Rezensions-Blog 512: Das Geisterschiff

Posted Juni 11th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

seit nunmehr über 150 Jahren geistert im fast buchstäblichen Sinne eine Legende durch die Weltgeschichte, die durch Mangel an faktenbasierten Zeitzeugnissen, Verschleierungstaktik und reger Phantasie von erregten Lesern und Autoren immer mehr zu einer ungeheuerlichen Geschichte aufgebläht wurde. Das ist absolut nichts Singuläres, und selbst in der heutigen Zeit der überhitzten sozialen Medien, die selbst hartnäckigste und schnell widerlegte Lügen penetrant beharrlich an der Oberflä­che des Diskurses schwimmen lassen wie eklige Fettaugen auf der Suppe, ist niemand dagegen gefeit, solchen Legenden auf den Leim zu gehen. Der amerikanische Wahlkampf 2024 hat das ja mal wieder deutlich gezeigt.

Das hier ist weniger politisch als nautisch-naturwissenschaftlich relevant. Es geht sowohl um ein Seeunglück als auch um des­sen hypertrophe mediale Ausschlachtung, die man um so gründlicher und erfolgreicher nennen muss, als anfangs – und wir reden da von den ersten paar Jahrzehnten nach dem Vorfall! – kaum korrekte Informationen für die Öffentlichkeit zur Verfü­gung standen.

Wie immer, wenn so etwas geschieht, bildet sich die öffentliche Meinung rasch ihre eigene Sicht der Dinge, mitunter ist es auch eine blanke Einbildung. Und so wurde aus dem Havaristen Mary Celeste „das Geisterschiff“.

Was damals – höchstwahrscheinlich – anno 1872 im Atlantik ge­schah, darüber erfahrt ihr nun mehr:

Das Geisterschiff

von Eigel Wiese

Bastei 64195

192 Seiten, TB

September 2003, 7.90 Euro

ISBN 3-404-64195-7

Man schreibt den 5. Dezember des Jahres 1872, als das Segel­schiff DEI GRATIA vor Madeira ein fremdes Segel sichtet. Die Brigg ist am 7. November von New York aus in See gestochen, und die Matrosen freuen sich auf den Kontakt mit dem anderen Segler, um ein wenig Neuigkeiten auszutauschen. Doch statt­dessen haben sie eine Begegnung mit einem buchstäblichen Geisterschiff. Und ehe sie begreifen, was geschieht, legen sie den Grundstein zu einem Mythos der Seefahrt.

Das Schiff, dem sie begegnen, ist die Mary Celeste, die unter dem Kommando des jungen, aber erfahrenen Benjamin Spoo­ner Briggs am 15. November von New York aus gestartet ist. An Bord waren zusammen mit Briggs und seiner Frau sowie der zweijährigen Tochter noch sieben Matrosen. Kapitän David Reed Morehouse von der DEI GRATIA weiß das deshalb so ge­nau, weil er mit den Leuten und dem Kapitän der Mary Celeste im Hafen noch gesprochen hat. Die Mary Celeste ist mit einer Ladung Alkohol unterwegs nach Genua, doch diesen Hafen soll sie erst als Legende erreichen.

Die Mary Celeste macht einen völlig normalen Eindruck, wenn man davon absieht, dass niemand zu sehen ist und auch keine Menschenseele auf die Signale reagiert, die man gibt. Schließ­lich lässt Morehouse sein Schiff beidrehen und ein Prisenkom­mando an Bord senden. Was die drei entsandten Matrosen fin­den, macht die Sache nur gespenstischer:

Alles an Deck ist relativ aufgeräumt, lediglich die Ladeluken sind geöffnet, sodass sich in der Bilge Wasser gesammelt hat und schwappt. Allerdings ist es nicht sonderlich viel. Die Kom­passsäule ist umgestürzt, das Deckglas zerstört. Das Steuerru­der ist nicht befestigt, das Ruder selbst aber offensichtlich völlig in Ordnung. Einige Unordnung herrscht in der Takelage, das Bei­boot fehlt. Im Schanzkleid gibt es einige seltsame, unerklärliche Einschnitte, auch außen am Schiffsrumpf ist das der Fall.

Unter Deck finden sie ungemachte Betten, aber keinerlei Hin­weise, die auf ein Verbrechen schließen lassen. Einige Navigati­onsinstrumente fehlen, aber keine Vorräte, der Safe ist unange­tastet, die Ladung intakt. Die letzte Eintragung des gewissen­haften, streng christlichen Kapitäns betrifft den 25. November 1872. Das Wetter war an diesem Tag ausgezeichnet, das Meer äußerst ruhig. Es gibt keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Katastrophen. Was immer geschehen ist, muss die Besat­zung förmlich überwältigt und in Panik von Bord vertrieben ha­ben. Aber niemand kann sich vorstellen, was das gewesen sein mag.

Alles in allem ist der Vorfall völlig unerklärlich.

Kapitän Morehouse bemannt das Geisterschiff mit einer Prisen­besatzung und lässt sie nach Gibraltar segeln, wo auch sein Zielhafen liegt. Doch statt den ersehnten Finderlohn zu erhal­ten, werden sie hier prompt arretiert und geraten unter den un­geheuerlichen Verdacht, sie hätten die Besatzung der Mary Ce­leste heimtückisch gemeuchelt, um das Geld zu kassieren.

Zwar lässt sich der gelegentlich hysterische Züge annehmende Verdacht des Generalstaatsanwalts Frederick Solly Flood auch in den nächsten Jahren nicht erhärten, doch da die Mari­neuntersuchungsakten volle 70 Jahre (!) unter Verschluss blei­ben, geraten nur die wirrsten und widersprüchlichsten Erkennt­nisse und Gerüchte an die Presse. Die Journalisten und Schrift­steller sowie Möchtegern-Schriftsteller stürzen sich nur zu be­reitwillig auf diese Story.

Da gibt es die Version, die Mary Celeste sei während ihrer Über­fahrt in die Nähe eines mordlüsternen Riesenkraken geraten, der einen Seemann nach dem nächsten über Bord gerissen habe. So ließen sich auch die Einschnitte am Schanzkleid erklä­ren – verzweifelte Beilhiebe der Matrosen, die das Ungetüm ab­zuwehren versuchten.

Eine andere Version berichtet von einem Piratenüberfall, der von geflüchteten Sklaven durchgeführt worden sei, die darauf­hin das Schiff an die afrikanische Küste gesteuert, die Besat­zung gemeuchelt oder entführt und das Schiff wieder freigege­ben hätten. Dass sich das überhaupt nicht mit dem Logbuch oder dem unberührten Schiffssafe verträgt, wird ignoriert. In ei­ner 1913 aufgegossenen Neuversion der Überfallgeschichte werden aus den Schwarzen Sombrero tragende, bärtige Gesel­len, die man unschwer als eine hysterische Kopie aus dem ame­rikanisch-mexikanischen Krieg erkennen kann, der erst kurze Zeit zurück liegt.

Dann wieder spekuliert man auf ein jähes Unwetter (was aber die auch damals schon zugänglichen Wetterberichte schlagend widerlegen), religiöser Wahnsinn wird zur Ursache erklärt, letzt­lich werden noch unterseeische Vulkanausbrüche, giftige Gase und vieles andere als mögliche Erklärung des Rätsels angeführt. Vielleicht hat ja auch die Frau an Bord Unglück gebracht? Frau­en auf Schiffen bringen, einem uralten Aberglauben zufolge, stets Unglück …

Doch je mehr man spekuliert, desto nebulöser und rätselhafter wird die Geschichte. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Journa­listen und Schriftsteller – darunter ein damals noch relativ unbe­kannter Arthur Conan Doyle – munter Details erfinden, um die Geschichte zu dramatisieren (etwa noch dampfendes Mit­tagessen oder Kaffee). Munter erfinden die sensationslüsternen Interpretatoren fiktive Besatzungsmitglieder, blinde Passagiere und ähnliches. Einer Lösung kommen sie alle nicht näher.

Dabei sagt schon wenige Jahrzehnte nach dem Vorfall ein Inter­pret völlig richtig, wenn man sich dem nähern wolle, was da­mals wohl wirklich passiert sein könnte, dann müsse man ein­fach mehr Details über die beteiligten Personen wissen. Und als schließlich der freie Journalist und Schriftsteller Eigel Wiese aus Hamburg sich des Mary Celeste-Rätsels annimmt, tut er genau das und findet schließlich nach 130 Jahren die Lösung für das Mysterium …

Als ich selbst das erste Mal auf die Mary Celeste stieß, schrieb man etwa das Jahr 1983 oder 1984. Der Name des Schiffes fiel damals im Zusammenhang mit dem Bermuda-Dreieck und rät­selhaften Ereignissen auf See. Obgleich natürlich das Bermuda-Dreieck nicht bis zu den Azoren reicht, war das besatzungslose Geisterschiff Mary Celeste sozusagen der Prototyp für solches Rätsel. Es ist also verständlich, dass ich sofort darauf ansprang, als ich dieses Buch entdeckte. Und dass ich es innerhalb von anderthalb Tagen „verschlang“.

Die beklemmende Lösung hat vieles für sich, wenngleich sie, für sich genommen, nicht richtig phantastisch ist, schon gar nicht so phantastisch, wie es einst Philip José Farmer in seinem Ro­man „Das echte Log des Phileas Fogg“ (Heyne 3980) dargestellt hat. Einerlei. Die langsame Entfaltung der Details, das Aufdrö­seln der einzelnen Hypothesen und ihr genüssliches Widerlegen durch Herausstellen der Widersprüche hat seinen unbestreitba­ren Reiz. Der Autor Wiese kann solide und packend schreiben, er bringt auch dem Laien die nautischen Fachbegriffe nahe, ein Glossar ergänzt das Buch, desselben Skizzen und Zeichnungen sowie zeitgenössische Fotos von den Protagonisten, sodass man sich ein gutes Bild dessen machen kann, was dort geschah.

Wer einmal erfahren möchte, was Menschen aus einer rätselhaf­ten Begebenheit machen und wie diese sich letztlich durch mehr oder minder phantastische Ausschmückungen zur schein­bar unentwirrbaren Legende verknäult, der ist hier genau rich­tig. Und am Ende sieht man das Meer mit anderen Augen, und natürlich auch das Geisterschiff Mary Celeste

© 2005 by Uwe Lammers

Ich habe oben aus gutem Grund die Lösung nicht geliefert. Eine Rezension soll ja nicht originär dazu führen, dass man sie als Er­satzlektüre für das Buch selbst missbraucht. Aber ich kann euch beruhigen – die Lektüre lohnt sich unbedingt, so desillusionie­rend sie vielleicht auch für den munteren Verschwörungstheore­tiker sein mag. Denn die spannendsten Geschichten schreiben eben nicht jene Leute, die in rätselhafte Ereignisse mystizisti­sche Geheimnisse hineinprojizieren. Die spannendsten Ge­schichten schreibt immer noch das Leben selbst, und damit meine ich dann in der Aufarbeitung der Geschehnisse die realen Fakten, die nach und nach ein dramatisches Bild der damaligen Ereignisse sichtbar machen, das der Fiktion kaum nachsteht.

In der nächsten Woche erleben wir mal wieder ein rasantes Abenteuergarn des Fargo-Schatzsucher-Ehepaars aus der Feder eines Clive Cussler-Epigonen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

und wieder sind ein paar Wochen ins Land gestrichen … okay, ein paar Monate, eingestanden. Das gilt zumindest für euch, nicht für mich – denn ebenso wie den vorherigen Teil (Blogarti­kel 607!) dieser Artikelreihe schreibe ich diesen Beitrag am glei­chen 1. März 2025. Das hat damit zu tun, dass die Gedanken zurzeit wunderbar fließen und ich diesen Moment entsprechend zu nutzen gedenke.

Während ich im letzten Beitrag der Reihe doch eher politisch-skeptisch unterwegs war, möchte ich heute einen anderen Ge­danken ventilieren. Und natürlich hat er mit dem Autoren-Nach­lassarchiv-Projekt zu tun, selbstverständlich.

Schon vor vielen Monaten begegnete mir im Gespräch mit ei­nem Autor ein Standpunkt, der mich etwas konsternierte und der mich zum Nachdenken brachte. Und je länger ich darüber sinnierte, desto mehr kam ich zu dem Schluss, dass es sich um ein kurzsichtiges Statement handelt, das verschiedene Ursa­chen haben kann und das gründliches Durchdenken angebracht erscheinen lässt.

Es ist doch so: Wir begegnen ständig antagonistischen Weltsich­ten, wenn wir Gespräche mit anderen Menschen führen. Uns mag ihre politische Einstellung vielleicht nicht gefallen, mögli­cherweise ist unsere Haltung zu allgemeinen Themen nicht kon­gruent, vielleicht ecken sie oder wir damit im Gespräch an. So etwas kommt vor. Widersprüche muss man aushalten können, mit Kritik sollte man als erwachsener Mensch umgehen können, als gestandener Demokrat sowieso.

Von Denkverboten halte ich in dieser Hinsicht wenig. Das führt in der Regel zu engstirnigem, dogmatischem Denken, verstei­nert die Weltsicht und hat üblicherweise eine unangemessene Polarisierung im Gefolge. Nicht selten führt das auch politisch zu falschen Wahlentscheidungen, wie wir beispielsweise in der US-Wahl oder unserer vorgezogenen Bundestagswahl erkennen können. Doch nein, darauf möchte ich aktuell nicht herumrei­ten. Bis dieser Blogartikel im Sommer 2025 erscheint, sieht die Welt vielleicht schon wieder ein wenig heller aus … auch wenn, zugegeben, derzeit wenig dafür spricht.

Ich sollte beim Thema bleiben. Was war das für ein Standpunkt, von dem ich sprach? Nun, ich versuchte im Jahr 2024 verschie­dentlich, Autoren für die Idee eines Autoren-Nachlassarchivs zu begeistern. Eine Antwort hat mich dabei ziemlich vom Kurs ab­gebracht. Der gefragte Autor meinte sinngemäß: „Alles, was ich schreibe, wird auch veröffentlicht. Was ich nicht veröffentliche, kann nach meinem Tod ruhig vernichtet werden. Kümmert mich nicht weiter.“

Ich denke, ihr versteht, dass ich da erst mal schlucken musste.

Das Statement an sich ist eindeutig und nicht irgendwie unklar. Ich hielt es dennoch für falsch. Aber es dauerte lange Monate, bis ich mir darüber klar wurde, wo hier vermutlich das eigentli­che Problem liegt. Es ist vielschichtig, und ich gebe vorab schon zu, dass das, was folgt, lediglich meine eigene Mutmaßung ist und vielleicht nicht wirklich den Kern trifft. Aber das sind so die Gedanken, die mir dazu durch den Kopf gingen:

Der erste Punkt ist der der individuellen Wertschätzung des Schöpfungswerkes des jeweiligen Autors.

Der zweite Punkt ist die Frage der allgemeinen Wertigkeit jen­seits des individuellen Horizonts.

Der dritte Punkt betrifft dann die Frage, ob solch eine Position zu verallgemeinern ist und ob nicht vielmehr der Literaturbe­trieb durchaus antagonistisch dazu unterwegs ist.

Schauen wir uns die Punkte mal der Reihenfolge nach an:

Erstens – generell haben kreative Geister eine abweichende Einstellung zur Qualität ihres Werkes. Ich kenne das von einer befreundeten Künstlerin, deren Werk ich wirklich bemerkens­wert finde … sie selbst stuft es indes als „Gebrauchsgrafik“ ein und wertet es ab. Damit demontiert sie meiner Ansicht nach auch ihr eigenes Selbstwertgefühl. Meiner Ansicht nach völlig zu Unrecht.

Auch bei dem Autor, der dieses Statement von sich gab, könnte man so argumentieren: sein Selbstwertgefühl, was das Ge­schriebene angeht, mag bezüglich fertig gestellter und veröf­fentlichter Werke solide ausgeprägt sein, aber hinsichtlich der nicht vollendeten Texte ist es offenkundig unterentwickelt. Da­mit einher geht offenbar ein Verdikt, alles, was nicht zur Publi­kationsreife entwickelt werden konnte (aus welchem Grund auch immer) in Bausch und Bogen zu verwerfen und für wertlos zu halten.

