Liebe Freunde des OSM,
vor neun Wochen, am 14. Dezember vergangenen Jahres, da schwenkte ich in der Berichterstattung über die früheren Illustratoren und Illustrationen des Oki Stanwer Mythos von KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (OSH, 1982-1985) um zum folgenden KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ (FdC, 1983-1988). Ich landete im Blogartikel 93 also bei dem bis heute engagiertesten und eifrigsten Illustrator meiner Werke, nämlich bei Lars Vollbrecht, mit dem ich seit Beginn meiner E-Book-Pläne wieder in Kontakt stehe.
Gelobt sei das world wide web, das es möglich macht, verschollene Freunde, die inzwischen selbst in der digitalen Welt aktiv sind, aufzuspüren und alte Freundschaften zu erneuern. Bei Lars ist mir das hervorragend gelungen, zum beiderseitigen Nutzen, würde ich sagen, und wer weiß, welche Altkontakte auf diese Weise noch einmal reaktiviert werden. Die Kenntnisreichweite des Oki Stanwer Mythos nimmt ja stetig zu…
Ich schrieb, Lars habe eine ganze Menge Titelbilder für den KONFLIKT 14 gezeichnet, was stimmt. Nach einem optischen Abgleich zwischen meinen eigenen Titelbildern für FdC und den Werken, die Lars in Schwarzweiß zeichnete und die mir in Kopie allesamt noch vorliegen, kann ich sagen, dass das durchgängige Strukturmoment wirklich darin bestanden hat, dass er auf Basis vorliegender Coverkopien eine Optimierung gemäß seinen erheblich besseren grafischen Talenten vorgenommen hat.
Das nächste Titelbild, das er zeichnete, was ich beschreiben möchte, ist das für Band 7 der FdC-Serie, „Angriff auf das Orakel“. Kurze Inhaltsskizze zum Verständnis des Motivs: FdC 7 handelt auf dem Planeten Yurok, einer wichtigen Welt des Cranyaa-Imperiums in der Galaxis Hun’arc. Hier wurde 700 Jahre zuvor das so genannte „Orakel der Cranyaa“ entdeckt, die erste Helferin des Lichts, deren prophetische Gaben das moderne Reich der Cranyaa schaffen halfen (beschrieben in FdC 1: „Der erste Helfer des Lichts“, 1983).
Jetzt erfolgt auf die Residenz des Orakels, die so genannte „Orakelzinne“ ein Angriff. Der Dämon Ormun von TOTAM erscheint hier als nahezu substanzloser Schemen und verwundet die Helferin des Lichts tödlich, ehe er von den Abwehrmechanismen der Zinne zurückgeschlagen werden kann. Auf Lars´ Bild erkennt man nun einen etwas blumig gezackten, annähernd quadratischen Ausschnitt vor ganz schwarzem Hintergrund. Rechts in diesem Ausschnitt ist ein auf der Schmalseite stehender dunkler Kreis zu erkennen, aus dem nach links Tentakel züngeln.
Auf der gegenüberliegenden Seite erkennt man den Dämon Ormun, eine Art Kapuzinergestalt, von dessen „Gesicht“ nur zwei Augensilhouetten in der Schwärze unter der Kapuze zu erkennen sind. Aus ihnen schießen dünne Strahlen in das schwarze Oval. Unterhalb der Kapuze ist ein stilisierter Totenschädel auf schwarzem Hintergrund zu erkennen, der wie eine Brosche wirkt.
Gar nicht mal so schlecht getroffen für 1987.
Die Arbeit am OSM ging mit dem Cover für FdC 8: „Rookax´ Coup“ weiter. Bekanntlich ist Rookax eine der sechzehn Dämonenwaffen von TOTAM, und ich beschrieb in jener Episode etwas über Rookax´ Vorgeschichte in Hun’arc. Dieses Wissen fließt aus dem sterbenden Orakel in den Cranyaa Kama-Ke, den Kommandanten der Orakelwache, der nach dem Angriff des Dämons Ormun zuerst vor Ort ist.
Damals war mir durchweg unklar, wie das Orakel an solche Informationen kommen konnte, aber heutzutage, wo ich die Serie partiell abgeschrieben und via Fußnoten im Lichte des modernen OSM durchleuchtet habe, sind mir die Sachverhalte etwas klarer… nein, das ist etwas für wirklich fortgeschrittene Kosmologie-Lektionen, meine Freunde. Darüber muss ich hier und heute noch den Mantel des Schweigens breiten. Aber ihr wollt doch hier auch mehr über die OSM-Bilder erfahren, oder?
Na also.
