisch sitze ich in Braunschweig in meinem Arbeitszimmer, lausche dem Album „Delta Machine“ von Depeche Mode oder der Singles-Collection von Kim Wilde, aber in Gedanken bin ich vollkommen abgedriftet und in einer anderen Welt daheim, bei guten Freunden…
Alles fing gegen Anfang Oktober an.
Damals, vor rund drei Wochen also – dieser Blog erscheint ja mit ein paar Monaten Verzögerung – beschäftigte mich rege die Vorbereitung für meine Lesung in Dettum am 8. Oktober (vgl. dazu auch meinen „Lesungs-Blog 1“ vom 9. Oktober 2014). Dieser Event war ein voller Erfolg.
Parallel dazu war ich mit mehreren anderen Angelegenheiten beschäftigt. So brachte mich die Umorganisation meines E-Book-Programms etwas aus dem Takt (was definitiv nicht meinem neuen Partner anzulasten ist; sollte das irgendwo mal so geklungen haben, war das ein Versehen meinerseits). Und dann arbeitete ich ja noch an zwei wichtigen OSM-Bänden.
Zum einen stand ich kurz vor der Vollendung des TI-Bandes 16, des Romans „Abenteurerherz“, der nach der aktuellen Planung bereits erschienen sein sollte, bis ihr diese Zeilen lest. Und dieser Band, mein 22. reguläres E-Book, wurde dann tatsächlich erst am 13. Oktober fertig gestellt, mitten in der „Geburtstagssaison“ und vier Tage vor meinem eigenen Geburtstag. Es handelte sich dabei um den Band 1724 des Oki Stanwer Mythos.
Ihr ahnt, was dann anstand, nicht wahr? Richtig, Band 1725. Und wie das immer so mit „kleinen“ Jubiläumsbänden ist, brauchen die mehr Zeit und stellen gewisse Schwellen im kreativen Bilderfluss dar. Auch Band 1725 – es handelt sich dabei um Band 63 des KONFLIKTS 19 „Oki Stanwer – Der Missionar“, Eigentitel: „Gekapert!“ – bildete solch eine Schwelle, die mich im sonst geschwinden Arbeiten etwas stocken ließ. Mein Geburtstag brachte die nächste Stockung mit sich.
Dennoch: Band 1725 wurde dann mit seinem hochdramatischen Ende am 18. Oktober beendet und ausgedruckt. Und dann tat ich in der Folge etwas, was ich schon sehr lange machen wollte… ich gönnte mir eine Entspannung, wohl wissend, dass sie vielleicht riskant sein könnte.
Ich zog einen roten Ordner aus meinem „Archipel“-Regal und begann zu lesen. Und binnen Stundenfrist, ungelogen, verfiel ich wieder dem Zauber des Archipels. Das ging so unglaublich schnell, dass ich das immer noch nicht recht fassen kann.
Der Roman, den ich zu lesen begann und den ich tatsächlich seit vier Jahren nicht mehr genauer angeschaut habe, heißt „Rhondas Reifejahre“. Ich habe zwischen Januar 2002 und April 2010 daran geschrieben, und ihr werdet euch vielleicht entsinnen, dass ich mal andeutete, der Handlungsbogen dieses Buches sei noch nicht vollkommen abgeschlossen. Das stimmt tatsächlich.
Es spielte auf einmal keine Rolle mehr. Nichts spielte mehr eine Rolle, wirklich, gar nichts.
Das E-Book-Programm? Kann ein wenig warten, dachte ich.
Korrespondenz wegsortieren? Später.
Briefe beantworten? Na ja… die werden nicht schlecht… später.
Mails anschauen? Mal sehen, heute nicht, morgen vielleicht… oder übermorgen…
Ernstlich, Freunde, mich überkam eine derartige wunderbare Seelenruhe und warmherzige Dankbarkeit, dass es diese Ordner voll erlebter Archipelgeschichte gab… mir fehlen da ein wenig die Worte, zu beschreiben, was ich empfinde, wenn ich das alles lese.
Der Ort, an dem ich mich gedanklich aufhalte, ist der „Garten der Neeli“ in der tropischen Archipel-Hauptstadt Asmaar-Len auf der Insel Coorin-Yaan. Jener Ort, an dem das geheimnisvolle Mädchen Rhonda mit all ihren närrischen, liebenswerten, voller Überraschung steckenden Freundinnen und Bekannten lebt, und ebenso wie sie machte ich damals, als ich diese Seiten beschriftete – Aberhunderte davon anfangs, nachher waren es, ungelogen, Tausende – , eine faszinierende Reifezeit durch.
Es ist Rhondas zweites Lebensjahr im Refugium des Maklers Panjit al Choor, im „Garten der Neeli“ also. Sie selbst ist inzwischen etwa zwölf Jahre alt und entwickelt sich, ohne das eigentlich zu wollen, zu einem ernsten Problem. Auf der Oberfläche sieht das weder sie noch irgendwer ihrer leichtlebigen Freundinnen. Aber sie hat noch nicht realisiert, an was für einem Ort sie sich befindet.