Ihr kennt mich: Das ist nicht mein Standpunkt.

Zweitens – Auch hier beziehe ich mich, partiell zumindest, auf die grafische Kunst, aber ebenso auf die schriftstellerische Schiene. Ich habe es oft selbst erlebt, dass etwa Brieffreunde, die selbst nicht schreiben konnten, fasziniert waren von dem, was ich schrieb und veröffentlichte. Ebenso erging es mir oft in Lesungen.

Damit wurde deutlich, dass Leser bzw. Gäste von Lesungen ge­genüber den Verfassern/Künstlern gewissermaßen mit verschie­denen Qualitätsmaßstäben operieren. Das kann mich inzwi­schen nicht mehr überraschen. Was für die Künstler selbst viel­leicht nur zu 70 oder 80 Prozent oder weniger „gelungen“ er­scheint, wird vom Publikum, das nicht über die Basisqualifikati­on verfügt, solches zu erschaffen, grundsätzlich sehr viel höher veranschlagt.

Ich denke, hiermit ist offensichtlich, dass der individuelle Künst­ler-Tunnelblick, wie ich ihn mal nennen möchte, wenig geeignet ist, die Wertigkeit der eigenen nicht beendeten Werke zu beur­teilen. Im Zweifelsfall steht dem Künstler sein hoher Perfektions­anspruch im Weg, weswegen womöglich im Fall der Fälle schlussendlich von seiner Seite mehr an Restwerken vernichtet wird, als es tatsächlich sinnvoll ist.

Schauen wir hierzu nur mal zu Künstlern wie van Gogh oder Franz Kafka … wäre tatsächlich alles, was sie nicht zeitlebens veröffentlicht haben, vernichtet worden (wie es bei Kafka expli­zit gefordert wurde!), wäre viel wichtiges Kulturgut verloren ge­gangen.

Solchen kurzschlüssigen Gedanken kann ich mich deshalb nicht anschließen.

Drittens – auch ganz allgemein und bezogen auf den Literatur­betrieb scheint mir ein solches Diktum wenigstens problema­tisch zu sein. Wir brauchen uns hierzu nur anzuschauen, wie viele Werke nach dem Ableben von Autoren noch das Licht der Welt erblicken. Dazu brauche ich gar nicht viele Namen zu nen­nen, ein paar exemplarische mögen völlig hinreichen: Umberto Eco etwa liegt schon lange unter der Erde, Stephen Hawking, J. R. R. Tolkien, Robert Ludlum und Clive Cussler ebenso. Dennoch sind ihre Namen bei Buchveröffentlichungen nach wie vor pro­minent.

Gewiss ist es in vielen dieser Fälle so, dass prominente Namen einfach auf Bücher gedruckt werden, die allenfalls noch ein paar Gedanken oder namhafte Protagonisten des Verstorbenen mit neuen Abenteuern fortführen. Kein Zweifel, so verhält es sich fraglos. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass viele Werke aus nachgelassenen Fragmenten zu Ende entwickelt werden.

Bezogen auf meine eigenen Werke würde ich sagen, dass das meiste von dem, was ich bislang geschrieben habe, noch nicht veröffentlicht worden ist, das bezieht sich besonders auf die großen Weltentwürfe des Oki Stanwer Mythos, des Archipels, der Horrorwelt oder des Erotic Empire.

Werden diese Werke je zu meinen Lebzeiten veröffentlicht wer­den? Das kann ich nicht beurteilen. Aber sollen diese Gedanken nach meinem Ableben eine kurze Restexistenz in einem Papier­container und dann auf einer Mülldeponie fristen? Das ist zu­mindest für mich eine ziemliche Horrorvorstellung, und ich kann mir gut denken, dass das manch anderem Literaten, der diese Zeilen hier liest, sehr ähnlich gehen wird.

Deshalb ist mein Gegenstatement zu dem obigen, das mich so konsternierte, völlig klar: Ich mag ja vielleicht unangemessen stark an meinen Skripten hängen, selbst an denen, die noch nicht zur Publikationsreife geschliffen wurden. Aber meiner Mei­nung nach – wohlverstanden, das ist meine individuelle, nicht zwingend zu verallgemeinernde Ansicht – lohnen es die in die­sen unveröffentlichten Werken steckenden Gedanken durchaus, sie für die spätere Zeit zu bewahren und in einem Autoren-Nachlassarchiv zu überliefern.

Denn denken wir einfach mal ein wenig mehr an die Zukunft. Das mag ein unpopulärer Gedanke sein in der Gegenwart, wo so viele Leute in die vermeintlich „gute alte Zeit“ zurückfallen wol­len und politische Zensur und kultureller Backlash zunehmen … aber lasst euch darauf einfach einmal ein. Nehmen wir Abstand von der Eintagsfliegen-Aufmerksamkeitswelt der sozialen Medi­en und betrachten das, was ich als „long range“ bezeichnen möchte.

Wir entscheiden heute und hier, was wir für die Zukunft überlie­fern wollen. Und wie die Menschen von Morgen über unsere Ge­genwart urteilen, die kurzsichtigen, bisweilen stumpfsinnig-ängstlichen Entscheidungen, die wir fällen. Da kluge Gedanken in einem Nachlassarchiv für die Zukunft aufzubewahren, wenn die brodelnde Politik sich wieder etwas abgekühlt hat, scheint mir ein sehr kluger Gedanke zu sein.

Es wäre vielleicht unklug, jetzt solche Geschichten wie die aus meinem Archipel oder dem Erotic Empire zum aktuellen Zeit­punkt zu veröffentlichen, weil sie nicht so recht dem moralin­sauren Mainstream der Gegenwart entsprechen … aber sie dann komplett zu vernichten, ohne ihnen beizeiten die Gelegen­heit zu geben, ihre Wirkung zu entfalten, halte ich für grundver­kehrt.

Es gibt Zeiten für bestimmte Formen von Literatur, die nicht sel­ten auch mit politisch-sozialen Konjunkturen einhergehen. Und vieles hiervon ist in Zeiten wie den jetzigen eher als antizyklisch zu verstehen … aber das bedeutet nicht, dass diese Ideen ab­sterben sollen, nur weil der Autor nicht mehr am Leben ist.

Vielmehr ist ein wesentlicher Gedanke für ein Autoren-Nach­lassarchiv, genau solche Krisenfälle der Zeitläufte durch Erhalt abzupuffern. Mag es sein, dass ein Autor stirbt, ohne einen wichtigen Roman veröffentlicht zu haben. Oder mag er ein Ma­nuskript fertig gestellt haben, das nicht recht zur gegenwärti­gen Verlagspolitik passt und das deshalb in seinem Nachlass überliefert wird. Selbiges gilt möglicherweise für seine/ihre Ta­gebücher, Korrespondenz, Ideenkladden usw.

Diese Dinge fordern die Schaffung eines Autoren-Nachlassar­chivs, um diesen Kulturgutverlust – mag er von der Seite des Schöpfers der Werke selbst ausgehen, mag er von Verwandten oder ignoranten Vermietern ausgehen, die darin nur nutzloses Papier sehen – zu verhindern.

Nein, ich denke, das Statement des Autors oben, das ich sinnge­mäß eingangs wiedergab, entspricht durchaus nicht den Prinzi­pien, die ich selbst einzuhalten gedenke oder die dem Autoren-Nachlassarchiv-Projekt eigen sein werden. Mag sein, dass mein Denkhorizont utopisch und träumerisch-idealistisch ist. Von mir aus.

Die Träume sind frei, und sie sind der Möglichkeitsraum, in dem sich auch das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt zurzeit noch be­findet. Ich werde mein Möglichstes tun, beides miteinander in Deckung zu bringen. Und ich hoffe, ihr steht mir dabei zur Seite, Freunde!

Soviel für heute zu diesem Thema. In der kommenden Woche reisen wir zurück ins Jahr 2023.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 511: Rendezvous mit Übermorgen [2]

Posted Juni 4th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

mit diesem Roman kehrte der Altmeister Arthur C. Clarke in den Kosmos der Ramaner zurück. Man darf mit Fug und Recht an­nehmen, dass bis auf die schieren Grundideen die gesamte Aus­führung in den Händen des Coautors Gentry Lee gelegen hat. Das ist ein ähnliches Phänomen, wie es heutzutage – und auch schon vor dessen Ableben – mit den Subserien des Bestsellerau­tors Clive Cussler der Fall ist. Das Rezept war also schon in den 90er Jahren durchaus wirkungsvoll, wenn auch noch nicht so verbreitet.

Sieht man einmal von der Frage der originären Autorenschaft ab und lässt sich einfach auf das Abenteuer der zweiten Kontaktge­schichte mit einem ramanischen Raumschiff ein, dann steht demjenigen, der diese Geschichten noch nicht kennt, eine abso­lut spannende, packende Geschichte bevor, die den doch relativ nüchternen, schlichten (wiewohl faszinierenden) Erstkontakt aus dem ersten Roman deutlich und sehr komplex ausbaut.

Jenseits der psychologisch geschickt gezeichneten komplizier­ten Protagonisten und der leider recht plausibel dargestellten weltpolitischen Großwetterlage erfahren die Leute, die in den 70er Jahren noch händeringend mehr über die geheimnisvolle zylindrische Kunstwelt Rama erfahren wollen, außerordentlich mehr über sie. Und der Cliff-hanger am Schluss zeigt überdeut­lich, dass das noch sehr viel weitreichender ist, als man sich das zu Beginn vorstellt.

Wer glaubt, hier nur einer plumpen Wiederholung des Erstlings „Rendezvous with Rama“ beizuwohnen, sollte sich gut an­schnallen – das hier ist etwas vollkommen anderes, im sehr po­sitiven Sinn.

Auf ins Abenteuer:

Rendezvous mit Übermorgen

(OT: Rama II)

von Arthur C. Clarke und Gentry Lee

Heyne 8187

558 Seiten, TB

München 1991

Übersetzt von Roland Fleissner

ISBN 3-453-04590-4

Rund siebzig Jahre lang hat die Menschheit über dem Rätsel des außerirdischen Raumschiffs Rama gebrütet, das im Jahre 2130 das Sonnensystem durchquerte und in die Tiefen des Kosmos wieder verschwand, offenbar, ohne die Menschen, die es mit dem Raumschiff ENDEAVOUR besuchten, auch nur zu registrie­ren.

Es war klar, dass dieser eigentlich nicht direkt stattgefundene Erstkontakt die Menschheit und die kollektive Psyche erschüt­terte. Eine außerdem eingetretene katastrophale weltwirtschaft­liche Rezession mit Aufständen sowie Putschen, die letztlich Mil­lionen von Toten zur Folge hatten und in einem Erstarken funda­mentalistischer Kräfte sowie messianischer Bewegungen gipfel­ten, haben die Menschheit weiter zum Negativen hin beein­flusst. Am Schluss kam es gar zu einem nuklearen Attentat auf den charismatischen christlichen Prediger Michael von Siena, die dazu führten, dass das terrestrische Kolonialreich völlig in sich zusammenbrach und insbesondere alle Anstrengungen be­züglich der Raumfahrt stagnierten.

Als Astronomen im Jahre 2197 feststellen, dass sich erneut et­was aus den Tiefen der Galaxis dem solaren System nähert, ist man deshalb auf diesen Kontakt nicht vorbereitet. Aber in aller Eile wird eine Expedition von zwei Raumschiffen organisiert, ei­nem wissenschaftlichen und einem militärischen, die kurz nach Neujahr 2200 ein Rendezvous mit dem fremden Raumschiff her­stellen sollen. Es erweist sich als baugleich mit Rama I. Auch dieses Schiff ist ein gewaltiger Zylinder mit 16 Kilometern Weite und 60 Kilometern Länge.

Der Kontakt findet planmäßig statt und wird von einer eigenen Berichterstatterin an Bord (Francesca Sabatini) umfassend do­kumentiert. Das Innere des Rama-Raumschiffes scheint vollkom­men baugleich zu sein mit dem ersten Rama-Schiff. Doch das ist nicht das eigentliche Problem.

Das Hauptproblem liegt vielmehr in der psychologischen Dimen­sion der Besatzung der so genannten Newton-Mission.

Da ist der tief religiöse General Michael O’Toole, der von dem heiligen Michael von Siena fasziniert ist; da ist die Bordärztin und Biologin Nicole des Jardins, eine Halbafrikanerin, die allein erziehende Mutter einer fünfzehnjährigen Tochter und zudem einstige Olympionikin ist. Den Vater kennt niemand, aber Nicole hat gute Gründe dafür, ihn zu verheimlichen. Weiter findet man den genialen Rama-Forscher Takagishi, dessen höchstes Ziel es ist, einmal ein Rama-Raumschiff zu erforschen, trotz eines ge­ringfügigen Herzfehlers, der ihn eigentlich aus der Aspiranten­liste ausgesondert hätte – doch er hat die Liste manipuliert, um zum Ziel zu gelangen.

Außerdem findet sich an Bord der Mission Richard Wakefield, ein absolut genialer Mathematiker und Computerspezialist und Shakespeare-Narr, der furchtbare Komplexe hat, was Frauen an­geht. Und dann wäre da noch David Brown, fachlich höchst kompetent, aber zwischenmenschlich ein arrogantes Ekel, der nur auf seine eigene Karriere aus zu sein scheint. Ähnliches trifft auf Francesca Sabatini zu, die vor nichts zurückschreckt, um ihren eigenen Vorteil zu haben, selbst nicht vor Einsatz des ei­genen Körpers im Bett und Drogen, die sie den Crewmitgliedern verabreicht.

Das alles wird dann zum Problem, als sich das Rama-Raumschiff gar nicht so verhält, wie man es von Rama I gewohnt war. Es vollführt Manöver, die nicht vorhersehbar sind (und tötet damit, wohl unabsichtlich, den Kommandanten der Mission). Die Lich­ter im Innern gehen verfrüht an, Bioten, als Kunstwesen der Ra­maner, erscheinen in Gruppen statt vereinzelt. Als die Newton-Crew versucht, einen der Bioten aufzusammeln und einzufan­gen, wird ein Crewmitglied von einem Bioten in Stücke geschnit­ten und dies live zur Erde übertragen.

Das alles ist schon schlimm genug, doch dann verschwindet auch noch Dr. Takagishi. Nicole, die sich besonders für ihn ver­antwortlich fühlt, begibt sich nach „New York“, der Stadt im noch immer gefrorenen Zylindermeer Ramas, um ihn hier zu su­chen. Dabei erleidet sie jedoch einen Unfall und gilt seither ebenfalls als verschollen.

Unterdessen gerät die öffentliche Meinung außer Kontrolle, weil bekannt wird, dass der neue Kurs von Rama II direkt auf die Erde zielt. Xenophobe Terraner fordern daraufhin vehement, dass Rama II mit den geheim an Bord der NEWTON mitgeführ­ten Nuklearwaffen zerstört werden soll, und zwar ganz egal, ob die Verschollenen noch am Leben sind oder nicht …

Die letzten 200 Seiten des Romans handeln überwiegend vom Schicksal Nicoles in Rama II und von denjenigen, die ihr letztlich doch noch zu Hilfe kommen. Erschreckenderweise müssen sie feststellen, dass Rama II offenbar keinen Schutz gegen Nuklear­waffen besitzt. Und die Erde hat bereits einen ganzen Schwarm von Nuklearwaffen abgefeuert, um auf „Nummer Sicher“ zu ge­hen. Eine Flucht von Rama II ist offensichtlich ausgeschlossen, daher beginnt für die Eingeschlossenen nun ein verzweifelter Wettlauf mit der Zeit …

Als ich „Rama II“ das erste Mal 1991 las, war ich fassungslos. Fassungslos über den Einfallsreichtum des Autorenduos, fas­sungslos über die Borniertheit der Entscheidung, Rama II zu zer­stören, und erst recht fassungslos, was das Ende des Romans anging, denn im Nachwort sagte Clarke, dass nach Rama II noch zwei weitere Romane folgen würden, nämlich „The Garden of Rama“ und „Rama Revealed“.