Weiter im Plan: Kama-Ke erfährt von dem sterbenden Orakel, dass Rookax vor langen Jahrtausenden ins Innere der Galaxis Hun’arc eingeschleust wurde, als ein gigantischer Klotz aus TOTAM-Kristall. Über einer Vulkanwelt zerbarst Rookax aber in Zehntausende von Trümmer und wurde über den Planeten verstreut. Von hier aus, von der so genannten „Düsterwelt“, sandte er seine Sirenenimpulse aus und lockte schließlich ein in stellarer Nähe lebendes Volk an, die Soogrer.
Die Soogrer, tropfengestaltige Biologen und Biotechniker, sind eine friedfertige Spezies, die von Rookax unterjocht werden und die Keimzelle seines neuen Reiches werden, das letztlich TOTAM dienen soll.
Lars´ Bild zeigt nun fast flächendeckend die düstere Vulkanwelt mit den lodernden Glutbergen und einer schwarzweiß gescheckten Oberfläche. An einigen dunklen Stellen, die wohl Wasser signalisieren sollen, kann man herausragende Kristallstelen, Trümmerstücke der Dämonenwaffe, erkennen. Im Bildvordergrund landet ein Tropfenraumer der Soogrer gerade auf der Oberfläche.
Sehr schöner Inhaltsbezug, selbst nach fast 30 Jahren immer noch beeindruckend anzusehen. Doch die wirklich schönen Werke sollten erst noch kommen.
Das Titelbild von FdC 9: „Unter der Knechtschaft des Bösen“ (1983) ist so ein schönes Ding. Der Inhalt ist leicht erzählt:
Die Orakelerinnerungen gehen weiter. Kama-Ke und sein Gefährte Olom-Ra befinden sich im Auftrag des toten Orakels auf dem Weg zum Rand der Galaxis Hun’arc, wo sie den dritten Helfer des Lichts, Klivies Kleines (!) finden sollen. Kama-Ke träumt derweil weiter von den Erinnerungen des Orakels.
Nach der „Machtergreifung“ der Dämonenwaffe Rookax auf Senaax, der Heimatwelt der Soogrer – mit der „Düsterwelt“ verfügt das dämonische Wesen so schon über zwei Basen – entwickeln die Biotechniker ein neues Kunstvolk in Rookax´ Auftrag, die so genannten Tsoffags. Das sind jene Wesen, die viele Jahrhunderte später das Reich der Cranyaa existenziell bedrohen werden.
Die Tsoffags sind auf den ersten Blick hilflose Gespinste organischer Substanz, jedoch mit enormen Parakräften ausgestattet. Rookax lässt sich jedoch davon überzeugen, dass diese Wesen, sobald sie anstelle von Leitungsbahnen in autonome Raumschiffe, silberne Schollenraumer, installiert worden sind, lebende Raumfahrzeuge und machtvolle Waffen darstellen. So erschaffen die Soogrer mit den Tsoffags das zweite Dienervolk der Dämonenwaffe.
Sobald die Tsoffags einsatzbereit sind, durchkämmen sie die nahen Sonnensysteme um die „Düsterwelt“ und entdecken in der Tat bald eine systemische Raumfahrtzivilisation, nämlich die der nonhumanoiden Mogolker. Durch baldigen Transport von Rookax-Stelen unterwirft Rookax auch dieses Volk. Das ist im Kern der Inhalt dieser Episode, damit enden die Erinnerungen des Orakels und seine mentale Essenz erlischt endgültig.
Lars zeigte nun auf schön dargestellte Weise den Anflug eines Tsoffag-Geschwaders – diesmal besser getroffen als noch auf dem Cover von Band 6 – auf den Planeten Vo’hoccl der Mogolker. Man sieht einen wundervoll dicht schraffierten Weltraum, der das Gros des Bildes ausfüllt. Oben links eine durch die Schraffur angedeutete Sonne, mittig am rechten Bildrand eine tolle Planetensilhouette in minimalistischer Manier, darunter weitgehend weißer Raum mit den von links unten aus anfliegenden sieben Tsoffag-Schiffen. Im Dunkel und im Weiß eingestreut sind Monde zu erkennen.
Famos, ich war damals schwer begeistert. Ich bin eben ein Fan klarer Linienführung, wie sie Leute wie Roger Leloup oder Hergé oder Edgar P. Jacobs vertreten und vertreten haben.
Dass Lars noch ganz andere Zeichenstile drauf hatte, sollte ich noch erleben. Aber diese ersten paar Cover gefielen mir schon mächtig. Mehr zu ihnen bekommt ihr dann in Teil 7 dieser Artikelreihe erläutert. Und wer weiß, vielleicht kann ich Lars ja irgendwann mal dazu überreden, diese Bilder als Teil einer weiteren Galerie auf meiner Homepage zuzulassen, dann könnt ihr euch die beschriebenen Bilder selbst anschauen.
In der kommenden Woche findet ihr an dieser Stelle meinen Rückblick über die Arbeiten am Oki Stanwer Mythos im Monat November 2014. Schaut doch einfach wieder rein.
Oki Stanwers Gruß,
euer Uwe.