Der Makler Panjit al Choor ist in einer prekären Situation, nicht allein wegen seiner geschiedenen Ehe mit der Adeligen Melissa Vollash, er ist zudem mit seinem Haushalt Brennpunkt juristischer Auseinandersetzungen, die ihn durchaus Kopf und Kragen kosten können… und das Zünglein an der Waage ist die arglose Rhonda. Ein Mädchen, das ihm aus dem Urwald Coorin-Yaans zugelaufen ist und keinen blassen Schimmer hat, dass es den modus vivendi in Asmaar-Len bedroht.
Und dann ist da noch Rhondas innige Liebe zu Panjits Haushälterin Carina… deren vollen Namen Carina al Cooresh sie jetzt erst erfährt. Dass ihr Vater indes Vaased al Cooresh ist, zugleich der Kommandant der Stadtwache von Asmaar-Len, der sich lange Jahre strikt dagegen gesträubt hat, dass seine einzige Tochter in Panjits Haushalt einzieht… davon hat Rhonda absolut keine Ahnung.
Sie weiß auch nichts davon, dass der Tempel der Neeli und seine Orakelpriesterin, ihre ganz eigenen Pläne mit Rhonda und dem „Garten der Neeli“ verfolgen. Und erst recht kann das Mädchen nicht ahnen, welche Rolle der unscheinbare Greis Gunhoor im Haushalt Panjit al Choors spielt und in welcher Verbindung er zu der Vergangenheit Asmaar-Lens steht.
Eine Vergangenheit, das sei angedeutet, die weder tot noch vergessen ist.
Rhonda selbst wird von der eigenen Vergangenheit in diesem Roman eingeholt, auf eine grässliche, intrigantenhafte Weise, die fast ihr Schicksal ruiniert… und bald nach einem Orkan, der sich über Asmaar-Len austobt, muss Rhonda durch einen dummen Zufall auch noch eine ungeheuerliche Entdeckung machen, die die innenpolitische Lage der Archipel-Hauptstadt geradewegs eskalieren lässt.
Rhonda findet die legendären „Heiligtümer von Cooriday“, unermessliche sakrale Schätze, die seit Jahrzehnten spurlos verschwunden sind und die den herrschenden Adelsclans von Asmaar-Lens – zum Teil erklärten Gegnern Panjit al Choors! – recht eigentlich gehören. Damit ist sie endgültig, ungeachtet ihres geringen Alters, mitten in der turbulenten Innenpolitik Asmaar-Lens angelangt, was sie sehr verschreckt.
Doch nun kann sie nicht mehr ausweichen und wird selbst zum Spielball der entfesselten Intrigen und doppelbödigen Planspiele. Es scheint nur eine Frage von Monaten zu sein, ehe sie völlig ruiniert ist…
Geschieht das? Ach, ich mag das nicht verraten. Ich sagte ja, der Handlungsbogen ist nicht völlig beendet worden, aber die Ereignislinien zeigen in eine positive Richtung… für manche Personen jedenfalls. Andere finden es schrecklich, dass die intelligente, doch naive und sehr gläubige Rhonda so sehr manipuliert wird. Wirklichen Aufschluss darüber wird dann erst der dritte Rhonda-Roman geben, denke ich, „Rhondas Aufstieg“, von dem ja schon ein paar hundert Planungsseiten existieren (allerdings erst 63 fertige Skriptseiten).
Doch, je tiefer ich in die Lektüre dieses Werkes eindringe, desto mehr erweist es sich als striktes Erfordernis, an dem dritten Rhonda-Roman zu arbeiten. Es gibt noch soviel zu erzählen… doch vorher gilt es, den zweiten Rhonda-Roman auszulesen.
Das scheint aber nicht so schwierig zu sein, wie ich jahrelang annahm. Warum nicht? Nun, schaut euch das doch nur mal selbst an: Ich habe am 18. Oktober damit begonnen, also effektiv vor drei Tagen, und inzwischen bin ich mehr als zweitausend Seiten tief in die Geschichte eingedrungen, die in keiner Weise langweilig wird (der gesamte Roman hat 3702 anderthalbzeilige Manuskriptseiten, sollte ich vielleicht erwähnen). Allein am 20. Oktober habe ich deutlich mehr als 500 Seiten daran gelesen und diese Lektüre wirklich allem anderen vorgezogen.
Vorhin gelangte ich bis zu der schrecklichen Sturmszene, die über Asmaar-Len dahinfegte und zu den grauenhaften Nachwirkungen… und es riss mich so mit, dass ich ein wenig pausieren musste, um nicht wieder vor Rührung feuchte Augen zu bekommen (ah, ich flunkere, ich HATTE feuchte Augen! Warum soll ich euch das verschweigen?).