Unglaublich faszinierend war jedoch die Tatsache, dass die Mit­arbeit von Gentry Lee den Charakteren des Roman außerge­wöhnliche Plastizität verlieh, besonders der sehr starken Persön­lichkeit von Nicole des Jardins. Das allein macht den Roman schon sehr lesenswert. Und natürlich alles das, was über den ersten Band hinausgeht.

Sinngemäß wird von Nicole an einer Stelle gesagt, die alte Ex­pedition von Commander Norton (siehe „Rendezvous mit 31/439“/„Rendezvous with Rama“)1 habe lediglich an der Ober­fläche des ramanischen Geheimnisses gekratzt. Nach Lektüre des viel umfangreicheren Bandes Rama II muss ich hinzufügen: Auch der zweite Rama-Roman hat nur an der Oberfläche ge­kratzt, denn viele Geheimnisse bleiben einfach offen. Wer die Peranodonten sind, beispielsweise. Oder welche Rolle die Oktarachniden spielen, auf die sie treffen. Und natürlich, wer die Ramaner sind und warum sie Raumschiffe aussenden, die im 70-Jahre-Abstand die Erde erreichen.

Der dritte Band, „Die nächste Begegnung“, erschien im Juli 1992, also ein gutes Jahr nach dem Band Rama II. Das war noch zu verkraften. Doch der Abschlussband, „Nodus“, kam dann erst Ende 1995 heraus! Und da war mir der zeitliche Abstand defini­tiv zu groß, als dass ich ihn separat gelesen hätte. Also lese ich heute alle Bände noch einmal, dieses Mal mit ganz anderen Au­gen als vor vielen Jahren, und es ist wirklich ein beeindrucken­des Erlebnis, zu sehen, wie sich die Geschichte allmählich gleich einer Blüte entfaltet und schließlich im noch verborgenen vier­ten Band ihren höchsten Stand erreicht. Da lasse ich mich mal überraschen.

Auf jeden Fall ist der Rama-Zyklus voll und ganz lesenswert. Selbst wenn die Titelbilder manchmal wirklich völlig abwegig sind und keinen Inhaltsbezug besitzen und die Titel selbst reine Verlegenheitslösungen zu sein scheinen (abgesehen vom Titel des Abschlussbandes, für den der Verlag wohl keine Alternative mehr fand). Ich vermutete immer, dass bis zur aktuellen Neu­auflage des ersten Bandes des Zyklus die Margarinen-Industrie ihr Veto eingelegt hat („Rama“). Aber Rama scheint heutzutage auf die Buchbranche keinen Einfluss mehr auszuüben …

© 1998 / 2023 by Uwe Lammers

So, ihr könnt wieder durchatmen, Freunde (und bei Bedarf den Roman gleich antiquarisch bestellen, wenn er noch nicht in eu­rem Bücherregal steht – es lohnt sich auf alle Fälle, diese Lektü­reerfahrung nachzuholen!). In der kommenden Woche wird es wieder ein wenig entspannter.

Wir begeben uns auf die hohe See und versuchen da mal, ein historisches Rätsel der Seefahrt zu lösen, das zu allerlei Schau­ermärchen Anlass geboten hat.

Wovon ich rede? Nun, schaut einfach in sieben Tagen wieder rein, dann erfahrt ihr Näheres.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu den Rezensions-Blog 507 vom 7. Mai 2025.

Liebe Freunde des OSM,

ich musste gestern (10. Dezember 2024) so herzhaft und aus­giebig lachen über ein paar unfasslich witzige Kommentare, die ich vor über zehn Jahren geschrieben hatte, dass mir sofort klar war: Das muss ich euch zum Besten geben, das glaubt man ei­gentlich kaum.

Natürlich, ich könnte jetzt behaupten, was ich damals im Jahre 1984 schrieb, sei einfach nur noch megapeinlich … aber es heißt ja nicht umsonst, dass es von Größe zeugt, wenn man frei­mütig zu den eigenen Fehlern von einst steht. Also führe ich euch heute mal in den digitalisierten KONFLIKT 18 „Kampf ge­gen TOTAMS Dämonen und Schergen“ (18Neu), in den Band 4, den ich 1984 verfasste.

Ich gebe zu, im ersten Moment, als ich diese neue/alte Baustelle entdeckte, war ich einigermaßen genervt. Inzwischen, mit 48 Stunden Abstand, sehe ich das deutlich gelassener. Ihr solltet die Vorgeschichte kennen, um das Folgende richtig einordnen zu können:

Ihr wisst längst, dass ich zu jeder OSM-Serie sowohl ein Glossar führe als auch parallel dazu eine Lexikonliste. Üblicherweise sind diese deckungsgleich. Ich schreibe eine Episode, drucke sie aus, gehe sie auf Glossarbegriffe durch und übertrage die neu­en/alten Begriffe dorthin bzw. vermerke die ergänzenden Episo­denziffern. Ins Lexikon kommen dann explizit die „Neuzugänge“ an Namen, Begriffen, semantischen Neuerfindungen usw.

Als ich nun dem Gedanken nachging, mir anzuschauen, wie weit ich damit beim KONFLIKT 18 gekommen war, haute es mich ziemlich um. Im Glossar: bis Band 114, also bis zum Serienende. Okay. Im Lexikon: Bis inklusive Band 67! Weiter ging es nicht. Das zeigte mir ernüchternd, dass ich in dieser Serie Lexikon und Glossar unabhängig voneinander entwickelt hatte. Und ersteres war während der Digitalisierungsphase dann völlig abgestürzt und ignoriert worden.

Nicht gut? Wahr. Aber das war ja noch nicht alles.

Ich stellte nämlich aufgrund eines Fußnotenkommentars, den ich 2019 geschrieben hatte, außerdem fest, dass die Glossie­rung der Serie offensichtlich nur den Basistext erfasst hatte. Was bedeutete, dass ich rund 14.000 Fußnoten völlig ignoriert zu haben schien! Das war nun gar nicht mehr lustig.

Aber da Lamentieren bekanntlich nichts hilft und externe Hilfe sowieso nicht in Sicht ist, biss ich kurzerhand in den sauren Ap­fel und begann mit der handschriftlichen Glossierung der Fußno­ten … und damit gelangte ich binnen eines Abends bis Band 4.

Dann musste ich vor Lachen aufhören, echt … denn was ich da fand, war so urig, dass ich aus dem Kichern kaum mehr heraus­kam.

Was hatte ich entdeckt, und was war so aberwitzig? Dazu erst mal etwas Hintergrundkolorit:

Oki Stanwer wird im Jahre 2034 als relativ ahnungsloser Müßig­gänger in London unvermittelt ins Zentrum dämonischer Aktivi­täten hineingezogen, die ihm nach dem Leben trachten. Zu sei­nem Glück ist schon jemand zu ihm unterwegs, nämlich der Deutsche Gerd Kartland von der WEOP, der Weltgemeinschaft zur Erforschung Okkulter Phänomene. Dabei handelt es sich um eine weltweit operierende philanthropische Organisation mit Sitz in Rom, die paranormalen Phänomen nachspürt, einer Enti­tät namens TOTAM und den mysteriösen SIEBEN SIEGELN VON TOTAM.

Oki wird von der WEOP protegiert und in diverse dämonische Zwischenfälle einbezogen. Einer davon ereignet sich in Grie­chenland, wo Menschen auf rätselhafte Weise versteinern. Dort spielt der KGTDUS-Band 4, um den es hier geht.

Die WEOP ist natürlich eine internationale Organisation, und wie das bei solchen Institutionen – etwa der UN oder auch dem bü­rokratischen Apparat der Europäischen Union zu eigen ist, kommt es zu internationalen personellen Verflechtungen.

Ich übertrieb es aber in meiner argen Naivität auf so unfassliche Weise, dass mein 2011 gemachter Kommentarapparat zu KGTDUS 4 bisweilen recht bissig ausfiel.

Nehmen wir etwa die Fußnote 248. Sie kommentiert eine Stelle, an der ein (aufpassen!) griechischer Polizeibeamter namens „Franco“ auftritt. Ich notierte dazu in der Fußnote: „Franco! Ach, was für ein herrlicher griechischer Name! Sag mal, war ich damals total bescheuert? Deutsche, die in England leben und in München arbeiten (Ray Braun). Griechen mit italienischem Namen, die auf Französisch fluchen … also, Kosmopolitismus ist was Schönes, aber das ist wirklich eine Lachnummer. Das geht ja überhaupt nicht!“

Ihr merkt schon, dass ich ziemlich säuerlich dreinblickte. Aber es ging noch weiter in dieser Episode. Nun wisst ihr zumindest schon einmal, woher dieser Blogartikel seinen Titel hat.

Weiter geht es mit der Fußnote 268. Hier wird das Zusammen­treffen Oki Stanwers und Gerd Kartlands mit Franco Benici (ja, schon wieder ein Franco, aber darum geht es hier jetzt nicht) beschrieben. Er ist Leiter der griechischen WEOP-Zentrale.

Mein Kommentar dazu lautete folgendermaßen: „Das muntere Nationalitätenwechseln geht weiter. Möglicherweise ist auch ein Japaner bei der WEOP-Niederlassung in Nairobi führend, und ein Senegalese vertritt die WEOP im Ural, oder was? Gescheit ist das nicht, weil es z.B. die Zusammenarbeit mit den lokalen Be­hörden und der örtlichen Bevölkerung erschwert. Natürlich wür­de ein solches Rotationssystem Korruption erschweren, das will ich nicht bestreiten. Es ist aber zu zweifeln, ob ich damals so weit gedacht habe. Auch hier betone ich einmal mehr: ich muss in den Anfangsbänden viel mehr über die Struktur, Größe, das Alter usw. der WEOP unterbringen.“

Aus der Kommentierungstiefe ist schon recht klar erkennbar, dass ich eine Menge Defizite und abenteuerliche Übertreibun­gen durchaus kritisch zu hinterfragen wusste. Aber der Band hatte ja noch einen Klopfer für mich parat. Dazu schauen wir uns mal Fußnote 282 an.

Hier geht es um Themistokles Thuronis, einen griechischen Dä­monenjäger, der nach dieser Passage von sich selbst behauptet, „ein Geist von den Sternen habe ihn geküsst und auserkoren“. Deshalb habe Benici an die WEOP übermittelt, es handele sich vielleicht um einen Fall von Seelenwanderung.

Und dann kam mein Kommentar dazu: „Moment! Widerspruch zum letzten Band, wo stand, THURONIS habe sich als jemand bezeichnet, der einer Seelenwanderung unterlag. Hier ist es Be­nici, der das VERMUTET und diese Vermutung an die WEOP wei­tergibt. Der Stille-Post-Effekt wirkt offensichtlich auch auf dieser Ebene. Demnächst hätte er vermutlich noch behauptet, TOTAM sei ein Gastwirt in Thessaloniki, und man könne ‚die Macht des Bösen’ einfach so festnehmen, hm? Hallo? Was ist denn das al­les für ein Quatsch?“

Ehrlich, Freunde, ich lachte Tränen. Ich konnte nicht mehr. TO­TAM als „Gastwirt aus Thessaloniki“! Keine Ahnung, wo das her­kam, aber es war einfach nur noch grotesk urig.

Die Episode enthält noch sehr viel mehr absurde Stellen, aber diese drei Fußnoten (von insgesamt 100, die die Episode spren­kelten, als ich sie anno 2011 abschrieb), sind zweifellos das Highlight.

Selbst wenn man bedenkt, dass ich zu der Zeit, als ich die Epi­sode schrieb, vor gut 40 Jahren also, gerade mal 17 Lenze zähl­te, hätte ich mir soviel Unsinn doch nicht gestatten sollen.

Und was den vermeintlichen Kosmopolitismus angeht … ich hat­te einfach so überhaupt kein Gespür dafür, dass das Personal solcher Organisationen im Kern immer noch mit relativ stark re­gional verwurzeltem Personal besetzt sein würde. Das ist bei der WEOP natürlich auch nicht anders. Und Leute in Ermange­lung passender griechischer Namen (und Flüche) mit italieni­schen Namen und französischen Flüchen agieren zu lassen, ist eigentlich nur noch peinlich. So etwas muss natürlich in Zukunft vermieden werden. Hier suchte ich händeringend nach etwas „Passendem“ und tapste von einem Fettnäpfchen ins nächste, und heraus kam eine groteske Lachnummer wider Willen.

Was mir in dem Zusammenhang aber absolut peinlich ist (und da muss ich auch eine dezente Rüge Dritten gegenüber aus­sprechen), das ist die Dreistigkeit, mit der ich diese Episoden dann Dritten zur Veröffentlichung in Form eines Fanzines weiter­reichte … was 1989 dann auch tatsächlich geschah!

Ich sage nicht, wo und bei wem das passierte, aber demjenigen ist nachträglich natürlich ebenso zu attestieren, dass sein Quali­tätsbewusstsein ähnlich gering ausgeprägt war wie meines als Verfasser.

Doch das ist Schnee von gestern. Wir haben uns da beide däm­lich angestellt, Schwamm drüber.

Damit schließe ich mal wieder die „Fehlerlese-Akten“, wie ich das hier nennen möchte. In der kommenden Woche gelangen wir wieder in die Gegenwart, dann schreibe ich ein wenig zum Autoren-Nachlassarchiv-Projekt.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 510: Attentat

Posted Mai 28th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

Mord ist nie eine Lösung – so ist zumindest meine Auffassung nach 57 Lebensjahren. Ich habe genug historische Indizien ge­sehen und gelesen, um das immer wieder in der Geschichte der Menschheit bestätigt zu finden. Denn ganz ungeachtet, ob es Einzelpersonen sind, die töten oder Staatenlenker, die im staat­lichen Auftrag töten lassen … sie werden damit selbst schuldig und verwerfen jedwede demokratische Verhandlungslösung und treten das moderne Strafrecht mit Füßen. Aus denselben Grün­den bin ich auch kategorisch gegen die Todesstrafe.

Meiner Ansicht nach sind alle Argumente für die Todesstrafe – oder eben auch Attentate, also politischen Mord – fadenschei­nig. Entweder handelt es sich um Bequemlichkeitslösungen, weil man den oftmals beschwerlichen Verhandlungsweg scheut, oder man fanatisiert Menschen auf politische, ideologische oder religiöse Weise und führt sie so zu wahnhaften Mordaufträgen. Mitunter ist es auch schlichte, blinde Rachsucht, die noch nie ein guter Ratgeber war.

Gerade in der Gegenwart sehen wir im Nahen Osten, dass das stumpfsinnige Rezept, eine Terrororganisation mittels Attentat zu „enthaupten“ und so zur Auflösung zu bringen, einfach nicht funktioniert.

Vielleicht ist das ein guter Anlass, einmal einen Blick zurück zu werfen in die Geschichte und sich anzusehen, ob es jemals an­ders war, ob politischer Mord je zu einer wirklichen Verbesse­rung geführt haben könnte. Es gibt dazu Literatur, und eine klei­ne Einstiegslektüre dafür habe ich euch heute herausgesucht:

Attentat

Mord mit gutem Gewissen

Von Julius Cäsar bis Jitzhak Rabin

Jörg von Uthmann

Siedler 75508, Juni 1998

194 Seiten, TB

ISBN 3-442-75508-5

Ein gutes Gewissen, so schreibt der Autor, hatten die Attentäter stets, wenn sie aufbrachen und ihren mörderischen Auftrag aus­führten. Vom eigenen Gewissen getrieben, von wahnhaften Ide­en besessen oder ausgeschickt mit religiösem oder politisch-ter­roristischem Motiv brachten sie Männer von weltpolitischer Be­deutung um. Das konnten unbequeme Kleriker sein wie Thomas Becket oder herausragende, bisweilen selbst diktatorische Herr­scher (etwa Jean-Paul Marat). Minderheiten wandten mörderi­schen Terror an, um sich an die Macht zu putschen oder dies wenigstens zu versuchen, andere Attentäter zielten auf Rache an repräsentativen Personen, die sie für eine grundlegende Ver­änderung des politischen Systems verantwortlich machten, in dessen neuen Bahnen sie keinen Platz mehr fanden.

Der Autor Jörg von Uthmann, langjähriger Diplomat, Journalist und inzwischen freier Schriftsteller, geht hierbei chronologisch vor und greift aus der fast unüberschaubaren Zahl von politi­schen Morden nur 25 Personen heraus, die er in neunzehn knappen Essays bespricht. Dennoch, damit schafft er einen Bo­gen der blutigen Fortsetzung des Krieges mit den sinistren und kryptischen Mitteln der Verschwörung, des Wahnsinns und der schieren Mordlust, dass es den Leser schaudern machen kann.

Ob es um Tyrannenmord geht (wie er im Fall von Julius Cäsar diskutiert), die Beseitigung eines politisch schwierigen Monar­chen wie Heinrich IV., ob die legendäre Wallenstein-Tragödie verfolgt wird oder der verstörende und bis heute nicht ganz ge­löste Fall von Kaspar Hauser, oftmals geht es um dynastische Verflechtungen, die sich offenkundig auf politische Weise nicht lösen lassen oder um Leute, deren bloße Existenz für Herr­schende zur Gefahr wird.

Eine andere Qualität haben solche Morde an Literaten wie Au­gust von Kotzebue, Politikern a la Malcolm X, Martin Luther King und Mahatma Gandhi. Hier erfolgt die Legitimation gerne durch das „Volksgewissen“ oder religiöse Inspiration. Es gibt auch of­fenkundige Einzeltäter wie den Kennedy-Mörder Lee Harvey Os­wald (hier scheut sich von Uthmann auch nicht, Oliver Stone, dem Regisseur des Films „JFK“ massive Geschichtsklitterung nachzuweisen), so dass man sagen kann, alle wesentlichen „Muster“ von Attentätern und Attentaten seien in dieser knap­pen Auswahl berücksichtigt.

Zu sagen, man würde nur wohliges Gruseln verspüren, wenn man diese Ausflüge in die Geschichte mitmacht, hieße indes, zu kurz zu greifen. Jörg von Uthmann bettet die Morde schon in die historische Vorgeschichte ein, allerdings merkt man zum Ende des Buches hin, also etwa ab der Mitte des 20. Jahrhunderts, wie der Duktus hastiger und oberflächlicher wird. Das raubt dem Werk einiges an Qualität. Dennoch stellt er anschaulich und gut einführend dar, wie Täter und Opfer biografisch aufge­baut waren, was die Attentäter bezweckten und was sie letzten Endes erreichten. Das Resümee, dass keiner der Attentäter schließlich das intendierte Ziel erreicht habe, mag auf den ers­ten Blick erleichtern. Aber es ist von den Zeitläuften leider über­holt worden:

Das letzte behandelte Attentat fand am 4. November 1995 in Tel Aviv auf den israelischen Premierminister Jitzhak Rabin statt. Der Attentäter Jigal Amir, dessen erschreckendes Lächeln auf dem letzten Foto des Buches zu sehen ist, kommentiert von Uthmann folgendermaßen: „Als Amir dem Untersuchungsrichter vorgeführt wurde, zeigte er nicht die geringste Reue. Mit heite­rer Miene bekannte er sich zu seiner Tat. War die Heiterkeit be­rechtigt? Auf kurze Sicht schon: Rabins Beseitigung hat den Ausgleich mit den Palästinensern fraglos um Jahre verzögert. Dass sie ihn ein für allemal verhindert hätte, ist dagegen zu be­zweifeln. Die Mehrheit der Israelis ist kriegsmüde und bejaht den Friedensprozeß. Daher ist die Hoffnung erlaubt, dass es nicht Amir ist, der zuletzt und am besten lacht.“

Bedauerlicherweise hat sich durch die israelischen Regierungen Netanjahu und inzwischen Scharon der politische Kurs in Israel dramatisch radikalisiert.1 Der Friedensprozess muss inzwischen als tot bezeichnet werden, die Tausende von Opfern, die seither auf beiden Seiten zu beklagen sind, namentlich durch Terroran­schläge und „Vergeltungsmaßnahmen“ der israelischen Armee, dies alles deutet nicht darauf hin, dass ein Frieden im Nahen Osten in greifbarer Nähe ist. Bis heute, würde ich also konstatie­ren, hat Jigal Amir – zu wie vielen Jahren Haft er auch immer verurteilt worden sein mag – , der Mörder Rabins, vermutlich al­len Grund zum Lachen. Bedauerlicherweise.

Wer übrigens lesen möchte, was Historiker zum Thema Attentat zu sagen haben, der sei auf den ausgezeichneten, vom Berliner Historiker Alexander Demandt herausgegebenen Aufsatzband „Das Attentat in der Geschichte“ (suhrkamp 2936, 1999) hinge­wiesen. Er rekurriert im Vorwort direkt auf das hier rezensierte Werk. Zum Teil findet man bei Demandt dieselben Fälle, die auch von Uthmann behandelt, hier indes mit umfangreichem Fußnotenapparat und historisch-kritisch durchleuchtet. Wer also mit von Uthmanns kurzem Buch einsteigt, kann bei Demandt seine Kenntnisse erweitern und vertiefen.

Prädikat: mit Abstrichen als Einstiegslektüre geeignet.

© 2004 by Uwe Lammers

Ja, ich gebe zu, das war ein ungenießbares Thema … aber wie ihr an meiner Nachbemerkung sehen könnt, ist es traurigerwei­se immer noch so, dass die Menschheit nicht klüger geworden ist und es nach wie vor verblendete Volltrottel gibt, die der An­sicht sind, „Rübe ab“ sei ein probates Mittel, um politische, soziale oder religiöse Probleme zu lösen.

Das ist, wie beispielhaft das Trump-Attentat im vergangenen Jahr zeigt, nicht einmal auf nahöstliche Staaten, Diktaturen oder dergleichen Staatsformen beschränkt, das kommt durchaus auch in westlichen Demokratien vor, wo Gewalt als vermeintli­ches Mittel der Konfliktlösung sich in den letzten Jahren immer stärker wieder positioniert hat.

Wie ich eingangs sagte, halte ich das für einen Fehler und Irr­weg, aus dem nichts Gutes erwachsen kann. Wir müssen leider einfach mal schauen, wie sich die Dinge weiter entwickeln und das Beste hoffen.

In der nächsten Woche entführe ich euch in eine ferne Zukunft, in eine Welt, in der das solare System erneut von einem Alien-Raumschiff Besuch bekommt … von RAMA II.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Nachtrag vom September 2024: Wenn man sich 20 Jahre nach den obigen Zeilen an­schaut, wie sehr sich die Lage in Israel-Palästina nach Scharons Tod und der erneuten Machtübernahme durch Netanjahu verhärtet hat, sind die obigen Bemerkungen eher noch verharmlosend zu nennen. Die Zeichen stehen leider im Nahen Osten weiterhin auf Krieg, Mord und Totschlag – und die israelische Regierung ist hier gleichfalls sich nicht zu schade, zum Mittel des politischen Mordes, also des Attentats, zu greifen. Dass das dem Frieden in irgendeiner Weise dienlich ist, konnte man damals schon be­zweifeln, heute ist es gänzlich ausgeschlossen.

Liebe Freunde des OSM,

dieser Monat war ein wenig chaotisch. Und im Nachhinein ent­decke ich diverse Schreibfehler darin, die mir deutlich zeigen, dass ich nicht so ganz bei der Sache war, als ich in meinem Schreibheft meine Eintragungen machte. Das verdrießt mich ein wenig, eingestanden. Vielleicht zeigt es auch auf, dass ich alt und schusselig werde … auch wenn ich natürlich auf das Gegen­teil hoffe und es für eine vorübergehende Phase halte.

Mir geht zurzeit einfach viel im Kopf herum, zahlreiche Probleme widersetzen sich einfachen, schnellen und zufrieden stellenden Lösungen, und dass mich das ablenkt, ist vielleicht nachvoll­ziehbar. Sobald ich hier wieder etwas Ordnung hineingebracht habe, so meine optimistische Hoffnung, wird sich das alles wie­der ein wenig stabilisieren und die Fehlerquote in meinen Listen nachlassen.

Der Monat September, der uns ja noch ein paar sehr warme Tage bescherte, war ein Monat, in dem ich recht viel geschrie­ben habe. Mit knapp 900 Textseiten – worin ich wie immer aller­dings auch solche eingerechnet habe, die aktualisierte Listen­seiten betreffen – blicke ich auf ein Textvolumen zurück, das man im Grunde zufriedenstellend nennen kann. 23 Werke konn­ten vollendet werden, und eine ganze Menge mehr sind noch auf dem Weg der Vollendung. Schauen wir mal, wie viel davon auf den OSM, den Archipel oder das Erotic Empire entfallen sind oder was es an diesbezüglichen Baustellen noch so gibt:

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“)

Blogartikel 612: Work in Progress, Part 141

(Die Kolonie Saigon II – Erotic Empire-Roman)

20Neu 25: Rücksturz aus dem Silbernen Kosmos

23Neu 24: Stadt der Dämonen

Anmerkung: Auch hier gilt, wie für zahllose frühere Work in Pro­gress-Artikel – lasst euch nicht von der Reihenfolge der Episo­den irritieren. Sie werden nicht en bloc nacheinander geschrie­ben, sondern so in der Reihenfolge eingetragen, in der ich die Dateiversionen begonnen habe. Sie sind dann schon in der nu­merischen Reihenfolge vollendet worden.

23Neu 20: Die Ruinenmetropole

23Neu 21: Hort der Rätsel

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“)

23Neu 22: Zielpunkt 1991

Anmerkung: Die Jahreszahl wirkt natürlich heute ein wenig sehr anachronistisch. Aber ihr müsst bei dieser Angabe zweierlei be­rücksichtigen. Zum einen liegt der Ausgangspunkt der Ge­schichte im Jahre 2021, sodass damit eine Zeitreise um 30 Jah­re in die Vergangenheit verbunden ist. Zum anderen handelt es sich nicht um unsere Welt. 1991 ist die Schildwelt schon seit Jahrzehnten ein nukleares Chaos … ausgenommen der Mittel­meerraum, der unter GOLEMS magischem Schild liegt. Und Oki Stanwer reist hier nach Sizilien, das noch fast so idyllisch ist wie in unserer Gegenwart … nun, wenn da diese mörderischen, kannibalischen Laurins nicht wären, unheimliche, quasi unsicht­bare Bestien, mit denen er es zu tun bekommt …

23Neu 23: Attentat auf GOLEM

(OSM-Wiki)

(VvD 21: Alarmsignale)

(20Neu 28: Welt der Grabmäler)

Anmerkung: Das ist eine schaurige Geschichte. Zwei verzweifel­te Yooner werden aus Lebensgefahr gerettet – von niemand Ge­ringerem als einem Wesen, das nur aus bleichen Knochen be­steht, von dem legendären Totenkopf-Propheten TK 40112. Und er führt sie zu einem trostlosen Planeten, auf dem „sein Volk“ schlummert – Milliardenheere von Totenköpfen, die auf seinen Weckruf warten …

Wer mal das E-Book „Mein Freund, der Totenkopf“ gelesen hat, sollte sich mal ein Milliardenheer von absolut humorlosen Untoten vorstellen, das aufgeweckt werden soll, um in den Krieg zu ziehen … das steht hier nämlich direkt bevor.

(Glossar des Romans „Die Kolonie Saigon II“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“)

(23Neu 25: Der falsche Zwerg)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

Anmerkung: Das ist jetzt vielleicht eine Überraschung für euch. Dieses Seriendigitalisat habe ich doch schon 2020 abgeschlos­sen, falls ihr euch daran noch erinnert. Das stimmt. Aber in die­sem Monat ging ich einem unterbewussten Impuls nach und schaute, wie denn der Stand des dortigen Lexikons und Glos­sars aussah … und mein Verdruss war vermutlich unumgäng­lich.

Verdammt! Die meisten dieser Begriffe dort habe ich doch schon längst in anderen Glossaren erklärt! Warum sind diese Erklärungen hierhin noch nicht übertragen worden?“, grollte ich. Und nahm mir vor, das umgehend zu ändern.

Wisst ihr, solche Glossar- und Lexikonarbeiten können eine ver­dammte Suchtgeschichte sein. Und bei all der kleinteiligen Ar­beit daran merkt man echt nicht, wie die Zeit verstreicht. Nun, das Resultat dieser mehrtägigen Arbeiten war, dass ich letzten Endes 58 Seiten mit noch offenen Lexikonbegriffen vor mir lie­gen hatte … und bis zum Monatsende waren alle Begriffe bis auf 16 Seiten (!) komplett übertragen und erklärt. Jetzt sind nur noch die offen, die serien-endemisch sind, wie ich das mal nen­nen möchte. Dafür muss ich also die Digitalisate zu Rate zie­hen, um sie zu erklären. Aber dieser Fall allein zeigt schon – in einigen anderen Serienglossaren sieht es nicht besser aus, mer­ke ich hier an – , dass hier vieles liegengeblieben ist, was längst fertig gestellt sein könnte. Das ist auch so ein Grund, warum ich speziell im September so viel an Serienglossaren und Serienle­xika gearbeitet habe. Die rauben nun mal viel Zeit und schrei­ben sich leider nicht von selbst.

VvD 26: Schneise der Verwüstung

Anmerkung: Natürlich ist mir bewusst, dass es hier in der Serie noch einige frühere Episoden gibt, die noch nicht fertig gestellt sind. Sie betreffen aber glücklicherweise andere Schauplätze. Und ich deutete ja jüngst schon an, dass es mich nach dem Ab­fassen von Band 25 „Das Monster von Dyllawaar“ sehr reiz­te, hieran weiterzuschreiben. Und so war das einfach unum­gänglich.

Ich kann nur sagen: Die Leute in Dyllawaar tun mir von Herzen leid. Je länger das Yiviin-Wesen seiner Verwüstungsspur folgt, desto mehr beginnt blanke Panik zu regieren. Jedenfalls bei den meisten Leuten … glücklicherweise nicht bei allen.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“)

(VvD 27: Der Verzauberungs-Faktor)

Anmerkung: Ja mei, was ist denn das? Zauberei in der VvD-Serie? Kommt man mit Wissenschaft nicht voran, ruft man die Magier? Nein, so läuft das hier absolut nicht. Die Sache mit die­sem Abschlussband der Yiviin-Trilogie sieht völlig anders aus. Während Yiviin weiterhin Raumschiffe verschlingt, Planeten­sphären verwüstet und die Verlustzahlen dramatisch ansteigen, kommt einer Person ein scheinbar abwegiger Gedanke, der zur Verfolgung einer nachgerade selbstmörderischen Lösung führt. Und obwohl ich das Ende schon gesehen habe, ist der Weg dorthin noch etwas verschleiert und unklar … also muss der Ge­danke noch nachreifen. Ich bin aber zuversichtlich, im Oktober die gesamte Handlungsführung zu sehen. Und dann bin ich ruckzuck fertig mit der Episode.

(Glossar der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

(Lexikon der Serie „Oki Stanwer – Verteidiger von Demor“)

Blogartikel 583: Das Autoren-Nachlassarchiv-Projekt, Teil 11

(23Neu 26: Weltenroulette)

(23Neu 27: Fremde in Amerika)

Anmerkung: Als ich an diesen Band kam, konnte ich mit dem Schreiben wirklich nicht mehr aufhören. Wir befinden uns auf der nachmaligen Schildwelt im Jahre 1904, direkt in den Tagen, in denen ein nuklearer Weltkrieg die Menschheit beinahe voll­ständig ausrottet. Und Oki Stanwer taucht via Zeitreise bei ge­landeten Außerirdischen auf, die noch nie von ihm gehört ha­ben … auch nach über 30 Jahren immer noch eine mitreißende Geschichte.