Alles, was mit den „Heiligtümern von Cooriday“ zu tun hat, liegt noch vor mir, und die Enthüllung der wahren Intentionen des Vollash-Clans, ein Teil der Rolle des alten Gunhoor (mehr darüber steht dann im dritten Rhonda-Roman, die Szenen sind teilweise schon anno 2011 formuliert worden, und sie sind echt heftig für Archipel-Verhältnisse!). Und ich freue mich unbändig darauf, das alles wieder zu lesen.
Es ist phantastisch auf eine weitere Weise: man sollte doch denken, dass während einer Schreibzeit von acht Jahren (!) gewisse inhaltliche oder stilistische Brüche auftreten könnten. Oder dass ich, mit einem Abstand von mehr als 10 Jahren zu den Anfangsseiten, sagen könnte, dies oder jenes gefiele mir nicht mehr, das bekäme ich heute besser hin…
Ich habe mich seither fraglos gut weiterentwickelt. Aber, ernsthaft, Freunde – auch am Anfang habe ich stilistisch so gut wie überhaupt nichts auszusetzen. Vielmehr bin ich unglaublich verblüfft darüber, was auf diesen Seiten alles so steht. Manche Wendungen sind mir völlig entfallen.
Das ist nur halb so überraschend, wie ihr vielleicht jetzt denken mögt. Bedenkt nämlich, dass ich ein intuitiver Autor bin, der dem Fluss der Bilder unterliegt. Vieles entsteht einfach so, quillt aus meiner Seele wie Wasser aus einem tiefen, kühlen Quell, und in diesem Schreibrausch bleibt dann wenig langfristig haften. Es ist indes faszinierend, wie konsistent das alles geworden ist, wie lebendig Rhonda und ihre Freundinnen oder auch so herzensgute Personen wie der etwas beschränkte Wächter Thauwyn oder der hünenhafte Bäcker Gwannish zum Vorschein kommen.
Schweigen wir von Asmaar-Len selbst und den faszinierenden Details, die Rhonda dort entdeckt und mir so mitteilt. Asmaar-Len ist eine höchst beeindruckende, hoch komplexe Stadt mit Strukturen, die Rhonda und ich gerade erst entdecken lernen. Das Städtische Bauamt etwa, den Baumeister Antaganash, die Zirkel in den Häusern Asmaar-Lens. Die Stadtwache und ihre Struktur. Die kniffligen Verbindungslinien zwischen den Adelshäusern. Geldwirtschaft. Psychologische „Kriegführung“ zwischen den Verantwortlichen des „Gartens der Neeli“ und den Gästen der wöchentlichen Feste.
Da kann man wirklich buchstäblich in jeder Unterhaltung über unerwartete Fakten stolpern, und Rhonda muss sich bald sehr zusammenreißen, ihrem kühnen Fragen und ihrer kessen Art Zügel anzulegen… im eigenen Interesse.
Ich bin sehr dankbar dafür, dass dieses Werk so wunderbar geraten ist, wie es ist. Dass ich hier mühelos über viele Stunden hinweg Hunderte von Seiten lang einfach diesem Traum der Archipel-Hauptstadt Asmaar-Len verfallen darf und das Vergnügen noch eine ganze Weile lang nicht endet. Ihr macht euch keine Vorstellung, wie toll das ist. Wie stolz es mich macht, imstande gewesen zu sein, diese Geschichte aufzuschreiben. Das kann echt nicht jeder.
Ob ihr sie beizeiten mal lesen werdet? Nun, das kann ich noch nicht versprechen. Wenn ich daran denke, dass jüngst ein Leser mir gegenüber meinte – allerdings ist das bislang eine Einzelmeinung – , dass der sehr viel kürzere OSM-Roman „Die schamlose Frau“ eine Art „Monstrum“ dargestellt habe, das irgendwie nicht zu meinen bisherigen E-Books passte, so zögere ich sehr, euch solche „Schwergewichte“ von Archipel-Romanen zugänglich zu machen. „Rhondas Reifejahre“ würde wahrscheinlich dann sowieso auf mehrere Veröffentlichungen verteilt werden.
Jedoch habe ich schon vor, euch Archipel-Geschichten zu lesen zu geben. Eine erste werdet ihr in diesem Jahr in der dritten Storysammlung vorfinden. Und je nachdem, wie das ankommt, können wir schauen, ob ihr noch mehr davon lesen mögt. Wie ich schon gelegentlich andeutete: die naive Liebesreligion der Göttin Neeli und ihres Gemahls Laraykos ist in der sozialen Umsetzung doch… recht gewöhnungsbedürftig.
Wir werden sehen.
Momentan begnüge ich mich aber damit, weiter durch die Gassen von Asmaar-Len zu schlendern und Rhondas Weg zu verfolgen. Mal schauen, wie lange das noch so währt.
Wir sehen uns in einer Woche an diesem Ort, meine Freunde!
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.