(Glossar der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(Lexikon der Serie „Oki und Cbalon – Das Ewigkeitsteam“)

(23Neu 28: Der Jüngste Tag)

(23Neu 29: SARAI STANWER)

Anmerkung: Und auch das war ein Band, den ich unumgänglich als Digitalisat beginnen musste. Sehr handlungsarm, aber das spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Person, die hier gebo­ren wird, Oki Stanwers Tochter, von deren Ruhm die Matrix schon seit Jahrtausenden kündet, wird in dieser Serie so ziem­lich alles niederreißen, was es gibt, und mit ihrem Auftauchen bricht im OSM tatsächlich eine ganz neue Zeit an … das war mir in voller Konsequenz vor gut 30 Jahren nicht wirklich klar. Aber mit meinem heutigen Wissen ist unübersehbar, dass damit das moderne OSM-Handlungskonzept begann.

Ein Handlungskonzept, in dem der PROPHET und die TUURIN­GER zentrale Rollen spielen, die GRALSJÄGER und die „Teile der Seele“, in der die Identität der Sieben Lichtmächte gelüftet wird und die Netzuniversen entstehen und die Basis der Neutralen … ja, ja, ich bin ja schon still. Aber ihr merkt, dass mich dieser Punkt des OSM, damals kurz vor Band 700, ziemlich bewegt.

20Neu 26: Wandlerstation 436

(Vivica auf Abwegen – Archipel-Roman)

Anmerkung: Auch dieses Werk ist natürlich noch nicht fertig. Ich entdeckte am letzten Tag des Monats, dass hier noch eine Men­ge Handlungsbedarf ist und machte mich daran, etwas nachzu­formatieren. Ärgerlicherweise stehen manche Teile der schon gut 70 Seiten langen Geschichte im Präsens, andere im Imper­fekt, viele Dialoge sind nur angedeutet … und das über einen Handlungszeitraum, der mindestens fünf oder sechs Jahre um­fasst.

Da ist noch eine Menge Arbeit zu investieren, ehe aus diesem Romanfragment eine gescheite Geschichte wird. Kommt Zeit, kommt auch das, was noch alles hieran fehlt. Da muss ich ein­fach geduldig bleiben.

Damit sind wir dann am Ende dieses arbeitsreichen Monats an­gelangt. Und ich sage nur die reine Wahrheit, wenn ich betone, dass ich sicherlich sehr viel mehr fertig gestellt hätte, wenn ich nicht so ausgiebig durch die Lexikon- und Glossararbeiten klein­teilig abgelenkt gewesen wäre. Aber ich klage nicht – diese Din­ge sind zwingend erforderlich. Ich merke das besonders am 16Neu-Glossar, das inzwischen schon über 400 Seiten (!) um­fasst. Wenn ich das in naher Zukunft in das Gesamtglossar überführe, werde ich das in drei Teile aufspalten müssen, damit ich damit noch ordentlich arbeiten kann.

Worum wir uns in der nächsten Woche kümmern, werde ich hier noch nicht verraten. Lasst euch da mal überraschen.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 509: Die Rückkehr der Bestie

Posted Mai 21st, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

wenn man einen Roman von fast 500 Seiten in einem Zug aus­liest – zugegeben, ich hatte die Gelegenheit im Rahmen von zwei langen Busfahrten, nämlich hin zur Leipziger Buchmesse 2025 und zurück, außerdem eine Menge freie Zeit auf der Buch­messe selbst – , dann ist das selbst für mich eine ungewöhnli­che Sache, die mir nicht ständig widerfährt.

Und folgerichtig habe ich heute auch ein richtiges Schmankerl, das ich vorstellen darf. Auch wenn manch einer Epigonenroma­nen von Clive Cussler eher skeptisch gegenübersteht, weil sie in der Regel relativ schematisch entwickelt und niedergeschrieben werden, fällt dieser hier wie die meisten Isaac Bell-Romane durchaus aus dem Rahmen des Standard-Lesefutters heraus.

Diesmal begeben wir uns auf die Fährte eines der rätselhaftes­ten Massenmörders der Geschichte, Jack the Ripper. Und zu­gleich in gewisser Weise in den Ereignisraum der Kontrafaktik, des „Was wäre, wenn …?“

Ihr bekommt einen kleinen Vorgeschmack davon, was das be­deutet, wenn ihr mit der Lektüre hier fortfahrt:

Die Rückkehr der Bestie

(OT: The Cutthroat)

Von Clive Cussler & Justin Scott

Blanvalet 0640

480 Seiten, TB, August 2019

Übersetzt von Michael Kubiak

ISBN 978-3-7341-0640-8

Eines der größten und blutigsten Kriminalmysterien der jünge­ren Vergangenheit ist die Mordserie eines rätselhaften Unbe­kannten, der als „Jack the Ripper“ in die Geschichte einging und der im Jahre 1888 im Londoner Stadtteil Whitechapel eine gan­ze Reihe von Prostituierten auf bestialische Weise niedermetzel­te. Bis heute ist sowohl ungeklärt, wer genau diese Person war als auch das Rätsel, warum die Mordserie nach dieser Reihe grauenvoller Taten dann so jählings abriss. Wie ein mörderi­sches Phantom, das gleich einem Meteor einschlug und dann spurlos verschwand, bewegt diese schreckliche Geschichte bis heute Kriminalisten, Autoren und Leser.

Nun hat Justin Scott, Co-Autor der Isaac Bell-Romanserie von Clive Cussler, mit dem vorliegenden Band eine packende Varia­tion der Geschichte vorgelegt, bei der schon der Titel Grausiges andeutet – und ich nehme nicht zu viel vorweg, wenn ich sage, dass die Ahnungen des schon vorab schaudernden Lesers voll­auf erfüllt werden. Ich habe den Band gestern auf der Reise zur Leipziger Buchmesse 2025 zu lesen begonnen … und kam nicht mehr heraus. Als ich heimkehrte, blieben nur noch wenige Kapi­tel zum Ende des Buches übrig, die dann auch umgehend dran glauben mussten.

Doch fangen wir vorn an.

Wir schreiben das Jahr 1911, als die Dr. Jekyll and Mr. Hyde Company, geleitet von den Schauspielern Jackson Barrett und John Buchanan, sich anschickt, eine Neuadaption des Roman­stoffes von Robert Louis Stevenson in Amerika auf die Bühne zu bringen. Dafür brauchen sie die Genehmigung des vormaligen Inhabers der Rechte, eines herrischen Mannes namens Medick, der diese Theaterversion in den späten 80er Jahren des 19. Jahrhunderts in London realisierte. Damals wurde sie wegen der Bluttaten des Jack the Ripper eingestellt, weil die Besucherzah­len begreiflicherweise einbrachen (immerhin wird in dem Stück regelmäßig eine Frau ermordet!).

Ein weiteres Hindernis ist, dass Isabella Cook, die geliebte Broadway-Schauspielerin, von Barrett und Buchanan als Verkör­perung der Gabriella Utterson in dem Stück benötigt wird. De­ren Ehemann Rufus S. Oppenheim wird diesem Engagement aber nicht zustimmen. Es sieht also so aus, als sei der Plan der beiden Schauspieler von vornherein eine Totgeburt … aber da stürzt Medick auf rätselhafte Weise in den Tod. Und wenig spä­ter explodiert die Yacht Oppenheims, und Isabellas Engagement steht nun nichts mehr im Weg.

Das alles passiert gewissermaßen „unter dem Radar“.

Die eigentliche Geschichte beginnt mit der Suche des verzwei­felten William Lathrop Pape, der seine 18jährige Tochter Anna sucht – die theaterverliebte junge Frau möchte in New York un­ter dem Künstlernamen Anna Waterbury Karriere machen. Sie hofft dabei, entweder bei dem Stück „Alias Jimmy Valentine“ un­terzukommen oder aber bei „Jekyll & Hyde“, das unter der Lei­tung des Inspizienten Henry Booker Young und dem Glanz von Isabella Cook zunehmend Furore macht.

Pape wendet sich an Isaac Bell von der Van Dorn-Agency, stößt hier aber auf kühle Zurückhaltung: Nach vermissten Personen zu suchen, sei eigentlich ein Fall für die Polizei … aber er lässt sich überreden und fahndet nach ihr. Umso größer ist sein Ent­setzen, als die angehende Schauspielerin bestialisch ermordet aufgefunden wird. Von da an ist es etwas Persönliches, den Mör­der zu finden. Und damit beginnt für Isaac Bell ein Alptraum, der immer grässlicher wird.

Denn während die beiden Schauspieltruppen von „Alias Jimmy Valentine“ und „Jekyll & Hyde“ eine landesweite Tournee begin­nen, werden in den nächsten Wochen in anderen Städten weite­re junge Frauen vermisst und wenig später ermordet aufgefun­den. Ganz offensichtlich handelt es sich bei dem Mörder der jun­gen Anna um einen Serienkiller, der sich landesweit bewegt. Damit sind städtische Polizeibehörden klar überfragt, weil sie außerstande sind, landesweite Verbindungen zwischen diesen Fällen herzustellen. Und es scheint irgendeinen Zusammenhang mit den Tourneen zu geben.

Gegen den Widerstand seines Chefs, der diese Angelegenheit dennoch lieber den Polizeibehörden überlassen möchte, ermit­telt Bell verbissen weiter und gründet eine Sondereinheit … und je tiefer er sich in diesen Fall vergräbt, je mehr junge Frauen ab­geschlachtet werden, desto deutlicher kommt zutage, dass die­se Mordserie eine schreckliche Vorgeschichte hat. Und ein furchtbarer Verdacht keimt in Bell, als erste Mordfälle bis ins Jahr 1891 zurückverfolgt werden können: Kann es sein, dass das Monster von Whitechapel 1888 nicht – wie Scotland Yard beharr­lich behauptet – Selbstmord begangen hat, sondern vielmehr nur den Schauplatz seiner Taten wechselte, in die USA? Und dass der Killer seit mehr als 20 Jahren unentdeckt mordet?

Doch falls das stimmt … wie findet man ein Phantom, das sich seit Jahrzehnten mörderisch den Nachstellungen der Gesetzes­hüter entzogen hat und offensichtlich das perfekte Verbrechen plant? Die Jagd nach dem Serienkiller entwickelt sich zu einem blutrünstigen Alptraum … und es wird noch schlimmer, als der Täter merkt, dass man ihm auf der Spur ist …

Zu behaupten, der Roman sei spannend, ist wohl die krasseste Untertreibung, die man begehen kann. Ich gebe zu, sechs Sei­ten Personenliste schüchtern anfangs schon etwas ein, und der Anfang gestaltet sich ein wenig anstrengend, weil man erst mal mit den Personen warm werden muss … aber das gibt sich nach spätestens zwanzig Seiten. Und von da an steckt man in einer rasanten Achterbahnfahrt des Grauens fest, die immer stärker zu einer spannenden Spurensuche wird. Darin beweist Justin Scott, dass er seine Literatur zu Jack the Ripper gut verinner­licht hat.

Verkompliziert werden dann die Recherchen in England durch die Tatsache, dass Isaac Bell hier (wie gesagt: wir schreiben das Jahr 1911, der Erste Weltkrieg steht direkt vor der Tür!) jählings in Spionageverdacht gerät und ergänzende Probleme bekommt. Ganz zu schweigen davon, dass ihn Scotland Yard ständig abzu­wimmeln versucht. Der Ripper-Fall sei schließlich abgeschlos­sen, nicht wahr? Dass das Mordphantom immer noch existiert und mit dem Morden nie aufgehört hat, passt verständlicherwei­se nicht ins Konzept.

Die Hintergrundgeschichte dieses Romans ist vermutlich deswe­gen so beunruhigend, weil sie auf bestürzende Weise durchaus plausibel klingt und man sie nicht ad hoc widerlegen kann – Jack the Ripper ist nach seinen Bluttaten in Whitechapel nun einmal spurlos verschwunden. Natürlich kann er sich umgebracht ha­ben. Sicher kann er eines natürlichen Todes oder aufgrund eines Unfalls gestorben oder von aufgebrachten Bürgern des Stadt-teils gelyncht worden sein, die ihn wegen seiner Taten ausfindig machten.

Aber ebenso denkbar ist es, dass er in andere Länder auswan­derte … und hier mit seinen Taten einfach weitermachte. Wenn man – wie im Roman plausibel dargestellt wird – berücksichtigt, wie unterentwickelt die kriminalistischen Untersuchungsmetho­den damals waren, wie korrupt und eindimensional die Verfol­gungsbehörden parzelliert waren, dann gewinnt die Vermutung, dass weitere Morde dieser Art nicht passend zugeordnet wur­den, immer mehr an Plausibilität.

Isaac Bell und seine Ermittler stoßen denn auch tatsächlich als­bald auf zahlreiche Todesfälle, die nach 1889 „in Ripper-Manier“ sowohl in England als auch in Amerika begangen wurden. Viele Frauenleichen wurden nicht, nur in Teilen oder erst Jahre später entdeckt, und der im Roman mehrfach ventilierte Wunsch des Mörders, das perfekte Verbrechen zu begehen (mithin ohne Ent­deckung des Leichnams), ist leider nur zu plausibel. Es ist bis heute ein Wunschtraum zahlloser Mörder.

Ist es also so gewesen, wie Justin Scott hier imaginiert? Kann man nicht sagen. Aber es ist allemal eine packende Fortsetzung des Jack the Ripper-Stoffes, der zumindest den Anschein der Plausibilität besitzt und der allein deshalb schon für reichlich schaurigen Grusel sorgt.

Definitiv klare Leseempfehlung von mir – mit dem Ratschlag, den Roman besser nicht an einem Abend zu beginnen, wenn man danach noch schlafen will!

© 2025 by Uwe Lammers

Ja, Freunde, das war wirklich heftig, und ich versichere euch, der vollständige Roman geht noch mehr an die Nieren … aber es lohnt sich unbedingt.

In der kommenden Woche wird es dann wieder, wir befinden uns ja in einem abwechslungsreichen Kontrastprogramm, in dem Realkontinuum der Geschichte wieder, und ich stelle euch ein Buch vor, in dem es definitiv auch um Mord und Totschlag geht, aber auf ganz andere Weise.

Lasst euch mal überraschen, was ich damit wohl meine.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Blogartikel 615: Close Up: Der OSM im Detail – Teil 64

Posted Mai 18th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

alles fokussiert sich in den letzten fünf Bänden des KONFLIKTS 16 des OSM, also der Serie „Oki Stanwer – Der Mann aus dem Nichts“, die ich im Sommer 1998 abschloss, auf den Ringplane­ten RANTALON. Er war von den Baumeistern einst als Kampf­platz für die finale Auseinandersetzung zwischen den Streitkräf­ten des Lichts unter Oki Stanwer und den Schergen der Macht des Bösen, TOTAM, konfiguriert.

Doch hier geht alles chaotisch durcheinander, von klaren Frontlinien kann keine Rede mehr sein. Die Ringwelt RANTALON der Gegenwart im Juli 3938 irdischer Zeitrechnung ist nichts weni­ger als ein gigantisches Gefängnis, und zwar für alle, die sich darauf befinden.

Oki Stanwer hat es mit den schrecklich dezimierten letzten Ga­laxisrebellen dorthin geschafft, dank des GRALSJÄGERS TAASIK-889, aber ebenso die Dämonenwaffe GOLEM und zahlreiche ih­rer Diener und Gefährten. Soldaten der LIGA sind ebenfalls nach RANTALON gelangt und das Wesen TOTAM, der Dämonen­schlächter und Totenköpfe.

Und dann gibt es noch die Erschaffer der Zeitgezeiten, die ne­gativen GRALSJÄGER des SYNDIKAT, die jahrzehntelang Herren der Baumeisterwelt waren. Zusammen mit 80.000 Söldnern wa­ren sie dabei, die Ringwelt zu plündern … aber mit einem Mal haben sie massiven Gegenwind bekommen.

Die so genannte ENTITÄT arbeitet ihnen entgegen, und sie über­nimmt sowohl die Zeitgezeiten-Generatoren wie die meisten Funktionen von RANTALONS Internabwehr.

Allein Oki Stanwer und seine Gefährten sind ein wenig genauer im Bilde, was hier geschieht – denn dank TAASIKS wagemuti­gem Plan, zeitgestrandete Galaktiker aus der RANTALON-Ver­gangenheit in die Gegenwart zur Hochlandzentrale zu evakuie­ren, hat die so genannten Lebenshelfer mitgebracht. Und diese Mikromaschinen sind Teile der ENTITÄT, die gegen die SYNDI­KATS-GRALSJÄGER arbeitet. Das wichtigste Element in diesem Plan ist die Dezentralisierungs-Direktive, die auch schon den „Kristallpalast“ und augenscheinlich auch TAARNA betroffen hat, nach dem der LEUCHTENDE vergebens suchte.

Und die Hiobsbotschaften reißen leider nicht ab …

Episode 121: Die Dezentralisierungs-Direktive

(1998, digitalisiert 2024)

RANTALON, 15. Juli 3938: Die SYNDIKATS-GRALSJÄGER verlieren unablässig Kämpfer auf rätselhafte Weise. Inzwischen sind von den ursprünglich 80.000 Kämpfern nur noch gut siebentausend vorhanden. Binnen von 10 Minuten gehen im Schnitt weitere 25 Kämpfer verloren.

Sie analysieren die Lage und begreifen, dass ihre Aktion mit den Parabel-Tempometern (vgl. Bd. 103), mit der sie die Zeitschiffe des Baumeisters in die Vergangenheit schleuderten, offenbar auch eine Wesenheit der fernen Zukunft erfasst hat. Mehr als 8000 Jahre vor der Gegenwart gaben sie damit der ENTITÄT die Möglichkeit, konkurrenzlos RANTALONS Biosphäre zu kontami­nieren. Solche desaströsen Ereignisse wie das „Lebenshelfer-In­ferno“ (vgl. Bd. 112) sind also jederzeit möglich. Flucht ist aus­geschlossen, da die Kontrolle über die Zeitgezeiten verloren ge­gangen ist.

Die SYNDIKATS-GRALSJÄGER beschließen, in die Offensive ge­gen die ENTITÄT zu gehen und hoffen, dass die Zeit dafür noch reicht.

Hochlandzentrale, 18. Juli 3938: Während Oki Stanwer noch die traumatisierte Maria Sandriacochi tröstet, die über ihre Traum­verbindung den Untergang der Shansing-80-Domäne und der Temponauten unter Tarlan von Jareen mitbekommen hat, ereig­net sich nahe dem „Kristallpalast“ eine heftige Explosion – in dem Krater findet Sketahr den schwer verletzten GRALSJÄGER TAASIK-889.

Als Oki und sein Sohn Marconius davon erfahren, ist Marc erfüllt von Groll und Misstrauen. Begreiflicherweise, denn er traut dem GRALSJÄGER endgültig nicht mehr über den Weg und macht ihn für Tarlans Tod direkt verantwortlich.

TAASIK liegt im Sterben, aber er hat noch Informationen für Oki Stanwer: Er ist bei seiner Flucht aus dem Zeitgefängnis, in das ihn die ENTITÄT gesperrt hatte, mit etwas zusammengeprallt, das aus der Zukunft nach RANTALON unterwegs war – ein weite­rer GRALSJÄGER, der auf diese Weise den Tod fand. Und dieser GRALSJÄGER nannte sich ASAAI.

Oki Stanwer läuft es kalt den Rücken herunter, weil er ASAAI zwar nicht schätzte, aber seine Kampfkraft und Fähigkeiten im GRALSREICH und im Fragilraum hinreichend kennen gelernt hat.

Kleines erfährt durch weitere Befragungen, dass die ENTITÄT, die auch für die Vernichtung der Shansing-80-Domäne verant­wortlich war und damit auch für Tarlans Tod, die Dezentralisie­rungs-Direktive in Gang gesetzt hat. TAARNA befindet sich indes noch an Ort und Stelle – tief unter dem Kristallpalast, aber der Zugang dorthin sei dezentralisiert worden.

Oki beschließt, mit dem LEUCHTENDEN zu reden.

Maria hat derweil wieder eine Traumvision der nahen Zukunft, in der sie sieht, wie die anderen Helfer des Lichts von der ENTITÄT in eine Falle gelockt werden … als sie aus dem Schlummer auf­schreckt, möchte sie umgehend Oki und Kleines warnen. Aber eine zeitgerettete Galaktikerin betäubt sie kurzerhand. Die EN­TITÄT übernimmt nun zunehmend das Kommando über die Zeit­geretteten. Die Gefahr innerhalb der Hochlandzentrale wird akut, und Oki Stanwer hat noch keine Ahnung davon.

In den Regenbogenwolken über RANTALON sind gleichzeitig zwei bizarre Flugdrachen unterwegs in ihre Richtung – Wesen, die nur jetzt die Gestalt von Drachen angenommen haben: Das Wesen TOTAM und der Dämonenschlächter. Und sie kommen rasch näher …

 

Episode 122: Hinterhalt für die Helfer des Lichts

(1998, digitalisiert 2024)

ENTITÄT, 18. Juli 3938: Die ENTITÄT fährt gnadenlos damit fort, „Prozessoren“ zu sammeln. Zehntausende von Kombattanten sind bereits in die Hyperdimension der ENTITÄT gesogen wor­den, inklusive Soffrol, und je stärker sie vernetzt werden, desto mehr wächst auch die Kraft der ENTITÄT.

Sie absorbiert das „Zukunftsspektrum“, also Maria Sandriacochi durch Injektion von Lebenshelfern, wodurch die Lagoonerin die Fronten wechselt und als Agentin der ENTITÄT aktiv wird. Ihre Vorwarnung vor den nächsten Aktionen der ENTITÄT wird so un­möglich gemacht.

SYNDIKATS-GRALSJÄGER: Die GRALSJÄGER erkennen in den Tie­fen von RANTALON immer deutlicher, dass ihre Plünderungsstra­tegie gescheitert ist. Alle relevanten Bereiche der Ringwelt sind dezentralisiert und unzugänglich gemacht worden. Der GRALS­JÄGER Bo-660 hat einen hypothetischen Plan entwickelt, wie man dem Schwund der eigenen Soldaten entgegenwirken kann – ein hyperdimensionales Geschoss soll sich direkt auf den Weg ins Nervenzentrum der ENTITÄT machen und sie ausschalten … aber niemand weiß, ob das noch rechtzeitig gelingt.

Hochlandzentrale, gleichzeitig: Oki Stanwer erfährt, was TAAR­NA wirklich ist – eine Möglichkeit, direkt mit den Sieben Licht­mächten Kontakt aufzunehmen und Interventionstruppen nach RANTALON zu holen. Dies könnte die Möglichkeit sein, das Blatt des Kampfes doch noch zu wenden. Der LEUCHTENDE wird aus dem Gefängnis entlassen unter der Maßgabe, dass er nicht der erste sein wird, der TAARNA betritt – es besteht akute Fluchtge­fahr!

Als sie bei dem Krater und dem sterbenden GRALSJÄGER TAA­SIK-889 ankommen, ist das sterbende Wesen umgeben von Zeitgeretteten. Die Lebenshelfer-Träger geben nun Informatio­nen preis, die TAASIK niemals offenbart hätte.

Zum einen enthüllen sie die Natur der ursprünglichen Feinde auf RANTALON, jener Wesen, die die Zeitgezeiten errichtet ha­ben – ebenfalls GRALSJÄGER, aber abtrünnige, gegen die die Galaktiker im Grunde keine Chance haben … es sei denn, sie vertrauen auf die Lebenshelfer, die auf ihrer Seite stünden. Sie gehen sogar noch weiter und gestatten den Direktzugang zu TAARNA … allerdings dürfen nur zwei Helfer des Lichts daran teilnehmen. Und nur Wesen mit hohem Primärenergiepotenzial – wie die Helfer, Oki Stanwer oder der LEUCHTENDE – können TAARNA überhaupt betreten. Für die Lebenshelfer ist dieser Ort unerreichbar.

Da Oki Maria – von der er noch annimmt, sie sei auf ihrer Seite – als „Frühwarnsystem“ an der Oberfläche behalten möchte, Ek­kon freundlich die Offerte ablehnt und der LEUCHTENDE nicht teilnehmen darf, fällt die Rolle der Expeditionsteilnehmer nach TAARNA Sketahr und Klivies Kleines zu. Dan Smythe von der LI­BERATOR-Crew ist der Dritte im Bunde.

Im Erdgeschoss des „Kristallpalastes“ wird ein Schacht freige­legt, in den man sich abseilen kann. Der Zugang zu TAARNA liegt in 85 Metern Tiefe … doch als die drei Gefährten abgeseilt werden, greift die ENTITÄT zu und macht sie alle zu Prozessoren.

Oki Stanwer teleportiert zum Wall um die Hochlandzentrale, zu seinem Sohn Marconius, und verbittert erklärt er, dass die Le­benshelfer nun ganz offensichtlich ihre Feinde sind. Und damit befinden sie sich völlig überraschend in einem desaströsen Be­lagerungszustand nach innen wie nach außen.

LIGA-Streitkräfte: Parallel zu diesen Ereignissen haben auch die hochintelligenten Lokes, die von Soffrols Streitkräften auf RAN­TALON gestrandet – und vom Schwund durch die Sammelaktio­nen der ENTITÄT ebenfalls betroffen sind – einen Plan ersonnen, in die Hyperdimension der ENTITÄT vorzustoßen. Sie schicken einen Trupp Weeler-Raumsoldaten durch ein Dimensionsportal und hoffen, dass auf diese Weise die Verschwundenen, inklusive Soffrol, zurückgeholt werden können.

Der Matrixat Neunzehn denkt grimmig am Schluss der Episode: ‚Macht diese Kerle fertig! Bringt sie um!‘

Das ist ein lebensgefährlicher Wunsch, aber das kann er nicht begreifen …

Episode 123: Die Belagerten

(1998, digitalisiert 2024)

Hochlandzentrale, 18. Juli 3938: Ekkon, der LEUCHTENDE und Oki Stanwer werden zusammen mit einigen Galaktikern über­rumpelt, als Klivies Kleines, Dan Smythe und der Alli Sketahr nach TAARNA „abgefiert“ werden … und jählings verschwinden.

Während Oki sich in Sicherheit teleportiert (vgl. Bd. 122), wer­den die Zurückgebliebenen mit der mörderischen Kraft der schier unverletzlichen Macht der Lebenshelfer-Träger konfron­tiert. Sie sind ab sofort Gefangene der ENTITÄT.

Hyperdimension der ENTITÄT: Der Weeler-Stoßtrupp der LIGA er­reicht das fremdartige Kontinuum, in dem sich die ENTITÄT aus­dehnt. Auf den ersten Blick wirkt es wie freier Weltraum, dessen Naturkonstanten aber völlig verwirrend sind – es ist nicht ge­normter Raum, wo die normalen Naturgesetze aufgehoben sind. Hier finden sie ein glitzerndes Netz aus Kristallkokons, in denen unzählige verschiedene Intelligenzwesen eingehüllt sind – noch lebend, aber augenscheinlich unfähig, sich zu rühren. Sie nä­hern sich dem rätselhaften Gebilde.

Hochlandzentrale, Wallanlage: Oki Stanwer, Marconius und die kleine Schar von noch in Sicherheit gebrachten Galaxisrebellen bekommen Besuch von Abgesandten der Lebenshelfer – Maria Sandriacochi, der Otanier Paulus von Thimonos und der Arzt Henry Reel. Ihre silbrigen Augen weisen sie alle als Lebenshel­fer-Träger und damit nominelle Feinde aus.

Während eines wütenden Gesprächs zwischen Oki Stanwer und Maria beginnen die Lebenshelfer-Träger auf einmal zu taumeln – und aktionistische Rebellen erschießen Henry Reel und den Ota­nier. Oki Stanwer betäubt Maria Sandriacochi.

Dass sie verstehen, was geschieht, kann man nicht behaupten.

Und dann explodiert ein Teil des „Kristallpalasts“ unvermittelt, und ein lautstarker Funkspruch von dort wird aufgefangen: Soffrol, der Herr der Neuen LIGA ist wieder aufgetaucht, und er ruft seine Streitkräfte zur Hochlandzentrale!

Allen Rebellen um Oki und Marc ist jählings klar, dass nun die Hölle ausbrechen wird! Aber warum ist das geschehen?

Hyperdimension: Der Grund liegt in einem fatalen Fehler, den die Weeler in der Dimension der ENTITÄT begangen haben. Bei dem Versuch, mit ihren Schusswaffen die rasende Driftge­schwindigkeit zu verringern, hat ein Schuss eine der „Waben“ des Prozessor-Netzes getroffen, die sofort explodiert ist … und der Prozess setzt sich katalytisch fort!

Sie können quasi in letzter Sekunde noch Soffrol finden und durch die Kappung der Verbindung der Nachbar-Waben verhin­dern, dass sein Gefängnis ebenfalls explodiert. Dadurch kommt der Rächer von Breeth-Fgahn wieder zu sich und schaltet seinen primärenergetischen Lichtschirm ein … was durch eine Wechsel­wirkung dazu führt, dass er direkt auf RANTALON herausge­schleudert wird, und zwar genau dort, wo die ENTITÄT derzeit am stärksten massiert ist.

In der Hochlandzentrale.

Dämonenwaffen-Versammlung, RANTALON: Auch die Dämonen­waffen empfangen natürlich den Funkspruch Soffrols, und GO­LEM rast vor hysterischem Hass. Er entscheidet sich dafür, dass sie einen Dämonenwaffen-Kreis bilden sollen und direkt ans Ziel transmittieren.

Die ENTITÄT ist zu stark abgelenkt, um das zu verhindern.

SYNDIKATS-GRALSJÄGER: Der Plan von Bo-660 wird umgesetzt. Am Ende dieser Episode macht sich das Hypergeschoss auf den Weg in die Dimension der ENTITÄT.

Die Lage spitzt sich erkennbar dramatisch zu …

Episode 124: Opfer des Lichts

(1998, digitalisiert 2024)

Das Wesen TOTAM: Das BUCH informiert das Wesen TOTAM, während dieses mit der EXEKUTIVE in Drachengestalt durch das Transportsystem RANTALONS reist, vom Untergang des Prozes­sorennetzes der ENTITÄT, von dem es gerade Kenntnis erhalten hat. Es kann sich dessen Natur zwar nicht erklären, aber es ist offensichtlich, dass Soffrol von dort nach RANTALON zurückge­kehrt ist. Außerdem misst das BUCH eine magische Ringtrans­mission an – an den Standort Soffrols. Acht Dämonenwaffen sind gleich bei der Hochlandzentrale.

Die EXEKUTIVE wird angewiesen, sich um die Dämonenwaffen zu kümmern. TOTAM selbst wird sich Soffrol und Oki Stanwer vornehmen. Es gilt immerhin, den KONFLIKT zu gewinnen …

Kristallpalast, zeitgleich: Der LEUCHTENDE sieht, wie die Le­benshelfer-Träger rings um sie taumeln und sichtbar an Kraft verlieren. Er reagiert brachial und zermalmt sie mit seiner schie­ren Körpermasse, was Ekkon fast in einen hysterischen Nerven­zusammenbruch treibt. Danach befiehlt der Matrixkoordinator, dass sie sich beide nun nach TAARNA aufmachen sollen, wäh­rend die Lebenshelfer abgelenkt oder geschwächt sind.

Hochlandtal, Ankunft der Dämonenwaffen: GOLEM, der sich Oki Stanwer als persönliches Opfer auserkoren hat, verteilt seine Gefährten und überträgt ihnen Zerstörungsaufgaben. Zunächst macht er sich mit der Dämonenwaffe Kiquaa auf den Weg zum „Kristallpalast“.

Hyperdimension: Klivies Kleines ist in das Prozessorennetzwerk der ENTITÄT eingesponnen, und hier hat er einen quasi-telepa­thischen Kontakt mit der ENTITÄT selbst, die sich weniger feind­selig geriert als vielmehr äußerst neugierig zu sein scheint. Doch ehe der Dialog allzu weit gedeihen kann, erreicht der Zer­störungshorizont, den die Weeler aktiviert haben, Klivies Kleines und bringt ihn, Sketahr und Dan Smythe um.

Hochlandzentrale: Die Dämonenwaffen müssen konsterniert feststellen, dass selbst Bäume und Felswände unerwartet gegen sie mobil machen – die ENTITÄT versucht mit letzter Kraft und unter Aufbietung aller Energien, Gefahren von Oki Stanwer fern­zuhalten. Auf diese Weise sterben die Dämonenwaffen Seth und BICCUNOR (vgl. dazu Bd. 48 der Serie), ehe sie verstehen, was sie vernichtet.

Helfer-Schock: Oki Stanwer und Maria Sandriacochi werden bei Kleines’ und Sketahrs Tod von furchtbaren Schmerzen wegen der Helfer-Kopplung gequält. Maria, die ja sowohl Helferin des Lichts ist – die letzte nun – und zugleich Teil der ENTITÄT, kann ihm auf quasi-telepathische Weise erklären, dass ihre hyperdi­mensionale Heimstatt attackiert wurde und dieser Vorfall nicht vorhergesehen worden ist.

Gleich darauf beginnt der Dämonenwaffen-Angriff … und die massive Abwehr durch die Lebenshelfer, die die Vernichtungs­energien aus dem Transitsystem der „Regenbogenwolken“ als Zerstörungsblitze einsetzen, um Oki Stanwer zu schützen. Das Hochlandtal wird zur Hölle.

Oki ist der Ansicht, dass sie sich unbedingt zum „Kristallpalast“ durchschlagen müssen … doch den Gedanken hat er gerade er­wogen, als dort ein glühender Totenschädel auftaucht: Die Dä­monenwaffe GOLEM!

TAARNA: Der LEUCHTENDE und Ekkon erreichen TAARNA, einen gigantischen senkrechten Kristallzylinder, den der LEUCHTENDE dank seiner Primärenergieaufladung öffnen kann (damit erweist sich das TAARNA, das Soffrol für sein Ziel hielt – vgl. Bd. 120 – als Falsifikat, das die ENTITÄT als Köder geschaffen hatte). Sie betreten TAARNA und versiegeln es umgehend wieder hinter sich. Der Primärenergieschock betäubt Ekkon.

Der Matrixkoordinator nimmt Direktkontakt mit den Lichtmäch­ten auf, berichtet den Stand der Dinge und fordert ultimativ Entsatztruppen an, CROMO-Kontingente.

Doch die Lichtmächte erteilen ihm einen anderen Befehl: Er soll TAARNA als Fluchttransmitter verwenden! Und zwar lediglich für sechs Personen – für sich selbst, Ekkon, Oki Stanwer und die vermeintlich noch lebenden Helfer des Lichts. Alle anderen sind zu ignorieren und zurückzulassen!

Der LEUCHTENDE ist völlig erschüttert und hadert mit dem Schicksal, ehe er sich schließlich aussichtslos dem Befehl unter­ordnet. Er schickt Ekkon über den Transmitter weg, rüstet sich neu aus und verlässt dann TAARNA, um den Auftrag auszufüh­ren, der für alle Galaktiker das klare Todesurteil bedeuten wird.

Doch als er TAARNA gerade verlassen hat, stürzt sich eine noch größere Gestalt auf ihn und reißt ihn in den Abgrund direkt ne­ben TAARNA.

Soffrol hat sein Ziel gefunden und das einzige Hindernis auf sei­nem Weg aus diesem Universum heraus – den LEUCHTENDEN …!!

Episode 125/E: Opfergang

(1998, digitalisiert 2024)

Hochlandzentrale, 18. Juli 3938: Dies ist der Tag der Entschei­dung. Der letzte Waffengang hat begonnen. Die Dämonenwaf­fen von TOTAM haben die Hochlandzentrale erreicht und be­kämpfen die letzten Galaxisrebellen. Die ENTITÄT ist zwar ge­schwächt, aber sie versucht nun, ihr Hauptziel zu verteidigen – Oki Stanwer zu retten, den so genannten GRAL 1. Soffrol, der in dem „Kristallpalast“ materialisiert ist, findet den Einstieg zu TAARNA und beeilt sich, in die Tiefe zu gelangen, wo er auf den LEUCHTENDEN stößt, der TAARNA gerade verlassen hat (vgl. Bd. 124). Aber der LEUCHTENDE verriegelt TAARNA mit einem verbalen Kommando und stößt dann Soffrol von sich … und des­sen Antigrav funktioniert in der Nähe von TAARNA nicht. So stürzt er in einen wenigstens zwanzig Kilometer tiefen Abgrund hinab. Der Matrixkoordinator wünscht ihm grimmig den Tod.

Als der LEUCHTENDE aufsteigt, trifft er im „Kristallpalast“ auf GOLEM…

LIGA-Zentrum: Der Lokes-Lord Sha merkt, dass am Plan des Weeler-Stoßtrupps etwas schief gegangen sein muss. Niemand hat sich zurückgemeldet, und das wird auch nicht mehr gesche­hen. Derweil hat die ENTITÄT den Ausgangspunkt des Dimensi­onsportals ausfindig gemacht und setzt die Energiekraft der „Regenbogenwolken“ ein, um die LIGA-Schiffe gnadenlos auszu­löschen. An dem angerichteten Schaden beim Prozessor-Netz­werk ist aber nichts mehr zu ändern. Die ENTITÄT ist stark ge­schwächt.

Hochlandzentrale: Das Tal, in dem sich die Galaxisrebellen ein­gerichtet haben, ist zur Hölle geworden. Die entfesselten Natur­gewalten, die durch die hochenergetischen Kampfstrahlen aus dem Transportsystem entfacht wurden, haben sturmartiges Kli­ma geschaffen. Beben durchlaufen das Tal. ERKUNDER und Suk­kulentenbäume stürzen um. Teile des Bodens werden zu Treib­sand und verschlingen Rebellen.

Und immer mehr Dämonenwaffen sterben – nicht nur durch die ENTITÄT, sondern auch durch den Dämonenschlächter.

Die SYNDIKATS-GRALSJÄGER sind inzwischen auch auf dem Weg ins Tal der Hochlandzentrale in der Hoffnung, dort eine Art „Auge des Sturmes“ zu finden, wo die ENTITÄT nicht so massiv zuschlagen wird. Aber sie werden von den Vernichtungsschlä­gen der ENTITÄT verfolgt und ebenfalls immer stärker dezimiert.

Das Wesen TOTAM hat die Wallanlagen der Galaktiker erreicht und hält Ausschau nach Oki Stanwer … aber ehe es sich darum kümmern kann, den Herrn des Lichts gefangen zu nehmen, re­gistriert es die Annäherung der GRALSJÄGER – und wendet sich ab, um sich um sie zu kümmern.

Im „Kristallpalast“ duellieren sich der frisch ausgerüstete LEUCHTENDE und GOLEM. Ihre Energien, die entfesselt werden, sprengen den gesamten Palast in die Luft, und GOLEM wird da­bei ausgelöscht.

Oki Stanwer und sein kleiner Treck ist noch nicht ganz am Ziel … was auch ganz gut so ist, denn ihr Ziel war der „Kristallpalast“, der nun explodiert.

Nur noch wenige Getreue sind nicht durch den Sturm von seiner Seite gerissen worden. Maria Sandriacochi, sein Sohn Marconi­us, und dann ist da auch noch die Astronomin Marischka Cray­cek … die mit einer Waffe auf ihn anlegt und schießt!

Oki kann den ersten Kampfstrahl mit seinen Parakräften abbie­gen, merkt aber, dass das nicht noch einmal gelingen wird. Und er spürt, dass das nicht mehr Marischka ist, sondern die gestalt­wandelnde Dämonenwaffe Sardoon, die die Astronomin eben gerade ermordet haben muss.

Sardoon ist entschlossen, durch Oki Stanwers Tod den KONFLIKT zu entscheiden … aber ehe sie ein zweites Mal feuern kann, wird sie von einer Gestalt, die aus dem Sturm auftaucht, kurzer­hand enthauptet – der Dämonenschlächter ist dabei, TOTAMS Auftrag zu erfüllen!

Tiefe von RANTALON: Soffrol kommt wieder zu sich. Er stürzt im­mer noch in die endlos scheinende Tiefe, und eine Aktivierung seines Antigravs versagt, weil direkt neben ihm immer noch das leuchtende Monument von TAARNA aufragt. Erst wenige Sekun­den vor Grundberührung gelingt es ihm, den Lichtschirm zu ak­tivieren. Dann schlägt er auf, und die Welt erlischt um ihn her­um.

Das Wesen TOTAM konfrontiert die GRALSJÄGER und beginnt da­mit, sie nacheinander zu vernichten. Da sie schon alle sehr ge­schwächt sind, ist das einfacher als anfangs angenommen.

Der LEUCHTENDE erholt sich von der Explosion und erhebt sich aus glühender Glasschmelze. Er sucht nach Oki Stanwers Vital­signal und entdeckt noch zwei weitere Lebenssignale neben ihm … und die Dämonenwaffe Sardoon! UND DEN DÄMONEN­SCHLÄCHTER!

Ihm wird klar, dass der KONFLIKT gleich verloren wird und rast los, um das Schlimmste zu verhindern!

Hyperdimension: Das Lenkgeschoss der GRALSJÄGER – noch ein Faktor, den die ENTITÄT nicht einkalkuliert hat – erreicht das Zentrum der ENTITÄT und entfaltet seine Vernichtungswucht. Die ENTITÄT stirbt in Nullzeit.

Hochlandzentrale: Sardoons Triumph ist von kurzer Dauer, denn der Dämonenschlächter liquidiert die Dämonenwaffe eiskalt, ehe sie ihr Mordziel erreichen kann. Dann baut er sich siegesge­wiss vor Oki Stanwer auf und erklärt ihn zum Gefangenen TO­TAMS. Der KONFLIKT sei verloren!

In diesem Moment stirbt die ENTITÄT. Und mit ihr stirbt auch Maria Sandriacochi. Oki Stanwer, über die Helfer-Kopplung eng mit ihr verbunden und telepathisch verknüpft, erleidet einen le­bensgefährlichen Schock, der ihn in qualvolle Agonie wirft.

Der Dämonenschlächter versteht das nicht. Und er bekommt auch keine Gelegenheit, dies zu realisieren, weil er nun vom LEUCHTENDEN attackiert wird, der ihn erreicht hat und von Oki Stanwer abdrängt. In dem Zweikampf bleibt der LEUCHTENDE Sieger und kann TOTAMS EXEKUTIVE ausschalten … aber diese Sekunden sind von entscheidender Bedeutung.

Marconius sieht das unendliche Leiden seines Vaters und kann das einfach nicht mehr ertragen. Um diese Qualen zu beenden, greift er zur Nothilfe und ersticht seinen Vater. Ohne es zu be­greifen, entscheidet er damit den KONFLIKT, durchkreuzt sowohl TOTAMS Pläne als auch die des LEUCHTENDEN und der Licht­mächte.

Völlig affektiv erschlägt der Matrixkoordinator Oki Stanwers Sohn, ehe er dann müde und völlig mental am Ende den einsa­men Weg nach TAARNA antritt und das Universum verlässt.

Wenig später zerbricht die nun nicht mehr von der ENTITÄT sta­bilisierte Ringwelt RANTALON.

Kurz zuvor allerdings erwacht tief im Abgrund unter der Oberflä­che der Rächer von Breeth-Fgahn im Schutz seines Licht­schirms, der den tödlichen Aufprall abgemildert hat. Er ist es dann auch, der die Blockade des Antigravaggregats neutrali­siert. So kann Soffrol TAARNA erreichen, das der LEUCHTENDE offen gelassen hat. Nicht einmal die Selbstzerstörungssequenz hat er aktiviert, wohl wissend, dass RANTALON ohnehin bald zerstört werden würde und TAARNA damit ebenfalls.

Soffrol programmiert ein neues Ziel ein und verlässt ebenfalls das KONFLIKT-Universum 16.

TOTAM, die Macht des Bösen, zieht sich von RANTALON zurück und tritt gleichfalls über einen fernen Universentransmitter den Weg in den nächsten Kosmos an, ins heraufdämmernde KON­FLIKT-Universum 17. Diesmal so nimmt sich TOTAM vor, wird der finale Kampf definitiv NICHT auf einer Baumeisterwelt ausgetra­gen werden. Dafür wird TOTAM sorgen wollen.

Mit diesem furchtbaren, blutigen Chaos endet der KONFLIKT 16. Damit hört aber die Serie der „Close Up“-Artikel nicht auf. In ein paar Wochen werde ich vielmehr im Teil 65 dieser Artikelreihe mit euch aufbrechen in ein kommendes KONFLIKT-Universum, das ich – irgendwie schon witzig – bereits 1986 abgeschlossen habe. Wie gewohnt werde ich jeweils 5 Episoden der Serie „Dro­hung aus dem All“ zusammenfassen.

Mehr dazu in Bälde, meine Freunde.

Bis bald, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Rezensions-Blog 508: Eisrose

Posted Mai 14th, 2025 by Uwe Lammers

Liebe Freunde des OSM,

seit der Veröffentlichung der Romane um Anastasia Steele und Christian Grey wurden BDSM-Romane mehr oder weniger salon­fähig. Und wie das bei solchen Roman-Modewellen häufig der Fall ist – wir hatten etwas sehr Ähnliches früher bei Vampir-Ro­manen nach „Twilight“, und auch da sind die meisten Epigonen inzwischen vergessen – , fällt es hier mitunter schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen. Will sagen: die gelungenen Epigonen von eher schlichten, einfallslosen Nachahmern zu scheiden.

In Astrid Martinis Roman spielt das Setting um dominant-devote Sexbeziehungen eine zentrale Rolle. Gewürzt wird das Ganze, um die Spannung zu intensivieren, mit einer hintergründigen Mordgeschichte. Und wiewohl die Story vergleichsweise gut les­bar geschrieben ist, begeht die Autorin doch einen kardinalen Fehler, was das Werk meiner Ansicht nach als eines ihrer Früh­werke, vielleicht den Romanerstling ausweist. Das hat natürlich Konsequenzen und führte schlussendlich dazu, dass ich doch et­was ernüchtert war, als ich das Buch ausgelesen hatte.

Was diese Andeutung aussagen will? Ich glaube, da ist es bes­ser, ihr macht euch selbst mal ein Bild und lest weiter:

Eisrose

Von Astrid Martini

Heyne 54582 (vormals: Plaisir d’Amour)

288 Seiten, TB (2015)

ISBN 978-3-453-54582-3

Preis: 8,99 Euro

Leah Bendt ist eine junge Besitzerin eines exklusiven deutschen SM-Clubs – genau genommen ist sie Mitinhaberin, denn ihr Va­ter Joachim Bendt, ist der wirkliche Eigentümer. Als sich der Club in Zahlungsschwierigkeiten befindet, suchen die beiden eine Möglichkeit, einen stillen Teilhaber ins Boot zu holen und sich auf diese Weise zu sanieren. Es bietet sich ihnen eine ver­führerische Möglichkeit, als der bekannte Szenefotograf DomW bei ihnen seine Bilder ausstellen lässt. Leah ist allerdings eini­germaßen konsterniert, als sie in dem bislang noch nie gesehe­nen Fotografen einen alten Bekannten wieder erkennt – Dominik Winter, ein herrischer, eiskalter Mann, der sie vor Jahren kaltblü­tig abblitzen ließ.

Aufgrund von Leahs immer noch bestehender Antipathie schei­tert der Deal beinahe … aber dann lässt sich Dominik doch auf die Geschichte ein, hat aber eine pikante Zusatzbedingung: er besitze einen eigenen SM-Club in Nizza und suche dort, weil er zurzeit viele neue Besucher gewinne, noch nach einer Domina, die das dortige Personal verstärken könne. Da Leah in ihrem heimischen Club den dominanten Part erfüllt, erklärt sie sich da­mit einverstanden. Was tut man nicht alles, um das eigene Eta­blissement überleben zu lassen … aber Dominik soll sich nicht einbilden, er könne daraus gewisse … erotische Konsequenzen ableiten. Sie nimmt sich fest vor, standhaft zu bleiben. Immer­hin ist er dominant und sie auch, und das geht bekanntlich nicht gut.

Zu dumm, dass das alles eine Falle ist.

Zu dumm, dass Leah rein gar nichts mehr zu sagen hat, sobald sie Nizza erreicht.

Denn als sie Dominiks Clubareal über Nizza betritt, wird sie um­gehend betäubt und kommt erst in einem Kerker wieder zu sich – nackt und in Ketten sieht sie sich einem maskierten Folter­meister gegenüber, der ihr auf den Kopf zusagt, dass sie doch nur eine „Möchtegern-Domina“ sei und in Wahrheit der eigentli­chen Natur gemäß eine devote Persönlichkeit sei.

Leah bestreitet das. Erst recht, als sie in dem Folterknecht nie­mand anderen als Dominik Winter erkennt, der sie nun gnaden­los auspeitscht.

Zu dumm: sehr bald muss sie realisieren, dass er die reine Wahrheit spricht – er lockt aus ihr die devote Veranlagung her­aus und versucht durchaus mit einigem Erfolg, die „Eisrose“ aufzutauen und in eine anschmiegsame, devote Liebessklavin zu verwandeln. Eine freilich, die Dornen besitzt, einen eigenen Querkopf und die zudem recht widerspenstig sein kann.

Als sich die Verhältnisse in Nizza ein wenig normalisieren, macht Leah Bekanntschaft mit Dominiks ebenfalls dominanter, atem­beraubend schöner Schwester Valérie, mit der sie sich alsbald anfreundet. Und Valérie ist es auch, die sie eindringlich davor warnt, sich intensiver mit ihrem Bruder einzulassen – er sei für seine Zornausbrüche berüchtigt und zugleich dafür, dass er kei­ne Frau wirklich in sein Herz schließe. Das schlimmste Beispiel habe sich vor sieben Jahren ereignet, als er seine damalige Freundin Cathérine so sehr in ein Wechselbad der Gefühle ge­stürzt habe, dass sie den Freitod gesucht habe.

Zu dumm, dass das nur die halbe Wahrheit ist. Denn Cathérine ist auf höchst perfide Weise ermordet worden. Und der Täter läuft nach wie vor frei herum …

Ich gebe zu, dass mich der Prolog schon am Kauftag dazu ani­mierte, das Buch nicht auf den „Stapel ungelesener Bücher“ zu packen, die ich irgendwann mal lesen will, sondern vielmehr dazu führte, es in direkter Nähe zu haben. Sobald ich den Ro­man ausgelesen hatte, der mich gerade noch beschäftigte, griff ich nach diesem hier und begann damit, ihn zu schmökern – mit der Folge, dass er nach nur drei Tagen ausgelesen war. Was an und für sich ein gutes Zeichen ist. Aber … tja, es gibt schon ein Aber. Denn so gern ich der Autorin auch eine Chance geben wollte, war ich doch, zugegeben, relativ bald einigermaßen ent­täuscht.

Woran lag das? Nicht zwingend am Schreibstil (das Lektorat hät­te sich an manchen Stellen freilich mehr Mühe geben können, da finden sich kuriose Fehler), der war recht ansprechend und anregend. Dasselbe galt für das Setting. Nein, was ich proble­matisch fand, war die als roter Faden im Hintergrund mitlaufen­de Mordgeschichte.

Wenn man auf Seite 60 den Täter bereits kennt, kann einen das Finale 200 Seiten später nicht wirklich überraschen, sondern er­füllt allein das, was man sich als Leser die ganze Zeit schon denkt. Intellektuell fordert der Roman den halbwegs mitdenken­den Leser also überhaupt nicht. Der Grund dafür liegt auf der Hand: das Personentableau ist zu eingeschränkt. Es kreist im Kern um maximal fünf Personen, von denen einer als Hauptver­dächtiger, einer als Ermittler und eine als potenzielles Opfer aufgebaut wird … da bleibt nicht mehr viel Spielraum für Inter­pretationen, ganz ehrlich.

Wie schön wäre es gewesen, ein paar sinistre Gäste, undurch­sichtige Hausangestellte oder eifersüchtige Sklavinnen einzufü­gen, um mit dem Leser neckische Verwirrspiele zu spielen. Aber dafür ist der Roman dann wieder zu knapp gehalten, weist zu wenige Kapitel auf, und an vielen Stellen sogar ausgesprochene Längen.

Die Konsequenz sieht so aus, dass wir es hier leider mit einer eher schlicht gestrickten Standardkost zu tun haben, die man deutlich raffinierter hätte aufbauen können. Wer anspruchslose BDSM-Kost lesen möchte, kommt natürlich spätestens ab Seite 47 auf seine Kosten. Wer es gerne etwas komplexer haben möchte, um mitzugrübeln und lange echt im Dunkeln zu tap­pen, dem rate ich dann doch eher zu Geschichten von Julie Ken­ner, namentlich zu ihrem Zykluserstling um Damien Stark und Nikki Fairchild.

Nun, es gibt noch ein paar Romane der Autorin, die ich in mei­nen Regalen stehen habe – vielleicht sind die geschickter orga­nisiert. Ich lasse es euch wissen, sobald ich sie geschmökert habe.

 

© 2018 by Uwe Lammers

In der kommenden Woche blenden wir einmal mehr um in den Romankosmos des Detektivs Isaac Bell, der es dieses Mal mit einem echten Monster zu tun bekommt, dessen Namen ich an dieser Stelle noch nicht verraten möchte.

Schaut einfach in der kommenden Woche wieder herein.

Bis dann, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

Liebe Freunde des OSM,

was ist das doch für eine eigenartige Welt, in die ich im Juli des Jahres 2024 (wieder) eintauchte? Buchstäblich jahrzehntelang (!) verschollen waren diese Texte (ich berichtete darüber im Blogartikel 592, der am 8. Dezember 2024 erschienen ist bzw. – da das für mich aktuell noch Zukunftsmusik ist – erscheinen wird).

Ich verfolgte, wie ein weitgehend unter Amnesie leidender Mann namens Oki Stanwer (den Namen hatte er noch drauf) er­wachte und sich in einem steinernen Sarkophag eingeschlossen fand.

Von einem mysteriösen Wesen, von dem er nur die Stimme hör­te, daraus befreit, sah er sich in einer völlig wüsten Landschaft ausgesetzt – die Umgebung, ruinenbedeckt und bar jeder Vege­tation, wirkte am ehesten noch, als wäre eine verheerende Feu­ersbrunst oder ein Vulkanausbruch darüber hinweggegangen.

Er irrte nun durch diese lebensfeindliche Landschaft und traf auf die Ruine einer Kirche, vor der er ein in den Boden gerammtes silbernes Kruzifix mitnahm, das ihm zu schade war, zurückge­lassen zu werden … und damit begann ein aktionistischer Alp­traum für mich, der ich diesen Text mit einem Abstand von na­hezu 40 Schreibjahren digitalisierte. Mein Hauptproblem damit war: es war vollständig uninspiriert. Und das merkte ich sehr schnell.

Erstes Indiz war, dass Okis Mitnahme des Kruzifix eine magische Ruhestätte geöffnet hatte. Und das Wesen, das darin schlum­merte und auf Rache sann, verfolgte ihn nun – eine monströse Dämonenwaffe namens Sardoon, über deren Beschreibung ich allerdings nur grinsen konnte.

Schlimmer noch: Diese Dämonenwaffe kennt Oki Stanwer bes­tens. Also mochte es ja sein, dachte ich, dass ER unter Amnesie leidet … aber warum erkennt ihn dann SARDOON auch erst, als er seinen Namen nennt?

Offenbar leidet Sardoon auch unter Gedächtnisschwund“, seufzte ich und schrieb die Stelle ab in der vagen Hoffnung, es werde vielleicht noch besser werden.

Wurde es nicht.

Abenteuerlicher und aktionistischer wurde es schon, ja, aber nicht besser.

Als nächstes trifft Oki Stanwer auf eine Schneise in einem Wald, die mir durch die Darstellung verriet, dass ich von Forstwirt­schaft nichts verstand … oder habt ihr schon mal eine Schneise in einem Wald gesehen, wo man die gefällten Bäume freundlich aufrecht links und rechts an die noch stehenden Bäume lehnt? Also, ich nicht. Damals hatte ich aber so wenig Ahnung davon, dass ich das prompt so schrieb.

Autsch.

Die Fehler häuften sich munter, denn im Anschluss trifft Oki auf eine Straße, die „auf die Schneise trifft“. Was nahe legt, dass die Straße erst angelegt wurde, nachdem die Schneise da war … kontraintuitiv, freundlich gesprochen. In der Regel legt man erst eine Straße an und kümmert sich DANN um den Holzein­schlag.

Noch mehr Ahnungslosigkeit.

Mann, das muss doch mal aufhören!“, grummelte ich.

Aber es ging ständig so weiter.

Nächster Stopp: Das kleine Dorf Crooth (das optisch nicht be­schrieben wird – amorphe Umgebung ist generell ein großes Problem in dieser Geschichte gewesen). Hier trifft er auf einen rüstigen Greis, dem er sich, wie auch sonst?, als Oki Stanwer vorstellt.

Der alte Mann ist völlig fassungslos und kann das anfangs gar nicht glauben. Dann lädt er Oki zu sich ins Haus ein, um ihm ei­nige Artefakte zu zeigen und ihn eingehender zu befragen. Und Oki Stanwer, der stundenlang durch die Wüstenei gewandert ist, springt sofort positiv darauf an. Kein Gedanke an Essen, Trinken, Ausruhen oder dergleichen … nein, der aktionistische Hand­lungsstrom geht gleich weiter.

Der Greis erzählt ihm unter Vorlage einiger seltsamer Artefakte, die Oki Stanwer aus einem früheren Leben kennt – darunter ein Knochenkreuz und seine Silberkugelwaffe, die er im KONFLIKT 13 „Oki Stanwer Horror“ (rund 50 Milliarden Handlungsjahre frü­her also) – eine wirklich seltsame Geschichte.

Im Kern referiert sie den Verlauf des KONFLIKTS 13 (an dem ich damals 1985 noch schrieb, dessen Ende ich hier in einer Varian­te schon vorwegnahm). Und dann erklärt der alte Mann: Diese Geschichte habe er vom „Dunkelsee“ gehört, der am anderen Ende des Dorfes liege.

Klingt unrealistisch? Ist unrealistisch! Ich glaube, ich zitiere ein­fach mal, was ich da in der Episode „Der Dunkelsee“ als Kom­mentar gebracht habe:

Hier könnte man natürlich sagen: Hey, der See hat dir was ge­flüstert? Wie hoch war denn dein Promillepegel, als du dir das eingebildet hast? Allein, auch diese höchst unrealistisch klin­gende Aussage wird von Oki Stanwer in keiner Weise kommen­tiert, sondern stoisch hingenommen. So gemäß dem Motto: Ach, der See hat dir was geflüstert? Na, das ist hier ja normal. Was hat er denn gesagt?

Kommt sich noch jemand vor wie in einem schrägen gemein­schaftlichen Drogentraum? Die Handlungslogik existiert hier einfach nicht, weswegen auch der größte Stuss stumpfsinnig akzeptiert wird. Dass ich damit nicht weiterkam, ist irgendwie nicht verblüffend …“

Ja, das war dann ein ziemlich galliger Kommentar, den ich da abgeben musste, aber diese frühjugendlich-naive Einstellung, dass Protagonisten einfach sofort alles „glaubten“, was ihnen erzählt wurde, völlig unreflektiert und unkritisch, die ist heute völlig irreal und zeigt eigentlich nur, wie arglos und sozial völlig stumpf meine damalige Darstellungsform war.

Abschwächend ist natürlich zu sagen: Okay, ich zählte damals gerade mal 18 Lenze und hatte weder allzu viel Berufs-, Lebens- noch hinreichende Leseerfahrung.

Das entschuldigt aber nicht den zunehmenden Blödsinn, der sich hier ausbreitete.

Wie vermutlich schon angenommen, geht der Actionstrom na­türlich ohne Pause oder Mahlzeit gleich weiter. Oki und der alte Mann, der von sich behauptet, er sei Thor Gordenbeyl, besu­chen als nächstes den legendären „Dunkelsee“. Laut dem Un­tertitel der Episode soll er „verflucht“ sein und Oki soll „den Fluch nehmen“.

In der Episode steht davon gar nichts. Stattdessen rudert er auf den See hinaus und muss miterleben, wie das Seewasser sich auf einmal in Säure verwandelt – angeblich ist das eine Inter­vention TOTAMS. Die Macht des Bösen versucht, den See zu ei­nem Dimensionstor zu machen, um Oki Stanwers habhaft zu werden.

Warum muss dann das Wasser zu Säure werden? Keine Ahnung. Das ist reine Theatralik, völlig zweckfrei. Ich sage ja: Ich hatte kein Konzept, sondern reihte sinnfreie Actionelemente aneinan­der.

Tja, dumm gelaufen für TOTAM, denn der See (!) interveniert und macht die Säurewirkung rückgängig. Und kippt Okis Boot um. Dann spricht der See auch noch mit ihm und animiert ihn zur Flucht ans Ufer, da TOTAM jetzt, erzürnt, den See vernichten würde. Was auch tatsächlich geschieht. Oki schafft es gerade noch bis ans Ufer.

Im für die Protagonisten völlig unzugänglichen Haupttext steht dann – als Indiz, dass ich Autorentext und Episodentext über­haupt nicht unter einen Hut bekam – , dass der See belebt sei von so genannten „Gerlakos“.1 Ich fragte mich echt, wie das wohl gehen sollte. Waren sie nun – nachdem sie einstmals me­tamorphierte Irrealstrahler aus KONFLIKT 13 waren – jetzt als sprechende Fische oder Meerjungfrauen reinkarniert? Ja wohl kaum als plappernde Wassermoleküle …

Gütiger Himmel, ihr könnt mir glauben, ich war echt heilfroh, als ich diese zweite Episode der Serie Oki Stanwer, der Dämonen­jäger“ fertig abgeschrieben und kommentiert hatte. Dass sich auf nur 25 Textseiten insgesamt 238 Fußnoten tummeln, lässt wohl schon sehr tief blicken. Es ist also kein Wunder, dass ich am 1. Mai 1985 damit aufhörte, diese Serie zu schreiben.

Es sollte bis zum 1. August des Jahres 1988 dauern, ehe ich dann ernsthaft Anstalten traf, den KONFLIKT 23 des OSM tat­sächlich in Angriff zu nehmen. Erleichternd kam hinzu: Sowohl der KONFLIKT 13 als auch der KONFLIKT 14 waren zu dem Zeit­punkt bereits abgeschlossen und bildeten keinerlei Gefahrenpo­tenzial mehr, dass ich von dort bizarr beeinflusst werden würde. Dennoch ist zu sagen, dass auch die ersten zehn Episoden der Serie „Oki Stanwer – Der Dämonenjäger“ (DDj) eher improvisie­rend und konzeptlos genannt werden müssen.

Doch bald darauf berappelte ich mich gottlob und machte diese Serie nicht nur mit 147 Episoden zur längsten bis heute über­haupt, sondern zu einer wahnwitzigen Achterbahn phantasti­scher Ideen … ihr werdet noch davon hören, versprochen!

Bis nächste Woche, mit

Oki Stanwers Gruß,

euer Uwe.

 

1 Vgl. dazu die Close Up-Episoden, die sich mit KONFLIKT 14 „Oki Stanwer – Feldherr der Cranyaa“ befassten. Auch an der Serie schrieb ich zur Abfassungszeit noch.